ra-3ra-1MHW. StarkP. SzendeK. MannheimH.-J. Lieber    
 
MAX HORKHEIMER
Traditionelle
und kritische Theorie
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"Der Geist ist liberal. Er verträgt keinen äußeren Zwang, keine Anpassung seiner Ergebnisse an den Willen irgendeiner Macht. Vom Leben der Gesellschaft ist er jedoch nicht losgelöst, er schwebt nicht über ihr. Soweit ihm die Richtung auf Selbstbestimmung, auf die Herrschaft der Menschen über ihr eigenes Leben wie über die Natur immanent ist, vermag er diese Tendenz als wirkende Kraft in der Geschichte zu erkennen."

"Die Feindschaft gegen das Theoretische überhaupt, die heute im öffentlichen Leben zum Ausdruck kommt, richtet sich in Wahrheit gegen die verändernde Aktivität, die mit dem kritischen Denken verbunden ist. Wo es nicht beim Feststellen und Ordnen in möglichst neutralen, das heißt für die Lebenspraxis in den gegebenen Formen unerläßlichen Kategorien bleibt, regt sich sogleich ein Widerstand. Auf Seiten eines großen Teils der Beherrschten steht die unbewußte Befürchtung im Weg, theoretisches Denken könnte die mühsam vollzogene Anpassung an die Realität als verkehrt und überflüssig erscheinen lassen, auf Seiten der Nutznießer erhebt sich der allgemeine Verdacht gegen jede intellektuelle Selbständigkeit."

Bestünde die kritische Theorie wesentlich in der Formulierung der jeweiligen Gefühle und Vorstellungen einer Klasse, so zeigte sie keine strukturelle Differenz gegen die Fachwissenschaft; es handelte sich dabei um die Beschreibung psychischer Inhalte, die für bestimmte Gruppen der Gesellschaft typisch sind, um Sozialpsychologie. Das Verhältnis von Sein und Bewußtsein ist bei den verschiedenen Klassen der Gesellschaft verschieden. Die Ideen, mittels deren das Bürgertum seine eigene Ordnung erklärt, der gerechte Tausch, die freie Konkurrenz, die Harmonie der Interessen usw. erweisen, wenn man Ernst mit ihnen macht und sie wirklich als Prinzipien der Gesellschaft zu Ende denkt, ihren inneren Widerspruch und damit auch den Gegensatz zu dieser Ordnung. Die bloße Beschreibung des bürgerlichen Selbstbewußtseins gibt also nicht schon die Wahrheit über diese Klasse. Auch die Systematisierung der Bewußtseinsinhalte des Proletariats gibt also nicht schon die Wahrheit über diese Klasse. Auch die Systematisierung der Bewußtseinsinhalte des Proletariats vermöchte kein wahres Bild seines Daseins und seiner Interessen zu liefern. Sie wäre eine traditionelle Theorie mit besonderer Problemstellung, nicht die intellektuelle Seite des historischen Prozesses seiner Emanzipation. Dies gilt selbst dann, wenn man sich darauf beschränken wollte, zwar nicht die Vorstellungen des Proletariats im allgemeinen, aber die eines fortgeschrittenen Teils, einer Partei oder ihrer Leitung aufzunehmen und zu verkünden. Das Registrieren und Einordnen in einen den Tatsachen möglichst angepaßten Begriffsapparat bildete auch dabei die eigentliche Aufgabe, und das Vorhersehen künftiger sozialpsychologischer Daten erwiese sich als letztes Ziel des Theoretikers. Das Denken, der Aufbau der Theorie, bleibe eine Sache, und sein Gegenstand, das Proletariat, eine andere. Wird jedoch der Theoretiker und seine ihm spezifische Aktivität mit der beherrschten Klasse als dynamische EInheit gesehen, so daß seine Darstellung der gesellschaftlichen Widersprüche nicht bloß als ein Ausdruck der konkreten historischen Situation, sondern ebensosehr als stimulierender, verändernder Faktor in ihr erscheint, dannt tritt die Funktion der kritischen Theorie hervor. Der Gang der Auseinandersetzung zwischen den fortgeschrittenen Teilen der Klasse und den Individuen, welche die Wahrheit über sie aussprechen, und ferner die Auseinandersetzung zwischen diesen fortgeschrittensten Teilen mitsamt ihren Theoretikern und der übrigen Klasse ist als ein Prozeß von Wechselwirkungen zu verstehen, bei dem das Bewußtseins mit seinen befreienden zugleich seine antreibenden, disziplinierenden, gewalttätigen Kräfte entfaltet. Seine Schärfe zeigt sich in der stets gegebenen Möglichkeit der Spannung zwischen dem Theoretiker und der Klasse, der sein Denken gilt. Die Einheit der sozialen Kräfte, von denen die Befreiung erwartet wird, ist - im Sinne HEGELs - zugleich ihr Unterschied, sie existiert nur als Auseinandersetzung, welche ständig die in ihr begriffenen Subjekte bedroht. In der Person des Theoretikers tritt dies deutlich zutage, seine Kritik ist aggressiv nicht bloß gegenüber den bewußten Apologeten des Bestehenden, sondern ebensosehr gegenüber ablenkenden, konformistischen oder utopistischen Tendenzen in den eigenen Reihen.

Die traditionelle Gestalt der Theorie, von der die formale Logik eine Seite erfaßt, gehört zum arbeitsteiligen Produktionsprozeß in seiner gegenwärtigen Form. Da die Gesellschaft sich auch in zukünftigen Epochen mit der Natur auseinanderzusetzen hat, wird auch diese intellektuelle Technik ihre Bedeutung nicht verlieren, sondern im Gegenteil so weit wie möglich zu entwickeln sein. Die Theorie als Moment einer auf neue gesellschaftliche Formen hintreibenden Praxis ist dagegen kein Rad in einem Mechanismus, der sich im Gang befindet. Wenn auch Siege und Niederlagen eine vage Analogie zur Bewährung und zum Versagen von Hypothesen in der Wissenschaft bilden, so hat der oppositionelle Theoretiker nicht die Beruhigung, daß dies zu seinem Fach gehört. Er kann sich nicht das Loblied singen, das POINCARÉ auf die Bereicherung durch Hypothesen gesungen hat, die man verwerfen mußte (15). Sein Beruf ist der Kampf, zu dem sein Denken gehört, nicht das Denken als etwas Selbständiges, davon zu trennendes. Zwar gehen in sein Verhalten viele theoretische Elemente im gewohnten Sinn ein, die Kenntnis und eine Prognose isolierter Tatsachen, wissenschaftliche Urteile, Problemstellungen, die wegen seiner spezifischen Interessen von den üblichen abweichen, jedoch dieselbe logische Form aufweisen. Was die traditionelle Theorie ohne besonderes Zutun als vorhanden annehmen darf, ihre positive Rolle in einer funktionierenden Gesellschaft, die freilich vermittelte und undurchsichtige Beziehung zur Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse, die Teilnahme am sich erneuernden Lebensprozeß des Ganzen, alle diese Erfordernisse, um die sich die Wissenschaft selbst gar nicht zu kümmern pflegt, weil durch die soziale Position des Gelehrten ihre Erfüllung belohnt und bestätigt wird, stehen beim kritischen Denken in Frage. Das Ziel, das es erreichen will, die Herbeiführung des vernünftigen Zustands, hat zwar seinen Grund in der Not der Gegenwart. Mit dem Dasein dieser Not ist jedoch das Bild ihrer Überwindung nicht schon gegeben. Die Theorie, die es entwirft, arbeitet nicht im Dienst einer schon vorhandenen Realität; sie spricht nur ihr Geheimnis aus. Wie genau sich in jedem Augenblick Verkehrtheiten und Trübungen erweisen lassen, wie sehr sich jeder Fehler furchtbar rächen kann, so hat doch die Richtung des Unternehmens überhaupt, das intellektuelle Tun selbst, auch wenn es als erfolgversprechend gilt, keine Sanktioni des gesunden Menschenverstandes, keine Gewohnheit für sich. Theorien dagegen, die sich in Maschinenbauten, militärischen Organisationen, ja sogar erfolgreichen Kinostücken bewähren oder nicht bewähren können, laufen, auch wenn sie von der Anwendung getrennt betrieben werden, wie die theoretische Physik, auf irgendeinen deutlich zu umreissenden Konsum hinaus, und wenn er nur in der Freude am virtuosen Umgang mit mathematischen Zeichen bestünde, durch dessen Belohnung die gute Gesellschaft ihren Sinn für Humanität zu erkennen gibt.

