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Erkenntnistheoretischer Idealismus oder transzendenter Realismus? [2/2]
2. Der Neuhumismus (Positivismus) [Fortsetzung] Hatten die Neufichteaner die Form des Bewußtseins verselbständigt, so sehen die Nachfolger DAVID HUMES in den Bewußtseinsinhalten das einzig Wirkliche und Reale. Der Neuhumismus verselbständigt die einzelnen Empfindungen, sodaß sie dadurch geradezu Substanzen werden; sie vereinigen sich miteinander - wie, weiß man nicht, - zu Objekten und "Ichen". Diese Richtung zerreißt ebenso wie der Neufichteanismus unzulässigerweise die Einheit von Subjekt und Objekt, indem sie - im Gegensatz zu der anderen Richtung - das letzte Glied auf sich selbst stellt. Man fragt sich auch, wie die verselbständigten Bewußtseinsinhalte - gleich Tauben in einem Taubenschlag - in das jeweilige Einzelbewußtsein ein- und aus ihm wieder heraustreten können; was, wie und wo sie sind, solange sie nicht dem Einzelbewußtsein angehören; wie sie dessen Bewußtseinsform annehmen; vor allem aber, wie sie gleichzeitig - man denke an ein Massenkonzert oder eine große Volksversammlung - Bewußtseinsinhalt von vielen Bewußtseinsverläufen werden können. Der Neuhumismus (*Positivismus) kann noch viel weniger erklären, wieso sich die Wahrnehmungen, die ich gleichzeitig mit Anderen (Menschen oder Tieren) mache, in räumlicher und zeitlicher Hinsicht miteinander decken können. Um diesen Fragen einigermaßen begegnen zu können, verwerten die Positivisten "Hilfsvorstellungen", die - obwohl sie nur vereinzelt im Bewußtsein einzelner Menschen, meist auch erst nachträglich, auftauchen, - doch die Macht haben sollen, die Regellosigkeit, Lückenhaftigkeit und Zerrissenheit des einzelnen Bewußtseinsverlaufs wieder auszugleichen und in ein lückenloses gesetzliches Geschehen zu verwandeln. Die größte Rolle spielt dabei der schon von KANT verwandte, aber erst von JOHN STUART MILL rein entwickelte Begriff der Wahrnehmungsmöglichen, der "permanent (!) possibilities of sensation". Die möglichen, unter gewissen Bedingungen eintretenden Wahrnehmungen werden damit gewissermaßen zu "Dingen-ansich", freilich in einer solchen Verdünnung, daß sie doch untauglich sind zu jeder wissenschaftlichen Erklärung. Würde man sie als dynamische und wirkungsfähige Realitäten auffassen, so wären sie ja möglich und wirklich zu gleicher Zeit. Erst wenn man, wie der transzendentale Realist, wirkliche und wirkungsfähige "Dinge-ansich" von ihren Spiegelungen in irgendeinem Bewußtsein unterscheidet, kann man unter diesen Spiegelungen nochmals eine Unterscheidung von tatsächlich vorhandenen und möglichen Wahrnehmungen (oder Empfindungen) vornehmen. Dabei leiten wir die möglichen Wahrnehmungen aus den tatsächlich vorhandenen ab; MILL dagegen stellt die Sache auf den Kopf, indem nach ihm diese die Akzidentien der ersteren sein sollen. Die Möglichkeit einer Wahrnehmung ist vor allem nichts als eine logische Annehmung im subjektiven Denken eines Einzelbewußtseins: die subjektive Vorstellung von einer gesetzlichen Verknüpfung zwischen dem Eintritt gewisser Bedingungen und dem Eintritt einer wirklichen Wahrnehmung. Dann kann man weder damit erklären, wieso auch nur zwei Personen gleichzeitig die "gleiche" Wahrnehmung machen können, noch wird hierdurch irgendetwas eingeführt, was beständiger wäre als der jeweilige subjektive Denkakt. Sind mein Weib und Kind, mein Hund und mein Garten, solange ich sich nicht tatsächlich wahrnehme, nur Wahrnehmungsmöglichkeiten, so sind sie dann nur Vorstellungen meines Bewußtseins, und zwar auch nur so lange, als ich sie als möglich denke. Es ist daher auch ganz einerlei, ob man den Begriff von MILL etwas verändert und vom "Empfindungsmöglichkeiten", von einem "möglichen Bewußtsein", von einem "eventuell oder begrifflich Wahrnehmbaren", der "gesetzlichen Wahrnehmbarkeit", "mittelbar gegebenen" oder "potentiellen Empfindungen" oder der "gesetzlichen Möglichkeit" (RAOUL RICHTER, ALBRECHT KRAUSE, ERNST LAAS, ANTON von LECLAIR, HANS VAIHINGER, WILHELM SCHUPPE) redet oder andere "Hilfsvorstellungen" einführt. Mit all diesen Lückenbüßern kann man das Axiom der geschlossenen Naturkausalität nicht aufrecht erhalten. Denn die Kausalbeziehungen in der Natur sind real und konstant (17) und etwas ganz anderes wie "Wahrnehmungsfetzen", die durch subjektive und meist nachträglich und zeitweilig auftretende Vorstellungen eines Einzelbewußtseins zu einem geschlossenen Ganzen zusammengefügt werden sollen (VOLKELT). Ähnlich steht es mit den "unbewußten Wahrnehmungen" HAMILTONs oder den "unbewußten Empfindungen". Eine Wahrnehmung oder Empfindung ist stets bewußt. Solange sie noch nicht bewußt ist, kann ich auch nicht diese Bezeichnung anwenden. Empfinden heißt: etwas in sich, also im Bewußtsein, finden. Würde man die Empfindungen, lösgelöst von einem Einzelbewußtsein existieren lassen wollen, so würden man auch hier wieder das Objekt vom Subjekt in unzulässiger Weise losreißen; es bestünde auch hier wieder die Schwierigkeit, wie die unbewußten Empfindungen die Bewußtseinsform erlangen, wie sie (sich oder anderen Empfindungen oder einem Ich?) bewußt werden sollen. Die Lehre von den "unbewußten Empfindungen" ist heute innig verknüpft mit den Namen ERNST MACH und MAX VERWORN. Freilich denken sich diese die Welt als aus gleichartigen "Elementen" bestehend, die sie zwar "Empfindungen" nennen, die aber, ehe sie mit anderen Empfindungen das bewußte Ich bilden, weder bewußt noch unbewußt, vielmehr indifferent sein sollen. Ähnlich ist der Standpunkt von RICHARD AVENARIUS, des Begründers des Empiriokritizismus, und seines Schülers PETZOLDT. Sie alle huldigen einem "phänomenalisierten Materialismus", erkenntnistheoretisch aber dem naiven Realismus, soda0 man ihnen gegenüber mit dessen Kritik von vorn beginnen muß. Sie gebrauchen auch gern, besonders VERWORN, ähnlich aber auch MILL und HANS CORNELIUS (18) - den Begriff der Bedingung häufig und regelmäßig da, wo man den der Ursache verwenden müßte. Leider hat schon KANT dieser Gleichsetzung der realen Ursache mit der logischen Abhängigkeit oder Bedingtheit Vorschub geleistet, indem er aus der hypothetischen Urteilsform die Kategorie der Kausalität abzuleiten versuchte. Bedingung ist aber der weitere Begriff; denn nicht eine jede Bedingung ist eine Ursache. Vielmehr gehört zu einer solchen eine Vielheit von Bedingungen, die aber auch dynamisch verwirklicht werden müssen, damit eine Veränderung entsteht, die sich erst in der Wirkung zeigt. Hält man die Materie für das "bedingt Wahrnehmbare", so sind doch die Bedingungen der Wahrnehmungen physiologische Vorgänge, die selbst meist nicht wahrnehmbar sind, vielmehr im Unbewußten und jenseits des Bewußtseins liegen. Mit dem Begriff der