ra-2ra-2ra-3Th. VeblenA. H. PostG. Simmelvon SteinW. Sombart    
 
FRANZ BORKENAU
Der Übergang vom feudalen
zum bürgerlichen Weltbild

[Studien zur Geschichte der Philosophie der Manufakturperiode]

"Die Qualifikation der Manufaktur besteht in der größtmöglichen Schnelligkeit und Präzision in der Ausführung  eines durchaus einfachen Handgriffs. Dieser soll nach Möglichkeit jedermann, auch einem Kind, auch einem Schwachsinnigen, zugänglich sein, die Vollkommenheit wird ausschließlich durch eine immer wiederkehrende Wiederholung dieses einen Handgriffs erzielt. Dadurch aber entfällt jede besondere Schulung, die Arbeit wird zur reinen Arbeitsquantität. Die Ersetzung qualifizierter Arbeit durch allgemein menschliche Arbeit ist profitlich, weil die höhere Arbeitszerlegung höhere Produktmengen ergibt, der unqualifizierte Arbeiter weniger kostet als der qualifizierte. Sie verwirklicht überdies ein immanentes Prinzip aller kapitalistischen Wirtschaft: die  Rechenhaftigkeit. Denn nur reine Quanten sind völlig kommensurabel, die Vergleichbarkeit der Arbeitsquanten auf allgemein-menschliche, rein quantitativ bestimmte Arbeit geknüpft. Erst mit dieser kann wirklich rational gespart werden. So setzen alle Methoden der exakten Vergleichung von Arbeitsleistungen und der Bemühungen um Arbeitsersparnis allgemein-menschliche quantifizierte Arbeit voraus."


Vorrede des Herausgebers

Das vorliegende Werk ist das Resultat mehrjähriger Studien, die der Verfasser im Auftrag des Instituts für Sozialforschung an der Universität Frankfurt a. M. durchgeführt hat. Für Methoden und Ergebnisse trägt er allein die Verantwortung. Die Schrift kann, wie ich glaube, Anlaß zu fruchtbaren Diskussionen über die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft ebenso wie über das grundsätzliche Problem des Zusammenhangs von Wirtschaft und geistiger Kultur bieten - ein Problem, dessen Bearbeitung auch für die eigenen Forschungen des Instituts von besonderer Bedeutung ist.

Genf, im September 1933blindfish Max Horkheimer



Vorrede des Verfassers

Die moderne erkenntnistheoretisch gerichtete Philosophie, wie sie DESCARTES begründet hat, ist zugleich mit den Grundlagen des modernen mathematisch-mechanistischen Weltbilds, der neuen Mathematik und Physik, entstanden. Daß das Hervortreten dieser beiden Gedankengruppen in einem inneren Zusammenhang steht, liegt auf der Hand. Das historische Begreifen dieses Zusammenhangs ist jedoch dadurch behindert worden, daß die neue Naturwissenschaft - zumindest bis in die letzten Jahrzehnte - über eine allseitig anerkannte Methode und eine überaus große Summe anerkannter Resultate verfügte, ihre Entwicklung den Anschein einer stets in gleicher Richtung fortschreitenden Akkumulation von Erfahrungen bot, ihre Erkenntnisse den Anspruch mit Erfolg erhoben, bedingungslose objektive Wahrheit zu sein; während umgekehrt in der Philosophie auch nicht ein einziger Satz unbestrittene Geltung besitzt. So scheint, sehr im Gegensatz zu anderen Kulturepochen, in der Modern die philosophische Gesamtanschauung von Welt und Leben ein Bereich der Subjektivität, dem die exakte Naturwissenschaft als Bereich der Objektivität gegenübersteht. Über die geschichtliche Entwicklung der letzteren schien daher nicht viel mehr zu sagen, als daß der Menschengeist sich der "natürlichen" Betrachtungsweise der Natur zugewandt habe, sobald er von den Fesseln der Theologie befreit war. Die Entstehung der modernen Philosophie hingegen blieb mannigfachen Ausdeutungen überlassen. Diese beschränkten sich fast durchweg auf eine bloße Denkgeschichte, teilweise um psychologische und typologische Betrachtungen erweitert. Denn losgelöst von ihrem Mutterboden, dem Weltbild der exakten Naturwissenschaft, das sie teils begründet, teils bekämpft, kann die neuere Philosophie nicht verstanden werden. Den wohl ersten Versuch, diesen Zusammenhang wiederherzustellen, hat DILTHEY unternommen. Aber da für ihn das moderne Weltbild das "natürliche System" der Wissenschaften ist, kann ihm die Entwicklung der Philosophie, die dieses Weltbild geschaffen hat, im Wesen auch nichts anderes sein als die Sprengung der theologischen Fesseln durch die Lehre vom  lumen naturale [natürlichen Licht - wp]. Die Widersprüche, die den unaufhebbaren Kampf der Systeme herbeiführen, verschwinden hierbei, die in Wirklichkeit scharf gegeneinanderstehenden Richtungen und die deutlich voneinander abgehobenen Perioden verschwimmen in einem einförmigen Morgengrauen der "Befreiung des Menschengeistes".

ERNST CASSIRER in seinem "Erkenntnisproblem" hat den überaus fruchtbaren Versuch unternommen, rein beschreibend die Entwicklung der Grundkategorien darzustellen, die der modernen Philosophie und der neuen Naturwissenschaft gemeinsam sind. Seine Fragestellung führt über die von ihm eingehaltene Begrenzung hinaus. Ist die eigentliche Leistung der neueren Philosophie die Konstituierung der modernen Wissenschaft, sind deren Grundformen - der Begriff des Naturgesetzes, die Allgegenwart der effizienten Kausalität, die mathematische Fassung der natürlichen Regelmäßigkeiten - nicht ewige und "natürliche", sondern vergängliche, historisch bedingte Denkformen, dann muß man nach den besonderen geschichtlichen Bedingungen fragen, die zur Entstehung dieser besonderen Denkformen geführt haben. Ein solcher Versuch hätte noch vor weniger Jahrzehnten als ein Angriff auf das Gewisseste unseres Wissens gegolten. Er kannt nicht mehr so aufgefaßt werden, seit die jüngste Entwicklung der Physik die grundlegenden Kategorien der neueren Naturwissenschaft in Zweifel gezogen und dadurch deren historische Vergänglichkeit erwiesen hat. Ist dem aber so, dann kann das im 17. Jahrhundert geschaffene auf der exakten Naturwissenschaft beruhende Weltbild nicht mehr als ein natürliches Abbild der objektiv wirklichen Außenwelt gelten, die sich dem unbefangenen Blick so darbieten würde, wie sie gerade die moderne Menschheit sieht. Es muß vielmehr aus den geschichtlich-gesellschaftlichen Bedingungen erklärt werden, die die Menschen vom 17. Jahrhundert bis heute, in der durch die Vorherrschaft der kapitalistischen Produktionsweise bestimmten Geschichtsepoche gezwungen haben, gerade diese Kategorien zur Orientierung in der Welt auszubilden; Kategorien, die "dem" Menschen so wenig natürlich sind, daß keine frühere Periode, darunter auch die keineswegs theologisch gefesselte klassische Antike, sie auszubilden vermochte. Hier wie stets führt so die konsequente Durchführung des historischen Gesichtspunkts zur Erklärung der Entwicklung des Denkens durch die Wandlungen des gesellschaftlichen Seins.