Dafür jedoch, wie die Zukunft konsumiert wird, um die es dem kritischen Denken zu tun ist, gibt es keine solchen Beispiele. Trotzdem hat die Idee einer zukünftigen Gesellschaft als der Gemeinschaft freier Menschen, wie sie aufgrund der vorhandenen technischen Mittel möglich ist, einen Gehalt, dem bei allen Veränderungen die Treue zu wahren ist. Als die Einsicht, daß und wie die Zerrissenheit und Irrationalität jetzt überwunden werden kann, wird diese Idee unter den herrschenden Verhältnissen immer reproduziert. Aber die in ihr beurteilte Tatsächlichkeit, die zu einer vernünftigen Gesellschaft hintreibenden Tendenzen werden nicht jenseits des Denkens durch ihm äußere Gewalten hervorgebracht, in deren Produkt es sich dann gleichsam durch einen Zufall wiedererkennen vermöchte, sondern dasselbe Subjekt, das die Tatsachen, die bessere Wirklichkeit, durchsetzen will, stellt sie auch vor. Aus der rätselhaften Übereinstimmung zwischen Denken und Sein, Verstand und Sinnlichkeit, menschlichen Bedürfnissen und ihrer Befriedigung in der heute chaotischen Wirtschaft, dieser Übereinstimmung, die in der bürgerlichen Epoche als Zufall erscheint, soll in der zukünftigen das Verhältnis vernünftiger Absicht und Verwirklichung werden. Der Kampf um diese Zukunft spiegelt die Übereinstimmung gebrochen wider, indem ein Wille, der sich auf die Gestaltung der Gesellschaft im Ganzen bezieht, bewußt schon im Aufbau der Theorie und Praxis wirksam ist, die dahin führen soll. In der Organisation und Gemeinschaft der Kämpfenden erscheint trotz aller Disziplin, die in der Notwendigkeit, sich durchzusetzen, begründet ist, etwas von der Freiheit und Spontaneität der Zukunft. Wo die Einheit von Disziplin und Spontaneität verschwunden ist, verwandelt sich die Bewegung in eine Angelegenheit ihrer eigenen Bürokratie, ein Schauspiel, das schon zum Repertoire der neueren Geschichte gehört.

Die Lebendigkeit der erstrebten Zukunft in der Gegenwart ist jedoch keine Bestätigung. Die Begriffsysteme des ordnenden Verstandes, die Kategorien, in die Totes und Lebendiges, gesellschaftliche, psychologische, physikalische Vorgänge gemeinhin aufgenommen werden, die Aufspaltung der Gegenstände und Urteile in die Fächer der einzelnen Wissensgebiete, all dies ist der gedankliche Apparat, wie er sich im Zusammenhang mit dem realen Arbeitsprozeß bewährt und eingeschliffen hat. Diese gedankliche Welt macht das allgemeine Bewußtsein aus, sie hat eine Grundlage, auf die sich ihre Vertreter berufen können. Auch die Interessen des kritischen Denkens sind allgemein, aber nicht allgemein anerkannt. Die Begriffe, die unter ihrem Einfluß entstehen, sind kritisch im Hinblick auf die Gegenwart. Klasse, Ausbeutung, Mehrwert, Profit, Verelendung, Zusammenbruch sind Momente des begrifflichen Ganzen, dessen Sinn nicht in der Reproduktion der gegenwärtigen Gesellschaft, sondern in ihrer Veränderung zu suchen ist. Wenngleich die kritische Theorie nirgends willkürlich und zufällig verfährt, erscheint sie der herrschenden Urteilsweise daher subjektiv und spekulativ, einseitig und nutzlos. Da sie den bestehenden Denkgewohnheiten, die zur Fortsetzung der Vergangenheit gehören und die Geschäfte der vergehenden Ordnung besorgen, diesen Garanten einer parteiischen Welt zuwiderläuft, wirkt sie als parteiisch und ungerecht.

Vor allem aber hat sie keine materielle Leistung aufzuweisen. Die Veränderung, welche die kritische Theorie zu bewirken sucht, greift nicht etwa allmählich Platz, sodaß ihr Erfolg wenngleich langsam, so doch stetig wäre. Das Anschwellen der Zahl mehr oder weniger klarer Anhänger, der Einfluß einzelner von ihnen auf Regierungen, die Machtstellung von Parteien, die der Theorie sympathisc gegenüberstehen oder sie zumindest nicht verfemen, all dies gehört zu den Wechselfällen im Kampf um die höhere Stufe des menschlichen Zusammenlebens und ist nicht schon ihr Beginn. Solche Erfolge können sich nachträglich sogar als Scheinsiege und Fehler erweisen. Ein Düngeverfahren in der Agrikultur oder die Anwendung einer medizinischen Therapie kann noch sehr weit von der idealen Wirksamkeit entfernt sein und doch schon etwas leisten. Vielleicht müssen die Theorien, die solchen technischen Versuchen zugrundeliegen, im Zusammenhang mit der speziellen Praxis und mit Entdeckungen auf anderen Gebieten verfeinert, revidiert oder umgestoßen werden, ein Quantum Arbeit wurde im Verhältnis zum Erzeugnis zumindest erspart, manche Krankheit geheilt oder gelindert (16). Die Theorie dagegen, die zur Transformation des gesellschaftlichen Ganzen treibt, hat zunächst die Verschärfung des Kampfes zur Folge, mit dem sie verknüpft ist. Auch soweit einzelne materielle Verbesserungen, die der erhöhten Resistenzkraft bestimmter Gruppen entspringen, mittelbar auf die Theorie zurückgehen, sind dies keine Sektoren der Gesellschaft, aus deren stetiger Verbreiterung schließlich die neue hervorginge. Alle Vorstellungen über ein solches Hineinwachsen mißverstehen die fundamentale Verschiedenheit eines zerspaltenen Gesellschaftsganzen, in dem die materielle und ideologische Macht zur Aufrechterhaltung von Privilegien funktioniert, gegenüber der Assoziation freier Menschen, bei der jeder die gleiche Möglichkeit zur Entfaltung hat. Von der Utopie unterscheidet sich diese Idee durch den Nachweis ihrer realen Möglichkeit aufgrund der gewachsenen Produktivkräfte der Menschen. Wieviele Tendenzen jedoch zu ihr hintreiben mögen, wieviele Übergänge erreicht sind, wie wünschenswert und in sich wertvoll einzelne Vorstufen sein können, - was sie geschichtlich für die Idee bedeuten, ist ausgemacht erst dann, wenn sie verwirklicht ist. Das eine hat dieses Denken mit der Phantasie gemeinsam, daß ein freilich aus dem tiefsten Verständnis der Gegenwart entspringendes Bild der Zukunft auch in solchen Perioden Gedanken und Handlungen bestimmt, in denen der Gang der Dinge weit von ihr wegzuführen und jede Lehre eher zu begründen scheint als den Glauben an die Erfüllung. Zu diesem Denken gehört zwar nicht das Willkürliche und vermeintlich Unabhängige, aber der Eigensinn der Phantasie. Innerhalb der avanciertesten Gruppen der beherrschten Schichten ist es der Theoretiker, der diesen Eigensinn aufbringen muß, innerhalb der beherrschten Schichten überhaupt sind es jene avancierten Gruppen in ihrer Aktivität. Harmonie waltet auch in diesen Verhältnissen nicht. Wird der Theoretiker der herrschenden Klasse, vielleicht nach mühsamen Anfängen, in eine relativ sichere Position gebracht, so gilt auf der Gegenseite der Theoretiker zuweilen als Feind und Verbrecher, zuweilen als weltfremder Utopist, und endgültig ist der Streit darüber auch nach seinem Tod nicht entschieden. Die historische Bedeutung seiner Leistung spricht nicht für sich selbst; sie hängt vielmehr davon ab, daß die Menschen für sie sprechen und handeln. Sie gehört nicht zu einer schon fertigen geschichtlichen Gestalt.

Die Fähigkeit zu Denkakten, wie sie in der alltäglichen Praxis, sowohl im geschäftlichen Leben wie in der Wissenschaft, erfordert werden, ist in den Menschen durch eine jahrhundertlange realistische Erziehung entwickelt worden; ein Versagen führt hier zu Schmerz, Mißerfolg und Strafe. Diese intellektuelle Verhaltensweise besteht wesentlich darin, daß die Bedingungen für den Eintritt eines Effekts, der aufgrund der gleichen Voraussetzungen schon immer eingetreten ist, erkannt und unter Umständen selbständig herbeigeführt werden. Es gibt einen Anschauungsunterricht durch die eigenen guten und schlechten Erfahrungen und das organisierte Experiment. Hier steht die unmittelbare individuelle Selbsterhaltung in Frage, und den Sinn für sie zu entwickeln, haben die Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft Gelegenheit gehabt. Die Erkenntnis in diesem traditionellen Sinn einschließlich jeder Art der Erfahrung ist in der kritischen Theorie und Praxis enthalten. Aber im Hinblick auf die wesentliche Veränderung, um die es geht, fehlt solange die entsprechende konkrete Wahrnehmung, bis sie wirklich eintritt. Wenn das Essen die Probe auf den Pudding ist, so steht sie jedenfalls hier noch bevor. Der Vergleich mit ähnlichen geschichtlichen Ereignissen ist nur in sehr bedingter Weise anzustellen. Daher spielt das konstruktive Denken im Ganzen dieser Theorie im Verhältnis zur Empirie eine bedeutendere Rolle als im Leben des gesunden Menschenverstandes. Hier liegt einer der Gründe, warum in den Fragen, welche die Gesellschaft als Ganzes betreffen, Leute, die in einzelnen wissenschaftlichen Fächern oder sonstigen Berufszweigen äußerst Tüchtiges zu leisten vermögen, sich trotz gutem Willen beschränkt und unfähig zeigen können. Zu allen Zeiten, in denen soziale Veränderungen auf der Tagesordnung standen, galten im Gegensatz dazu die Leute, die "zuviel" dachten, als gefährlich. Dies führt auf das Problem der Intelligenz in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft überhaupt.

