ra-2J. S. MillG. MyrdalO. Kraus    
 
GUNNAR MYRDAL
Das politische Element in der
nationalökonomischen Doktrinbildung

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"Der Wertbegriff ist das charakteristische Anzeichen für den normativen Charakter der ökonomischen Wissenschaft. Mehr noch: der Wertbegriff ist das zentrale theoretische Instrument, das soziale Sollen festzustellen."

"Wie man über den Wert urteilt, muß man, wenn man folgerichtig bleibt, letztlich auch über die Wirtschaft urteilen. Er ist der Charakter der Dinge in der Wirtschaft, seine Gesetze sind für die politische Ökonomie das, was das Gesetz der Schwere in der Mechanik ist."

"Wir müssen vordringen bis zum Komplex metaphysischer Vorstellungen von einem realen oder absoluten Wert, die die gedankliche Grundlage bilden, auf der auch die Tauschwertlehre beruth. Zufolge ihres metaphysischen Charakters sind diese Vorstellungen vage, widerspruchsvoll und schwer festzustellen."

"Das Eigentumsrecht ist in der auf das Eigentumsobjekt verwendeten Arbeit natürlich begründet. Diese Vorstellung ist in die englische Gesellschaftsphilosophie von Hobbes eingeführt worden und hat ihre nähere logische Ausgestaltung von Locke erhalten."

"In der sozialpsychologischen Tauschtheorie steht oft der Satz, daß die Kosten oder das Arbeitsopfer nicht bezogen werden darf auf das, was für das einzelne Individuum eigentümlich ist, sondern als das durchschnittliche Opfer der betreffenden Gesellschaftsklasse zu verstehen ist. Indem man die Arbeit zu einem psychologischen Opfer gestempelt hat, wurde die Möglichkeit eröffnet, Kapital und Arbeit gleichzustellen. Hat man aber einmal die Ungleichheit des Arbeitsopfers prinzipiell zugegeben, so fällt es schwer, den Opfergesichtspunkt für den Produktionsfaktor Arbeit in einer Arbeitswertlehre klassischen Typs überhaupt noch aufrecht zu erhalten."

2. Kapitel
Die klassische Wertlehre

Im aristotelischen Wissenschaftssystem hatte die Nationalökonomie ihren Platz als eine Unterabteilung der Politik oder Lehre von der Staatskunst, die ihrerseits ein Teil der Ethik im weiteren Sinne oder der allgemeinen praktischen Philosophie war. Die Sonderstellung der ökonomischen Theorie innerhalb der Politik - übrigens bis zu den Physiokraten hin recht schwach markiert -, gründete sich nicht so sehr auf eine Verschiedenheit des Untersuchungsfeldes, das ja dasselbe war, nämlich das soziale Leben. Der Unterschied lag in der wissenschaftlichen Methode und in einem besonderen Gesichtspunkt. Dieser Unterschied tritt am Besten zutage durch die Angabe desjenigen Begriffs, der stets in der Nationalökonomie der zentrale gewesen ist. Wie in der Jurisprudenz und der allgemeinen Staatslehre stets der Begriff "Recht" im Zentrum gestanden hat, so für die nationalökonomische Theorie der des "Wertes". Es besteht eine sehr interessante Parallelität in Bezug auf die Entwicklungsgeschichte dieser beiden Begriffe.

Die beiden Zentralbegriffe - und damit die beiden Wissenschaften - sind im Laufe der Zeit auf verschiedene Art und Weise miteinander verbunden worden. Die Verschiedenheiten hierin hängen zusammen mit dem verschiedenen relativen Gewicht, das man jedem dieser beiden Begriffe gegeben hat. Die Römer, die ja wie bekannt das juridische System weitestgehend ausgebaut hatten, schoben im Gegensatz zu den Griechen den Wertbegriff beiseite und damit die wirtschaftliche Methode der Behandlung von Sozialproblemen. Durch die Scholastik wurde jedoch der Schwerpunkt von neuem mehr zugunsten der Wirtschaft verschoben. Es ist gewiß ein furchtbarer Gesichtspunkt, in den Systemen der mittelalterlichen Kirchengelehrten und nach ihnen der großen Naturrechtslehrer groß angelegte Versuche zu sehen, die die Begriffe "Recht" und "Wert" dadurch miteinander verbinden wollen, daß sie sie aus denselben äußersten Prinzipien herleiten. Diese Entwicklung erfährt ihre konsequente Fortsetzung durch die utilitaristische Gesellschaftsphilosophie, die zumindest von BENTHAM ab ihr Ziel klar setzt, das "Recht" dem "Wert" logisch unterzuordnen. Das ist ja der Inhalt in dem Grundsatz, daß Recht mittels des Prinzips des gesellschaftlichen Nutzens festgestellt und interpretiert werden soll.

Dadurch bekam die Nationalökonomie eine zentrale Stellung den Sozialwissenschaften, wie sie sie nie vorher innegehabt hatte. Sie bildete von da an ihr Fundament, sie bekam die Aufgabe, herauszufinden, was wirklich "gesellschaftlich nützlich" ist. Sie sollte die Wertprämissen deduzieren [ableiten - wp].

Die Nationalökonomie hatte sich jedoch ihrerseits in diesem Prozeß des wissenschaftlichen Gesetzesbegriffs bemächtigt. Wie schon erwähnt war dieser Begriff aus der Naturrechtsphilosophie übernommen worden. Solange nan "natürliches Gesetz" den Doppelsinn hatte, der seit altersher im Wort "natürlich" liegt, konnte die Feststellung der gesetzesgebundenen sozialen Wirklichkeit und die Aufgabe der Konstruktion des "Gesellschaftsnutzens" innerhalb derselben Wissenschaft ihren Platz finden. Die utilitaristische Gesellschaftsphilosophie jedoch suchte aus ihren alten Traditionen im englischen Denken heraus programmgemäß eine empirische Grundlage. Durch die empiristische Einstellung und vielleicht mehr noch durch die Einflüsse von den in rascher Entwicklung befindlichen Naturwissenschaften her wurde der Begriff des Naturgesetzes auch innerhalb der Wirtschaftswissenschaften nach seinem einen Bedeutungspol hin verschoben, nämlich zum naturwissenschaftlichen Gesetzesbegriff. Damit beginnt der Konflikt zwischen "Wert" und "Gesetz" innerhalb der Nationalökonomie.

Ihrer geistesgeschichtlichen Herkunft nach ist also die Nationalökonomie als ein groß angelegter Versuch zu betrachten, das soziale Sollen wissenschaftlich zu konstatieren. Aufgabe der Nationalökonomie wurde es, herauszufinden, wie sich der allgemeine Wohlstand maximieren läßt; das kann man übrigens noch in manchem Lehrbuch lesen. Der Wertbegriff selbst ist das charakteristische Anzeichen für diesen normativen Charakter der ökonomischen Wissenschaft. Mehr noch: der Wertbegriff ist das zentrale theoretische Instrument, das soziale Sollen festzustellen.

Die Tragik der Nationalökonomie liegt aber darin: je weiter wir in unserem Bestreben mit Beobachtung und Erklärung der sozialen Wirklichkeit vorangekommen sind, desto weiter haben wir uns von unserem Ziel entfernt, Bedingungen für die Maximierung des gesellschaftlichen Nutzens angeben zu können. Das zeigt sich z. B. darin, daß unsere Wertlehre, je mehr wir sie durchgearbeitet haben, umso inhaltsloser und gleichzeitig wissenschaftlich überflüssiger geworden ist. Nach einem langen Entwicklungsprozeß, in dem diese Arbeit geleistet worden ist, findet sich die Nationalökonomie heute ziemlich bereit, die Aufgabe einer wissenschaftlichen Bestimmung der Wohlfahrt fallen zu lassen. Es setzt sich immer mehr die Auffassung durch, daß der Wertbegriff nicht anders verstanden werden kann als in der ganz und gar "wertfreien" Bedeutung von faktischen Tauschrelationen oder faktischen Angebots- und Nachfragepreisen, d. h. Preisen, die ein Individuum unter angegebenen Bedingungen zu geben oder im Austausch gegen Waren zu nehmen bereit ist.

Diese Resignation ist jedoch etwas mehr als eine einfache Bankrotterklärung. Geleitet vom Streben nach einem letzten fiktiven Ziel, haben die Theoretiker der Nationalökonomie eine Wissenschaft vom sozialen Ursachenzusammenhang aufgebaut. Seit ADAM SMITH und den Physiokraten und auf einigen Spezialgebieten noch weiter zurück, haben die Nationalökonomen eine im Wesentlichen richtige systematische Erkenntnis faktischer Verhältnisse und kausaler Zusammenhänge gehabt. Dieses Erkenntnismaterial ist ununterbrochen gewachsen. Bei der Verfolgung des unmöglichen Zieles ist so allmählich und nebenbei eine moderne Realwissenschaft aufgebaut worden.

Daß der Begriff des wirtschaftlichen Wertes, wie wir eben ausgeführt haben, ein Ausdruck für die normative Herkunft der Nationalökonomie ist, darüber ist man sich prinzipiell einig, obwohl dieser Gesichtspunkt bei der Diskussion der Wertlehre allzu oft beiseite geschoben wird. Man lacht über JOHN STUART MILLs Ausspruch, daß in der Wertlehre weder für ihn noch irgendeinen nach ihm etwas zu klären oder hinzuzufügen übrig bleibt. Aber man muß sich zugleich daran erinnern, daß MILL im selben Abschnitt sagt:
    "Fast jede Spekulation, die die wirtschaftlichen Interessen einer so konstituierten Gesellschaft (d. h. beruhend auf der Grundlage von Arbeitsteilung und Tausch) respektiert, impliziert eine Werttheorie: Der kleinste Fehler in diesem Bereich infiziert mit dem entsprechenden Fehler alle unsere anderen Schlussfolgerungen; und jedes Unbestimmte oder Unbestimmtes in unserer Vorstellung davon schafft Verwirrung und Unsicherheit in allem anderen." (1)
Als Gesellschaftsphilosoph und Gesellschaftsreformer mußte MILL an die unbedingte Haltbarkeit seiner Wertlehre glauben, sonst hätte er sich selbst verleugnet.

Von den neuklassischen Autoren hat wohl von WIESER mehr als irgendjemand anders sich eine philosophische Grundlage für seine Wertlehre zu erarbeiten versucht. von WIESER sagt:
    "Wie man über den Wert urteilt, muß man aber, wenn man folgerichtig bleibt, letztlich auch über die Wirtschaft urteilen. Er ist der Charakter der Dinge in der Wirtschaft, seine Gesetze sind für die politische Ökonomie das, was das Gesetz der Schwere in der Mechanik ist. Jedes große System der politischen Ökonomie hat bisher als letzte theoretische Begründung seiner praktischen Forderungen eine eigentümliche Meinung über den Wert ausgebildet, und so wird auch jede neue große Reformbestrebung ihre praktischen Forderungen erst dann endgültig begründet haben, wenn sie sie auf eine neue und vollkommenere Theorie des Wertes stützen kann." (2)
Schließlich soll noch einer der hervorragendsten Kritiker der neuklassischen Wertlehre angeführt werden. GUSTAV CASSEL sieht die Hauptursache, warum man sich die Wertlehre in der Nationalökonomie so angelegen hat sein lassen, darin, daß
    "man in der Regel mehr wissen will als nur die Preise, die gerade für irgendwas zu bezahlen sind ... man will wissen, ob das auch die richtigen Preise sind, was die richtige Belohnung für die verschiedenen Dienstleistungen ist, mit anderen Worten: man möchte über den eigentlichen Wert der verschiedenen Waren und produktiven Dienstleistungen Bescheid wissen." (3)
Wer sich ablehnend gegen die Wertlehre verhält, setzt sich auch der Kritik aus, daß er damit einer sozialethischen und rein ökonomischen Beurteilung des Wirtschaftslebens die Grundlage entzieht, die Grundlage also für eine "moralische Nationalökonomie" (4). Es will scheinen, als ob die prinzipielle Einigkeit über die Funktion der Wertlehre in der ökonomischen Theorie einen fruchtbaren Gesichtspunkt für eine kritische Betrachtung derselben abgibt.

Wie schon erwähnt hat die Lehre vom wirtschaftlichen Wert eine lange Entwicklungsgeschichte vor den englischen Klassikern. Wir können diese Vorgeschichte hier nicht eingehender schildern, möchten aber gleichwohl ein paar Worte vorausschicken über das geistige Erbgut, das die Klassiker übernahmen, d. h. über die Ideen, die sich seit altersher mit dem Begriff des wirtschaftlichen Werts verknüpfen.

Eine ursprüngliche Bedeutung des Ausdrucks "wirtschaftlicher Wert" bezieht sich auf die Menge Tauschmittel, gegen die die Einheit einer Ware im Tausch hingegeben wurde. Es ist interessant zu beobachten, daß der Begriff seit ältesten Zeiten also mit der Vorstellung von etwas Augenscheinlichem und Wirklichem verbunden wurde, es handelt sich ja hier um den Tauschwert im eigentlichen Sinne, um beobachtbare Tauschrelationen.

Jedoch enthält die Wertidee von Anfang an auch Vorstellungen ganz anderer Natur. Der Tauschwert erschien dem Denken als etwas gar zu schnell Wechselndes, gar zu sehr abhängig von solchen Umständen, die man als "zufällige" zu betrachten geneigt war. Von diesem Gesichtspunkt aus lag es nahe, sich einen Normalwert zu denken. Man kann natürlich auch diese Vorstellung an den faktischen Tauschwert anknüpfen. Der normale Wert wird dann entweder ein Tauschwert als irgendwie gebildetes Mittel wirklicher Tauschwerte an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten, oder ein Tauschwert, wie er sich stellen würde, unter der Voraussetzung, daß der Tauschprozeß ungestört durch gewissen angegebene "zufällige" Einflüsse abläuft. Diese zwei Gesichtspunkte kann man gewöhnlich vereinigen durch eine Theorie, daß der Normalwert im ersten Sinn des Wortes auf lange Sicht unabhängig von "zufälligen" Einflüssen ist. Diese Definitionen vom Normalwert stehen noch auf sicherem Boden. Solange man nichts Metaphysisches in sie hineinliest, handelt es sich nur um Mittelwerte aus wirklichen Tauschwerten oder Tauschwerten, die unter gewissen logisch vollziehbaren Voraussetzungen existent werden würden. Diese mehr realistische Betrachtungsweise ist jedoch für ältere Zeiten etwas vollkommen Fremdes, man neigt vielmehr dazu, der Wirklichkeit einen mehr animistischen Einschlag zu geben. Ohne Übertreibung darf gesagt werden, daß wir in der ökonomischen Theorie auch heute ständig versucht sind, einen anderen Sinn in die Vorstellung des "Normalen" hineinzulegen.

