001 Wir sprechenden Menschen teilen die Welt in Ordnungen und Eigenschaften ein. Die Fähigkeit zu klassifizieren, zu übermitteln und aufzuschreiben, hat auch ungeheure Erfolge für Kultur und Wissenschaft zu verzeichnen; aber wir vergessen nur allzuleicht, daß die Natur ein nahtloses Gewebe ist und die Klassifizierungen nur in unseren Köpfen existieren.
003 "Ordnung ist ganz sicher nicht eine Eigenschaft der Materie und muß ihr von außen auferlegt werden." - Paul K. Feyerabend
004 Die Zahl ist für unseren Geist das gegebenste Instrument, eine Ordnung herzustellen oder zu erfassen. Sie dient hauptsächlich zur Erfassung von Regelmäßigkeiten, bzw. zum Feststellen einer Ordnung.
006 "Jede der Wahrnehmungen, die unsere Erfahrung ausmachen, enthält eine zur Einheit geordnete Mannigfaltigkeit von Empfindungsqualitäten: aber diese Ordnung ist niemals nur zeit-räumlichen Charakters, sondern stets zugleich eine kategoriale; und diese beiden Ordnungen sind nicht etwa nur so miteinander verbunden, daß jede für sich bestehen könnte, sondern sie bilden eine untrennbare Einheit anschaulich-kategorialer und eben nur deshalb gegenständlicher Gestaltung des mannigfachen Inhalts." - Wilhelm Windelband in Flach/Holzhey (Hg), Erkenntnistheorie und Logik im Neukantianismus, Hildesheim 1980, Seite 422
007 "Die Ordnung der Zeit ist das vornehmste Attribut aller Herrschaft." - Elias Canetti, Masse und Macht, Ffm 1981, Seite 445
008 Darum darf Gottkeinen Namen tragen, weil jeder Name Ausdruck einer Ordnung ist, eines Gesetzes, einer Gesetzheit, einer Gesetzlichkeit.
009 "Schon die bloße Gegebenheit bedeutet immanente Denkgemäßheit, Ordnungsbedingtheit und Ordnungsbezogenheit des Sinnlichen." - Richard Hönigswald, Grundprobleme der Wissenschaftslehre, Bonn 1965, Seite 70
010 "Insofern ist auch der Ordner ein Schaffender, als er nicht katalogisiert, sondern die Zusammenhänge der geschauten Einsichten herstellt." - Karl Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, Berlin/Heidelberg/New York 1971, Seite 214
013 "Die unübersehbare Mannigfaltigkeit des Individuellen verwirrt uns, solange sie nicht durch die Begriffsbildung überwunden ist." - Heinrich Rickert in Hans-Ludwig Ollig, Materialien zur Neukantianismus-Diskussion, Darmstadt 1987, Seite 320
014 Die Annahme der Willensfreiheit ist eine notwendige Grundlage unserer sozialen und juristischen Ordnung.
017 "Die Rechtsordnung ist die Ordnung der Wirtschaft. Die Wirtschaft aber ist bei günstiger Auffassung ein Naturzustand der Menschen." - Hermann Cohen Hans-Ludwig Ollig (Hg), Neukantianismus, Stuttgart 1982, Seite 91
021 "Ordnung ist eine Sehnsucht der menschlichen Sprache." - Fritz Mauthner, Beiträge zu einer Kritik der Sprache, Bd. 3, Ffm/Berlin/Wien 1982, Seite 601
022 "Die Unruhe wird Ordnung, eben dadurch, daß sie Gegenstand wird." - Georg Lukàcs, Der junge Hegel, Bd. 2, Ffm 1973, Seite 506
025 "Die Annahme einer Ordnung ist daher für das Konzept der Macht fundamental, und beides, Ordnung und Macht, sind unerläßlicher Bestandteil der modernen wissenschaftlichen Weltanschauung." -Carolyn Merchant, Der Tod der Natur, München 1987, Seite 235
026 Das fundamentale gesellschaftliche und geistige Problem des 17. Jahrhunderts war das Problem der Ordnung. Gegen die Gesetzlosigkeit, die man überall in der Gesellschaft und Natur zu sehen glaubte, sollte durch neue Formen der Ordnung und Macht beseitigt werden.