Der Theoretiker, dessen einziges Geschäft in der Beschleunigung einer Entwicklung besteht, die zur Gesellschaft ohne Ausbeutung führen soll, kann sich, wie dargelegt, im Gegensatz zu Ansichten befinden, die bei den Ausgebeuteten gerade vorherrschen. Ohne die Möglichkeit dieses Konflikts bedürfte es keiner Theorie; denen, die sie brauchen, fiele sie unmittelbar zu. Mit der individuellen Klassenlage des Theoretikers hat der Konflikt nicht notwendig zu tun, sie hängt von der Form des Einkommens ab. ENGELS war ein  businessman.  In der Fachssoziologie, die ihren Klassenbegriff nicht aus der Kritik der Ökonomie, sondern aus eigenen Betrachtungen hernimmt, entscheidet über die soziale Zugehörigkeit des Theoretikers weder die Einkommensquelee noch der faktische Inhalt seiner Theorie, sondern das formale Element der Bildung. Die Möglichkeit des größeren Überblicks, nicht etwa desjenigen der Industriemagnaten, die den Weltmarkt kennen und hinter den Kulissen ganze Staaten dirigieren, sondern der Universitätsprofessoren und mittleren Staatsbeamten, Ärzte, Rechtsanwälte usw. soll die "Intelligenz", das heißt eine besondere soziale oder gar suprasozisale Schicht konstituieren. Ist es die Aufgabe des kritischen Theoretikers, die Spannung zwischen seiner Einsicht und der unterdrückten Menschheit, für die er denkt, zu überwinden, so wird in jenem soziologischen Begriff das Schweben über den Klassen zum Wesensmerkmal der Intelligenz, zu einer Art Vorzug, auf den sie stolz ist. Die Neutralität dieser Kategorie entspricht der abstrakten Selbsterkenntnis des Gelehrten. Wie das Wissen im bürgerlichen Konsum des Liberalismus erscheint, nämlich als unter Umständen brauchbare Kenntnis, ganz gleichgültig, worum es geht, wird es von dieser Soziologie auch theoretisch zusammengefaßt. MARX und MISES, LENIN und LIEFMANN, JAURÉS und JEVONS, das gehört soziologisch in eine Rubrik, wenn man nicht gar die Politiker herausläßt und in der Rolle möglicher Schüler den politischen Wissenschaftlern, Soziologen und Philosophen als den Wissenden gegenüberstellt. Von diesen sollen die Politiker dann lernen, "die und die Mittel" anzuwenden, wenn sie "die und die Stellung" einnehmen, ja sie sollen lernen, ob ihre praktische Stellungnahme sich überhaupt "mit innerer Kompetenz" vertreten läßt. (17) Eine Arbeitsteilung tut sich auf zwischen den Menschen, die in den Gang der Geschichte wirken, und dem soziologischen Diagnostiker, der ihnen den Standort zuweist.

Zum formalistischen Begriff des Geistes, der einer solchen Vorstellung von Intelligenz zugrundeliegt, steht die kritische Theorie in Widerspruch. Nach ihr existiert nur eine Wahrheit, und die positiven Prädikate der Ehrlichkeit und inneren Konsequenz, der Vernünftigkeit, des Strebens nach Frieden, Freiheit und Glück sind nicht im gleichen Sinn irgendeiner anderen Theorie und Praxis zuzusprechen. Es gibt keine Theorie der Gesellschaft, auch nicht die des generalisierenden Soziologen, die nicht politische Interessen mit einschließen würde, über deren Wahrheit anstatt in scheinbar neutraler Reflexion nicht selbst wieder handelnd und denkend, eben in einer konkreten geschichtlichen Aktivität, entschieden werden müßte. Daß der Intellektuelle sich so hinstellt, als bedürfe es erst einer nur von ihm zu leistenden schwierigen Denkarbeit, um zwischen revolutionären, liberalistischen und faschistischen Zielen und Wegen die Wahl zu treffen, ist überhaupt verwirrend. Die Situation ist seit Jahrzehnten nicht mehr danach angetan. Die Avantgarde bedarf der Klugheit im politischen Kampf, nicht der akademischen Belehren über ihren sogenannten Standort. In einem Zeitpunkt vollends, wo die freiheitlichen Kräfte in Europa selbst desorientiert sind und sich neu zu formieren suchen, wo alles an Nuancen innerhalb ihrer eigenen Bewegung hängt, wo die aus Niederlage, Verzweiflung und korrupter Bürokratie entstehende Gleichgültigkeit gegen den bestimmten Inhalt alle Spontaneität, Erfahrung, Erkenntnis der Massen trotz ihres Heldenmutes zu vernichten droht, bedeutet die überparteiliche und daher abstrakte Konzeption der Intelligenz eine Fassung der Probleme, welche die entscheidenden Fragen bloß verdeckt. Der Geist ist liberal. Er verträgt keinen äußeren Zwang, keine Anpassung seiner Ergebnisse an den Willen irgendeiner Macht. Vom Leben der Gesellschaft ist er jedoch nicht losgelöst, er schwebt nicht über ihr. Soweit ihm die Richtung auf Selbstbestimmung, auf die Herrschaft der Menschen über ihr eigenes Leben wie über die Natur immanent ist, vermag er diese Tendenz als wirkende Kraft in der Geschichte zu erkennen. Isoliert betrachtet, erscheint das Feststellen der Tendenz als neutral; aber wie der Geist sie ohne Interesse nicht zu erkennen vermag, so vermag er sie auch nicht ohne realen Kampf zum allgemeinen Bewußtsein zu machen. So ist der Geist nicht liberal. Die denkerischen Bemühungen, die ohne einen bewußten Zusammenhang mit einer bestimmten Praxis je nach den wechselnden akademischen oder sonstigen Aufgaben deren Förderung Erfolg verspricht, hier und dort ansetzen und einmal dies, einmal jenes für ihre Sache halten, können für die eine oder andere historische Tendenz nützliche Dienste leisten, sie können jedoch selbst bei formaler Richtigkeit - welches zutiefst verkehrte theoretische Gebilde vermöchte nicht schließlich die Forderung formaler Richtigkeit zu erfüllen! - die geistige Entwicklung auch hemmen und ablenken. Der abstrakte, als soziologische Kategorie festgehaltene Begriff einer Intelligenz, die dazu noch missionarische Funktionen haben soll, gehört seiner Struktur nach zur Hypostasierung [einem Wort reale Existenz unterstellen - wp] der Fachwissenschaft. Die kritische Theorie ist weder "verwurzelt" wie die totalitäre Propaganda noch "freischwebend" wie die liberalistische Intelligenz.

Aus der verschiedenen Funktion des traditionellen und des kritischen Denkens ergeben sich die Unterschiede der logischen Struktur. Die obersten Sätze der traditionellen Theorie definieren Allgemeinbegriffe, unter die alle Tatsachen des Gebietes zu befassen sind, zum Beispiel den Begriff eines physikalischen Vorgangs in der Physik oder des organischen Geschehens in der Biologie. Dazwischen gibt es die Hierarchie von Gattungen und Arten, zwischen denen überall entsprechende Verhältnisse der Unterordnung bestehen. Die Tatsachen sind Einzelfälle, Exemplare oder eine Verkörperung der Gattungen. Zeitliche Unterschiede zwischen den Einheiten des Systems gibt es nicht. Die Elektrizität existiert nicht vor einem elektrischen Feld, und umgekehrt das Feld nicht vor der Elektrizität, ebensowenig wie der Löwe als solcher vor oder nach den besonderen Löwen ist. Wenn im individuellen Erkennen die eine oder andere zeitliche Folge dieser Verhältnisse bestehen mag, so jedenfalls nicht auf der Seite der Gegenstände. Die Physik ist auch davon abgekommen, die allgemeineren Züge als verborgene Ursachen oder Kräfte in den konkreten Tatsachen aufzufassen und diese logischen Verhältnisse zu hypostasieren, nur in der Soziologie herrscht darüber noch Unklarheit. Werden einzelne Gattungen dem System hinzugefügt oder sonstige Veränderungen vorgenommen, so wird dies üblicherweise nicht etwa in dem Sinn aufgefaßt, daß die Bestimmungen notwendig zu starr sind, sich als inadäquat erweisen müssen, da entweder das Verhältnis zum Gegenstand oder derselbe Gegenstand sich ändert, ohne dabei seine Identität zu verlieren. Änderungen werden vielmehr als Mangel unserer früheren Erkenntnis oder als Ersetzung einzelner Stücke des Gegenstands durch andere betrachtet, wie etwa eine Landkarte veraltet, weil Wälder abgeholzt, neue Städte hinzugekommen, andere Grenzen entstanden sind. So wird in der diskursiven oder Verstandeslogik auch die lebendige Entwicklung begriffen. Dieser Mensch ist jetzt ein Kind, dann erwachsen, kann nach ihr nur heißen, es gibt einen festen Kern, der sich gleichbleibt: "dieser Mensch"; ihm werden beide Eigenschaften, Kind- und Erwachsensein nacheinander angeheftet. Nach dem Positivismus bleibt überhaupt nichts identisch, sondern zuerst ist das Kind da, später ein Erwachsener, beides sind zwei verschiedene Tatsachenkomplexe. Daß der Mensch sich ändert und doch mit sich identisch bleibt, vermag diese Logik nicht zu fassen.

