p-4cr-2H. KleinpeterW. SchappM. SchlickJ. SchultzW. Windelband    
 
WILHELM REIMER
Der phänomenologische Evidenzbegriff (1)
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"Die Tätigkeit des setzenden Aktes muß auf irgendeinem Grund, einem Rechtsanspruch beruhen. Als solcher aber kann für ein Bewußtsein nur etwas auch Bewußtes gelten. Das charakteristische Synonym für dieses Bewußte ist das im Bewußtsein Gegebene. Eine Gegebenheit ist ein sachliches Motiv für die bestimmte auf sie bezogene Intention, hier des Urteilens, und es ist klar, daß Rechtsgrund eines solchen Sinns nur eine Gegebenheit genannt werden kann, die dem Sinn der Intention entspricht."

Bekanntlich steht im Mittelpunkt der phänomenologischen Erkenntnistheorie (2) der Begriff der Intention. Er bedeutet dem Wort nach "Absicht", "Richtung", "Beziehung" und schließt den eines "etwas" ein, "auf das" sie bezogen wird. Das umfassendste Beispiel einer solchen Bezüglichkeit ist, auf Erlebnisse angewendet, das Bewußtsein. Die Intentionalität ist diejenige Eigenschaft des Bewußtseins, durch die es aus der bloßen subjektiven in einem gegenständliche Sphäre rückt: es gibt kein Bewußtsein, das nicht Bewußtsein von etwas wäre. Die Intentionalität ist also eine Grundeigenschaft des Bewußtseins, es gehört zu dessen Begriff, ein Objekt zu haben. Insbesondere gilt dies vom erkennenden Bewußtsein. Wir "wissen" "vom" Bewußten vermöge der Intentionalität des Denkens. So hat der Terminus intentio in der Scholastik die allgemeinste Bedeutung notio, Kenntnis, Begriff, Meinung erhalten. Alles was wir "meinen", sei es durch Wort, Begriff, Urteil, ist korrelater Gegenstand, "Sinn", der darauf intendierenden Funktion: wir sprechen daher von "Akten" der Intentionen. Beide sind durch gegenseitige Bestimmungen miteinander verschmolzen und nur durch Abstraktion voneinander zu trennen (ähnlich wie die "Gebilde" von den Funktionen CARL STUMPFs), doch soll der Unterscheid von Sinn und Akt nicht etwa bloß logisch zu erschließen, sondern zugleich als solcher gewußt und beide auch so - z. B. der sachhaltige Gegenstand des Urteils von seiner Bejahung - prinzipiell verschieden sein. Die Trennung ist eine abstrakte, aber keine fiktive. Die Mehrheit der intentionalen Erlebnisse zu zergliedern, ist die Hauptaufgabe der Phänomenologie, in der wiederum die Wesenslehre von der Evidenz "ein relativ kleines, aber fundamentales Stücke der Phänomenologie der Vernunft" (3) bedeutet.

Orientieren wir uns jetzt hinsichtlich der Evidenz am Urteil als dem Prototypen der thetischen Akte von Gewißheit, für die Evidenz unbestritten gilt, durch eine kurze apriorische Überlegung (4). Die Tätigkeit des setzenden Aktes muß auf irgendeinem Grund, einem Rechtsanspruch beruhen. Als solcher aber kann für ein Bewußtsein nur etwas auch Bewußtes gelten. Das charakteristische Synonym für dieses Bewußte ist das im Bewußtsein "Gegebene". Eine "Gegebenheit" ist ein "sachliches" Motiv für die bestimmte auf sie bezogene Intention, hier des Urteilens, und es ist klar, daß Rechtsgrund eines solchen Sinns nur eine Gegebenheit genannt werden kann, die dem Sinn der Intention entspricht. Ich bin zu dem Satz: "ich empfinde Schmerz" gegenständlich berechtigt, sobald ich die Schmerzempfindung habe und mir der Bedeutungen und Benennungen bewußt bin. Ich mache die Intention andererseits, weil ich den Schmerz als gegeben erlebe. Und so allgemein: der Anspruch auf Geltung, der in der Meinung eines Urteils liegt, muß durch Gegebenheiten "erfüllt" sein, dem "bloß gemeinten" ein "gegebener" gegenüberstehen. Wie geschieht das?