Es galt also, den Zusammenhang zwischen der Philosophie und den sozialen Kämpfen der Zeit konkret, pragmatisch, von Schule zu Schule zu entwickeln. Ich folgte dabei den unter sich sehr verschiedenartigen und sehr verschiedenwertigen Anregungen, die neben anderen OTTO BAUER, DEBORIN und vor allem in seiner tiefdringenden Studie über die Verdinglichung GEORG LUKACS gegeben haben; es ist hier nicht der Ort, mich mit den Auffassungen dieser Autoren im Einzelnen auseinanderzusetzen. Mein ursprünglicher Plan war, die drei Grundformen bürgerlicher Philosophie, Rationalismus, Sensualismus, Kritizismus - Historizismus, als verschiedene Wendungen desselben Problems in drei verschiedenen Etappen der Entwicklung der Bourgeoisie zu zeigen. Bald aber erwies es sich, daß auch diese Fragestellung noch in der Jllusion der Natürlichkeit des bürgerlichen Weltbildes befangen war. Denn Sensualismus und Kritizismus sind bloße Interpretationen des schon als objektive Wahrheit geltenden Weltbilds der exakten Naturwissenschaft, der Rationalismus dagegen eine Schöpfung im Kampf gegen frühere Denkformen, die ihm die Wahrheit bestreiten. Die Einheit von Philosophie und Naturwissenschaft, die sich in der späteren Entwicklung nur indirekt durchgesetzt hat, ist in dieser ersten Phase noch unmittelbar gegeben; nur an ihr konnte daher dieser Zusammenhang zunächst studiert werden. Daraus ergab sich, daß ich in Bezug auf die Naturwissenschaften auch nur die erste, mit dem Rationalismus verknüpfte Periode ihrer Umwälzung, die mechanistische Naturlehre, berücksichtigen konnte. Die Entstehung der Grundkategorien des mathematisch-mechanistischen Weltbildes des 17. Jahrhunderts aus den sozialen Kämpfen der Zeit pragmatisch darzustellen, war also die Aufgabe.

Als ich soweit klar sah, verzagte ich fast vor dem Umfang der Aufgabe und der Geringfügigkeit der Mittel, die zu ihrer Lösung gegenwärtig zur Verfügung stehen. Die Entstehung der modernen Naturwissenschaft bildet den vielleicht wichtigsten Teil der Entstehung des modernen Weltbildes. Das Material zu ihrer Darstellung ist jedoch in einem beklagenswerten Zustand. Grundlegende Probleme, wie das der Entstehung der experimentellen Methode, sind fast gar nicht bearbeitet. Was vorliegt, ist fast ausschließlich von Naturwissenschaftlern der vergangenen Generationen geliefert und steht daher durchweg unter der Voraussetzung, daß die Geschichte der modernen Naturwissenschaft die Geschichte der Auffindung der objektiven Wahrheit ansich sei. (Überwunden ist dieser Standpunkt in jüngster Zeit in den von einem tiefen historischen Verständnis durchdrungenen Schriften WIELEITNERs über die Entstehung der modernen Mathematik.) Bei einer solchen Beschaffenheit des Materials mußte ich mich als Nichtfachmann auf dem Gebiet der Naturwissenschaften einer äußersten Zurückhaltung befleißigen. Aber fast noch schlimmer ist die Lage in Bezug auf den Zusammenhang der neuen Wissenschaft mit der neuen Gesellschaft und der neuen Gesellschaftslehre. Über die Klassenkämpfe des 17. Jahrhunderts in England, Holland, Frankreich wissen wir trotz ihrer revolutionären Zuspitzung nur gerade das Allgemeinste. Es blieb mir nichts übrig, als mich bei diesen Allgemeinheiten zu beruhigen, oder vielmehr voll Beunruhigung die Fehlerquellen in Kauf zu nehmen, die in diesem lückenhaften Wissen enthalten sind. Quantitativ und zu einem sehr großen Teil auch qualitativ ist die Geschichte der Gesellschaftslehre besser angebaut. Hier lag das Material wohl gesammelt und teilweise in eindringender theoretischer Zusammenfassung z. B. in GIERKEs "Althusius", SCHMITT-DOROTICs "Diktatur", TROELTSCHs "Soziallehren", MAX WEBERs "Protestantismus", auch MEINECKEs "Staatsräson" vor. Dagegen fehlten hier wieder fast alle Verbindungsbrücken von einem Gebiet zum andern. Eine so naheliegende Frage wie der Zusammenhang zwischen dem Naturrecht und den politischen Parteien war nur für wenige Naturrechtler gestellt worden und mußte aufgrund einer quellenkritischen Bearbeitung, vor allem der "Politica" des ALTHUSIUS, geklärt werden, obwohl doch sowohl die Politik wie auch das Naturrecht des 17. Jahrhunderts jedes für sich reichlich verarbeitet sind. Überall macht sich hier der verhäntnisvolle Einfluß der, gewiß nicht nur aus technischen Arbeitsnotwendigkeiten entstandenen dogmengeschichtlichen Spezialisierung geltend. Wendet man sich aber den Zusammenhängen zwischen den theologischen, moralischen, politischen Systems einerseits, der modernen Naturwissenschaft andererseits zu, so muß man sogleich feststellen, daß hier bis zur jüngsten Zeit niemals eine Bearbeitung versucht wurde; zum erstenmal gibt die kürzlich erschienene hervorragende Schrift JOHANNES SAUTERs über "Die philosophischen Grundlagen des Naturrechts" jetzt einigen Einblick. Und doch sind gerade diese Zusammenhänge und ihre Umbildung für das Verständnis unseres Problems entscheidend. Hier blieb mir nichts übrig, als selbst in ein zunächst unübersehbares und gänzlich ungeordnetes Quellenmaterial hineinzugreifen, in der vagen Hoffnung, etwas zu finden. Ich hoffe, daß dieser Mut belohnt worden ist und daß es mir gelungen ist, mindestens einen der springenden Punkte, an denen die exakte Naturwissenschaft mit der Umwandlung der Ideen über Moral und Gesellschaft und dadurch mit dem gesellschaftlichen Leben zusammenhängt, aufgefunden zu haben. Nicht wenig haben zu diesem Fund vorzügliche französische Spezialuntersuchungen vor allem die die theologischen Grundlagen der neuen Philosophie höchst durchsichtig herausarbeitende Schrift ALEXANDRE KOYRÉs über "Descartes und die Scholastik" beigetragen.

