tb-1tb-1de LaveleyeBöhm-BawerkCh. H. WeißeF. VorländerJ. G. Fichte    
 
GEORG SIMMEL
Geld -
die Abstraktion der Werte


Die Objektivität des Geldes
Geld - der ideale Wertmesser
Geld - das absolute Mittel
Gemeinheit des Geldes
Geld ist das "Geltende" schlechthin, und wirtschaftliches Gelten bedeutet  etwas  gelten, d.h. gegen etwas anderes vertauschbar zu sein.

Welches auch der - keineswegs feststehende - geschichtliche Ursprung des Geldes gewesen sein möge, das eine ist jedenfalls von vornherein sicher, daß es nicht plötzlich ein fertiges, seinen reinen Begriff repräsentierendes Element in die Wirtschaft eingetreten sein, sondern sich nur aus vorher bestehenden Werten entwickelt haben kann, und zwar derart, daß die Geldqualität, die jedem Objekte, soweit es überhaupt tauschbar ist, in irgend einem Maße eigen ist, sich an einem einzelnen in höherem Maße herausgestellt hat, und es die Funktion des Geldes zunächst noch sozusagen in Personalunion mit seiner bisherigen Wertbedeutung ausgeübt hat.

Ob das Geld diese genetische Verbindung mit einem Werte, der nicht Geld ist, je vollständig gelöst hat oder lösen kann, haben wir im nächsten Kapitel zu untersuchen. Es hat jedenfalls unendliche Irrungen veranlaßt, daß man Wesen und Bedeutung des Geldes nicht von den Bestimmtheiten derjenigen Werte begrifflich gesondert hat, an denen es sich, als Steigerung einer Qualität derselben, heraufgebildet hat. Wir aber betrachten es hier zunächst ohne Rücksicht auf den Stoff, der sein substanzieller Träger ist; denn gewisse Eigenschaften, die ihm vermittels dieses beigesellt sind, reihen das Geld noch demjenigen Kreise von Gütern ein, dem es als Geld gegenübergestellt ist. Schon auf den ersten Blick bildet das Geld gleichsam eine Partei, und die Gesamtheit der mit ihm bezahlten Güter die andere, so daß, wenn sein reines Wesen in Frage steht, man es wirklich bloß als Geld und in Loslösung von allen ihm sekundären Bestimmungen behandeln muß, die es dieser ihm gegenüber Partei doch wieder koordinieren.

In diesem Sinne findet man das Geld als "abstrakten Vermögenswert" definiert; als sichtbarer Gegenstand ist es der Körper, mit dem der von den wertvollen Gegenständen selbst abstrahierte wirtschaftliche Wert sich bekleidet hat, dem Wortlaut vergleichbar, der zwar ein akustisch-physiologisches Vorkommnis ist, seine ganze Bedeutung für uns aber nur in der inneren Vorstellung hat, die er trägt oder symbolisiert.

Wenn nun der wirtschaftliche Wert der Objekte in dem gegenseitigen Verhältnis besteht, das sie, als austauschbare, eingehen, so ist das Geld als der zur Selbständigkeit gelangte Ausdruck dieses Verhältnisses; es ist die Darstellung des abstrakten Vermögenswertes, indem aus dem wirtschaftlichen Verhältnis, d.h. der Tauschbarkeit der Gegenstände, die Tatsache dieses Verhältnisses herausdifferenziert wird und jenen Gegenständen gegenüber eine begrifflich - und ihrerseits an ein sichtbares Symbol geknüpfte - Existenz gewinnt. Es ist die Sonderverwirklichung dessen, was den Gegenständen als wirtschaftlichen gemeinsam ist und deshalb äußert die allgemeine Not des Menschenlebens sich in keinem äußeren Symbol so vollständig wie in der beständigen Geldnot, die die meisten Menschen bedrückt.

Der Geldpreis einer Ware bedeutet das Maß an Tauschbarkeit, das zwischen ihr und der Gesamtheit der übrigen Waren besteht. Nimmt man das Geld in jenem reinen Sinne, der von allen Folgen seiner konkreten Darstellung unabhängig ist, so bedeutet die Änderung des Geldpreises, daß das Tauschverhältnis zwischen der einzelnen Ware und der Gesamtheit der übrigen sich ändert.

Wenn ein Warenquantum A seinen Preis von einer Mark auf zwei steigert, während alle anderen Waren B C D E den ihrigen behalten, so bedeutet dies eine Verschiebung des Verhältnisses zwischen A und B C D E, die man auch so ausdrücken könnte, daß diese letzteren im Preise gefallen sind, während A den seinigen behalten hat. Nur die größere Einfachheit des Ausdrucks läßt uns die erste Vorstellungsweise vorziehen, gerade wie wir bei der Lageveränderung eines Körpers gegen sein Umgebungsbild sagen, er habe sich z.B. von Osten nach Westen bewegt, während die tatsächliche Erscheinung sich genau so zutreffend als Bewegung der gesamten Umgebung (den Zuschauer einbegriffen) von Westen nach Osten, bei Ruhelage jenes einen Körpers, beschreiben läßt.

