Schmerz | Adolf Horwicz - Zur Lehre von den körperlichen Gemeingefühlen |
siehe auch Gefühl, Erfahrung, Bewußtsein, Empfindung, Tod | |
001 "Der Geist
ist umsomehr den Leiden unterworfen, je mehr inadäquate Ideen
er hat, er dagegen umsomehr handelt, je mehr adäquate
Ideen er hat." 002 Schmerz ist eine subjektive Erfahrung. 003 Schmerz ist ein Geisteszustand. 004 Jeder Pessimist ist ein Leidender. 005 Leiden ist ein unvermeidlicher Teil unserer bewußten Auseinandersetzung mit der Realität. 006 Schmerzvermeidung ist eine stärkere Motivation als das Streben nach Lust. 007 "Da der Schmerz keinen anderen Ort hat, als das bewußte Ich, ist er buchstäblich der Preis, den der Mensch für den Besitz eines bewußten Ichs bezahlt. Wo es keinen wachen und bewußten Organismus gibt, gibt es nichts, was man vernünftigerweise als Schmerz bezeichnen könnte." 008 Die Strafe wiegt moralische Schlechtigkeit mit Leiden auf. 009 Lust und Begierde sind Leidenschaften und können zu Leiden werden. 010 "Wer das Wissen mehrt, mehrt den Schmerz." 011 Einsamkeit und Leiden schließen die Seele auf. 012 Der Schmerz ist die unmittelbare Erfahrung des Bösen. 013 Schmerz, Tod und Krankheit als menschliche Grenzsituationen. 014 Das Tätige und das Leidende als die beiden kosmischen Prinzipien. 015 "Die Vernunft muß durch Leiden gestärkt werden, und Leiden öffnet die Augen zum Verstehen." 016 Ungerechtigkeit wird erlitten. 017 Ein Schmerzgefühl ist ein Zustand unseres Bewußtseins. 018 Was der Mensch durch den Verstand nicht lernt, muß ihm durch Leiden beigebracht werden. 019 Wenn der Geist im Frieden ist, leidet der Leib keine Qualen. 020 Erleidenskraft wandelt den Konflikt in aktive Energie. 021 Das Eigentum ist Grundlage des Leidens auf der Welt. 022 Nicht mein Gehirn macht Erfahrungen, sondern I c h mache Erfahrungen. 023 Leiden ist Lernen. 024 Angst vor Schmerz und Tod. 025 Gewöhnliche Arbeit ist eine Art von Schmerz. 026 Erkenntnis und Liebe sind ein und dasselbe und das Maß ist das Leiden. 027 Wer nicht leidet, der kann nicht wahrhaft lieben, weil das Leiden ein Akt der Befreiung des Menschen von allen äußeren Erwartungen ist. 028 Leiden wir ein wenig für die Zukunft, die Sache ist es wert. 029 Zweifel ist langes Leiden. 030 "Niemals sind wir ungeschützter gegen das Leiden, als wenn wir lieben." 031 Ohne Liebe keine Leiden. 032 Die Materie ist Quelle allen Leidens. 033 Leiden ist das größte Gebot des Christentums als auch des Buddhismus. 034 Im Schmerz liegt tausendmal mehr Erlebnis beschlossen, als im Vergnügen. 035 Die Ursache unseres Schmerzes, sowie unserer Freude, liegt meist nicht in den realen Gegenständen, sondern in den abstrakten Gedanken. 036 Die Hemmung unseres Willens wird als Leiden empfunden, das Erreichen eines Ziels dagegen als Glück. 037 "Qui auget scientiam, auget et dolorem." (Wer das Wissen vermehrt, vermehrt auch den Schmerz.) 038 Bosheit als Freude an fremdem Leiden. 039 Mit dem Verschwinden des Willens aus dem Bewußtsein, verschwindet auch der Egoismus und mit diesem das Leid. 040 Das Wegfallen des Gewohnten wird als Schmerz ' empfunden. 041 "Das Glück ist nur ein Traum und wirklich ist nur der Schmerz." 042 Sinnlich sein ist leidend sein. 043 "Das schnellste Tier, das euch trägt zur Vollkommenheit, das ist Leiden." 044 Am wenigsten leidet, wer nur die Leiden der Gegenwart kennt, und den nicht das Vergangene quält oder das Zukünftige ängstigt. 045 "Der Kluge strebt nach Schmerzlosigkeit, nicht nach Lust." 046 Der neurotische Konflikt ist das Leiden von Trieb und Phantasie am Intellekt. 047 Das Kreuz als Zeichen des Schmerzes und der Auflösung. 048 Die Schmerzempfindung als solche ist weder richtig, noch falsch - das sind erst die Gedanken, die sie dazu machen. 