Hinter den äußeren beobachtbaren Tauschrelationen sucht man etwas "Inneres", etwas eigentlich und in höherem Sinne Wirkliches, etwas, wovon der Tauschert nur eine Widerspiegelung oder ein Ausdruck oder eine Auswirkung ist. Man sucht etwas, worin man ein Kriterium für die "Richtigkeit" oder "Gerechtigkeit" der faktischen Tauschrelationen sehen kann. Man sucht die Idee des Wertees oder seinen inneren Grund. Die Vorstellungen von einem "intrinsic value" [die Dinge haben ansich einen Wert - wp] wechseln oft ihre terminologische Einkleidung. Gemeinsam ist ihnen aber allen, daß sie darauf hinauslaufen, etwas anderes festzustellen als den Tauschwert, etwas Allgemeines, Einheitliches und Beständiges, das gleichzeitig einen "natürlichen" Ausgangspunkt bilden kann, sowohl für die Erklärung des Tauschwerts als auch für seine sozialethische Beurteilung. Schon ARISTOTELES suchte so nach einem einheitlichen und universellen Standard um den "wirklichen" Wert zu messen zum Unterschied von faktischen Tauschrelationen.

Zuweilen dachte man sich da in älteren Zeiten den Wert ganz einfach als eine den Wren selbst innewohnende Eigenschaft intrinsic value - wp], eine Art "Kraft" oder geradezu eine "immaterielle Substanz". Wenn es aber darauf ankam, den Zusammenhang zwischen diesem inneren Wert und dem Tauschert zu erklären, ist man im allgemeinen nicht bei der naiven Kraft- oder Substanzlehre stehen geblieben, obwohl diese Idee als halbbewußte und unausgesprochene Allgemeinvorstellung latent weiterlebt und die Begriffsbildung noch immer bestimmend beeinflußt.

Man sucht auf dem einen oder anderen Weg eine Verbindung mit der "menschlichen Natur" und will den Wert auf eine Auffassung von der Stellung des Menschen innerhalb der Gesellschaft und von der Gesellschaft als von einem organisierten Kampf gegen die karge äußere Natur gründen. Zwei Wege öffnen sich da, entweder kann man den Wert zurückführen auf eine abstrakte Brauchbarkeit oder einen Nutzen der Objekte oder auf die Auffassung des Menschen von dieser Nützlichkeit (Gebrauchs- oder Nutzenwert). Eine Ware hat ökonomischen Wert in dem Grad, wie sie nützlich ist für den Menschen, eine Vorstellung, der man eine mehr oder weniger psychologische Begründung geben kann. Oder man kann sich an die Kosten (gewöhnlich in Arbeit) halten, die die Herstellung einer Ware erfordert. Auch dieser Kostenvorstellung kann man einen mehr oder weniger psychologischen Inhalt geben. Ist die psychologische Seite stärker betont, so wird der Wert zu jener Eigenschaft der Waren, daß sie nur durch subjektive Opfer erlangt werden können, durch Schweiß und Mühe. Bei weniger stark psychologischer Betonung ist es die Eigenschaft, daß die Waren gewissermaßen gegenständlich gewordene Arbeit sind, daß sie die Arbeit enthalten, mit der sie erschaffen wurden.

Diese verschiedenen Wertvorstellungen trifft man nun in allen möglichen Konstellationen gemischt und auch vereinigt mit anderen Gedankenelementen. Zu merken ist dabei, daß fast alle Wertbegriffe mit dem Begriff des "gerechten" oder "richtigen" Preises, des justum pretium identifiziert werden. - Es beruth hauptsächlich auf der Weltanschauung und der allgemeinen philosophischen Einstellung des Betreffenden, ob er dieses justum pretium in den faktischen Tauschrelationen, bzw. den normalen Tauschrelationen verwirklicht sieht oder nicht.

Alle diese Versuche, einen tieferen Wertbegriff hinter den Tauschrelationen zu begründen, werden beherrscht von dem Bestreben, zu wirtschaftlichen Normen zu kommen. Ob man sich bei der Bestimmung des Wertes an Nutzen oder Kosten einer Ware hält, schließlich kommt man meistens auf einen für alle Individuen gemeinsamen Wert, den sozialen Wert. Streng genommen ist dieser Gedanke schon notwendig, um den Wert mit dem justum pretium identifizieren zu können, denn das letztere muß ja objektiv und deshalb einheitlich fixiert vorgestellt werden, es ist selbst ein sozialer Wert. Der soziale Wert ist der Wert, den "die Gesellschaft" setzt, er drückt Nutzen oder Opfer für die Gesellschaft als Ganzes aus. Um diese Konstruktion zu ermöglichen, kann man sich alle Menschen in dem Maß gleich vorstellen, wie der Nutzen eines Objekts oder seine Arbeitskosten für alle gleich angenommen werden. Zuweilen stellt man sich auch gesellschaftliche Durchschnittsnutzen oder Durchschnittskosten vor, ein Gedanke, der schon recht bald in der Nationalökonomie dahin umgeformt wird, daß man die Aussagen auf einen "economic man" bezieht, der u. a. auch die Eigenschaft hat, ein "normales", durchschnittliches Individuum zu sein. Wählt man keinen dieser beiden Wege, so wird man genötigt, sich mehr unmittelbar die Gesellschaft als Subjekt für die Wertsetzung zu denken in direkter Analogie mit der Wertsetzung durch ein Individuum, d. h. man muß sich die Gesekkscgaft vorstellen als einen einheitlichen Organismus, eine Personifikation, die selbst auswählt, genießt, opfert, schafft oder andere ähnliche Tätigkeiten vollzieht. Diese organische Gesellschaftsauffassung kann nun ihrerseits wieder eine mehr oder weniger ausdrückliche Formulierung erhalten, oder sich auch unter der Ausdrucksweise vom "Natürlichen" verbergen.

Diese sind in kurzen Zügen die wichtigsten von den Vorstellungen des "natürlichen", "realen", "absoluten", "inneren" usw. Wertes, welche das begriffliche Material für die klassische und neuklassische Wertlehre gebildet haben. Diese Vorstellungen sind in wechselnder Kombination und Nuancierung allenthalben wieder anzutreffen. Einzig die primitive Kraft- oder Substanzlehre und sonst keine der genannten Wertvorstellungen ist im Laufe der wissenschaftlichen Entwicklung ganz abhanden gekommen.

Die klassische Wertlehre ist sozusagen in zwei Etappen aufgebaut. Die vordere voll sichtbare Front besteht in einer Tauschwertlehre, die zweite Etappe ist eine Realwertlehre.

Wenn ADAM SMITH seine Analyse mit einer Unterscheidung von "value in use" [Gebrauchswert - wp] und "value in exchange" [Tauschwert - wp] beginnt, so geschieht das nur, um den ersteren, den Gebrauchswert, ganz auszuscheiden von der theoretischen Diskussion, die nur dem Tauschwert gelten soll. Denselben Standpunkt nahmen danach RICARDO und die meisten seiner Schüler ein. Es finden sich jedoch auch Autoren, die dem Nutzen oder dem Gebrauchswert wieder eine größere Bedeutung einräumen wollen. Dahin gehören SAY und die französischen Theoretiker im allgemeinen, manche deutschen Theoretiker, wie etwa RAU und KNIES und ebenso in einem gewissen Grad MALTHUS und mehr noch MacLEOD und gewisse andere englische Autoren außerhalb der zentralen klassischen Entwicklungslinie. Für die eigentlichen Klassiker ist der Nutzen nur eine notwendige Voraussetzung dafür, daß eine Ware überhaupt Tauschwert bekommt, aber die Höhe dieses Tauschwertes bestimmt sich auf der Grundlage anderer Faktoren. Die Realwertlehre, die man als Basis der Tauschlehre entwickelte, ist vom Typ der Kosten- oder Opferlehren.

Die Realwertlehre wurde jedoch mehr unter der Hand eingeführt. Sowohl ADAM SMITH wie auch RICARDO definieren den Wert zunächst generell als Tauschwert. Bei dem Versuch, diesen Tauschwert zu erklären, wird nun die Realwertlehre eingeschmuggelt ohne irgendwelche ausführlichen prinzipiellen Betrachtungen über die Natur dieser Vorstellung. Es zeigt sich sogar, daß Gelehrete späterer Zeiten zuweilen die Klassiker studiert haben, ohne etwas von ihrer Realwertlehre zu merken. Die eigentümliche Konstruktioin ihrer Tauschwertlehre kann aber nicht anders verstanden werden als vom Standpunkt ihrer Realwertlehre. Die Realwertlehre hat nämlich in entscheidenden Punkten die Tauschwertlehre bestimmt. Die Realwertlehre hängt auch innig zusammen mit den praktischen Tendenzen des ganzen klassischen Lehrsystems.

Das logisch erforderte Vorgehen für uns wäre nun, zunächst die Realwertlehre zu schildern als die grundlegende Konstruktion und erst danach die Tauschwertlehre darzustellen, die auf dieser Grundlage aufgebaut ist. Aber gerade wegen des versteckten und formell unfertigen Charakters der Realwertlehre kann sie in vieler Beziehung nicht anders festgestellt werden als mit Hilfe gewisser Schlüsses aus der zugehörigen Tauschwertlehre. Wir möchten deshalb erst im Vorbeigehen einiges über die klassische Tauschwertlehre bemerken. Wir denken dabei in erster Linie an RICARDO, dessen Ausgestaltung weit konsequenter ist als die von ADAM SMITH und MALTHUS und der auch für die Auffassung der späteren Klassiker bestimmend geworden ist.

Die Hauptthese der Tauschwertlehre ist der Satz, daß Waren in solchen Relationen getauscht werden, wie sie sich aus dem in den Waren niedergelegten Arbeitsquantum ergeben. Der Tauschwert der Waren bestimmt sich nach ihren Arbeitskosten, und Kosten bedeutet dabei selbst Arbeit, nicht etwa Lohn für die Arbeit. Die Rolle der Arbeit wird dabei in verschiedenen Ausdrücken umschrieben. Die Arbeitskosten "bestimmen", "regulieren", "verursachen", "messen" ("measure"), "geben an" (indicate) den Tauschwert, sie sind seine "Grundlage", "Quelle" oder sein "Ursprung". Der Gedankengang ist ganz einfach der, daß eine Ware, die doppelt soviel Arbeitskosten verlangt wie eine andere, im normalen Tausch doppelt soviel kosten soll.

Wir wollen kurz die wirklichkeitsfremden Voraussetzungen angeben, die man machen muß, wenn man in dieser Weise die Preisbildung aus den Arbeitskosten erklären will. RICARDOs Meisterschaft zeigt sich ja u. a. in der Genauigkeit, mit der er über seine Voraussetzung Rechenschaft ablegt.

Zunächst muß RICARDO voraussetzen, daß es nur einen einzigen und in sich homogenen Produktionsfaktor gibt. Denn sonst werden die Waren durchaus nicht im Verhältnis ihrer Arbeitskosten getauscht. RICARDO rechnet jedoch ebenso wie ADAM SMITH und viele andere mit drei Produktionsfaktoren: Arbeit, Kapital und Boden. Diese Dreiteilung, die später in der nationalökonomischen Theorie eine so wichtige Rolle gespielt hat, ist, wie oft hervorgehoben, nur eine Schematisierung der sozialen Verhältnisse, die zu jener Zeit in England herrschten. Vom logischen Gesichtspunkt aus liegt jedoch in dieser Dreiteilung eine Abweichung vom Arbeitskostengrundsatz. RICARDO muß sich deshalb gewisser Kunstgriffe bedienen in Gestalt neuer wirklichkeitsfremder Voraussetzungen, um die Voraussetzung eines einzigen, homogenen Produktionsfaktors wieder zu ersetzen.

Für die Arbeit muß RICARDO dabei zunächst eine vollständige qualitative Homogenität annehmen. Ist nicht alle vorkommende Arbeit derselben Art, so muß sie sich gleichwohl nach einer von vornherein gegebenen Wertskala von einer in die andere Art umrechnen lassen. Diese ganze Seite der Preisbildung wird mit anderen Worten unerklärt gelassen. Der Teil im 1. Kapitel seiner "Principles", der von den Tauschwertrelationen der verschiedenen Arbeitsarten handelt, bringt nicht viel mehr als einen Hinweis darauf, daß Angebot und Nachfrage auf dem Markt die verschiedenen Tauschwerte bestimmen - eine Selbstverständlichkeit, die nichts erklärt. Es ist ja ein wesentliches Verdienst der Klassiker, daß sie die Notwendigkeit eingesehen haben, über diese Phrase hinauszukommen und die Ursachen aufzuweisen, die ihrerseits Angebot und Nachfrage bestimmen. Gleichzeitig stützt sich RICARDO auf die haltlose Behauptung, daß die Skala relativer Werte, die auf diese nicht näher erklärte Art und Weise zustande kommen, praktisch als im Zeitablauf unveränderlich angenommen werden kann, d. h. unabhängig von der Preisbildung. Diese Behauptung bleibt aber bei ihnen ohne näheren Beweis (5).

Die Rolle des Kapitals in der Preisbildung muß für die relativen Tauschwerte irrelevant gemacht werden. Das geschieht, wie bekannt, bei RICARDO durch die Annahme einer vollen Proportionalität von Kapital- und Arbeitsverwendung in allen Zweigen der Produktion. RICARDO erfuhr in diesem Punkt schon frühzeitig einige Kritik, vor allem von MALTHUS (6). RICARDO gab die Schwächen seiner Konstruktion in diesem Punkt offen und unumwunden zu. Aber er konnte davon nicht loskommen, ohne den Ausgangspunkt selbst aufzugeben (7).