Wie die Lage eines Körpers ihm nicht als eine Bestimmtheit seiner für sich allein, sondern nur als ein Verhältnis zu anderen zukommt, so daß bei jeder Änderung derselben ebenso gut diese anderen wie jener selbst als das tätige oder als das passive SUbjekt bezeichnet werden können - so läßt sich jede Wertänderung von A innerhalb des wirtschaftlichen Kosmos, das sein Wert selbst nur in dem Verhältnis zu diesem besteht, mit gleichem Recht und nur unbequemer als Änderung von B C D E bezeichnen.

Diese Relativität, wie sie im Naturaltausch unmittelbar praktisch wird, kristallisiert nun zu der Ausdrückbarkeit des Wertes in Geld. Auf welche Weise das geschehen kann, ist Sache späterer Untersuchung. Der Satz: A ist eine Mark wert, hat aus A alles hinweggeläutert, was nicht wirtschaftlich, d.h. nicht Tauschbeziehung zu B C D E ist; diese Mark, als Wert betrachtet, ist die von ihrem Träger gelöste Funktion des A in seinem Verhältnis zu den übrigen Objekten des Wirtschaftskreises. Alles was A an und für sich, und aus dieser bloßen Beziehung heraustretend, sein mag, ist hier völlig gleichgültig; jedes A1 oder A2, das von jenem qualitativ abweicht, ist, insofern es ebenfalls eine Mark gilt, ihm gleich, weil, oder genauer: indem es zu B C D E dasselbe Verhältnis quantitativ bestimmten Austausches hat.

Geld ist das "Geltende" schlechthin, und wirtschaftliches Gelten bedeutet etwas gelten, d.h. gegen etwas anderes vertauschbar zu sein. Alle anderen Dinge haben einen bestimmten Inhalt und gelten deshalb; das Geld umgekehrt hat seinen Inhalt davon, daß es gilt, es ist das zur Substanz erstarrte Gelten, das Gelten der Dinge ohne die Dinge selbst. Indem es so das Sublimat der Relativität der Dinge ist, scheint es selbst dieser entzogen zu sein - wie die Normen der Wirklichkeit nicht derselben Relativität unterliegen, die die Wirklichkeit beherrschen, und zwar nicht trotzdem, sondern gerade weil ihre Inhalte die zu selbständiger Lebendigkeit, Bedeutung und Haltbarkeit aufgewachsenen Verhältnisse zwischen den Dingen sind. Alles Sein ist gesetzmäßig, aber eben deshalb sind die Gesetze, denen es unterliegt, nicht selbst wieder gesetzmäßig: man würde sich im Zirkel bewegen, wenn man ein Naturgesetz des Inhalts annähme, daß es Naturgesetze geben müsse - wobei ich freilich dahingestellt lasse, ob dieser Zirkel nicht etwa dennoch als legitimer besteht, weil er zu den fundamentalen Bewegungen des Denkens gehöre, die in sich selbst zurück- oder auf einen im Unendlichen Zielpunkt hingehen.

So sind die Normen - man mag sie mit PLATO und SCHOPENHAUER die Ideen nennen -, nichts als die Arten und Formen der Relativitäten selbst, die sich zwischen den Einzelheiten der Wirklichkeit, sie gestaltend, entwickeln. Sie sind selbst nicht in den demselben Sinn relativ, wie die ihnen untertanen Einzelheiten, da sie deren Relativität selbst sind. Auf dieser Grundlage wird es verständlich, daß das Geld, als der abstrakte Vermögenswert, nichts anderes ausdrückt, als die Relativität der Dinge, die eben den Wert ausmacht, und doch zugleich als der ruhende Pol den ewigen Bewegungen, Schwankungen, Ausgleichungen derselben gegenübersteht.

Insofern es das letztere nicht tut, wirkt es eben nicht mehr seinem reinen Begriffe nach, sondern als Einzelobjekt, das allen anderen koordiniert ist. Nur ganz mißverständlich könnte dagegen eingewandt werden, daß in der Geldleihe und dem Wechselgeschäft doch Geld für Geld gekauft wird, und daß es deshalb, trotzdem es hier in der Reinheit seines Begriffes verbleibt, sich die Relativität der Einzelwerte aneignete, die es doch nicht haben, sondern nur sein sollte. Daß das Geld die Wertrelation der unmittelbar wertvollen Dinge untereinander ausdrückt, enthebt es freilich dieser Relation und stellt es in eine andere Ordnung.

Indem es die fragliche Relation mit ihren praktischen Konsequenzen verkörpert, erhält es selbst einen Wert, mit dem es nicht nur in das Tauschverhältnis zu allen möglichen konkreten Werten tritt, sondern mit dem es auch innerhalb jener ihm eigenen, jenseits der Konkretheit stehenden Ordnung Relationen unter seinen Quanten anzeigen kann. Das eine Quantum bietet sich als in dem einen Bezirk akzeptiertes, das andere in einem anderen - dies sind Modifikationen, die zu gegenseitigen Wertrelationen führen, völlig unbeschadet der Tatsache, daß das Objekt, an dessen Teilquanten sie vorgehen, als Ganzes selbst die Relation zwischen Objekten von andersartiger Wertbedeutung darstellt.

