p-4cr-2U. DiemJ. H. WitteR. KronerW. DiltheyH. BergmannC. Stumpf    
 
BENNO KERRY
Über Anschauung und
ihre psychische Verarbeitung
(1)
[ 1 / 2 ]

"Wenn unter Anschauung ein psychisch unbearbeiteter Vorstellungsinhalt verstanden werden soll, wird es vielleicht gar keine Anschauung im strengen Sinn des Wortes geben können."

"Es ist ein bemerkenswerter Vorzug des begrifflichen Vorstellens vor dem anschaulichen, daß mehrere ganz verschiedene Begriffe denselben anschaulichen Gegenstand bezeichnen können: - die ganz verschiedenen Begriffe: Kanzler des deutschen Reiches im Jahre 1884 und Besitzer von Varzin im Jahre 1884 bezeichnen dieselbe Person."

"Die Form, unter der Begriffe gedacht werden, ist stets die: daß der Gegenstand eines solchen Begriffes gedacht wird vermöge einer Relation, deren eines Fundament bekannt ist; er selbst ist das andere Fundament und erscheint eben durch diese seine Stellung (als durch jene Relation und ihr bekanntes Fundament) hinreichend bestimmt unter der Voraussetzung, daß die fragliche Relation nach der Seite des unbekannten und darum zu bestimmenden Fundaments hin eine  eindeutige  ist. Daraus, daß es sich im besonderen Fall um  verschiedene  Relationen handeln kann, entspringt eine gewisse Mannigfaltigkeit der Art, jene Begriffe zu denken."



Erster Artikel

Die populäre Redensart: "Ich habe eine Anschauung von etwas" nimmt "Anschauung" in dem Sinne von "bestimmte Vorstellung", ohne sich über die Art und Weise dieser Vorstellung nähere Rechenschaft zu geben. Ebenso unverwertbar für tiefere psychologische Zwecke wäre die beengende Erklärung, wonach Anschauungen nur die durch den Gesichtssinn bedingten Vorstellungen sollten heißen dürfen.

Es war, von schwächeren Anläufen mancher Vorgänger abgesehen, vornehmlich KANT, der unseren Terminus in eminenter Weise dazu benützte, die Anschauung als "eine einzelne Vorstellung" (2) oder als die Vorstellung von einem Individuum (3) dem Begriff als der "allgemeinen Vorstellung" entgegenzusetzen (4). Daß jedoch diese Begriffsbestimmung unzutreffend ist, falls man den Zusammenhang zwischen  dem, was unter "Anschauung" verstanden werden soll, und dem Anschauen selbst (mag man letzteres in noch so weitem Sinn nehmen) nicht völlig preisgeben will, dürfte daraus einleuchten, daß es Vorstellungen gibt, die sicherlich ein Individuum zum Gegenstand haben und gleichwohl von im obigen Sinn des Wortes zweifellos unanschaulicher Natur sind; wie z. B. die Vorstellung der Zahl  π. 

Mit einer Kritik der erwähnten kantischen Aufstellungen hat BOLZANO den Schritt über KANT hinaus verbunden, daß er "Anschauung" definierte als "eine solche Vorstellung, welche bloß einen einzigen Gegenstand vorstellt  und dabei einfach ist"  (5). Hierbei gelten die Vorstellungen: "Dies, was ich jetzt eben sehe", "Dies, was ich jetzt eben rieche", "Dies, was ich jetzt eben verspüre" darum als einfache, d. h. nicht aus Teilen zusammengesetzte, weil jede derselben als  "nächste  und  unmittelbare  Wirkung" der Betrachtung je einer in unserer Seele soeben vor sich gehenden Veränderung in Anspruch genommen wird. Sieht man nun aber auch ganz davon ab, daß hiermit die  Existenz  einer solchen "nächsten und unmittelbaren Wirkung", die an und für sich durchaus nicht selbstverständlich ist (sowenig, wie die Existenz eines einem gegebenen nächsten Raum- oder Zeitpunktes),  postuliert  erscheint, so ist doch in psychologischer Beziehung sicherlich der Einwand geboten, daß eine solche  nächste  und unmittelbare Wirkung" keineswegs, wie BOLZANO meinte (6), um dieses ihres Charakters willen eine einfache sein muß; so ist z. B. "Dies, was ich jetzt eben sehe" jederzeit ein aus einem Farben- und Formdatum Zusammengesetztes. Soll trotzdem der von BOLZANO sogenannten Anschauung das Prädikat der Einfachheit zukommen, so müßte, um beim obigen Beispiel zu bleiben, damit der einfache Vorstellungsinhalt: "Dieses Rot, das ich jetzt eben empfinde" vorhanden ist, von der gleichzeitig wahrgenommenen Gestalt, in der dieses Rot erscheint,  abstrahiert  werden. Aus einer derartigen Abstraktion aber möchten wir dasjenige, was in dieser Abhandlung Anschauung genannt werden soll, nicht hervorgegangen denken.

Es würde, wenn jene Psychologen Recht haben, die Vorstellung, Urteil und Gefühl in jeder Bewußtseinsäußerung unlöslich verknüpft sein lassen (7), als dem Besitz einer Anschauung vorhergehend die Abstraktion davon, daß ein Gegenstand außerdem, daß er ein solcher der Vorstellung ist, auch ein solcher der Beurteilung und des Gefühls ist, zuzulassen sein; ebenso würde, wenn ein Vorstellungsinhalt, um vorgestellt zu werden, schon z. B. als Qualität (und nicht etwa als Ding oder Tätigkeit) determiniert erscheinen müßte, an demselben schon diejenige geistige Betätigung, die ein neuerer Logiker als "trennende Abstraktion" bezeichnet hat (8), vollzogen zu denken sein. Hingegen würden wir es als zum Wesen eines solchen Vorstellungsinhaltes, den wir einen anschaulichen nennen wollen, gehörig betrachten, daß er nicht durch Abstraktion aus einem anderen  Vorstellungsinhalt  hervorgegangen ist. Mit anderen Worten: eine Vorstellung soll dann eine anschauliche oder auch eine Anschauung heißen, wenn ihr Inhalt, nur insofern es dessen Existenzweise als Vorstellungsinhalt mit sich bringt, psychisch bearbeitet ist.

Die unerläßliche Rechtfertigung dieser bisher willkürlich erscheinenden Festsetzungen muß durch die Betrachtung des Gesichtspunktes, der sie veranlaßte, geboten werden. Anschauliche Vorstellungen werden als solche von einem ruhig vor uns stehenden Vorstellungsinhalt (9), von sozusagen jungfräulicher Unbeeinflußtheit von Seiten unseres Geistes zu charakterisieren gesucht. Es wird sich darum handeln, einen ganz bestimmten Gedanken, der uns hierbei leitete, klarzustellen. Es ist eine die sonst üblichen kreuzende Grundeinteilung der psychischen Erscheinungen, die sich bei dieser Gelegenheit geltend zu machen sucht. Die Frage ist, ob sich nicht entweder alle oder doch sehr viele Äußerungen des Bewußtseins einteilen lassen einerseits in solche, die analog sind der mit unveränderter Richtung und Geschwindigkeit erfolgenden, oder, wie wir uns kürzer ausdrücken wollen, der GALILEIschen Bewegung eines Körpers, andererseits in solche, die analog sind momentanen Ablenkungen aus einer GALILEIschen Bewegung. Die Herbeiziehung einer mechanischen Sachlage zum Verständnis psychischer Erscheinungen wird, wenn man sich der diesbezüglichen Versuche von GAUSS, SOPHIE GERMAIN, MACH und AVENARIUS erinnert, nicht befremdend erscheinen.

Eine Erscheinung GALILEIscher Perpetuierung [auf Dauer stellen - wp] von ein und demselben Seelenzustand würde, um bei etwas Geringfügigem anzufangen, der Tatsache zugrundeliegen, daß wir unwillkürlich unseres Weges fortgehen, falls nur die ersten Schritte getan sind; wie es denn Soldaten auf anstrengenden Märschen zustößt, daß sie während des Marsches selbst einschlafen. Man bedenke ferner die folgende Beobachtung: in einem Zimmer - unter dem meinen - schlägt eine Uhr so laut, daß ich sie bei scharfer Aufmerksamkeit gerade noch höre; nun habe ich die Erfahrung gemacht, daß ich selten umhin konnte, den Schlag der Uhr noch einige Male fortgesetzt zu hören, auch nachdem dieselbe faktisch zu schlagen aufgehört hatte. Hierher gehört auch auf Seite 31 meiner "Untersuchungen über das Kausalproblem" zu einem anderen Zweck beigebrachte Fall unserer  Überraschung,  wie sie eintritt, wenn wir beim Treppabwärts-Steigen noch eine Stufe erwarten und uns unerwarteterweise schon in der Ebene befinden. Ja, genauer betrachtet, beruth die Möglichkeit  aller  Überraschung darauf, daß wir irgendeinen psychischen Zustand perpetuieren, aus dem uns dann ein fremdartiges, disharmonisches Ereignis - das eben die Überraschung bewirkt - herausreißt: gäbe es nicht jenen gewohnheitsmäßigen Trott unseres Vorstellungslebens, so würden dessen Unterbrechungen nicht auffallen. Den Charakter GALILEIscher Bewegung hat weiterhin auch der Verlauf unserer Vorstellungen an den mannigfachen Fäden der Ideenassoziation; schließlich alles  Fühlen  (man denke an Ausdrücke wie: "das Wogen der Gefühle" und dgl.)