So entstand aus dem Gegeneinanderwirken meiner Fragestellung und des Materials, an dem sie durchzuführen war, diese Schrift, die, von einem Zentralproblem ausgehend, es nach vielen Seiten verfolgt, ohne auf systematische Vollständigkeit in irgendeinem Sinn Anspruch zu erheben. Sie enthält eine durchweg auf die Quellen basierte Untersuchung des Zusammenhangs der Anthropologie und Theologie der beginnenden Neuzeit mit der mathematisch-mechanistischen Naturwissenschaft und dem Rationalismus, ausmündenden in eine an den großen philosophischen Systemen von 1630 - 1660 entwickelte Typologie der bürgerlichen Weltanschauung. Hierbei habe ich mich bemüht, die ganz unklare Rolle der Person und des Systems GASSENDIs in einem neuen Licht zu zeigen, und habe zu diesem Zweck das bisher praktisch unbekannte Hauptwerk GASSENDIs, sein "Syntagma", in umfassenden Zitaten vorgelegt. Einmal gekannt, war GASSENDI nicht schwer zu verstehen. Für DESCARTES und PASCAL lagt die Sache umgekehrt. Sie sind reichlich gekannt, jedoch, wie mir scheint, nicht ganz in den richtigen Zusammenhang hineingestellt. Sie kommen daher in meiner Darstellung gleichfalls umfassend zu Wort; das Rätsel, das DESCARTES' Leben und System jeder eingehenderen Betrachtung bietet, habe ich mich bemüht, durch eine neue Interpretation der ersten Hälfte seines Lebens der Aufhellung näher zu bringen. Dagegen scheint mir HOBBES sowohl genügend bekannt, als auch im Großen und Ganzen richtig verstanden. Hier habe ich mich daher - schon um dieses Buch nicht über Gebühr anschwellen zu lassen - nicht bei der Vorlegung breiten Materials aufgehalten, sondern nur das für die Einordnung in den Gesamtzusammenhang notwendige gegeben. Die auf HOBBES hinführende philosophische Behandlung der Staatslehre zeigt selbst hren Zusammenhang mit den übrigen Teilen des modernen Weltbildes sehr offen. Auch hier konnte ich mich daher mit einer diese Denkergruppe in den Zusammenhang einordnenden knappen Darstellung des wohlbekannten Materials begnügen und habe es dort ergänzt, wo dieser Zusammenhang mir unklar schien, in Bezug auf ALTHUSIUS. Die Einflüsse der Technik, die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Grundbegriffe im Einzelnen und - last not least - die sozialen Kämpfe der Zeit kommen nur soweit zur Sprache, als es zum Verständnis des Hauptgedankens erforderlich ist. Die Vorgeschichte der Verknüpfung von Gesellschaftsideen und Naturbild gebe ich einleitend in einer Skizze, deren Material wohl ganz überwiegend neu ist, die aber ihren Zweck am besten erfüllt haben wird, wenn sie als bloße Entwurf gilt, der zu möglichst zahlreichen Einzelforschungen anregt.

Gegen ein mögliches Mißverständnis meiner Resultate möchte ich mich vorweg verwahren. Der mittelalterliche Katholizismus, insbesondere seine Interpretation durch THOMAS von AQUIN, dient mir dauernd als Gegenbild gegen die Begründer der modernen Philosophie; dort existieren noch nicht die Antinomien, die dem modernen Denken jahrhundertelang unauflösliche Probleme gestellt haben, insbesondere nicht die Antinomie zwischen Trieb und Norm im Menschenleben, die nach meiner Meinung das Kernstück der modernen philosophischen Problematik ist. Ihr gegenüber erscheint daher das Mittelalter als "harmonisch". Obgleich es selbstverständlich ist, wünsche ich doch ausdrücklich zu sagen, daß sich daraus weder eine Verherrlichung der mittelalterlichen feudalen Gesellschaftsordnung, noch der mittelalterlichen katholischen Philosophie ergeben kann. Die Scholastik bezahlt die größere Einheitlichkeit ihrer praktischen und theoretischen Lösungen mit dem Fehlen all jener Erkenntnisse über Natur und Gesellschaft, die eben im Ringen mit den Antinomien der kapitalistischen Gesellschaft gewonnen worden sind und ohne die wir heute nicht zu leben vermöchten. Die feudale Gesellschaftsordnung, aus der diese Philosophie hervorgeht, ist an ein gegebenes Verhältnis zwischen Mensch und Natur, an einen gegebenen Stand der Produktivkräfte gebunden, der heute nicht mehr besteht, und ihre Verherrlichung kann daher praktisch nicht ihrer Wiederherstellung, sondern immer nur igendetwas anderem dienen. Die Wiederbelebungsversuche des Thomismus vollends können nur Resultate haben, die vom wirklichen Sinn des echten Thomismus weitab liegen. Das zeigt sich am deutlichsten auf dem Gebiet der Sozialtheorie, auf dem sich seit hundert Jahren gerade die strengsten katholischen Denker, die am meisten Wert auf die Übereinstimmung mit THOMAS legen, praktisch durch nichts von der lutherischen Lehre von der gottgewollten Obrigkeit unterscheiden. Daß eine bestimmte Organisation der Gesellschaft und eine ihr entsprechende Denkweise sich in vergangene Lebensverhältnisse relativ harmonisch eingefügt hat, heißt eben nicht, daß ihre Wiedereinführung unter gänzlich veränderten Verhältnissen zu einer Überwindung der Widersprüche beitragen könnte, die im Denken und im Leben dieser neuen, der primitiveren Harmonie vergangener Zeiten entwachsenen Periode enthalten sind.

Zur Einleitung meiner Darstellung, in der die Betonung der strukturellen Momente unvermeidlicherweise der Möglichkeit einer beschreibenden geschichtlichen Darstellung Abbruch tut, sei schließlich ein Wort über den allgemeinen Charakter des 17. Jahrhunderts erlaubt, wie es mir erscheint. Es ist, ich zögere nicht, es zu sagen, eine der düstersten Zeiten der Menschheitsgeschichte. Noch herrscht die Religion unbestritten über die große Mehrzahl der Gemüter. Doch sie hat ihre milden und versöhnenden Züge abgestreift, um nur die schrecklichen zu behalten. Solches das ganze Leben durchdringende Grauen wie der  Deus absconditus [prinzipielle Unerkennbarkeit Gottes - wp] der Puritaner und der Jansenisten hat kaum ein anderer Gott jemals verbreitet. Jesuiten und Libertiner lockern das Joch. Aber sie stellen ihm keinen freudigen Glauben, sondern bloß eines Sphäre ungebundener Freiheit des wilden Egoismus entgegen. Die Brüderlichkeit genossenschaftlicher Verbände vergangener Zeiten ist verschwunden. Von der gebundenen Lebensordnung des Mittelalters ist nichts mehr übrig als ihr Druck. Das Reich der Schönheit, das die Großen der Renaissance verherrlicht, ist versunken. Nur ein mystisch unirdisches Licht verkündet in REMBRANDTs Gemälden inmitten des Dunkels den tastenden Glauben an eine Erlösung. Der stolze Selbstwert heldischen Gefühls, wie ihn noch SHAKESPEARE gefeiert hat, ist entblättert; für RACINE führt die Leidenschaft nur in den Abgrund einer unwiderruflichen Verdammung. Selbst der Tod scheint mir nach den Zeugnissen der Quellen in diesem schrecklichen Jahrhundert härter gewesen zu sein als sonst. Das Sterben war noch nicht erleichtert durch das Vertrauen auf den lichten Tag, dem die Menschheit entgegengeht, nicht mehr durch die naturhafte Selbstverständlichkeit eines in sich geschlossenen Lebenskreises. Noch mildert das Licht der Aufklärung nicht die Schrecken der Hölle, aber kein Schimmer des Paradieses dringt mehr aus der verlorenen Süßigkeit naiv gläubiger Zeiten. In der irdischen Hölle dieser furchtbaren Zeit sind jene stahlharten Denkerindividuen entstanden, die, nicht weniger inbrünstig als puritanische "godlys" [Gottgefällige - wp], nach der Möglichkeit eines Lebenssinnes in all dem gefragt haben.