Der Boden wurde als Produktionsfaktor aus dem allgemeinen Preisbildungszusammenhang ausgeschieden durch die Annahme einer Spezialpreisbildung für Boden und ihre Erklärung in der Grundrentenlehre. Der Voraussetzung einer Homogenität der Arbeit entspricht in der Grundrentenlehre die Annahme, daß der Boden in der Produktion eines einzelnen Produktes, Getreide, verwendet wird. Boden und Grundrente werden danach aus der Kostenpreisbildung ausgeschieden, indem man sich ihre Preisbildung an der Produktionsgrenze verlaufend denkt, wo der Boden keine Rente mehr erhält.

Alle diese offenbar wirklichkeitsfremden Annahmen sind durch den Ausgangspunkt der Preisbildungserklärung motiviert, durch den Satz nämlich, daß die Arbeitskosten den Tauschwert bestimmen.

Obwohl dieser Ausgangspunkt ganz und gar die Problemstellung bestimmt und die ganze Erklärung auf eine äußerst willkürliche Konstruktion hinausläuft, so kommt doch bemerkenswerterweise das Arbeitskostenprinzip nur für einen sehr geringen Teil der ganzen Preisbildungserklärung zur direkten Anwendung. Eine unmittelbare Anwendung bekommt das Prinzip nur bei der Erklärung der Tauschwerte der verschiedenen Waren, und auch dabei nicht einmal für alle Waren, sondern für die reproduzierbaren (8).

RICARDO bezeichnet es selbst als die vornehmste Aufgabe der Nationalökonomie, die Preisbildung für die drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden, d. h. die Einkommensverteilung zu erklären. Diesen ganzen wichtigsten Komplex innerhalb des Preisbildungsproblems löst nun RICARDO nicht mit Hilfe des Kostenprinzips. Das würde natürlich auch gar nicht angehen, denn der Inhalt dieses Prinzips ist ja nur, daß die Preise der Waren auf ihre Produktionskosten im Sinne physischer Produktionsmittelverwendungen zurückgeführt werden sollen.

Die Rolle des Produktionskostenprinzips bei der Behandlung des Verteilungsproblems ist rein negativ. Es zwingt nur zu gewaltsam unwirklichen Ausgangskonstruktionen, die sonst nicht nötig wären. Wäre RICARDO auch bei der Behandlung des Einkommensverteilungsproblems so vorgegangen wie bei den schon genannten Teilproblemen, die sich nicht durch das Produktionskostenprinzip lösen lassen, d. h. hätte er auch beim Einkommensverteilungsproblem ganz einfach auf das Gesetz von Angebot und Nachfrage verwiesen und so das ganze Problem realiter ungelöst gelassen, so könnte man mit Recht seine ganze Theorie verwerfen, nicht nur als künstlich vereinfachend, sondern auch als vollkommen sinnlos und nichtssagend. Denn was er über den Tauschwert der produzierten Waren zu sagen weiß, ist nicht viel mehr als die Behauptung, daß, wenn man nur einen vollkommen homogenen Produktionsfaktor Arbeit annimmt, die Waren normalerweise im Verhältnis der Arbeitsmenge getauscht werden, die sie für ihre Produktion erfordern. Dieser Satz ist nicht gerade vielsagend.

Mit so einem einfachen Hinweis begnügt sich aber RICARDO nicht, und gerade in diesem Punkt erweist sich seine unübertroffene Genialität. Trotz der künstlichen Bindung, die das Arbeitskostenprinzip seiner ganzen Problembehandlung auferlegt, gelingt es ihm doch, zu einer wissenschaftlichen Analyse der Ursachenfaktoren vorzudringen, die auf der Angebots- und Nachfrageseite die Preisbildung der Produktionsfaktoren bestimmen und damit für das Verteilungsproblem entscheidend sind. Er stützt sich dabei auf die Ansätze zu einer Wirklichkeitsanalysen, die bereits vorlagen, teils in ADAM SMITHs Lehre vom "natürlichen" Preis, der Arbeitslohn, Kapitalprofit und Grundrente enthalten sollte, teils auf die von MALTHUS entwickelte Grundrenten- und Bevölkerungslehre. Bei der eingehenden Analyse des Verteilungsprozesses, die RICARDOs größtes Verdienst bleibt, spielt der Produktionskostengrundsatz eine minimale Rolle und wirkt höchstens hier und da als ein lästiges Hindernis.

RICARDOs Theorie der Preisbildung für Produktionskostenfaktoren soll hier nicht näher behandelt werden. Seine Analyse weist die wechselseitige Abhängigkeit der drei Produktionsfaktoren in ihren Mengen und relativen Preisen nach. Die letztlich bestimmenden Ursachen sind danach einmal die gegebene Menge Boden, seine verschiedene Lage und wechselnde Fruchtbarkeit, und ferner die vorhandene Menge Kapital (9), die jeweilige Anzahl der Arbeitskräfte (10) und schließlich der Stand der technischen Kenntnisse. Vom Standpunkt der modernen Preisbildungsbetrachtung fehlt unter den Daten nur die Nachfrage, die sich auch indirekt auf die Produktionsfaktoren richtet. Aber dieser Faktor spielt natürlich eine geringere Rolle, wenn man wie RICARDO nur drei qualitativ homogene Produktionsfaktoren angenommen hat, von denen außerdem zwei, Arbeit und Kapital, ständig in relativ gleich großen Anteilen in alle hergestellten Produkte eingehen sollen, dann bleibt nämlich ex hypothesi [der Hypothese zufolge - wp] kein Platz für Verschiebungen in der Nachfrage vom einen auf den anderen Faktor. Das Übersehen der Nachfrage als mitbestimmenden Faktors bei der Erklärung des Verteilungsprozesses ist das wichtigste Beispiel dafür, daß RICARDO auch in der Verteilungslehre vom Produktionskostengrundsatz irregeleitet wird. Aber abgesehen davon gelingt es RICARDO, von den anderen primär preisbestimmenden Faktoren ausgehend, den allgemeinen Zusammenhang zwischen Arbeitslohn, Kapitalprofit und Grundrente klarzulegen, und durch eine, wenn auch stark vereinfachende Analyse der Veränderungen auf lange Sicht und ihres wechselseitigen Zusammenhangs kann er auch eine Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung aufstellen.

Eine Darstellung von RICARDOs Tauschwertlehre drängt einem am Schluß die Frage auf: Warum band sich RICARDO an diese Ausgangsthese, daß die relativen Tauschwerte der Waren von ihren Produktionskosten, d. h. im Sinne RICARDOs Arbeitskosten bestimmt werden? Wie wir gezeigt haben, ist es gerade diese Ausgangsthese, die ihn mit logischer Notwendigkeit zu all seinen phantastischen Prämissen zwingt. RICARDO ist sich wohl bewußt, daß diese seine Voraussetzungen der Wirklichkeit Gewalt antun und damit auch dem wissenschaftlichen Wert seiner Theorie abträglich sind. Die sorgfältige Diskussion dieser Voraussetzungen beweist auch, daß er klar erkennt, wie sie alle durch die Ausgangsthese notwendig werden.

Unsere Frage kommt erst in das rechte Licht, wenn wir uns gegenwärtig halten, daß er eigentlich vom Arbeitskostengrundsatz in der ökonomischen Analyse keinen wirklichen Vorteil hat. Der Grundsatz zwingt ihn nur zu solchen Voraussetzungen, daß er aufgrund gerade dieser Voraussetzungen ein Truismus [Binsenwahrheit, Gemeinplatz - wp] wird. Daneben aber gibt er sich ständig Mühe, die Erklärung auf Erwägungen ganz anderer Art zurückzuführen. Warum baut er auf einer Vorstellung, die ihn in tausend Schwierigkeiten und Ungelegenheiten bringt, ohne ihm irgendwo einmal wirklich behilflich zu sein?

Wieviel einfacher hätte sich das ganze Problem für ihn gestellt, wenn er unter Produktionskosten die Kosten der Produktionsfaktoren in Geld verstanden hätte, oder wenn nicht in Geld, so in irgendeiner tauschwertmäßigen Einheit, gemessen in irgendeiner Wareneinheit. Er hätte da im Anschluß an ADAM SMITH eine natürliche Gleichgewichtslage dahin definieren können, daß Produktionskosten in diesem Sinne (the component parts of prices = Arbeitslohn, Kapitalprofit und Grundrente) mit dem Preis der hergestellten Waren übereinstimmten. Eine Fragestellung für die weitere Analyse hätte er dann durch die weitere Überlegung gewonnen, daß die verschiedenen Produktionsfaktoren bei einem Gleichgewicht gerade in solchen Proportionen eingehen müssen, daß die totalen Produktionskosten einer Ware am niedrigsten sind. Fast alle hyperabstrakten Voraussetzungen RICARDOs wäre da überflüssig gewesen. Wenn er an der typenmäßigen Klassifikation der Produktionsmittel in die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden auch weiterhin festgehalten hätte, so hätte es ihm doch weit leichter fallen müssen, die äußersten Erklärungsgründe, zu denen er schließlich doch griff, zu einer Theorie harmonisch zusammenzufügen, nämlich die Mengenverhältnisse der Produktionsfaktoren und die Produktionsbedingungen im übrigen. Die ganze Preisbildungslehre hätte einen weit höheren Grad von Wirklichkeitsnähe und Vollständigkeit bekommen. Man könnte darüber spekulieren, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß er durch eine Ausweitung des marginalen Prinzips sogar bis zu einer generellen Grenzproduktivitätstheorie vorgedrungen wäre.

Das ist natürlich vollkommen unhistorisch gedacht (11). Niemand wählt seine gedanklichen Voraussetzungen frei. Um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, warum RICARDO von einer These ausging, die ihm mehr hinderlich als behilflich war, müssen wir in unserer Analyse der klassischen Wertlehre tiefer dringen. Wir müssen vordringen bis zum Komplex metaphysischer Vorstellungen von einem realen oder absoluten Wert, die die gedankliche Grundlage bilden, auf der auch die Tauschwertlehre beruth. Zufolge ihres metaphysischen Charakters sind diese Vorstellungen vage, widerspruchsvoll und schwer festzustellen. Sie beziehen sich aber alle auf einen inneren essentiellen "Wert", der gleichzeitig in einem höheren Sinn "wirklich", "notwendig" und "beständig" ist im Gegensatz zu dem nur scheinbaren und wechselnden Tauschwert oder Preis, und der deshalb auch das "Richtige", das "Gerechte", das, was sein soll, bezeichnet.

Die Analyse der klassischen Tauschwertlehre hat uns somit auf die Realwertlehre zurückgeführt. Die Konstruktion der Tauschwertlehre muß ganz willkürlich und unbegreiflich erscheinen, wenn wir hier mit ihrer Erklärung Halt machen wollten.

Der tiefere Grundgedanke in RICARDOs Arbeitskostenprinzip ist die Vorstellung, daß die in die Waren eingehende ("embodied", "bestowed on", "transferred into") Arbeit ihren realen Wert (real value) ausmacht.

Vom theoretischen Standpunkt aus bedeutet das vor allem, wie auch RICARDO ständig hervorhebt, daß die verschwendete Arbeit - bzw. eine Ware, die unabhängig von der technischen Entwicklung ständig mit einer gleichgroßen Menge Arbeit hergestellt wird - einen in sich selbst unveränderlichen Wertmesser darstellt (an invariable measure of value). Die Notwendigkeit einer so geschaffenen Maßeinheit begründet RICARDO mit der alten metaphysischen Vorstellung, daß dasjenige, womit man etwas anderes messen will, in sich selbst unveränderlich sein muß, denn sonst könnte eine beobachtbare Veränderung ebensogut in einer Veränderung des Maßes wie des Gemessenen bestehen.

Wir lassen nun vorläufig die Frage dahingestellt, warum gerade die eingehende Arbeit den realen Wert repräsentieren und damit den unveränderlichen Wertmesser abgeben soll. Zunächst wollen wir nur einmal der Frage nachgehen, was eigentlich in der Vorstellung eines unveränderlichen Wertmessers liegt.

Zunächst ist es klar, daß der Begriff Wertmesser sich auf den Wert zu verschiedenen Zeitpunkten bezieht. RICARDO verwendet den Begriff "Wertmesser" und "realer Wert" ausschließlich da, wo es sich um die Frage handelt, wieviel eine Ware "in Wirklichkeit" im Preis gestiegen oder gefallen ist. Damit ist es auch offenbar, daß wir ganz außerhalb des Begriffs "Tauschwert" getreten sind, obwohl freilich RICARDO, wie alle anderen Klassiker vor und nach ihm, ganz generell und einleitungsweise den Wert als Tauschwert definiert haben und den Realwertbegriff erst allmählich und ohne klare begriffliche Vollziehung einführt. Der Tauschwert muß sich ebenso wie der Preis logisch auf den Tatbestand in einem zeitlich eindeutig bestimmten Fall beziehen; sie können höchstens noch ein in bestimmter Weise konstruiertes Mittel aus den jeweils momentanen Tauschrelationen verschiedener zeitlich auseinanderliegender Preisbildungsfälle sein. - Analogieweise kann man den Kapitalzins eine Tauschrelation zwischen einem Gegenwarts- und einem Zukunftswert nennen, aber der Tausch gilt nur einem Gegenstandswert gegenüber als etwas zukunftswertes, was eine ganz andere Sache ist als dieser Zukunftswert selbst.

Bei RICARDO und all denen, die gleich ihm eine Wertrelation derselben Ware zu zwei verschiedenen Zeitpunkten messen wollen, handelt es sich also um die Feststellung einer Wertrelation, bei der keine direkten Tauschrelationen bestehen, ja nicht einmal denkbar sind. Schon BAILEY führt in seiner meisterhaften Kritik von RICARDOs Wertlehre aus, daß es unmöglich ist, die Tauschrelationen eines Objekts zu einem Zeitpunkt und zu einem anderen festzustellen in derselben Weise, wie sich die Tauschrelationen zweier Objekte im gleichen Zeitpunkt feststellen lassen. Das einzige, was geschehen kann, ist ein Vergleich, in welchem Verhältnis der Tauschwert des einen Objekts zum Tauschwert ein und desselben anderen Objekts in beiden Fällen gestanden hat. (12) Um danach etwas über die Relationen des Wertes des ersten Objekts zu beiden Zeitpunkten aussagen zu können, müßte man für das andere Objekt, das der Wertmesser ist, einen zu beiden Zeitpunkten unveränderten Wert voraussetzen. Das ist der klassische Gedankengang. So kommt man zum Bedürfnis nach einem festen Wertmesser, der nichts anderes sein kann als eine bestimmte Qualität eines absoluten Wertes (13).

