p-4 Walter BlumenfeldCarl StumpfErnst Laas    
 
ADOLF PHALÉN
Zur Bestimmung des
Begriffs des Psychischen


"Soll ein und dasselbe empirisch auf eine Weise, metaphysisch auf eine andere aufzufassen sein, so muß man zwischen etwas als Phänomen und demselben als Wesen unterschieden haben. Man kann nicht sagen, daß z. B. die Mechanik und die Chemie dasselbe, die räumlichen Erscheinungen, zum Gegenstand haben, obwohl sie diese von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachten. Sie haben verschiedene Gegenstände, nämlich verschiedene Bestimmungen dieser Erscheinungen. Daher kann man auch nicht sagen, daß man bezüglich ein und derselben Frage durch eine chemische Untersuchung zu einem, durch eine physikalische zu einem anderen Resultat kommt."


EINLEITUNG

I.

Stellt man sich die Aufgabe, einen gewissen Begriff zu bestimmen, so kann das in verschiedenen Fällen verschiedene Bedeutung haben. Es kann sich um eine Definition in einem formal-logischen Sinn handeln, umd eine Angabe des Genus proximum [nächsthöherer Gattungsbegriff - wp] und der Differentia specifica [unterscheidendes Merkmal - wp]. Eine solche Bestimmung ist indessen nicht bezüglich jedes Begriffs möglich. Geht man nämlich davon aus, daß alle Begriffe in einem formal-logischen Sinn definiert werden können, daß demnach bezüglich jedes Begriffs ein Genus proximum und eine Differentia specifica angegeben werden können, so muß man  entweder  annehmen, daß es einen allgemeinsten oder mehrere, in verschiedenen Serien allgemeinste Begriffe gibt, die dann, wenn sie in einem formal-logischen Sinn definiert werden sollen können, als Bestimmungen ihrer selbst, als sich selbst spezifizierend betrachtet werden müßten,  oder  man muß auch annehmen, daß hier eine unendliche Serie oder unendliche Serien von fortschreitender Allgemeinheit vorliegen. Die erste Alternative ist widersinnig. Ein allgemeinster Begriff, ein Genus summum, ist ansich widersprechend. Etwas, das bei einem Bestimmten als spezifizierend mit diesem Genus summum verbunden wäre, müßte selbst durch das Genus summum bestimmt sein, dadurch aber gelangt man in einen unendlichen Regreß, der die Annahme von etwas Anderem als eben dem Genus summum unmöglich macht, gleichzeitig damit, daß dieses in seiner Eigenschaft als Genus summum die Annahme von etwas Anderem in sich impliziert. Ferner kann niemals etwas als Bestimmung seiner selbst gedacht werden, da es ja solchenfalls verschieden von sich selbst und somit anders als es selbst wäre, und noch weniger kann etwas dann sowohl sein eigenes Genus proximum als auch seine eigene spezifische Differenz sein. Dies gilt offenbar auch, wenn mehrere in verschiedenen Serien allgemeinste Begriffe angenommen werden. Diese allgemeinsten Begriffe können nicht in einem formal-logischen Sinn definiert werden. Dagegen scheint es, daß, wenn man in dieser Hinsicht unendliche Serien annimmt, jeder Begriff müßte definiert werden können. Es fragt sich nun, ob derartige unendliche Serien angenommen werden können.

Daß dies nicht möglich ist, läßt sich jedoch durch Beispiele zeigen. Wie sollte z. B. Grünheit in diesem Sinn definiert werden können? Auch wenn man annähme, daß Farbe als eine allgemeine Bestimmung der Grünheit betrachtet werden könnte, so fragt es sich, was hier das Spezifizierende sein sollte. Dieses scheint nur als eben Grünheit angegeben werden zu können, diese aber soll ja das Spezifiziert sein und kann dann nicht spezifizierend sein, in wobei sie in diesem Fall eine Bestimmung ihrer selbst wäre. Man kann demnach nicht bezüglich jedes Begriffs berechtigt sein, ein Genus proximum und eine Differentia specifiac zu fordern. Daraus folgt natürlich nicht, daß die Begriffe, bezüglich deren diese Forderung unberechtigt ist, in dem Sinne unbestimmt sind, daß sie nicht von Anderen verschieden sind. Eine solche Konsequenz könnte nur aus der Voraussetzung folgen, daß etwas nur durch seine Bestimmungen von Anderem verschieden wäre. Dies würde jedoch offenbar zu einem unendlichen Regress führen. Nur sofern die Bestimmungen selbst von Anderem verschieden wären, könnte das, was die Bestimmungen hat, von Anderem verschieden sein. Die Bestimmungen aber wären der Voraussetzung gemäß nur durch ihre Bestimmungen von Anderem verschieden. In dieser Serie könnte das Erste nur durch das Zweite etwas Bestimmtes sein, das Zweite nur durch ein Drittes usw. in infinitum. Auf eine solche Weise wäre aber niemals eine Bestimmtheit denkbar.

Man wendet möglicherweise ein, daß auch die Grünheit definiert werden kann, nämlich als eine auf bestimmte Weise beschaffene Bewegung gewisser Teilchen. Offenbar kann aber Grünheit nicht dasselbe sein wie eine solche Bewegung, denn dann müßte auch der physikalisch Ungelehrte mit der Grünheit sich dieser Bewegung bewußt sein, was offenbar widersinnig ist. Man kann natürlich nicht mit LOCKE sagen, daß die Grünheit die unklar aufgefaßte Bewegung ist. Diese Auffassung kann ja nicht absolut unklar sein, denn in diesem Fall wäre keine Bestimmtheit aufgefaßt, dann läge ja aber auch keine Auffassung vor. Da aber das Aufgefaßte hier nur Bewegungsbestimmungen wären, so müßte auch für den physikalisch Ungelehrten Grünheit ein synonymer Ausdruck für gewisse Bewegungsbestimmungen sein. Daß Grün vorliegt, und daß gewisse Bewegungsbestimmungen vorliegen, wäre für ihn dieselbe Sache, was ja widersinnig ist. Die Grünheit kann somit nicht selbst als eine auf gewisse Weise näher bestimmte Bewegung gewisser Teilchen definiert werden. Das Verhältnis zwischen dieser Bewegung und der Grünheit kann nur entweder das sein, daß diese Bewegung die Empfindung von Grün hervorruft, oder auch daß das, was grün ist, auch stets eine Bewegung fraglicher Teilchen auf eine bestimmte Weise reflektiert.