Wien, im September 1932blindfish Franz Borkenau





Die Wissenschaft der Manufakturperiode

Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts gilt mit Recht als die Periode der Grundlegung der modernen Naturwissenschaft. Neben dem fälschlich zu ihren Schöpfern gezählten BACON gehören ihr die naturwissenschaftlichen Hauptwerke von KEPLER, GALILEI, TORICELLI, CAVALIERI, DESCARTES, FERMAT, ROBERVAL, des älteren und jüngeren PASCAL, DESARGUES, STEVIN, HUYGHENS, HOBBES an. Das Bemühen, den schnellen und tiefen Entwicklungsproze der Naturwissenschaft in dieser Periode zu erklären, sieht sich zunächst an eine Untersuchung ihres Verhältnisses zur Technik gewiesen. Der zweite große Vorstoß der Naturforschung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts steht mit dem Auftreten einer neuen Produktionstechnik, der maschinellen Fabrik, in einem offenkundigen Zusammenhang, und seitdem ist dieser Zusammenhang immer enger geworden. Kann gleiches auch für die  Entstehung  des modernen Naturbildes angenommen werden?

So naheliegend eine solche Vermutung ist, sie ist unrichtig. Ein gewisser Zusammenhang zwischen industrieller Technik und Wissenschaft besteht zwar, wie zu allen Zeiten, so auch im 17. Jahrhundert. Jedoch ist die Art dieses Zusammenhangs in verschiedenen Perioden nicht dieselbe, und gerade das Verständnis der Wege, auf denen er sich jeweils durchsetzt, ist für die historische Erkenntnis der Entwicklung der Wissenschaft entscheidend. Im 19. Jahrhundert bildet sich immer ausgeprägter der Zustand heraus, daß die Naturforschung, soweit es sich nicht um das rein "theoretische" Fach handelt, um der unmittelbaren industriellen Verwendung, um der Erfindung willen betrieben wird. Ein solches Verhältnis zwischen Technik und Wissenschaft ist dem 17. Jahrhundert unbekannt. Denn dieses, in dem die moderne Naturwissenschaft entstand, ist von allen Jahrhunderten seit dem Heraufdämmern der Neuzeit bis zur Gegenwart das ärmste an Erfindungen. Die umwälzenden Erfindungen, die dem Frühkapitalismus die Bahn geebnet haben, Schießpulver, Kompaß, Buchdruckerei, gehören dem späteren Mittelalter an, die umwälzendste Erfindung der frühkapitalistischen Technik, der Hochofenbetrieb, dem 16. Jahrhundert. Die neue große Welle der Erfindungen setzt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem mechanischen Webstuhl, der Spinn- und Dampfmaschine ein. Was dazwischen liegt, ist verhältnismäßig unerheblich. So hat dann auch das Bemühen der großen Gelehrten der Zeit keineswegs neuen Erfindungen gegolten.
    "Es sind Ausnahmen, wenn wir im 16. und 17. Jahrhundert theoretischen Forschern unter den Erfindern begegnen, wie etwa  Otto von Guericke  und  Christian Huyghens.  Die Wege der Naturwissenschaftler und Techniker ... trennten sich für die nächsten Jahrhunderte wieder." (1)
Die große Erfindung HUYGHENs, die Pendeluhr, ist nur indirekt von industrieller Bedeutung. GUERICKEs Luftpumpe ist also die einzige größere industrielle Erfindung des Jahrhunderts, dem wir die Grundlagen unseres modernen Naturbildes verdanken.

Dies bedeutet nicht, daß in dem genannten Zeitraum keine Veränderung der Technik stattgefunden hätte. Im Gegenteil: zwar hat die Verdrängung des Handwerks durch die Manufaktur schon im 16. Jahrhundert begonnen, aber sie hat sich doch erst im 17. Jahrhundert verallgemeinert und große Verfeinerungen der manufakturellen Technik mit sich gebracht. Aber gerade der Charakter dieser Umgestaltung der Technik erklärt die relative Unabhängigkeit der Wissenschaft von ihr. Wie man weiß, besteht die manufakturelle Technik in nichts anderem als einer aufs Äußerste getriebenen Arbeitszerlegung, bei vollständiger Beibehaltung der handwerklichen Grundlagen des Produktionsprozesse.
    "Das Handwerk bleibt die Grundlage. Diese enge technische Grundlage schließt wirklich eine wissenschaftliche Analyse des Produktionsprozesses aus, da jeder Teilprozeß, den das Produkt durchgemacht hat, als handwerksmäßige Teilarbeit ausführbar sein muß." (2)

    "Die Technik bleibt in diesem Zeitraum nach wie vor 1. empirisch und 2. organisch." (3)
Ja noch mehr, als im 15. und 16. Jahrhundert zuerst das Geldkapital die zünftlerischen Schranken der Produktion sprengte und der Entwicklung der Produktivkräfte eine bis dahin unbekannte Bewegungsfreiheit erkämpfte, warf sich das traditioneller Fesseln entledigte Denken zunächst auf die Erforschung der geheimnisvollen Kräfte der Natur, um sie in den Dienst des Reichtumserwerbs zu zwingen. Die letzte große Welle des Alchimismus ist hierfür ebenso bezeichnend wie ein Mann von der Art des PARACELSUS. Trotz fehlender Systematik, trotz mangelnden kritischen Sinns, trotz der Befangenheit in allen Arten von Aberglauben hatte dieses Suchen die Chance, rein zufällig und empirisch bis dahin unbekannte produktionsnützliche Naturkräfte aufzufinden. Nur fehlte dieser Art von "magia naturalis" jede Handhabe, ihre Funde zu analysieren und so die herbeigeholten Naturkräfte wirklich zu beherrschen. Die Technik der Manufaktur beeinhaltet jedoch ein dieser ausgreifenden Naturforschung entgegengesetztes Prinzip. Sie kann nur mit solchen Arbeitsmitteln etwas anfangen, die der Arbeitszerlegung unterworfen werden können. Dies aber sind all jene schlecht gekannten Naturkräfte nicht. Sie schiebt sie daher möglichst beiseite, hat ihre Erkenntnis jedenfalls nicht gefördert. Wirklich beherrschbar und zerlegbar war aber nach dem Stand des Wissens der Zeit nur die handwerkliche Produktion. Die - übrigens mehr geplanten als verwirklichten - Bemühungen, die Produktion durch die Verwendung mechanischer Maschinen zu steigern, gehen gleichfalls von der Technik des Handwerks aus. Denn diese Mechanismen dienen durchweg - wie noch der mechanische Webstuhl - der Vollziehung und Vervielfältigung der einfachsten handwerklichen Verrichtungen. Die manufakturelle Technik war daher ungeeignet, den Bereich der Naturkenntnis zu erweitern und bedurfte einer solchen Erweiterung nicht.  Die Naturwissenschaft des 17. Jahrhunderts stand nicht im Dienst der industriellen Produktion,  obwohl sie das seit BACONs Zeiten gewünscht hätte.

