ra-2FeilbogenRicardoA. WeberL. BrentanoR. Schüller    
 
EDUARD BAUMSTARK
David Ricardos Grundgesetze
der Volkswirtschaft


"Da der Wert der Dinge eine mit der Zeit wesentlich veränderliche Eigenschaft ist, kann der Wert einer Sache (wäre es auch jener der Arbeit) nicht als Maßstab für den Wert einer anderen Sache dienen, es sei denn für eine gegebene Zeit und einen gegebenen Platz. Daher kommt es, daß es an jedem Platz mit jedem Tag einen neuen laufenden Preis der Waren und einen neuen Wechselkurs gibt. Ein unveränderlicher Maßstab der Werte ist eine reine Einbildung, weil man die Werte nur wieder mit Werten, d. h. mit einer wesentlich veränderlichen Größe messen kann."

Vom Wert
[Erläuterungen]

Indem wir einen besonderen Abschnitt dazu verwenden, um einen Begriff zu erläutern, der schon viele Volkswirtschaftslehre beschäftigt hat, setzen wir uns der Gefahr aus, von manchen Kritiken der Inkonsequenz beschuldigt zu werden, weil wir uns im vorhergehenden Abschnitt erlaubt haben, es zu mißbilligen, daß man sich, besonders in Deutschland, bei Begriffsunterscheidungen in der Volks- und Staatswirtschaftslehre zu lange aufgehalten hat, und daneben die praktischen Wahrheiten, welche uns diese Wissenschaft enthüllen kann, vernachlässigt hat. Indessen wenn wir auch nicht das Muster aller größten Männer dieses Fachs von ADAM SMITH an bis auf unsere Tage darin für uns hätten, daß sie das richtige Verständnis des Begriffs vom Wert für eine unerläßliche Vorbedingung volkswirtschaftlicher Erkenntnis erklärten; so würden wir doch die Zuversicht haben, daß der Leser durch diesen Abschnitt die Überzeugung gewinnen wird, wie wichtig die Untersuchung desselben ist, denn je mehr man in die Natur des Verkehrs eindringt, desto mehr sieht man ein, wie alle Verhandlungen auf der nationalen oder individuellen Vorstellung vom Wert der Güter, Nutzungen und Leistungen beruhen. Zudem aber muß die scharfe Heraushebung des Begriffs vom Wert, welche RICARDO in hohem Grad gelungen ist, als der überall ein- und ausführende Hauptschlüssel zur Durchdringung von RICARDOs System angesehen werden. Denn aus keiner Quelle, sagt er selbst, entspringen so viele Irrtümer und Meinungsverschiedenheiten in der Volkswirtschaftslehre, als aus den unbestimmten Bedeutungen, welche man dem Wort  "Wert"  beilegt. Und die meisten Mißdeutungen und Mißverständnisse von RICARDOs Ansichten scheinen mir daher zu rühren, daß man seine natürliche Lehre vom Wert in jedem anderen, nur nicht in seinem Geist auffaßt. Die Widerlegung RICARDOs wurde auf diesem Weg sehr leicht, indem man nicht seine, sondern die ihm untergeschobene Ansicht deren Unrichtigkeit man schon kannte, ehe man sie ihm unterschob, angriff.

ADAM SMITH hat das Verdienst, den Unterschied zwischen Gebrauchs- und Tauschwert hervorgehoben zu haben, und der ganze Gang, den er verfolgt, um denselben klar zu machen, zeigt auf das Deutlichste, daß er den Tauschwert nicht allein vom Gebrauchswert, sondern auch vom Preis unterscheidet. Das vierte und fünfte Hauptstück des ersten Buches enthält den Beweis. Seine Ansicht ist folgende.