Aus jener Doppelheit seiner Rollen - außerhalb und innerhalb der Reihen der konkreten Werte - gehen, wie gesagt, unzählige Schwierigkeiten in der praktischen wie in der theoretischen Behandlung des Geldes hervor. Insoweit es das Wertverhältnis der Güter untereinander ausdrückt, sie mißt und austauschen hilft, tritt es zu der Welt der direkt nutzbaren Güter als eine Macht ganz anderer Provenienz (Herkunft) hinzu, sei es als schematischer Maßstab jenseits aller Greifbarkeiten, sei es als Tauschmittel, das sich zwischen diese letzteren aber nur schiebt, wie der Lichtäther zwischen die Ponderabilien (faß- und wägbare Dinge). Damit es aber diese Dienste leisten kann, die auf seiner Stellung außerhalb aller sonstigen Güter beruhen, ist es anfänglich, und dadurch, daß es sie leistet, ist es schließlich selbst ein konkreterer oder singulärer Wert.

Hiermit steigt es in die Verkettungen und Bedingungen der Reihe hinab, der es doch zugleich gegenübersteht: es wird von Angebot und Nachfrage in seinem Werte abhängig, seine Produktionskosten über einen (wenngleich minimalen) Einfluß auf diesen aus, es tritt in verschiedenwertigen Qualitäten auf usw. Die Verzinsung ist ein Ausdruck dieses Wertes, der ihm als Träger seiner Funktionen zukommt. Oder von anderem Standpunkt her angesehen: die Doppelrolle des Geldes ist, daß es einerseits die Wertverhältnisse der austauschenden Waren untereinander mißt, andererseits aber selbst in den Austausch mit ihnen eintritt und so selbst eine zu messende Größe darstellt; und zwar mißt es sich wiederum einerseits an den Gütern, diese seine Gegenwerte bilden, andererseits am Gelde selbst; denn nicht nur wird, wie oben schon hervorgehoben war, das Geld selbst mit Geld bezahlt, was das reine Geldgeschäft und die zinsbare Anleihe ausdrücken, sondern das Geld des einen Landes wird, wie die Valutaverschiebungen zeigen, zum Wertmesser für das Geld des anderen.

Das Geld gehört also zu denjenigen normierenden Vorstellungen, die sich selbst unter die Norm beugen, die sie selbst sind. Alle solche Fälle ergeben primäre, wenn auch auflösbare Verwicklungen und Kreisbewegungen des Denkens: der Kreter, der alle Kreter als Lügner bezeichnet und so unter sei eigenes Axiom gehörend seine eigene Aussage Lügen straft; der Pessimist, der die ganze Welt schlecht nennt, so daß seine eigene Theorie es auch sein muß; der Skeptiker, der wegen der grundsätzlichen Leugnung aller Wahrheit auch die des Skeptizismus selbst nicht aufrechterhalten kann usw. So steht das Geld als Maßstab und Tauschmittel über den wertvollen Dingen und, weil diese Dienste ursprünglich einen wertvollen Träger fordern und dann ihrem Träger selbst einen Wert verleihen, reiht es sich zwischen jene Dinge und unter die Normen ein, die von ihm selbst ausgehen.

Da nun das schließlich Gewertete nicht das Geld, der bloße Wertausdruck, sondern die Gegenstände sind, so bedeutet Preisänderung eine Verschiebung ihrer Verhältnisse untereinander; das Geld selbst - immer nach dieser reinen Funktion seiner betrachtet - hat sich nicht verschoben, sondern sein Mehr oder Weniger ist jene Verschiebung selbst, von ihren Trägern abstrahiert und zu selbständigem Ausdrucke geformt. Diese Stellung des Geldes ist offenbar dasselbe, was, als innere Qualität angesehen, seine Qualitätslosigkeit oder Unindividualität genannt wird. Indem es zwischen den individuell bestimmten Dingen, in inhaltlich gleichem Verhältnis zu jedem derselben steht, muß es an sich selbst völlig indifferent sein.

Auch hier stellt sich das Geld nur als die höchste Entwicklungsstufe innerhalb einer kontinuierlichen Reihe dar, einer der logisch diffizilen, für unser Weltbild aber äußerst bedeutsamen, in denen ein Glied, obgleich durchaus nach der Formel der Reihe und als Äußerung ihrer inneren Kräfte gebildet, dennoch zugleich aus ihr heraustritt, als ergänzende oder beherrschende oder ihr gegenüber parteibildende Potenz. Den Ausgangspunkt der Reihe bilden die ganz unersetzlichen Werte, deren Eigenart freilich gerade durch eine Analogie zu der Geldausgleichung leicht verwischt wird. Für das Meiste, was wir besitzen, gäbe es einen Ersatz, wenigsten im weitesten Sinne, so daß der Gesamtwert unserer Existenz derselbe bliebe, wenn wir das eine verlören und dafür das andere gewönnen: die eudämonistische Summe läßt sich durch sehr verschiedene Elemente auf der gleichen Höhe halten.

