001 "Die Umrisse ruhig nebeneinander liegender Dinge vermischen sich leicht vor der Einbildungskraft, wie vor dem Auge. In der Zeitfolge hingegen schneidet der gegenwärtige Augenblick eine bestimmte Grenze
zwischen dem Vergangenen und Zukünftigen ab. Zwischen Sein und Nicht-mehr-sein ist keine Verwechslung möglich."
002 "Grenze ist bei einer stetigen Größe das, was den Grund der Schranken enthält. Ein Raum, der nicht die Grenze eines andern ist, ist erfüllt. Die Grenze des Soliden ist die Oberfläche, die der Oberfläche die Linie, die der Linie der Punkt. Deshalb gibt es drei Arten von Grenzen im Raum, so viel wie Richtungen. Zwei von diesen Grenzen sind selbst Räume (die Oberfläche und die Linie). Der Begriff der Grenze ist in keiner anderen Größe als dem Raum und der Zeit vorhanden." - Immanuel Kant, Über die Form und die Prinzipien der sinnlichen und der Verstandeswelt, Sämtliche Werke, Bd. V, hg. J. von Kirchmann, Berlin 1870, Seite 155
003 Die Grenzen der Logik und die Grenzen der Sprache sind die gleichen.
004 Für unsere Sinnesorgane, ebenso wie für jedes Meßgerät, existiert eine untere Grenze der Ansprechbarkeit, unterhalb derer nichts mehr registriert wird.
009 Der Erkenntnisprozess ist unabschließbar. Zu erkennen ist eine unendliche Aufgabe.
010 Es gibt keine klare Grenze zwischen physiologischer Sinneserregung und psychologischer Empfindung.
011 "Das Ungeheuerste ist erlebt, alle Höhen und Tiefen durchmessen und jene schillernde Grenze, wo sich Göttliches und Dämonisches zum Verwechseln ähnlich sehen, erkannt. Der Mensch ist geworden, was er sein soll. Der Sinn des Lebens endlich restlos verwirklicht, der Mensch selber allerdings längst ins Übermenschliche, ins Überirdische hineingewachsen. Aber gerade deswegen kann er bescheiden zum Alltag, zu den Mitmenschen zurückkehren."
012 Gegen alle Versuche, normative Urteile auf irgend eine Weise zu erschließen, genügt die Feststellung, daß es keinen logischen Übergang gibt von Tatsachenaussagen zu Wertaussagen und umgekehrt.
015 "Wirtschaft ist der (substantivische) Inbegriff einer bestimmten Art des Handelns, des Wirtschaftens. Wir können an Stelle des unhandlichen Ausdrucks: "nach dem Prinzip des kleinsten Mittels handeln" auch kurz sagen: rationell handeln, 'haushalten'. Wir halten aus nur mit solchen Dingen, die uns im begrenzten Vorrat gegeben sind."
016 Der unerschöpfliche Ursprung wird Brahman geheißen. Dieses läßt sich weder beschreiben, noch definieren. Brahman ist das Unendliche, welches das Endliche gebiert. Alle menschlichen Begriffe sind endlich, da sie mindestens den Gesetzen der Grammatik unterliegen, sofern sie sich sprachlich fassen lassen. Daher können sie den Ursprung der Wirklichkeit niemals bestimmen. Brahman bleibt jenseits von Namen und Form.
017 "Es ist kein Kennzeichen klarer Denkweise, wenn der Begriff durch eine endgültige - und willkürliche - Definition bestimmt wird; man muß die inhärente Unbestimmtheit erkennen und ihr Rechnung tragen."
028 "Zen stellt niemals Glaubensbekenntnisse oder Dogmen irgendwelcher Art auf, oder überhaupt etwas, das Form und Gestalt hat. Keine Definition, keine Begrenzung."
049 "Je mehr man sich selbst begrenzt, umso erfinderischer wird man. Wer einsam auf Lebenszeit gefangen liegt, ist überaus erfinderisch, eine Spinne kann ihm zu großer Unterhaltung dienen."