Bedingung der Wahrnehmung ist man ohnehin über das Bewußtsein hinausgegangen; denn die Bedingung kann nur das Prius der Folge sein. Endlich glauben die erkenntnistheoretischen Idealisten auch an den Begriffen und Gesetzen noch etwas Dauerndes gegenüber den wechselnden und flüchtigen Wahrnehmungen zu besitzen. Wie aber schon erwähnt, kommen die Begriffe nur in einem Einzelbewußtsein vor. Man kann also höchstens ihre Bedeutung als beständig ansehen, und auch diese sogar nur einigermaßen. - Betrachtet man die von uns erkannten Gesetze als das Konstante, so müßten entweder die rein passiven Bewußtseinsinhalte die Gesetzmäßigkeit in völlig unbegreiflicher Weise aus sich erzeugen, oder die konstante Gesetzmäßigkeit müßte eine über diesen schwebende Wesenheit sein, die ihr Auftauchen und Verschwinden beherrscht. Damit wäre ein völlig transzendentes Sein eingeführt, da in dem lückenhaften, ohne die Annahme von wirkenden "Dingen ansich" regellosen Bewußtseinsverlauf selbst weder eine kausale noch eine substantielle, noch irgendeine andere Gesetzmäßigkeit aufzufinden ist. Außerdem aber - und dies gilt gegenüber allen Richtungen des erkenntnistheoretischen Idealismus - kann man nicht scharf genug betonen, daß das "Gesetz" eine bloße Abstraktion ist, die unser diskursives Denken aus dem einheitlichen Strom des Geschehens durch die willkürlichen Annahmen einfacher Bedingungen herausgeschält hat. Der einzelne Naturvorgang kann daher nicht von einer Abstraktion oder Fiktion des menschlichen Denkens abhängig sein. Immerhin sind aber die Gesetze, wenn auch nicht vor den Naturvorgängen, so doch in diesen implizit enthalten. Der Natur wohnt eine Gesetzlichkeit inne, und diese drücken wir abstrakt in den Naturgesetzen aus. In diesen - mathematisch berechenbaren - Gesetzen spricht sich für uns die ideale Seite der Natur aus, in der sich freilich für den erkenntnistheoretischen Idealismus die Natur - oder richtiger: die Scheinnatur - erschöpft. Denn die Natur ist die Naturgesetzlichkeit, realisiert durch ein dynamisches Moment und angewandt auf die jeweilig gegebene Konstellation der Elemente (Atome oder Kraftzentren). So wichtig aber auch die Mathematik für uns bei der Erschließung der Existenz und der Beschaffenheit der Natur ist, so darf man ihre Bedeutung doch nicht überschätzen und die Zahl gewissermaßen zur eigentlichen Realität oder fast zur Substanz machen, wie dies bei MACH und seinen Schülern und mehr oder weniger auch im Neukantianismus der Marburger Schule vielfach zum Ausdruck kommt (19). Wenn wir die Mathematik als angewandte Logik auf die Natur beziehen, so wenden wir indirekt die Logik auf außerlogische Daten an, und insbesondere auf etwas, was bewußtseinstranszendent ist: die Masse (bzw. Kraftäußerung oder Energie). Wir können dieses Außerbewußte auch allgemein als das bewegliche Reale oder als das Dynamische bezeichnen, das zu dem für sich kraftlosen mathematischen Gesetz hinzukommen muß, um ihm die Macht der Verwirklichung und Realisierung zu verleihen, daher selbst als etwas Intensives, Wirkungsfähiges, Willensartiges gedacht werden muß. Muß man so vor einer Überschätzung der Mathematik warnen, so erschließt aber uns gerade die angewandte Mathematik in bewußtseins-transzendentes Reich. So rasende Geschwindigkeiten wie die der elektromagnetischen Wellen, die wir zahlenmäßig festgestellt haben, können sich in unserem Bewußtsein nicht wirklich vollziehen; wir können und müssen sie deshalb als in einer wirklichen Natur außerhalb des Bewußtseins vorgehend denken. Ähnlich liegt es, wenn ich sage: ein Wasserstoffatom wiegt 1,6 · 10-24g. (20) Der Physiker geht zwar von Wahrnehmungen oder Empfindungen aus, erschließt aber etwas als die Ursachen der im Bewußtsein vorgefundenen Erscheinungen, was diesen als Ursache notwendig vorausgehen muß. (Sagt man statt "Ursache" lieber "Bedingung", so gilt ganz dasselbe.) In diesen Ursachen oder Bedingungen sieht der Naturforscher sein eigentliches Forschungsgebiet. Sie müssen, da sie den niedrigsten und primitivsten Erscheinungen des Bewußtseins, den Empfindungen, vorausgehen, jenseits des Bewußtseins gelegen sein. Wäre die Natur nur Inhalt des Bewußtseins, so müßten wir auch sämtliche Sätze der Physik aus apriorisch gewissen Grundsätzen ableiten können; wir bräuchten niemals die induktive, sondern könnten stets die deduktive Methode anwenden; wir bräuchten dann niemals aus der Wirkung auf die Ursache zurückzuschließen; wir würden stets die Bedingung früher bemerken als das Bedingte; die Ursachen müßten stets den Wirkungen beim Wahrnehmen vorausgehen. Die Beschaffenheit der Ursachen der Empfindungen versucht nun der Naturforscher näher zu bestimmen, indem er sie als Schallwellen, Wärmestrahlen, elektromagnetische Wellen usw. denkt, die in einem Medium (der Luft oder einem hypothetisch angenommenen, dem Äther), schwingen. Denken wir jene außerbewußten Ursachen als wirkliche Wellen, als außerbewußt, so ist damit schon zum Ausdruck gebracht, daß unseren Begriffen von Wellen jenseits des Bewußtseins etwas Wirkliches entsprechen muß. Würde man einwenden: unsere Begriffe gehen auf Empfindungen und Wahrnehmungen als auf die letzten Elemente des Bewußtseins zurück, Begriffe könnten daher nicht das Prius dieser Urphänomene sein, so ist hierauf zu antworten: Begriffe können freilich nicht schwingen und ebensowenig kann der Begriff des Äthers das Medium, der Träger strahlender Energie sein. Weil das alles aber so ist, und weil diese Wellen den primitivsten Bausteinen des Bewußtseins als Ursache oder Bedingung vorausgehen, müssen sie eben als wirkliche außerbewußt, vorbewußt sein. Die erkenntnistheoretischen Idealisten dagegen können noch nicht einmal die Verdünnung und Verdichtung der Materie oder das Ausweichen materieller Teile vor einem bewegten Körper erklären, weil sie die jenseits des Bewußtseins gelegene Materie zusammenfallen lassen mit dem im Bewußtsein befindlichen Stoff, weil sie bestenfalls in naiv realistischer Weise die Atome als eine "Zerfällung des Raums" (SCHUPPE) ansehen, anstatt die Uratome im Sinne der Physik als Kraftzentren und die Materie als ein System von solchen zu denken. Was von der Physik und Chemie in ihrem Verhältnis zum Bewußtsein gesagt wurde, gilt in gleicher Weise auf für die organische Natur. Man kann heute nicht mehr leugnen, daß unsere Bewußtseinszustände durch physiologische Vorgänge der organischen Materie, besonders solcher am Gehirn, bedingt sind. Diese sind eben das Prius der Bewußtseinszustände, d. h. deren Bedingung, wenn auch freilich nicht ihre zureichende Ursache (wie der Materialismus meint). Man darf aber dann die Körper und ihre Organe nicht selbst wieder als Bewußtseinsinhalt ansprechen. Denn wovon sollten dann die als "Körper" bezeichneten