Die Teilung der Beschäftigungen macht den Tauschverkehr notwendig, denn jeder Einzelne bringt dann, indem er nur eine Art oder Gattung von Gütern liefert, nur einen sehr kleinen Teil seiner Bedürfnisse selbst hervor, er ist genötigt, bei weitem den größeren Teil mit dem Überschuß seiner eigenen Erzeugnisse über seinen Bedarf einzutauschen. Der gegenseitige Austausch so verschiedenartiger Güter, Nutzungen und Leistungen hat ein Haupthindernis darin, daß, was man anbietet, nicht gerade von Jedermann gesucht, und, was man begehrt, nicht gerade von Jedermann angeboten wird. Das Bedürfnis, ein Tauschgut zu haben, welches immer und überall Angebot und Begehr sein könnte, gab dem Geld seine Entstehung. Dies ist jenes Tauschgut, es besteht bei manchen rohen Völkern aber aus Metall, welches man in Münzen prägte, um der Unsicherheit des Gehalts und der Mühe des Wägens auszuweichen, womit für den Verkehr Unbequemlichkeiten verbunden waren. Nachdem nun auf diese Weise das Geld allgemeines Tauschmittel geworden ist, durch dessen Zwischenkunft alle Güter, Nutzungen und Leistungen gegeneinander ausgetauscht werden, so entsteht die Frage: Welches sind die Regeln, welche die Menschen natürlich beim Austausch derselben untereinander oder gegen Geld befolgen? Diese Regeln bestimmen, was man gegenseitigen oder Tauschwert der Güter nennt. Das Wort  Wert  hat zwei verschiedene Bedeutungen. Zuweilen bezeichnet es die Nutzbarkeit eines Gegenstandes, zuweilen sein Vermögen, andere Güter zu kaufen, welches sein Besitz mit sich bringt. Das Eine kann man  Gebrauchswert,  das Andere  Tauschwert  nennen. Dinge vom größten Gebrauchswert haben oft wenig oder keinen Tauschwert und umgekehrt Güter von größtem Tauschwert haben oft wenig oder keinen Gebrauchswert. Für Wasser, so nützlich es auch ist, wird man im Tausch kaum etwas bekommen; für einen Diamanten dagegen, welcher kaum einen Gebrauchswert hat, wird man im Tausch oft eine große Menge anderer Güter erlangen können. Es ist daher von Wichtigkeit, die Grundlagen aufzufinden, auf welchen der Tauschwert der Waren beruth, mit anderen Worten, zu erforschen, welches der wirkliche Maßstab (Sachmaßstab) des Tauschwerts ist, oder worin der Sachpreis aller Waren besteht; dann zweitens zu untersuchen, welche die verschiedenen Bestandteile des Sachpreises sind; und schließlich drittens zu erforschen, welches die verschiedenen Umstände sind, welche zuweilen einen Teil oder die Gesamtheit dieser verschiedenen Teile des Preises über ihren natürlichen oder gewöhnlichen Betrag steigern oder dieselben unter denselben senken, oder mit anderen Worten, welches die Ursachen sind, welche den Markpreis, d. h. den jedesmaligen zeitlichen (d. h. nicht den Sach-, sondern den wirklichen, nicht den Real-, sondern den aktuelle) Preis der Waren verhindern, mit dem natürlichen Preis derselben genau zusammenzutreffen. Jedermann ist reich oder arm, je nach dem Grad, in dem er sich den Genuß der Bedürfnisse, Bequemlichkeiten und Vergnügungen des Menschenlebens verschaffen kann. Da aber nach eingetretener Teilung der Beschäftigungen Jedermann nur einen sehr kleinen Teil jener Bedürfnisse, Bequemlichkeiten und Vergnügungen für sich selbst mittels eigener Arbeit hervorbringt, so muß er den größten Teil derselben durch die Arbeit anderer Leute beziehen. Folglich muß man auch reich oder arm sein, je nach dem Mangel von Arbeit Anderer, welche man sich zur Verfügung stellen oder eintauschen kann. Der Wert einer Ware für die Person, welche sie besitzt, sie aber nicht selbst