074 "Dennoch muß die Seele immerfort versuchen, sich von dem Gebiete der Sprache unabhängig zu machen, da das Wort allerdings eine Schranke ihres inneren, immer mehr enthaltenden Empfindens ist und oft gerade sehr eigentümliche Nuancen derselben durch sein im Laut mehr materielle, in der Bedeutung zu allgemeine Natur zu ersticken droht."
075 Die Schranken, die durch Raum und Zeit gezogen sind.
090 Unterscheidungen wie "tot" und "lebendig" sind Grenzbegriffe, die es in der Natur als solcher nicht gibt, sind lediglich Teil eines begrifflichen Netzes, das wir über die Natur geworfen haben, damit wir in der unendlichen Vielfalt nicht die Übersicht verlieren.
094 Eine Grenzfrage der Lebensbestimmung zeigt sich in der Frage, ob die Viren als lebende Wesen niederster Stufe, oder als chemische Stoffe von besonderer Komplexität zu betrachten sind.
096Mystik liegt überall da vor, wo ein Menschenwesen die Trennung zwischen irdisch und überirdisch, zeitlich und ewig und anderer Gegensätze aufgehoben hat.
097Räumlich sein heißt im Raum aufweisbare Grenzen zu haben.
098 Lebendigkeit zeigt sich im Lebensprozess als das Prinzip des Übergangs.
099 Das wesentliche Merkmal der Stofflichkeit ist die Begrenzung, d.h, es gibt zu einer gewissen Zeit an einem bestimmten Ort nur immer eine bestimmte Menge.
100 Die Begierden des Menschen überspringen alle Schranken und stiften Zwietracht.
101Schaffen heißt formen, aber auch die Schranken der Form zu zerbrechen.
102 Das Geld ist maßlos, weil es keinen sinnlichen Bedarf befriedigt, bzw. der natürlichen Begrenzung der Bedürfnisse entzieht.
103Theoriebildung erschöpft sich im Setzen von Grenzen.
129 Wenn wir etwas Bestimmtes beschreiben, schließen wir alles andere aus.
130 Das Denken kann nicht umhin zwischen dem Einzelnen und der Vielzahl zu unterscheiden. Einen Zustand, indem die Zahl keine Bedeutung hat können wir gar nicht verstehen.
131Schuld ist die Folge einer Überschreitung oder Übertretung.
136 Ein Staat ist dann bestmöglich verfasst, wenn er nicht zu groß ist, um sich gut regieren zu können, aber auch nicht zu klein, daß er sich noch ökonomisch erhalten kann.
151 Unser Denken selbst würde verfließen, wenn wir uns nicht durch Fiktion, imaginäre Haltepunkte und Grenzlinien den Fluß der Wirklichkeit für praktische Zwecke Einhalt gebieten könnte.
162 Das gegenständliche Denken ist an die Beziehung von Subjekt und Objekt gebunden. Transzendieren ist das Hinausdrängen über jedes Subjektdenken und über den Bereich des Gegenständlichen. Es ist das Erreichen und Durchschreiten der Daseinsgrenze.
183Klassische Begriffe beziehen sich auf wirklich Existierendes. Die klassische Ebene unterscheidet sich radikal von der Quantenebene und es ist nicht möglich, den Übergang von der einen zur anderen weiter zu analysieren. Der Übergang ist und bleibt ein unteilbarer Sprung.
184 "Denn Meisterschaft ist als Lebensform dadurch beglaubigt, daß sie aus der grenzenlosen Wahrheit lebt und, von ihr getragen, Kunst des Ursprungs ist."
185 In Gegensatzpaaren zu denken ist ein dem Denken eigenes Ordnungsprinzip und entspringt der Neigung disjunktive (einander ausschliessender) Begriffe zu bilden.
208 "Das Besondere, was der Wille will, ist eine Beschränkung, denn der Wille muß, um Wille zu sein, sich überhaupt beschränken. Daß der Wille 'etwas' will, ist die Schranke, die Negation."
214 "Es ist, als ob die großartigste Erkenntnis gerade dadurch erwächst, daß der Mensch die Grenze sucht, an der das Erkennen strandet, nicht falsch und vorläufig, sondern eigentlich und endgültig strandet nicht in Verlust und Verzweiflung, sondern im eigentlichen Innewerden."