Die kritische Theorie beginnt ebenfalls mit abstrakten Bestimmungen; soweit die gegenwärtige Epoche in Frage steht, mit der Kennzeichnung einer auf Tausch begründeten Ökonomie (18). Die dabei auftretenden Begriffe wie Ware, Wert und Geld können als Gattungsbegriffe fungieren, zum Beispiel wenn Beziehungen im konkreten gesellschaftlichen Leben als Tauschbeziehungen beurteilt werden und vom Warencharakter der Güter gesprochen wird. Aber die Theorie selbst erschöpft sich nicht darin, die Begriffe durch Vermittlung von Hypothesen auf die Realität zu beziehen. Der Anfang umreißt bereits den Mechanismus, durch den die bürgerliche Gesellschaft nach Abschaffung der feudalistischen Regulierungen, des Zunftsystems und der Leibeigenschaft, nicht sogleich infolge ihres anarchischen Prinzips zugrunde ging, sondern sich am Leben erhielt. Es wird die regulierende Wirkung des Tauschs gezeigt, die der bürgerlichen Wirtschaft zugrunde liegt. Die Konzeption des Prozesses zwischen Gesellschaft und Natur, die hier schon mitspielt, die Idee einer einheitlichen Epoche der Gesellschaft, ihrer Selbsterhaltung, usw. entspringen bereits einer gründlichen, vom Interesse an der Zukunft geleiteten Analyse des geschichtlichen Verlaufs. Das Verhältnis der ersten begrifflichen Zusammenhänge zur Tatsächlichkeit ist nicht wesentlich das von Gattungen und Exemplaren. Das durch sie bezeichnete Tauschverhältnis beherrscht aufgrund der ihm innewohnenden Dynamik die gesellschaftliche Wirklichkeit, wie etwa der Stoffwechsel den pflanzlichen und tierischen Organismus weitgehend beherrscht. Auch in der kritischen Theorie müssen spezifische Elemente eingefügt werden, um von dieser grundlegenden Struktur zu einer differenzierteren Realität zu gelangen. Aber ein solches Einfügen von Bestimmungen, man denke etwa an das Vorhandensein aufgestapelter Goldmengen, die Ausbreitung in noch feudalistische Räume der Gesellschaft, den Außenhandel, geschieht durch keine einfache Deduktion wie in der fachlich in sich geschlossenen Theorie. Vielmehr gehört zu jedem Schritt die Kenntnis über Mensch und Natur mit hinzu, die in den Wissenschaften und in der geschichtlichen Erfahrung zur Verfügung steht. Im Hinblick auf die Lehre von der industriellen Technik versteht sich dies von selbst. Aber auch nach anderen Richtungen hin findet die differenzierte Kenntnis menschlicher Reaktionsweisen bei der gedanklichen Entwicklung, von der hier die Rede ist, Anwendung. Der Satz etwa, daß die untersten Schichten der Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen auch die meisten Kinder haben, spielt beim Nachweis, wie die bürgerliche Tauschgesellschaft notwendig zum Kapitalismus mit Reserve-Armee und Krisen führt, eine wichtige Rolle. Seine psychologische Begründung bleibt den traditionellen Wissenschaften überlassen. Die kritische Theorie der Gesellschaft beginnt also mit einer durch relativ allgemeine Begriffe bestimmten Idee des einfachen Warentausches; unter Voraussetzung des gesamten zur Verfüung stehenden Wissens, der Herbeiziehung des aus fremden und eigenen Forschungen angeeigneten Stoffes wird dann gezeigt, wie die Tauschwirtschaft bei der gegebenen und sich freilich unter ihrem Einfluß verändernden Beschaffenheit von Menschen und Dingen, ohne daß ihre eigenen, von der fachlichen Nationalökonomie dargestellten Prinzipien durchbrochen würden, notwendig zur Verschärfung der gesellschaftlichen Gegensätze führen muß, die in der gegenwärtigen geschichtlichen Situation zu Kriegen und Revolutionen treibt.

Der Sinn der hier gemeinten Notwendigkeit ist wie derjenige der Abstraktheit der Begriffe den entsprechenden Zügen der traditionellen Theorie ähnlich und unähnlich zugleich. In beiden Arten von Theorie beruth die Strenge der gedanklichen Ableitung darauf, daß erhellt, wie die Behauptung vom Zutreffen allgemeiner Bestimmungen die Behauptung vom Zutreffen gewisser tatsächlicher Verhältnisse mit einschließt. Wenn ein elektrischer Vorgang vorliegt, so muß sich, weil zum Begriff der Elektrizität diese und jene Merkmale gehören, dieser und jener Vorfall ereignen. Soweit die kritische Theorie der Gesellschaft die gegenwärtigen Zustände aus dem Begriff des einfachen Tauschs entwickelt, enthält sie in der Tat diese Art der Notwendigkeit, nur daß die generell hypothetische Form relativ gleichgültig ist. Der Nachdruck liegt nicht darauf, daß überall, wo eine einfache Tauschgesellschaft herrscht, sich auch Kapitalismus entwickeln muß, wenngleich dies wahr ist, sondern auf der Ableitung dieser realen, von Europa aus die Erde umfassenden kapitalistischen Gesellschaft, für welche die Theorie als gültig behauptet wird, aus dem Grundverhältnis des Tausches überhaupt. Während selbst die kategorischen Urteile der Fachwissenschaften im Grunde hypothetischen Charakter tragen und Existenzialurteile, wenn überhaupt, nur in eigenen Kapiteln, beschreibenden oder praktischen Teilen, geduldet werden (19), ist die kritische Gesellschaftstheorie als Ganzes ein einziges entfaltetes Existenzialurteil. Es besagt, im groben Umriß formuliert, daß die Grundform der historisch gegebenen Warenwirtschaft, auf der die neuere Geschichte beruth, die inneren und äußeren Gegensätze der Epoche in sich schließt, in verschärfter Form immer aufs Neue zeitigt und nach einer Periode des Aufstiegs, der Entfaltung menschlicher Kräfte, der Emanzipation des Individuums, nach einer ungeheuren Ausbreitung der menschlichen Macht über die Natur schließlich die weitere Entwicklung hintanhält und die Menschheit einer neuen Barbarei zutreibt. Die einzelnen Denkschritte innerhalb dieser Theorie sind, zumindest der Intention nach, von der gleichen Strenge, wie die Deduktionen innerhalb einer fachwissenschaftlichen Theorie, jeder ist dabei ein Moment in der Konstitution jenes umfassenden Existenzialurteils. Einzelne Teile können in allgemeine oder besondere hypothetische Urteile verwandelt werden und im Sinne des traditionellen Theoriebegriffs Verwendung finden, wie etwa, daß bei steigender Produktivität eine regelmäßige Entwertung des Kapitals eintritt. Bei manchen Partien der Theorie entstehen auf solche Weise Sätze, deren Beziehung auf die Realität schwierig ist. Daraus, daß die Darstellung eines einheitlichen Gegenstandes als ganze wahr ist, läßt sich nämlich nur unter speziellen Bedingungen folgern, inwiefern einzelne von ihr losgelöste Teile in ihrer Isolierung auf isolierte Teile des Gegenstands zutreffen. Die Problematik, die entsteht, sobald Teilsätze der kritischen Theorie auf einmalige oder wiederholbare Vorgänge in der gegenwärtigen Gesellschaft anzuwenden sind, betrifft die Eignung der kritischen Theorie zu traditionellen Denkleistungen mit einem fortschrittlichen Zweck, nicht ihre Wahrheit selbst. Die Die Unfähigkeit der Fachwissenschaften, besonders der zeitgenössischen Nationalökonomie, bei den von ihnen bearbeiteten stückhaften Fragestellungen Nutzen aus ihr zu ziehen, liegt weder an ihnen noch an der kritischen Theorie allein, sondern an ihrer verschiedenen Rolle in der Wirklichkeit.

Auch die kritische und oppositionelle Theorie leitet, wie soeben dargelegt, ihre Aussagen über die realen Verhältnisse aus allgemeinen Grundbegriffen her und läßt diese Verhältnisse eben dadurch als notwendig erscheinen. Wenn im Hinblick auf die Notwendigkeit im logischen Sinne beide Arten theoretischer Strukturen ähnlich sind, so besteht ein Gegensatz, sobald nicht mehr bloß von logischer, sondern von sachlicher Notwendigkeit, der Notwendigkeit faktischer Verläufe die Rede ist. Die Aussage des Biologen, daß eine Pflanze aufgrund immanenter Prozesse verwelken muß oder daß gewisse zum menschlichen Organismus gehörige Vorgänge notwendig zu seinem Untergang führen, läßt es dahingestellt, ob irgendwelche Einwirkungen diese Verläufe in ihrem Charakter beeinflussen oder total verändern können. Auch wenn eine Krankheit als heilbar bezeichnet wird, gilt doch der Umstand, ob entsprechende Maßnahmen wirklich ergriffen werden, als eine der Sache selbst äußerliche, zur Technik gehörige und daher in der Theorie als solcher unwesentliche Ereignisreihe. Die Notwendigkeit, von der die Gesellschaft beherrscht wird, könnte in diesem Sinn als biologisch angesehen und der besondere Charakter der kritischen Theorie deshalb bezweifelt werden, weil in der Biologie wie auch in anderen Naturwissenschaften in ähnlicher Weise einzelne Verläufe theoretisch konstruiert werden, wie es nach der obigen Darlegung in der kritischen Theorie der Gesellschaft geschieht. Die Entwicklung der Gesellschaft gälte damit als eine bestimmte Ereignisreihe, zu deren Darstellung Resultate aus verschiedenen Gebieten herangezogen werden, wie etwa ein Mediziner bei einem Krankheitsverlauf oder ein Geologe bei der Vorgeschichte der Erde verschiedene Wissenszweige anzuwenden haben. Die Gesellschaft erscheint hier als Indivivuum, das aufgrund von fachwissenschaftlichen Theorien beurteilt wird.