Ablenkungen aus der GALILEIschen Bewegung werden bekanntlich als Anzeichen für das Ins-Spiel-Treten von  Kräften  betrachtet; wir hätten demnach die Weiterführung unserer Untersuchung als Erkundigung nach der Art der  psychischen  Kräfte zu bezeichnen. Da aber der Ausdruck "Kraft" schon innerhalb der Mechanik, geschweige im vulgären Sprachgebrauch ein schillernder ist, so wollen wir uns statt desselben, gestützt darauf, daß (von Ausnahmefällen, wie die Zentrifugalbewegung eine ist, abgesehen), wo Ablenkungen aus einer GALILEIschen Bewegung stattfinden, auch  Arbeit  (im mechanischen Sinn des Wortes) geleistet wird und umgekehrt, desjenigen der  psychischen Arbeit  (10) bedienen.

Auf dem Gebiet des  Vorstellens  finde ich psychische Arbeiten  erster  und  zweiter  Stufe zu verzeichnen. Solche  erster  Stufe wären:  Akte der Aufmerksamkeit,  (11) worunter als Spezialfall die gewöhnliche  Abstraktionsweise  gehört, d. h. diejenige, welche aus Anschauungen Begriffe durch aufmerksames Festhalten eines Teils der Anschauung hervorgehen läßt (12); ferner das  Einheitsetzen.  Solche  zweiter  Stufe wären die verschiedenen Arten von  Synthesen:  vorerst die (von KANT aufgeführten:) "Synthesis der Apprehension [Bewußtwerdung - wp] in der Anschauung", die der "Reproduktion in der Einbildungskraft", und die diesen beiden vielmehr über- als beigeordnete der "Rekognition [Wiedererkennung - wp] im Begriff"; dann die Zusammenfassung von Einheiten, wie sie in der Konzeption der  Anzahlen  stattfindet; schließlich die erhöhte psychische Arbeit - ich komme auf dieselbe noch zurück -, welche die Konzeption der Grenzbegriffe (solcher Begriffe, deren Gedachtwerden dasjenige einer unendlichen Mannigfaltigkeit involviert) mit sich bringt. Psychische Arbeiten sind ferner alle  Urteile,  insbesondere das Vollziehen der  Relationen wobei bei gewissen Relationen - denjenigen, die MEINONG Unverträglichkeitsrelationen genannt und zu denen er adäquaterweise auch das  Schließen  gerechnet hat (13) - der charakteristische Umstand eintritt, daß ihrer perfekten Ausführung (man setze z. B. den Fall, es soll von einer Fläche ausgesagt werden, sie sei gleichzeitig und in derselben Beziehung sowohl rot, als auch grün) ein psychischer Zwang im Weg steht: es liegt im Tenor der oben benützten mechanischen Analogie und trägt zur Stärkung derselben bei, jenen Zwang als  unüberwindlichen Widerstand  aufzufassen und an seine Existenz die Vermutung zu knüpfen, daß gleichfalls ein Widerstand (aber ein überwindlicher) im Falle anderer psychischer Arbeiten vorliegt. Naheliegende Fälle psychischer Arbeit auf dem Gebiet des  Wollens  bieten schließlich: das  Auswählen  und das  Entschlußfassen (14) dar.

Schwieriger als diese Aufzählung ist die Nennung solcher Kriterien, die uns in den Stand setzen, Fälle psychischer Arbeit von denen GALILEIscher Seelenzustände zu unterscheiden: wobei auch dies kein hoffnungsloses Unternehmen sein möchte. Vorerst ist psychische Arbeitsleistung analog wie die durch organische Wesen geschehende physische, begleitet von einem nicht weiter zu definierenden Gefühl geistiger Anstrengung, dem geistigen "effort" [Anstrengung - wp], dessen Eigenart nicht benommen würde dadurch, daß es der Physiologie gelänge, ihn als an die Tätigkeit gewisser Leibesteile geknüpft nachzuweisen (15). Dann aber wäre als  logischer  Gradmesser des Mehr oder Weniger an geleisteter psychischer Arbeit bei gewissen Formen derselben die  Präzision  der erzielten Produkte zu bezeichnen, die es z. B. bewirkt, daß die Aussagen arithmetischer Gleichheit völlig genau gelten, während ein die Gleichheit zweier  Strecken  behauptendes Urteil stets (im Betrag der Schwelle der Unterschiedsempfindlichkeit) ungenau ist. Der Grundsatz: was ich mir selbst erarbeitet habe, besitze ich in bestimmterer Weise, als was mir von Außen aufgedrängt worden ist, würde den Vorzug, den Urteile über ein durchaus in psychische Arbeit Aufzulösendes (wie es Zahlen sind) vor Urteilen über Gegebenheiten (wie es lineare Größen sind) voraus haben, erklärlich finden lassen. Hierher würde auch der Umstand gehören, daß die  Beurteilung  eines Sachverhalts (worunter als Spezialfall die Wahrnehmung eines Gegenstandes zu rechnen ist) immer eine durch diesen eindeutig bestimmte ist (eine Änderung der Beurteilung müßte sich immer auf eine angebbare Änderung der beurteilten Momente zurückführen lassen), wogegen das  Gefühl,  mit dem ein Sachverhalt aufgenommen wird, von unanalysierbaren subjektiven Nebenumständen (16) abhängt und anderes mehr.

Verschiedene Einwände gegen diese Aufstellungen liegen verhältnismäßig nahe. Die Ausschreitungen zwar, welche die Unterscheidung zwischen Spontaneität und Rezeptivität des Bewußtseins - eine Unterscheidung, welche der unsrigen ziemlich nahe kommt - im Laufe der Geschichte der Philosophie veranlaßt hat (17), können uns nicht bestimmen, die eigentümliche Differenz, wie sie z. B. zwischen dem Vorstellen einer farbigen Fläche und dem Einheitsetzen besteht, außer Acht lassend, mit LOCKE psychische Vermögen als  "ideas  of reflection" zu behandeln (18). Aber mit allem Anschein der Berechtigung könnte man voerst einwenden, daß bei gewissen, oben als psychische Arbeiten gekennzeichneten Funktionen, wie z. B. beim Vollziehen der Vergleichsrelationen, der als charakteristisch geltend gemachte "effort" ein verschwindender genannt werden muß; hierauf wäre einmal zu erwidern, daß das analoge Herabsinken des Gefühlstons einer Empfindung die meisten Psychologen gleichwohl nicht abhält, alle Empfindungen als gefühlsmäßig betonte anzusehen (19); dann aber würde jener Einwand nur auf das Walten eines weiteren psychischen Gesetzes, wonach  Übung  die "Ausübung" psychischer Arbeit stetig erleichter, aufmerksam machen können (20). Es ist ferner gegen die von KANT betonte Unterscheidung zwischen Spontaneität und Rezeptivität des Bewußtseins innerhalb der kantischen Schule selbst der Einwand erhoben worden, daß in jeder Vorstellung die rezeptiven und spontanen Elemente so unlöslich verknüpft sind, wie "Form und Stoff in einem elfenbeinernen Würfel" (21). Hiernach würde es, da unter Anschauung ein (im angegeben Sinn) psychisch unbearbeiteter Vorstellungsinhalt verstanden werden sollte, vielleicht gar keine Anschauung im strengen Sinn des Wortes geben können. Aber ist die Wahrscheinlichkeit, daß irgendwo im Kosmos eine streng GALILEIsche Bewegung, der das Anschauen analog gesetzt wurde, besteht, nicht noch viel geringer? Gleichwohl ließ sich die Forschung hierdurch nicht beirren, die Vorstellung der GALILEIschen Bewegung als ein Hauptmittel zum Verständnis der mechanischen Vorgänge herbeizuziehen (22). Und, um bei LANGEs eigenem Beispiel zu bleiben,  unterscheiden  wir nicht "Form und Stoff in einem elfenbeinernen Würfel", obwohl die beiden im Würfel unlösbar miteinander verknüpft sind?

Das hiermit dargelegte Prinzip, aufgrund dessen die Anschauung definiert wurde, leitet ungezwungen weiter zur Definition dessen, was unter  Anschauung im weiteren Sinn des Wortes  verstanden werden soll. Die Anschauung im  engeren  Sinne des Wortes würde ein  mixtum compositum  [buntes Gemisch - wp] darstellen, in welches von Daten des Gesichtssinns hauptsächlich stetige Ausdehnung, Farbe, Form, Größe, Glanz (23) einträten. Mit diesen würden sich weiterhin solche Attribute, die unter Hinzuziehung anderer Teile unseres Körpers, bzw. unter Hinzuziehung fremder Gegenstände konstatiert werden können, als da sind: Glätte - Rauhigkeit, Trockenheit - Feuchtigkeit, Härte - Weichheit, Schmelzbarkeit usw. assoziieren (24) und so einen mehr oder weniger großen Komplex, den man als anschaulich im  weiteren  Sinn des Wortes bezeichnen könnte, ausmachen; - eine Bezeichnung, die nunmehr dadurch gerechtfertigt erscheint, daß die Ideenassoziation als der GALILEIschen Bewegung analog hingestellt wurde.

Wir wollen nun dazu übergehen: wie Anschauungen zu anderen Denkformen (Begriffen und Urteilen)  verarbeitet  werden - ein Wort, dessen Sinn durch das Voranstehende ein prägnanter geworden ist - eingehend zu betrachten und vorerst das Verhältnis der Anschauungen zu den  Begriffen  ins Auge fassen.