Auch wenn man, wie die Klassiker meistens, nur Verhältnisse von realen Werten studiert, so setzt die Denkoperation dennoch einen absoluten realen Wert voraus in dem sich beide Größen ausdrücken lassen, deren Verhältnis gesucht wird. Ein fester und unveränderlicher Wertmesser impliziert immer die Vorstellung eines absoluten inneren (intrinsic) Wertes und diese rein fiktive Idee, die mit einer einer Wirklichkeitsanalyse nichts mehr zu tun hat, liegt dem ganzen klassischen Lehrgebäude zugrunde und gibt auch den rein wissenschaftlichen Teilen desselben ihren bestimmten Charakter. Der geistreiche de QUINCEY, der sich auch in ein paar eleganten Werken in der ökonomischen Theorie versucht hat, und da eigentlich für RICARDO gegen MALTHUS eine Lanze brechen wollte, spricht, wenn auch nur nebenbei, davon, daß ein unveränderlicher Wertmesser, ein "ens rationis" ein im Grund unhaltbarer Gedanke ist und vergleicht ihn mit den Ideen vom perpetuum mobile und mit der Quadratur des Kreises (14).

Die nächste Frage muß lauten: warum entschied sich RICARDO und nach ihm die anderen Klassiker gerade dafür, in der in eine Ware eingehenden Arbeit ihren realen Wert zu sehen? Warum sollte der ideale unveränderliche Wertmesser gerade in einer Ware bestehen, die immer gleichviel Arbeit enthalten sollte?

RICARDO gibt auf diese Frage keine zufriedenstellende Antwort. Er verweist gewiß ebenso wie ADAM SMITH auf ein frühes Gesellschaftsstadium, in dem Arbeit als Produktionsfaktor dominierte (15). Solche historischen Ableitungen wirken aber nicht übermäßig überzeugend. Jedem, der nur ein wenig naturrechtliche Literatur studiert hat, ist diese Art von Konstruktionen bekannt. Sie sind regelmäßig sehr dürftige Historie und übrigens auch mehr idealtypisch als historisch gemeint. Sie sind eine allgemein angewandte Einkleidung, in der man die behauptete höhere Faktizität einer Norm vorträgt. Wer nicht so schon überzeugt ist, daß die klassische Realwertlehre zuinnerst eine normative Konstruktion ist, kann, nebenbei bemerkt, in dieser typischen Herleitung ein gutes Indiz finden. Aber weiter und vor allem: Die Behauptung einer primitiven Wirtschaft, in der Arbeit der einzige Produktionsfaktor ist, und die weitere Behauptung, daß sie nach wie vor der wichtigste geblieben ist, führen die Frage nur einen Schritt weiter zurück. Warum knüpft man die Realwertvorstellunen gerade an die auf eine Ware verwendeten Produktionsfaktoren, nun ganz abgesehen davon, ob Arbeit als der einzige Produktionsfaktor zu betrachten ist oder nicht?

Diese Fragestellung wird erst ins rechte Licht gerückt wenn man bedenkt daß RICARDOs Realwertbegriff, der später in der klassischen Theorie der herrschende wurde, durchaus nicht ohne Konkurrenz dasteht. ADAM SMITH hatte ja in der Tat zwei Definitionen des realen Wertes: auf der einen Seite die in eine Ware eingehende Arbeit (= Ricardos Wertbegriff), auf der anderen Seite die Arbeitsmenge, die eine Ware im Austausch zu kaufen vermag, was etwas ganz anderes ist. Der erste Begriff war zweifellos derjenige, auf den ADAM SMITH ursprünglich hinaus wollte. Seine Theorie des natürlichen Preises, der gleichzeitig Arbeitslohn, Kapitalzins und Bodenrente enthalten sollte, hat jedoch den ursprünglichen Gedanken dem zweiten Begriff nahekommen lassen. Einige der scharfsinnigsten Seiten in RICARDOs "Principles" bestehen gerade in einem kritischen Nachweis des logischen Konflikts zwischen ADAM SMITHs beiden Realwertbegriffen ("embodied labour" und "commanded labour") (16). RICARDO hat gewiß recht, daß sich die beiden Vorstellungen nicht vereinbaren lassen aber hier handelt es sich um die Frage, warum er überhaupt eine von ihnen beibehalten hat und warum er sich gerade die erste ausgesucht hat.

MALTHUS wählte wie bekannt, stattdessen den zweiten Realwertbegriff, wenn er darin auch nicht immer ganz konsequent ist. Was er den absoluten oder natürlichen Wert nennt, ist die Menge Arbeit, die eine Ware zu kaufen vermag. Ausgehend von seinem Bevölkerungsgesetz, wonach die Bevölkerung ständig bis zu den Grenzen der Subsistenz[Existenz - wp]möglichkeiten wächst, kann nun auch MALTHUS annehmen, daß der Tauschwert der Arbeit, gemessen in Subsistenzmitteln [Lebensmittel - wp] ein unveränderliches Äquivalent ist für den eigenen Wert der Arbeit, der ja als Standard angenommen wird. So kommt MALTHUS zu seinem Satz, daß die einzig zufriedenstellende Definition des Realwertes "Kaufkraft in Subsistenzmitteln" lauten muß (17). In derselben Arbeit hatte MALTHUS kurz zuvor gesagt:
    "Was wir weiter brauchen (außer der Angabe des Geldpreises), ist eine Größe, die wir realen Tauschwert nennen können (d. h. einen Tauschwert, ausgedrückt in Einheiten des Standardrealwertes) und die die Menge Subsistenzmittel angeben muß, die diese Arbeitslöhne, Einkommen oder Waren dem Bezieher bzw. Besitzer zu kaufen ermöglichen." (18)
Dieser Realwertbegriff hat nichts zu tun mit Kosten oder "Opfer", sondern knüpft an an den alten Versuch, eine Wertbestimmung zu gewinnen, die sich auf "Nutzen" gründet. - Von der Ausgangsthese, daß der wirkliche Wert einer Ware ihr Tauschwert in Arbeit ist, war schon ADAM SMITH, wenn auch durch eine logisch weniger korrekte Prozedur, zu dem Satz gekommen, daß der reale Wert der Arbeit seinerseits in der Quantität der Subsistenzmittel besteht, mit denen sie letztlich bezahlt wird.

In moderner Technologie ausgedrückt besagt das Folgendes: MALTHUS meinte, daß Geld einen unveränderten inneren Wert haben würde, wenn eine Einheit davon stets die gleiche Kaufkraft in Subsistenzmitteln hätte, d. h. wenn man dafür sorgt, daß ein Lebenshaltungskostenindex unverändert gehalten wird. RICARDO dagegen meinte, daß Geld einen unveränderten inneren Wert hätte, wenn es nur eine unveränderte Menge von Arbeit enthält, d. h. wenn stets die gleiche Arbeitsmenge auf seine Produktion verwendet wird. RICARDO führte sorgfältig aus, daß dabei sein Tauschwert sowohl in Arbeit wie in Subsistenzmitteln und überhaupt in allen Gütern, welche Gegenstand des Tausches werden können, aufgrund der technischen Entwicklung, des Bevölkerungs- und Kapitalzuwachses in jeder beliebigen Weise sich verändert könnte.

MALTHUS' Realwertkonstruktion ist vom theoretischen Standpunkt aus weit weniger gefährlich als die RICARDOs. RICARDOs Realwertbegriff führt ihn mit logischer Notwendigkeit zu all seinen unhaltbaren abstrakten Voraussetzungen, die wir im Vorhergehenden angedeutet haben, ohne daß er ihm bei der eigentlichen Erklärung der Wirklichkeit irgendwie dienlich werden kann. - Das liegt in der Natur des Begriffs, der einfach eine metaphysische Vorstellung ist ohne theoretischen Sinn und Geltungsgrund. MALTHUS' Realwertbegriff ist zwar ebenso metaphysisch und also für die theoretische Analyse überflüssig, aber er erfordert doch nicht jene Voraussetzungen. Das gilt unabhängig davon, ob die realen Tauschwerte gerechnet werden direkt in der Kaufkraft der Waren gegenüber Arbeit oder in ihrer Kaufkraft gegenüber Subsistenzmitteln. MALTHUS stellt daher das ganze *Preisbildungsproblem unabhängig von seinem Realwertbegriff. Wenn man ihn akzeptiert, so bedeutet das nichts weiter als die Entscheidung, alle Tauschwerte in einer gewissen Ware, Arbeit bzw. Subsistenzmitteln zu rechnen. In irgendeiner Ware oder in irgendeiner Warengruppe müssen sie ja immer ausgedrückt werden. In der modernen Preisbildungstheorie denken wir uns die Tauschwerte auch in einer Ware fixiert, lassen es aber vollkommen offen, in welcher.

Es soll nicht behauptet werden, daß die malthusianische Realwertkonstruktion richtig ist oder auch nur weniger falsch. Sie ist nur nicht von der Art, daß sie, wie die RICARDOs, notwendig die zentraltheoretische Analyse infizieren muß, die ja der Erklärung der Tauschwerte oder relativen Preise gilt. Daß danach überhaupt alle Wertvergleiche in der Zeit, weil über beobachtbare Tauschrelationen hinausgehend, sich auf die Vorstellung von einem absoluten inneren Wert gründen müssen und deshalb theoretisch unmöglich sind, ist ja eine andere Sache. Ein Wertvergleich in der Zeit kann nur unter einem gewissen Gesichtspunkt vorgenommen werden, d. h. mit Hinblick auf ein gewisses Objekt oder eine gewisse näher zu bestimmende Gruppe von Objekten. Dieser "Gesichtspunkt" kann jedoch niemals wissenschaftlich gewonnen werden, d. h. lediglich aufgrund von Wirklichkeitsbeobachtungen oder rein theoretischen Erwägungen. Die Bestimmung des "Gesichtspunktes" ist konventioneller Natur, wenn sie auch vom Interessenstandpunkt eines Individuums oder einer Gesellschaftsklasse noch so naturgegeben erscheint. Ein Studium der modernen Geldlehre und der modernen Indexliteratur beweist, daß man das noch nicht vollständig eingesehen hat.

Sozialistische Theoretiker haben darüber spekuliert, ob die Arbeiter in einer idealen Gesellschaftsordnung nach "Verdienst", d. h. nach dem, was sie produziert haben, oder nach "Bedarf" oder auch gleichmäßig nach Arbeitszeit bezahlt werden sollen. Bei näherem Zusehen erweist sich, daß diese Diskussion logisch und doktrinhistorisch den Konflikt zwischen ADAM SMITHs beiden Arbeitswerttheorien widerspiegelt. Es ist interessant zu sehen, wie die vormarxistischen englischen Sozialisten mit ihrer Diskussion auch direkt daran anknüpfen.

Wir wenden uns wieder der Frage zu: Warum fixierte RICARDO den Realwert als die auf die Waren verwendete Menge Arbeit? Es kann sicher nicht darauf beruhen, daß keine Alternativen zur Verfügung standen oder er solche nicht kannte. Seine Kritik an ADAM SMITHs zweitem Realwertbegriff und ebenso seine Auseinandersetzung mit MALTHUS, als dieser denselben wieder aufnehmen wollte, stellt das außerhalb jeden Zweifels.

Das Bemerkenswerte ist nun, daß RICARDO für seinen Realwertbegriff niemals irgendeine Begründung vorbringt. Seine Kritik an ADAM SMITH geht nur darauf aus, daß, wenn er mit Realwert die auf die Arbeit verwendete Arbeit meint, so kann er ihn nicht gleichzeitig definieren als die Quantität an Arbeit, die die Waren kaufen, also als den Tauschwert der Waren in Arbeit. Das ist vollkommen richtig, aber das Beweisthema kann natürlich umgekehrt werden: wenn ADAM SMITH die letztere Definition wählt, so kann er damit den ersten Begriffsinhalt nicht vereinbaren. RICARDO setzt hier voraus, daß seine eigene Auffassung von dem, was eigentlich der reale Wert ist, richtig ist. Er setzt voraus, was er beweisen sollte, wenn er nämlich mehr beweisen will als lediglich, daß eine gewisse Verwirrung in ADAM SMITHs Ausführungen über den Realwertbegriff herrscht.

Ganz Entsprechendes gilt für die Diskussion zwischen RICARDO und MALTHUS. Mit großem Geschick weist jeder von ihnen die Fehler und Schwierigkeiten im Gedankengang des andern nach, die aus dessen Realwertvoraussetzungen herrühren. Wo es aber gilt, die eigenen Auffassung positiv zu begründen, werden sie wortkarg und ausweichend und bringen regelmäßig vage Banalitäten, die am Thema vorbeigehen.

Ein sorgfältiges Studium der positiven Ausführungen RICARDOs über den Realwert und den unveränderlichen Wertmesser in seinen "Principles" zeigt ebenso, daß er ständig voraussetzt, was er beweisen will. Die imaginäre Ware, die stets eine unveränderte Arbeitsmenge enthält, hat nach RICARDO einen konstanten Wert und kann als Wertmesser dienen, ganz einfach deswegen, weil sie eben stets eine unveränderte Arbeitsmenge enthält. Er geht dann die konkreten Objekte durch, um eines zu finden, das als fester Wertmesser geeignet erscheint. Er weist aber eines nach dem andern zurück, stets mit der Motivierung, daß man im wirklichen Leben nicht annehmen darf, daß die Herstellung unter allen Umständen gleichviel Arbeitskraft erfordert. Ebenso läuft RICARDOs breite Diskussion des Unterschiedes von "values" und "riches" auch nur auf fortgesetzte Tautologien hinaus. BAILEY weist schon darauf hin, daß RICARDO damit nicht mehr und nicht weniger sagt, als daß, was eine Million Menschen durch ihre Arbeit produziert haben, stets die Arbeit von einer Million Menschen kostet (19). RICARDOs Behauptung ist, daß der Wert unverändert bleibt, ob sie mehr oder weniger produziert haben, aber mit Wert meint er ganz einfach Arbeitsleistung.