Man kann nun jedoch fragen, was eine Bestimmung von in formal-logischem Sinn Undefinierbarem bedeuten kann. es könnte scheinen, als wenn man von einem Bestimmten desselben nicht sprechen könnte, sondern daß es sich hier nur darum handeln kann, es in seinen Zusammenhang einzusetzen. Indessen kann ja etwas, das selbst keine Bestimmungen hat, unbestimmt oder bestimmt aufgefaßt sein in dem Sinne, daß es in der Auffassung mit Anderen verwechselt wird oder nicht verwechselt wird. Ein Bestimmen desselben kann dann ein Realisieren einer Auffassung davon, in welcher es nicht mit Anderem verwechselt wird, bedeuten. Nun ist es klar, daß eine Bestimmung der Aufgabe als der, eine Auffassung von etwas Bestimmtem, in welcher es nicht mit Anderem verwechselt wird, zu realisieren, in dieser Form nur nach der Lösung der Aufgabe möglich ist. In dieser Formulierung ist ja nämlich schon eine im angegebenen Sinn bestimmte Auffassung des Begriffs gegeben. Vor der Lösung liegt nur eine gewisse Auffassung vor, von der ich anzunehmen Grund habe, daß sie verwechselnd ist, und die Aufgabe ist dann die, zu untersuchen, ob dies wirklich der Fall ist, und die Begriffe, die darin enthalten sind, klarzustellen. Es ist dann aber auch klar, daß nur, wenn ich gewisse Gründe für die Annahme erhalten habe, daß eine gewisse Auffassung verwechselnd ist, die Aufgabe gestellt werden kann. Ohne eine Angabe eines besonderen Grundes eine solche Untersuchung bezüglich jedes Begriffs zu fordern, wäre widersinnig.

Nun könnte ja gesagt werden, daß, wenn man Anlaß zu dem Verdacht hat, daß in einem gewissen Begriff,  A,  verschiedene Begriffe identifiziert sind, und wenn dies dann nachgewiesen wird, diese Untersuchung nicht ein Bestimmen des Begriffs von  A  in der Weise sein kann, daß man dadurch eine nicht verwechselnde Auffassung von  A  erhält. In diesem Sinne werden ja hier stattdessen die Begriffe bestimmt, die in der Auffassung von  A  verwechselt werden. Wenn möglicherweise nachgewiesen werden könnte, daß im Begriff des Psychischen ein bestimmter Begriff, z. B. der des Bewußtseins, mit einem anderen verwechselt wird, so scheint ein Nachweisen hiervon nicht ein Bestimmten des Begriffs des Psychischen im angegebenen Sinne, ein Realisieren einer klaren Auffassung des Begriffs des Psychischen, sein zu können, sondern nur der Begriffe, die in demselben verwechselt werden. Es ließe sich aber denken, daß in den Vorstellungen von verschiedenen psychischen Erscheinungen der einzige Begriff, der konstant rein oder mit Anderen verwechselt vorkäme, der des Bewußtseins wäre. In diesem Fall ließe sich ja in gewissem Sinne sagen, daß das Fixieren des Begriffs des Psychischen als Begriff des Bewußtseins ein Bestimmen desselben im angegebenen Sinn, ein Realisieren einer nicht verwechselnden Auffassung von Psychischem wäre. Ob nun jedoch das Bestimmen des Begriffs des Psychischen von dieser Natur ist oder nicht, kann nur aus der Untersuchung selbst hervorgehen. Mit dem hier Gesagten soll nur der Einwand beseitigt werden, daß man beim Bestimmen des Begriffs von Anfang an davon auszugehen hat, daß man das Genus proximum und die Differentia specifica suchen muß, und daß, wenn dies eine widersinnige Forderung wäre, überhaupt kein Bestimmen des Begriffs in Frage kommen kann.

Oft meint man, daß, wenn es um die Bestimmung des Begriffs des Psychischen geht, die Sache von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet werden kann, teils von empirischen, teils von metaphysischem aus, und daß die Betrachtung vom einen Standpunkt aus nicht dasselbe Resultat ergibt wie die vom anderen aus. Da indessen der Unterschied, der zwischen Empirie und Metaphysik gemacht wird, oft falsch ist (1), und da dies notwendig der Fall ist, wenn man meint, daß etwas auf einem empirischen Standpunkt auf  diese  Weise und auf einem metaphysischen auf eine andere aufzufassen ist, so kann man nicht die Untersuchung in der Weise beschränken, daß sie nur dem empirisch gegebenen Psychischen oder nur dem metaphysischen Wesen des Psychischen gälte. Soll ein und dasselbe empirisch auf eine Weise, metaphysisch auf eine andere aufzufassen sein, so muß man zwischen etwas als Phänomen und demselben als Wesen unterschieden haben. Man kann nicht sagen, daß z. B. die Mechanik und die Chemie dasselbe, die räumlichen Erscheinungen, zum Gegenstand haben, obwohl sie diese von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachten. Sie haben verschiedene Gegenstände, nämlich verschiedene Bestimmungen dieser Erscheinungen. Daher kann man auch nicht sagen, daß man bezüglich ein und derselben Frage durch eine chemische Untersuchung zu einem, durch eine physikalische zu einem anderen Resultat kommt. So wird jedoch oft das Verhältnis aufgefaßt, wenn es sich um eine empirische und metaphysische Untersuchung handelt. Dann muß aber das Psychische als Gegenstand einer empirischen Untersuchung etwas Anderes sein als das Psychische als Gegenstand einer metaphysischen Untersuchung. Nun handelt es sich indessen nicht in dem einen Fall um gewisse psychische Bestimmungen, im anderen um andere, denn in beiden Fällen geht es um das Psychische als solchem. Man muß dann zwischen dem Psychischen als Phänomen und diesem selben Psychischen als metaphysischem Wesen unterschieden haben. Dies ist aber widersinnig (2). Wir können also, wie gesagt, in dieser Hinsicht nicht die Untersuchung beschränken und sagen, entweder daß wir nur empirisch den Begriff des Psychischen feststellen, oder daß wir dessen metaphysisches Wesen untersuchen wollen. Die Aufgabe kann nur so gestellt werden, daß der Begriff des Psychischen untersucht werden soll. Wir können dann auch nicht bei der Untersuchung verschiedener Theorien, die in dieser Hinsicht aufgestellt worden sind, uns auf diejenigen beschränken, die da behaupten, das Resultat einer rein empirischen Untersuchung zu sein, und diejenigen unbeachtet lassen, die nur das metaphysische Wesen der Seele betreffen sollen. In Wirklichkeit sind die empirischen und die metaphysischen Theorien voneinander abweichende Auffassungen ein und desselben, des Psychischen, und bei der Feststellung des Begriffs desselben muß also Rücksicht sowohl auf die einen als auf die anderen genommen werden.