049 Der tiefste und intensivste Grund aller Aggressivität ist der Schmerz. 050 Das Leiden in eine Leistung verwandeln. 051 Neurose als Leiden einer Seele, die ihren Sinn nicht gefunden hat. 052 ahimsa - als die Scheu lebenden Wesen Schmerz zuzufügen. 053 tapas - oder die Macht des Leidens. 054 "Einem Erleiden, dem man sich freiwillig gefügt hat, folgt ein Gefühl des Glücks." 055 Nur in der Bereitschaft zu leiden wird sich die Wahrheit erweisen können. 056 Wahnsinn als heftiges geistiges Leiden. 057 Nur das Leiden allein macht wissend. 058 Die Dinge sind nur in Bezug auf Freude oder Schmerz gut oder übel. 059 Sosehr wir ein abwesendes Gut begehren, ebensosehr leiden wir darum. 060 Schmerz und Freude sind genausgroß, wie sie gefühlt werden. 061 Der Grund des Leidens für die Seele ist die Imagination. 062 Dem Denken geht das Leiden voraus. 063 Geheime Lehren sind in sehr schweren Leiden beschlossen. 064 Das Leiden soll unsichtbar gemacht werden. 065 Geteiltes Leid ist halbes Leid. 066 Das einzig wichtige Problem: Wie kann man das menschliche Leid vermindern. 067 Alle Beglückung ist nichts anderes, als die Befreiung von Schmerz und Not. 068 Der Mensch kann sich nur von seinen Leiden lösen, wenn er aus seinen Illusionen erwacht. 069 Der Weg des Menschen ist durch Leid zur Erkenntnis. 070 Unwissenheit ist eine Art des Leidens. 071 Wer leidet, nimmt eingeengt wahr. 072 Es gibt eine "normale" Tendenz, Schmerzen, Probleme und Konflikte nicht so zu sehen, wie sie sind, sondern sie ungeschehen zu machen und zu maskieren, als ob sie nicht zum menschlichen Dasein gehörten. 073 Erfahren bedeutet Handeln und Leiden. 074 Vergnügen heißt das Leiden vergessen, nicht daran denken müssen. 075 Alles Große beginnt mit Leiden. 076 Alles Leid ist nur Empfindung. 077 Der für eine Veränderung notwendige Leidensdruck. 078 Leiden und Konflikte gehören zum Leben, sie dürfen nicht als "Krankheit" angesehen werden. 079 "Ich weiß, es ist allein der Schmerz von wahrem Adel." 080 Nur durch Leiden gewinnt der Mensch die richtige Einstellung zu Leben, die ihn befähigt, den wahren Unterschied zwischen Gut und Böse zu erkennen. 081 Wir unterscheiden notwendiges, von unnötigem und sinnlosen Leiden, das seelisch krank macht. 082 Gutes und Böses sind identisch mit Lust und Leid. 083 Ursache vielen Leids ist die schmerzhafte Kluft zwischen der Welt wie sie ist und der Welt, wie sie sein sollte. 084 Es ist besser Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun. 085 Die Unausweichlichkeit der Erfahrung von Tod, Kampf, Leiden, Schuld. 086 Alles Fragen ist Eindringen. 087 Das Leiden des Menschseins ist ein Leiden des Bewußtseins. 088 Unterscheidung von freiwilligem und unfreiwilligem Leiden. 089 Viel Wollen bringt viel Leiden. 090 Leiden hat eher als Freude die Macht, die Seele bis in ihre wesentlichen Tiefen zu rühren. 091 Die reinigende Kraft des Schmerzes. 092 Schmerzen sind geistige Phänomene und Eigenschaften des Gehirns. 093 Wenn ich Schmerzen habe, muß ich es wissen, weiß ich es nicht, habe ich auch keine Schmerzen. 094 Alle Nerven sind mit dem Rückenmark verbunden. Werden diese Nerven nahe am Rückenmark abgetrennt, so kann man verletzt werden, ohne ein Schmerzgefühl zu empfinden. 095 "Das Leid treibt uns zum Handeln, und das Leid ist es auch, das uns unsere Existenz bewußt macht." 096 Leiden und Tun 097 "Wie der Schmerz eine notwendige Empfindung zur Erhaltung unseres Körpers ist, so ist das Leid notwendig zur Erhaltung unserer Seele." 098 Der alte Kampf geht weiter, der Kampf zwischen den kleinen Genüssen und dem großen Leid. 099 "In der Mysterienlehre ist der Schmerz heiliggesprochen; die 'Wehen der Gebärerin' heiligen den Schmerz überhaupt." 100 Vermeidung unnötigen menschlichen Leids als Wesensmerkmal menschlicher Ethik. 