Da der Sinn der Intention, das "Geurteilte", in seinem logischen Wesen erst ein Gebilde der Intention, der Gegenstand des Urteils aber, das Beurteilte, gegeben und in seiner Gegebenheit der Grund des intendierten Sinnes sein soll, so darf der Sinn selber nur der erst durch die Intention entfaltete Gegenstand selber sein. Der Sachverhalt muß als ihr Ausdruck in der "Sache" bereits enthalten sein. Nun ist diese "Sache" mir "gegeben" nur wieder durch die allgemeine Intentionalität meines Bewußtseins, ich "weiß" von ihr nur und schon in der Form eines "Sinnes". Aber das aktmäßige Korrelat dieses Sinnes ist ein anderes als das des ersteren. Es ist kein rein bedeutender, sondern ein Akt, der mir die Gegebenheit selber erst darbietet und durch den ich allererst eine Erfahrung von ihm erhalte: ich kenne den Sachverhalt zweifach: einmals als Sinn eines bloß meinenden, sozusagen leeren Aktes, das andere Mal als Verhalt der Gegebenheit, als Korrelat eines "gebenden Aktes" (5). In dieser Doppelthei desselben, logisch identischen Sachverhalts liegt seine Funktion als Rechtsgrund. Durch die Identität des Sachverhaltes werden seine beiden Akte zu einem realen Ganzen geeint, der bloß meinende wird selber zu einem erfüllten, durch Sache erfüllten, sachlich motivierten. Die Sache war in unserem Beispiel ein Erlebnis im engeren Sinn. Dies hat jedoch eine allgemeine Bedeutung: indem ein erfüllter Sinn als Motiv für die ihn logisch erst bestimmende, meinende Intention gegeben, "erlebt" wird, geschieht in Wahrheit nichts anderes als daß ihre Einheit erlebt wird. Auf dieser inneren Beziehung beruth nun unsere Vorstellung von Einsicht und Einsichtigkeit. Es "leuchtet ein", daß etwas so oder so ist, wenn mir der gemeinte Sinn als gegebener Sachverhalt gegenwärtig ist. Evidenz ist, wie HUSSERL in neuer Fassung in den "Idenn zu einer reinen Phänomenologie" sagt: "Die Einheit einer Vernunftsetzung mit dem sie wesensmäßig Motivierenden" (6) oder in der alten psychologistischer klingenden Fassung der Logischen Untersuchungen: "Das Erlebnis der vollen Übereinstimmung zwischen Gemeintem und Gegebenem als solchen." (7)

Mit diesem Begriff von Evidenz hätten wir zugleich auf einer neuen Basis seine Beziehung zum alten Begriff der Wahrheit als einer "Übereinstimmung des Denkens mit seinem Gegenstand" wiedergewonnen. Der Gegenstand des Denkens (Meinens) ist das Gedachte. Wenn das Gedachte "so" ist (gegeben ist), wie ich es denke, so ist mein Denken richtig, das Gedachte wahr. Evidenz als Erlebnis der Übereinstimmung des Gemeinten und Gegebenen ist a priori nichts anderes als das Erlebnis der so definierten Wahrheit. "Wahrheit ist eine Idee, deren Einzelfall im evidenten Urteil aktuelles Erlebnis ist". (8) Wobei in unserem Zusammenhang zunächst ganz und gar unentschieden ist, wo immer wir ein solches Erlebnis wirklich vorfinden, oder ob es nicht, wie in unserer theoretischen Entwicklung, eine apriorische Forderung ist, die in strenger Eigenheit in unserem Denken nirgends verwirklicht ist, d. h. selber eine "Idee".


I. Die Vorbedingung der theoretischen Geltung:
die Intentionalität

Offenbar ist die grundlegende Voraussetzung zunächst für die theoretische Geltung des Begriffs die Annahme der Intentionalität der Erkenntnis überhaupt. Für diese, die zugleich der Kerngedanke jedes Idealismus ist, gibt es keine Begründung mehr als den Hinweis auf die Aussage des sich auf sich selbst besinnenden Bewußtseins, sie ist ein Urfaktum, das sich letztlich nur vorfinden und konstatieren läßt. Es zu leugnen, kann nur einem sehr konsequenten, krasser gesagt, bornierten Assoziationspsychologismus gefallen, dessen Typus ein allgemeiner phänomenalistischer und genetischer Sensualismus ist. Unser Denken ist logisch etwas mehr als eine Transformation der psychischen Schnitzel einer "Empfindungsgignomene" [-gegebenheiten nach Th. Ziehen | wp] zu "Sukzessivverknüpfungen", es geht auf Gegenstände, die es "meint", findet Sachverhalte, die seinen "Gedanken" entsprechen, bildet Urteile, denen "Sätze" zugehören. Zu meinen, daß unser Denken nichts "meint", daß es keinen "Sinn" hat, das ist selber eine recht sinnlose Meinung. Daß unser Denken, aber nicht unser Denken allein, sinnhaft ist, ist die erste und fundamentalste Eigenschaft, die das Denken sich selber zuerkennt. Darüber herrscht, wie es scheint, zumindest unausgesprochen in der heutigen Erkenntnistheorie (9) ein weitgehender Konsens. Mit der Intentionalität ist in Wirklichkeit die Geltung der "Idee" als Begriff bereits gewährleistet. Es fragt sich jetzt - objektiv - unter welchen Bedingungen diese theoretische Geltung in einem realen Vorkommnis verwirklicht ist.