Insofern keine faktische Anschauung alles an einem Gegenstand Anschauliche, wie selbiges in einer vollständigen  Beschreibung  des Gegenstandes enthalten sein müßte, wirklich erschöpft, könnte man von einer Vertretung der Anschauung durch Anschauung reden. Es leuchtet aber ein, daß mannigfache wissenschaftliche Bedürfnisse, insbesondere dasjenige, allgemeine Urteil auszusprechen, von hier aus zur Vertretung der Anschauung durch  Begriffe  weiterführen mußten. Solche Begriffe entstehen, wie schon bemerkt wurde, durch die Festhaltung eines Teils der Anschauung von Seiten der durch irgendein Interesse geleiteten Aufmerksamkeit, d. h. eben durch  Abstraktion (25) Die Vorzüge eines derartigen Begriffs - was seinen  Inhalt  anlangt: die ebenmäßige Verteilung unserer nun nicht mehr schweifenden Aufmerksamkeit an alle Begriffsmomente; die Abgemessenheit jedes vorgelegten Begriffs, die kein Zuviel und kein Zuwenig an Merkmalen verstattet; die hierdurch verbürgte Bestimmtheit desselben, woraus korollarisch [ableitend - wp] dessen Konstanz und Allgemeingültigkeit folgen; was seinen  Umfang  anlangt: die durch die Eigenschaften des Begriffsinhalts bewirkte feste Fachschaffung, die eine Entscheidung darüber ermöglicht, ob ein bestimmter Gegenstand in ein bestimmtes Fach gehört oder nicht, - derlei Vorzüge sind stets so offenkundig gewesen, daß ihrer ungeschwächten Benützung kein Schulstreit über Realismus, Nominalismus, Konzeptualismus und andere Theorien der Begriffe etwas anhaben konnte.

Aber die Abstraktion ist, was vielfach verkannt wird, nicht das einzige Werkzeug, um aus Anschauungen Begriffe zu bilden. Ich sehe davon ab, daß man, um dies nachzuweisen, auch Begriffe aufzeigen könnte, die, obwohl durch Abstraktion bild bar,  dennoch kaum wirklich so gebildet worden sind, und verweise vorerst auf solche Vorstellungen, deren Gegenstand, wiewohl der Anschauung zugänglich, unser Anschauungsvermögen in  partem majorem  [größeren Teil - wp] oder  minorem  übersteigt; schon diese können nicht mehr als durch die oben definierte Abstraktionsweise, der es wesentlich war: nur faktisch wahrgenommene Teile der Anschauung herauszugreifen entstanden gedacht werden, falls jenes unser Anschauungsvermögen übersteigende Merkmal in sie aufgenommen werden soll. Nun gibt es allerdings auch psychische Prozesse GALILEIscher Art, welche die Vermehrung oder Verminderung eines durch die Anschauung in beschränktem Maß gegebenen Merkmals tendieren: wie schon LOCKE (26) und insbesondere HUME (27) bemerkten. Aber, ganz abgesehen davon, ob denn derlei unwillkürliche Vermehrung oder Verminderung wesentlich weiter führen, als die Wahrnehmung selbst (28), würde eine solche Weise, Merkmale der Dinge vorzustellen, sehr berechtigten und wichtigen Ansprüchen an  Bestimmtheit  des Vorstellens nicht genügen. Es fragt sich daher, in welcher Weise man durch Begriffe, wiewohl nicht aus einer Abstraktion hervorgegangene Begriffe, Merkmale der oben erwähnten Art denken kann?

Diese Frage ist dahin zu beantworten, daß man ein solches unanschauliches Merkmal durch eine Relation desselben zu einem anschaulichen bestimmt denkt. So hat man eine scharfe Vorstellung der Größe der Erdoberfläche, wenn man dieselbe denkt als Etwas, das  n-mal so groß ist, als ein Quadratmeter. Für jemanden, der, wie in diesem Augenblick der Schreiber dieser Zeilen, den Betrag  n  nicht inne hat, entbehrt die erwähnte Vorstellung allerdings in bestimmter Hinsicht der Schärfe; diese Lücke dient nur dazu, anzuzeigen, welcher Weg einzuschlagen wäre, um die scharfe Vorstellung zu gewinnen, und ist nicht geeignet, einem  anschaulichen  Vorstellungsbehelf Geltung zu erwerben. Eine Bemerkung, die für alle diejenigen Begriffe gilt, denen dadurch, daß große stetige oder diskrete Mannigfaltigkeiten in sie eintretend gedacht werden sollen, Kompliziertheit und infolgedessen Unanschaulichkeit zukommt: der Weg, eines Begriffes, wie z. B. derjenige "deutsche Armee" einer ist, Herr zu werden, führt, ohne in ausschlaggebender Weise an die Anschauung zu appellieren, stets durch eine oder mehrere Relationen hindurch.

Auf die Art und Weise, wie hier Relationen benützt werden, wird später ganz allgemein eingegangen werden; es soll daher an dieser Stelle nur noch der Charakter des oben verwendeten  Zahlendatums  kurz besprochen werden. Niemand wird, wovon gleichfalls noch die Rede sein wird, ein Bild aufweisen können, aus dem der Begriff auch nur der kleinsten Zahl (es sollen, wo nichts anderes vermerkt wird, immer  ganze  Zahlen gemeint sein) als "abstrahiert" angesehen werden könnte; und bedenkt man, daß wir (nach WUNDT) selbst unter günstigen Bedingungen nur zwölf diskrete Eindrücke simultan festhalten können, so ist ohne weiteres klar, daß Abstraktion in irgendeiner haltbaren Bedeutung dieses Wortes wenigstens die unzähligen Begriffe  größerer  Zahlen sicherlich nicht liefern kann. Die Äußerung KANTs: "Wenn ich eine Zahl überhaupt denke, so ist dieses Denken mehr die Vorstellung einer Methode, einem gewissen Begriff gemäß, eine Menge (z. B. 1000) in einem Bild (?) vorzustellen, als dieses Bild selbst, welches ich im letzteren Fall schwerlich würde übersehen und mit dem Begriff vergleichen können" (29), ist dahin zu verschärfen, daß wir Zahlen  stets  nur zu denken haben als die Resultate (30) gewisser Operationen (Einheits- und Relationssetzungen), die wir innerhalb enger Grenzen vollziehen können, und vermöge ihrer Gleichartigkeit als innerhalb weiterer Grenzen vollziehbar annehmen (31). Hierbei ist zu bemerken, daß die Bezeichnung der Zahlen in irgendeinem, z. B. dem dekadischer Zahlsysteme,  symbolisch  ist für die Zerfällung einer Gesamtoperation des Zählens in Teiloperationen, die innerhalb vertrauter Gebiete des Zählens vor sich gehen, so daß schon der Anblick des Zahlzeichens als Bürgschaft erscheint dafür, daß der Begriff einer Zahl nichts Widersprechendes oder menschliches Fassungsvermögen Übersteigendes postuliert. Jedenfalls dürfte schon an dieser Stelle zugegeben werden, daß die Begriffe der Zahlen hinsichtlich dessen, was die Abstraktion in ihnen leistet, nicht auf dieselbe Stufe zu stellen sind mit dem Begriff, z. B. der linken Hand; dem letzteren konkurrierend besteht auch die  anschauliche  Vorstellung einer linken Hand und es hat daher einen guten Sinn, durch eine Hervorhebung von  Teilen  dieser anschaulichen Vorstellung jenen Begriff entstanden zu denken, - wovon bei den Begriffen der Zahlen nicht die Rede sein kann.

Diese Sachlage verschärft sich, wenn wir übergehen zur Betrachtung der mannigfachen Begriffe von Resultaten  unendlicher  Prozesse. Hat man es hier mit konvergent-unendlichen Summen zu tun (vom periodischen Dezimalbruch bis zum Integral), mit konvergent-unendlichen Produkten oder ebensolchen Kettenbrüchen; hat man unendliche Wertfolgen vor sich: die irrationale Zahl, das Infinitesimale, den Differentialquotienten usw.; oder unendliche Punktmengen, oder schließlich die CANTORschen bestimmt-unendlich großen Zahlen; - immer ist es nicht nur tatsächlich der Fall, sondern solchen Begriffen wesentlich, daß ihnen keine adäquate Anschauung beigesellt werden kann. Hier, wo dem Begriff klarerweise nicht die Aufgabe erwächst, aus der gesättigten Anschauung eines Gegenstandes Merkmale herauszuheben, sondern, alle Anschauung hinter sich lassend, Festsetzungen derart zu treffen, daß man von jedem Gegenstand weiß, ob er unter sie fällt oder nicht, hier zeigt es sich so recht, daß es Gebiete gibt, auf denen die begriffliche Bestimmtheit durch Anschaulichkeit nicht zu ersetzen ist. Schon dies wäre SCHOPENHAUER entgegenzuhalten, wenn er mit Bezugnahme auf die mathematische Methode - wir kommen hierauf noch zurück - die Bemerkung macht (32):
    "manche Geister (finden) nur im anschaulich Erkannten völlige Befriedigung ... Andere Geister hingegen verlangen die zur Anwendung und Mitteilung allein brauchbaren abstrakten Begriffe ... Diese suchen Bestimmtheit, jene Anschaulichkeit. Der Unterschied ist charakteristisch",
und wenn er es demnach sozusagen als Geschmackssache betrachtet, ob man es mit den Geistern der ersten oder mit denen der zweiten Kategorie hält.