Dennoch besteht ein ganz präzise zu fassender Zusammenhang zwischen der Naturwissenschaft des 17. Jahrhunderts und der Manufaktur. KULISCHER hat im zweiten Bad seiner "Allgemeinen Wirtschaftsgeschichte" (4) darauf hingewiesen, daß in der sogenannten "Manufakturperiode" nicht nur im weitesten Umfang das traditionelle unzerlegte Handwerk weiterbesteht, sondern auch die moderne, von der handwerklichen Technik weitgehend emanzipierte Fabrik bereits vorkommt. Um so auffallender ist die Ausschließlichkeit, mit der die Wissenschaft der Zeit sich von den Methoden der Manufaktur leiten läßt. Dieser enge Zusammenhang zeigt sich zunächst im Negativen. Die Naturwissenschaft des 17. Jahrhunderts ist- von GALILEI bis NEWTON und weit über diesen hinaus - mathematisch gefaßte Mechanik und nichts als dies. Die mannigfachen Beobachtungen über die in der Natur erscheinenden Qualitäten und die ihnen entsprechenden Wirkungsweisen, wie sie die Renaissance geübt und wie sie noch das Um und Auf von BACONs Fragestellung gebildet hatten, treten demgegenüber ganz in den Hintergrund. Es wäre höchst lohnend, einmal unter diesem Gesichtspunkt eine Vorgeschichte der modernen Chemie zu schreiben. Es würde sich zeigen, wie seit dem Ende des 16. Jahrhunderts die von PARACELSUS angeregten Bestrebungen verfallen, wie ein halbes Jahrhundert lang, bis BOYLE, die chemische Forschung überhaupt zurücktritt und wie sie, soweit sie zu existieren wagt, mit aller Kraft den Anschluß an den Atomismus sucht. Dieser aber ist, wie LASSWITZ im zweiten Band seiner "Geschichte der Atomistik" (5) gezeigt hat, damals nicht das, was wir heute unter ihm verstehen, sondern die Lehre, daß alles Materielle als stofflich gleichartigen, nur quantitativ verschiedenen kleinsten Teilen besteht. Allein das Durchdringen des Atomismus gegenüber der Vielheit der Qualitäten, an die die Renaissance bedingungslos geglaubt hatte, bezeichnet das Ausmaß, in dem die Berücksichtigung der Vielheit der Produktivkräfte gegenüber der vorangegangenen Periode an Bedeutung verloren hat. Dem entspricht dann auch die Verschiebung des Akzents innerhalb der einzelnen Wissenschaften. Die Renaissance hatte alle Grundlagen der menschlichen Anatomie entwickelt, in Bezug auf die Physiologie aber sich mannigfachen Hypothesen hingegeben. Gleich zu Beginn des 17. Jahrhunderts erhält die Physiologie ihre wissenschaftliche Grundlage durch HARVEYs Entdeckung des Blutkreislaufs. Diese Entdeckung ist maßgebend für die medizinische Fragestellung des ganzen 17. Jahrhunderts geworden, weil HARVEY die Blutzirkulation nach Analogie eines Pumpenmechanismus erklärt hatte. Die qualitative Medizin blieb Sache empiristischer titelgekrönter Quacksalber, die wissenschaftliche Forschung bemühte sich, HARVEY folgend, das Anwendungsbeispiel der Mechanik in der Medizin zu erweitern, unbekümmert um die sehr begrenzte praktische Brauchbarkeit ihrer Fragestellung. Einen Gipfelpunkt hatte die Naturforschung der Renaissance in der Magnetophysik GILBERTs erreicht. Alles Nachdenken des 17. Jahrhunderts über den Magnetismus galt dem Bemühen, mechanische Erklärungen der von GILBERT in Regeln gefaßten magnetischen Phänomenen zu geben. Diese Bemühungen blieben ergebnislos, während das so naheliegende, im 18. Jahrhundert dann vollzogene Übergreifen der Forschung vom Magnetismus zur Elektrizität zunächst unterblieb. Dagegen hat das 17. Jahrhundert die im 16. nur höchst ungenügend angebauten Gebiete der Optik und Akustik reich entwickelt, weil hier die Anwendung quantitativer mechanischer Erklärungsweisen einfach und naheliegend war. Analoges finden sich in allen Wissenschaftszweigen.

In dieser Einschränkung des Gesichtskreise zeigt sich schon das ganze Wesen der Veränderung, die die Naturwissenschaft zu Beginn des 17. Jahrhunderts durchgemacht hat. Die Manufaktur bedarf nicht der Hilfe der Wissenschaft; das Programm der Wissenschaft, der Technik zu helfen, ist zunächst ein leeres Versprechen. Dagegen stützt sich die Forschung im höchsten Grad auf das ihr von der Industrie gelieferte Material der Beobachtung und des Nachdenkens, und zwar nicht auf das Material aller Produktionsprozesse, sondern gerade der manufakturellen. Ganz grob ausgedrückt, läßt sich das Bestreben, das ganze Naturgeschehen aus mechanischen Prozessen zu erklären, als die Bemühung definieren,  alles Naturgeschehen nach Analogie der Vorgänge in einer Manufaktur aufzufassen.  DESCARTES hat bekanntlich gelehrt, daß die Tiere nichts als seelenlose, jeder Spontaneität entbehrende Mechanismen sind. MARX' Feststellung, daß DESCARTES hier mit den Augen der Manufakturperiode sieht, ist von tiefster Richtigkeit.

Ist diese Auffassung zutreffend, dann muß die eigentlich wissenschaftliche Forschung der Zeit sich am Produktionsprozeß der Manufaktur betätigen. Die Deutung der gesamten Natur nach mechanistischen Gesichtspunkten, wie sie in den mannigfachen Korpuskulartheorien des 17. Jahrhunderts auftritt, ist eine vage Konstruktion, solange alle reale Kenntnis der Qualitätsverwandlung fehlt. Nur wo eine solche Qualitätsverwandlung nicht in Frage kommt, kann die neue Wissenschaft auf Konstruktionen verzichten, kann sie zugleich exakt und empirisch sein. Das heißt aber, wissenschaftlich ist das 17. Jahrhundert nur in der Mathematik und in der mathematischen Mechanik. Die Grundbegriffe der Mechanik, die GALILEI und seine Zeitgenossen zuerst umfassend entwickelt haben, sind nichts als die exakten Formeln der Beziehungen, die sich in dem aufs Äußerste zerlegten handwerklichen Produktionsprozeß der Manufaktur zwischen der Arbeit des Menschen und ihrem Arbeitsobjekt herstellen.  Die Mechanik, d. h. die Wissenschaft der Manufakturperiode ist eine wissenschaftliche Bearbeitung des manufakturellen Produktionsprozesses.  Diese These kann nach dem neuesten Stand der Forschung jetzt quellenkritisch beglaubigt werden, was bis vor kurzem nicht möglich war. LEONARDO OLSCHKI hat in einen vortrefflichen Untersuchungen über "Galilei und seine Zeit" (6) nachgewiesen, daß das Neue an GALILEIs Fragestellung in der Verwerfung der theoretischen physikalischen Tradition und der Anknüpfung an die Praxis der ausübenden Techniker besteht. Die gleiche Anknüpfung an die Praxis ist für den Begründer der modernen Mechanik in Holland, SIMON STEVIN, der Feldingenieur des MORITZ von NASSAU war und seine "Hypomnemata Mathematica" (7) mit einem Abschnitt über seine praktische Anwendung der Statik abschloß, auf der Hand liegend. Um es nochmals mit aller Schärfe zu sagen: Der Nachweis OLSCHKYs bedeutet nicht, daß GALILEI seine Lehren aus den Bedürfnissen der Technik entwickelt. Er bedeutet vielmehr, daß er die von einer neuen Technik gelieferten Erfahrungen theoretisch verallgemeinerte, eine Verallgemeinerung, deren diese Technik zu ihren praktischen Zwecken kaum bedurfte.