Aufgrund früher angestellter Untersuchungen (3) können wir indessen von vornherein alle diejenigen Theorien abweisen, die ein Reduzieren einer Wirklichkeit auf eine andere in sich schließen. Hierher gehören alle Phänomentheorien, insofern sie etwas Bestimmtes als das Wesen der Wirklichkeit betrachten und dann alles Andere als Phänomen davon, subjektives oder objektives, erklären. Hierher gehören somit alle idealistischen Theorien, die das Psychische als das Wesen der Wirklichkeit auffassen und das Physische als nur Phänomen davon erklären wollen. Hierher gehören auch alle materialistischen Theorien, insofern sie das Physische als das Wesen der Wirklichkeit und das Psychische als nur Phänomen davon annehmen, oder insofern sie eine psychische Wirklichkeit leugnen und meinen, daß dies nur ein Name für gewisse Gehirnbewegungen oder dgl. ist. Hierhin rechnen wir auch solche "monistischen" Theorien, die etwas Psychisches, das verschiedene Formen des Bewußtseins darstellt, oder wozu wenigstens verschiedene solche Formen gehören, und etwas Physisches, das im Raum gegebene Gegenstände mit ihren Bestimmungen umfaßt, annehmen, dann aber diese verschiedenen Wirklichkeiten identifizieren oder sie als nur verschiedene Weisen auffassen, in denen eine und dieselbe in dieser Hinsicht undifferenzierte Wirklichkeit aufgefaßt wird oder sich objektiv äußert. Diese Auffassung, die ich z. B. bei EBBINGHAUS (4) findet, ist offenbar eine Phänomentheorie und leidet an denselben Schwierigkeiten und Widersprüchen wie jede dieser Theorien.

Bei der Bestimmung des Gegenstandes der Psychologie begnügt man sich oft damit, denselben nur als "psychische Erscheineinungen" anzugeben, um dann durch Beispiele zu erläutern, was damit gemeint ist. Nun ließe sich ja sagen, daß, wenn der Begriff psychisch ein einfacher Begriff ist, der nicht in dem Sinne bestimmt werden kann, daß bei ihm Bestimmungen angegeben würden, dies richtig sein muß und ein anderes Verfahren unmöglich ist. Indessen kann gerade bei der Exemplifizierung eine Schwierigkeit hervortreten, die eine nähere Untersuchung in dieser Hinsicht notwendig macht. Diese Schwierigkeit betrifft das Verhältnis zwischen dem Begriff des Psychischen und dem des Bewußtseins. Auch wenn der Gegenstand der Psychologie, wie bei JODL, als "Bewußtseinserscheinungen" bestimmt oder der Begriff des Psychischen, wie bei BRENTANO, mit dem des Bewußtseins identifiziert wird, kann es sich zeigen, daß gewisse Arten von Psychischem, z. B. das Gefühl und der Wille, so gefaßt werden, daß darin doch etwas unbewußtes Psychisches gedacht ist. Viele Psychologen nehmen ja auch direkt ein unbewußtes Psychisches an, und der Begriff des Psychischen scheint dann eine allgemeinere Bestimmung bei dem des Bewußtseins zu sein. Nun scheint es indessen zu Schwierigkeiten zu führen, wollte man behaupten, daß beim Bewußtsein ein allgemeinerer Begriff "Psychisches" unterschieden werden könnte, spezifiziert einerseits als Bewußtsein, andererseits als unbewußtes Psychisches.

Man versucht dann oft auf andere Weise diese Begriffsbildung zu rechtfertigen. So wird das Psychische, wie z. B. von ALEXANDER BAIN, nur negativ als etwas Immaterielles bestimmt. Ein bloß negatives Bestimmen ist aber kein Bestimmen, und hier muß stets eine positive Bestimmtheit gegeben sein, die nicht materiell ist. Ist nun diese identisch mit dem Bewußtsein oder nicht? Die Schwierigkeiten kehren damit zurück.



Erster Abschnitt
Kritik der Versuche, das Psychische
anders als Bewußtsein von etwas zu bestimmen.


Erstes Kapitel
Ablehnung des Versuchs, den Begriff des Psychischen
durch das Verhältnis zu einem logischen Subjekt zu bestimmen.