Nun ist ferner ein überraschendes Analogon des Begriffs einer unendlichen Größenfolge, z. B. der irrationalen Zahl, die sogenannte Anschauung der geometrischen Figuren. Daß diese Anschauung eine nur sogenannte ist, kann unwidersprechlich dargetan werden. Es ist ohne weiteres klar, daß niemand, wollte man ihm auch all seine Abstraktionsfähigkeit aufzuwenden gestatten, die geometrischen Gebilde: Punkt, Linie, Fläche als für sich, losgelöst von allem anderen bestehende empirisch anschauen kann; woraus folgt, daß auch niemand ein kopienartiges Phantasiebild einer solchen Anschauung besitzen kann. Wenn wir nun aber weiterhin fragen, wie demnach die Anschauung jener Gebilde überhaupt zustande kommt, und als Antwort hierauf die Auskunft erhalten (33): dieselben würden als Grenzen von Gebilden höherer (34) Dimension angeschaut, also z. B. die Linie der Grenze der Fläche, so ist dagegen, daß man vermeint, sich mit dieser Antwort zufrieden geben zu können, hauptsächlich zweierlei geltend zu machen.

Vorerst deutet darauf, daß man von einer Anschauung der Grenzlinie einer Fläche im eigentlichen Sinne nicht reden kann, der Umstand hin, daß diesbezüglich ihrer ganz eigentümliche Farbenbestimmungen platzgreifen. Welche Farbe soll jene Grenzlinie haben? Von vornherein kann man die Möglichkeit, daß dieselbe die Farbe nur der  einen  und nicht auch der anderen der durch sie getrennten Flächen besitzt, ablehnen, da in diesem Fall nicht zu entscheiden wäre, die Farbe  welcher  Fläche sie besitzen soll. Es bleiben dann diese beiden Möglichkeiten übrig: die Grenzlinie hat die Farben beider durch sie getrennten Flächen, oder sie hat keine von beiden Farben, sie ist farblos.

Gegen die erstere Annahme scheint eingewendet werden zu können, daß sie einen Widerspruch involviert, indem ein und dasselbe Ding zugleich z. B.  rot  und  grün  sein soll; aber daß dies ein Widerspruch ist, würde erst dann einleuchten können, wenn, falls jenes rote Ding auch grün sein sollte, hieraus schon folgt, daß es nicht rot sein kann: in diesem Fall würde allerdings das als rot und grün hingestellte Ding rot und zugleich nicht rot sein sollen. Jene Folgerung aber würde nichts anderes besagen, als daß sie die für  Flächen  geltende Unverträglichkeit zwischen verschiedenen Farben (sofern sie derselben Fläche zukommen sollen) ohne weiteres auf Linien überträgt, wäre also eine  petitio principii. [es wird vorausgesetzt, was erst zu beweisen ist - wp] Ja noch mehr: der urgierte Widerspruch fände auch darum nicht statt, weil die Grenzlinie nicht rot und grün in derselben  Beziehung  wäre; sie wäre nämlich rot nur,  sofern  sie zur roten grün,  sofern  sie zur grünen Fläche hinzugerechnet wird. Wir entdecken hier im Begriff jener "Beziehung" dieselbe Elastizität, wie sie auch anderen Grundgesetzen (35) anhaftend die Chance, daß denselben widerstreitende Instanzen auftreten, zu vermindern tendiert.

Jener gegen die erstere Annahme vorgebrachte fundamentale Einwand ist also nicht bindend, und auch anderen, minder anspruchsvoll auftretenden Einwänden (36) dürfte es kaum besser ergehen. Andererseits aber wäre auch schwer zu sagen, was  für  jene Annahme den Ausschlag geben kann. Soll die Grenzlinie darum die Farben beider Flächen besitzen, weil sie mit zu jeder der beiden gehört? Aber der Sinn dieses "Mitgehörens" ist selbst noch fraglich. Wohl gehören  Teile  zweifellos mit zum Ganzen,  dessen  Teile sie sind: jene Grenzlinie aber ist kein Teil der Fläche, die sie begrenzt; und ob sie trotzdem als in irgendeinem Sinn mit zu der Fläche gehörend bezeichnet werden kann, wird hauptsächlich davon abhängen, ob sie demjenigen, wovon man unmittelbar sagt, daß es mit zur Fläche gehört, d. h. einem ihrer Teile, in den wichtigsten Eigenschaften homogen ist oder nicht, also von einem ebensolchen Datum, wie wir es jetzt zu entscheiden hätten (37). Auf diese Weise ist nicht zum Ziel zu kommen.

Ebensowenig, wie für oder gegen die Zweifarbigkeit, vermag ich entscheidende Argumente für oder gegen die Farblosigkeit der Grenzlinien aufzufinden.

Es läge also, da sich über die Farbe von Linien aus dem, was wir über die Farbe von Flächen wissen, keine Entscheidung ableiten läßt, die Alternative vor: entweder den ganzen Begriff der Farbe von Linien zu verwerfen, oder aber, was man unter ihm verstehen will, per definitionem festzusetzen. Im letzteren Fall dürfte die fragliche Festsetzung durch die nachfolgende Distinktion vorzubereiten sein.

Entweder es wird ein Farben kontinuum  (wir wollen uns der Einfachheit haler auf die zweidimensionale Farbentafel beschränken) als durch eine mathematische Linie durchsetzt bloß  gedacht,  so daß dasselbe nicht wirklich in zwei Teile geteil erscheint, die sich voneinander abheben: - dann liegt die Annahme nahe, daß jeder mathematische Punkt jener Linie in sich alle  unendlich-wenig von einander verschiedenen  Farbenbestimmungen der ihm unendlich benachbarten Punkte vereinigt. Oder aber man denkt sich eine Fläche von beliebiger Färbung durch jene Linie  wirklich  geteilt, wozu vonnöten ist, daß die beiden zu schaffenden Flächenteile ihrer Farbe nach um ein Endliches voneinander abstehen (man bedenke, daß jeder Federstrich, den wir tun, indem er eine schwarze Fläche in eine weiße hineinträgt, nichts anderes, als eben dies leistet), dann liegt es näher, unserer Linie von den beiden um ein Endliches verschiedenen Farben  keine  zu prädizieren (38). Diese Distinktion [Unterscheidung - wp] dürfte bei näherer Überlegung der Sachlage den Anschein von Willkür, der ihr vorerst anhaften mag, verlieren: ob nun aber sie selbst und der an sie anknüpfende Vorschlag zur Lösung der vorliegenden Frage berechtigt ist oder nicht, jedenfalls lehrt die weitläufige Diskussion, in die einzutreten wir nicht umhin konnten, daß die "Anschauung" der Grenzlinie eine andere ist, als die der begrenzten Flächen; eine Entscheidung über die Farbe der letzteren wird gefällt, wenn man sich die betreffende Fläche  ansieht,  an eine Entscheidung über die Farbe der ersteren konnten wir uns nur vermöge komplizierter Argumente, die letztlich darauf hinauslaufen, ob und wie die zu treffenden Bestimmungen mit anderen unmittelbar getroffenen harmonieren, überhaupt heranwagen. Ich halte es deshalb für angezeigt, die "Anschauung" einer Grenzlinie als  uneigentliche,  von der eigentlichen Anschauung begrenzter Flächen zu unterscheiden; tatsächlich wird man sich einer solchen Grenzlinie bei der Anschauung von Flächen, deren Farben um ein Endliches voneinander verschieden sind, derart  bewußt,  daß man die uneigentliche Anschauung derselben als eine Zugabe zum bloßen  Vollziehen  der Verschiedenheits relation  zwischen den Flächen selbst anzusehen hat: - eine Zugabe, die dann eintritt, wenn die beiden als verschieden beurteilten Fundamente ein und denselben in sich stetigen Gebiet angehören.

Als einen psychologischen Beweis für die Behauptung, daß man sich der Grenzen nur mittelbar durch eine Betrachtung begrenzter Flächen bewußt wird, möchte ich die hoffentlich von jedermann bestätigte Beobachtung anführen, wonach, wenn man Grenzlinien, z. B. die Konturen eines fernen Gebirges, so recht gewissermaßen ins Bewußtsein einsaugen will, man nicht unmittelbar bei der Kontur selbst, sie fixierend, verweilt, sondern dieselbe durch wiederholte, an die Grenzlinie heranrückende Betrachtung des hellen Himmels einerseits, des dunklen Gebirgsstocks andererseits, zur Vorstellung bringt.