zu gebrauchen oder zu verbrauchen gedenkt, sondern sie vielmehr gegen andere Waren austauschen will, ist gleich derjenigen Menge an Arbeit, welche sie damit eintauschen oder sich zur Verfügung stellen kann. Arbeit also ist der wirkliche Maßstab des Tauschwertes aller Waren. Der Sachpreis eines jeden Dings, dasjenige was jedes Ding dem Menschen, welcher sich dasselbe anschaffen will, kostet, ist die Mühe und Anstrengung zum Zweck der Anschaffung desselben. Es hat jedoch öfters Schwierigkeiten, das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Mengen von Arbeit zu bestimmen, denn nicht bloß die Zeit, sondern auch die Schwierigkeit der Arbeit und die dabei angewendete Geschicklichkeit muß ebenfalls dabei in Anrechnung kommen. Man nimmt daher für das Verkehrsleben lieber einen greifbaren Gegenstand, eine gewisse Ware, um danach den Tauschwert der Güter, Nutzungen und Leistungen zu messen, weil hierzu ein handgreifliches Gut im Leben leichter zu gebrauchen ist, als eine Vorstellung oder ein bloßer Begriff. Sobald aber diese Ware, das Geld, einmal dazu angenommen ist, so hört der Tauschandel auf, und alle Güter, Nutzungen und Leistungen werden gemeinhin gegen Geld vertauscht. Allein das Geld wechselt sehr in seinem Tauschwert, während eine nämliche Menge an Arbeit zu allen Zeiten und an allen Orten für den Arbeiter unter gewöhnlichen Umständen den nämlichen Tauschwert behält, d. h. immerhin die nämliche Aufopferung an Wohlsein, Freiheit und Geld nötig macht. Was im Tauschwert schwankt, ist nicht die Arbeit, sondern es sind die die Güter, welche ihm dafür gegeben werden.
    "Der Preis, welchen er (d. h. der Arbeiter, nämlich an Arbeit) bezahlt, muß stets derselbe sein, welches auch immer die Menge von Gütern sein mag, welche er dafür empfängt."
Also ist die Arbeit, immer sich ändernd im Tauschwert, allein der letzte und eigentliche Maßstab des Tauschwertes der Güter zu allen Zeiten und Orten. Sie ist der Sachpreis, das Geld aber nur der Nennpreis derselben. Etwas anderes ist der Tauschwert der Arbeit für denjenigen, welcher die Arbeiter beschäftigt; für diesen scheint die nämliche Arbeit bald einen größeren bald einen geringeren Tauschwert zu haben. Dem Lohnherrn, der die nämliche Arbeit bald mit einer größeren bald mit einer kleinerer Gütermenge kauft, kommt es vor, als ob der Preis der Arbeit, gleich jenem aller anderen Dinge wechselt, indessen sind es in Wirklichkeit die von ihm bezahlten Güter, welche teuer sind, wenn er weniger und wohlfeil, wenn er mehr davon für die Arbeit hingibt, und nicht die Arbeit. In jenem gangbaren Sinn kann man also sagen, die Arbeit hat, wie die Güter, einen Sach- und einen Nennpreis. Jener besteht dann in der Menge von Bedürfnissen und Bequemlichkeiten des Lebens, welche für die Arbeit gegeben werden, dieser aber in der Geldmenge, welche man dafür zahlt.
    "Der Arbeiter ist reich oder arm, gut oder schlecht belohnt, im Verhältnis des Sach-, und nicht des Nennpreises seiner Arbeit."
Die Unterscheidung des Sach- und Nennpreises der Waren und Arbeit ist in der Ausübung oft von beträchtlichem Nutzen.
    "Der selbe Sachpreis ist immerhin vom selben Tauschwert, aber infolge der Veränderungen im Tauschwert des Goldes und Silbers der selbst Nennpreis zu Zeiten von sehr verschiedenen Tauschwerten."
Weiter die Ansicht ADAM SMITHs zu verfolgen, halten wir nicht für nötig, weil das Bisherige schon hinreicht deutlich zu machen, welchen Unterschied derselbe zwischen Gebrauchs- und Tauschwert, und zwischen Tauschwert und Preis macht.