Wieviele Analogien zwischen diesen intellektuellen Bestrebungen auch obwalten mögen, so besteht doch im Hinblick auf das Verhältnis von Subjekt und Objekt und damit auf die Notwendigkeit des beurteilten Geschehens ein entscheidender Unterscheid. Die Sache, mit der es der Fachwissenschaftler zu tun hat, wird von seiner eigenen Theorie überhaupt nicht berührt. Subjekt und Objekt sind streng getrennt, auch wenn es sich zeigen sollte, daß in einem späteren Zeitpunkt das objektive Geschehen durch menschlichen Zugriff beeinflußt wird; dieser ist in der Wissenschaft ebenso als Faktum zu betrachten. Das gegenständliche Geschehen ist der Theorie transzendent, und die Unabhängigkeit von ihr gehört zu seiner Notwendigkeit: der Betrachter als solcher kann nichts daran ändern. Zur Entwicklung der Gesellschaft gehört aber das bewußte kritische Verhalten mit hinzu. Die Konstruktion des Geschichtsverlaufs als notwendigen Produkts eines ökonomischen Mechanismus enthält zugleich den selbst aus ihm hervorgehenden Protest gegen diese Ordnung und die Idee der Selbstbestimmung des menschlichen Geschlechts, das heißt eines Zustands, in dem seine Taten nicht mehr aus einem Mechanismus, sondern aus seinen Entscheidungen fließen. Das Urteil über die Notwendigkeit des bisherigen Geschehens schließt hier somit den Kampf um ihre Verwandlung aus einer blinden in eine sinnvolle Notwendigkeit mit ein. Den Gegenstand der Theorie von ihr getrennt zu denken, verfälscht das Bild und führt zum Quietismus oder Konformismus. Jeder ihrer Teile setzt die Existenz von Kritik und Kampf gegen das Bestehende in der von ihr selbst bestimmten Richtung voraus.

Nicht ohne Gründe, wenn auch nicht mit vollem Recht, haben die von der Physik ausgehenden Erkenntnistheoretiker die Verwechslung der Ursachen mit einer Wirkung von Kräften gebrandmarkt und zuletzt den Begriff der Ursache mit dem der Bedingung oder der Funktion vertauscht. Der rein registrierenden Betrachtung bieten sich nämlich immer bloß Erscheinungsreihen, niemals Kräfte und Gegenkräfte dar, was freilich nicht in der Natur liegt, sondern im Wesen der Betrachtung. Das Resultat dieses Verfahrens bei seiner Anwendung auf die Gesellschaft ist Statistik und beschreibende Soziologie, die für jeden Zweck, auf für die kritische Theorie ihre Wichtigkeit gewinnen können. Notwendig ist für die Traditionelle Wissenschaft entweder alles oder gar nichts, je nachdem man unter Notwendigkeit die Unabhängigkeit vom Beobachter oder die Möglichkeit absolut gewisser Prognosen verstehen will. Insofern jedoch das Subjekt sich auch als denkendes nicht radikal von den gesellschaftlichen Kämpfen isoliert, an denen es teilnimmt, insofern es kein erkennendes und handelndes Subjekt bloß als getrennte Begriffe verstehe, hat  Notwendigkeit  einen anderen Sinn. Soweit sie, vom Menschen unbherrscht, ihm entgegensteht, gilt sie einerseits als das Naturreich, das trotz der unendlichen Eroberungen, die noch zu machen sind, nie ganz verschwinden wird, andererseits als die Ohnmacht der bisherigen Gesellschaft, den Kampf mit dieser Natur in einer bewußten und zweckmäßigen Organisation zu führen. Hier sind Kräfte und Gegenkräfte gemeint. Beide Momente dieses Begriffs der Notwendigkeit, die unter sich zusammenhängen, Macht der Natur und Ohnmacht der Menschen, beruhen auf der selbst erlebten Anstrengung der Menschen um Befreiung vom Zwang der Natur und den zur Fessel gewordenen Formen des gesellschaftlichen Lebens, der juristischen, politischen und kulturellen Ordnung. Sie gehören zum wirklichen Streben nach einem Zustand, in welchem das, was die Menschen wollen, auch notwendig ist, in welche die Notwendigkeit der Sache zur Notwendigkeit eines vernünftig beherrschten Geschehens wird. Die Anwendung, ja selbst das Verständnis dieser und anderer Begriffe der kritischen Denkart sind an das Erlebnis der eigenen Aktivität und Anstrengung, an die Existenz eines Willens im erkennenden Subjekt geknüpft. Der Versuch, dem mangelngen Verständnis solcher Ideen und der Weise ihrer Verkettung durch eine bloße Steigerung ihrer logischen Prägnanz, durch scheinbar exaktere Definitionen oder gar durch eine "Einheitssprache" abzuhelfen, muß mißlingen. Es handelt sich nicht bloß um ein Mißverständnis, sondern um den wirklichen Gegensatz verschiedener Verhaltensweisen. Der Begriff der Notwendigkeit in der kritischen Theorie ist selbst ein kritischer, er setzt den der Freiheit voraus, wenn auch nicht als einer existierenden. Die Vorstellung einer Freiheit als einer, die immer schon da ist, auch wenn die Menschen in Ketten liegen, also einer bloß inneren Freiheit, gehört der idealistischen Denkart an. Die Tendenz dieser völlig unwahren, aber schiefen Idee hat am deutlichsten der junge FICHTE ausgesprochen:
    "Ich bin jetzt gänzlich überzeugt, daß der menschliche Wille frei und daß Glückseligkeit nicht der Zweck unseres Daseins ist, sondern nur Glückwürdigkeit." (20)
Es zeigt sich hier die schlechte Identität radikaler metaphysischer Gegensätze und Schulen. Die Behauptung einer absoluten Notwendigkeit des Geschehens meint letzten Endes dasselbe wie diejenige der realen Freiheit in der Gegenwart: die Resignation in der Praxis.

Die Unfähigkeit, die Einheit von Theorie und Praxis zu denken, und die Beschränkung des Begriffs der Notwendigkeit auf ein fatalistisches Geschehen gründen erkenntnismäßig in der Hypostasierung des cartesianischen Dualismus von Denken und Sein. Dieser ist der Natur wie auch der bürgerlichen Gesellschaft angemessen, soweit sie selbst einem natürlichen Mechanismus gleicht. Die Theorie, die zur realen Macht wird, das Selbstbewußtsein der Subjekte einer großen geschichtlichen Umwälzung, geht über die Mentalität hinaus, für welche dieser Dualismus kennzeichnend ist. Soweit die Gelehrten ihn nicht bloß im Kopf haben, sondern mit ihm Ernst machen, können sie nicht selbständig handeln. Sie führen dann ihrem eigenen Denken gemäß praktisch nur aus, wozu der geschlossene Kausalzusammenhang der Realität sie bestimmt, oder sie kommen als individuelle Einheiten statistischer Größen in Betracht, in denen eben die individuelle Einheit keine Rolle spielt. Als Vernunftwesen sind sie ohnmächtig und isoliert.

Die Erkenntnis dieses Tatbestandes bildete einen Schritt zu seiner Überwindung, aber er geht nur in metaphysischer, unhistorischer Gestalt in das bürgerliche Bewußtsein ein. Als Glaube an die Unabänderlichkeit der Gesellschaftsform beherrscht er in der Tat die Gegenwart. In ihrer Reflexion sehen sich die Menschen als bloße Zuschauer, passive Teilnehmer eines gewaltigen Geschehens, das man vielleicht vorhersehen, jedenfalls aber nicht beherrschen kann. Sie wissen von Notwendigkeit nicht im Sinne von Ereignissen, die man selbst erzwingt, sondern bloß von solchen, die man mit Wahrscheinlichkeit vorausberechnet. Wo die Verflechtung von Wollen und Denken, Anschauen und Handeln zugestanden wird wie in manchen Teilen der neuesten Soziologie, gilt dies selbst nur im Sinn einer zu beachtenden Kompliziertheit des Objekts. Man muß alle Theorien, die vorkommen, den praktischen Stellungnahmen, den sozialen Schichten zuordnen, die damit zusammenhängen. Das Subjekt zieht sich aus der Affäre, es hat kein Anliegen als - die Wissenschaft.