II. Die materialen Bedingungen:
Gegebenheit und Intention.

1. Die Formen der Gegebenheit
a. Die Gegebenheit als Gegebensein.

Die Evidenz ist als Vorkommnis erwiesen, wenn Fälle gezeigt werden können, wo der Sinn der Intention durch eine unmittelbare Gegebenheit seine Erfüllung findet. Gegebenheit aber deckt offenbar eine Intention, wenn die bloße Gegebenheit gemeint ist. Seit es eine Erkenntnistheorie gibt, beruft sich diese auf die Gegebenheit der Wahrnehmung (10). Jedes Urteil über ein Dasein gründet in der Erfahrung einer Wahrnehmung. Ein wirkliches Wahrnehmungsurteil also wäre evident, sofern es den Sinn eines Existenzialurteils hat.

Aber es ist auch möglich, hier sogar a priori sozusagen die notwendige Wirklichkeit der Evidenz zu erweisen. Nehmen wir den intentionalen Akt eines echten Urteils, so wird klar, daß seine Grundform, die Annahme oder Glaubensdoxa in einem Sinn in jedem Urteil erfüllt sein muß. Wenn überhaupt etwas gegeben ist, so ist die Bejahung desselben unmittelbar gedeckt: das Faktum der Gegebenheit dürfte doch wohl die eigene Voraussetzung dieses Urteils sein, ohne die es sich selbst aufhebt, - nicht dasselbe, aber ein Analogon zum Urfaktum, das DESCARTES konstatiert. Es genügt zu wissen, daß es zumindest ein evidentes Urteil in dem definierten Sinn geben muß, nämlich das Gegebenheitsurteil über "Gegebenheit schlechthin". Dieses eine Urteil widerlegt zugleich NELSONs Bedenken (11) gegen den Evidenzbegriff: es ist ex hypothesi zugleich wahr und evident. Und wiederum ist aus denselben Gründen evident, daß das Gegebenheitsurteil über die Gegebenheit wahr sein muß. Es ist also evident, daß es Evidenz gibt und daß Evidenz wahr ist. Jede Bezweiflung der Evidenz im definierten Sinn hebt sich selbst auf - von Neuem ein historisches Analogon: jeder radikale Skeptizismus ist zur epoche [Urteilsenthaltung - wp] verdammt! In unserem Fall: gesetzt, es gäbe keine Evidenz, so wäre die These, daß es keine gibt, - ein blindes Urteil!

Mit dem Evidenzgrundurteil ist die inhaltliche Unendlichkeit der individuellen Gegebenheitsurteile der Evidenz gewonnen. Da wir den Gegebenheitsbegriff wohl erst lernen an den konkreten Inhalten oder Erscheinungen, wenn sie wahrgenommen werden, so dürften zunächst alle bloßen Existenzwahrnehmungen dieser evident sein. Das Wahrnehmungsurteil im gewöhnlichen Sinn dagegen besagt eine ganze Mannigfaltigkeit von Intentionen, deren wirkliche oder vermeintliche Erfüllung festzustellen keineswegs immer leicht ist. So ist mit der Wahrnehmungsevidenz nicht die jedes angeblichen Wahrnehmungsurteils proklamiert. Selbst Urteile der inneren Wahrnehmung können täuschen. Wir dürfen mit MEINONG auch von "Scheinwahrnehmungen oder bloßen Aspekten reden (12).

Im Falle der Wahrnehmungsexistenz verstehen wir ohne weiteres, was gemeint ist mit dem Erlebnis voller Übereinstimmung des Gemeinten und Gegebenen als solchem, was es heißt, ein Urteil ist durch eine Gegebenheit "erfüllt" und also evident. Aber wo steckt die Gegebenheit in all den Fällen, wo der gemeinte Gegenstand keine eigentliche Existenz ist, sondern etwa eine ideale Beziehung? Welche Gegebenheit erfüllt die Meinung 2 x 2 = 4?, oder ein Urteil über die Winkelsumme im Dreieck, welches frei von aller Beziehung zu einem Dasein in sich selber gründet? Während die bisherigen Evidenztheorien sich allezeit an das analytische Urteil, überhaupt an Notwendigkeitsurteile zu halten liebten, für die von je einwandfrei von Evidenz gesprochen zu werden pflegte, finden wir hier die merkwürdige und befremdende Erscheinung, daß für den phänomenologischen Evidenzbegriff sich gerade die Evidenz des Assertorischen [Behauptung - wp] auf den ersten Blick ergibt, während das Apodiktische [Demonstrierbares - wp] seine Einsichtseigenschaft erst zu begründen genötigt ist. Es muß gezeigt werden, daß im Gegebenen mehr liegt als die Möglichkeit zu nackten Existenzaussagen.


b. Die Bestimmtheit der Gegebenheit.