Beim Nachweis dieses offenbaren Zirkels im theoretischen Argument dürfen wir nicht stehen bleiben. Dieser Zirkel beweist nur, daß die Sache für RICARDO selbstverständlich erschienen ist. Es heißt tiefer zu dringen und zu fragen, welche Vorstellungen RICARDO und vor ihm ADAM SMITH geleitet haben. Sie müssen so stark gewesen sein, daß sich seine Realwertdefinition für ihn als selbstverständlich ausgenommen hat, und das trotz ernster und von RICARDO hochgeschätzter Kritik. Die Kritik kam übrigens nicht nur von MALTHUS, sondern auch von J. B. SAY, der sich niemals richtig damit zufrieden geben konnte, den Realwert an die Produktionskosten statt an den Nutzen angeknüpft zu sehen. Sogar BENTHAM, der im Übrigen mit seiner ganzen Schule RICARDOs theoretisches System als Ganzes übernahm, warf ihm gelegentlich vor, daß er den Wert mit Kosten verwechselt, statt bei der Definition vom Nutzen auszugehen, was vom utilitaristischen Gesichtspunkt aus viel natürlicher gewesen wäre.

Damit nähern wir uns schließlich der Lösung des doktrinhistorischen Problems. Der geistesgeschichtliche Hintergrund ist zu sehen in der naturrechtlichen Konstruktion, daß das Eigentumsrecht in der auf das Eigentumsobjekt verwendeten Arbeit natürlich begründet ist. Diese Vorstellung ist in die englische Gesellschaftsphilosophie von HOBBES eingeführt worden und hat ihre nähere logische Ausgestaltung von LOCKE erhalten, vor allem in dessen Werk "Civil Government" (20). Danach ist sie Gemeingut der englischen Gesellschaftsphilosophie geworden. Der Gedanke hat natürlich noch andere und weiter zurückreichende Wurzeln, er erfährt auch verschiedene Ausgestaltungen. Sein Hauptinhalt ist der Folgende:

Im Gegensatz zu der Vorstellung, die das Eigentum auf occupatio, auf einfache Besitzergreifung, gründet, gilt es, einen Rechtsgrund zu finden, der das moralische Gewissen des gemeinen Mannes eher zufriedenstellt. Im allgemeinen hält man an der occupatio als einem natürlichen Rechtstitel auch weiterhin fest. Seine Anwendung beschränkt man aber auf bisher herrenlose Sachen und findet eine äußerste Rechtfertigung für diesen Rechtstitel in einer "stillschweigenden Zustimmung der Menschheit", eine Behauptung, die ihrerseits oft mit der historisch-idealtypischen Konstruktion eines Gesellschaftskontraktes unterbaut wird (21). Prinzipiell sucht man sonst das Eigentum aus der Arbeit zu begründen.

Diese Theorie vom Eigentum als gegründet auf Arbeit ist schon von ihren eigenen Voraussetzungen aus innerlich widersprüchlich. Das bewirkt einmal der Umstand, daß man weiterhin einen Rest von occupatio als Rechtsgrund für Eigentum beibehalten muß. Vor allem verwickelt man sich aber in Widersprüche, wenn man später dem Kapitalzins die Bedeutung beimißt, daß er den Wert der Zeit zum Ausdruck bringt. Dieser Wert für Zeit müßte nämlich dann vom unmittelbaren Wert der Arbeitsleistung abgesetzt werden. Wo sich die Theorie in reinster Form findet, da fordert man mit ihr "Wirtschaftsfreiheit". Sie impliziert eine Theorie der Wirtschaftsfreiheit, direkt gegründet auf die "Heiligkeit" des Rechtsgrundes, der dem Menschen sein natürliches Recht auf die Früchte seiner Arbeit gibt. Wo nun durch das Hereinspielen des Kapitalzinses, der ausschließlich selbst eine Konsequenz der "Freiheit" ist, die unmittelbare Verbindung zwischen Arbeit und Eigentum am Arbeitsertrag gestört ist, steht man vor der Wahl: entweder man hält sich konsequent an den naturrechtlichen Ausgangspunkt: das Resultat ist dann ein metaphysisch-rationaler Radikalismus in Eigentumsfragen, wie er im theoretischen Sozialismus vorliegt. Oder man wird inkonsequent und erhält das Freiheitsprinzip aufrecht in einer Gesellschaftsordnung, wo der vorausgesetzte unmittelbare Zusammenhang zwischen Arbeit und Arbeitsertrag nicht mehr besteht. Das geschieht mit Argumenten, die das Freiheitsprinzip als eine notwendige Voraussetzung erweisen sollen in einer Gesellschaftsordnung, wo dieser unmittelbare Zusammenhang als bestehend angenommen wird. Man findet gewiß oft betont, z. B. bei LOCKE, daß die Arbeit den größeren Teil des Wertes aller Dinge schafft, aber wenn die Übereinstimmung nicht vollständig ist, bedeutet das eine Lücke im naturrechtlichen Argument.

Auf dem zweiten Weg kommt man zum konservativen Liberalismus der Klassiker. Die von innen gesehen schlagendste Kritik gegen diese Lehre ist deshalb, daß sie sich nicht vereinbaren läßt mit der ihr zugrunde liegenden Vorstellung von der Arbeit als Grund für Wert und Eigentum. Sie muß mit diesem ihrem eigenen Ausgangspunkt in Konflikt geraten, wenn sie zugeben muß, daß eine Veränderung äußerer technischer Umstände, z. B. eine Veränderung der Produktionsmittelmengen oder der technischen Kenntnisse, eine Veränderung im relativen Anteil der Arbeiter am Produktionsresultat verursacht. Vom Standpunkt jenes zuerst angegebenen Rechtsgrundes für Wert und Eigennutz, der Arbeit nämlich, sind letztere Umstände ja etwas ganz außerhalb Liegendes, sind reine Willkür. Es ist doch aber nicht zu leugnen, daß sie den Wert der Arbeit und Eigentumsansprüche des Arbeiters unter einem liberalistischen Postulat mitbestimmen. Von diesem inneren Konflikt zwischen dem konservativen Liberalismus der Klassiker und ihrer radikalen Wertlehre wird später noch die Rede sein. Hier zeigt sich, daß dieser Konflikt schon in der naturrechtlichen Eigentumstheorie wurzelt, die den Ausgangspunkt bildet sowohl für die Arbeitswertlehre wie auch für den Liberalismus.

Wir sehen nunmehr ab von den inneren Mängeln der Lehre von der Arbeit als dem Rechtsgrund des Eigentums und versuchen, diese Theorie in ihrer idealtypischen Reinheit zu erfassen. LOCKE entwickelt sie etwa wie folgt: Selbst wenn alle anderen Objekte Gemeineigentum sein könnten, so hat doch zunächst jedermann ein Eigentumsrecht an seiner Person. Die Arbeit, die der Körper ausführt und die seiner Hände Werk ist, gehört ihm rechtmäßig an. Diese Arbeit vermischt sich nun mit dem, was Objekt der Arbeit ist, und macht dieses Objekt zu seinem Eigentum. Wenn der Mensch ein Ding aus seinem allgemeinen Naturzustand heraus verändert hat, so hat dieses Ding durch die darauf verwendete Arbeit ein Etwas an sich geknüpft bekommen, das das allgemeine Recht anderer Menschen darauf ausschließt. Denn da die Arbeit zweifellos Eigentum des Bearbeiters war, so kann auch niemand als er ein Recht haben auf das, womit sich die Arbeit untrennbar verbunden hat. Durch diese Bearbeitung ist das Objekt in die natürliche Rechtssphäre des Individuums gebracht worden. (22)

Der ganzen Theorie liegt eine bestimmte Vorstellung von der "Stellung des Menschen in der Natur" zugrunde. Nur der Mensch ist in Wirklichkeit Leben, die Natur ist tot, nur die menschliche Arbeit ist wertschafffend, die Natur ist passives Objekt für diese Betätigung. Der Mensch allein ist Ursache, wie RODBERTUS später sagt, während die äußere Natur nur ein Inbegriff von Bedingungen und Voraussetzungen ist.

Die menschliche Arbeit ist das einzige aktive Moment, die einzige Ursache, das einzie, das einen Wert im Objekt zu schaffen vermag. Hier haben wir auch den Ursprung des Begriffs "Produktionsfaktor" zu suchen. Es ist nicht verwunderlich, daß die Klassiker eigentlich nur mit einem Produktionsfaktor rechnen wollten, nur die Arbeit sollte als wertschaffend gelten. Auf dieselben metaphysischen Analogien, mit denen man ein natürliches Recht begründet, gründet man auch die Vorstellung von einem natürlichen oder realen Wert. Hier ist ein Beispiel für das, worauf wir an früheren Stellen dieses Kapitels hingewiesen haben, daß nämlich die Naturrechtsphilosophie zuinnerst ein Versuch ist, Recht und Wert von denselben höchsten Prinzipien aus aufzubauen.

Die naturrechtlichen Eigentums- und Wertvorstellungen waren, das kann nicht zweifelhaft sein, die Grundlage für den Satz von ADAM SMITH, daß die auf die Waren verwendete Arbeit die einzige reale Wertursache und damit der einzige richtige Wertmesser ist. Man könnte manches schöne Zitat aus seinem "Wealth of Nations" anführen, das sonst formell und reell ganz unerklärlich wäre. Er spricht von einem "Eigentumsrecht, das jedermann an seiner Arbeit hat". Arbeit "ist die ursprüngliche Grundlage allen anderen Eigentums und ist auch heilig und unveräußerlich" usw.

Diese naturrechtlichen Vorstellungen allein können es verständlich machen, warum ADAM SMITH als Rechtfertigung des Arbeitskostenprinzips einen ursprünglichen Idealzustand ausmalt, in dem es weder angehäuftes Kapital noch privates Eigentum am Boden geben sollte. Dieselbe Vorstellung läßt ihn auch wieder im Vorbeigehen eine giftige Glosse machen über Grundeigentümer und Kapitalisten, Leute, die "ernten wollen, wo sie nicht gesät haben".

Die spezielle Methode, deren sich ADAM SMITH oft zum Beweis seines Freiheitspostulats bedient, beweist klar, wo er seine Voraussetzungen hernimmt, die unvermittelten Hinweise auf "das heilige Privateigentum" oder "das unveräußerliche Recht der natürlichen Freiheit", die "Menschenrecht" deuten es an. Das natürliche Eigentumssystem, wo jeder die Früchte seiner eigenen Arbeit genießt, fordert zunächst "Freiheit" und erst dann wird das Eigentum "heilig". Der Eigentumskonservatismus seines Freiheitspostulats in der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung stimmt aber durchaus nicht überein mit seiner Arbeitswertlehre, wie weiter unten im 5. Kapitel näher nachgewiesen werden soll. Seine Theorie der Wirtschaftsfreiheit, angewandt auf seine Gegenwart und nicht auf jenen idealtypischen Gesellschaftszustand, ist doch eine Rechtfertigung des "natürlichen Preises", der sowohl Grundrente wie Kapitalzins über den Arbeitslohn hinaus enthält. Die Argumente dafür passen aber nur zu jenem naturrechtlichen Idealtyp. Es ist dieselbe logische Entgleisung, die ADAM SMITH zu einem anderen Wertbegriff neben dem der Arbeitskosten führt. Daß dieser zweite Wertbegriff vom wissenschaftlichen Standpunkt für die theoretische Analyse weniger gefährlich ist, scheint nun auch weniger verwunderlich. Die Sache bedeutet eine neue Bekräftigung dessen, was wir schon oben über die Physiokraten ausgeführt haben, daß nämlich eine in Eigentumsfragen konservative normative Einstellung der wissenschaftlichen Wirklichkeitsanalyse weniger schädlich ist als eine sozialrevolutionäre.

Erst so wird es ganz verständlich, nicht nur, wie ADAM SMITH sein Freiheitspostulat stützt, sondern auch warum er auf den Konflikt zwischen Prämisse und Schlußsatz nicht näher eingeht. Der Konflikt liegt ja ziemlich offen zutage, aber ADAM SMITH kann ihn nicht sehen, denn er will ihn nicht sehen. Er liegt in den politischen Rationalisierungstendenzen begründet, die ihm unbewußt sein Denken leiten, er kann theoretisch darüber nicht hinwegkommen, ohne den ganzen Rationalisierungsversuch fallen zu lassen. Es bleibt ihm nichts weiter übrig, als auszuweichen. Es ist das nicht bewußt gewordene, aber doch deutlich empfundene Gefühl dieses Konflikts, das er sich mit seinen Randglossen gegen Grundbesitzer und Kapitalisten abreagieren will.

Auch der Konstruktion RICARDOs liegt dieselbe naturrechtsphilosophische Wertvorstellung zugrunde. RICARDO hütet sich wohlweislich davor, sich auf ausführliche Argumente über seine rein philosophischen Voraussetzungen einzulassen. Aber es sind allein diese Ideen, die seiner Terminologie Sinn geben können, wenn er z. B. die Arbeit als "Quelle" oder "Grundlage" für den Wert bezeichnet. Sollte jemand über RICARDOs Stellung hierin im Zweifel sein, braucht man nur auf JAMES MILL zu verweisen. Er ist zweifellos für RICARDOs prinzipielle Stellung in mehr philosophischen Fragen verantwortlich und hat in seinem "Government" eine treue Wiedergabe des naturrechtsphilosophischen Arbeitswert- und Eigentumsarguments. Er weist dabei direkt auf LOCKE hin. Wie sollte man sonst die Arbeitswertlehre bei RICARDO erklären? Sie liegt ja nur in Gestalt einer unbewiesenen "Voraussetzung" vor, die ihn in ständige unüberwindliche Schwierigkeiten führt und ihm niemals von wissenschaftlichem Nutzen ist.