Bewußtseinsinhalte selbst abhängen? Das Wahrnehmungsobjekt des Leibes ist eben, um mit KANT zu sprechen, das "Phänomen des Phänomens"; es kann daher nicht das Prius der Urphänomene, der Empfindungen, sein. Das Bewußtsein läßt sich nicht allein auf die materielle Welt zurückführen, diese aber noch weniger auf das Bewußtsein. Denn in ihm gelten Assoziationsgesetze und findet eine Bewertung nach logischen, ästhetischen und ethischen Normen statt. In der materiellen Welt dagegen herrschen das Gesetz der Erhaltung der Energie und das Beharrungsgesetz sowie mechanische Gesetze, die man alle nicht auf das Bewußtsein anwenden kann. Deshalb bleibt nichts übrig, als ein beiden Sphären gleichmäßig zugrunde liegendes Drittes zu erschließen, das weder Bewußtsein noch materiell ist, aber als überbewußter logisch-dynamischer Geist fähig ist, beide Sphären aus sich hervorgehen zu lassen. (21) logische Idealismus der Neukantianer Um derartige metaphysische Gelüste aber auch a limine [von vornherein - wp] abzuwehren, beschwört man den Geist KANTs. Man weist darauf hin, daß durch seine Erkenntniskritik die Unmöglichkeit jeder derartigen Metaphysik bewiesen worden ist, und vergißt nur dabei, daß KANT gar nicht nach der Möglichkeit und den Grenzen der Erkenntnis überhaupt, sondern nur nach der Möglichkeit einer apriorischen, d. h. apodiktisch gewissen Erkenntnis gefragt hat, weil ihm allein eine solche allgemeingültige und notwendige Erkenntnis der Würde der Philosophie zu entsprechen schien. Eine Erkenntnis, die nur Wahrscheinlichkeit aufgrund der Induktion liefert, kommt für KANT, als außerhalb seines Gedankenkreises liegend, gar nicht in Frage; noch weniger hat er sich bemüht, deren Wert und deren Grenzen zu bestimmen. Deshalb kann die kantische Philosophie niemals dazu benützt werden, um die Unmöglichkeit einer induktiven, vom Gegebenen ausgehenden und das Transzendente mittels Schlußfolgerungen vorsichtig und kritisch ergründenden Erkenntnislehre und Metaphysik darlegen zu wollen. Lediglich deshalb hat KANT die Geltung der Kategorien auf den Kreis des Bewußtseins beschränkt, weil ihm nur dadurch die Möglichkeit synthetischer Urteile a priori, einer apodiktisch gewissen Erkenntnis, verbürgt schien. Diesen Punkt hat HARTMANN in seinem viel zu wenig beachteten Kantwerk betont, das auch sonst eine kongeniale Kritik KANTs geliefert hat, nachdem schon das Frühwerk HARTMANNs "Kritische Grundlegung des transzendentalen Realismus" einige Punkte des kantischen Systems in scharfsinnigster Weise unter die kritische Lupe genommen hatte. Zum Schluß hat dann HARTMANN noch eine Kritik KANTs in meisterhafter Kürze in seiner "Geschichte der Metaphysik", Bd. II, Seite 1-48 gegeben. Ich will daher - indem ich im Allgemeinen auf die Kritik HARTMANNs verweise - nur wenige Punkte herausheben. Da man nicht bestreiten kann, daß KANT das Apriori sowohl im psychologisch-genetischen als auch im transzendental-logischen Sinn verwandt hat, sollte man auch nicht leugnen, daß bei KANT die Apriorität der Anschauungs- und Denkformen geradezu zum Wechselbegriff einer allgemeingültigen Subjektivität wird. Wenn man gar bei der kantischen Raum- und Zeitlehre die Ursprungsfrage völlig beseitigen will, so bemerkt demgegenüber KÜLPE (22) mit Recht, daß man durch die Ausscheidung zweifellos authentischer Gedanken KANTs, die Apriorität als Subjektivität bestimmen, seine Lehre "um eine ihrer folgenschwersten Eigentümlichkeiten" bringt. (23) Die moderne Sinnesphysiologie und Psychologie haben zudem gerade für die dreidimensionale räumliche Anschauung den Nachweis geliefert, daß diese jedenfalls subjektiv ist. Eine ganz andere Frage aber ist es, ob KANT mit seiner Behauptung Recht hat, Raum und Zeit seien "bloß subjektiv" (KANT, Werke II, Seite 713). KANT dürfte eigentlich über die Sphäre jenseits des Bewußtseins weder positive noch negative Behauptungen aufstellen. Einen Beweis für seine Behauptung glaubt er freilich dadurch zu erbringen, daß nur so die Möglichkeit synthetischer Urteile, wie sie namentlich in der Mathematik und reinen Naturwissenschaft vorliegen, einzusehen ist. Die Mathematik ist aber, ebenso wie die Logik, eine Formalwissenschaft, die es lediglich mit Konstruktionen und Gebilden zu tun hat, die wir selbst geschaffen haben. Deshalb können wir aus ihnen wieder das herausholen, was wir in sie hineingelegt haben, was implizit in ihnen liegt, so daß es in der Mathematik gar keine synthetischen, sondern nur analytische Urteile gibt. Was die Urteile a priori anbelangt, so kann man von solchen höchstens bei der reinen Mathematik sprechen, und auch nur in einem gewissen Sinn. Dagegen gibt es solche sonst überhaupt nicht, da wir alle unsere Begriffe durch Abstraktion aus dem fertigen Bewußtseinsinhalt, also aus der Erfahrung, herausgeschält und gewonnen haben, weshalb sie und alle Urteile nur a posteriori sein können (4). - Ferner ist der ganze Unterschied zwischen synthetischen und analytischen Urteilen fließend, je nachdem man den unvollständigen oder den infolge des aussagenden Urteils vervollständigten Subjektsbegriff in Betracht zieht. Streng genommen gibt es nur analytische Urteile. Ebensowenig sind Raum und Zeit "reine Anschauungsformen a priori", wie KANT meint. Man muß die verräumlichende und die bestimmte Zeit setzende Funktion, die a priori und vorbewußt ist, unterscheiden vom fertigen im Bewußtsein vorgefundenen Produkt, der (subjektiven) Raumanschauung und Zeitvorstellung. Was KANT als Raumanschauung a priori bezeichnet, ist eine Abstraktion von erfahrungsmäßig gegebenen räumlichen Bestimmungen (Farbe, Lage, Ausdehnung, Gestalt): die von der Phantasie des einzelnen Menschen, besonders des einzelnen Mathematikers, hervorgerufene abstrakte Vorstellung des von allem Stoff entleerten Formalen der Anschauung. HARTMANN hat die Raum- und Zeitlehre KANTs schon früh eingehend kritisiert. Ich will daher hier nur Folgendes bemerken: Die Zerreißung von Stoff und Form der Anschauung, die KANT vornimmt, ist vor der inneren Erfahrung nicht begründet; der bestimmte Stoff (Empfindungsinhalt) und die bestimmte Form der Anschauung drängen sich beide mit gleich unwiderstehlicher Gewalt unserem Bewußtsein als fertig Gegebenes auf, das wir nicht willkürlich abändern können. Wenn KANT es erklären will, warum wir gezwungen sind, stets eine ganz bestimmte räumlich-zeitliche Anordnung der Dinge bis ins Kleinste hinein vorzunehmen, so muß er schon einräumen - worauf besonders RIEHL aufmerksam gemacht hat (25) -, daß Raum und Zeit zugleich subjektive und objektive "Gründe" haben. Geht man diesem Gedanken weiter nach, so gelangt man zum transzendentalen Realismus, der auch sonst bei KANT grundsätzlich zum Durchbruch kommt. Wenn KANT behauptet, der Raum sei wesentlich