027 "Für die Scholastiker war die Ruhe - bzw. eine ruhige Bewegung der normale Zustand der Dinge, die zeitlich begrenzte Bewegung die Abweichung von der Ordnung. Ihr Sozialideal war ein statischer Zustand der Gesellschaft, in dem sich die Menschen zwar in vorgeschriebenen Bahnen bewegen, aber so, daß diese Bewegung selbst ein Element des Gleichgewichts ist, also ohne nach etwas Weiterem, Höherem zu streben; einem jeden ist sein Stand angeboren." - Franz Borkenau, Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild, Darmstadt 1971, Seite 512
028 Die Herstellung von Ordnung fängt bei der Ordnung der Gedanken, bei der Logik an.
029 "Denn wo keine Gestalt, da ist auch keine Ordnung." - Aurelius Augustinus, Bekenntnisse, München 1985, Seite 338
030 Die räumlich-zeitliche Ordnung ist nichts den Dingen eigenes, sondern bloße Idee.
032 Die Fähigkeit Ordnung zu erkennen ist ein wesentlicher Aspekt des menschlichen Verstandes; jede Wahrnehmung einer Struktur ist in gewissem Sinn die Wahrnehmung einer Ordnung.
033 "Denn der Teufel kann zwar über vielerlei Kräfte verfügen, um seinen Dienern zu helfen, aber sein Reich kann letzten Endes kein Reich der vernünftigen Ordnung sein." - Franz Borkenau, Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild, Darmstadt 1971, Seite 61
035 "Der menschliche Geist setzt gern eigenthümlich bei den Dingen eine größere Ordnung und Gleichheit voraus, als darin wirklich zu finden ist; und obgleich in der Natur manches einzeln dasteht und unter einander verschieden ist, dichtet er gern Parallelen und correspondierende Verhältnisse, die nicht vorhanden sind." - Francis Bacon, Neues Organ der Wissenschaften, Darmstadt 1981, Seite 34
048 "Ordnung ist eine Konstellation von Zeichen. Es gibt keine Ordnung schlechthin, sondern nur eine Vielfalt nebeneinander bestehender Zeichenkonstellationen, die alle auf letztlich unbeweisbare und unwiderlegbare Prinzipien gründen, die ihre eigenen Deutungen erfordern." - Harry Pross, Zwänge - Essay über symbolische Gewalt, Berlin 1981, Seite 34
068 Als sich die neue Ordnung der Nützlichkeit noch nicht breit gemacht hatte, hatten alle Dinge noch sinnliche Bedeutung.
069 Wir empfinden das Geordnete als gut und das Verwirrende und chaotische als schlecht.
070 Von den physikalischen Eigenschaften der Naturerscheinungen, etwa der komplexen Geometrie einer Schneeflocke, wurde auf eine Vernunft geschlossen, der man diese Ordnung zu verdanken habe. Man nahm an, daß jede Lebensäußerung letztlich unter rationaler und zentraler Lenkung steht.
120 Es gibt keine Ordnung in der Natur, Ordnung ist nur im menschlichen Verstand.
121 Die besondere Gefahr großer Organisationen besteht darin, schöpferische Freiheit zugunsten von Ordnung zu vernachläßigen.
122 Die begriffliche Ordnung bemißt sich nach dem Grad der Einfachheit, d.h. den Grad der Allgemeinheit, da die einfachsten Vorgänge notwendig die allgemeinsten sind.
123 Wie ist eine Ordnung möglich, in der jede Konzentration von Macht vermieden wird.
124 Die Revolution ist der Sprung von der alten in die neue Ordnung.
167 "Des Weisen Amt ist: ordnen." - Thomas von Aquin, Summe wider die Heiden I, 1
168 "Es müßte Alles drunter und drüber gehen, wenn jeder tun könnte, was er wollte! Wer sagt denn, daß jeder alles tun kann?"- Max Stirner in Hector Zoccoli, Die Anarchie und die Anarchisten, Berlin 1980, Seite 63
175 Der Begriff des Naturgesetzes impliziert das Vorhandensein einer vernünftigen Ordnung in der Natur, aus der dann gern eine natürliche vernünftige Ordnung der Gesellschaft definiert wird.
176 Der Gedanke einer natürlichen politischen Ordnung wurde aufgegeben, das bedeutet: die konkrete Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens ist Sache der Willkür der Menschen.