Die Feindschaft gegen das Theoretische überhaupt, die heute im öffentlichen Leben zum Ausdruck kommt, richtet sich in Wahrheit gegen die verändernde Aktivität, die mit dem kritischen Denken verbunden ist. Wo es nicht beim Feststellen und Ordnen in möglichst neutralen, das heißt für die Lebenspraxis in den gegebenen Formen unerläßlichen Kategorien bleibt, regt sich sogleich ein Widerstand. Auf Seiten eines großen Teils der Beherrschten steht die unbewußte Befürchtung im Weg, theoretisches Denken könnte die mühsam vollzogene Anpassung an die Realität als verkehrt und überflüssig erscheinen lassen, auf Seiten der Nutznießer erhebt sich der allgemeine Verdacht gegen jede intellektuelle Selbständigkeit. Die Tendenz, Theorie als Gegensatz zur Positivität aufzufassen, ist so stark, daß selbst die harmlose traditionelle Theorie zuweilen davon betroffen wird. Weil die fortgeschrittenste Gestalt des Denkens in der Gegenwart die kritische Theorie der Gesellschaft ist und jede konsequente intellektuelle Anstrengung, die sich um den Menschen bekümmert, sinngemäß bei ihr einmündet, gerät die Theorie überhaupt in Verruf. Auch jede andere wissenschaftliche Aussage, die keine Angabe von Tatsachen in den gebräuchlichsten Kategorien und womöglich in der neutralsten Form, der Mathematik, darstellt, begegnet schon dem Einwand, daß sie zu theoretisch ist. Diese positivistische Haltung muß nicht bloß fortschrittlich sein. Wenn bei den verschärften Klassengegensätzen der letzten Jahrzehnte sich die Herrschaft auch in zunehmendem Maß auf den realen Machtapparat zu verlassen hat, so bildet doch die Ideologie einen nicht zu unterschätzenden Kittfaktor des rissig gewordenen Gesellschaftsbaus. In der Losung, sich an die Tatsachen zu halten und jede Art von Jllusionen preiszugeben, steckt selbst heute noch eine Art Reaktion gegen den Bund von Unterdrückung und Metaphysik. Es wäre jedoch ein Fehler, den ungeheuren Unterschied zwischen der empiristischen Aufklärung im 18. Jahrhundert und in der Gegenwart zu verkennen. Zu jener Zeit hatte eine neue Gesellschaft sich bereits im Rahmen der alten entwickelt. Es galt, die schon vorhandene bürgerliche Wirtschaft aus den feudalistischen Hemmnissen zu befreien, sie einfach "gehen zu lassen". Das ihr zugehörige fachwissenschaftliche Denken brauchte ebenfalls nur die alten dogmatischen Bindungen abzuschütteln, um den schon erkannten Weg zu gehen. Im Übergang von der gegenwärtigen zu einer künftigen Gesellschaftsform soll die Menschheit sich jedoch erstmals zum bewußten Subjekt konstituieren und aktiv ihre eigenen Lebensformen bestimmen. Wenn auch die Elemente der zukünftigen Kultur schon vorhanden sind, so bedarf es doch einer bewußten Neukonstruktion der ökonomischen Verhältnisse. Die undifferenzierte Feindschaft gegen die Theorie bedeutet daher heute eine Hemmung. Ohne die Fortsetzung der theoretischen Anstrengung, die mit dem Interesse an einer vernünftig organisierten zukünftigen Gesellschaft die gegenwärtige kritisch durchleuchtet und anhand der in den Fachwissenschaften ausgebildeten traditionellen Theorien konstruiert, ist der Hoffnung auf eine grundlegende Verbesserung der menschlichen Existenz der Grund entzogen. Die Forderung nach Positivität und Unterordnung, die auch in den fortschrittlichen Gruppen der Gesellschaft den Sinn für die Theorie abzustumpfen droht, trifft notwendig nicht bloß die Theorie, sondern auch die Praxis der Befreiung.

Die einzelnen Teile der Theorie, welche die komplizierten Verhältnisse des liberalistischen und schließlich des monopolistischen Kapitalismus aus dem Schema der einfachen Warenwirtschaft abzuleiten unternimmt, verhalten sich nicht so gleichgültig zur Zeit wie die Stufen eines deduktiven Ordnungsgefüges. Ähnlich wie die auch für den Menschen wichtige Verdauungsfunktion in der Stufenreihe der Organismen sich in gleichsam nacktem Zustand in Gestalt der "Schlauchtiere" als Gattung vorfindet, so gibt es historische Formen der Gesellschaft, die der einfachen Warenwirtschaft zumindest nahekommen. Die gedankliche Entwicklung steht, wie oben schon dargelegt, zur geschichtlichen wenn auch nicht in Parallele, so doch in einer feststellbaren Relation. Die wesentliche Beziehung der Theorie zur Zeit liegt jedoch nicht in der Entsprechung einzelner Teile der Konstruktion zu geschichtlichen Abschnitten, eine Lehre, in der HEGELs "Phänomenologie des Geistes" und seine "Logik" ebenso wie das "Kapital" von MARX als Zeugnisse der gleichen Methode übereinstimmen, sondern in der ständigen Veränderung des theoretischen Existenzialurteils über die Gesellschaft, die durch seinen bewußten Zusammenhang mit der geschichtlichen Praxis bedingt ist. Mit dem Prinzip, fortwährend jeden bestimmten theoretischen Inhalt radikal in Frage zu stellen und immer wieder von vorne anzufangen, durch das die moderne Metaphysik und Religionsphilosophie alle konsequente Theoriebildung bekämpft haben, hat das nichts zu tun. Die kritische Theorie hat nicht heute den und morgen einen anderen Lehrgehalt. Ihre Änderungen bedingen keinen Umschlag in eine völlig neue Anschauung, solange die Epoche sich nicht ändert. Die Festigkeit der Theorie rührt daher, daß bei allen Änderungen der Gesellschaft doch ihre ökonomisch grundlegende Struktur, das Klassenverhältnis in seiner einfachsten Gestalt, und damit auch die Idee seiner Aufhebung identisch bleibt. Die hierdurch bedingten entscheidenden Züge des Inhalts können sich vor dem geschichtlichen Umschlag nicht wandeln. Andererseits steht aber die Geschichte auch bis dahin nicht still. Die historische Entwicklung der Gegensätze, bei denen das kritische Denken seine Rolle spielt, verändert die Wichtigkeit seiner einzelnen Momente, zwingt zu Differenzierungen und verschiebt die Bedeutung der fachwissenschaftlichen Erkenntnisse für die kritische Theorie und Praxis.

Am Begriff der sozialen Klasse, die über die Mittel der Produktion verfügt, soll näher bezeichnet werden, was hier gemeint ist. In der liberalistischen Periode war die ökonomische Herrschaft weitgehend mit dem juristischen Eigentum an den Produktionsmitteln verknüpft. Die große Klasse der Privateigentümer war gesellschaftlich führend, und die gesamte Kultur jener Zeit ist durch dieses Verhältnis gekennzeichnet. Die Industrie war noch in eine große Anzahl von heute aus gesehen kleiner, selbständiger Unternehmungen differenziert. Die dieser technischen Entwicklungsstufe angemessene Direktion der Fabrik war die Leitung durch einen oder mehrere Eigentümer oder ihren unmittelbaren Beauftragten. Mit der im letzten Jahrhundert durch die Entfaltung der Technik vermittelten, rapide fortschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals werden die juristischen Eigentümer zum großen Teil von der Leitung der sich bildenden Riesenunternehmen, die ihre Fabriken aufsaugen, getrennt, die Leitung verselbständigt sich gegen den juristischen Eigentumstitel. Es entstehen die industriellen Magnaten, die Führer der Wirtschaft. In den meisten Fällen halten sie zunächst noch den größeren Teil des Eigentums an ihren Konzernen. Heute ist dieser Umstand schon unwesentlich geworden, und es zeigen sich einzelne mächtige Leiter, die ganze Sektoren der Industrie beherrschen und nur einen verschwindenden Teil der von ihnen dirigierten Werke zum juristischen Eigentum haben. Dieser ökonomische Prozeß bringt eine Wandlung der Funktionsweise des juristischen und politischen Apparats sowie der Ideologien mit sich. Ohne daß etwa die juristische Definition des Eigentums im geringsten geändert wird, werden die Eigentümer in steigendem Maß gegen die Leiter und ihren Stab ohnmächtig. Die direkte Verfügung über die Mittel des Riesenunternehmens gibt während eines Prozesses, den die Eigentümer bei Meinungsverschiedenheiten etwa anstrengen sollten, der Leitung ein solches Übergewicht, daß an einen Sieg ihrer Gegner kaum zu denken ist. Der Einfluß der Leitung, der sich zunächst nur auf niedere juristische und administrative Instanzen beziehen mag, erstreckt sich schließlich auch auf die höheren, am Ende auf den Staat und seine Machtorganisation. Durch die Trennung von der wirklichen Produktion und durch ihren sinkenden Einfluß verengt sich der Horizont der bloßen Inhalber von Besitztiteln, ihre Lebensbedingungen und ihre Persönlichkeit werden immer ungeeigneter für sozial ausschlaggebende Positionen, und schließlich erscheint der Anteil, den sie aus dem Eigentum noch beziehen, ohne etwas zu seiner Vergrößerung wirklich leisten zu können, als gesellschaftlich nutzlos und moralisch zweifelhaft. Es entstehen die eng mit diesen und einigen anderen Veränderungen zusammenhängenden Ideologien von der großen Persönlichkeit und vom Unterschied der produktiven und parasitären Kapitalisten. Die Vorstellung eines der Allgemeinheit gegenüber selbständigen Rechts mit festem Inhalt verliert an Gewicht. Von der gleichen Seite, welche die private Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel, brutal aufrechterhält, gehen politische Lehren aus, daß unproduktives Eigentum und parasitäre Einkünfte verschwinden müßten. Mit der Verkleinerung des Kreises der wirklich Mächtigen wächst die Möglichkeit einer bewußten Ideologiebildung, der Etablierung einer doppelten Wahrheit, bei der das Wissen den Insidern und die Version dem Volk vorbehalten bleibt, und der Zynismus gegen jede Wahrheit und jedes Denken überhaupt breitet sich aus. Am Ende des Prozesses steht eine nicht mehr von selbständigen Eigentümern, sondern von industriellen und politischen Führercliquen beherrschte Gesellschaft.