einig oder ein einzelner, das Mannigfaltige in ihm beruhe ebenso wie bei der Zeit auf Einschränkungen, so stimmt dies schon deshalb nicht, weil Menschen und Tiere je einen (subjektiven) Gesichts- und (subjektiven) Tastwahrnehmungsraum haben. Von dem einen Raum - und einer für alle Lebewesen gemeinsamen Zeit - kann man, wenn man mit dem naiven Realismus gebrochen hat, erst wieder reden, wenn man mit dem transzendentalen Realismus eine transzendente Zeitlichkeit und einen objektiv realen Raum jenseits eines jeden Sonderbewußtseins annimmt, der als dynamisch gesetzter endlicher physischer Raum zu denken ist und von jedem räumlich wahrnehmenden Lebewesen unbewußt durch eine schöpferische Synthese der Seele subjektiv rekonstruiert (26) wird, bis schließlich im Laufe der Entwicklung der Menschheit der abstrakt-ideelee Raum des Mathematikers - vermöge einer Leistung der subjektiven Phantasie - entsteht, der unendlich ist, weil er sich im Reich der unbegrenzten Möglichkeit hält. Es steht also demnach gerade umgekehrt, wie KANT meint: nicht der mathematische Raum macht erst den des Physikers möglich, sondern dieser liegt jenem letztlich zugrunde. In einem abstrakten mathematischen Raum kann nichts Wirkliches vorgehen, ebensowenig in einer ideell vorgestellten Zeit. Unterscheidet man dagegen mit dem transzendentalen Realismus einen objektiv realen Raum und eine ebensolche Zeit von ihren subjektiven Rekonstruktionen im Einzelbewußtsein, so werden auch die "Antinomien" leicht lösbar, die KANT als mittelbaren Beweis für den bloß subjektiven Charakter der Anschauungsformen verwenden will. Wenn KANT die Realität von Raum und Zeit bestreitet, so ist damit noch gar nicht bewiesen, daß das Reale (Wirkliche, Wirkende) nicht räumlich und zeitlich existiert; und ebensowenig beweist der subjektive Ursprung der Anschauungs- und Denkformen, daß diese im bewußtseins-transzendenten Gebiet keine Gültigkeit hätten. Wir können uns das Wirkliche ebenso nur zeitlich denken wie jede Tätigkeit, jede Handlung, jede Veränderung. Würde man die Zeit nur als eine lediglich subjektiv menschliche Auffassung ansehen, so wäre dies nicht nur verhängnisvoll für die ganze praktische Philosophie KANTs, sondern es gäbe dann auch keine "synthetische Funktion", keine verknüpfende "Handlung", die eben nur zeitlich ansich sein kann (27). KANT hat aber auch nicht bewiesen und nicht beweisen können, daß es "dieselben Handlungen" sind, durch die der Verstand einmal unter dem Namen "Urteilsformen" im Sinne der formalen Logik urteilt und das anderemal unter dem Namen "Kategorien" die "sinnlichen Anschauungen" miteinander "vereinigt" und "verknüpft", dadurch diese zu "Gegenständen einer objektiven und allgemeingültigen Erkenntnis macht" und schließlich die "Natur als die Einheit von Objekten allererst hervorbringt". Die hier vorhandenen Unzulänglichkeiten und Gewaltsamkeiten sind bekannt genug. Ich verweise auch auf die eingehende Kritik HARTMANNs. Nach KANT bringen erst die Kategorialbegriffe die vollständige Erfahrung hervor. Ein Begriff vergleicht aber vorhandene Erfahrung, d. h. Bewußtseinsinhalte, miteinander, indem er die Beziehungen feststellt, die zwischen Subjekt und Prädikat gegeben sind. Er schafft und erzeugt aber nicht die vollständige Erfahrung. Begriffe, reine Denkformen können nicht funktionieren. Wohl aber kann dies eine metaphysische, vor- und überbewußte, logische Tätigkeit; sie kann in bestimmten Formen funktionieren. Nimmt man eine solche Tätigkeit mit HARTMANN an, dann kann man auch mit ihm Kategorialfunktionen erschließen, deren Repräsentanten für unser Bewußtsein die Kategorialbegriffe sind. Eigentlich gibt es nur eine vorbewußte Intellektualfunktion, die sich selbst so differenziert und in Bezug auf die gegebenen Umstände in der Weise logisch determiniert, daß alle dabei sachlich geforderten Formen und Normen einheitlich zur Geltung gelangen. Die typischen Formen der logischen Determination, und damit die Kategorialbegriffe, gewinnt erst unser abstrahierender Verstand durch die Vergleichung der verschiedenen Fälle. Die ganze Anlage der kantischen Erkenntnislehre drängte auf die Annahme solcher vorbewußter synthetischer Kategorialfunktionen hin (28). KANT hat aber den Unterschied zwischen ihnen und einer analytischen Erkenntnis der Erfahrung durch im Bewußtsein vorhandene Begriffe absichtlich verwischt, weil nur so eine apodiktisch gewisse Erkenntnis zu gewinnen und der Rationalismus zu retten war. So legt er den Kategorialbegriffen eine "Spontaneität" bei, die sie gar nicht haben und haben können. Er bleibt auch den weiteren Beweis für seine Behauptung schuldig, wir subsumierten die Gegenstände oder die sinnlichen Anschauungen unter solche Begriffe (II, 70, 78, 122; III, 62), was nicht wundern darf, da er hier beweisen müßte, daß sich die Kategorialbegriffe gegenüber dem Empirischen, das unter sie subsumiert werden soll, wie ein Allgemeines zum Besonderen verhalten. Nach KANT müßte es dem Belieben des Verstandes überlassen sein, welche und wieviel der apriorischen Denkformen er einer gegebenen Anschauung hinzufügen wollte. Woher dann das Gefühl der Nötigung? Dieses erklärt sich nur, wenn gleiche logische Formen auf der Seite des Erkennenden sowie des zu Erkennenden zur Anwendung kommen; wenn ein gemeinsames logisch-dynamisches Prinzip sowohl dem Bewußtsein als auch dem bewußtseinstranszendenten Gebiet (29) zugrunde liegt, das uns zwingt, gerade so und nicht anders zu denken. Daß KANT diese Annahme als nicht ernsthaft für ihn in Betracht kommend von vornherein ablehnt, liegt daran, daß er sie sich nur als Wunder (Präformationssystem oder prästabilierte Harmonie) vorzustellen vermag. Die deutsche Philosophe mußte erst eine entschiedenere Wendung zum Monismus (Pantheismus) vornehmen, ehe sie der Erörterung jener Möglichkeit überhaupt näher treten konnte. Wenn aber die idealistischen Nachfolger KANTs das monistische Prinzip in der Identitätsphilosophie alsbald überspannt haben und die Sphäre der Immanenz in die der Transzendenz hinüberspielten, so hat doch gerade KANT den Anstoß hierzu gegeben, indem er die Möglichkeit zugibt, daß "Ding ansich" und "Ich ansich" dasselbe sein könnten, und indem er einen "transzendentalen Grund der Einheit des Selbstbewußtseins" annimmt (II, 106) der erst das Zusammenbestehen aller Vorstellungen in einem Selbstbewußtsein und die durchgängige Beziehung auf ein begleitendes "Ich denke" möglich machen soll (II, 275f, 730f). Dieses begleitende Moment bildet das Vehikel aller Kategorien (II, 280) und ist "in allem Bewußtsein ein und dasselbe" (II, 732). Durch die Gleichsetzung jenes transzendentalen Grundes der Einheit des Selbstbewußtseins, den KANT sonst auch als "transzendentale Apperzeption" bezeichnet, mit