Allein diese Austauschbarkeit versagt gewissen Dingen gegenüber, und zwar - worauf es hier ankommt - nicht nur wegen des Glücksmaßes, das uns kein anderer Besitz in gleicher Höhe gewähren könnte, sondern weil das Wertgefühl sich gerade an diese individuelle Gestaltung, nicht aber an das Glücksgefühl, das ihr mit anderen gemeinsam ist, geheftet hat. Nur ein irriger Begriffsrealismus, der mit dem allgemeinen Begriff als mit dem vollgültigen Vertreter der einzelnen Wirklichkeit operiert, läßt uns glauben, daß wie die Werte der Dinge durch Reduktion auf einen allgemeinen Wertnenner empfinden, durch Hinleitung auf ein Wertzentrum, indem sie sich nur als quantitativ höhere oder niedere, in letzter Instanz aber gleichartige darstellten. Wir werten vielmehr das Individuelle oft genug, weil wir eben gerade dies wollen und nichts anderes, dem wir vielleicht dasselbe oder ein höheres Quantum von Glückswert für uns zugeben.

Feinere Empfindungsweisen unterscheiden sehr genau das Maß von Glücksgefühl, das der bestimmte Besitz uns bereitet, durch das er aber mit anderen vergleichbar und vertauschbar wird, von seinen spezifischen, jenseits seiner eudämonistischen Folgen liegenden Bestimmtheiten, durch die er uns gleichfalls wertvoll und insofern nun völlig unersetzlich sein kann. Dies tritt mit einer leichten Modifikation, aber doch sehr bezeichnend hervor, wenn persönliche Affektionen oder Erlebnisse einen an sich häufigen und fungiblen Gegenstand für uns mit Unersetzlichkeit ausgestattet haben. Über den Verlust eines solchen kann uns unter Umständen ein ganz gleiches Exemplar derselben Gattung trösten - sondern viel eher vermag dies ein Gut, das völlig anderen Qualitäts- und Gefühlskomplexen angehört, das an jenes überhaupt nicht erinnert und jede Vergleichung mit ihm ablehnt!

Diese Individualform des Wertes wird in demselben Maße negiert, in dem die Objekte tauschbar werden, so daß das Geld, der Träger und Ausdruck der Tauschbarkeit als solcher, das unindividuellste Gebilde unserer praktischen Welt ist. Insoweit die Dinge gegen Geld vertauscht werden - nicht ebenso im Naturaltausch! - haben sie an dieser Unindividualität Teil, und man kann den Mangel jenes spezifischen Wertes an einem Dinge nicht schärfer ausdrücken, als daß man seine Stelle durch sein Geldäquivalent ausfüllen läßt, ohne eine Lücke zu empfinden. Das Geld ist nicht nur der absolut fungible (vertretbar, beweglich) Gegenstand, von dem also jedes Quantum durch beliebig andere Stücke ununterscheidbar ersetzt werden kann, sondern es ist sozusagen die Fungibilität der Dinge in Person.

Dies sind die beiden Pole, zwischen denen alle Werte überhaupt stehen: einerseits das schlechthin Individuelle, dessen Bedeutung für uns nicht in irgend einem allgemeinen, in irgend einem anderen Objekt gleichfalls darstellbaren Wertquantum liegt, und dessen Stelle innerhalb unseres Wertsystems durch nichts anderes ausfüllbar ist, andererseits das schlechthin Fungible; zwischen beiden bewegen sich die Dinge in verschiedenen Graden der Ersetzbarkeit, bestimmt danach, in welchem Maße sie überhaupt ersetzbar sind, und danach, durch eine wie große Mannigfaltigkeit anderer Objekte sie es sind. Man kann es auch so darstellen, daß man an jedem Dinge die Seite seiner Unersetzlichkeit und die seiner Ersetzlichkeit unterscheidet.

Von den meisten Dingen wird man sagen dürfen - worüber uns freilich von der einen Seite die Flüchtigkeit des praktischen Verkehrs, von der entgegengesetzten her Beschränktheit und Eigensinn oft täuschen - daß jeder Gegenstand an beiden Bestimmtheiten Teil hat; selbst das für Geld Käufliche und durch Geld Ersetzbare dürfte bei genauerem Hinfühlen oft doch Sachqualitäten haben, deren Wertnuance durch keinen anderen Besitz völlig ersetzt werden kann. Erst die Grenzen unserer praktischen Welt werden durch die Erscheinungen bezeichnet, in denen je die eine dieser Bestimmtheiten unendlich klein ist: auf der einen Seite die an Zahl äußerst geringen Werte, von denen die Erhaltung unseres Ich in seiner indivuduellen Integrität, bei denen als eine Tauschbarkeit nicht in Frage steht, auf der anderen das Geld - die aus den Dingen heraus abstrahierte Tauschbarkeit ihrer -, dessen absolute Unindividualität daran hängt, daß es das Verhältnis zwischen Individuellerem ausspricht und zwar dasjenige, das bei endlosem Wechsel dieses immer dasselbe bleibt.