Für die Weiterentwicklung der ökonomischen Theorie ist es von Bedeutungf, daß der Arbeitsbegriff schon in der klassischen Theorie einen physiologischen Charakter bekommen hat. Grundlage für HOBBES' naturrechtliche Konstruktion von Recht und Gesellschaft war ja, wie im vorigen Kapitel ausgeführt, eine sensualistische Psychologie. Aber durch die lange Kette von Argumenten von dieser Basis bis zum natürlichen Eigentumssystem verliert sich dieser psychologische Gesichtspunkt immer mehr. Es wird jedenfalls das Eigentum an einem Objekt nicht verknüpft mit der Unlust, die die Arbeit zur Herstellung dieses Objekts verursacht. Zumindest wird nicht die Arbeitsunlust konsequent als Grund angegeben für die Forderung, daß das Eigentum natürlicherweise dem Subjekt der Arbeit zukommen soll. Auch LOCKE hat ja eine psychologisch gefärbte Grundanschauung der gesellschaftlichen Erscheinungen. Aber besonders im Eigentumsargument wird dieser psychologische Gesichtspunkt ständig beiseite geschoben. Wenn man sagt, daß die Arbeit das Eigentum begründet, so meint man das nicht als einen Ersatz für das mit der Arbeit verbundene Unbehagen, sondern es ist ein Schluß aus Vorstellungen von der Arbeit als dem natürlichen Eigentum des Arbeiters und als einer Ursache und Schöpferin des Wertes im Objekt.

Eine psychologische Nuancierung des Arbeitsbegriffs und damit der ganzen metaphysischen Argumente zur Rechtfertigung des Eigentums liegt aber vollkommen in der Entwicklungslinie der utilitaristischen Gesellschaftsphilosophie, die sich so allmählich in England herausbildet. Man kann sagen, daß diese philosophische Entwicklungslinie hierin wie in vielen anderen Beziehungen ihre konsequenteste Ausgestaltung in der ökonomischen Theorie erhält.

Der wirkliche Preis für etwas, was ein Ding wirklich kostet, wenn man es haben will, ist die Mühe, es herzustellen (the toil and trouble of aquiring it), meint ADAM SMITH (23). Überall bei den Klassikern kann man die These finden, daß unter Arbeit eigentlich die mit der Arbeit verbundene Unlust zu verstehen ist. Sie erscheint so selbstverständlich, daß Ausdrücke wie "Mühe", "Opfer", "Unbehagen", "Unlust" und dgl. als Synonyme für "Arbeit" gebraucht werden. Realer Wert wird der Unlustwert der Arbeitsleistung für den Arbeiter selbst. MILL sagt es ganz am Anfang seines zusammenfassenden Lehrbuchs über das klassische System ganz klar, daß man Arbeit psychologisch verstehen muß. (24)

Wenn "Arbeit" als psychische Unlust verstanden werden soll, wenn Arbeit den realen Wert begründen und einen unveränderlichen Wertmesser abgeben soll, wenn dieser Wertmesser dann in einer unveränderten jeweils verwendeten Dosis Arbeitsunlust bestehen soll, so muß zunächst die Arbeitsunlust für alle Menschen per Arbeitseinheit gleich groß sein (25). Diese Vorstellung vom gleichen Arbeitsopfer liegt als eine stillschweigende Voraussetzung allen Konstruktionen der klassischen Theorie zugrunde. Aber nur ausnahmsweise bekommt sie eine ausdrückliche Formulierung (26). Die Voraussetzung ist notwendig, denn man identifiziert unbestreitbar Arbeit mit Unlust. Man bestimmt ausdrücklich den Tauschwert der Ware nach der Menge eingehender Arbeit, und man sucht schließlich in der Arbeit einen festen Wertmesser auch in der Zeit oder impliziert zumindest diese Idee in den Argumenten.

Es ist interessant zu beobachten, wie diese psychologische Arbeitswertvorstellung stets verknüpft wird mit einer metaphysischen Auffassung vom Verhältnis zwischen "Mensch" und "Natur" überhaupt. Dabei bedient man sich auch für den "Menschen" stets des Singulars und vermeidet durch diese grammatikalische Finte eine ausdrückliche Behandlung der These vom interindividuellen "gleichen Wert des Opfers", die ja auch recht gefährlichen Spekulationen führen würde. CAIRNES z. B. verweilt stets mit einem gewissen Wohlbehagen bei der Gegenüberstellung von "Mensch" und "Natur" (27). Man kann aber weder bei ihm noch bei anderen ein solches Verweilen nur als die Freude an literaturphilosophischen, stilistischen Schwülstigkeiten ansehen. Es handelt sich dabei um grundlegende philosophische Prämissen, auf denen das ganze Gedankensystem ruht.

Im Zusammenhang mit dieser sozialpsychologischen Tauschtheorie steht oft der Satz, daß die Kosten oder das Arbeitsopfer, also das, worauf die ganze Tauschlehre aufbaut, nicht bezogen werden darf auf das, was für das einzelne Individuum eigentümlich ist, sondern als das durchschnittliche Opfer der betreffenden Gesellschaftsklasse zu verstehen ist (28). Hat man aber einmal die Ungleichheit des Arbeitsopfers prinzipiell zugegeben, so fällt es schwer, den Opfergesichtspunkt für den Produktionsfaktor Arbeit in einer Arbeitswertlehre klassischen Typs überhaupt noch aufrecht zu erhalten. Dafür muß man sich nämlich erst einmal die Opfer kommensurabel vorstellen, und dann so annähernd gleichgroß per Arbeitseinheit, daß ein Durchschnitt den Opfergrößen, von denen er ein Durchschnitt ist, so nahe kommt, daß die Differenzen praktisch vernachlässigt werden können. Diese Konstruktion ist wohl nur als eine andere Formulierung des Satzes von der Gleichheit des Arbeitsopfers anzusehen, wie ihn ADAM SMITH geprägt hatte.

Indem man die Arbeit zu einem psychologischen Opfer gestempelt hat, hat man sich eine Möglichkeit eröffnet, Kapital und Arbeit gleichzustellen, ein Bestreben, das schon ADAM SMITHs und RICARDOs Arbeiten durchzieht.

Man rechnete ja nur mit drei Produktionsfaktoren. Den Boden glaubte man definitiv ausgesondert zu haben. Durch die ganze klassische Theorie und noch lange nachher hält man die Vorstellung aufrecht, daß sich die Preisbildung für den Boden an der Grenze abspielt, wo die Produktivität gleich Null ist und die Grundrente nicht in den Preis eingeht. Die Grundrente ist somit in keinem Fall preisbestimmend, dagegen bestimmt der Preis die Bodenrente, die ein Residuum ist, das übrig bleibt, nachdem die anderen Produktionsfaktoren bekommen haben, was ihnen aufgrund freistehender Ursachen zufallen muß. Beim Kapital ist die Sache schwieriger. RICARDO hat hier die Annahme voller Proportionalität zwischen Kapital- und Arbeitsverwendung einführen müssen, deren stark wirklichkeitsfremde Natur ihm bewußt war. Die Schwäche dieser Konstruktion wurde durch die Kritik von MALTHUS noch besonders deutlich. RICARDO sagt es oft in seinen Briefen, daß er vor allem in diesem Punkt mit seiner Wertlehre unzufrieden ist und läßt mehrfach durchblicken, daß er bei einer eventuellen Umarbeitung des Buches den Kapitalprofit neben die Arbeit unter die Produktionskosten eingereiht haben würde, wie MALTHUS vorgeschlagen hatte. Daß RICARDO das niemals tat, beruth wahrscheinlich darauf, daß er als meisterhafter Logiker, der er war, eingesehen hat, daß er damit sein ganzes System entzwei geschlagen hätte.

Nun könnte man jedoch versuchen, auf dem Umweg über die "Unlust" die beiden Produktionsfaktoren zusammenzuordnen. Diesen Weg geht SENIOR. Das Kapital hat nach ihm dieselbe Stellung zum Kapitalzins wie die Arbeit zum Arbeitslohn. Im Grunde ist der Kapitalzins das Entgelt für das subjektive Opfer, das darin liegt, daß sich jemand der unmittelbaren Bedarfsbefriedigung enthält. Nachdem SENIOR so das Kapital und die Arbeit gleichgeordnet hat, kann er die Preisbildung beider Produktionsfaktoren konsequent auf Knappheitsursachen zurückführen und diese Knappheit wieder der absoluten Knappheit der Monopolgüter gleichordnen. SENIOR wird so der erste Vorläufer der modernen Gleichgewichtstheorie, die sich auf dem Prinzip der Knappheit aufbaut (29). Er wird es umso mehr, da er der anderen Komponente im Tauschprozeß, der Nachfrage, und ihrer Ursache, dem "Nutzen", eine stärkere Betonung gibt als die anderen Klassiker.

Jedoch ist die Gleichordnung von Sparen und Arbeit unter dem Gesichtspunkt, daß beide Opfer bedeuten, für den Gedankengang der Klassiker gefährlich. Eine konsequente Durchführung würde zuerst die Angabe einer Art gemeinsamer Opfereinheit fordern, ferner eine Angabe darüber, wie die Größe des Opfers variiert, wenn ein gewisses Individuum verschiedene Mengen von Arbeit und Sparen zur Verfügung stellt. Beides zusammen würde einen psychologischen Marginalismus auf der Kostenseite plus eine soziale Wertkonstruktion ergeben.

Zu einer solchen sozialen Grenzopfertheorie dringt die klassische Theorie niemals vor, auch wenn man gewisse Ansätze dazu finden kann, vor allem bei SENIOR. Man spricht gewöhnlich nur davon, daß das Opfer für verschiedene Individuen in gewissem Grad ungleich sein kann. Obwohl man meistens darauf nicht näher eingeht, scheint man im allgemeinen mit einem durchschnittlichen Opfer zu rechnen. Die These von der Kommensurabilität der Arbeit und des Sparens via subjektives Opfer hält sich jedenfalls mehr in prinzipiellen Betrachtungen, während die eigentliche Tauschlehre in einem technischen Sinn nach wie vor auf der unverfälschten Arbeitswerthypothese basiert wird.

Durch die Abstinenztheorie hatte man jedoch prinzipiell die alte naturrechtlich-utilitaristische Theorie vervollständigt, wonach Kosten ganz und gar ein psychologisches Opfer sind, des Menschen Leistung bei seinem Tausch mit der Natur. Wenn man das Kapital mit hereinnimmt, ist ein Postulat der Wirtschaftsfreiheit mehr konservativer Färbung schon etwas sinnvoller auch vom Ausgangspunkt der Wertlehre aus betrachtet. Die ganze Abstinenzlehre hat bei SENIOR einen harmonie-ökonomischen Anstrich. Das Bedürfnis nach einer Überbrückung des inneren Konflikts zwischen den beiden Freiheitspostulaten, von denen in diesem Kapitel mehrfach die Rede war, muß natürlich auch als eine der treibenden Kräfte in der doktrinhistorischen Entwicklung angesehen werden.

Der von SENIOR aufgestellte Begriff der subjektiven Realkosten wird von den späteren Klassikern übernommen, ohne daß sie sich des Näheren mit ihm beschäftigen, wahrscheinlich gerade wegen der Schwierigkeit, ihn mit der grundlegenden Arbeitswerthypothese zu vereinen. Die Grenznutzentheorie jedoch greift zu BENTHAMs Lust- und Unlustkalkül als einem Radikalmittel, führt damit psychologische Einheiten ein und entwickelt eine Theorie vom Nutzen als einer sinkenden und vom Opfer als einer steigenden Funktion der Objektmengen. Sie zerbricht damit die Kostenwerttheorie in ihrer klassischen Ausgestaltung. Ihre eigene Formung ist im Anfang vollständig von ihrer gegensätzlichen Stellung gegenüber den Klassikern bestimmt. Daher auch die Überbetonung der positiven psychologischen Elemente im Lust- und Unlustkalkül. Die Theoretiker jedoch, die nach den grenznutzentheoretischen Pionieren kommen, reagieren gegen diese neue Einseitigkeit und finden gleichzeitig eine willkommene Gelegenheit, die klassischen Vorstellungen dem neuen System einzufügen. Der psychologische Kostenbegriff der Klassiker, der nach seiner Ausweitung durch SENIOR nicht nur für Arbeit, sondern auch für das Sparen gilt, scheint da vor allem in das neue System übernommen werden zu können.

SIDGWICK und nach ihm PIERSON und MARSHALL arbeiten vor allem in diesem Sinne. Der Begriff der realen Kosten wird von Neuem ins Zentrum gestellt. So kommt MARSHALL zu seinem real-cost-Begriff als einer gesellschaftlichen Summe psychologischer Größen, die Anstrengung oder Opfer ausdrücken sollen: "efforts" und "sacrifices". (30)

Eine solche Summe kann ja wohl unmöglich wissenschaftlich kalkuliert werden. Der Begriff selbst ist ein sozialer Wertbegriff. Die Vorstellung hätte wahrscheinlich die alten Naturrechtssystematiker doch etwas verwundert. Aber ist unsere Ableitung richtig, so ist der Begriff der real costs nur eine letzte Variante der alten naturrechtlichen Vorstellungen von Arbeit, Eigentum und Wert.

Kurz vor seinem Tod schreibt RICARDO an seinen alten Freund und zugleich Widersacher MALTHUS:
    "Meine Kritik an Ihnen gilt nur der Behauptung, einen zuverlässigen Wertmesser gefunden zu haben; ich bestreite das, behaupte aber nicht, daß es mir gelungen und Ihnen mißlungen ist, sondern daß es uns beiden mißlungen ist ... Ich bediene mich eines Arguments, ... das ebensowohl gegen meinen Wertmaßstab vorgebracht werden kann wie gegen den Ihren, ich meine das Argument, daß es in Wirklichkeit keinen Maßstab für einen absoluten Wert gibt." (31)
An der Existenz eines absoluten Wertes selbst äußert RICARDO niemals Zweifel, nur an der Möglichkeit, ihn zu messen, zweifelt er. Wenn RICARDO seiner Wertlehre mißtraute, so fand er doch Trost in dem Gedanken, daß gleichwohl seine Einkommensverteilungstheorie von der Wertlehre unabhängig war. Er schreibt dies ausdrücklich in einem Brief an McCULLOCH:
    "Schließlich müssen die großen Probleme der Grundrente, des Arbeitslohns und des Kapitalzinses dadurch gelöst werden, daß man die Proportionen angibt, in denen das Produktionsresultat zwischen Grundeigentümern, Kapitalisten und Arbeitern aufgeteilt wird, und diese Probleme sind nicht wesentlich an die Wertdoktrin geknüpft. (32)
Vielleicht gibt es keinen größeren Beweis für RICARDOs Genialität als diese beiden Urteile über seine eigene Theorie. Er war vor die Aufgabe gestellt worden, eine ökonomische Theorie zu schreiben ohne jede wissenschaftliche Ausbildung, selbst ohne die Grundlagen allgemeiner Bildung, die in der englischen Oberklasse jener Zeit gang und gäbe waren. Obwohl seine Schriften unsystematisch angelegt und im Ausdruck oft dunkel sind, beweisen sie doch logische Schärfe und bedeuten den größten Schritt vorwärts, den die ökonomische Theorie jemals durch die wissenschaftliche Arbeit eines Mannes gemacht hat. Und zum Schluß ist er sich noch vollkommen im Klaren darüber, in welchen Punkten sein Werk Mängel hat und was seine bleibenden Verdienste sind.