Zum Zweiten aber kann die Erklärung, wonach Punkt, Linie und Fläche als Grenzen von Gebilden höherer Dimension angeschaut werden, auch wenn man hierunter unsere uneigentliche Anschauung verstehen wollte, auf andere mathematische Gebilde nicht ausgedehnt werden, ist also jedenfalls ungenügend. Und zwar nicht nur deshalb, weil der geometrische  Körper  nicht als Grenze eines vierdimensionalen Gebildes angeschaut werden kann und daher um dessen Auffassung (als eines Teils des  Raumes  oder als eines durch gewisse  Bewegungen  von Flächen entstehenden Gebildes) zu erklären, das Prinzip jener Erklärung verlassen werden muß; sondern hauptsächlich auch deshalb, weil die Vorstellung der schon zur Definition des  Winkels  unentbehrlichen (39)  geraden  Linie nur mit einer Wahrscheinlichkeit  1:∞  als durch die, sei es eigentliche, sei es uneigentliche Anschauung erstellbar angesehen werden kann. Will man sich nun die Sache nicht dadurch leichter machen, daß man die gerade Linie als irgendwie apriorisch gegeben betrachtet, etwa als das Resultat einer Relation, die unser Bewußtsein zwischen zwei gegebenen Punkten zu vollziehen nicht umhin kann, oder nach Art der SCHOPENHAUER-HELMHOLTZschen Wahrnehmungstheorie als das Bewußtsein dessen, "was wir tun, indem wir unwillkürlich und unbewußt ... die Gesichtsbilder von uns entfernen" (40) - wogegen sich sehr gewichtige Bedenken vorbringen -, so muß man sich die Vorstellung der geraden Linie in der Weise zustande kommend denken, daß vorerst jene uneigentliche Anschauung der Linien als Flächengrenzen an der gegebenen beiläufigen oder sogenannten physikalischen Geraden, wie sie etwa durch Körperkanten, Lichtstrahlen und dgl. geliefert wird, die zweite Dimension, das Bandförmige eliminiert (41). Nun bleiben aber noch die Verkrüppelungen oder "Anwandlungen" der empirisch wahrgenommenen oder imaginierten rohen Geraden zu eliminieren. Dies geschieht vermöge eines von verschiedenen Seiten her ansetzenden Grenzprozesses, den an dieser Stelle auführlich darzustellen mich zu weit führen würde (42). Hiernach erscheint die Vorstellung der strengen, der sogenannten mathematischen Geraden als ein  Grenzbegriff.  Nicht als ob jene Grenze, welche die strenge Gerade demnach repräsentiert, von unserer Anschauung schlechthin nicht erreicht werden könnte: im Gegenteil: die Elimination jeder einzelnen Anwandlung der ungefähren Geraden kann durch das Stadium dre strengen Geradlinigkeit hindurch so weit getrieben werden, daß sie in die Anschauung einer der früheren entgegengesetzten Anwandlung der Geraden umschlägt. Mit anderen Worten: die Vorstellung der strengen Geraden ist ein Grenzbegriff derjenigen Klasse, bei welcher die Grenze nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten werden kann. Aber charakteristisch ist nicht dies, sondern der Umstand, daß das Stadium des genauen Erreichtseins der Grenze, auf das es hier allein ankommt, nur mit unendlich-geringer Wahrscheinlichkeit unserer Anschauung gegegeben sein kann: und - eine Schlußweise, die schon XENOPHANES angewendet hat: - wäre es uns ja einmal gegeben, wir wüßten es nicht. Praktisch genommen ist diese Sachlage gleichbedeutend damit, daß die Anschauung der strengen Geraden und aller durch sie bedingten geometrischen Gebildes nichts Verwirklichtes, sondern ein unerreichbares  Ziel  ist. Und nun erst kann man auch dem Begriff der "reinen Anschauung", mit dem selbst Kantianer von der Bedeutung eines F. A. LANGE nichts anzufangen wußten (43) (geschweige denn Gegner KANTs) (44), einen gesunden Sinn beimessen, nämlich den: daß die reine Anschauung im Gegensatz sowohl zur empirischen, als auch zur bloß phantasiemäßigen nicht ruhiges Hinnehmen eines Anschauungsgegenstandes, sondern bewegliches Herausmodellieren eines solchen darstellt (45). Aber die reine Anschauung durchmißt nur die Stadien einen Prozesses völlig vergleichbar der Art, wie wir der eine Irrationalzahl definierenden unendliche Zahlenfolge eine Strecke entlang folgen können; der Abschluß jenes Prozesses - und dieser allererst ist äquivalent der Vorstellung eines streng geometrischen Gebildes - wird nirgends durch die Anschauung geleistet, sondern nur im Begriff gefordert (46). Die sehr wichtigen Folgen, welche diese Auffassungsweise für die Philosophie der Geometrie hat, in diesem Zusammenhang ausführlich zu erörtern (47), muß ich mir aus selbstverständlichen Gründen versagen (48).

Könnte hiernach noch jemand zweifelhaft sein über das den Begriffen im Gegensatz zu den anschaulichen Vorstellungen eigentümliche Leistungsvermögen, so wäre noch auf gewisse Partien der modernen Funktionentheorie eindringlich zu verweisen. In seinen "Untersuchungen über die unendlich oft oszillierenden und unstetigen Funktionen" (49) bringt HERMANN HANKEL (zu einem anderen, als dem von mir verfolgten Zweck) das folgende Beispiel vor: "Man teile ein Quadrat von der Seitenlänge  1  durch äquidistante [gleichweit entfernt - wp] horizontale und vertikale Parallelen in ein Netz von  μ²  kleineren Quadraten; man gehe dann von der einen Ecke des großen Quadrates in einem zusammenhängenden Zug nach der gegenüberliegenden Ecke, indem man dabei immer in jenen Parallelen bleibt, sich also bald in horizontaler, bald in vertikaler Richtung bewegt. Die Länge des Weges, den man hierbei durchmißt, ist immer dieselbe und zwar  = 2,  wie man auch die Maschen jenes Netzes durchlaufe. Man wähle jetzt einen solchen Weg, der sich möglichst an die Diagonale anschließt, und treppenförmig vom einen Endpunkt nach dem andern aufsteigt, indem die Diagonale alle ausspringenen Ecken der Stufen trifft. Man lasse nun μ beliebig wachsen; jener treppenförmige Weg wird sich dann, wenn er immer in gleicher Weise konstruiert wird, der Diagonale immer mehr annähern und sein Abstand von dieser beliebig klein werden; während aber die Tangente der Diagonale immer mehr annähern und sein Abstand von dieser beliebig klein werden; während aber die Tangente der Diagonale für alle ihre Punkte denselben Wert besitzt, so schwankt die jenes treppenförmigen Zuges fortwährend zwischen 0° und 90°, und die Länge des letzteren bleibt konstant  = 2,  während die der Diagonale einen anderen Wert, nämlich  √2  besitzt" (50) usw. Dieses Beispiel lehrt vorerst, daß  begrifflich  die Diagonale des Quadrats einerseits und der an die Diagonale sich anschmiegende treppenförmige Zug andererseits stets distinguiert werden können; diese Distinktion hat auch dann statt, wenn die Diagonale als Grenze jener treppenförmigen Züge aufgefaßt wird. Für die  Anschauung  hingegen ist keine Möglichkeit vorhanden, jene beiden - vermöge ihrer Entstehungsweise und ihrer Eigenschaften ganz verschiedenen - Kurven auch dann noch auseinanderzuhalten, wenn die Entfernung der Spitzen des treppenförmigen Zuges von der Diagonale unter eine gewisse Grenze herabgesunken ist. Dann aber ist die oben beschriebene Kurve "mit unendlich vielen Spitzen" (JACOBI) nur  eine  aus der großen Klasse derjenigen, bei denen die sonst übliche Veranschaulichung nicht nur zufälliger Ungenauigkeiten halber, sondern prinzipiell ausgeschlossen ist. Hierher gehören z. B. die von HANKEL sogenannten "linear-unstetigen" Funktionen, d. h. "solche, welche in unendlich vielen Punkten einer endlichen Strecke unstetig sind" (51). Wenn man einer Funktion (52) vorschriebe, sie solle für jeden rationalen Wert ihres Arguments den Wert  O,  für jeden irrationalen den Wert  1  annehmen, so würde diese Vorschrift völlig ausreichen, um diejenige Abhängigkeit zweier Wertesysteme völlig ausreichen, um diejenige Abhängigkeit zweier Wertesysteme voneinander festzusetzen, in der die moderne Analysis das Wesen einer Funktion erblickt: da aber an jeden rationalen Wert des Arguments unendlich viele irrationale sich herandrängen und umgekehrt, so ist jede Verbildlichung einer solchen Funktion (in der Weise, wie man etwa die durch die Gleichung  x²/a² + y²/b² = 1  definierte Funktion von  y  von  x  durch die bekannte Ellipsenfigur verbildlicht) notwendig ausgeschlossen. Hierher gehören aber auch solche durchwegs stetige Funktionen, die in unendlich vielen, z. B. allen  rationalen  Punkten eines endlichen Intervalls unendlich viele unendlich-kleine Oszillationen machen (53); man könnte sich ein Bild derselben nach Art einer oben und unten unendlich dichten Zinne zu entwerfen versucht sein. Aber - ganz abgesehen davon, daß schon die Unendlichkeit der Zacken eine innerhalb der anschaulichen Vorstellung unlösbare Aufgabe involviert - wer wird eine solche Bemühung nicht sogleich unterlassen, wenn er hört, daß sich dieselbe Funktion in allen  irrationalen  Werten des Arguments normal, d. h. oszillationsfrei, verhält (54); wenn er weiter hört, daß gewisse dieser Funktionen in den irregulären rationalen Punkten einen bestimmten Differentialquotienten besitzen (55), andere nicht, wofür die anschauliche Vorstellung gleichfalls aufkommen müßte? ... Es mag nur noch erwähnt werden, daß durch derlei Funktionen die Analysis die Aufforderung erhalten hat, Sätze, die für zu  veranschaulichende  Funktionen unmittelbar klar wären, in allgemeinerer, von jeder geometrisch-bildlichen Bestätigung unabhängigerweise zu erhärten: sie hat hierdurch einen Zuwachs an Exaktheit erlangt, auf welchen sie nicht mehr würde verzichten wollen. Eine Bemerkung, die geeignet sein dürfte, die Wichtigkeit der beschriebenen Funktionen einleuchten zu lassen.