177 Es gibt keine Spuren von Ordnung in der Natur.
186 Die Ordnungen für den Leib heißen Gesundheitsregeln.
187 Einteilung ist nur durch Gegensetzung möglich.
188Anarchie steht für eine Ordnung, die spontan erwächst.
189 "Der Mensch der Moderne gebraucht das Schema von Ursache und Wirkung nicht anders, als der Mensch des Altertums von seinen Göttern Gebrauch gemacht hat, nämlich dazu, Ordnung in sein Universum zu bringen - nicht, weil dieses Schema der Wirklichkeit am nächsten kommen würde, sondern allein wegen seiner Zweckdienlichkeit." - Henry Poincaré in Larry Dossey, Die Medizin von Raum und Zeit, Reinbek 1987, Seite 310
190 Die Ordnung ist es, welche Kontraste auf den Plan ruft.
191 "Vielleicht ist die Außenwelt ohnehin bloß eine Illusion; aber wenn sie existiert, besteht sie aus einer Unzahl kurzlebiger, kleiner und richtungsloser Vorgänge. Ordnung, Einheitlichkeit und Kontinuität sind Erfindungen des Menschen, genauso wie Kartotheken und Enzyklopädien." - Bertrand Russell, Philosophie - Die Entwicklung meines Denkens, Ffm 1988, Seite 279
192Unruhe und Unordnung wurden dämonischer Ursprung zugesprochen.
193 Ordnung als klare Beziehung der Teile zum Ganzen.
194 Keine Erkenntnis bringt eine objektive Realität ins Bewußtsein, sondern ordnet allenfalls unser Bewußtsein nach bestimmten Normen.
195 Die Ordnung der Ideen entwickelt sich nach der Ordnung der Dinge.
197Ruhe und Ordnung sind die Grundpfeiler des Bürgertums und Säulen des Kapitals.
198 "Jede Systematik wirkt geradlinig, steht immer als eine einreihige Folge da, schließt sich vielleicht einlinig zu einem Kreise. Die Sache aber ist fast nie so. Während die Sache vieldimensional ist, ordnet man in jedem Augenblicke eindimensional; während sie problematisch viele Zentren hat, ordnet man, indem man vielleicht viele eindimensionale Reihen aus einem Zentrum entwickelt; während die Sache konkret und unendlich ist, wird sie in ordnender Formung abstrakt und endlich. Man hilft sich dadurch, daß man an die einzelnen Glieder Nebenreihen, also weitere Dimensionen anlegt, daß man mehrere Zentren zueinander in Beziehung setzt und aus jedem eine Strahlenkugel von Reihen sich entfalten läßt. Aber man bleibt immer mehr oder weniger an letzthin räumliche Schemata gebunden, während die Sache vielleicht jedem noch so verwickelten System von Gliedern, Dimensionen, Orten inkommensurabel ist. Unsere Ordnung ist eine Gewaltsamkeit und dann vielleicht wieder ein Einschränken dieser Gewaltsamkeit." - Karl Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, Berlin/Heidelberg/New York 1971, Seite 17
202 "Die räumlich-zeitliche Lokalisation der Gegenstandsstruktur impliziert den Gedanken der Ordnung und damit der Eindeutigkeit des Geschehens." - vgl. Richard Hönigswald, Grundprobleme der Wissenschaftslehre, Bonn 1965, Seite 137
206 "Die Jünger des harmonie-ökonomischen Liberalismus leben in der vollkommen weltfremden Vorstellung von gewissen natürlichen Gesetzen, nach denen die Produktionsfaktoren ständig dahinströmen, wo sie am meisten gebraucht werden, nach denen das Kapital den wirtschaftlichsten Verwendungen zustrebt, nach denen jeder bekommt, was er verdient, der Arbeitslohn sich auf sein natürliches Niveau einstellt und überhaupt alles in schönster Ordnung vor sich geht." - Gunnar Myrdal, Das politische Element in der nationalökonomischen Doktrinbildung, Berlin 1932, Seite 187
207 Der Relativismus entfernt alle ideologischen Bestandteile einer dogmatischen und einzigen Ordnung und führt vorübergehend in ein Chaos, bis sich eine natürliche und spontane Ordnung einstellt, in der die Ideen von Wahrheit, Humanität und Recht ihre zwanglose Verwirklichung finden.
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.