I. Der Begriff einer substantiellen Seele und der Versuch,
das Psychische durch ein Verhältnis zu dieser zu bestimmen.

Als Grund für die Vereinigung gewisser Erscheinungen unter einem einheitlichen Begriff "Psychisch" wird auch ihre Zugehörigkeit zu ein und demselben Subjekt angegeben. Dieses Subjekt kann nun aber auf verschiedene Weise gedacht werden. Nach CARTESIUS war es ja eine denkende Substanz,  res cogitans.  Substanz war nach ihm das, was nichts Anderes zu seiner Existenz nötig hat, was demnach durch sich selbst existiert. Die Seelensubstanz ist jedoch geschaffen, und hinsichtlich ihrer kann daher nur gesagt werden, daß sie zu ihrer Existenz nichts Anderes als Gott braucht. In der Auffassung der Seele als einer denkenden Substanz sind indessen mehrere Annahmen gegeben. Damit ist gesagt, daß das Denken notwendigerweise in etwas, was denkt, enthalten ist, ferner daß dieses Etwas keine anderen Bestimmungen hat als das Denken, und schließlich daß es als ein substantielles Wesen aufzufassen ist. Wir betrachten hier zunächst die Frage nach der Selbständigkeit des denkenden Wesens. Das Substantielle war das, was nicht etwas Anderes zu seiner Existenz nötig hatte, dies ist aber nur der negative Ausdruck dafür, daß es  causa sui  [Ursache seiner selbst - wp] ist. In seiner Antwort auf CRATERUS Einwände gegen die Meditationen sagt CARTESIUS: "Il n'est pas impossible qu'un être soit la cause efficiente de lui-même; car la cause efficiente est contemporaine étant une création perpétuelle, on peut dire, qu'il est sa propre cause. C'est l'imperfection de notre esprit qui nous fait admettre qu'une cause est par soi dans le sens négatif, c'est-à-dire sans cause. Mais quand nous nous trouvons forcés des concevoir qu'elle se conserve par soi positivement, c'est-à-dire comme par une cause, ou qu'elle est conservé par un être qui est lui-même par soi, ou comme sa propre cause à lui-même." (5) Substanz sein, nichts Anderes zu seiner Existenz brauchen, ist dann dasselbe wie causa sui sein. Die Seele als geschaffene Substanz ist zwar nicht causa sui und damit auch nicht Substanz im eigentlichen Sinne, soll aber doch im Verhältnis zu allem anderen Geschaffenen substantielle sein, nicht etwas anderes Geschaffenes zur Ursache haben. Hiermit ist jedoch ihr Substanzcharakter völlig aufgehoben. Ist Substanz sein, positiv ausgedrückt, dasselbe wie durch sich selbst sein und dieses wieder dasselbe wie causa sui sein, so ist natürlich eine geschaffene Substanz, eine durch Anderes verursachte Ursache seiner selbst, ein Widerspruch. Auch kann nicht die Seele im Verhältnis zu etwas anderem Geschaffenen mehr causa sui deshalb sein, weil sie unmittelbar ihre Ursache in Gott, der letzten Ursache und causa sui, hat, während jenes Andere seine nächste Ursache in etwas anderem Geschaffenen hat. Deshalb, weil die Seele ihre unmittelbare Ursache in Gott hat, der causa sui ist, wird sie doch nicht selbst, sei es ganz oder teilweise, causa sui und kann dann nicht aus diesem Grund mehr substantiell sein als irgendetwas Anderes.

Im übrigen kann, wenn eine causa sui angenommen wird, etwas nicht nur teilweise causa sui sein. Zunächst ist zu bemerken, daß man hierdurch - durch die Annahme von etwas, was ganz Substanz ist, und etwas, was nur teilweise substantiell ist - natürlich keinesfalls verschiedene Arten von Substanzen erhielte. Daß Gott  Substanz  ist, bedeutet ja positiv, daß er causa sui ist. Daß etwas teilweise Substanz, teilweise causa sui wäre, könnte entweder dahin verstanden werden, daß es die Ursache eines Teils von sich wäre, oder umgekehrt, daß ein Teil Ursache des Ganzen wäre, oder auch daß ein Teil davon causa sui wäre, oder auch endlich daß es in Verbindung mit Anderem Ursache von sich wäre, ohne daß dieses in sich schlösse, daß es als Ursache eines Teils von sich bezeichnet werden könnte. In den beiden ersten Fällen und im letzten liegt indessen auf keine Weise, weder ganz noch teilweise, eine causa sui vor. Im dritten Fall ist ein Moment des Vorliegenden causa sui, aber es kann aus diesem Grund doch nicht gesagt werden, daß das Ganze selbst eine andere Art von Substanz ist. Daß etwas eine geschaffene Substanz ist, wäre dann nur eine uneigentliche Bezeichnung dafür, daß ein Moment davon Substanz wäre.

Aber weiter. Wird überhaupt eine causa sui angenommen, so sind damit die Begriffe Ursache und Wirkung identifiziert. Ist das, was Ursache ist, dasselbe wie das, was Wirkung ist, so finden sich keine verschiedenen Glieder in der Relation, dann kann aber auch kein Unterschied zwischen den Relationsbestimmungen Ursache und Wirkung aufrechterhalten werden, da dieser ja einen Unterschied zwischen dem, was Ursache ist, und dem, was Wirkung ist, voraussetzt. Sagt man, daß  A  Ursache und gleichzeitig Wirkung von  A  ist, so ist damit zwischen  A  und  A  unterschieden. damit wäre  A  anders als es selbst. Man kann nicht sagen, daß zwar  A  als solches nicht verschieden von  A  als solchem ist, daß aber  A  als Ursache verschieden von  A  als Wirkung ist.  A  als Ursache ist ja hier dasselbe wie  A  als Wirkung von  A.  Hiermit ist dann nur aufs Neue in jedem der beiden Glieder ein Unterschied zwischen  A  und  A  gegeben, der nicht ohne einen unendlichen Regress bloß als ein Unterschied zwischen  A  als Wirkung und  A  als Ursache erklärt werden kann. Im Begriff von  A  als causa sui ist also ein Unterschied zwischen  A  als solchem und  A  als solchem angenommen. Da andererseits dieser Unterschied ein Widersinn ist, so fällt der Unterschied zwischen den Relationsglidern und damit auch der Unterschied zwischen den Relationsbestimmungen "Ursache und Wirkung" weg. Man kann dann auch nicht sagen, daß die Begriffe "Ursache" und "Wirkung" nur in einem bestimmten Fall, nämlich im Begriff der  causa sui,  nicht aber in allen Fällen wegfallen. Es sind nämlich eben die Begriffe  Ursache und Wirkung  als solche, die im Begriff causa sui zusammenfallen, und man kann dann nicht sagen, daß sie in einem wanderen Fall nicht zusammenfallen. Diejenigen, die in dem einen Fall zusammenfallen sollen, sind identisch mit den Begriffen, die in einem anderen Fall nicht zusammenfallen sollten, was widersinnig ist. Die Ursache ist dann ihrem Begriff nach Ursache von sich. Etwas, was Ursache von etwas Anderem, oder etwas, was durch Anderes verursacht ist, kann dann nicht angenommen werden. Auch kann dann nicht angenommen werden, daß etwas bloß teilweise causa sui ist. Soll die Seele daher in irgendeinem Sinn als Substanz bezeichnet werden können, so ist sie reine causa sui.