Diese Fähigkeit des Geldes, für jeden speziell bestimmten Wirtschaftswert einzutreten - weil sein Wesen mit keinem von ihnen, sondern nur mit ihrem Verhältnis, in das jedes beliebige eintreten kann, verbunden ist - trägt die Kontinuität der wirtschaftlichen Ereignisreihe. Diese Reihe lebt gleichsam in der Produktion und der Konsumtion der Güter. Aber dies ist nur ihr Material und läßt die Frage nach der Kontinuität oder Diskontinuität ihrer Form noch offen. Jede Konsumtion reißt zunächst eine Lücke in die Stetigkeit der wirtschaftlichen Linie und ihr Verhältnis zur Produktion ist zu wenig geregelt, zu sehr dem Zufall preisgegeben, um den Verlauf der Linie in Ununterbrochenheit zu halten. Man mag diese als eine idelle vorstellen, die sich durch die konkreten Objekte hindurchsetzt, vergleichbar etwa der Richtung des Lichtstrahls in ihrem Verhältnis zu den schwingenden Ätherteilchen.

In den, die hart gegeneinander abgesetzten äußeren Dinge durchflutenden, ihre Wertbedeutungen ineinander leitenden Strom tritt nun zur Ausgleichung jener drohenden Unterbrechung das Geld ein. Indem ich für einen Gegenstand, den ich konsumieren will, Geld hingebe, füge ich dieses in die Lücke der Wertbewegung, die durch meine Konsumtion entsteht oder vielmehr entstehen würde. Die primitiven Formen des Besitzwechsels, der Raub und das Geschenk, lassen ihrer Idee nach diese Ergänzung der Kontinuität nicht zu, mit ihnen stockt jedesmal der, man möchte sagen: logische Zusammenhang in jener ideellen Linie der wirtschaftlichen Strömung. Erst der Tausch von Äquivalenten weiß dem Prinzip nach diesen Zusammenhang herzustellen, und der Tatsache nach erst das Geld, das jede im Naturaltausch nicht fortzuschaffende Ungleichheit nivellieren kann und den Hiatus (Spalt, Kluft) jener Linie stellvertretend füllt, der durch das Ausscheiden des zu konsumierenden Objekts entsteht.

Diese reale Stellung innerhalb der Wirtschaftsreihe kann es aber ersichtlich nur durch seine ideelle Stellung außerhalb ihrer gewinnen. Denn es könnte doch wohl nicht jedes einzelne Objekt aufwiegen und zwischen beliebig diskrepanten die Brücke sein, wenn es selbst ein "einzelnes" Objekt wäre; in die Relationen, in deren Gestalt sich die Kontinuität der Wirtschaft vollzieht, kann es mit absoluter Zulänglichkeit ergänzend und ersetzend nur eintreten, weil es, als konkreter Wert, nicht ist als die zu einer greifbaren Substanz verkörperte Relation der Wirtschaftswerte selbst.

Für die mittelalterliche Theorie ist der Wert etwas Objektives: sie verlangt vom Verkäufer, er solle den "gerechten" Preis für eine Ware fordern, und sucht diesen gelegentlich durch Preistaxen zu fixieren; jenseits der Verhältnisse von Käufer und Verkäufer haftete dem Dinge an und für sich sein Wert als eine Eigenschaft seiner isolierten Natur an, mit der es in den Tauschakt eintrat. Diese Vorstellung vom Werte - dem substanziell-absolutistischen Weltbild der Epoche entsprechend - liegt bei natural-wirtschaftlichen Verhältnissen besonders nahe. Ein Stück Land für geleistete Dienste, eine Ziege für ein Paar Schuhe, ein Kleinod für zwanzig Seelenmessen - das waren Dinge, an die sich gewisse Intensitäten des Wertgefühls so unmittelbar knüpften, daß ihre Werte als objektiv einander entsprechend erscheinen konnten. Je unmittelbarer der Tausch stattfindet und in je einfacheren Verhältnissen - so daß nicht erst eine Vielheit vergleichender Beziehungen dem Objekt seine Stellung zuweist - desto eher kann der Wert als eine eigene Bestimmtheit des Objektes erscheinen.

Die eindeutige Sicherheit, mit der man so den Austausch vollzog, spiegelte sich in der Vorstellung, daß sie durch eine objektive Qualität der Dinge selbst hervorgebracht würde. Erst die Einstellung des einzelnen Objekts in eine vielgliedrige Produktion und nach allen Seiten hin ausgreifende Tauschbewegungen legt es nahe, seine wirtschaftliche Bedeutung in seiner Beziehung zu anderen Objekten, und so wechselseitig, zu suchen; dies aber fällt mit der Ausbreitung der Geldwirtschaft zusammen. Daß der Sinn des wirtschaftlichen Objektes als solchen in dieser Relativität besteht und daß es der Sinn des Geldes ist, sich immer reiner zum Ausdruck dieser Relativität zu machen - dies beides wird erst in Wechselwirkung dem Bewußtsein näher gebracht.