Aber Bemerkungen lassen sich über dieselbe machen und einer Verbesserung scheinen sie uns fähig zu sein. Es ist richtig, wir verdanken dem Scharfsinn ADAM SMITHs die wichtige Unterscheidung des Gebrauchs- und Tauschwertes. Er macht einen im Ganzen richtigen Unterschied zwischen Tauschwert und Preis, indem er jenen nach der Arbeit bemißt, diesen aber aus wirklichen Gütern, insbesondere aus Geld bestehen läßt, und als unvollkommenen Ausdruck für den Tauschwert ansieht. Er nennt den Tauschwert demgemäß auch Sachpreis, und den Preis Nennpreis. Er wendet diese Lehre vom Tauschwert und Preis aber sogleich auf die Arbeit, auf das Getreide und auf das Geld an, und zeigt wie die Arbeit sich im Tauschwert allein gleich bleibt, das Getreide darin wechselnd, das Geld aber noch schwankender ist, wie aber der Preis dieser drei Maßstäbe Veränderungen unterliegt. Bei dieser Untersuchung hebt derselbe dann den preis der Arbeit (d. h. den Arbeitslohn) ganz besonders hervor, und wendet darauf seine Einteilung des Preises in Sach- und Nennpreis auf eine andere Weise an, indem er mit der gemein üblichen Ausdrucksweise unter Sachpreis der Arbeit den in Bedürfnis- und Genußgütern selbst bestehenden, unter Nennpreis der Arbeit aber den in Geld bestehenden Arbeitslohn versteht. Er verbindet daher mit dem Ausdruck  "Sachpreis"  zwei verschiedene Bedeutungen, zuerst den Tauschwert, der sich nach der Arbeit bemessen läßt, und dann den nicht in Geld, sondern in Bedürfnis- und Genußmitteln selbst berechneten Preis, namentlich der Arbeit. Diese Doppelsinnigkeit hat viele Mißverständnisse und Irrtümer in der Volkswirtschaftslehre veranlaßt. Es liegt schon hierin eine Verwechslung des Preises mit dem Tauschwert, die umso auffallender ist, da ADAM SMITH mit außerordentlicher Klarheit und Bestimmtheit die Notwendigkeit eines sachlichen Maßstabes zur Bestimmung des gegenseitigen Tauschwerts der Güter und daher die Entstehung und den allgemeinen Gebrauch des Geldes, des Preismaßes für das Verkehrsleben erklärt. Allein derselbe weicht sogar, weil der die genau Grenzlinie zwischen Tauschwert und Preis nicht festhält, von seiner ersten Ansicht über den Tauschwert ab. Denn er definiert den Tauschwert einer Ware als diejenige Arbeitsmenge, welche man mit derselben im Verkehr eintauschen kann. Beispiele machen seinen Grundgedanken am klarsten, und wir wollen in denselben seine Behauptung auch auf die Nutzungen und Leistungen ausdehnen. Vertauscht jemand zwei Paar Socken gegen ein Paar Strümpfe, so ist der Tauschwert der Socken nach der in den Strümpfen enthaltenen Arbeitsmenge, und der Tauschwert der Strümpfe nach der in den Socken enthaltenen Arbeitsmenge zu bemessen. Verpachtet jemand ein Grundstück gegen eine Getreiderente, so bemißt sich der Tauschwert jener Nutzung nach der in der Getreideernte enthaltenen Arbeit und der Tauschwert der Getreiderente nach der zur Nutzbarkeit des Grundstücks verwendeten Arbeitsmenge. Leistet jemand einem Anderen einen Dienst gegen Verköstigung, so ist der Tauschwert jenes Dienstes gleich der in der Verköstigung enthaltenen Arbeitsmenge und der Tauschwert der Verköstigung gleich der in diesem Dienst enthaltenen Mühe und Anstrengung. Wendet man dies auf alle möglichen Kombinationen des Verkehrs im gegenseitigen Umtausch von Waren, Nutzungen und Leistungen an, so findet dasselbe statt beim Austausch von
    Waren gegen Waren
    Nutzungen gegen Nutzungen
    Leistungen gegen Leistungen
    Waren gegen Nutzungen
    Waren gegen Leistungen
    Leistungen gegen Nutzungen.