Aus dem Gesagten geht indessen hervor, daß Substanz in der Bedeutung von etwas, was durch sich selbst ist, in der Bedeutung von causa sui, ein Widersinn ist. Mit der Annahme einer causa sui ist ein Kausalverhältnis angenommen, mit der Identifizierung dessen, was Ursache ist, und dessen, was Wirkung ist, und damit auch der Begriffe Ursache und Wirkung sind aber diese Begriffe und damit auch der Begriff der Kausalität aufgehoben. Das Gesagte gilt ja auch, wenn man eine unzeitliche, vernünftige Kausalität annimmt. Übrigens ist eine solche, wenn überhaupt zeitliche Kausalität angenommen wird, ein Widersinn (6). Man kann nämlich nicht in einem Zeitverhältnis von der Zeit abstrahieren und ein unzeitliches Verhältnis zurückbehalten. Die Seele kann also nicht in dem Sinn  Substanz  sein, daß sie ganz oder teilweise durch sich selbst ist. Dies ist ansich ein Widerspruch. Hiermit ist nicht gesagt, daß sie im Gegensatz zu dem, was durch sich ist, als durch Anderes seiend bezeichnet werden kann. Wird eine causa sui angenommen, so erhält jedes Kausalverhältnis die Bedeutung eines Hervorbringens, eines Schaffens. Die Ursache ist dann nämlich identisch mit der Wirkung und ist damit selbst das ganze Verhältnis. Im Schaffen ist aber eben dies gedacht. Hier folgt nicht nur die Wirkung auf die Ursache, sondern ihre Bestimmtheit ist in der Ursache gegeben und geht daraus hervor. Schaffend ist eben das, was in sich die Wirkung enthält, worin Ursache und Wirkung identisch sind. Wird nun ein solches Verhältnis angenommen, und wird dann auch etwas als etwas Anderes verursachend gedacht, so ist doch auch dies ein Schaffen, auch hierin ist Identität gleichzeitig mit Unterschied zwischen Ursache und Wirkung gedacht. Wird etwas als durch sich selbst seiend angenommen, so ist damit auch der Begriff Durchanderessein etwas Widersinniges. Das Kausalverhältnis bedeutet weder, daß etwas durch sich selbst, noch daß es durch etwas Anderes ist, sondern nur eine bestimmte Zeitfolge. Die Seele kann demnach in diesem Sinne weder durch sich selbst noch durch etwas Anderes sein.

Wird eine causa sui angenommen, so fällt indessen das Kausalverhältnis mit dem logischen, unzeitlichen Bestimmungsverhältnis zusammen, und die Substanz, die Ursache von sich, ist das in einem logischen Sinn Selbstbestimmte. Als causa sui ist etwas verschieden von sich. Die Ursache ist dann die eigene Bestimmtheit der Wirkung und kann als doch von derselben verschieden von ihr ausgesagt werden, wie auch umgekehrt. Die Ursache bestimmt hier, gibt kausal der Wirkung ihre logische Bestimmtheit. Als Ursache von sich bestimmt sie sich selbst, gibt sich selbst ihre Bestimmtheit, ist selbstbestimmt. Umgekehrt wird, wenn man etwas durch sich selbst Bestimmtes, etwas im logischen Sinne Selbstbestimmtes, annimmt, das logische Verhältnis von Bestimmung und Bestimmtem ein Kausalverhältnis. Wird etwas als bestimmend, als Bestimmung bei sich selbst seiend angenommen, so ist es verschieden von sich und hat nur in Relation zu sich Bestimmthit. Solchenfalls ist das, was bestimmt ist, was die Bestimmung hat, als etwas Unbestimmtes gedacht. Daß das Unbestimmte in einer Relation bestimmt wird, kann jedoch nur einen zeitlichen Übergang von etwas Unbestimmtem zu etwas Bestimmten bedeuten. (7) Das logische Bestimmungsverhältnis wird also, wenn etwas durch sich selbst Bestimmtes, ein Selbstbestimmtes, angenommen wird, als ein Kausalverhältnis gedacht, und zwar so, daß das Selbstbestimmte causa sui ist. Hiermit soll nicht gesagt sein, daß alles in einem konträren Gegensatz hierzu durch etwas Anderes bestimmt ist. Wird "durch Anderes bestimmt" einem "durch sich bestimmt" entgegengesetzt, und soll das Bestimmungsverhältnis als solches hier dieselbe Richtung haben, so ist das durch Anderes Bestimmte das, was durch dieses kausal seine Bestimmtheit erhält. Auch hier ist dann das logische Bestimmungsverhältnis als ein Kausalverhältnis gedacht. Dagegen ist es klar, daß etwas, was Bestimmungen hat, etwas, was nicht es selbst, sondern etwas Anderes ist, zur Bestimmung hat. Man muß ja zwar unterscheiden zwischen dem Satz, daß z. B. die Röte etwas Bestimmtes ist, und dem Satz, daß sie etwas ist, was Bestimmungen hat. Wird etwas durch sich selbst Bestimmtes, ein Selbstbestimmtes, angenommen, so ist dies jedoch ein- und dasselbe. Etwas kann dann als von sich verschieden von sich selbst ausgesagt werden und ist dann Bestimmung von sich, und daß es etwas Bestimmtes ist, ist gleichbedeutend damit, daß es sich selbst zur Bestimmung hat. - Auch in dieser Bedeutung von etwas logisch Selbstbestimmtem ist indessen die Substanz ein sich selbst widersprechender Begriff, und die Seele kann auch nicht in diesem Sinne ganz oder teilweise Substanz sein.