Die Wahrnehmungsurteile repräsentieren als Art eine Gattung von Urteilen, die alle in einer Gegebenheit wurzeln, es sind die sogenannten "empirischen" Urteile assertorischer Geltung, die Urteile a posteriori [im Nachhinein - wp]. Alle Tatsachen der Tatsachengesetze, alle vérités de fait [Glaubenswahrheiten - wp] gründen schließlich in der Anschauung eines gegebenen Daseins. Aber sie intendieren zugleich weit mehr als die bloße Existenz, ja sie sind in ihrer Mannigfaltigkeit gar nicht begreiflich, ohne daß sie eine Feststellung ihrer Unterschiede, ihres Soseins enthalten. Wo ist nun ein Grund, die Rolle des Gegebenen zu der meinenden Intention anders einzuschätzen als im Existenzialurteil? Auch die Evidenz des Soseinurteils über die Gegebenheit muß - immer abgesehen vom besonderen Fall, in dem die Erfüllung problematisch bleibt - gleichartig sein: gegeben ist die Gegebenheit mit allen ihren Eigenschaften und Beziehungen. Wir formulieren das Sosein als logisches Gebilde in der Form einer bestimmenden Meinung, eines Sachverhaltes, aber es kann dieser nur in "Sache" selbst schon enthalten sein. Daß das Gegebene mit allen seinen inneren Beziehungen in sich ausgerüstet ist, ist die dritte fundamentale Bedingung des Evidenzbegriffes; ohne den Anteil der Gegebenheit als Bestimmtheit wäre die Evidenz für unser Erkennen wertlos.

Der objektive Idealismus bestreitet die Bestimmtheit des "Gegebenen" auf das Entschiedenste. Er sagt uns, der Gegenstand wird erst durch die Bestimmung des Denkens zu einem bestimmten: "Bestimmung ist Denken", Erfahrungsbestimmtheit also muß selbst Denkbestimmtheit sein, nämlich die volle gegenüber der abstrakten Denkbestimmtheit der allgemeinen Gesetze, die vielmehr nur eine Anweisung auf die Bestimmung und Bestimmungsmöglichkeit als wirkliche Bestimmung ist. Das vermeintliche "Gegebene" wird der Erfahrung zu einem X, zum erst zu Bestimmenden und zwar niemals schlechthin zu Bestimmenden", "es ist kein Absolutes, auf das das Denken gleich einer starren Wand stößt und an der es zum Stillstand kommt" (13). Gegebensein ist nur zu verstehen als Charakter einer noch zu lösenden Aufgabe, ihn auf seinen Ursprung aus dem Einheitsgrund des Denkens zurückzuführen.

Es wird sich an anderer Stelle eine Gelegenheit bieten, den berechtigten Kern dieser Auffassung herauszuschälen. Hier nur soviel: wäre jene Ansicht richtigf, so müßte sich das Denken als das allein Bestimmende erweisen. Der materiale Faktor des Gegebenen steht dem entgegen. Es hätte in allem und jeden Betracht keinen Sinn, von deskriptiver, experimenteller usw. Wissenschaft zu reden, wenn der Gegenstand nicht bereits als eine Bestimmtheit dem Denken gegenüber stände: es wäre unmöglich den Gegenstand als eine "Aufgabe" zu betrachten, wenn seine Bestimmbarkeit durch das Denken nicht in einer Bestimmtheit gegenständlicher Natur ihren Grund hätte. Beruft sich der Idealist auf die Relativität aller Bestimmtheit, auf die gegenseitige Bezüglichkeit der Gegenstände in einem Ordnungssystem - nun denn, woher nimmt das Denken dann die Anhaltspunkt für die besondere Einordnung, wenn nicht aus der Bestimmtheit des Gegenstandes selbst? Wäre das Gegebene ein absolutes X, so wäre, wie FRISCHEISEN-KÖHLER (14) mit Recht hervorhebt, die Einordnung in dieses Relationssystem völlig richtungslos. Offenbar ist diese Einordnung selbst in einem System von "bloßen" Begriffen dem Denken überlassen nur in seinen Ansatzpunkten. Der Begriff, als logisches Kunstmittel, bezieht seine Bestimmung freilich aus dem Denken, nämlich durch die verschieden mögliche Art seiner Definition: ich kann den Kreis bestimmen durch seine anschaulichen Eigenschaften, durch seine Entstehungsgeschichte als Linie, durch seine analytische Gleichung. Das Objekt, das er "meint" undd sei es auch ein rein "gedachtes", kann diese Bestimmtheit nicht dem Denken verdanken, darauf weist sofort die Unterscheidung möglicher und unmöglicher Gegenstände, leerer und gegenständlicher, insbesondere a posteriori gegenständlicher Begriffe hin. Das Sosein ist also immer zugleich ein objektives Sein, der Sachverhalt ist seinem Inhalt nach vom erkennenden Bewußtsein unabhängig und eben insofern sprechen wir von einer "Gegebenheit". Von einem "Aufgegebensein" kann man nicht reden bei den "Gegenständen", sondern allein bei ihrer Erkenntnis, d. h. der der gedanklichen Einordnung des gegenständlichen Begriffs in ein erschöpfendes System. Insofern dieses System ein aufgegebenes Ideal ist, ist der in ihm bestimmte Begriff des Dings, nicht dieses selbst aufgegeben, denn dieses gibt dem Denken erst die Richtlinien, nach welchen das Denken es in das System eingliedert. Die Unbestimmtheit des Gegebenen ist nur eine "für das Denken", die Beziehungen, unter denen es steht, bringt die Gegebenheit dem Denken schon entgegen. Für den beschreibenden Naturforscher sind Lungen, rudimentäre Skelettteile wie fünfzehige Extremitäten in den Flossen und im Leib des Walfisches sichtbare Gegebenheiten und er kann daher sagen: daß der Walfisch ein Säugetier ist, ist für ihn eine durch eine "Gegebenheit" erfüllte Meinung, ist evident. Schränken wir den Begriff des Gegebenen auf das Bewußtseinsgegebene ein, so erhellt sich erst recht die Evidenz der Soseinsurteile darüber. Denn auch rein psychologisch betrachtet sind die einfachsten Beziehungen zwischen den seelischen Gegebenheiten genauso unmittelbar gegeben, wie die absoluten Gegebenheiten selber. Auch hier redet der objektive Idealismus z. B. von der Empfindung als einer Aufgabe, auch hier ist zu betonen, "daß in der Anschauung mehr enthalten sein muß als eine bloße Aufgabe der Erkenntnis" "die Empfindung selbst ist schon bestimmt, sonst könnte sie keine Aufgabe sein" (15). Ihre Beziehungen bringen die Inhalte auch hier schon mit sich auf die Welt. Gleichheit, Ähnlichkeit, Steigerung und dgl. sind solche Verhältnisse, die an und mit den absoluten Inhalten, den "Erscheinungen", zwischen denen sie bestehen, und in demselben Sinn wie diese "wahrgenommen" werden (16). Wären sie es nicht, so könnte in keinerlei Hinsicht von der Evidenz selbst der inneren Wahrnehmung die Rede sein, denn auch von den absoluten Inhalten dieser wissen wir nur, insofern sie sich als Gegebenheiten voneinander unterscheiden und in Beziehungen zueinander stehen. In dem Urteil, daß diese Farbe heller ist als jene, dieser bestimmte, wahrgenommene Gegenstand (gerade Linie A-B), größer ist als ein anderer ebenfalls wahrgenommener (a- b) wird das intendierte Hellersein, Größersein, sobald die gemeinten Komparative verstanden werden, tatsächlich als gegenwärtig vorgefunden (17): sonst würden wir uns umsonst fragen, was wohl evident wäre außer der leeren Tatsache, "daß etwas existiert".