218 "Und während der Zweck des Essens und Trinkens die Erhaltung der Gesundheit ist, gesellt sich gleichsam als Begleiter der gefährliche Genuß hinzu und versucht oft, den Vortritt zu gewinnen. Beide aber haben nicht das gleiche Maß. Denn was der Gesundheit genügt, ist dem Genuß zu wenig."
220 Durch die Einnahme von LSD und anderen Drogen können die bisherigen Grenzen des Bewußtseins überschritten werden.
221 Alles Maß ist ein Produkt des Denkens aus praktischen Gründen.
222 Aus der Begegnung mit dem eigenen Tod als der absoluten Grenze entspringt die eigentliche Bedeutsamkeit und Dringlichkeit unseres Daseins. Verfügten wir über eine unendliche lange Zeit, so wäre nichts dringlich, nichts wichtig, nichts "wirklich".
223 Wir trennen das Leben vom Tod. Leben und Tod sind in Wirklichkeit aber eins.
224 "Die Grenze ist der beste Ort, um Wissen zu erwerben."
233 "Achten wir auf irgendein beliebiges, uns unmittelbar gegebenes Sein oder Geschehen, so könnten wir uns leicht zum Bewußtsein bringen, daß wir darin nirgends scharfe und absolute Grenzen, sondern durchweg allmähliche 'Übergänge' finden."
237 "Der Umkreis der 'wirtschaftlichen Erscheinungen' ist ein flüssiger und nicht scharf abgrenzbarer. Die 'wirtschaftlichen' Seiten einer Erscheinung sind keineswegs 'nur wirtschaftlich' bedingt oder 'nur wirtschaftlich' wirksam."
238 "Das lebendigste Objekt, worauf irgendein Erkennen sich richtet, hört auf, real zu leben, sobald es begriffen ist. Der Dualismus von Wirklichkeit und Begriff ist niemals aufzuheben. Seine Überwindung würde zugleich die Wissenschaft selbst überwinden."
239 "Der menschliche Intellekt verräumlicht das Universum; d.h. daß er dazu tendiert, das Fließen außer acht zu lassen und die Welt im Sinne statischer Kategorien zu analysieren."
242 Im Gebiet der kleinsten Organismen kann es keine scharfe Grenze zwischen lebendiger und toter Materie geben.
243 Die Sprache läßt notwendigerweise zwischen den verschiedenen Bereichen der Wirklichkeit scharfe Grenzen entstehen.
244 "So ist das Unendliche selbst auch ein Begrenztes; es hat am Endlichen eine Grenze."
245 "... das Unendliche ist vielmehr das Sichaufheben des Endlichen."
246 Eine infinitessimale Größe ist das Ergebnis eines Grenzübergangs zwischen zwei aufeinander folgenden Augenblicken. (infinitessimal: ins Unendlich Kleine gehend.)
248 "Etwas mit Worten beschreiben, und das mit Augen Gesehene sind irrationale Größen zueinander. Die Wahrnehmung ist nämlich ein Kontinuum, die Beschreibung kann es nicht sein. Die Aufgabe, durch Beschreibung den Gegenstand richtig darzustellen, kann nur auf verschiedene, nie auf dieselbe Weise gelöst werden. Es ist darin immer eine Verwandlung des Kontinuums, des konkreten Gegenstandes, in den diskreten, - in eine aus einzelnen Sätzen bestehende Beschreibung, worin immer ein Urteil des Beschreibers mit enthalten ist, und notwendig einiges nicht beschrieben, übergangen, anderes zusammengezogen wird, weil sonst die Beschreibung eine unendliche werden müßte. Es gleicht diese Verwandlung eines Kontinuums der Verwandlung einer Fläche in einen einzelnen Punkte."
249 "Die rationale Grenzsetzung ist eine Grenzsetzung gegen ein anderes: Allgemein ausgedrückt, die rationale Formungen bewegt sich unvermeidlich in 'Gegensätzen'. Indem die rationale Einstellung irgendein Umgrenztes 'setzt' schließt sie ein anderes aus."
251 "Realität selbst kann keine Grade haben. Etwas ist wirklich oder nicht wirklich." Trotzdem ist bei Jaspers ein Sprechen von Graden des Wirklichen möglich, wenn es sich um das Werthafte handelt.
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.