Das Psychische kann aberb auch nicht Bestimmung bei etwas sein, das dadurch, daß es als psychisch bestimmt wird, vollständig bestimmt ist, das keine anderen Bestimmungen hat, doch aber bei einem bestimmten Ganzen als anders als dieses unterschieden werden kann - wobei wir nun auch davon absehen, ob dieses Etwas als Substanz bezeichnet werden kann oder nicht. Die Frage ist hier die, welcher Sinn dem Begriff Etwas, das Bestimmung hat, beizulegen ist. In "Etwas, das weiß ist" kann "Etwas" offenbar nicht eine allgemeine Bestimmtheit bedeuten. Wäre das der Fall, so könnte offenbar von demselben nicht weiß ausgesagt werden. Sagt man, daß Etwas, das weiß ist, eigentlich  ein  Etwas, das weiß ist, bedeutet, so kehrt damit die Frage nur wieder. "Ein Etwas" kann hier nicht eine allgemeine Bestimmtheit sein, denn dann besäße es nicht  weiß  als Bestimmung. Etwas oder ein Etwas, das weiß ist, muß hier also als mehrere Bestimmungen und darunter "weiß" besitzend gedacht sein. In einem anderen Fall ist es vielleicht dasselbe wie etwas Anderes.

Sagt man, daß, wenn etwas Weißes in einem bestimmten Fall dasselbe ist wie würfelförmiges, schweres Weißes, ja doch etwas, was würfelförmig, schwer und weiß ist, vorliegen muß, so kann das entweder bedeuten, daß hier etwas vorliegt, was identisch mit Würfelförmig-schwer-weißem ist, oder auch daß etwas vorliegt, was nebst Anderem auch würfelförmig, schwer und weiß ist. Im letzteren Fall muß gedacht sein, daß hier auch andere Bestimmungen als würfelförmig, schwer und weiß gegeben sind. Im ersteren Fall hingegen, wo etwas, das würfelförmig, schwer und weiß ist, identisch mit Würfelförmig-schwer-weißem war, braucht dies nicht der Fall zu sein. Man kann nicht unterscheiden zwischen dem Gegenstand, den Bestimmungen und dem Gegenstand mit den Bestimmungen, also im gegebenen Beispiel zwischen "Etwas", würfelförmig, schwer und weiß und Würfelförmig-schwer-weißem, sondern nur zwischen dem Gegenstand oder Würfelförmig-schwer-weißem und den Bestimmungen würfelförmig, schwer und weiß. Läge hier "Etwas" als nicht identisch mit Würfelförmig-schwer-weißem vor, so wäre es entweder dasselbe wie "Etwas", das z. B. in Kugelförmig-leicht-schwarzem vorläge, oder auch ein Anderes. Dasselbe kann es nicht sein, denn es soll ja eben das sein, was die Bestimmungen hat, und das, was die Bestimmung würfelförmig hat, kann ja nicht dasselbe sein wie das, was die Bestimmung kugelförmig hat. Ist es dagegen in jedem Fall ein Anderes, so kann es, wenn es nicht identisch mit Würfelförmig-schwer-weißem sein soll, ebensowenig das sein, wovon die Bestimmungen ausgesagt werden können. "Etwas" muß unter solchen Umständen stets eine einfache Realität bezeichnen, von der keine Bestimmungen ausgesagt werden können.

Wenn "Etwas" in jedem Fall Verschiedenes bezeichnen soll, doch aber nebst den Bestimmungen bei dem, was die Bestimmungen hat, als etwas Anderes als dieses Ganze soll unterschieden werden können, so kann es ja doch nur als das "Etwas", das nebst eben diesen Bestimmungen unterschieden wird, verschieden von dem "Etwas" sein, das nebst anderen Bestimmungen unterschieden wird. In diesem Fall ist jedoch nur Etwas mit gewissen Bestimmungen verschieden von ETwas mit anderen Bestimmungen. Es ist natürlich reine Mystik, zu sagen, daß "Etwas" als gewisse Bestimmungen besitzend damit auch einen anderen besonderen Charakter als eben den hat, eben diese Bestimmungen zu besitzen, einen Charakter, der, ohne eben der zu sein, eben diese Bestimmungen zu besitzen, doch, wenn man von diesen Bestimmungen abstrahhiert, auch verschwinden würde. Soll "Etwas", als eben diese Bestimmungen besitzend, einen besonderen Charakter haben, so kann dies nur eben der sein, diese Bestimmungen zu besitzen. Von einem bloß numerischen Unterschied zwischen den verschiedenen Subjekten kann man, wie später gezeigt werden wird, nicht sprechen. Die Verschiedenen sind also, wenn ich sage, daß "Etwas" im einen Fall verschieden von "Etwas" im anderen Fall ist, die bestimmten Ganzen. (8)

Wird nun angenommen, daß hier kein gemeinsames "Etwas", das die Bestimmungen hat, vorliegt, was sich ja auch oben als widersinnig erwies, so ist damit gesagt, daß man nicht zwischen "Etwas", den Bestimmungen und dem bestimmten Ganzen unterscheiden kann. Dies gilt dann auch, wenn man sagt, daß dieses "Etwas" nur bei Etwas mit Bestimmungen unterschieden werden kann und bei Abstraktion von den Bestimmungen nichts ist. "Etwas" ist dann ganz dasselbe wie das bestimmte Ganze, und hier kann nur zwischen den Bestimmungen und diesem Ganzen oder zwischen den Bestimmungen und dem Subjekt, im verwendeten Beispiel zwischen Würfelförmig-schwer-weißem und den Bestimmungen würfelförmig, schwer und weiß unterschieden werden. Sagt man, daß hier ja etwas vorhanden sein muß, das die Bestimmungen hat, so ist dies zu bejahren, dieses ist aber eben Würfelförmig-schwer-weißes. Dies ist nämlich nicht dasselbe wie die Bestimmungen, wie würfelförmig, schwer und weiß. Es ist nicht eine Summe der Bestimmungen, ebensowenig wie eine Einheit, wenn mit dem Letzteren gesagt sein soll, daß bei Würfelförmig-schwer-weißem als etwas anderes als dieses außer den Bestimmungen auch eine Verbindung derselben unterschieden wird, die dei Bestimmungen hat. Bei Würfelförmig-schwer-weißem können nur die Bestimmungen "würfelförmig", "schwer" und "weiß" unterschieden werden, die auch etwas anderes als das sind, für das sie Bestimmungen sind.