101 das Phänomen Schmerz 102 Stoiker: Jedes Übel richtet Schaden an. Was Schaden anrichtet, macht uns schlechter. Schmerz aber und Armut machen nicht schlechter: damit sind sie kein Übel. 103 Kampf der Medizin gegen vermeidbares Leiden 104 Der Schmerz ist ein psychisches Ereignis 105 Wenn ich Schmerzen habe, dann kann es keine Zweifel daran geben, keine Möglichkeit des Irrtums. 106 "Menschsein heißt, für andere leiden." 107 Wofür man gelitten hat, das liebt man stets mehr. 108 Das Leiden ist unumgänglich. 109 In Gleichheit mit Christus leiden heißt, seine Niedrigkeit mit ihm zu teilen, weil er sonst seine Hoheit nicht mit uns teilt. 110 Der Schmerz wird nicht im Gehirn gefühlt, sondern an der jeweiligen Stelle. 111 Alles Leiden hat seine Ursache in der Begierde. 112 Leiden und Schmerz sind entweder physische oder seelische und geistige Übel. 113 Alles tiefe Denken und Fühlen beinhaltet ein Leidensmoment. 114 Das Ich will genießen, nicht leiden. 115 Das Ich ist die einzige Leidquelle. 116 "Das geistige Wachstum bringt nicht nur Lohn und Freuden, sondern auch viele wirkliche Schmerzen mit sich, und das wird immer so sein." 117 "Der bitterste Schmerz ist die Reue, weil sie die völlige Durchsichtigkeit der ganzen Schuld hat." 118 "Wer allein hat Gründe sich wegzulügen aus der Wirklichkeit? Wer an ihr leidet." 119 "Der Buddhismus kämpft gegen das Leiden, nicht gegen die Sünde, er hat die Selbstbetrügerei der Moralbegriffe bereits hinter sich." 120 Mitleid ohne Schmerzempfindung gibt es nicht. 121 "So mag man hin und wieder den Schmerz billigen, aber lieben darf man keinen Schmerz." 122 Hunger und Durst sind auch eine Art Schmerz. 123 "Schmerz und Freude sind Höhepunkte des menschlichen Empfindens, die sich in allen Zeiten, unter jedem Himmel wiederfinden; es sind die beiden Pole, um die unser Seelenleben kreist Schmerz und Seligkeit sind einem Zwillingspaar verleichbar, das trotz aller Gegensätze aneinandergekettet ist, so daß wir uns das eine ohne das andere nicht vorstellen können." 124 Wer die Welt überwunden hat, hat auch Schmerz, Angst und Leiden überwunden. 125 Selbstdisziplin und Entsagung gelten im Buddhismus als Mittel gegen das Leiden. 126 "Die Menschen müssen ferner wissen, daß uns von nirgendsanders her Freude und Frohsinn, Lachen und Schmerzen kommen also daher, woher auch Trauer und Kummer, Mißmut und Weinen herrühren." 127 Die Neurose ist das Leiden der Seele, die ihren Sinn nicht gefunden hat. 128 "Das 'Kreuz Christi' bedeutet die Entsagung der Werte und das Aufsichnehmen der Leiden des ichbewußten Lebens." 129 "Besitzest du nur das Ende eines Haares aus dieser Welt, wirst du nie eine Kunde von jener Welt empfangen. Bleibt die die kleinste Ichsucht, werden die sieben Ozeane dir voll des Unheils sein." 130 Neurotisches Leiden entsteht dann, wenn der Widerspruch zwischen dem realen Handeln und einem internalisierten Normensystem unerträglich wird. 131 "Wer aus Liebe leidet, leidet nicht." 132 "Wer seine Leiden mit Geduld erträgt, besitzt das Paradies, wer nicht, die Hölle." 133 Um die Rose im Kreuz der Gegenwart zu pflücken muß man das Kreuz selbst auf sich nehmen. 134 Jede Verletzung des Willens schmerzt. 135 "Freude und Leid kommen aus der Liebe." 136 "Kann ein Ding die Menschen erfreuen und ein anderes sie betrüben, so sind sie nicht gerecht; vielmehr, wenn sie zu einer Zeit froh sind, so sind sie zu allen Zeiten froh; sie sind zu einer Zeit mehr und zur andern weniger froh, so sind sie unrecht daran." 137 "Deine Finsternis - das ist dein Leiden - wird gewandelt werden in klares Licht." 139 "das Leben spüren, das heißt am Leben leiden." 140 "Daß der andere leidet, ist zu 'lernen': und völlig kann es nie gelernt werden." 