005 "Wir haben gezählt, gewogen, gemessen, was irgend zu zählen, zu wägen zu messen ist; wir haben die Welt in allen Breiten, Höhen und Tiefen quantifiziert; wir haben uns gewöhnt, von Mechanismen sogar lebendiger und seelischer Vorgänge zu sprechen, ganz ebenso, wie wir uns gewöhnten, den großen und kleinen Kosmos im Lichte eines äußerst zweckmäßig eingerichteten Laboratoriums zu sehen, und wir haben mit alledem die bekannte Herrschaft über die Natur erlangt."
006Gesetzmäßigkeit der Natur ist ein Mythos, der von Menschen in die Natur hineingelegt wird. In der Natur gibt es keine Ordnung oder Unordnung.
013 Die Natur kennt keine Normen. Die Einführung von Normen geht auf den Menschen zurück. Naturgesetze können nicht auf Normen angewendet werden und umgekehrt.
014 Es gibt keine Verben in der zwecklosen Natur. Verben sind eine Zusammenfassung unter menschliche Zwecke.
023 "Man hat es zu einem Problem erklärt, bzw. die weitgehendsten Folgerungen daraus gezogen, daß unser seelischer Prozeß, der rein naturhaft verläuft, doch in seinem Inhalt so gut wie immer zugleich den logischen Normen gemäß wäre; es ist in der Tat höchst merkwürdig, daß ein bloß von Naturursachen hervorgebrachtes Geschehen so vor sich geht, als ob es von den idealen Gesetzen der Logik regiert würde; denn es ist nicht anders, als ob ein Baumzweig, mit einem Telegraphenapparat so verbunden, daß seine Bewegungen im Wind diesen in Tätigkeit setzen, ihn damit zu Zeichen veranlaßte, die für uns einen vernünftigen Sinn ergeben." - Georg Simmel, Soziologie, Leipzig 1908, Seite 340
024 Unser gesamtes Erkenntnisvermögen hat zwei Gebiete: das des Naturbegriffs und das des Freiheitsbegriffs.
033 "Hört man, mit welcher Ehrfurcht manche Leute von der Regierung sprechen, so könnte man glauben, daß der Kongress die Verkörperung des Gravitationsgesetzes sei, das die Planeten in ihren Bahnen hält."
043 "Die Wissenschaft von der Natur kann nur Gott allein haben, weil er sie schuf. Aber die Wissenschaft von der Welt der Nationen und der bürgerlichen Welt können auch die Menschen erlangen, weil sie von ihnen geschaffen ist." - Giambattista Vico
070 Für Descartes ist das materielle Universum eine Maschine und nichts als eine Maschine. In der Materie gab es weder Sinn noch Leben, noch Spiritualität. Die Natur funktionierte nach mechanistischen Gesetzen.
115 Einstein hat einmal gesagt, daß eine physikalische Theorie nicht von den Tatsachen der Natur bestimmt, sondern eine freie Erfindung des menschlichen Geistes sei.
119 "Alles Wunderbare aber, das wir gerade an den Naturgesetzen anstaunen, das unsere Erklärung fordert und uns zum Mißtrauen gegen den Idealismusverführen könnte, liegt gerade und ganz allein nur in der mathematischen Strenge und Unverbrüchlichkeit der Zeit- und Raum-Vorstellungen. Diese aber produciren wir in uns und aus uns mit jener Nothwendigkeit, mit der die Spinne spinnt; wenn wir gezwungen sind, alle Dinge nur unter diesen Formen zu begreifen, so ist es dann nicht mehr wunderbar, dass wir an den Dingen eigentlich nur eben diese Formen begreifen: denn sie alle müssen die Gesetze der Zahl an sich tragen, und die Zahl gerade ist das Erstaunlichste in den Dingen."
121 Dem Begriff des Naturgesetzes entsprach das Vorhandensein einer vernünftigen Ordnung in der Natur, aus der sich eine natürliche vernünftige Ordnung der Gesellschaft zu definieren läßt.
126 Die Welt kann grundlegend von zwei Seiten aus betrachtet werden: entweder in der Gegenüberstellung von Trieb und Ordnung, oder als Natur und Recht, bzw. Ursache und Norm.
133 "Die Natur ist sichtbarer Geist, der Geist unsichtbare Natur.".
134 Im Altertum waren nur drei 'Naturgesetze' bekannt: Das Hebelgesetz, das optische Gesetz und das Gesetz des Auftriebs. Archimedes diskutiert alle drei, ohne jedoch den Terminus 'Naturgesetz' zu gebrauchen.
135 "Die modernen Wissenschaftler, die die substantiellen Formen okkulter Qualitäten fortlassen, haben die Phänomene der Natur durch mathematische Gesetze zu erklären unternommen."
137 Der Begriff der Ursache war Vorläufer des Gesetzesbegriffs.
138 "Als Kausalität können wir ganz allgemein den gesetzlichen Zusammenhang im zeitlichen Ablauf der Ereignisse bezeichnen."
139 Das große Buch der Natur liegt aufgeschlagen vor uns. Um es lesen zu können, bedürfen wir der Mathematik, denn es ist in mathematischer Sprache geschrieben. Die Naturvorgänge sind quantitativ und damit meßbar, wo das nicht der Fall ist, muß die Wissenschaft die Anordnung des Experiments so treffen, daß sie meßbar gemacht werden.
140 Auf der mikroskopischen Ebene wurden die Gesetze der klassischen Mechanik durch die der Quantentheorie ersetzt; auf der Ebene des Universums hat die relativistische Physik die Physik Newtons abgelöst.