Diese Veränderungen bedingen auch Strukturveränderungen der kritischen Theorie. Dem Schein freilich, als ob Eigentum und Profit jetzt nicht mehr ihre entscheidende Rolle spielten, dieser in den Sozialwissenschaften sorglich geförderten Jllusion fällt sie nich anheim. Einerseits hat sie die juristischen Beziehungen auch früher nicht als Wesen, sondern als Oberfläche des gesellschaftlichen Sachverhalts gesehen und weiß, daß die Verfügung über Menschen und Dinge bei einem besonderen Teil der Gesellschaft bleibt, der zwar weniger im Inland, aber umso erbitterter im Weltmaßstab mit anderen ökonomischen Machtgruppen konkurriert. Der Gewinn stammt aus denselben sozialen Quellen, muß letzten Endes durch dieselben Methoden gesteigert werden wie seither. Andererseits scheint ihr mit der Beseitigung jedes inhaltlich bestimmten Rechts, die durch die ökonomische Machtkonzentration bedingt ist und in den Verhältnissen der autoritären Staaten vollendet wird, mit einer Ideologie zugleich ein Kulturfaktor zu verschwinden, der keineswegs bloß eine negative, sondern auch eine positive Seite hat. Indem die Theorie diesen Veränderungen in der inneren Struktur der Unternehmerklasse Rechnung trägt, werden auch andere ihrer Begriffe differenziert. Die Abhängigkeit der Kultur von den sozialen Verhältnissen muss sich mit diesen selbst bis in die Einzelheiten wandeln, wenn die Gesellschaft ein Ganzes sein soll. Auch in der liberalistischen Periode konnten politische und moralische Auffassungen der Individuen von ihrer ökonomischen Situation abgeleitet werden. Die Schätzung eines lauteren Charakters, das Stehen zum gegebenen Wort, die Selbständigkeit des Urteils usw. ergeben sich aus einer Gesellschaft relativ unabhängiger Wirtschaftssubjekte, die durch Kontrakte miteinander in Verbindung treten. Aber diese Abhängigkeit war psychologisch weitgehend vermittelt, und die Moral selbst gewann aufgrund ihrer Funktion im Individuum eine Art von Festigkeit. (Die Wahrheit, daß die Abhängigkeit von der Ökonomie auch diese Moral durchherrschte, trat freilich in Erscheinung, als mit der Gefährdung der ökonomischen Positionen des liberalistischen Bürgertums, die in der jüngsten Gegenwart eintrat, auch die freiheitliche Gesinnung dahinschmolz.) Unter den monopolkapitalistischen Verhältnissen ist es jedoch auch mit einer solchen relativen Selbständigkeit des Individuums zu Ende. Es hat keinen eigenen Gedanken mehr. Der Inhalt des Massenglaubens, an den niemand recht glaubt, ist ein unmittelbares Produkt der herrschenden Bürokratien in Wirtschaft und Staat, und seine Anhänger folgen insgeheim nur ihren atomisierten und daher unwahren Interessen, sie handeln als reine Funktionen des ökonomischen Mechanismus.

Der Begriff der Abhängigkeit des Kulturellen vom Ökonomischen hat sich daher verändert. Er ist mit der Vernichtigung des typischen Individuums gleichsam vulgärmaterialistischer zu verstehen als früher. Die Erklärungen sozialer Phänomene werden einfacher und zugleich komplizierter. Einfacher, weil das Ökonomische unmittelbarer und bewußter die Menschen bestimmt und die relative Widerstandskraft und Substantialität der Kultursphären im Schwinden begriffen ist, komplizierter, weil die enfesselte ökonomische Dynamik, zu deren bloßen Medien die meisten Individuen erniedrigt sind, in raschem Tempo immer neue Gestalten und Verhängnisse zeitigt. Selbst fortgeschrittene Teile der Gesellschaft werden in ihrer Entmutigung von der allgemeinen Ratlosigkeit ergriffen. Auch die Wahrheit ist in ihrer Existenz an Konstellationen der Realität geknüpft. Im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts hatte sie ein wirtschaftlich bereits entwickeltes Bürgertum hinter sich. Unter den Verhältnissen des Monopolkapitalismus und der Ohnmacht der Arbeiter vor den Unterdrückungsapparaten der autoritären Staaten ist die Wahrheit zu bewunderungswürdigen kleinen Gruppen geflüchtet, die, unter dem Terror dezimiert, für die Schärfung der Theorie wenig Zeit haben. Die Scharlatane profitieren davon, und der allgemeine intellektuelle Zustand der großen Massen geht rapide zurück.

Das Gesagte soll verdeutlichen, daß die beständige Umwälzung der sozialen Verhältnisse, die sich unmittelbar aus ökonomischen Entwicklungen ergibt und in der Zusammensetzung der herrschenden Schicht ihren nächsten Ausdruck findet, nicht bloß einzelne Zweige der Kultur, sondern auch den Sinn ihrer Abhängigkeit von der Ökonomie und damit die entscheidenden Begriffe der ganzen Auffassung betrifft. Dieser Einfluß der gesellschaftlichen Entwicklung auf die Struktur der Theorie gehört zu ihrem eigenen Lehrbestand. Die neuen Inhalte kommen daher nicht mechanisch schon zu den gegebenen Teilen hinzu. Da die Theorie ein einheitliches Ganzes bildet, das nur in der Bezogenheit auf die gegenwärtige Situation seine eigentümliche Bedeutung hat, befindet sie sich in einer Evolution, die freilich ebensowenig ihre Grundlagen aufhebt, wie das Wesen des von ihr reflektierten Gegenstandes der gegenwärtigen Gesellschaft, etwa durch ihre neuesten Umbildungen ein anderes wird. Selbst die scheinbar entferntesten Begriffe sind jedoch in den Prozeß mit einbezogen. Die logischen Schwierigkeiten, die der Verstand in jedem Gedanken entdeckt, der ein lebendiges Ganzes spiegelt, gründen vornehmlich in dieser Eigenheit. Nimmt man einzelne Begriffe und Urteile aus der Theorie heraus und vergleicht sie mit den aus einer früheren Auffassung isolierten Begriffen und Urteilen, so entstehen Widersprüche. Dies gilt sowohl für die historischen Entwicklungsstufen der Theorie als ganzer zueinander wie auch für die logischen Stufen innerhalb ihrer selbst. Im Begriff der Unternehmung und des Unternehmers besteht bei aller Identität doch ein Unterschied, je nachdem er aus der Darstellung der ersten Form bürgerlicher Wirtschaft oder der Lehre vom entfalteten Kapitalismus genommen ist und je nachdem er der Kritik der politischen Ökonomie im 19. Jahrhundert, die den liberalistischen Fabrikanten, oder derjenigen im 20. Jahrhundert entstammt, die den Monopolisten vor sich hat. Die Vorstellung des Unternehmers macht wie er selbst eine Entwicklung durch. Die Widersprüche der für sich genommenen Teile der Theorie gehen also nicht etwa aus Irrtümern oder vernachlässigten Definitionen hervor, sondern daraus, daß die Theorie einen sich historisch verändernden Gegenstand hat, der bei aller Zerrissenheit doch einer ist. Sie speichert nicht Hypothesen über den Verlauf einzelner Vorkommnisse in der Gesellschaft auf, sondern konstruiert das sich entfaltende Bild des Ganzen, das in die Geschichte einbezogene Existentialurteil, von dem oben die Rede war. Was der Unternehmer, ja der bürgerliche Mensch überhaupt gewesen ist, daß zum Beispiel in seinem Charakter mit dem rationalistischen ebensosehr der in den Massenbewegungen der Mittelklassen gegenwärtig dominierende irrationalistische Zug enthalten ist, geht auf die ursprünglich ökonomische Situation des Bürgertums zurück und ist in den Grundbegriffen der Theorie angelegt. Aber dieser Ursprung selbst enthüllt sich in dieser differenzierten Form erst in den Kämpfen der Gegenwart, und zwar nicht bloß, weil in ihnen das Bürgertum Veränderungen durchmacht, sondern weil im Zusammenhang damit Interesse und Aufmerksamkeit des theoretischen Subjekts andere Akzentuierungen bedingt. - Es mag nun einem systematischen Interesse entsprechen und auch nicht ganz ohne Nutzen sein, die verschiedenen Arten der Abhängigkeit, der Ware, der Klasse, des Unternehmers usw., wie sie in den logischen und historischen Phasen der Theorie vorkommen, zu klassifizieren und nebeneinander zu stellen. Da der Sinn in letzter Linie jedoch nur im Zusammenhang mit der gesamten gedanklichen Konstruktion klar wird, die sich immer neuen Situationen anzupassen hat, so pflegen solche Systeme von Arten und Unterarten, Definitionen und Spezifikationen von Begriffen, die aus der kritischen Theorie herausgenommen sind, nicht einmal den Wert der Begriffsinventare anderer Fachwissenschaften zu besitzen, die wenigstens in der relativ gleichförmigen Praxis des täglichen Lebens Verwendung finden. Die kritische Theorie der Gesellschaft in Soziologie zu verwandeln, ist überhaupt ein problematisches Unternehmen.