Besinnen wir uns, bevor wir unsere Untersuchung weiterführen, noch ein wenig über den logischen Charakter der beschriebenen Begriffe. Es ist ein bemerkenswerter Vorzug des begrifflichen Vorstellens vor dem anschaulichen, daß mehrere ganz verschiedene Begriffe denselben anschaulichen Gegenstand bezeichnen können: - die ganz verschiedenen Begriffe: "Kanzler des deutschen Reiches im Jahre 1884" und "Besitzer von Varzin im Jahre 1884" bezeichnen dieselbe Person. Dieser Luxus an begrifflicher Bestimmung besteht im Allgemeinen ebensowohl bei den durch die gewöhnliche - WUNDT nennt sie die "isolierende" (56) - Abstraktion entstandenen, als bei denjenigen Begriffen, die den speziellen Gegenstand unserer Betrachtung ausmachten: es gibt z. B. gar mannigfache Beziehungen, durch die man die Zahl  π  definiert denken kann. Finden wir nun nach dieser Seite hin keinen prinzipiellen Unterschied zwischen den ersteren und den letzteren Begriffen, so legte es doch schon die Entstehungsweise derselben nahe, daß ein solcher gerade hinsichtlich des Verhältnisses der beiderlei Begriffe zu den sie bedingenden anschaulichen Vorstellungen überführen, daß man ihnen gewisse Vorstellungsbestandteile (eben diejenigen, von denen bei der Bildung der Begriffe "abstrahiert" wurde)  hinzugefügt  (Determination). Hingegen ist die Beziehung der nicht-abstraktiven (57) Begriffe zu den für dieselben grundlegenden anschaulichen Vorstellungen durchaus keine additive, sondern eine weit kompliziertere. Das Mißverständnis freilich, als ob diese Begriffe, z. B. derjenige einer unendlichen Größe, auch unendlich viele Vorstellungsbestandteile involvierten, ist schon durch BOLZANO gründlich widerlegt worden (58); ist es doch auch bei der individuellen Vorstellung eines beliebigen Gegenstandes der  Außenwelt  weder nötig, noch tatsächlich der Fall, daß dieselbe alle (wenn man die Beziehungen des Gegenstandes zu anderen berücksichtigt) unbegrenzt vermehrbaren Eigenschaften desselben enthält. Die Form nun, unter der die oben hervorgehobenen Begriffe gedacht werden, ist, wie schon erwähnt wurde, stets die: daß der Gegenstand eines solchen Begriffes gedacht wird vermöge einer Relation, deren eines Fundament bekannt ist (59); er selbst ist das andere Fundament und erscheint eben durch diese seine Stellung (als durch jene Relation und ihr bekanntes Fundament) hinreichend bestimmt unter der Voraussetzung, daß die fragliche Relation nach der Seite des unbekannten und darum zu bestimmenden Fundaments hin eine  eindeutige  ist. Daraus, daß es sich im vorliegenden Fall um  verschiedene  Relationen handeln kann, entspringt eine gewisse Mannigfaltigkeit der Art, jene Begriffe zu denken.

Bevor ich dazu übergehe, die fraglichen Relationen zu nennen, möchte ich es nicht unerwähnt lassen, daß die für das Gedachtwerden jener Begriffe in Anspruch genommene Methode eine auch anderweitig ausgiebig verfolgte ist und insofern jedenfalls den Charakter einer  vera causa,  d. h. einer nicht mit erfundenen Elementen operierenden Hypothese, an sich trägt. Man denkt unzählige Attribute und infolgedessen auch Dinge vermöge der Gleichheit, Ähnlichkeit und anderer Relationen, in denen sie zu anderen, uns jeweilig bekannten Attributen stehen (60). Man denkt die  Außenwelt  als das unbekannte Etwas, das unsere Bewußtseinsphänomene, die hier das bekante Fundament der (Kausal-)Relation repräsentieren, bewirkt. Man denkt irgeneine  mechanische  Kraft als dasjenige, das bewirkt, daß eine gewisse Masse in einer gewissen Zeit einen gewissen Weg zurücklegt. Man denkt  √-1  als diejenige Zahl, die mit sich selbst multipliziert (dies die hier vorkommende Relation) als Resultat (dies das bekannte Relationsfundament)  -1  ergibt und dgl. mehr. Ganz allgemein liefern alle wie immer beschaffenen Gleichungen mit  einer  Unbekannten Belege der erwähnten Denkweise. Hierbei ist darauf zu achten - und einige der zitierten Beispiele sind geeignet, diese Erwägung nahe zu legen -, daß die Realität eines so gedachten Begriffes (d. h. der Umstand, ob unter ihn Gegenstände fallen oder nicht) vom Gedachtwerden selbst ganz unabhängig ist. Ich gehe hierauf nicht näher ein, und will nun die Relationen nennen, vermöge deren die oben betonten Begriffe - es wird genügen, einen derselben, z. B. denjenigen einer  unendlichen Größe überhaupt,  herauszugreifen - gedacht werden. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß die Begriffe irgendwelcher unendlicher  Größen  sich leicht zurückführen lassen auf den Begriff einer unendlichen  Vielheit (61): es bleibt also nur noch die Frage, wie dieser letztere zu denken ist.