c. Die Gegebenheit in
ihrer Strukturgesetzlichkeit.

Modifizieren wir die Urteilsmaterie des vorigen Beispiels und bilden die Intention: dieser bestimmte Helligkeitsunterschied zweier gegebener Erscheinungen a und b ist größer als der zwischen den gegebenen Helligkeiten a und c, wobei b heller ist als c; dieser bestimmte wahrgenommene Gegenstand (gerade Linie) AB ist größer als dieser andere Ab, der zu ihm gehört, sein Teil oder Stück ist, so finden wir die Gegebenheiten wiederum in genau demselben Sinn gegenwärtig vor, die Intention ist auf die gleiche Weise erfüllt durch eine Wahrnehmungsgegebenheit. Aber gleichwohl sind wir uns hier bewußt, daß der auf diese Gegebenheit bezügliche Sachverhalt keineswegs seine Evidenz meinem Vorfinden des Daseins der Gegebenheit zu verdanken hat, wenn dieses auch die conditio sine qua non [Grundvoraussetzung - wp] der Urteilsfällung ist. Er fließt vielmehr aus den inneren Beziehungen der Gegebenheit und hat von diesen seine Geltung. Und diese nicht aus dem Dasein, vielmehr dem gegebenen Sosein folgende Geltung ist keine äußerlich und zufällige, sondern auf das immanente Wesen der Gegebenheit bezogene, daher immanente Evidenz schaffende. Es ist durch das Sosein der Inhalte gesetzlich begründet, daß dieses Raumstück AB > Ab ist. Die Gesetzmäßigkeit erfahren wir in diesem Fall als eine anschauliche, nicht aus Begriffen, sondern aus den Eigenschaften der Gegebenheit als solcher fließende; sie muß also bereits vorher als solche in der Gegebenheit enthalten gewesen sein; in der ganzen Strukturgesetzlichkeit ihres Daseins ist uns die Gegebenheit gegeben. Der Gesetzlichkeit nun entspricht in der Sphäre der Erkenntnis das Moment der Notwendigkeit. Ist das Gegebene als von aller wahrnehmungsmäßigen Existenz unabhängige Gesetzlichkeit tatsächlich gegeben, so muß die Evidenz des Satzes darüber eine notwendige sein. Es ergeben sich also evidente Soseinsurteile von apodiktischem Wert. Solche Urteile bezeichnen wir im weitesten Sinne als "analytische" (18), oder wenn wir dieses vielfach auf Begriffliches eingeengte Wort lieber vermeiden wollen, mit von KRIES als "Reflexionsurteile" (19). Als solche gelten alle Urteile, deren Meinung nicht auf das Vorfinden bloßer Fakta, sondern auf immanente Beziehungen der Gegenstände selber gehen, auch wo diese Gegenstände etwa wirkliche existierende sein sollten. Alle die Sätze der sogenannten "analytischen Psychologie" DILTHEYs und SCHMIED-KOWARZIKs (20), auch der Phänomenologie der Sinne STUMPFs, soweit sie sich auf Strukturgesetzlichkeiten der Erscheinungen beziehen, wären hierher zu rechnen und nahe liegt es, KANTs synthetische Urteile a priori, die nach ihm in "reiner Anschauung" gründen, vor allem die der Geometrie als solche in einem weiteren Sinn "analytische" oder "Reflexions"urteile zu erklären (21). So folgt es aus der Natur des Raumes selber, nicht erst aus der Definition der Begriffe, daß nicht nur bestimmte Raumganze, größer sind als jene, sondern allgemein, daß jedes Raumganze größer ist als seine Raumstücke. An und für sich läßt sich also die Evidenz des Apodiktischen, die für den ersten Blick dem phänomenologischen Evidenzbegriff zu widerstreiten scheint, ohne Schwierigkeit erklärlich machen, sobald man sich von dem Vorurteil frei macht, als handele es sich bei apodiktischen Sätzen analytischer Natur nur um Begriffssätze.