Die hier angeschlagene Frage nach dem Verhältnis von Denken und Zeit ist freilich mit einer besonderen Schwierigkeit verknüpft. Es ist nämlich unmöglich, im eigentliche Sinn von Wandlungen einer richtigen Theorie zu sprechen. Die Konstatierung solcher Wandlungen setzt vielmehr schon eine Theorie voraus, die mit dem gleichen Problem behaftet ist. Niemand kann sich zu einem anderen Subjekt machen als zu dem des geschichtlichen Augenblicks. Das Reden über Konstanz oder Wandelbarkeit der Wahrheit hat streng genommen nur in einem polemischen Verstand Bedeutung. Es richtet sich gegen die Annahme eines absoluten, übergeschichtlichen Subjekts oder gegen die Auswechselbarkeit der Subjekte, als ob man sich aus dem gegenwärtigen historischen Augenblick hinaus und ganz im Ernst in jeden beliebigen hineinversetzen könnte. Inwiefern es möglich und inwiefern es unmöglich ist, soll hier nicht angedeutet werden. Jedenfalls ist mit der kritischen Theorie der idealistische Glaube nicht vereinbar, daß sie selbst etwas die Menschen Übergreifendes darstellt und etwa gar ein Wachstum habe. Die Dokumente haben eine Geschichte, aber nicht die Theorie ein Schicksal. Die Aussage, daß bestimmte Momente zu ihr hinzugetreten sind, daß sie sich in Zukunft neuen Situationen anzupassen habe, ohne daß ihr wesentlicher Lehrgehalt verändert wird, all dies gehört mit zur Theorie, wie sie heute existiert und die Praxis zu bestimmen sucht. Die Menschen, die sie im Kopf haben, haben sie als Ganzes im Kopf und handeln diesem Ganzen gemäß. Die stetige Zunahme einer den Subjekten gegenüber selbständigen Wahrheit, das Vertrauen in den Fortschritt der Wissenschaften, kann sich in seiner beschränkten Gültigkeit nur auf jene Funktion des Wissens beziehen, die auch in einer künftigen Gesellschaft ein notwendiges Element bildet, die Beherrschung der Natur. Auch dieses Wissen gehört freilich zur vorhandenen gesellschaftlichen Totalität. Die Voraussetzung für Aussagen über seine Dauer oder Veränderung, nämlich der Fortgang der wirtschaftlichen Produktion und Reproduktion in bekannten Formen, ist hier jedoch tatsächlich in gewissem Sinn mit der Auswechselbarkeit der Subjekte gleichbedeutend. Daß die Gesellschaft in Klassen gespalten ist, vereitelt hier nicht die Identifikation der menschlichen Subjekte. Das Wissen ist hier selbst ein Ding, das eine Generation der anderen weitergibt; sofern sie leben müssen, bedürfen sie seiner. Auch in dieser Hinsicht kann der traditionelle Wissenschaftler beruhigt sein.

Die Konstruktion der Gesellschaft unter dem Bild einer radikalen Umwandlung, das die Probe seiner realen Möglichkeit noch gar nicht bestanden hat, ermangelt hingegen der Empfehlung, vielen Subjekten gemeinsam zu sein. Das Streben nach einem Zustand ohne Ausbeutung und Unterdrückung, in dem tatsächlich ein umgreifendes Subjekt, das heißt die selbstbewußte Menschheit existiert und in dem von einer einheitlichen Theoriebildung, von einem die Individuen übergreifenden Denken gesprochen werden kann, ist noch nicht seine Verwirklichung. Die möglichst strenge Tradierung der kritischen Theorie ist freilich eine Bedingung ihres geschichtlichen Erfolgs; aber sie vollzieht sich nicht auf dem festen Grund einer eingeschliffenen Praxis und fixierter Verhaltensweisen, sondern vermittels des Interesses an der Unwandlung, das sich zwar mit der herrschenden Ungerechtigkeit notwendig reproduziert, aber durch die Theorie selbst geformt und gelenkt werden doll und gleichzeitig wieder auf sie zurückwirkt. Der Kreis der Träger dieser Tradition wird nicht durch organische oder soziologische Gesetzmäßigkeiten umgrenzt und erneuert. Er ist weder durch biologische noch durch testamentarische Vererbung konstituiert und zusammengehalten, sondern durch die verbindende Erkenntnis, und diese garantiert nur ihre gegenwärtige, nicht ihre zukünftige Gemeinschaft. Mit dem Siegel aller logischen Kriterien versehen, entbehrt sie bis ans Ende der Epoche doch der Bestätigung durch den Sieg. Bis dahin geht auch der Kampf um ihre richtige Fassung und Anwendung. Die Version etwa, die den Apparat der Propaganda und die Mehrheit für sich hat, ist nicht schon deshalb auch die bessere. Vor dem allgemeinen historischen Umschlag kann die Wahrheit bei zahlenmäßig geringen Einheiten sein. Die Geschichte lehrt, daß solche selbst von den oppositionellen Teilen der Gesellschaft kaum beachtete, verfemte, aber unbeirrbare Gruppen aufgrund ihrer tieferen Einsicht im entscheidenden Augenblick zur Spitze werden können. Heute, da die ganze Macht des bestehenden zur Preisgabe aller Kulturwerte und zur finstersten Barbarei hindrängt, ist der Kreis wirklicher Solidarität ohnehin eng genug bemessen. Die Gegner freilich, die Herren dieser Periode des Niedergangs, haben selbst weder Treue noch Solidarität. Solche Begriffe bilden Momente der richtigen Theorie und Praxis. Von ihr losgelöst, verändern sie ihre Bedeutung wie alle Teile eines lebendigen Zusammenhangs. Daß sich etwa innerhalb einer Räuberbande positive Züge einer menschlichen Gemeinschaft entwickeln können, ist wahr, aber diese Möglichkeit zeigt stets einen Mangel der größeren Gesellschaft an, innerhalb deren die Bande existiert. In einer ungerechten Gesellschaft müssen die Kriminellen nicht notwendig auch menschlich minderwertig sein, in einer völlig gerechten wären sie zugleich unmenschlich. Den richtigen Sinn gewinnen Einzelurteile über Menschliches erst im Zusammenhang.

Allgemeine Kriterien für die kritische Theorie als Ganzes gibt es nicht; denn sie beruhen immer auf der Wiederholung von Ereignissen und somit auf der Existenz einer sich selbst reproduzierenden Totalität. Ebensowenig existiert eine gesellschaftliche Klasse, an deren Zustimmung man sich halten könnte. Das Bewußtsein jeder Schicht vermag unter den gegenwärtigen Verhältnissen ideologisch beengt und korrumpiert zu werden, wie sehr sie ihrer Lage nach auch zur Wahrheit bestimmt ist. Die kritische Theorie hat bei aller Einsichtigkeit der einzelnen Schritte und der Übereinstimmung ihrer Elemente mit den fortgeschrittensten traditionellen Theorien keine spezifische Instanz für sich als das mit ihr selbst verknüpfte Interesse an der Aufhebung der Klassenherrschaft. Diese negative Formulierung ist, auf einen abstrakten Ausdruck gebracht, der materialistische Inhalt des idealistischen Begriffs der Vernunft. In einer geschichtlichen Periode wie dieser ist die wahre Theorie nicht so sehr affirmativ als kritisch, ebenso wie das ihr gemäße Handeln auch nicht "produktiv" sein kann. An der Existenz des kritischen Verhaltens, das freilich Elemente der traditionellen Theorien und dieser vergehenden Kultur überhaupt in sich einschließt, hängt heute die Zukunft der Humanität. Eine Wissenschaft, die in eingebildeter Selbständigkeit die Gestaltung der Praxis, der sie dient und zugehört, bloß als ihr Jenseits betrachtet und sich bei der Trennung von Denken und Handeln bescheidet, hat auf die Humanität schon verzichtet. Selbst zu bestimmen, was sie leisten, wozu sie dienen soll, und zwar nicht bloß in einzelnen Stücken, sondern in ihrer Totalität, ist das auszeichnende Merkmal der denkerischen Tätigkeit. Ihre eigene Beschaffenheit treibt sie daher zur geschichtlichen Veränderung. Unter dem lauten Ruf von sozialem Geist und Volksgemeinschaft vertieft sich heute der Gegensatz von Individuum und Gesellschaft mit jedem Tag. Die Selbstbestimmung der Wissenschaft wird mehr und mehr abstrakt. Der Konformismus des Denkens, das Beharren darauf, es sei ein fester Beruf, ein in sich abgeschlossenes Reich innerhalb des gesellschaftlichen Ganzen, gibt das eigene Wesen des Denkens preis.
LITERATUR: Max Horkheimer, Traditionelle und kritische Theorie, Zeitschrift für Sozialforschung, Jahrgang VI, Paris 1937, Heft 2
    Anmerkungen
    15) Vgl. HENRI POINCARÉ, Wissenschaft und Hypothese, dt. Ausgabe von F. und L. LINDEMANN, Leipzig 1914, Seite 152
    16) Ähnlich verhält es sich mit nationalökonomischen und finanztechnischen Einsichten und ihrer Auswertung in der Wirtschaftspolitik.
    17) MAX WEBER, Wissenschaft als Beruf, Gesammelte Aufsätze der Wissenschaftslehre, Tübingen 1922, Seite 549/550.
    18) Zur logischen Struktur der Kritik der politischen Ökonomie vgl. "Zum Problem der Wahrheit" (diese Zeitschrift, Jahrgang IV, 1935, Seite 344f sowie 351f).
    19) Zwischen den Urteilsformen und den geschichtlichen Epochen bestehen Zusammenhänge, über die eine kurze Andeutung gestattet sei. Das kategorische Urteil ist typisch für die vorbürgerliche Gesellschaft: so ist es, der Mensch kann nichts daran ändern. Die hypothetische wie die disjunktive Urteilsform gehören im besonderen zur bürgerlichen Welt : unter gewissen Umständen kann dieser Effekt eintreten, entweder ist es so oder anders. Die kritische Theorie erklärt: es muß nicht so sein, die Menschen können das Sein ändern, die Umstände sind jetzt vorhanden.
    20) J. G. FICHTE, Briefwechsel, hg. von H. SCHULZ, Bd. 1, Leipzig 1925, Seite 127