Leider hatte RICARDO gar zu gläubige Schüler. Vor allem McCULLOCH und was die Wertlehre angeht, auch JAMES MILL suchten mit doktrinärem Instinkt gerade die metaphysischen Elemente heraus als Grundlage für Systematik und Propaganda. Wie der heute für die Forschung zugängliche Briefwechsel erweist, versuchte RICARDO bei Lebzeiten ständig gerade in der Frage der Wertlehre seine Schüler skeptisch zu machen, aber es glückte ihm nie. Nach seinem Tod wurden seine "Principles" eine Art Bibel der ökonomischen Theorie. BAILEYs geniale Kritik wurde fast vollkommen ignoriert, die weniger klar durchdachten Einwände von MALTHUS wurden gewiß aufgegriffen, doch nur, um verworfen zu werden. de QUINCEY wollte sogar geltend machen, daß MALTHUS von Mißgunst inspiriert war. RICARDOs System wurde klassich, wurde von den akademischen Kathedern verkündet, wurde in dicken wissenschaftlichen Handbüchern zusammengefaßt und zu populären Darstellungen verarbeitet, drang sogar in die Journalistenwelt und in die Politik und hatte wesentlichen Einfluß auf die öffentliche Meinung.

Später wurde ja die klassische Theorie schwer angegriffen. Zuerst durch die Kritik der historischen Schule und danach durch die der älteren Grenznutzentheoretiker. Danach aber folgt eine neuen Woge des Ricardianismus, zuerst inauguriert von SIDGWICK und danach fortgeführt von MARSHALL. Vor allem der letztere wird durch seine Gläubigkeit in neue Extreme getrieben. Während der erste Schülerkreis nur energisch an der Lehre des Meisters festhielt und so die Doktrin zum Erstarren brachte, geht MARSHALL sogar so weit, RICARDO auszudeuten und dabei etwas in ihn hineinzulesen, was er niemals gemeint hat und nicht hat meinen können. CANNAN hat sich ja ein Verdienst dadurch erworben, daß er gegen diese wohlgemeinte historische Verfälschung protestiert hat. Wenn auch seine eigenen Argumente im Einzelnen nicht zutreffen, so ist sein Protest gegen die apologetische [rechtfertigende - wp] Cambridge-Einstellung doch berechtigt, nach der RICARDO mit allem, was er zu Beginn des Jahrhunderts gesagt hatte, immer zuinnerst gemeint haben soll, was auch MARSHALL am Schluß des Jahrhunderts meinte. RICARDO ist ja, sagt CANNAN, in MARSHALLs Bearbeitung nahezu eine Mystifikation geworden, was umso beklagenswerter ist, als er sowieso schon schwer zu begreifen ist.

Eines erhellt sich aus unserer Analyse der klassischen Tauschwert- und Realwertlehre, daß nämlich die sozialistische Mehrwertlehre nicht das Resultat eines "groben Mißverständnisses" von MARX' Seite ist. Diese Behauptung trifft man nämlich überall in der theoretischen Literatur. Sie muß aber im Wesentlichen darauf beruhen, daß man übersieht, welchen wesentlichen Platz die Realwertlehre im klassischen System einnimmt. Man hält sich nur an die Tauschwertlehre, kümmert sich nicht um ihre Grundlagen und übersieht auch die Diskussion des festen Wertmessers und der Wertrelationen in der Zeit. Es ist in der Tat so, wie MARX selbst andeutet, daß seine Mehrwertlehre die Konsequenz der klassischen Realwertlehre ist, mit manchem Zuschuß allerdings von anderer Seite. MARX war übrigens nicht der erste, der radikale Schlüsse daraus zog, die vormarxistischen englischen Sozialisten stützten sich alle auf ADAM SMITH und später auf RICARDO.

Der konsequente Schluß war jedoch für die Nationalökonomen recht unwillkommen. Die "bürgerliche Nationalökonomie" - ein Schlagwort von MARX - enthält seit ADAM SMITH einen inneren und wesentlichen Konflikt zwischen einem konservativen Freiheitspostulat, das als wissenschaftliches Ergebnis präsentiert wird, und einer sozialrevolutionären Realwertlehre (mit impliziertem sozialrevolutionären Freiheitspostulat), die als Voraussetzung der ersteren erscheint. MARX hat diesen Konflikt bloßgelegt, indem er die Voraussetzung akzeptiert und folgerichtig zu Ende gedacht hat. Er hat damit an einen Komplex gerührt, der die ökonomische Theorie sowieso schon etwas nervös machte, und darin muß man wohl eine psychologische Erklärung dafür sehen, daß sich mancher Nationalökonom durch die marxistische Wertlehre so irritiert zeigte. Bei der Kritik an MARX kam es oft gar nicht allein darauf an, zu beweisen, daß MARX Unrecht hat, was wirklich nicht so schwer ist. Man wollte eben zeigen, daß MARX ein absoluter Dummkopf war, ein unbegabter Stümper, verblendet von deutscher Philosophie, die bei den Nationalökonomen nie hoch im Kurs stand und daß dieser MARX es gewagt hatte, sich an der klassischen Theorie zu vergreifen.