d. Die Gegebenheit in den Begriffen

Soll der Evidenzbegriff sich bei der Apodiktizität allgemein bewähren, so muß jedenfalls angenommen werden, daß auch der Sachverhalt des verallgemeinerten Begriffssatzes: jedes Ganze ist größer als sein Teil, als Gegebenheit betrachtet werden kann. Diese Annahme ließe sich durch eine Besinnung auf die Bedeutung des "Gegebenen" rechtfertigen. Als "Gegebenes" kommt alles in Betracht, was das Bewußtsein "gibt", alles im Bewußtsein Vorfindliche, sei es nun zu bestimmen als Vorstellungspräsent oder -repräsent, Anschauung, Gefühl, Akt selbst oder was sonst. Auch das "bloß Gedachte" wird doch, insofern wir etwas von ihm wissen, im Bewußtsein anzufinden sein müssen. Die Frage hieße folglich, wie wissen wir um Begriffe?: es würde eine Repräsentations- und Abstraktionstheorie gefordert. Indessen diese - letztenendes rein psychologisch (22) auslaufende - Begründung können wir entbehren. Gewiß läßt sich denken, daß durch eine psychologische Repräsentation Sätze eine Erfüllung finden, in denen die zugrundeliegenden Begriffe durch Anschauung zustande kommen. Welche Schwierigkeiten aber böte eine derartige Repräsentation und damit die Evidenz bei Sätzen über abstrakte Begriffe wie Elastizitätsmodul, Kapazitätsfaktor, Integrationskonstante usw., abgesehen von Negationen wie Mangel und dgl. Offenbar haben wir es bei der Erfüllung von Begriffen und Begriffssätzen wesentlich nicht mit Modalitäten psychologischer Repräsentation, sondern mit rein logischen Bedingungen, denen alle Korrelate des bloßen Meinens unterliegen, zu tun.