dem "Ich ansich", dem "transzendentalen Subjekt", d. h. der Seele (II, 282, 663, 667, 129), läßt er sich - in dem Bestreben, die Möglichkeit einer apodiktisch gewissen Erkenntnis zu sichern, - verleiten, jene doch überindividuelle Organisation als transzendentales oder reines Ich aufzufassen. Ja, er geht in diesem Bestreben soweit, daß er behauptet, wir wären uns der ursprünglich synthetischen Einheit der Apperzeption "a priori bewußt" (II, 734, ähnlich II, 177), d. h. also: wir hätten ein apriorisches Wissen vom transzendentalen Grund der Einheit des Selbstbewußtseins. Wenn aber die verräumlichende Funktion nur als vorbewußt zu denken ist; wenn alle Kategorien ihre formierende Funktion, ihre vereinheitlichende "Handlung" nur vorbewußt vollziehen; wenn die produktive Einbildungskraft, die "blinde Funktion der Seele", ihre Synthesis regelmäßig "unbewußt" vornimmt (II, 77, 116, 167, 730); wenn die "allen Datis der Anschauung vorangehenden Einheit" des Bewußtseins nur vorbewußt sein kann, so muß die transzendentale Apperzeption als der transzendentale Grund dieser Einheit und als die Bedingung aller Erfahrung, die dieser vorhergeht, erst recht vorbewußt sein (II, 733 Anm.). Und da die Kategorien nichts weiter sind als die "Arten" der transzendentalen Apperzeption, als deren Differenzierungen und Besonderungen, so wird hiermit klar, wie falsch es von KANT war, die Kategorien als Begriffe und jene überindividuelle Organisation, den "Grund der Möglichkeit der Kategorien" (II, 31)), als Ich oder als Bewußtsein aufzufassen (30). Da das "reine Ich" eine metaphysische Hypothese war, so mußte es KANT nahe liegen, um die Subjektivität der Anschauungs- und Denkformen zu überwinden, anstelle jenes metaphysischen Begriffs einen unverfänglicheren einzuführen. Deshalb wählt er in den Prolegomenen statt des Begriffs des "reinen Ichs" den des "Bewußtseins überhaupt". In "einem (!) Bewußtsein überhaupt" sollen Urteile notwendig, sollen Wahrnehmungen (!) synthetisch vereinigt werden. Das "Bewußtsein überhaupt" ist bei KANT kein metaphysischer, sondern ein rein logischer Begriff, der den "reinen Verstand", das "reine Denken" bedeutet. Daß wir es hier mit der Abstraktion einer Abstraktion zu tun haben, wurde schon früher erwähnt. Gerade KANT, der das Bewußtsein als eine "Form der Vorstellungen" ansieht, dessen ganze Erkenntnislehre erst durch den Begriff des Unbewußten (31) Sinn und Halt bekommt, durfte am Wenigsten das reine Denken und die objektive Vernunft (Ratio, Logos), als Bewußtsein ansprechen. Da KANT zugibt, daß die "reine Apperzeption" noch gar nicht selbst Bewußtsein, sondern bloß "mögliches Bewußtsein" ist, indem sie die Vorstellung: ich denke, erst "hervorbringt", so räumt er damit ein, daß der reine Verstand oder die reine Vernunft als schöpferisches Prinzip und als Produzent unserer Vorstellungen nur deren Mutterschoß, selbst aber noch nicht Bewußtsein ist, weil dieses eben nur eine Form des Produkts, unserer Vorstellungen, ist, die gleichzeitig mit diesem von jenem schöpferischen Prinzip erzeugt wird (II, 732). Erweist sich die Annahme eines "Bewußtseins überhaupt" als nicht stichhaltig, so blieb KANT nur noch ein Weg übrig, um die Subjektivität der Anschauungs- und Denkformen zu überwinden und dem Gegenstand ansich eine Realität zu sichern. Die äußeren Gegenstände durften nicht "bloße Vorstellungen" und lediglich "Gedanken in uns" und "nur Erscheinungen" sein, wie KANT (32) bemerkt; vielmehr mußte die subjektiv ideale Empfindung aus der Einwirkung des "affizierenden Dings ansich" erklärt und damit das Verbot (33) KANTs, von den Kategorien der Kausalität, Realität etc. einen transzendentalen Gebrauch zu machen, wieder aufgehoben werden. Hiermit ist freilich der Widerspruch in die Lehre KANTs gekommen, den man ihm seit JACOBI und AENESIDEMUS-SCHULZE immer wieder vorgeworfen hat. Aber grundsätzlich ist jedenfalls der transzendentale Realismus an diesem Punkt bei Kant zum Durchbruch gelangt: der "Grund des Stoffes sinnlicher Vorstellungen" ist etwas Übersinnliches, das wir nur nach seinem Daß, nach seiner Existenz, nicht aber nach seinem Was erkennen (34). Daß aber KANT das "Ding-ansich" und die durch es hervorgerufene "Affektion des Gemüts", d. h. seine Einwirkung auf die Seele, immer wieder als letzte Zuflucht ergreift, erklärt sich leicht, da seine Bemühungen, auf andere Weise über die Enge des Einzelbewußtseins hinaus zu gelangen, alle notwendig scheitern mußten. Die Gesetze, die Zeitordnung und die Notwendigkeit sind nach KANT nur subjektiv (35); die "Affektion des Gemüts", die Empfindung, ist ebenfalls bloß subjektiv ideal und kann eine Realität nur erlangen, indem sie auf das reale "Ding-ansich" und dessen Einwirkung bezogen wird. Da die anschaulichen wie die begrifflichen Elemente der Erscheinungen ebenso subjektiv sind wie nach KANT die Gesetze ihrer Verknüpfung, so ist und bleibt das ganze Gebiet der Erscheinungen subjektiv. Die transzendentale Beziehung auf "denselben Gegenstand" führt vom kantischen Standpunkt aus gleichfalls nicht über das subjektive Bewußtsein hinaus, da "transzendental" von KANT ausdrücklich (36) als subjektiv erläutert wird. Der reine Begriff vom transzendentalen Gegenstand, der einem X gleichgesetzt wird (37), kann keine objektive Realität oder gegenständliche Gültigkeit schaffen, wenn jenes X nicht mehr als ein "bloßer Grenzbegriff" ist; denn dann ist er eben nur eine subjektive Kategorie und nichts weiter als "eine herausprojizierte Widerspiegelung meiner formalen Bewußtseinseinheit". Daß zwei Personen gleichzeitig "dasselbe" räumlich wahrnehmen und über "denselben Gegenstand" im gleichen Sinne urteilen können, hat nicht nur zur Voraussetzung, daß sie ihre Anschauungen und Gedanken auf denselben "Gegenstand" beziehen, sondern auch die weitere Voraussetzung, daß sich der "Gegenstand ansich", das "Ding-ansich", seinerseits zuvor auf die Seelen der beiden Personen (oder zweier Tiere, soweit gleiche Wahrnehmungen in Frage kommen) bezogen, d. h. kausal auf die beiden Seelen eingewirkt hat, wie dies KANT ja auch grundsätzlich annimmt (38). Nur dann kann das gleiche logische Denken zu gleichen Ergebnissen führen; nur dann ist "gegenständliche Erkenntnis", wahre Objektivität und Allgemeinheit für Jedermann möglich. Weil das "Ding-ansich" eine Hypothese ist, führt es KANT gewissermaßen immer nur verschämt ein. Er hätte sich aber klar darüber werden müssen, daß ein realer Vernunftgebrauch a priori völlig unmöglich ist, und sich - wie dies für alle Realwissenschaften gilt - auch für die Philosophie statt mit einer apodiktisch gewissen Erkenntnis nur mit einer solchen von möglichst großer Wahrscheinlichkeit begnügen müssen. Es wäre daher die Hypothese des "Dings-ansich" näher zu begründen