Es ist nämlich gar nicht schwer zu erklären, wie die Sozialisten von der klassischen Wertlehre aus zu ihren Ergebnissen gekommen sind. Diese Wertlehre mußte, wenn man konsequent dachte, zu einem rationalistischen Radikalismus führen, wenn nicht präzise in der Ausgestaltung von MARX, so doch irgendwie in dieser Richtung. Das schwierige doktrinhistorische Problem ist es fast, das Rätsel zu erklären, warum die Klassiker nicht die sozialistischen Schlüsse aus ihren Prämissen gezogen haben. Dieses Problem wird im 5. Kapitel wieder aufgenommen werden, nachdem wir zunächst im folgenden Kapitel die neuklassische Wertlehre, die Grenznutzentheorie, analysiert haben.
LITERATUR - Gunnar Myrdal, Das politische Element in der nationalökonomischen Doktrinbildung, Berlin 1932
    Anmerkungen
    1) JOHN STUART MILL, Principles of Political Economy, London 1848, London 1903, zit. III, I, 1, Seite 436.
    2) FRIEDRICH von WIESER, Der natürliche Wert, Wien 1889, Seite VIf. (Im Original nicht gesperrt).
    3) GUSTAV CASSEL, Nature and Necessity of Interest, London 1903, Seite 71
    4) Es ist ganz offenbar, daß hier eine Lücke in der Preisbildungserklärung vorliegt, und die Klassiker müssen sie selbst auch als solche empfunden haben. SENIOR versuchte ja, diese Lücke auszufüllen und zwar durch eine weitere Analyse des Arbeitslohns. Er konnte dabei bis zu einem gewissen Grad an ADAM SMITH anknüpfen. SENIOR unterschied im Arbeitslohn drei Elemente: 1. den Teil, der Arbeitslohn im eigentlichen Sinn ist und das Entgelt für einen ungelernten, nicht übermäßig mit natürlicher Geschicklichkeit begabten Arbeiter darstellt, 2. den Teil, der den Zins für früher investiertes Kapital ausmacht (für Ausbildung und ähnliches "persönliches Kapital"), und schließlich 3. den Teil, der Grundrente analog ist und der Preis für eine angeborene überdurchschnittliche Geschicklichkeit ist. - Zuweilen bekommt die Theorie auch eine mehr psychologisch betonte Ausgestaltung: der eigentliche Arbeitslohn ist dann der Teil, der der Arbeitslast direkt proportional ist, und Geschicklichkeit wird dann definiert als die Fähigkeit, mehr zu leisten ohne eine entsprechende Steigerung des Arbeitsleides, bzw. ohne besondere Ausgaben für die Ausbildung. - - - Diese Theorie ist ja nur eine spezielle Anwendung der Prinzipien der klassischen Verteilungslehre auf den Arbeitslohn. Sie wird in der einen oder anderen Form auch von MILL und CAIRNES übernommen und bekommt ihre endgültige Ausgestaltung durch MARSHALL. Diese Lehre soll hier nicht eingehend kritisiert weren. Von unserem Gesichtspunkt ist daran nur eines wichtig: Wenn man dergestalt die Wertskala für die verschiedenen Arbeitsqualitäten von einer irgendwie gearteten Preisbildung abhängig macht, so zerbricht man die Grundlagen der klassischen Arbeitskostentheorie. Diese muß ja entweder eine vollkommene Homogenität für den Produktionsfaktor Arbeit voraussetzen oder aber eine a priori gegebene Wertskala. Die im Text aufgezeigte Lücke im Preisbildungsargument ist mit anderen Worten vom Standpunkt des Systems aus unausweichlich und kann nicht geschlossen werden, ohne daß die eigentlichen Grundlagen der Preisbildungserklärung aufgegeben werden. Etwas Entsprechendes gilt auch für CAIRNES' Theorie von den "non-competing groups" [nicht konkurrierende Gruppen - wp], deren Aufstellung allerdings teilweise von anderen Gesichtspunkten diktiert ist.
    5) Es ist ganz offenbar, daß hier eine Lücke in der Preisbildungserklärung vorliegt, und die Klassiker müssen sie selbst auch als solche empfunden haben. SENIOR versuchte ja, diese Lücke auszufüllen und zwar durch eine weitere Analyse des Arbeitslohns. Er konnte dabei bis zu einem gewissen Grad an ADAM SMITH anknüpfen. SENIOR unterschied im Arbeitslohn drei Elemente: 1. den Teil, der Arbeitslohn im eigentlichen Sinn ist und das Entgelt für einen ungelernten, nicht übermäßig mit natürlicher Geschicklichkeit begabten Arbeiter darstellt, 2. den Teil, der den Zins für früher investiertes Kapital ausmacht (für Ausbildung und ähnliches "persönliches Kapital"), und schließlich 3. den Teil, der Grundrente analog ist und der Preis für eine angeborene überdurchschnittliche Geschicklichkeit ist. - Zuweilen bekommt die Theorie auch eine mehr psychologisch betonte Ausgestaltung: der eigentliche Arbeitslohn ist dann der Teil, der der Arbeitslast direkt proportional ist, und Geschicklichkeit wird dann definiert als die Fähigkeit, mehr zu leisten ohne eine entsprechende Steigerung des Arbeitsleides, bzw. ohne besondere Ausgaben für die Ausbildung. - - - Diese Theorie ist ja nur eine spezielle Anwendung der Prinzipien der klassischen Verteilungslehre auf den Arbeitslohn. Sie wird in der einen oder anderen Form auch von MILL und CAIRNES übernommen und bekommt ihre endgültige Ausgestaltung durch MARSHALL. Diese Lehre soll hier nicht eingehend kritisiert weren. Von unserem Gesichtspunkt ist daran nur eines wichtig: Wenn man dergestalt die Wertskala für die verschiedenen Arbeitsqualitäten von einer irgendwie gearteten Preisbildung abhängig macht, so zerbricht man die Grundlagen der klassischen Arbeitskostentheorie. Diese muß ja entweder eine vollkommene Homogenität für den Produktionsfaktor Arbeit voraussetzen oder aber eine a priori gegebene Wertskala. Die im Text aufgezeigte Lücke im Preisbildungsargument ist mit anderen Worten vom Standpunkt des Systems aus unausweichlich und kann nicht geschlossen werden, ohne daß die eigentlichen Grundlagen der Preisbildungserklärung aufgegeben werden. Etwas Entsprechendes gilt auch für CAIRNES' Theorie von den "non-competing groups" [nicht konkurrierende Gruppen - wp], deren Aufstellung allerdings teilweise von anderen Gesichtspunkten diktiert ist.
    6) MALTHUS' Bestreben, einen anderen grundlegenden Realwertbegriff aufzustellen, der von dem RICARDOs verschieden ist - weiter unten wird darüber eingehender zu sprechen sein - geht aus von einer Kritik RICARDOs in gerade diesem Punkt: "„. . . wann immer zwei Elemente. . . bei der Zusammensetzung von Waren eintreten, kann deren Wert nicht ausschließlich von einem von ihnen abhängen, außer durch Zufall, oder wenn der andere als gegebene oder gemeinsame Menge angesehen werden kann. Es ist jedoch allgemein anerkannt, daß sich die große Masse der Waren in zivilisierten und entwickelten Ländern aus mindestens zwei Elementen zusammensetzt: Arbeit und Profit; folglich hängt der Tauschwert der Güter, in die diese beiden Elemente als Bedingungen für ihre Bereitstellung eintreten, nicht ausschließlich von der Menge der auf sie angewandten Arbeit ab, außer in ganz besonderen Fällen, in denen sowohl die Rückzahlung der Kredite als auch das Verhältnis zwischen festem und umlaufenden Kapital genau gleich ist." (THOMAS HUXLEY MALTHUS, The Measure of Value, London 1823, Seite 13)
    7) RICARDO billigte nicht die Versuche seiner begeisterten und doktrinären Schülerschaft, der abstrakten Konstruktion Realismus und empirische Gültigkeit zu postulieren. JAMES MILL schrieb ja in den "Elements of Political Economy", London 1821, Seite 97f: "Wenn der Wert des im Keller gelagerten Weins um ein Zehntel erhöht wird, indem er ein Jahr aufbewahrt wird, kann davon ausgegangen werden, dass ein Zehntel mehr Arbeit dafür aufgewendet wurde." Diese analogistische Theorie führt er mehrfach in seinem Buch aus. BAILEY sagt hierüber sehr richtig in seiner "A Critical Dissertation on the Nature, Measures and Causes of Value", London 1825, Seite 219: "Wenn irgendeine Aussage ohne Disput bejaht werden kann, so ist es die, daß eine Tatsache nur dann als solche angesehen werden kann, wenn sie wirklich stattgefunden hat." McCULLOCH, der von der mathematischen Richtigkeit der Arbeitskostentheorie felsenfest überzeugt ist, hat ja bisweilen noch merkwürdigere Konstruktionen. - - - Von SENIORs Versuch, das Sparopfer mit der Arbeitsmühe gleichzustellen, wird weiter unten die Rede sein. Hier soll nur auf eines kurz hingewiesen werden. SENIORs Konstruktion, die sicher von MALTHUS' Kritik inspiriert ist, findet sich schon mehrfach in RICARDOs Principles antizipiert und mehr noch in seinem Briefwechsel. Sie kann aber in der zentralen Preisbildungserklärung unmöglich aufrechterhalten werden, denn sie negiert den Ausgangspunkt: Die Arbeitskostenhypothese.
    8) Die anderen Waren, die zuweilen auch Monopolwaren genannt werden, werden aus der eigentlichen Kostenpreisbildung ausgesondert. In strenger Analogie zur Preisbildung für verschiedene Arbeitsqualitäten muß RICARDO auch hier direkt auf die Knappheit verweisen und auf die Neigungen und die Kaufkraft derjenigen, die solche Waren zu kaufen wünschen, d. h. auf das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wie sich ihre Tauschwerte ergeben, wird nicht näher erklärt.
    9) RICARDO hat, wie bekannt, Ansätze zu einer Abstinenzlehre und damit auch zu einer Theorie darüber, in welcher Weise die Spartätigkeit von der Höhe des Zinsfußes abhängt. Diese Theorie ist natürlich logisch primär gegenüber der Lohnfondstheorie, die sich auch in nuce [im Kern - wp] bei RICARDO findet. Zwar in einer Lohnfondstheorie die die Anzahl der Arbeiter in Beziehung zur Kapitalmenge setzt, wobei es offen bleibt, wie sich die Kapitalmenge bestimmt.
    10) Diese Anzahl bestimmt sich nach der Theorie von MALTHUS über den Zusammenhang zwischen Fortpflanzungsgeschwindigkeit und der Höhe des Arbeitslohns einerseits und durch die Lebenshaltungskosten andererseits; auch diese Theorie steht theoretisch primär gegenüber der Lohnfondstheorie aus denselben Gründen, die für die Kapitallehre galten (siehe die vorige Anmerkung).
    11) MALTHUS hatte sich jedoch wirklich in solchen Gedankengängen bewegt und erscheint dadurch nicht wenig als Vorläufer moderner ökonomischer Theorien. Aber MALTHUS kam über Ansätze nicht hinaus, die dann in der theoretischen Diskussion wieder verlorengingen. Er hatte zwar ein scharfes Auge für die wesentlichen Blößen in der Theorie RICARDOs, aber er konnte doch RICARDO niemals richtig überzeugend widerlegen, weil er selbst und vielleicht in noch höherem Grad als RICARDO in der metaphysischen Vorstellung eines inneren und absoluten Wertes befangen war. Er knüpfte nur diese Vorstellungselemente an andere Realitäten als RICARDO. Daher der Streit zwischen ihnen. Aber auchin der Kritik hinderten sie MALTHUS, seine Gedanken klar zu Ende zu führen. - - - Außerdem hatte MALTHUS nicht dieselben logischen Fähigkeiten wie RICARDO, obwohl ihm auf der anderen Seite vielleicht ebensoviel oder vielleicht noch mehr wissenschaftliche Intuition eigen war als RICARDO. Aber wegen seiner geringeren Qualitäten als Logiker enthalten seine zentraltheoretischen Konstruktionen Halbheiten und Widersprüche, deren sich RICARDO niemals schuldig gemacht haben würde und die sowohl RICARDO wie auch andere gleichzeitige Kritik MALTHUS' ernsthaft irritierten. Das gilt leider auch in nicht geringem Maß für die Seiten seiner ARbeiten, wo ihm seine Intuition die glänzendsten Ideen schenkt. Man hat MALTHUS deshalb als Theoretiker niemals volle Gerechtigkeit widerfahren lassen, obwohl man von seinen Verdiensten als Bevölkerungspolitiker, Statistiker und Historiker soviel Aufhebens gemacht hat. Es wäre eine doktrinhistorische Aufgabe, die lohnend sein sollte, MALTHUS' Preisbildungstheorie gerade vom Standpunkt ihrer mangelhaften Durchdenkung, aber genialen intuitiven Erfassung des Wesentlichen eingehender zu analysieren. Darüber weiter unten mehr.
    12) "Es ist eine direkte Folgerung aus der Erklärung des Wertes in den vorhergehenden Kapiteln, in der es um eine Beziehung zwischen zwei Waren ging, eine Beziehung, die nicht existieren könnte, wenn es nur eine Ware gibt, und die nicht zwischen einer Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt und derselben Ware zu einem anderen Zeitpunkt unterscheidet. Wir können nicht das Verhältnis bestimmen zwischen dem Stoff, wie er sich zu einem ganz bestimmten und einem anderen Zeitpunkt darstellt, wie wir etwa heutzutage das Verhältnis von Stoff und Getreide bestimmen. Alles, was wir tun können, ist, die Beziehung, in der Stoff zu einem bestimmten Zeitpunkt steht, mit einer anderen Ware zu vergleichen." - SAMUEL BAILEY, A Critical Dissertation on the Nature, Measures and Causes of Value, London 1825, Seite 71f.
    13) "Wenn Ricardo uns sagt, daß eine Ware, die immer von derselben Arbeit produziert wird, von unveränderlichem Wert ist, behält er implizit alles bei, was ich versucht habe, zu widerlegen. Mit dem Beinamen unveränderlich meint er klar, daß sein Wert zu einer Zeit genau der gleiche sein wird wie sein Wert zu einer anderen, nicht in Bezug auf andere Waren, da er annimmt, daß alle anderen Waren variieren, sondern in Bezug auf sich selbst. Ausdrücklich stellt er fest, daß, wenn gleiche Mengen Gold immer durch gleiche Mengen Arbeit geschürft werden könnten, der Wert von Gold unveränderlich wäre und es außerordentlich gut kalkuliert wäre, den variierenden Wert aller anderen Dinge zu messen, woraus folgt, daß diese Unveränderlichkeit darauf abzielt, den Wert von Gold im Vergleich zu sich selbst zu bestätigen und nicht die Beziehung zwischen Gold und einer anderen Ware." - BAILEY, a. a. O., Seite 74f. Hier hat BAILEY die metaphysische Idee der klassischen Wertlehre meisterhaft bloßgelegt. (Der Leser muß sich erinnern, daß auch der Wert der Arbeit in RICARDOs Theorie eine Variable ist.)
    14) THOMAS de QINCEY, Dialogues of Three Templars on Political Economy, London 1824, jetzt publiziert in Bd. X der "Works of Thomas de Quincey, New York. Vgl. auch vom selben Verfasser "The Logic of Political Economy", London 1844, Seite 45f.
    15) "Arbeit war der erste Preis, das erste ursprüngliche Kaufgeld, das für alle Dinge hilfreich war." Und: "In diesem frühen und brutalen Zustand der Gesellschaft, der sowohl der Anhäufung von Lagerbeständen als auch der Aneignung von Grund und Boden vorausgeht, scheint das Maß für den Erwerb verschiedener Gegenstände die erforderliche Arbeitsmenge und damit der einzige Umstand zu sein, der für den Austausch der Gegenstände untereinander zur Norm werden kann." - DAVID RICARDO, Principles of Political Economy and Taxation, London 1817 [hg. von GONNER, London 1929, zit. Seite 7].
    16) RICARDOs Beweis geht dahin, daß die Arbeit nicht das volle Äquivalent des realen Wertes kaufen kann, das sie in ihrer Eigenschaft als auf die Waren verwendete Produktionskraft repräsentiert. Der Kapitalzins kommt nämlich dazwischen. Der Kapitalist erhält seinen Profit, indem er dem Arbeiter einen Lohn zahlt, dessen Realwert niedriger ist als der Realwert, den der Arbeiter durch seine Arbeit dem Produkt verleiht. Der reale Wert der Arbeit selbst - der ja wie gewöhnlich ihre Tauschrelation gegenüber anderen Waren bestimmen soll - besteht nur in den Kosten, gemessen in Arbeit, die es verursacht, Arbeiter durch Zeugung, Ernährung usw. großzuziehen. Diese Kosten wechseln teils mit den Lebensgewohnheiten der Arbeiter - obwohl RICARDO in seinen Argumenten für gewöhnlich mit deren Unveränderlichkeit rechnet - und teils mit den übrigen Produktionsverhältnissen, Technik, Kapitalmenge, usw. - - - Es ist also nicht der reale Wert der Arbeit, der in die Produkte investiert wird, sondern nur die Arbeit selbst. Eine genaue Übereinstimmung zwischen beiden Begriffen würde herrschen, wenn der Kapitalzins nicht existieren würde. Dann bekämen nämlich die Arbeiter in Gestalt ihres Lohne den realen Produktionswert ihrer Arbeit. Bei Gleichgewicht müßten dann die Kosten der Aufbringung von Arbeitern, d. h. der eigene reale Wert der Arbeit der realen Wertschöpfung der Arbeiter in der Produktion gleich werden.
    17) MALTHUS, Principles of Political Economy, London 1821, Seite 62. Vgl. auch andere Stellen.
    18) MALTHUS, a. a. O., Seite 59
    19) BAILEY, A Critical Dissertation etc., Seite 254.
    20) JOHN LOCKE, An Essay Concerning the True Original Extent and End of Civil Government, London 1690 [zitiert nach der Auflage Boston 1773].
    21) Es stimmt überein mit dem, was wir in den vorhergehenden Kapiteln über die Stellung des reiferen Utilitarismus zu den naturrechtlichen Konstruktionen gesagt haben, wenn wir bei SIDGWICK ein Zitat finden, in dem er diesen Gedankengang mit folgenden Worten kritisiert: "Dies muß aber als ein eher verzweifeltes Mittel ethisch-politischer Konstruktion eingestanden werden: Aufgrund der fatalen Konsequenz, daß sich damit nahezu jede Willkür im positiven Recht rechtfertigen läßt.
    22) LOCKE, a. a. O., Seite 15 und 16.
    23) ADAM SMITH, Wealth of Nations, London 1776, hg. von CANNAN, London 1903, Seite 32
    24) "Arbeit ist entweder körperlich oder geistig. . . und es ist notwendig, nicht nur die Anstrengung selbst in die Idee einzubeziehen, sondern alle Gefühle unangenehmer Art, alle körperlichen Unannehmlichkeiten oder geistigen Belästigungen, die mit dem Einsatz einzelner Gedanken oder Muskeln oder beidem in einem bestimmten Beruf verbunden sind." - JAMES MILL, Principles etc. London 1909, Seite 22.
    25) "Man kann sagen, daß gleiche Arbeitsmengen zu allen Zeiten und an allen Orten für den Arbeiter von gleichem Wert sind. . . Arbeit bleibt in ihrem Wert immer gleich und ist deshalb der ultimative und wirkliche Standard, mit dem der Wert aller Waren zu jeder Zeit und an jedem Ort geschätzt und verglichen werden kann. Arbeit ist der Waren wirklicher Preis; Geld ist nur ihr Nominalpreis." (a. a. O. Seite 35) INGRAM kritisiert ADAM SMITH in diesem Punkt und spricht dem Satz jeden bestimmten begrifflichen Sinn ab: "Dieser Satz, der bei näherer Betrachtung keinen bestimmten verständlichen Sinn hat, liefert ein gutes Beispiel dafür, wie metaphysische Denkweisen wirtschaftliche Ideen verdunkeln. Was soll eine Menge Arbeit sein, wenn die Art der Arbeit unbestimmt ist? Und was ist mit dem gleichem Wert gemeint?" - A History of Political Economy, London 1915, Seite 92, Anm.
    26) Auch McCULLOCH spricht z. B. davon, daß die Ausführung der Arbeit unausweichlich auf allen Stufen der Gesellschaftsentwicklung dasselbe Opfer ("same sacrifice") fordert. Principles of Political Economy, Edinburgh 1825, Seite 216f.
    27) "Kosten bedeuten Opfer und können nur bei Gefahr einer hoffnungslosen Verwirrung der Ideen mit etwas identifiziert werden, das kein Opfer ist. Die Arbeit ist das Tauschmittel des Menschen mit der Natur, ist die Investition, für die er eine Rendite erhält." - JOHN ELLIOTT CAIRNES, Some leading principles of Political economy, London 1874, Seite 60.
    28) "Die zu berücksichtigenden Opfer, die den Tauschwert bestimmen, sind nicht die von A, B oder C erbrachten, sondern die durchschnittlichen Opfer der Arbeiterklasse, die aus den Produzenten der Ware besteht." (CAIRNES, a. a. O., Seite 95) CAIRNES spricht vor allem vom Sparopfer des Kapitalisten (darüber weiter unten mehr).
    29) "Aber auch jede andere Ursache, die die Bereitstellung von Waren einschränkt, ist eine ebenso effiziente Ursache für den Wert eines Artikels wie die Notwendigkeit von Arbeit für seine Herstellung. Und, wenn alle vom Menschen verwendeten Waren von der Natur ohne jegliche Intervention menschlicher Arbeit bereitgestellt und in genau denselben Mengen geliefert würden, gäbe es weder einen Grund anzunehmen, daß sie aufhören würden wertvoll zu sein oder in einem anderen Verhältnis als bisher ausgetauscht werden könnten." - SENIOR, a. a. O., Seite 24.
    30) MARSHALL, Principles of Economics, London 1922, V. III. 2. (Vgl. MYRDAL, Prisbildningsproblemet och föränderligheten, Uppsala und Stockholm 1927, Seite 32f)
    31) Letters of David Ricardo to Thomas Robert Malthus, 1810-1823, hg. von BONAR, Oxford 1887, Seite 237.
    32) Letters of David Ricardo to John Ramsay McCulloch, 1816-1823, hg. von HOLLANDER, Publications of the American Economic Association, Bd. X, New York 1895, Seite 72 [Sperrung von mir].