Die Abhängigkeit des neuen mechanistischen Weltbildes von der Technik der Manufaktur ist auch inhaltlich leicht zu zeigen. Die Grundfragen der Mechanik selbst sind die allgemeinen Fragen der menschlichen Arbeit überhaupt. Welche Kraft ist erforderlich, eine gegebene Arbeit zu leisten? Welche Leistung vollbringt eine gegebene Kraft? Diese Doppelfrage ist zunächst in Bezug auf starre Systeme zu beantworten und ergibt dann die Statik. Sie kann sich auf die Hervorrufung einer freien Bewegung beziehen, ergibt dann die Dynamik als Lehre vom Fall, Wurf und den übrigen kombinierten Bewegungen. Sie betrifft schließlich die Veränderung starrer Systeme, die Festigkeitslehre. Das sind die Hauptfragen der GALILEIschen "Discorsi", der Grundlegung der modernen Mechanik. Dieser Art von Fragestellung, die nur die Grundformen menschlicher Arbeit überhaupt betrifft, liegen aber alle Besonderheiten der manufakturellen Technik zugrunde. Denn es ist das Besondere und Neue dieser Technik, alle menschliche Arbeit nur als allgemein-menschliche Arbeit und allen Arbeitsstoff nur als Arbeitssubstrat ansich zu betrachten. Was zunächst die menschliche Arbeit betrifft, so beseitigt die Manufaktur, soweit sie nur kann, die Arbeitsqualifikation im mittelalterlich-zünftlerischen Sinn und ersetzt sie durch eine Qualifikation ganz anderer Art. Die mittelalterliche Qualifikation besteht in der allseitigen Beherrschung eines begrenzten Produktionsprozesses und gipfelt in seiner traditionell gebundenen, aber dennoch individuellen künstlerischen Verfeinerung. Die Qualifikation der Manufaktur besteht in der größtmöglichen Schnelligkeit und Präzision in der Ausführung  eines  durchaus einfachen Handgriffs. Dieser soll nach Möglichkeit jedermann, auch einem Kind, auch einem Schwachsinnigen, zugänglich sein, die Vollkommenheit wird ausschließlich durch eine immer wiederkehrende Wiederholung dieses einen Handgriffs erzielt. Dadurch aber entfällt jede besondere Schulung, die Arbeit wird zur reinen Arbeitsquantität. Die Ersetzung qualifizierter Arbeit durch allgemein menschliche Arbeit ist profitlich, weil die höhere Arbeitszerlegung höhere Produktmengen ergibt, der unqualifizierte Arbeiter weniger kostet als der qualifizierte. Sie verwirklicht überdies ein immanentes Prinzip aller kapitalistischen Wirtschaft: die Rechenhaftigkeit. Denn nur reine Quanten sind völlig kommensurabel, die Vergleichbarkeit der Arbeitsquanten auf allgemein-menschliche, rein quantitativ bestimmte Arbeit geknüpft. Erst mit dieser kann wirklich rational gespart werden. So setzen alle Methoden der exakten Vergleichung von Arbeitsleistungen und der Bemühungen um Arbeitsersparnis allgemein-menschliche quantifizierte Arbeit voraus. Die Mechanik aber ist wesentlich eine exakte Wissenschaft des Vergleichs von Arbeitsleistungen. so ist die Manufaktur die Voraussetzung der modernen Mechanik.

Die quantifizierte Arbeit verlangt nun das quantifizierte Arbeitsprodukt. Die Intervention organischer Prozesse befreit die Arbeit sofort von der ihr aufgezwungenen Reduktion auf einfachste Handgriffe, macht sie zu qualifizierter Arbeit im mittelalterlichen Sinn, damit aber unexakt. Dies kann an jedem landwirtschaftlichen Betrieb konstatiert werden. Auch in der modernen Fabrik wird daher der - hier freilich genau berechnete - organische Prozeß nach Möglichkeit einer mechanischen Auslösung untergeordnet, die durch einfachste Handgriffe zu tätigen ist. Im Bereich der handwerklichen Technik aber, die in der Manufakturperiode fast allein in Frage kommt, ist eine auch nur annähernde Quantifizierung organischer Prozesse überhaupt unmöglich. Soll die Arbeit exakt zerlegt, d. h. aber manufakturell gestaltet werden, dann muß sich das Arbeitsobjekt dem Arbeiter ohne jede Intervention qualitativ bestimmter Prozesse als bloßer Stoff, als allgemein-menschliches Arbeitssubstrat darbieten. Also muß der Arbeitsprozeß so organisiert werden, daß alle qualitativen Besonderheiten des Stoffes für den Arbeiter irrelevant sind. Für die Organisierung der Arbeit dürfen nur die allgemeinen Eigenschaften aller Stoffe, Größe, Figur, Gewicht, Härte und dgl. in Frage kommen. Alles andere bleibt außer Betracht.

Daraus ergeben sich eine Anzahl sowohl für die Entwicklung der Produktion als auch der Wissenschaft höchst bedeutsame Folgerungen. Es zeigt sich zunächst, daß diejenigen Produktionsweisen die fortschrittlichsten sind, die der Forderung der vollen Quantifizierung der Arbeit am besten genügen; denn  sie  lassen sich am besten rationalisieren. In der Periode der großen Industrie gelingt es immer mehr, auch organische Prozesse exakt berechenbar zu machen. Hierfür fehlen der Manufakturperiode alle Voraussetzungen. In der Periode der handwerklichen Industrie der Manufaktur, ist daher derjenige Betrieb der beste, der am wenigsten organische Elemente benötigt. Oder, um es von einer etwas anderen Seite her auszudrücken: wenn das 19. Jahrhundert das Jahrhundert des Feuers ist, dann das 17. Jahrhundert das des Wassers. Denn von allen Naturkräften ist Wasserkraft der einzige Antrieb, der mit den Mitteln des Handwerks kontrolliert werden kann. Solange die Technik in der Hauptsache handwerklich bleibt, konzentrieren sich also alle Bemühungen um eine wissenschaftliche Interpretation und systematische Förderung des Produktionsprozesses auf die handwerklichen Verfahren der Manufaktur, die allein der Rationalisierung günstige Chancen bieten. Verfahren wie die Verhüttung und die chemischen Fabrikationsmethoden bleiben dagegen in der Empirie stecken. Dies, nicht etwa das quantitative Überwiegen der Manufakturen, macht das 17. Jahrhundert zum Manufakturzeitalter.