Das Mittelalter nahm eine unmittelbare Beziehung zwischen dem Objekte und dem Geldpreis an, d.h. eine, die auf dem an sich seienden Wert jedes von ihnen beruhte und die deshalb zu einer objektiven "Richtigkeit" gebracht werden konnte und also auch sollte. Der Irrtum dieser substanzialistischen Anschauung ist methodisch derselbe, wie wenn man zwischen einem Individuum und dem Inhalte irgendeines Rechtes einen unmittelbaren Zusammenhang behaupten wollte, derart, daß das Wesen jenes Menschen, wie es an und für sich und ohne weitere Rücksicht auf außer ihm Liegendes ist, auf diese Kompetenz einen "gerechten" Anspruch hätte - wie es etwa in der individualistischen Vorstellung der "Menschenrechte" geschehen ist.

In Wirklichkeit ist Recht doch nur ein Verhältnis von Menschen untereinander und vollzieht sich nur an den Interessen, Objekten oder Machtvollkommenheiten, die wir einen Rechtsinhalt, "ein Recht" im engeren Sinne nennen und die an und für sich überhaupt keine angebbare, ihnen selbst anzusehende "gerechte" oder "ungerechte" Beziehung zu einem Individuum haben. Erst wenn jenes Verhältnis besteht und sich zu Normen gefestigt hat, können diese von sich aus, einen einzelnen Menschen und einen einzelnen Inhalt gleichsam zusammen ergreifend, die Verfügungsgewalt jenes über diesen als eine gerechte charakterisieren.

So kann es allerdings einen gerechten Geldpreis für eine Ware geben; aber nur als Ausdruck eines bestimmten, nach allen Seiten hin ausgeglichenen Tauschverhältnisses zwischen dieser und allen anderen Waren, nicht aber als Folge des inhaltlichen Wesens der Ware für sich und der Geldsumme für sich, die sich so vielmehr ganz beziehungslos, jenseits von gerecht und ungerecht gegenüberstehen.

Die Bedeutung des Geldes, die wirtschaftliche Relativität der Objekte in sich darzustellen - wovon seine praktischen Funktionen abzweigen -, nicht als fertige Wirklichkeit dasteht, sondern wie alle historischen Gebilde seine Erscheinung erst allmählich zu der Reinheit des Begriffes aufläutert, den wir als seinen Beruf und seine Stellung gleichsam im Reiche der Ideen denken - das findet sein Gegenstück darin, daß man von allen Waren sagen konnte, sie seien in gewissem Sinne Geld.

Jeder Gegenstand b, der gegen a, und von seinem nunmehrigen Besitzer gegen c vertauscht wird, spielt insofern, jenseits seiner Dingqualitäten, die Rolle des Geldes: es ist der Ausdruck der Tatsache, daß b, a und c gegeneinander vertauschbar sind und des Maßes, in dem sie es sind. Dies geschieht mit unzähligen Gegenständen und tatsächlich sehen wir, je weiter wir in der Kulturentwicklung zurückgehen, eine um so größere Zahl ganz verschiedenartiger Objekte die Funktion des Geldes in vollkommenerer oder rudimentärer Art ausüben. Solange die Gegenstände noch in natura aneinander gemessen, bzw. gegeneinander ausgetauscht werden, befinden sich ihre subjektiven und ihre wirtschaftlich-objektiven Qualitäten, ihre absolute und ihre relative Bedeutung noch in ungeschiedenem Zustande; sie hören in demselben Maße auf, Geld zu sein oder sein zu können, in dem das Geld aufhört, Gebrauchsware zu sein.

Das Geld wird immer mehr zu einem Ausdrucke des wirtschaftlichen Wertes, weil dieser selbst nichts ist, als die Relativität der Dinge als untereinander tauschbarer, diese Relativität aber ihrerseits an den zum Geld werdenden Objekten mehr und mehr Herr über deren sonstige Qualitäten wird, bis sie schließlich nichts anderes als die substanzgewordene Relativität selbst sind.

Wenn der Weg zum Gelde vom Naturaltausch ausgeht, so ist, noch innerhalb des letzteren, seine Richtung erst dann eingeschlagen, wenn man ein einheitliches Objekt nicht gegen ein anderes einheitliches, sondern gegen eine Mehrheit anderer tauscht. Wenn eine Kuh für einen Sklaven, ein Gewand für einen Talisman, ein Boot für eine Waffe gegeben wird, so ist der Prozeß der Wertabwägung noch ein völlig ungebrochener, er erfolgt nich durch Reduktion der Objekte auf einen Generalnenner, als dessen gleiche Vielfache jene erst zu berechnen wären. Nimmt man indes eine Hammelherde für ein Haus, zehn behauene Balken für ein Schmuckstück, drei Maß Getränke für eine Arbeitshilfe, so ist die Einheit dieser Komplexe, der Hammel, der Balken, das Maß Getränk der gemeinsame Maßstab, dessen Vielfaches sich, verschieden geformt, in dem einen wie in dem anderen Tauschobjekt findet.