und der bei KANT zum Durchbruch gelangende transzendentale Realismus weiter auszubauen (39). Dies aber kann nur dadurch geschehen, daß man zunächst von der Kategorie der Kausalität einen transzendenten Gebrauch und die "Synthesis transzendent" macht, wozu KANT ja auch ausdrücklich die Erlaubnis gibt (Werke VIII, 236-237). Der Neukantianismus hat aber den transzendental-realistischen Einschlag in der Lehre KANTs nicht weiter entwickelt, sondern zunächst - unter dem Einfluß von F. A. LANGE - den subjektiven Idealismus KANTs betont, um später den Begriff des "Bewußtseins überhaupt" in den Vordergrund zu schieben. Es gilt dies nicht nur von der Schule WINDELBANDs (RICKERT, LASK, JONAS COHN etc.), die ich wegen ihrer metaphysischen Neigungen den Neufichteanern zugezählt habe, sondern auch von der "Marburger Schule" (COHEN, NATORP, KINKEL, CASSIRER), der auch BAUCH und LIEBERT sehr nahe stehen. Wenn diese auch alle das kantische System von seinen phänomenalistischen Bestandteilen säubern wollen, so erkennen die Erstgenannten - auf den Spuren FICHTEs wandelnd - wenigstens an, daß die Materie der Anschauung, d. h. die Empfindung, etwas mehr oder weniger Irrationales ist, das nicht aus den allgemeinen Formen der Vernunft bestimmt ist, während die Anderen versuchen, auch die Empfindung in die Gesetzlichkeit der Erkenntnis einzubeziehen und der "Geltung" (40) des rationalen Apriori zu unterwerfen (BAUCH), oder doch dem Anspruch, der in der Empfindung verborgen ist, den diese "stammelt und anmeldet", gerecht zu werden (COHEN). Nun kann man sehr wohl die Empfindung in die - induktiv, d. h. a posteriori ermittelte - Gesetzlichkeit des Geschehens einbeziehen und sogar ihrer Entstehung nach erklären, wenn man unter Erklären so viel versteht wie: auf Ursachen zurückführen; aber all dies nur dann, wenn man die Kategorie der Kausalität für das bewußtseins-transzendente Gebiet Gültigkeit haben läßt. Das tut die Wissenschaft der Sinnesphysiologie, indem sie in den materiellen Vorgängen, die der Entstehung der Empfindung vorausgehen, deren Ursachen sieht, und indem sie sich darüber klar ist, daß das letzte Schlußglied der materiellen Kausalkette, das der Empfindung unmittelbar vorhergeht, der Gehirnvorgang, völlig im Unbewußten liegt. Kann man so die Empfindung in die Gesetzlichkeit des Geschehens eingliedern, so haftet ihr doch etwas Alogisches an, das "als letzter logisch nicht auflösbarer Rückstand der erkenntnistheoretischen Analyse des Bewußtseinsinhalts übrig bleibt": die Intensität der Empfindung. Sie weist ebenso wie die der Kraftäußerung auf etwas zurück, das nicht logisch, irrational, aber dynamisch-thelistisch [willentlich - wp] und wirkungsfähig ist. Wir können diese Seite der Welt niemals mittels reiner Logik erfassen; nur dadurch wird sie uns einigermaßen verständlich, weil wir in der Intensität unserer erlebten Gefühle infolge einer naiv-realistischen Verwechslung die Intensität des hinter dem Bewußtsein stehenden Wollens unmittelbar zu erfahren, zu erleben glauben. Das irrationale Wollen erklärt auch erst, daß es eine Zeitlichkeit gibt; denn an und für sich ist diese mit ihren Veränderungen, von denen eine die andere in einem rastlosen Wechsel ablöst, etwas durchaus Unlogisches. Der logische Idealismus dürfte daher die Zeit noch weniger als den Raum als eine letzte logische Voraussetzung der Erkenntnis ansehen. Außerdem sind die logischen Gesetze, die jener gegenüber dem konkreten Inhalt des Einzelbewußtseins einseitig berücksichtigt, zeitlos, während dieser Inhalt stets eine zeitliche Dauer hat. KANT hat dies wohl gefühlt und deshalb auch seine Lehre von den Anschauungsformen und dem "von außene gegebenen" Stoff der Empfindung so ganz anders vorgetragen, wie dies der heutige logische Idealismus tut, der sämtliche apriorischen Grundlagen der Erkenntnis als eigene Erzeugnisse des bewußten Denkens ansieht. Eine eingehendere Auseinandersetzung mit dem logischen Idealismus, besonders der Marburger Schule, würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Ich kann hier auf die Kritik verweisen, die andere Vertreter des erkenntnistheoretischen Realismus an jener Richtung geübt haben (41). Wenn KANT auch die Kategorien (im engeren Sinn) schließlich als "reine Begriffe" und "selbstgedachte erste Prinzipien a priori" auffaßt, so sieht er in ihnen im Grunde doch noch etwas Anderes, wie schon oben angeführt wurde. Denn er betont, der "Grund", daß die Kategorien (und Anschauungsformen) gerade so und nicht anders entstehen, müsse "angeboren" sein (vgl. Werke I, Seite 446 und II, 67); es muß also nach ihm ein Keim, eine potentielle Anlage im Subjekt als angeboren vorausgesetzt werden, die als solche nur unbewußt sein kann. Der Neukantianismus dagegen faßt die Kategorien (in einem weiteren Sinn) lediglich als "reine Begriffe" auf, die den "Gegenstand konstituieren" oder "erzeugen". Er stempelt die Begriffe zu etwas "Überindividuellem", läßt sie geradezu mit den realen Gegenständen zusammenfallen und behauptet, die "Natur" werde durch unsere logischen Konstruktionen erst "erzeugt" und "erschaffen". Begriffe, d. h. Abstraktionsprodukte, können aber niemals "konstitutiv" sein; sie können den "Gegenstand" nicht "erschaffen" und erst recht nicht den realen Gegenstand konstituieren oder gar "erzeugen." (42) - Unser Denken "erschafft" nicht die "Natur", sondern bezieht die von uns verwandten Begriffe in der Naturwissenschaft durchauf auf bewußtseinstranszendente dynamische Realitäten, d. h. es meint mit jenen "Dinge-ansich"; und es drückt die zwischen diesen bestehenden realen Beziehungen und Synthesen für uns in der Form und im Gewand des Urteils aus. So denken wir die außerbewußte Natur mittels der Begriffe in den von uns urteilsmäßig formulierten Sätzen, aber nicht als Begriff. Die Marburger Schule, der das "Sein" die "Selbstentfaltung der Vernunft" ist, steht HEGEL und seiner dialektischen Methode viel näher, als sie selbst meint. Wenn COHEN gar das Etwas aus dem Nichts, das Endliche aus den Unendlich-Kleinen ableitet und die "reinen Begriffe" auf die "Idee" zurückführt; wenn nach ihm das (bewußte) Deknnen nicht nur das "Sein", sondern sogar die "Grundlagen des Seins erschafft", so überbietet er freilich dadurch noch HEGEL um ein Beträchtliches. (43) Der konsequente erkenntnistheoretische Idealismus dürfte nicht einmal die Annahme der Existenz eines anderen Mitmenschen, eines anderen Bewußtseins außer dem eigenen als Hypothese zulassen. Bis jetzt hat sich jedoch noch kein abendländischer Denker bereit gefunden, jene Hypothese ernsthaft zu bestreiten, sowie man aber diese Hypothese einräumt, sieht man sich, wenn man nicht mehr in den naiven Realismus zurückfallen will, Schritt für Schritt zu der Annahme gedrängt, daß