Hier zeigt sich dann zugleich die Wurzel einer Klassenscheidung im Denken. Die unbeherrschbaren organischen Prozesse und die sie umwerbende Magie der Renaissance gehören den Abenteurern. Die Sache des vom Handwerk aufsteigenden industriellen Bourgeois, der einen rationalen Betrieb braucht, ist die Manufaktur. So kann man ganz allgemein sagen: Wirtschaftlicher wie wissenschaftlicher Fortschritt sind im Bereich handwerklicher Technik an den Fortschritt dieser Technik geknüpft. Erst als auf der Basis handwerklicher Technik die handwerkliche Fabrik, die Manufaktur entstanden ist, kann die Mechanisierung vom ganzen Produktionsprozeß Besitz ergreifen. Erst als die Mechanisierung, noch immer unter Ausschaltung der großen Naturkräfte, die Industrie durchdrungen hat, ist Platz für die Unterordnung der Naturkräfte unter den Menschen, wissenschaftlich wie wirtschaftlich.

Im Bereich der handwerklichen Technik ist die Wissenschaft durch die Bedingungen dieser Technik bestimmt. Sie erlauben die effektive Reduktion menschlicher Arbeit auf bloß quantitativ bestimmte allgemein-menschliche Arbeit. In Bezug auf das Arbeitssubstrat ist die Lage jedoch viel komplizierter. Die Reform der Technik, die zur Manufaktur führt, geht vom Arbeiter aus und bemüht sich, das Arbeitssubstrat dem Bedürfnis der neuen Arbeitsweise anzupassen. Sie kann es aber keinesfalls in seine letzten, bloß quantitativ verschiedenen Bestandteile zerlegen, sie kann bloß bedingt und unvollständig von seinem Qualitäten abstrahieren. Präziser gesagt: sie kann unter den Qualitäten des Arbeitssubstrates bloß einige unmittelbar quantifizierbar, wie Schwere, Härte, herausgreifen. Das Wesen der Qualitäten ist, daß sie sinnlich anschaulich sind. An diese Bedingung sinnlicher Anschaulichkeit bleibt alles handwerkliche Denken gebunden. Auch die reinen Quantitäten, mit denen es arbeitet, müssen anschauliche Qualitäten sein. Ein Begriff wie  Energie  etwa konnte vor NEWTON nicht gebraucht werden, weil sich ihm keine Anschauung substituieren läßt. Die GALILEIsche Mechanik arbeitet zwar mit einer allgemeinen Materie, was ohne die Manufaktur nicht möglich wäre. Aber diese reine Materie besitzt doch auch wieder anschauliche Qualitäten, Figur, Schwere, Härte, nur daß diese Qualitäten zum Unterschied von anderen exakt quantifizierbar sind.

Die handwerkliche Arbeitszerlegung ist die Voraussetzung der GALILEIschen Mechanik. Diese oder eine ihr verwandte Mechanik ist aber die Voraussetzung des mechanistischen Weltbildes. Dieses ist nichts anderes als das Bestreben, alle Vorgänge in der Natur als mechanische Vorgänge in diesem bezeichneten Sinn zu verstehen. Das mechanistische Weltbild setzt sich zugleich mit der modernen Mechanik und der modernen Philosophie durch. Die neue Philosophie ist ja, wie jeder Blick in DESCARTES' "Principia" und HOBBES' Hauptwerke zeigt, zunächst der Nachweis, daß alle Naturvorgänge mathematisch-mechanistisch erklärt werden können. Das mechanistische Weltbild läßt sich daher auf zwei Thesen zurückführen, eine die Materie (das Arbeitssubstrat), die anderen die Bewegung (die Arbeit) betreffend. in Bezug auf die Materie lehrt das mechanistische Weltbild die Subjektivität der Sinnesqualitäten, d. h. die Zurückführung aller nicht anschaulich quantifizierbaren Qualitäten auf einige anschaulich quantifizierbare. In diesem Grundzug stimmen die zahlreichen Korpuskulartheorien durchwegs überein. (8) Daraus ergibt sich dann ausdrücklich oder unausgesprochen die Unterscheidung der Qualitäten in primäre und sekundäre. Es ist sehr wichtig, sich den Gegensatz dieser Lehre gegenüber der modernen Atomphysik klarzumachen, die ja auch noch in einem gewissen Sinn diese Unterscheidung kennt. Während die moderne Forschung  alle  erscheinenden Qualitäten als sekundär bezeichnet, sind für das mechanistische Denken auch die primären Qualitäten anschaulich, erscheinend. Eine eindeutige Liste der primären Qualitäten ist nie zustande gekommen. Die Lister derselben schwankt von der Anerkennung aller unmittelbar quanitifizierbaren Qualitäen bei vielen Korpuskulartheoretikern über die unter anderen von HOBBES vertretene Beschränkung auf Figur und Raum bis zu DESCARTES' Reduktion aller Qualitäten auf räumliche Figuren und ihre Bewegungen. Es ist, wie wir noch sehen werden, der philosophische Standpunkt der verschienen Theoretiker, der diese Unterschiede bedingt.

Die Lehre der Mechanisten von den primären und sekundären Qualitäten ist willkürlich, weil an die Anschaulichkeit des Handwerks gebunden. Sie ist jedoch gegenüber aller früheren Physik eine mächtige Neuerung, die der modernen Forschung den Weg gebahnt hat. Denn zum erstenmal wurde hier mit der Voraussetzung Ernst gemacht, daß der Erscheinung die objektive Realität abgesprochen werden muß, wenn man sie verstehen will. Abstrakt war diese Forderung schon mehr als einmal erhoben worden, so in PLATONs Ideenlehre und in der, das "Innere der Natur" suchenden qualitativen Philosophie der Renaissance. Aber wie PLATONs Ideen, so waren die Naturgeheimnisse der Renaissance nur Verdoppelungen der Erscheinung. Erst die Manufaktur hat es möglich gemacht, im  Denken  über die Erscheinung wirklich hinauszukommen, weil sie als erste im  Produktionsprozeß  von der qualitativ bestimmten Erscheinung soweit wie möglich abstrahiert. Denn aller bisherige Produktionsprozeß hatte, soviel er nur konnte, die Naturkräfte benützt, er war grundsätzlich organisch. Erst die Manufakturperiode strebt grundsätzlich nach einer möglichsten Ausschaltung der organischen Prozesse, nach möglichster Behandlung des Stoffes als jeder Spontaneität bares bloßes Substrat, nach Mechanisierung des Arbeitsprozesses. Wenn auch faktisch die Überwindung des Organischen nur in den engen Grenzen gelingt, die dem Handwerk gezogen sind, wenn daher auch die Auflösung der Erscheinung im Denken an den primären Qualitäten haltmacht, so ist doch alles  Bemühen  darauf gerichtet, hinter die Erscheinung zu kommen. Eben dieses Bemühen und sein stückweises Gelingen wird dann in der Zerlegung der Erscheinung in primäre und sekundäre Qualitäten fruchtbar.