Bei unteilbaren Gegenständen verläßt das Wertgefühl psychologisch nicht so leicht die festumschriebene Einheit des einzelnen. Sobald aber darum gefeilscht wird, ob das Schmuckstück nicht vielleicht zwölf oder nicht vielleicht nur acht Balken wert ist, wird auch der Wert des Schmuckes, trotz dessen äußerer Unzerlegbarkeit, durch den Wert eines Balken gemessen und es erscheint möglich, ihn aus dem Achtfachen, dem Zwölffachen und schließlich dem Zehnfachen dieses letzteren zusammenzusetzen. Dadurch wird der Wert beider Tauschgegenstände in ganz anderem Sinne gegeneinander kommensurabel (mit gleichem Maß meßbar), als wo keine derartige Zerlegung des einen Tauschobjekts beide dem Werte nach durch eine und dieselbe Einheit ausdrückbar machte.

Im Tausch gegen Geld ist diese Kombination nur auf ihre höchste Form gebracht, Geld ist dasjenige teilbare Tauschobjekt, dessen Einheit sich für den Wert jedes noch so unteilbaren Gegenobjekts kommensurabel erweist und dadurch die Lösung des abstrakten Wertes in diesem von seiner Fesselung an seinen konkret-speziellen Inhalt erleichtert, oder auch: sie voraussetzt. Die Relativität der Wirtschaftsobjekte gegeneinander, die bei dem Tausch von Unteilbarkeiten psychologisch schwerer erkannt wird - weil hier jeder sozusagen einen in sich geschlossenen Wert besitzt - tritt durch die Zurückführung auf einen gemeinsamen Wertnenner, zuhöchst also auf das Geld, größer hervor.

Wir sahen früher, daß erst die Relativität den Wert der Objekte im objektiven Sinne schafft, weil erst durch sie die Dinge in eine Distanz vom Subjekt gestellt werden. Auf für diese beiden Bestimmungen ist das Geld Gipfel und Verkörperung, damit ihren Zusammenhang aufs neue beweisend. Indem das Geld niemals unmittelbar genossen werden kann, entzieht es sich selbst jeder subjektiven Beziehung; das Jenseits des Subjekts, das der wirtschaftliche Verkehr überhaupt darstellt, ist in ihm vergegenständlicht, und es hat deshalb auch von allen Inhalten desselben die sachlichsten Usancen (Gebräuche), die logischsten, bloß mathematischen Normen, die absolute Fremdheit allem Persönlichen gegenüber in sich ausgebildet.

Weil es bloß das Mittel für die eigentlich assimilierbaren Objekte ist, steht es seinem inneren Wesen nach in einer nicht aufzuhebenden Distanz zu dem begehrenden und genießenden Ich; und insofern es das unentbehrliche Mittel ist, das sich zwischen dieses und die Objekte schiebt, rückt es auch die letzteren in eine Distanz von uns; es hebt zwar diese selbst wieder auf, aber indem es dies tut, und jene dem subjektiven Verbrauch übermittelt, entzieht es sie eben dem objektiven wirtschaftlichen Kosmos. Der Abstand, der das Subjektive und das Objektive aus ihrer ursprünglichen Einheit voneinandergetrieben hat, ist im Geld sozusagen körperhaft geworden - während andererseits sein Sinn ist, getreu der oben behandelten Korrelation von Distanz und Nähe, uns das sonst Unerreichbare nahe zu bringen.

Die Tauschbarkeit, durch die es überhaupt erst wirtschaftliche Werte gibt, indem diese durch jene ihr objektives Füreinandersein erhalten, und die doch die Entfernung des Ausgetauschten und die Annäherung des Eingetauschten in einem Akt zusammenschließt, hat in dem Gelde nicht nur ihr technisch vollendetstes Mittel, sondern eine eigne, konkrete, alle Bedeutungen jener in sich sammelnde Existenz gewonnen.

Dies ist die philosophische Bedeutung des Geldes: daß es innerhalb der praktischen Welt die entschiedenste Sichtbarkeit, die deutlichste Wirklichkeit der Formel des allgemeinen Seins ist, nach der die Dinge ihren Sinn aneinander finden und die Gegenseitigkeit der Verhältnisse, in denen sie schweben, ihr Sein und Sosein ausmacht.

Es gehört zu den Grundtatsachen der seelischen Welt, daß wir Verhältnisse zwischen mehreren Elementen des Daseins in besonderen Gebilden verkörpern; diese sind freilich auch substanzielle Wesen für sich, aber ihre Bedeutung für uns haben sie nur als Sichtbarkeit eines Verhältnisses, das in loserer oder engerer Weise an sie gebunden ist. So ist der Ehering, aber auch jeder Brief, jedes Pfand, wie jede Beamtenuniform Symbol oder Träger einer sittlichen oder intellektuellen, einer juristischen oder politischen Beziehung zwischen Menschen, ja, jeder sakramentale Gegenstand das substanziierte Verhältnis zwischen dem Menschen und seinem Gott; die Telegraphendrähte, die die Länder verbinden, sind nicht weniger als die militärischen Waffen, die ihre Entzweiung ausdrücken, derartige Substanzen, die kaum eine Bedeutung für den Einzelmenschen als solchen, sondern einen Sinn nur in den Beziehungen zwischen Menschen und Menschengruppen haben, die in ihnen kristallisiert sind.