141 "Die Bosheit hat nicht das Leiden des andern ansich zum Ziele, sondern unseren eigenen Genuß." 142 Die Lust an der eigenen Überlegenheit zeigt sich am Leid und der Demütigung des anderen. 143 "Ihr Schaffenden, ihr höheren Menschen! Wer gebären muß, der ist krank, wer aber geboren hat, ist unrein. Fragt die Weiber: man gebiert nicht, weil es Vergnügen macht. Der Schmerz macht Hühner und Dichter gackern." 144 "Mit Wohltun und Wehtun übt man seine Macht am andern aus - mehr will man dabei nicht! Mit 'Wehtun' an solchen, denen wir unsere Macht erst fühlbar machen müssen; denn der Schmerz ist ein viel empfindlicheres Mittel dazu als die Lust - der Schmerz fragt immer nach der Ursache, während die Lust geneigt ist, bei sich selber stehen zu bleiben und nicht rückwärts zu schauen." 145 Leid läutert die Sinne des Menschen von ihrer Abhängigkeit von den äußeren Dingen. Leid reinigt den Geist bis in seinen Wesenskern und befreit ihn von der Herrschaft des eigensüchtigen Ich. Beide Reinigungsfeuer schildert Johannes vom Kreuz als Nacht der Sinne und als Nacht des Geistes. Die Grenzen von Natur und Geist werden in diesen Läuterungen überschritten. Verluste an irdischen Gütern, Enttäuschungen durch Freunde und geliebte Menschen, Mißerfolge, Anfeindung und Verleumdung, Verlust des Ansehens und guten Namens, körperliche Krankheiten und seelische Verwirrung, durch Skrupel, Zweifel und Verzweiflung, Selbsterkenntnis bis auf den Grund: all dies vernichtet die Anhänglichkeit des Menschen an die Welt und an sich selbst. "Auf diese Weise zermürbt und vernichtet Gott die geistigen Substanz der Seele und hüllt sie in eine so tiefe und schwarze Finsternis ein, daß sie sich ... der Vernichtung und Auflösung durch einen schrecklichen Geistestod preisgegeben glaubt." 146 Es ist für den Gnostizismus charakteristisch - und daraus erwuchs auch der schärfste Konflikt mit der Orthodoxie -, daß Mittelpunkt der Erlösung nicht das Leiden und Sterben Christi, die Kreuzigung steht, sondern die 'Botschaft des heiligen Weges', die Lehre. Nicht durch den Schmerz, sondern durch Mitteilung eines Wissens erfolgt die Erleuchtung. Entgegen der kirchlichen Überzeugung, daß das Leiden vereinfachende, vergöttlichende Gewalt besitzt, ist den Gnostikern das Kreuz fatal. Den Gedanken einer Menschwerdung Christi suchen sie mit allen Mitteln einer sophistischen Interpretation zu umgehen. Der Leib ist ihnen eine unsaubere Stätte. Leiden heißt ihnen: in der Gewalt der Dämonen sein. Daß das Göttliche solle leiden können, ist ihnen eine unerträgliche Vorstellung. 147 "Wer das Wissen mehrt, mehrt den Schmerz. Alle Gegensätzlichkeit wird uns deutlich. Während der naive Schmerz nur momentan, nie verzweiflungsvoll ist, geraten wir mittelst der rationellen Einstellung an unsere Grenzen, erfahren wir die möglichen Verzweiflungen und gewinnen so erst die Basis, aus der alles geistig Lebendige wächst." 148 Lust und Leid sind unvermeidlich aneinander gekettet. 149 "Man weicht dem Leiden aus: bei sich, indem man Fakta nicht auffasst, nicht verarbeitet, nicht durchlebt; indem man seinen Horizont eng hält: bei anderen, indem man sich fernhält, sich rechtzeitig zurückzieht, wo das Leiden unheilbar wird. Man ist tätig und denkt nicht an mögliches Leiden oder reißt sich aus dem Leiden durch die Tätigkeit - sofern es nicht die vitalen Kräfte lähmt. Man borniert sich auch hier künstlich, instinktiv. Die Tätigkeit selbst kann unter solchen Umständen nur eine dem Sinn und der Meinung nach endliche, wesentlich technische sein; würde sie ideenhaft, von universalem Charakter, ließe sich das Erlebnis des Leidens nicht fernhalten und nicht verdrängen. Das gelingt nur bei endlichem Tun, nicht beim Schaffen." 150 Lust ist gut, Schmerz ist schlecht. 151 Der lustsuchende und der schmerzmeidende Wille. |