Man möchte vielleicht sagen, daß, wenn man von Würfel-förmig-schwer-weißem als "Etwas" spricht, dieses "Etwas" nicht identisch mit Würfelförmig-schwer-weißem ist, aber in diesem Fall doch nicht, was oben ja als widersinnig nachgewiesen wurde, als das bezeichnet werden darf, was die Bestimmungen hat, ebensowenig wie es selbst eine Bestimmung ist. Auch hierfür ließen sich ja scheinbar Gründe anführen. Sagt man, daß  A  Etwas ist, so ist ja hiermit nicht nur eine Vorstellung von  A  gegeben. Eine Vorstellung von  A  und eine Auffassung davon, daß  A  Etwas ist, sind ja zweierlei. Im letzteren Fall scheint doch etwas mehr aufgefaßt zu sein, ohne daß doch eine andere Bestimmung aufgefaßt zu sein scheint. Jedenfalls aber scheint dies doch nicht aufzuheben, daß, wenn man von Etwas, das  A  ist spricht, dieses Etwas aber hier nicht identisch mit  A  sein, sondern  A  als Bestimmung haben soll, hier auch andere Bestimmungen als vorliegende gedacht werden müssen. Es scheint jedenfalls widersinnig zu sagen, daß man bei  ABC  oder etwas, was  ABC  ist, wenn hier nicht mehr Bestimmungen als vorliegend gedacht werden, zwischen dem Ganzen, d. h. dem, was diese Bestimmungen hat, mit diesen seinen Bestimmungen, ferner den Bestimmungen und endlich dem, was die Bestimmungen hat, unter Abstraktion von diesen letzteren unterscheiden kann. Dies scheint aber vorgestellt zu sein, wenn man sagt, daß das Denken einem Etwas, das denkt, und das keine anderen Bestimmungen als eben das Denken hat, inhäriert [innewohnt - wp]. Daher scheinen auch, wenn man so sagt, hierbei bei dem, dem das Denken inhärieren soll, andere Bestimmungen notwendigerweise als vorliegende gedacht zu werden. Daß wirklich etwas, das denkend ist, noch andere Bestimmungen haben muß, wird auch aus späteren Untersuchungen hervorgehen, gleichwie auch daß das Denken, das ja für CARTESIUS mit dem Begriff des Psychischen zusammenfällt, in etwas, das denkend ist, enthalten sein muß.

Wird nun indessen angenommen, daß bei etwas mit Bestimmungen als anders als dieses Ganze "Etwas", das Subjekt für die Bestimmungen ist, unterschieden werden kann, so ist dieses Etwas damit das Individuelle im Sinn von dem, was die Bestimmungen hat, nicht aber selbst als Bestimmung in etwas enthalten ist. Sagt man, daß in etwas, das  ABC  ist, "Etwas" als Subjekt nicht mit eben diesem  ABC  zusammenfällt, so muß es, wie gezeigt wurde,  ABCD  sein.  ABCD  ist aber etwas, das  A, B, C  und  D  ist. Etwas, was  A, B  und  C  ist, ist dann dasselbe wie etwas, was  A, B, C  und  D  ist. Bei etwas, das  A, B, C  und  D  ist, muß man indessen den Voraussetzungen gemäß unterscheiden können zwischen den Bestimmungen und "Etwas" als Subjekt für die Bestimmungen, das nicht mit etwas mit den Bestimmungen zusammenfällt. Sollen jedoch  A, B, C  und  D  als Bestimmungen in etwas enthalten sein, das nicht mit  ABCD  oder mit etwas mit den Bestimmungen  A, B, C  und  D  zusammenfällt, so müssen hier mehr Bestimmungen als vorliegend gedacht werden, und dasjenige, in dem die Bestimmungen enthalten sind, ist  ABCDE.  Auf diese Weise kann man nun in infinitum fortfahren. Immer ist das Etwas, das die Bestimmungen hat, ein und dasselbe. Etwas, das  A, B  und  C  ist, ist bei den gegebenen Voraussetzungen dasselbe wie etwas, das  A, B, C  und  D  ist. usw. Dieses Etwas kann dann natürlich niemals selbst Bestimmung bei etwas sein, sondern ist nur Subjekt für Bestimmungen. Wird nun einerseits betont, daß von diesem Etwas die Bestimmungen ausgesagt werden können, daß sie demselben inhärieren, so ist in diesem Etwas die unendliche Serie von Bestimmungen gegeben. Wird andererseits betont, daß dieses Etwas bei etwas mit den Bestimmungen als anders als dieses soll unterschieden werden können, so ist es damit eine einfache Bestimmtheit, in welchem keine Bestimmung gedacht ist.

Dann muß dieses Etwas zugleich der Begriff der Individualität und etwas, das individuell ist, sein. Wird nämlich betont, daß "Etwas" den Voraussetzungen gemäß als etwas Anderes als etwas mit den Bestimmungen nebst den Bestimmungen bei diesem soll unterschieden werden können, so ist dieses "Etwas" nur der Begriff von dem, was die Bestimmungen hat, und nicht selbst als Bestimmung in Anderem enthalten ist. Wird dagegen betont, daß in etwas, das  A, B, C ... N  ist, die Bestimmungen in diesem "Etwas" enthalten sein müssen, so ist es ein Bestimmtes, das individuell ist, und das, da es gleichzeitigt der Begriff der Individualität ist, seinem eigenen Begriff nach Individualität besitzt. Soll etwas seinem Wesen nach individuell in diesem Sinne sein, d. h. soll seine Individualität nicht nur durch einen Vergleich mit Anderem festgestellt werden können, sondern soll sie in dem, was individuell ist, gegeben sein, so muß dies, um an sich das Bestimmungsein bei allem Anderen ausschließen zu können, sich auch an sich auf alles beziehen. Es muß dann seinem Begriff nach alles umfassen, seinem Begriff nach Totum sein. Also kann nur der Inbegriff von Allem, Totum, als seinem Wesen nach individuell bezeichnet werden. Mit der Annahme eines "Etwas" im angegebenen Sinn ist also auch ein Begriff von diesem Totum angenommen.