Die sekundären Qualitäten, denen die Realität abgestritten wird, können dann nichts anderes sein als Reflexe der Veränderung der reinen Materie im Menschen. Auch für die Auffassung der Veränderung ist aber das mechanistische Weltbild an die Kategorien gewiesen, die die manufakturelle Mechanik entwickelt hat. Jede Spontaneität gehört zu den die Rationalisierung des Arbeitsprozesses störenden Vorgängen, die die Manufaktur nach Möglichkeit eliminiert. Die mechanistischen Systeme leugnen jede spezifische qualitative Wirkung. Die Materie ist ihnen totes Substrat, das durch äußere Stöße bewegt wird. Reduktion aller Bewegung - der wirklich beobachteten, wie der supponierten, die die sekundären Qualitäten erzeugt - auf Stoß ist daher die zweite Grundtendenz des mechanistischen Weltbildes. Um seinetwillen müssen mechanische Theorien nicht nur für Licht und Laut, sondern auch für Schwere, Magnetismus, Chemismus etc. erfunden werden. Das Charakteristischste ist hierbei: Soweit die Möglichkeit besteht, Vorgänge exakt als mechanische zu beschreiben, ist die Forschung der Periode exakt. Wo diese Möglichkeit nicht besteht, ist sich rücksichtslos konstruktiv, ein kühnes Phantasiegebäude. Manchmal sind es dieselben Forscher, die bald exakte Wissenschaftler, bald bedenkenlose Konstrukteure sind, wie DESCARTES und HOBBES. Die Forderung exakter Verifizierung geht im ganzen 17. Jahrhundert noch nicht der Forderung philosophischer Einheitlichkeit voran, sondern steht ihr nach. Im Konfliktfall gilt die erstere.

Das mechanistische Weltbild ist eine Übertragung der Vorgänge der Manufaktur auf den gesamten Kosmos. Da diese Übertragung nicht einmal tendenziell eine technische Bedeutung haben kann, kann sie nichts mit der Entwicklung der Produktivkräfte zu tun haben. Die Manufaktur war eine notwendige Voraussetzung der modernen Mechanik, insofern sie zum erstenmal abstrakte Arbeit und abstrakte Materie schuf. Sie war keine Triebkraft dieser Theorie, insofern sie, als das technisch einfachste aller nur denkbaren Produktionsverfahren, keiner Theorie bedurfte, noch viel weniger aber einer mechanistischen Kosmologie. Auch chronologisch fällt die Entstehung der Manufaktur nicht mit der Entstehung des mechanistischen Weltbildes zusammen. Die Verwerfung der qualitativen Philosophie, die Schöpfung des mechanistischen Weltbildes ist ein scharfer Umbruch, der um 1615 beginnt und in DESCARTES' "Discours" (1637), GALILEIs "Discorsi" (1638), HOBBES' "Elements" (1640) gipfelt. Die Manufaktur entwickelt sich schrittweise seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts. Noch einmal wirft sich die Frage auf. Inhaltlich ist das mechanistische Weltbild das Weltbild der Manufakturperiode. Die manufakturelle Produktion enthält aber nur sehr wenige Triebkräfte, um dieses Weltbild zu schaffen. Wie kommt es also zu dieser ungeheuren Verallgemeinerung der Erfahrungen der manufakturellen Technik? Es ist ein bloßes Wort, wenn man antwortet, das Weltbild gestalte sich eben nach Analogie des Produktionsprozesses. Denn eine solche Analogie, abgesehen davon, daß ihre Vermittlungen mit dem Produktionsprozeß aufgezeigt werden müßten, liegt gar nicht vor. Der manufakturelle Produktionsprozeß beseitigt nicht das Qualitative, Organische, Spontane, sondern stößt auf Schritt und Tritt auf seine Schranken. Und überdies ist die Manufaktur nicht die durchschnittliche Produktionsweise des 17. Jahrhunderts, die manufakturelle Bourgeoisie nicht die herrschende Klasse, wie noch gezeigt werden wird. Die bescheidenen Ansätze, die in der Technik der Manufaktur enthalten sind, verallgemeinert die Philosophie zu einem nicht von der Entwicklung der Manufaktur entscheidend bestimmten Zeitpunkt zu einem überaus kühnen allgemeinen Weltbild.

Niemals wäre diese Verallgemeinerung entstanden, wären nicht gleichzeitig Kräfte wirksam gewesen, die dazu drängten, den Menschen als ein bloß mechanisch funktionierendes Wesen aufzufassen. Nicht aus der Auseinandersetzung des Menschen mit der entstehenden neuen Gesellschaft ist die Verallgemeinerung des mechanistischen Weltbildes erwachsen. Letzten Endes freilich folgt da ein Prozeß aus dem andern. Im manufakturellen Arbeitsprozeß wird der Mensch zum erstenmal Träger von Arbeit schlechthin in seinem Verhältnis zur Natur, das dadurch mechanisiert wird. Eben dadurch aber wird er selbst mechanisiert, zum Glied einer nicht mehr traditionell noch bewußt geleiteten Gesellschaft, in der sich die gesellschaftlichen Prozesse über seinen Kopf hinweg durchsetzen. Die Mechanisierung der Arbeit (der Produktivkräfte) und des gesellschaftlichen Lebens (der Produktionsverhältnisse) sind ein und derselbe Prozeß des Durchdringens des Kapitalismus. Es ist jedoch wie in allen Perioden auch in der Manufakturperiode die Seite der Produktionsverhältnisse, die die theoretische Verallgemeinerung dessen hervorruft, was in der Technik zunächst als bloßes Gedankenmaterial vorliegt. Gegen die Technik einer Zeit, d. h. gegen den naturbedingten Austauschprozeß zwischen dem Menschen und seiner Umgebung, kann sich freilich kein Weltbild behaupten. Aber was aus dem Denkmaterial der Technik wird, hängt vom Verhältnis der Menschen zueinander ab. So wird nicht das sporadische Auftreten der ersten Manufakturen Ursache der Durchsetzung der mechanistischen Weltanschauung, sondern die gewaltige Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse, die sich an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert vollzieht. Italien hat an ihr nur vorübergehend Anteil; so erstickt dort auch die mechanistische Forschung schnell unter den Schlägen der Gegenreformation. In Frankreich aber bedeutet die Jahrhundertwende das Ende der Religionskriege, in Holland die Gewinnung und Sicherung der republikanischen Freiheit. In England ist der Umschwung weniger schroff und ebenso die Umbildung der Weltanschauung. Auch hier aber bedeutet das Ende des Existenzkampfes der Nationen unter ELISABETH einen Wendepunkt. In allen drei Ländern kommt in diesem großen Wendepunkt die industrielle Bourgeoisie und die ihr verwandte Klasse der Gentry zuerst als selbständige Kraft ins Treffen und bald in den Vordergrund. Wir werden es, besonders für Frankreich, noch im einzelnen zeigen. Diese historische Wendung geht zeitlich der Entstehung des mechanistischen Weltbildes unmittelbar voran; sie hat sie herbeigeführt.
LITERATUR Franz Borkenau, Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild, Schriften des Instituts für Sozialforschung, Bd. 4, Paris 1934
    Anmerkungen
    1) WERNER SOMBART, Der moderne Kapitalismus, Bd. 1, 1921, Seite 467.
    2) KARL MARX, Das Kapital, Bd. 1, Kap II (Ausgabe KAUTSKY) 1914, Seite 285
    3) SOMBART, a. a. O., Seite 478
    4) JOSEF KULISCHER, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte, Bd. 2, München 1930.
    5) KURD LASSWITZ, Geschichte der Atomistik, Hamburg 1930, Bd. II immer wieder
    6) LEONARDO OLSCHKI, Galilei und seine Zeit, Heidelberg 1919
    7) SIMON STEVIN, Hypomnemata Mathematica, Antwerpen 1483
    8) vgl. LASSWITZ, Geschichte des Atomismus, Bd. 1