Welche logische Leistung unterscheidet nun das in Begriffen Gemeinte von der gleich inhaltlichen Vorstellungsgrundlage? Zunächst nicht ihre von den älteren Theorien genannte Verschiedenheit hinsichtlich der Kategorie der Quantität. Hier würden sich jene Antinomien der an den Gattungsbegriffen orientierten Auffassungen etwa LOCKEs, BERKELEYs und HUMEs ergeben: ist die Vorstellung partikulär, so kann in ihr nicht die Allgemeinheit des Begriffs erschöpfend dargestellt sein, ist sie selber "allgemein", ein Gesamtbild, so müßte ihre Eigentümlichkeit in einer geringeren Bestimmtheit liegen. Die Bestimmtheit aber ist es gerade, die in praxi dem begrifflichen Denken einer Sache vor dem vagen hic et nunc [hier und jetzt - wp] schwankenden, lückenhaften Bild der Vorstellung seinen Vorzug gibt, die es möglich macht, mit ihm rechenmäßig zu verfahren. Die Eindeutigkeit der Bestimmung ist die eigentliche Charakteristik des Begriffs. Vergegenwärtigen wir uns, in welcher Weise wir diese gewinnen, so finden wir, daß es keineswegs geschieht durch ein ruhendes Vorstellungsäquivalent, einen Erscheinungskomplex. Wenn wir uns unter den wissenschaftlichen Begriffen von Objekten, für die Vorstellungsinhalte überhaupt in Frage kommen, umsehen, so sehen wir stattdessen logisch nur ein für alle mal gültige Anweisungen, wie die Dinge bestimmt werden, was in ihnen gemeint sein soll (23). Wenn ich den Kreis nicht durch seine Koordinatengleichung, sondern anschaulich definiere als "ebene geschlossene Linie, deren sämtliche Punkte von einem Punkt den gleichen Abstand haben", so könnte ja keinesfalls das als Vorstellungsbild gegenwärtige Raumgebilde diesen Anforderungen wirklich entsprechen; der Begriff gibt daher nur die Forderung, diese Merkmale ihm zuzuteilen. Wenn mir der Begriff der gleichförmigen Bewgung durch das einfache Verhältnis von in gleichen Zeiten zurückgelegten Strecken erklärt wird, so wird mir die Operation c = s/t, im Begriff der lebendigen Kraft die von ½ mv² zu vollziehen aufgegeben. Und welche Fülle von Operationen wird gefordert in einem Begriff wie dem des Preises als "Tauschwert eines Gutes, ausgedrückt in Geld" usw. Begriffe also sind Regeln der Vorstellung ("der Objekte, die dadurch begriffen werden sollen"), Anweisungen eindeutigen Meinens, Regeln für Akte. Durch "Merkmale" "erfüllt" sich der Begriff, wobei es dann vorkommen kann, daß er selber (ein "ursprünglicher" Begriff) sein eigenes Merkmal ist, d. h. die Anweisung gegebenenfalls nur durch die Herstellung von genetischen Bedingungen geschehen kann, durch den Hinweis auf den Umfang, durch Intuition in bestimmten einfachsten "gebenden" Akten. Die Identität der Intentionen also ist es, die Begrifflichkeit ausmacht. Wo den Ansprüchen dieser genügt ist, wo was wir "meinen" "klar und deutlich" ist, da ist folglich in einem Satz darüber auch Evidenz möglich (24).
LITERATUR Wilhelm Reimer, Der phänomenologische Evidenzbegriff, Kantstudien, Bd. 23, Berlin 1919
    Anmerkungen
    1) Die vorliegende Arbeit bot ursprünglich unter dem Titel "Der historische und der phänomenologische Evidenzbegriff" auch eine Ableitung der Typen der Evidenzbegriffe in der Philosophie der Gegenwart aus der energeia und der katalepsis der Griechen, über die evidentia objectiva der Scholastik zu den Keimen der moderneren Auffassungen bei DESCARTES, SPINOZA, LEIBNIZ, WOLFF, PLOUCQUET, CRUSIUS, LAMBERT, TETENS und KANT. Aus äußeren Gründen mußten diese und andere Ausführungen - etwa die Hälfte des Ganzen - fortfallen, ebenso wie die Berücksichtigung der neuesten Beiträge von MEINONG (Über Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, 1915) und GEYSER (Über Wahrheit und Evidenz, 1918).
    2) Vgl. HUSSERL, Logische Untersuchungen, Bd. 1, zweite Auflage 1913, Philosophie als strenge Wissenschaft, Logos, Bd. 1; Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Forschung, Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung, Bd. 1, 1913.
    3) HUSSERL, Ideen 300
    4) Wohlgemerkt: die Phänomenologie als wissenschaftliche Methode verfährt nicht so, sondern will vom Erlebnis ausgehend dessen eidetischen [anschaulichen - wp] Gehalt beschreiben und zur Anschauung bringen. "Deduktive Theoretisierungen sind ... von der Phänomenologie ausgeschlossen". (Ideen 140)
    5) HUSSERL faßt diese Akte als intuitive. Ich vermeide an dieser Stelle das Wort absichtlich.
    6) Ideen a. a. O. 284
    7) Logische Untersuchungen II, 594
    8) LU I, 190