es einen Verkehr zwischen meinem und dem fremden (menschlichen und tierischen) Bewußtsein gibt, und daß ein solcher Verkehr nur durch eine transzendente Kausalität möglich ist. HARTMANN hat dies zweimal eingehend begründet (44) und auch nachgewiesen, daß die Annahme einer immanenten Kausalität, die zwei in einem Sonderbewußtsein unmittelbar aufeinander folgende Erscheinungen miteinander verknüpft, uns in einem ratlosen Wirrsal stecken lassen würde (45). Dagegen wird uns die Welt und deren Gesetzlichkeit sofort verständlich, wenn wir annehmen, daß es eine vom eigenen und jedem Bewußtsein unabhängig existierende, in sich nach Kausalgesetzen zusammenhängende materielle Welt gibt, die in meinem Bewußtsein gesetzmäßig Veränderungen hervorruft, indem sie zunächst auf das "Ding ansich" meines zu ihr gehörenden Leibes, durch dieses auf meine vorbewußte produktive Geistestätigkeit (das "Ich ansich" oder die Seele) und endlich durch sie auf meinen Bewußtseinsinhalt einen Einfluß ausübt. Indem ich das Gleiche auch für andere Lebewesen annehme, wird ein Verkehr zwischen den Menschen, Menschen und Tieren und Tieren untereinander, wird Leben, Kultur, Wissenschaft, sittliches Handeln möglich und die Gesetzlichkeit der Welt erklärt. Mit den logischen Erwägungen verbinden sich weitere psychologische Gründe. Ich fühle, daß meine Empfindungen und Sinneswahrnehmungen, teilweise auch meine Gefühle, nicht etwas von mir Gewolltes, sondern mir Aufgedrängte und Aufgezwungenes sind. Es herrscht hier ein äußerer auferlegter Zwang, den wir besonders deutlich bei einem ekelhaften Geruch, einem schmerzhaften Schlag, bei blendenden Gesichts- oder das Trommelfell zerreißenden Gehörswahrnehmungen empfinden. Es deutet dies auf eine "Außenwelt" im Sinne eines fremden Willens hin, der sich dem unsrigen aufdrängt und ihn zu einer Reaktion veranlaßt (46). Ähnliche Beschränkungen unseres Willens erfahren wir, wenn wir als wollende Wesen handeln und auf die Umwelt einzuwirken suchen. Wir erschließen den eigenen Willen als das Tätige unserer Seele aus den Empfindungen, Gefühlen und Vorstellungen, die ihn begleiten und ihm folgen. Ebenso erschließen wir, infolge des gefühlten Zwangs, daß ein fremder Wille den unsrigen in seiner Entfaltung gehemmt hat. So kommen wir schließlich dazu, eine transzendente Ursache zu unseren Empfindungen hinzuzudenken und diese transzendental auf etwas Bewußtseinstranszendentes, auf ein "Ding-ansich", als auf die Ursache unserer Empfindungen und Wahrnehmungen, zu beziehen. Wenn ein Wille - wie hier der fremde - nach bestimmten Gesetzen eine dynamische Aktion über seinen Bereich hinaus ausübt, sich dabei auf einen anderen erstreckt und diesen teils beschränkt, teils zu einer gesetzmäßigen Gegentätigkeit herausfordert, so sind wir logisch gezwungen, die zwischen den beiden Willen stattfindenden gesetzmäßigen real-logischen Beziehungen als Kausalität aufzufassen. Es ist geradezu der Urfall der Kausalität, durch den uns jedes andere Kausalverhältnis erst seinem Wesen nach verständlich wird. Wenn wir zu der im Bewußtsein vorgefundenen nicht-selbstgewollten Veränderung eine außerhalb unseres Bewußtseins befindliche Ursache hinzudenken, so wenden wir bewußt ein logisches Schlußverfahren an. Wir setzen dabei das fort, was früher der naive Menschen instinktiv getan hatte, indem er die Wahrnehmungsobjekte als die Ursachen seiner Empfindung angesehen hat. Es kommt uns dabei zustatten, daß die Naturwissenschaften, als sie das gleiche Verfahren übten und die Kategorie der Kausalität auf die von den Empfindungen aus erschlossenen bewußtseinstranszendenten Realitäten anwandten, so glänzende Ergebnisse erzielten. Diese Realitäten, die etwas ganz Anderes sind wie "mögliche Wahrnehmungen" oder "unbewußte Empfindungen", wie Wahrnehmungsobjekte oder gar Begriffe, bezeichnen wir als "Dinge-ansich" und erobern damit diesem Begriff die erkenntnistheoretische Bedeutung (zurück) gegenüber der metaphysischen, die er durch und seit KANT angenommen hat. Indem wir eine (erkenntnistheoretisch) transzendente Einwirkung der "Dinge ansich" - unmittelbar auf unsere Seele, mittelbar auf unser Bewußtsein - annehmen, also die Kategorie der Kausalität in einem Gebiet jenseits des Bewußtseins Gültigkeit haben lassen, können wir weiter schließen, daß das "Ding ansich" als wirkendes und tätiges auch zeitlich sein muß; wir müssen ihm als einem wirkenden Existenz und Realität zuerkennen und viele "Dinge-ansich" annehmen, die sich gesetzmäßig ändern. So ergibt sich aufgrund weiterer logischer Schlüsse, daß wir noch andere Kategorien (z. B. die der Einheit, Vielheit, Notwendigkeit und auch die der Finalität) auf die "Dinge-ansich" anwenden können. Zweifelhafter ist schon, ob wir sie auch räumlich denken dürfenf. Aber auch in dieser Beziehung erbringt HARTMANN den Nachweis höchster Wahrscheinlichkeit, daß unser subjektiver Wahrnehmungsraum das ziemlich getreue Abbild eines objektiv realen Raumes ist, den wir auch den Raum des Physikers nennen können. Der transzendental Realismus behauptet nicht, daß zwischen unseren im Bewußtsein vorgefundenen Anschauungs- und Denkformen und den Daseinsformen, die im Reich der "Dinge-ansich" gelten, völlige Identität herrscht, sondern er erschließt induktiv nur eine gewisse Konformität. Freilich kann nur eine Metaphysik, die das Walten der Vernunft i sondern er erschließt induktiv nur eine gewisse Konformität. Freilich kann nur eine Metaphysik, die das Walten der Vernunft in allen Gebieten aufzeigt, es erklären, daß eine Erfahrung und eine Erkenntnis, die durchweg zu untereinander übereinstimmenden Ergebnissen führen, keine bloße Prellerei des Verstandes, sondern selbst ein Erzeugnis einer das All teleologisch durchwaltenden Weltvernunft ist. Erst eine solche Auffassung macht jene Konformität verständlich. Genauer und im Einzelnen hat EDUARD von HARTMANN diese Übereinstimmung in seiner "Kategorienlehre" dargelegt, deren große Bedeutung für die gesamte Philosophie erst spätere Zeiten anerkennen werden, die weniger metaphysikfeindlich sind als unsere Zeit. Wenn aber auch der transzendentale Realismus die Grundlage für die Metaphysik HARTMANNs bildet, so ist doch diese nicht dessen notwendige Folge. Vielmehr fordern alle Wissenschaften - besonders die Natur- und Geschichtswissenschaften -, alles praktische und sittliche Handeln und nicht zuletzt die Religion den transzendentalen Realismus als erkenntnistheoretische Grundlage; einerlei, welcher Metaphysik man sonst huldigt. Den transzendentalen Realismus vertritt Jeder, der mit dem naiven Realismus gebrochen hat und im "Bewußtsein überhaupt" nichts als einen abstrakten Begriff sieht, der aber anerkennt, daß es eine von seinem Bewußtsein unabhängig existierende Außenwelt gibt, in der im Wesentlichen dieselben Formen Gültigkeit haben, die wir im Bewußtsein auch vorfinden. Wie er seinen erkenntnistheoretischen Standpunkt selbst nennt, ist dabei ganz gleichgültig. Deshalb dürfen nicht bloß philosophisch geschulte Naturforscher wie AMPÉRE, HELMHOLTZ, REINKE und unzählige Andere, nicht nur Denker wie ZELLER, TRENDELENBURG, BAUMANN, EDUARD von HARTMANN, VOLKELT, ERICH ADICKES (47), DREWS, FREYTAG, STUMPF, BUSSE, ERHARDT, STÖRRING, ZIEHEN (48), LUDWIG STEIN und manche seiner Schüler (SINNREICH) - um hier nur einige Namen zu nennen - als transzendentale Realisten bezeichnet werden, sondern auch HERMANN SCHWARZ, KÜLPE, MESSER, DÜRR und WENTSCHER, die ihrem Standpunkt selbst die Bezeichnung des "kritischen Realismus" verleihen. (49) ![]()