144 "Nur das 'Gesetzmäßige' konnte das wissenschaftlich Wesentliche an den Erscheinungen sein, 'individuelle' Vorgänge konnten nur als 'Typen', d.h. hier: als illustrative Repräsentanten der Gesetze, in Betracht kommen; ein Interesse an ihnen um ihrer selbst willen schien kein wissenschaftliches Interesse zu sein."
148 "Eine vollständige Anpassung an jede individuelle, künftig auftretende, unberechenbare Tatsache ist natürlich unmöglich. Die vielfache, möglichst allgemeine Anwendbarkeit der Naturgesetze auf konkrete tatsächliche Fälle wird nur möglich, durch Abstraktion, durch Vereinfachung, Schematisierung, Idealisierung der Tatsachen, durch gedankliche Zerlegung derselben in solche einfache Elemente, daß aus diesen die gegebenen Tatsachen mit zureichender Genauigkeit sich wieder gedanklich aufbauen und zusammensetzen lassen. Solche elementare
idealisierte Tatsachenelemente, wie sie in der Wirklichkeit nie in Vollkommenheit angetroffen werden, sind die gleichförmige und die gleichförmig beschleunigte Massenbewegung, die stationäre (unveränderliche) thermische und elektrische Strömung usw."
154 "Wenn die Annäherung in der Regel eine sehr gute ist, so ist das nur der riesig großen Zahl der Moleküle zu verdanken, die bei dieser Erscheinung zusammenwirken. Je kleiner deren Anzahl, um so größere
Zufallsabweichungen müssen wir erwarten."
164 "Der Ausdruck Naturgesetze wird schon von Roger Bacon benützt, konnte sich aber im 13. Jahrhundert noch nicht durchsetzen. Seit dem 18. Jahrhundert ist er eine gebräuchliche Redewendung."
165 Die Natur als physikalische Theorie ist ein System raumzeitlicher Erscheinungen.
167 Ein Organismus muß eine vergleichsweise grobe Struktur besitzen, damit man einigermaßen genaue Gesetze mit Erfolg auf ihn anwenden kann.
168Kausalität bedeutet den Kontext der Natur unter dem Gesichtspunkt der Zeit. Jeder Bezug auf den Kontext der Natur ist ein Bezug auf Kausalität.
169 "Widersprüche gibt es nur in der Sprache, nur durch die Sprache. Die Natur, wie sie nur einmal da ist, ist auch einheitlich. Diese Einheit können wir nicht entdecken, wenn wir denken oder sprechen, diese Einheit können wir fühlen, wenn wir leben, ungetrennt von der Natur, wie Kinder im Mutterleibe der Natur. Man kann das auch Mystik nennen, erkenntniskritische, sprachkritische Mystik."
170 "Das Vehikel der Forschung ist 'Mathematik'; und bloß soweit Mathematik anwendbar ist, kann ein mechanisches Weltbild entstehen. Alles Qualitative, eigentlich Anschauliche, alles, was an sich wesenhaft erscheint, wird aus der Welt verdrängt. Die Natur wird entqualifiziert und damit entseelt. Sie wird in 'exakte Gesetzesbegriffe' gefaßt, damit 'berechenbar' und dadurch 'beherrschbar'. In diesem Weltbild allein heißt es: Wir erkennen alles nur so weit, als wir es machen können. Die Natur wird ein Werkzeug des Geistes, als Mechanismus ein Apparat, sie wird damit inhaltlich ganz abstrakt, ganz allgemein. In diesem Weltbild sieht man nicht das, was gewöhnlich Wirklichkeit heißt und Fülle hat, sondern eine spezifische Unwirklichkeit, mit der, das sie eine Seite alles Wirklichen ist, sich die allergrößten Wirkungen in dieser erzielen lassen. Dies Weltbild umfaßt eben das, was an der Natur uns durch Berechnung ganz unterworfen ist, also vor allem die Welt nach ihrer 'räumlichen' und 'zeitlichen' Seite."
171 Jeder Versuch der logischen Ableitung der Grundbegriffe und Grundgesetze der Mechanik aus elementaren Erfahrungen ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
173 Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte war die Wirklichkeit
'Natur', danach war die Wirklichkeit 'Technik',
eine verdinglichte Welt. Heute ist die Wirklichkeit in erster Linie die
soziale Welt.
176 Die Natur wird als eine nach Gesetzen
zu bemächtigende aufgefasst.
177 Die Wissenschaft konstruiert die Dinge
und Vorgänge der Natur in rein begrifflicher
Weise, um daraus bestimmte Sachverhalte ableiten
zu können.
178 Der Erfolg der Naturwissenschaft beruth
auf einer Reduktion der Wirklichkeit auf den einen oder anderen Aspekt,
wie z.B. die Reduktion der Qualität auf Quantität.
179 Engels und Lenin gehen davon aus, daß die Natur
ansich dialektisch sei und das menschliche Denken
diese Dialektik in der Natur lediglich widerspiegele.
180 Die irrational unberechenbaren Triebe und Begierden müssen unter eine rationale Kontrolle gebracht werden.
182 Herzschlag und Atmung sind das Unwillkürliche am Menschen (Dunkel des Vegetativen).
183 Die Nacht ist das Älteste in der ganzen Natur der Dinge.
184 Die Natur ist etwas, das nicht nach unserem Denken geordnet ist. Der Mensch ist zwar in ihr verwoben, das heißt aber nicht, daß ihre Gesetze seine Gesetze sind und umgekehrt.
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.