    9) Aber auch der empirischen Psychologie, die sich immer mehr von den eine Zeitlang auch in Deutschland blühenden, an die englischen Systeme anknüpfenden, mannigfachen Assoziations- und Reproduktionspsychologien (G. E. MÜLLER, ERDMANN, ZIEHEN u. a.) abwendet. Hier war neben WUNDT mit seiner Apperzeptionspsychologie vor allem BRENTANO durch seinen Begriff der intentionalen Inexistenz von Einfluß. Intentionalität bedeutet bei ihm, daß jedes psychische Phänomen "etwas als Objekt in sich enthält, obwohl nicht jedes in gleicher Weise". In BRENTANOs Schule ist dieser Gedanke nie zur Ruhe gekommen, er bildet den eigentlichen Kern aller "Funktionspsychologien". Vgl. neuestens PHALÉN, Zur Bestimmung des Begriffs des Psychischen, 1914. Dann aber waren es auch, vielfach direkt auf Anregungen HUSSERLs zurückgehend, Experimentalpsychologen, KÜLPE, WATT, ACH, BÜHLER, MESSER, OTTO SCHULZE, BETZ, SELZ, WESTPHAL, die, teilweise auch mit dem Ausdruck "Intention", "Gedanke" die besondere Form eines eigenartigen, unanschaulichen "Wissens" betonen. SELZ z. B. sucht nachzuweisen, daß unvermittelte Lösungen von Aufgaben, bei denen ein bestimmtes Begriffsverhältnis oder eine bestimmte Beziehung zwischen Ausgangsgegenstand und gesuchtem Gegenstand (also Evidenzverhältnisse) größtenteils "Wissensaktualisierungen" sind, Wissen definiert als das "aktuelle und dispositionelle Bewußtsein von Sachverhältnissen".
    10) "Was als Tatsache unmittelbar einleuchten soll, muß wahrnehmbar sein." (CARL STUMPF, Erscheinungen und psychische Funktionen, 1907, Seite 9)
    11) LEONARD NELSON, Über das sogenannte Erkenntnisproblem, 1908, Seite 483f.
    12) Hinweise darauf sind die Tatsachen der Unterschiedsschwelle, oder wie STUMPF lieber sagt, der Urteilsschwelle für die Unterscheidung untermerklicher Empfindungsverschiedenheiten zwischen den Gliedern einer Reihe simultaner Eindrücke, für die das Prinzip: "Sind zwei Größen einer dritten gleich ..." nicht gilt, sowie die Tatsache oft unbemerkter Empfindungsänderungen. Sie zeigen mit aller Deutlichkeit, daß Fälle möglich sind, wo wir selbst "bei aller Anstrengung die eigenen Empfindungen nicht, wie sie in Wirklichkeit sind" erkennen.
    13) PAUL NATORP, Kant und die Marburger Schule, Kant-Studien, Bd. 17, Seite 193f.
    14) MAX FRISCHEISEN-KÖHLER, Wissenschaft und Wirklichkeit, 1912, Seite 45f.
    15) FRISCHEISEN-KÖHLER, a. a. O., Seite 55.
    16) vgl. die "Anschauungen" von EBBINGHAUS, Grundzüge der Psychologie, Bd. 1, Seite 438.
    17) BRUNSWIG, Das Vergleichen und die Relationserkenntnis, 1910 betont daher mit Recht, daß sich das Relationsurteil auf die vorgefundene Vergleichsrelation stützt, aus ihr einsichtig hervorgeht und daraus seine subjektive Evidenz schöpft.
    18) Nach SCHMIED-KOWARZIK, Umriß einer neuen analytischen Psychologie, 1912
    19) von KRIES, Logik, 1916
    20) Die analytische Psychologie geht ausdrücklich nicht auf das Dasein, sondern die von allem Wirklichvorfinden unabhängigen inneren Beziehungen der psychischen Erscheinungen. Ihre Sätze wollen daher Wesensgesetze von apodiktischer Geltung sein. Soweit sich die Phänomenologie HUSSERLs auf Erlebnisse bezieht, dürfte sie also zusammentreffen mit der analytischen "Psychologie". HUSSERLs Polemik gegen die psychologische Ansprache seiner Wissenschaft soll dementsprechend lediglich für die empirische (genetische) Psychologie gelten. In demselben Sinn wie die Phänomenologie läßt auch die analytische Psychologie "die Individuation fallen", während sie "den ganzen Wesensgehalt in der Fülle seiner Konkretion" ins Bewußtsein haben will. Auch die von SCHMIED-KOWARZIK empfohlende Methode der analytischen Psychologie, welche auf der Konstruktion von Modellen beruth, aus deren einmaliger Analyse sich apodiktische Ergebnisse folgern lassen, scheint in hohem Maße der eidetischen Methode HUSSERLs verwandt zu sein, für die "klare Fiktionen", nicht nur ebenso gute, sondern "in großem Umfang sogar bessere Unterlagen bieten als Gegebenheiten aktueller Wahrnehmung und Erfahrung".
    21) Wie dies von KRIES tut (a. a. O.)
    22) Es sei erinnert, daß die Psychologie Tendenzen zeigt, die Anschaulichkeit der Begriffe ganz fallen zu lassen und sie durch eine "Bewußtheit", ein "Wissen um" und dgl. zu ersetzen. So lesen wir bei BÜHLER den Satz: "Eine Bedeutung kann man überhaupt nicht vorstellen, sondern nur wissen" (Psychologie der Denkvorgänge I, Seite 67).
    23) vgl. RIEHL, Philosophischer Kritizismus, Bd. 1, Seite 170.
    24) Dies bedeutet die Forderung der Begrifflichkeit bei LEIBNIZ. Die Klarheit bewirkt, daß ich einen Gegenstand von anderen "unterscheiden" kann, die Deutlichkeit wiederum die Genauigkeit der Unterscheidung durch die Angabe von Merkmalen. Im Besitz der Evidenz ist, wer die Merkmale einer Sache kennt, wie dies LEIBNIZ am Gold erläutert. Deutlich ist der Begriff "den die Münzwardeine [Münzbeamte zur Beaufsichtigung des Feingehaltes - wp] vom Gold haben, vermöge der Merkmale und Proben, die zur Unterscheidung von allen ähnlichen Körpern ausreichen", d. h. Härte, spezifisches Gewicht usw.