Gewiß nicht in der Weise einer "unendlichen Zahl", wenn eine solche so gemeint sein sollte, daß sie nach dem Schema der endlichen ganzen Zahl, nur eben als nicht endliche, gedacht werden muß; - eine Konzeption, die man seit LOCKEs Zeiten als eine widerspruchsvolle zu denunzieren eifrig ist (62), daß ein Unbefangener meinen muß, die Vertreter der Unendlichkeitsbegriffe ständen und fielen mit derselben. Man bedenke vielmehr Folgendes. Es gibt eine Abhängigkeit zwischen Begriffen und Vielheiten vermöge der Tatsache, daß alle Begriffe einen Umfang (der übrigens auch  0  sein kann) haben; die Vielheit der unter einen Begriffsumfang fallenden Gegenstände - vorausgesetzt, man weiß,  was für  "Gegenstände" gemeint sein - ist dann die zu diesem Begriff "gehörende" (63) Vielheit, und diese Zusammengehörigkeit von Begriff und Vielheit ist die erste und eine der wichtigsten angekündigten Relationen.
LITERATUR - Benno Kerry, Über Anschauung und ihre psychische Verarbeitung, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, Bd. 9, Leipzig 1885
    Anmerkungen
    1) Ausführung eines am 10. Januar dieses Jahres vor der Straßburger philosophischen Fakultät gehaltenen Habilitationsvortrags.
    2) KANT, LogiK, Ausgabe HARTENSTEIN, Bd. VIII, Seite 88
    3) Vgl. "Kritik der reinen Vernunft", HARTENSTEIN, Bd. III, Seite 59 und 64
    4) Die weitere Erklärung KANTs, Anschauung sei eine Erkenntnis, die sich unmittelbar auf einen Gegenstand bezieht, während Begriffe sich nur mittelbar (nämlich mittels der Anschauungen) auf Gegenstände beziehen (Kr. d. r. V. Seite 55), darf wohl als eine Umschreibung der im Text gegebenen betrachtet werden.
    5) BOLZANO, Versuch einer objektiven Begründung der Lehre von der Zusammensetzung der Kräfte (in den Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften vom Jahre 1843), § 1; vgl. Wissenschaftslehre, § 72
    6) BOLZANO, Wissenschaftslehre I, Seite 327
    7) Vgl. BRENTANO, Psychologie vom empirischen Standpunkt, passim [überall - wp].
    8) Vgl. SIGWART, Logik I, Seite 277
    9) Vgl. LOTZE, Logik, Seite 30f; ÜBERWEG verquickt, indem er Anschauung definiert als das "psychische  Bild  der objektiven  Einzelexistenz"  (System der Logik, fünfte Auflage, Seite 124), den kantischen Standpunkt mit dem hier geltend gemachten.
    10) Von  terminus  und Begriff der  "psychischen Arbeit"  hat mir Prof. ALOIS HÖFLER (Wien 1882) mündlich Mitteilung gemacht. Zweck der Einführung eines solchen Terminus sollte zunächst der sein, die vielgebrauchten, aber vagen Ausdrücke von "psychischen Tätigkeiten", "Operationen" und dgl. durch einen einheitlichen fixen zu ersetzen, sodann aber der, daß, indem sich der Begriff  "Arbeit unter allen dynamischen Begriffen auf physischem Gebiet immer mehr als der  primäre  zu erweisen scheint, ein analoger Begriff auch auf psychischem Gebiet als vielleicht wissenschaftlich wertvoll bewähren möchte. Welche speziellen Fälle psychischer Arbeit mir HÖFLER damals als Beispiele genannt hat, weiß ich nicht mehr. Da nun seither auch mich Untersuchungen, die ich schon vor jener Mitteilung begonnen hatte, wieder auf verwandte mechanische Analogien geführt haben, so ersuchte ich im vorigen Jahr HÖFLER, von seinem Vorschlag dem Publikum Mitteilung zu machen, was er in der Anmerkung zu Seite 356 dieses Jahrgangs der "Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie" durch die Anwendung der Terminie "psychische Arbeit" und "psychische Energie" auf einen speziellen Fall (den des Urteilens) getan hat. Aufgrund dieser Publikation halte ich mich für berechtigt, zur besseren Jllustration derjenigen Fälle psychischer Arbeit, welche mit dem Gegenstand der vorliegenen Abhandlung direkt zusammenhängen, eine kleine Theorie jenes Begriffs beizubringen. Es ist mir übrigens unbekannt, inwieweit die obigen Auseinandersetzungen mit demjenigen zusammenstimmen, was HÖFLER in der zitierten Anmerkung in einer besonderen Mitteilung auszuführen versprochen hat.
    11) Unbeschadet der ohne weiteres einzuräumenden Tatsache, daß das Interesse eine  Bedingung  der Aufmerksamkeit ist, kann ich mich nicht denjenigen Psychologen anschließen, die weitergehend Aufmerksamkeit mit Interesse, "also mit Gefühl" schlechthin identifizieren (vgl. z. B. STUMPF, Tonpsychologie, Seite 68). Dem gegenüber verweise ich auf LOTZEs Charakterisierung der Aufmerksamkeit als "beziehenden  Tätigkeit"  (Metaphysik, 1879, Seite 540). Beiläufig bemerkt, scheint mir die Möglichkeit, in Sachen des Verhältnisses zwischen Begriff und Anschauung den konzeptualistischen Standpunkt zu behaupten, mit von der Stellung abzuhängen, die man zu den beiden eben angedeuteten, voneinander abweichenden Ansichten einnimmt. Wenn anders Begriffe aus Anschauungen durch die im Text erwähnte Art von Aufmerksamkeit hervorgehen, so drängt sich die Bemerkung auf, daß ein zu den Anschauungen hinzutretendes "Gefühl", als welches die Aufmerksamkeit nach Ansicht jener Psychologen gelten sollte, nicht genügen kann, um, wie es der Konzeptualismus will, Begriffe neben den Anschauungen als selbständige Gebilde zu kennzeichen; umso mehr, wenn es außerdem gelten soll, daß ohnehin jeder Vorstellung ein Gefühlston zukommt.
    12) Vgl. JOHN STUART MILL, Eine Prüfung der Philosophie Sir William Hamiltons, Kapitel 17, Halle a. d. Saale 1908
    13) MEINONG, HUME-Studien II, Seite 106f
    14) Es möge nicht unerwähnt bleiben, daß mir in den Begriff des Seienden oder Realen das Ansinnen: es müsse das für seiend oder real zu Haltende psychischer Arbeitsleistung in irgendeiner Form fähig sein, als psychologisches Ingrediens einzutreten scheint. Die Äußerung des SUAREZ: "audito enim nomine entis, experimur mentem nostram non distrahi neque dividi in plures conceptus, sed colligi potius et unum, sicut cum concipit hominem, animal et similia ... Hinc etiam conceptus entis non solum unus, sed etiam simplicissimus dici solet (Disputationes II, 1, § 9) rechtfertigt sich ohne weiteres, wenn ein uns so Vertrautes, wie es psychische Arbeit ist, als Merkmal  kat exochen  [schlechthin - wp] des Seienden fungiert. Es braucht wohl kaum daran erinnert zu werden, daß die ursprüngliche Vorstellungsweise die war, alles Seiende als menschlich belebt zu denken.
    15) Vgl. FECHNER, Elemente der Psychophysik II, Seite 491; vgl. Seite 475f.
    16) Vgl. BRENTANO, a. a. O., Seite 188, 200, 203
    17) Vgl. ERNST LAAS, Idealismus und Positivismus I, Seite 150f
    18) LOCKE, Essay über den menschlichen Verstand II, Kap. 9 - 11; vgl. MEINONG, Hume-Studien II, Seite 10.
    19) Ich bemerke, daß es bei vielen und guten Einteilungen Exemplare gibt, die zwischen mehreren durch die Einteilung geschaffenen großen Klassen mitten drin stehen. So teilt ein Punkt auf einer unbegrenzten Geraden alle Punkte derselben in zwei große Klassen: solche, die rechts, und solche, die links von ihm liegen. Eine vollständige Einteilung aller Punkte der Geraden muß aber außerdem noch jenes einteilenden Punktes selbst als einer dritten Klasse gedenken (vgl. übrigens LOTZE, Logik, Seite 226f). Übrigens dürfte eine sukzessive Verfeinerung der Kriterien des Vorhandenseins psychischer Arbeit, bzw. Nicht-Arbeit der Eliminierung von Zwischengliedern beider näher führen. Daß Meinungsverschiedenheiten bezüglich dessen, was ein Fall psychischer Arbeit ist, und was nicht, vorkommen können, beweist die Äußerung HUMEs: wenn beide Fundamente einer Relation gegeben sind, bedarf es keines "exercise of the thougt", keiner "action", sondern nur einer "passive admission of the impressions", um die Relation zu vollziehen; diesfalls liegt darher nur "perception", nicht "reasoning" vor (Treatise on human nature I, Ausgabe von Green und Grose, Seite 376). Man sieht, wie hier unter Aufrechterhaltung des Begriffs der psychischen Arbeit (als deren typischer Fall das "reasoning" gilt,) HUME darin, daß er jene Relationssetzung als Fall psychischer Nicht-Arbeit oder Anschauung charakterisiert, von uns abweicht.
    20) Hieraus folgt, daß gewisse Resultate psychischer Arbeit auch anschaulich werden können, und zwar wird dies gemäß unserer Definition der Anschauung über dort der Fall sein können, wo eine fortgesetzte Übung einen Neuaufwand psychischer Arbeit überflüssig macht. Anschauungen, die so entstehen, würden nicht, wie LEIBNIZ es wollte, ein verworrenes, vielmehr ein durchgearbeitetes Denken repräsentieren. Hiermit ist eine Stelle angegeben worden, an welcher die Analogie zwischen physischer und psychischer Arbeit versagt. Ich schöpfe hieraus den Anlaß gegen die Opposition, wie sie LOTZE gegen das Hereinziehen mechanischer Analogien in das Gebiet der Psychologie in ziemlich feierlicher Weise bekundet hat (Metaphysik, 1879, Seite 352), Verwahrung einzulegen. Denn vorerst ist der Gefahr, welche die Benützung einer solchen Analogie zur Erklärung psychischer Tatbestände nach der Seite einer Verfälschung der letzteren hin an sich tragen dürfte, hinreichend vorgebeugt, wenn man sich darauf gefaßt hält, hier und dort einen Bruch der Analogie konstatieren zu müssen: ihrer Anwendung als  heuristischer Maxime  steht also jedenfalls nichts im Weg. Zu leugnen, daß sie mehr als dies ist, involviert eine petition principii [Fehlschluß vom Ansatz her - wp] nach der Richtung hin, daß man nach dem heutigen Stand der psychologischen Forschung kaum schon vergewissert sein kann, daß es nicht etwa ein Gesetz psychischer Erscheinungen sein kann, durch Begriffe der Mechanik ihrer Erklärun näher geführt zu werden. Ich erwähne übrigens, daß LOTZE selbst auf dem erwähnten oppositionellen Standpunkt nicht konsequent verharrt ist, wenn er es HERBART vorwirft, daß in dessen Weltansicht "der spezifische Begriff der Tätigkeit" zu wenig zur Geltung kommt, "ein Begriff, von dem wir immer glauben werden, daß er etwas Eigentümliches und in der Welt wirklich Befindliches bezeichnet" (a. a. O., Seite 534), und wenn er allenthalben die Relationssetzungen als psychische Tätigkeiten denkt, die durch Vorstellungen als durch Reize ausgelöst worden sind. Die Ersetzung des Ausdrucks psychische Tätigkeit durch den präziseren der psychischen Arbeit kann die im Text vorgebrachten Ansichten zumindest den LOTZEschen gegenüber nicht in Nachteil setzen.