Wie ersichtlich, kann bei den gegebenen Voraussetzungen das Individuelle auch bloß als das, was Bestimmungen hat, angegeben werden. Mit diesem Charakter ist dann nämlich das Negative gegeben, daß es nicht als Bestimmung in Anderem enthalten sein kann, gleichwie natürlich auch umgekehrt. Ferner ergibt sich hiermit auch der Begriff der Individualität als das vollständig Bestimmte im Gegensatz zu dem in gewissem Grad Unbestimmten. Der Begriff des in einem objektiven Sinn Unbestimmten, dessen, was objektiv nicht völlige Bestimmtheit besitzt und demnach objektiv nicht von Anderem verschieden ist, ist ja in sich widersprechend. Wird jedoch auf die angegebene Weise ein Etwas, das die Bestimmungen hat, angenommen, so fällt dieses mit der unendlichen Reihe von Bestimmungen  A, B, C ... N  zusammen. Bei den gegebenen Voraussetzungen, wenn "Etwas" hier nicht dasselbe wie das bestimmte Ganze ist, doch aber die Bestimmungen hat, muß indessen im letzteren der Begriff von etwas, das  A  ist, etwas, das  A  und  B  ist, usw. unterschieden werden können, und in einem jeden dieser Begriffe fällt "etwas" mit etwas, das  A  ist, etwas, das  A  und  B  ist, usw. in der Bedeutung des  A- Bestimmten Ganzen usw. zusammen. Wie aber oben gezeigt wurde, muß "etwas" hier stets ein und dasselbe sein, und in diesem selben "etwas" sind alle Bestimmungen gegeben. In diesen Begriffen liegt dann etwas vor, das  A, B, C ... N  ist, aber nur mit einer oder einigen seiner Bestimmungen und nicht mit allen. Hier liegt dann etwas im angegebenen widersprechenden Sinn Unbestimmtes vor, im Gegensatz zu Etwas mit der unendlichen Serie von Bestimmungen in seiner vollständigen Bestimmtheit. Das Allgemeine, Abstrakte ist das Individuelle selbst, aber nur in einer gewissen oder in gewissen seiner Bestimmungen, also unvollständig bestimmt.

Wird dies nun auf den Begriff der Seele, aufgefaßt als etwas, das das Psychische als Bestimmung hat, das doch aber als etwas Anderes als etwas mit den Bestimmungen bei diesem neben den Bestimmungen soll unterschieden werden können, angewandt, so ist sie ihrem Begriff nach individuell. Sie ist das, was Bestimmungen hat, selbst aber nicht Bestimmung ist, sie ist ferner zugleich das unendlich Bestimmte und das Einfache, und sie ist die Totalität aller Wirklichkeit und das vollständig Bestimmte, das in seinen Bestimmungen je für sich in unvollständiger Bestimmtheit hervortritt. Geschichtliche Beispiele für diese Gedankenentwicklung ließen sich ja leicht beibringen, werden im Folgenden aber nur in gewissen Teilen gegeben. Daß CARTESIUS die Seele auf die angegebene Weise auffassen muß, geht daraus hervor, daß sie nach ihm substantiell ist. Man könnte sonst einwenden, daß die Seele bei ihm ja nicht als etwas von den Bestimmungen Verschiedenes, von diesen Unabhängiges, das die Bestimmungen trägt, aufgefaßt zu werden brauchte, sondern die Seele, das Subjekt für die Bestimmungen, könnte etwas mit den Bestimmungen sein, bei dem nicht etwas als Subjekt für die Bestimmungen unterschieden werden könnte. Dieses Subjekt sei eben etwas mit den Bestimmungen, etwas Denkendes,  res cogitans,  nicht bloß das hierin enthaltene Etwas,  res.  Soll aber die Seele substantiell sein, so ist sie, wie gezeigt wurde, sowohl kausal als auch logisch selbstbestimmt, und in diesem Fall ergibt sich die oben dargestellte und kritisierte Auffassung vom Subjekt der Bestimmungen.
LITERATUR - Adolf Phalén, Zur Bestimmung des Begriffs des Psychischen, Uppsala/Leipzig 1914
    Anmerkungen
    1) Siehe hierüber meinen "Beitrag zur Klärung des Begriffs der inneren Erfahrung", Uppsala 1913, erstes Kapitel (Diese Abhandlung im Folgenden zitiert als "Beitrag").
    2) Siehe "Beitrag", Seite 18
    3) Siehe "Beitrag", erstes Kapitel, A.
    4) HERMANN EBBINGHAUS, Grundzüge der Psychologie, Seite 42
    5) Chefs-'doeuvre littéraires du XVII siécle. Oevres morales et philosophiques de Descartes, Paris 1879, Seite 182f
    6) Siehe PHALÉN, Das Erkenntnisproblem in Hegels Philosophie, Uppsala 1912, Seite 128f (im Folgenden zitiert als "Das Erkenntnisproblem").
    7) Siehe "Das Erkenntnisproblem", Seite 121
    8) Hiermit ist natürlich nicht gemeint, daß die Subjekte der Bestimmungen von einem bestimmten Ganzen zu unterscheiden sind. Im Gegenteil ist gemeint, daß zwischen diesen Begrifen nicht unterschieden werden darf. Was oben im Text gesagt wird, ist also, daß, wenn die Subjekte verschieden sein sollen, dies nichts anderes bedeuten kann, als daß die bestimmten Ganzen verschieden sind. Hier ist also von der falschen Auffassung ausgegangen, daß ein bestimmtes Ganzes, verschieden vom Subjekt der Bestimmungen, anzunehmen wäre, danach wird aber gesagt, daß das eine dasselbe bezeichnet wie das andere.