Gewiß kann die Vorstellung der Beziehung oder des Verhältnisses schon als eine Abstraktion gelten, insofern nur die Elemente real sind, deren wechselseitig bewirkte Zustände wir so zu eigenen Begriffen zusammenfassen; erst die metaphysische Vertiefung, die das Erkennen in seiner empirischen Richtung, aber über sein empirischen Grenzen hinaus verfolgt, mag auch diese Zweiheit aufheben, indem sie überhaupt keine substanziellen Elemente mehr bestehen läßt, sondern jedes derselben in Wechselwirkungen und Prozesse auflöst, deren Träger demselben Schicksal unterworfen werden.

Das praktische Bewußtsein aber hat die Form gefunden, um die Vorgänge der Beziehung oder der Wechselwirkung, in der die Wirklichkeit verläuft, mit der substanziellen Existenz zu vereinigen, in die die Praxis eben die abstrakte Beziehung als solche kleiden muß. Jene Projizierung bloßer Verhältnisse auf Sondergebilde ist eine der großen Leistungen des Geistes, indem in ihr der Geist zwar verkörpert wird, aber nur um das Körperhafte zum Gefäß des Geistigen zu machen und diesem damit eine vollere und lebendigere Wirksamkeit zu gewähren. Mit dem Gelde hat die Fähigkeit zu solchen Bildungen ihren höchsten Triumph gefeiert. Denn die reinste Wechselwirkung hat in ihm die reinste Darstellung gefunden, es ist die Greifbarkeit des Abstraktesten, das Einzelgebilde, das am meisten seinen Sinn in der Übereinzelheit hat; und so der adäquate Ausdruck für das Verhältnis des Menschen zur Welt, die dieser immer nur in einem Konkreten und Singulären ergreifen kann, die er aber doch nur wirklich ergreift, wenn dieses ihm zum Körper des lebendigen, geistigen Prozesses wird, der alles Einzelne ineinander verwebt und so erst aus ihm die Wirklichkeit schafft.

Diese Bedeutung seiner würde sich nicht ändern, auch wenn die Gegenstände der Wirtschaft die Relativität ihres Wertes nicht von vornherein, sondern erst als ein Entwicklungsziel besäßen. Denn den Begriff, mit dem wir das Wesen einer Erscheinung definieren, können wir häufig garnicht aus ihr selbst, sondern nur aus einer vorgeschritteneren und reineren schöpfen. Das Wesen der Sprache werden wir nicht den ersten Stammellauten des Kindes entnehmen; an einer Definition des tierischen Lebens wird es uns nicht irre machen, wenn sie an den Übergangswesen von der Pflanze her nur sehr unvollkommen verwirklicht ist; erst an den höchsten Erscheinungen des Seelenlebens erkennen wir oft den Sinn seiner niederen, trotzdem wir ihn an diesen selbst vielleicht überhaupt nicht nachweisen können; ja, der reine Begriff einer Erscheinungsreihe ist oft ein Ideal, das in ihr selbst nirgends restlos verwirklicht ist, aber dennoch dadurch, daß sie ihm zustrebt, ihren Sinn und Gehalt gültig deutet.

So ist die Bedeutung des Geldes: die Relativität der begehrten Dinge, durch die sie zu wirtschaftlichen Werten werden, in sich darzustellen - dadurch nicht verneint, daß es noch andere, jene herabsetzende und verundeutlichende Seiten besitzt. Insofern diese an ihm wirken, ist es eben nicht Geld. Wenn der wirtschaftliche Wert in dem Tauschverhältnis von Objekten gemäß unserer subjektiven Reaktion auf sie besteht, so entwickelt sich eben ihre wirtschaftliche Relativität erst allmählich aus ihrer anderweitigen Bedeutung und kann in ihrem Gesamtbilde, oder auch Gesamtwerte, nie völlig über diese Herr werden.

Der Wert, der den Dingen durch ihre Tauschbarkeit zuwächst, bzw. diese Metamorphose ihres Wertes, durch die er zu einem wirtschaftlichen wird, tritt zwar mit der extensiven und intensiven Steigerung der Wirtschaft immer reiner und mächtiger an den Dingen hervor - eine Tatsache, die MARX als das Ausgeschaltetwerden des Gebrauchswertes zugunsten des Tauschwertes in der warenproduzierenden Gesellschaft ausdrückt -, aber diese Entwicklung scheint nie zu ihrer Vollendung kommen zu können. Nur das Geld, seinem reinen Begriff nach, hat diesen äußersten Punkt erreicht, es ist nichts als die reine Form der Tauschbarkeit, es verkörpert das Element oder die Funktion an den Dingen, durch die sie wirtschaftliche sind, die zwar nicht ihre Totalität, wohl aber die seine ausmacht.
LITERATUR - Georg Simmel, Philosophie des Geldes, Frankfurt/Main 1989