    21) F. A. LANGE, Geschichte des Materialismus II, zweite Auflage, Seite 117; vgl. desselben Autors "Logische Studien", Seite 9 und 134f.
    22) Demgemäß würde man sich gegenwärtig zu halten haben, daß die "Fälle" von Anschauung einerseits, von psychischer Arbeit andererseits keine reinen sind, sondern nur Maxima, bzw. Minima idealer, aber eben darum zu Erklärungszwecken vorzüglich geeigneter Erscheinungsweisen darstellen.
    23) Würde man freilich auch die hinter den Kulissen des Bewußtseins vor sich gehenden Arbeiten mit in Betracht ziehen wollen, so würde das unmittelbar "Gegebene" noch weit mehr, vielleicht auf die Perzeption kleiner farbiger Flächen reduziert werden müssen. Vorerst ist die Wahrnehmung von  Formen  äquivalent derjenigen von Grenzen, von deren nur  uneigentlicher  Anschaulichkeit weiter unten die Rede sein wird. Die Auffassung eines Raumdings als einer (linearen)  Größe  dürfte als Residium des Vollzugs mannigfacher Distanzrelationen anzusehen sein. Die Wahrnehmung des  Glanzes  hat ihre psychophysische Vorgeschichte in der Kombination verschiedenartiger Eindrücke, wie sie beiden Augen oder auch nur  einem  Auge zufließen mögen, im Wettstreit der Sehfelder und dgl. mehr (vgl. HELMHOLTZ, Physiologische Optik, Seite 782f; WUNDT, Physiologische Psychologie II, Seite 150f). Daß dann schließlich eine Reihe namhafter Psychologen die Wahrnehmung  einer  (der  dritten)  oder  aller  Körperdimensionen auf gleichem Fuß behandeln, ist sattsam bekannt.
    24) Zur Jllustration des hier waltenen psychischen Moments vergleiche man den von HELMHOLTZ (Physiologische Optik, Seite 435f) statuierten Unterschied zwischen "Empfindung" und "Erfahrung"; sowie STUMPF, Über den psychologischen Ursprung der Raumvorstellung", Seite 208f.
    25) Die in der angegebenen Weise aufgefaßte Abstraktion bringt es mit sich, daß zur Bildung eines Begriffs eine Vielheit von Gegenständen nicht, wie die landläufige Ansicht es will (vgl. z. B. DROBISCH, Logik, vierte Auflage, § 18f), unumgänglich notwendig ist, sondern es allenfalls genügt, einen einzigen Gegenstand in bestimmter Hinsicht ins Auge zu fassen. Der Umstand, daß hierbei mehr  psychische Arbeit  zu leisten ist, als wenn man, wie üblich, durch die Vorführung eine Vielheit von Gegenständen deren Gemeinsames einleuchtend macht und deren (minder häufig auftretende) Besonderheiten sich abschleifen läßt, erklärt es, daß Abstraktion umso  schwieriger  ist, aus je weniger Exemplaren sie erfolgen soll.
    26) LOCKE, Essay concerning human understanding II, Kap. 11, § 6.
    27) HUME gibt ganz allgemein das "augmenting" [verstärken - wp] und "diminisching" [vermindern - wp] neben dem "compounding" [vermischen - wp] und "transposing" [umsetzen - wp] als Grundmittel an, um von seinen "impressions" zu den "ideas" zu kommen (Enquiry concerning human understanding, Teil II). Vgl. ferner die charakteristische Stelle: "I have already observed, in examining the foundation of mathematics, that the imagination, when set into any train of thinking, is apt to continue, even when its object fails its course without any new impulse" (Treatise on human nature I, a. a. O., Seite 487
    28) Darüber, daß in manchen Fällen die  crescendo  [ansteigend - wp] oder  diminuendo  [absteigend - wp] fortführende Phantasie hinter der Wahrnehmung sogar zurückbleibt, vgl. STUMPF, Tonpsychologie, Seite 179.
    29) KANT, Kr. d. r. V. a. a. O, Seite 142
    30) Den Begriff eines  "Resultats"  überhaupt gewinnen wird unabhängig von aller Anschauung, aus dem  Vollzug  einer beliebigen Relation.
    31) Präzise gesprochen, wäre diese Annahme auf die Form des bekannten mathematischen Schlusses von  n  auf  n + 1  zu bringen.
    32) SCHOPENHAUER, Die Welt als Wille und Vorstellung I, § 12.
    33) Vgl. auch A. J. C. BECKER, Abhandlungen aus dem Grenzgebiet der Mathematik und Philosophie, Seite 28 und 31
    34) Man darf nicht beschränkend sagen:  "nächst höherer Dimension", weil Flächen außer Linien auch Punkte, und Körper außer Flächen auch Linien und Punkte zu Grenzen haben können und kein entscheidender Grund dafür aufzufinden sein möchte, warum z. B. Punkte nicht unmittelbar auch als Grenzen von Flächen und Körpern sollen angeschaut werden können.
    35) Vgl. meine Untersuchungen über das Kausalproblem, Seite 24f und 76.
    36) Wenn STUMPF (Raumanschauung, Seite 280, Anm.) sagt: "Die Annahme, daß wir in der  Grenze  zwischen zwei Farbenflächen oder in ihrer Schnittlinie eine mathematische Linie  wirklich anschauen,  ist psychologisch nichtig, weil wir nur anschauen, was eine Farbenqualität besitzt, die Grenze aber beitzt keine.  Oder ist sie rot und grün zugleich? dann würden wir sie in der Mischfarbe sehen",  so stimme ich zwar in der Leugnung einer "wirklichen Anschauung" der Grenzen, nicht aber in der Begründung dieser Leugnung mit ihm überein: denn es scheint mir nicht erlaubt, ein vorerst nur für  Flächen  geltendes Gesetz (das der Farbenmischung) ohne weiteres auf Linien zu übertragen. Vgl. übrigens auch die folgende Anmerkung.
    37) Es würde, um noch ein Argument, auf das man vielleicht verfallen könnte, zu erwähnen, nichts fruchten, wenn man die Zweifarbigkeit der Grenzlinien vermöge des Grundsatzes: wonach eine von den Gliedern einer Reihe geltende Eigenschaft auch von der Grenze derselben gilt, erweisen wollte. Denn gäbe man auch zu, daß eine Linie als Grenze (limes) einer Reihe, deren (immer abnehmende) Glieder Flächen sind, angesehen werden darf, so würde doch, wie sich leicht zeigen läßt, jener Grundsatz selbst, in der hier benötigten Allgemeinheit nicht aufrecht zu erhalten sein.
    38) SIGWART, Logik II, Seite 62f
    39) Bekanntlich wird auch der Winkelt zwischen zwei  krummen  Linien, sofern es sich nicht bloß um eine populäre Auffassung, sondern um eine exakte Definition desselben handelt (über den Gegensatz dieser beiden Gesichtspunkte vgl. LEIBNIZ' Abhandlung "In Euclidis prota", Ausgabe von PERTZ, 3. Folge, 5. Bd., Seite 190f) durch die an die krummen Linien in dem betreffenden Punkt gezogenen Tangenten (also abermals durch  gerade  Linien) bestimmt gedacht (vgl. auch die Anmerkung HOÜELs in dessen "Essai critique sur les principes fondamentaux de la géométrie élémentaire", zweite Auflage, Seite 12, zur Definition VIII des  Euklid). 
    40) SIGWART, Logik II, Seite 67
    41) Vgl. AUGUSTE COMTE, Cours de philosophie positive, Teil 1, Seite 260f
    42) Ich werde die hier offen gelassene Lücke in einer späteren größeren Publikation ausfüllen.
    43) Vgl. LANGE, Logische Studien, Seite 132
    44) Vgl. BOLZANO, Beiträge zu einer begründeteren Darstellung der Mathematik, Anhang, und "Wissenschaftslehre", § 79.
    45) Vgl. BENEKE, System der Metaphysik etc., 1840, Seite 230f; PAUL DUBOIS-REYMOND, "Allgemeine Funktionentheorie", Seite 94, Anm.; meine Anzeige dieses Buches in der  Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie,  1885, Seite 255.
    46) Vgl. ÜBERWEGs im Anhang zum Buch von DELBOEUF "Prolégoménes philosophiques de la géométrie etc.", Seite 81. BENNO ERDMANN, "Axiome der Geometrie", Seite 37 und 161. POSKE, in der "Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie", 1884, Seite 395f.
    47) Nur, um die nächstliegende Richtung anzudeuten, nach welcher man sich eine Beeinflussung geometrischer Ansichten durch die im Text nachgewiesene Auffassung unserer Vorstellungen geometrischer Gebilde zu versprechen hat, erinnere ich an eine Äußerung HUMEs, durch welche die Genauigkeit und Gewißheit der Geometrie angefochten werden soll: es sei z. B. der Satz "zwei Gerade können nur einen Punkt, kein Linienelement gemein haben" problematisch, weil "wo der Winkel, den sie bilden, sehr klein ist, wir keinen hinreichend genauen Maßstab der Geradlinigkeit haben, ums uns vor der Wahrheit des Satzes vergewissern zu können" (Treatise on human nature I, a. a. O., Seite 373f; - als ob jener Satz von sinnlich wahrgenommenen oder imaginierten "Geraden" gelten sollte und insofern einer Bewahrheitung durch reale Messung fähig sein müßte.
    48) Die vorstehenden Zeilen waren längst geschrieben, als das Osterprogramm des Königlichen Friedrichs-Gymnasiums zu Breslau, enthaltend eine Abhandlung von H. VOGT, "Der Grenzbegriff in der Elementarmathematik", in meine Hände gelangte. Die Auführungen des ersten Kapitels derselben ("Die geometrischen Grundbegriffe") decken sich vielfach mit den im Text vorgebrachten.
    49) H. HANKEL, Leipziger mathematische Annalen, Bd. XX, Seite 63f.
    50) HANKEL, a. a. O., Seite 75, Anm.
    51) HANKEL, a. a. O., Seite 85
    52) Eine solche Funktion wird von HANKEL hingeschrieben, a. a. O., Seite 98; vgl. ebd. Seite 107f
    53) HANKEL, a. a. O., Seite 82; vgl. auch die WEIERSTRASS'sche Funktion im "Journal für die reine und angewandte Mathematik", Bd. 79, Seite 29
    54) HANKEL, a. a. O., Seite 81
    55) HANKEL, a. a. O., Seite 83
    56) WUNDT, Logik II, Seite 12
    57) Um Mißverständnissen vorzubeugen, erkläre ich ausdrücklich, daß es mir nicht einfällt, zu leugnen, daß die Abstraktion auch bei der Bildung dieser Begriffe eine Rolle spielen könnte. Diese Rolle ist aber stets eine sekundäre, und erklärt niemals die Entstehung jener Begriffe.
    58) BOLZANO, "Wissenschaftslehre", §§ 64, 72 Anm. und 85; Paradoxien des Unendlichen, § 14.
    59) Vgl. MEINONG, a. a. O. Hume-Studien I, Seite 49f; II, 86f; im Sinne dieses scharfsinnigen Autors verwende ich auch den Terminus "Fundament einer Relation" (vgl. II, 44f)
    60) MEINONG, Hume-Studien II, Seite 86f
    61) Vgl. LOCKE, Essay etc., II, 16. 8; BOLZANO, Paradoxien, § 11.
    62) Vgl. noch DÜHRING, Natürliche Dialiektik, Seite 116f
    63) Vgl. BOLZANO, Wissenschaftslehre, § 86, 1; ÜBERWEG, Logik, § 53; und insbesondere FREGE, "Die Grundlagen der Arithmetik", 1884, Seite 58f. Inwiefern ich mich übrigens mit den Bemühungen des letztgenannten Autors aufgrund des Zusammenhangs zwischen Begriffsinhalt und Begriffsumfang den Begriff der Anzahl zu logifizieren, nicht einverstanden erklären kann, wird im Laufe dieser Abhandlung noch ausführlich zur Sprache kommen.