17) vgl. Gustav Störring, Einführung in die Erkenntnistheorie, 1909, Seite 264. 18) Cornelius, Einleitung in die Philosophie, zweite Auflage, 1903 und "Psychologie als Erfahrungswissenschaft", 1897. 19) vgl. Cohen, Logik der reinen Erkenntnis, 1902, Seite 14, 17, 28, 33, 49, 67, 102f, 117, 507. 20) vgl. Max Planck, "Die Einheit des physikalischen Weltbildes", 1909, Seite 33 und 34. 21) siehe Gerhard Tiemann, "Das Problem der Materie bei Eduard von Hartmann", Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Bd. 138, Seite 97f und Ludwig Tesar, "Die Mechanik", 1909, besonders das Nachwort, Seite 190-208, sowie Külpe, "Die Realisierung", Seite 120-123; 154f, 207-210. 22) Külpe, Immanuel Kant, 1908, Seite 62. 23) Über den subjektiven Idealismus vgl. auch Volkelt, "Immanuel Kants Erkenntnistheorie", 1879, Seite 18-21, 31-33, 44f. 24) Dies gilt auch von den Kategorialbegriffen der Gleichheit, Einheit, Vielheit usw. Manche Begriffe (die des Willens, der Kraft, der Ursache und Wirkung und der Substanzbegriff) gehen freilich auf eine vermeintlich innere Erfahrung oder äußere Anschauung zurück. Alle Beziehungsbegriffe aber gründen sich in Wirklichkeit und in letzter Linie auf ein fundamentum relationis, das jenseits der Empfindungen in einem vorbewußten Reich liegt. Wären die Kategorien nichts weiter als Begriffe, so könnten sie jedenfalls der Erfahrung nicht zugrunde liegen und sie bedingen. - Eine selbstverständliche Folge jener Tatsache ist es auch, daß "Begriffe ohne Anschauungen leer" sind. 25) Riehl, Der philosophische Kritizismus, zweite Auflage, Bd. 1, Seite 476f. 26) vgl. auch Wundt, "Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung", Seite 443f; "Physiologische Psychologie", fünfte Auflage, Bd. 2, Seite 664 und 665. 27) Kant, Werke II, Seite 128, 69, 76-78, 775. 28) Kant, Werke I, Seite 444-446; II, 67, 753. 29) Das heißt der natura naturata [hervorgebrachte Natur - wp], die einen Teil des Gebietes bildet, während der andere Teil - die metaphysische Tätigkeit und die sie tragende Substanz, die natura naturans [hervorbringende Natur - wp], - zugleich als das metaphysisch Transzendente zu denken ist. 30) Ob die allen empirischen Bewußtseinsverläufen zugrunde liegende Einheit ein überindividuelles Bewußtsein, ein absolutes Ich, oder ein un- (vor- und über-) bewußter Weltgrund ist, kann freilich nicht die Erkenntnislehre und die Logik, sondern nur eine Metaphysik entscheiden, die alle Ergebnisse verwertet, die ihr die Natur- und Geisteswissenschaften, nicht zuletzt auch die Tierpsychologie, an die Hand geben. 31) vgl. Volkelt, "Das Unbewußte und der Pessimismus" (1873), Seite 42-62, und "Kants Stellung zum unbewußt Logischen", Philosophische Monatshefte, Bd. IX, Heft 2 und 3; ferner Windelband, "Die Geschichte der neueren Philosophie", Bd. 2, 1907, Seite 61, 72, 75. und "Lehrbuch der Geschichte der Philosophie", Seite 456, sowie dessen Festrede "Die Hypothese des Unbewußten" (1914); Drews, "Kants Naturphilosophie als Grundlage seines Systems", 1894; endlich Kant selbst Werke I, 445, 446, II, 753 Anm. 32) Kant, Werke II, 45, 207, 297-302, 306-309, 389, 390, 713. 33) Kant, Werke II, 198 etc. 34) Kant, Werke I, 436. 35) Kant, Werke II, 479; vgl. auch Kr. d. r. V. Reclam-Ausgabe 680. 36) Kant, Werke II, 273 37) Kant, Werke II, 101, 207. 38) vgl. Prolegomenen, Reclam-Ausgabe 67 und 72. 39) Neben dem transzendentalen Realismus finden sich bei Kant freilich noch viele Überbleibsel des naiven Realismus. Sie verbergen sich besonders hinter dem von ihm und seinen Schülern so häufig gebrauchten Begriffe der "empirischen Realität" (siehe Volkelt, Kant, Seite 20, 191f.) 40) Die Vieldeutigkeit dieses Begriffsf, die selbst ein Windelband nicht übersehen hat, rechtfertigt jedenfalls nicht seinen häufigen Gebrauch in der neueren philosophischen Literatur. Über das "Problem der Geltung" vgl. auch die gleichnamige eindringende Schrift von Arthur Liebert, Kant-Studien Ergänzungsheft, Bd. 32, 1914. 41) vgl. besonders Messer, "Einführung in die Erkenntnistheorie", Seite 108-116, und "Der kritische Idealismus" (Internationale Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, 1912, Seite 686f) sowie Külpe, "Die Realisierung", Seite 220f; Ernst Dürr, "Erkenntnistheorie", und Eduard Study, "Die realistische Weltansicht und die Lehre vom Raum", 1914, besonders Seite 15, 29, 34f, 55, 56, 70f. Vgl. außerdem Frischeisen-Köhler, "Wissenschaft und Wirklichkeit", Seite 23, 34, 66, 135f, 301, 405, 458 sowie 86. 42) Gegenstand bedeutete ursprünglich dasjenige, das dem Bewußtsein gegenübersteht, sich unserem Willen entgegenstellt, ihm Widerstand leistet; seit Wolff auch das im Bewußtsein dem Subjekt gegenüberstehende Objekt; schließlich auch dasjenige, worauf sich eine Rede, eine Untersuchung usw. dem Grundgedanken nach bezieht. "Gegenständliche Gültigkeit" kann daher das Allerverschiedenste bedeuten. 43) vgl. Cohen, Logik der reinen Erkenntnis, Seite 18, 67; sowie die treffende Kritik an Cohen durch Staudinger, Cohens Logik der reinen Erkenntnis und die Logik der Wahrnehmung, Kant-Studien, Bd. 8, Seite 1f. 44) vgl. Hartmann, "Grundriß der Erkenntnislehre, Seite 97-127 und "Das Grundproblem der Erkenntnistheorie, Seite 76f 45) Hartmann, Kritische Grundlegung des transzendentalen Realismus", 67f, "Kategorienlehre", Seite 367-373. Vgl. auch Stumpf, "Zur Einteilung der Wissenschaften", Kapitel III. 46) vgl. auch Frischeisen-Köhler, "Wissenschaft und Wirklichkeit", Seite 267f, besonders 277-281, sowie "Das Realitätsproblem", 1912, besonders Seite 62f. 47) vgl. Adickes, "Liebmann als Erkenntnistheoretiker", Kant-Studien, Bd. 15, Seite 13-17. 48) vgl. Ziehen, "Leitfaden der physiologischen Psychologie", sechste Auflage, Seite 258-260. 49) vgl. auch Messer, "Die Philosophie der Gegenwart", 1916, Seite 123, 137f. Wundt habe ich absichtlich nicht aufgeführt, da dessen Standpunkt eine Mischung aus naivem und transzendentalem Realismus mit einem erkenntnistheoretischen Idealismus darstellt. |