Es ist ADAM SMITH so meisterhaft gelungen, die Schwankungen des Preises der Arbeit im Gegensatz des Preises der Arbeit im Gegensatz der Stetigkeit ihres Tauschwerts zu zeigen, indem er darlegte, daß sich nicht die Arbeit in ihrem Tauschwert verändert, sondern diejenigen Güter, welche man für die Arbeit hingibt. Hiermit steht seine Begriffsbestimmung vom Tauschwert in geradem Widerspruch. Denn wenn der Tauschwert eines Gutes in der damit eintauschbaren Arbeitsmenge besteht (was ADAM SMITH behauptet), so muß die Veränderung des Tauschwertes der im Arbeitslohn enthaltenen Güter von der Arbeit selbst herrühren, die man um jenen Lohn kauft, da sich der Tauschwert der im Arbeitslohn enthaltenen Güter genau nach der Arbeit richtet, welche man im Verkehr damit eintauschen oder zur Verfügung bekommen kann. Es macht hierbei überall keinen Unterschied, welche obige Kombination man nehmen mag, und folglich auch nicht, wenn man irgendeine besondere Art von Ware, Nutzung oder Leistung heraus nimmt, also auch nicht, wenn man diejenige Ware wählt, welche Geld genannt wird. Auf diesem Weg ergibt sich demnach, daß ADAM SMITHs Ansicht vom Tauschwert nicht die richtige sein kann, daß er im Laufe seiner Entwicklung vom richtigen Gesichtspunkt des Unterschiedes zwischen Tauschwert und Preis abkommt, und daß er das eigentlich unterscheidende Merkmal der Begriffe von Tauschwert, Sachpreis und Nennpreis nicht vollständig erfaßt hat. ADAM SMITH läßt ganz außer Acht, daß dasjenige der Preis ist, was man an Waren, Nutzungen oder Leistungen für irgendetwas im Tausch empfängt. Nicht bloß aus Bedürfnis- und Genußmitteln oder aus Geld kann der Preis bestehen, sondern aus jeder Ware, Nutzung oder Arbeit. Was also ADAM SMITH für den Tauschwert der Waren erklärt, ist nichts anderes als der Preis, wenn er in Arbeit ausgedrückt wird, und er ist mit sich selbst im Widerspruch, indem er bei seiner Ansicht vom Tauschwert (nämlich daß dieser gleich der eintauschbaren Arbeitsmenge ist) dennoch behauptet, der Preis in Arbeit, welchen der Arbeiter für seinen Lohn bezahlt, bleibt immer gleich, so wechselnd auch der Tauschwert der Güter sei, aus welchen der Arbeitslohn besteht. Der Preis der Waren, Nutzungen und Leistungen hängt von mannigfachen äußeren Umständen ab, und kann beständig um den Tauschwert herum schwanken. Der Tauschwert bildet die tiefere Grundlage des Preises, ohne mit dem Preis Ähnlichkeit zu haben.

ADAM SMITH kann daher nicht wohl zu einem richtigen Ergebnis gekommen sein, wenn er sagt, der selbe Sachpreis sei immer von gleichem Tauschwert, der selbe Nennpreis aber kann verschiedenen Tauschwert haben. Denn der Preis, wie er sich frei bildet, hat die Natur des Schwankens, er mag nun Sach- oder Nennpreis sein. Verstände aber ADAM SMITH in jenem Ausspruch unter Sachpreis den Tauschwert selbst, so hieße es so viel wie der der selbe Tauschwert sei immer derselbe; eine leere Behauptung, welche ein ADAM SMITH nicht geschrieben haben würde. Jener große und merkwürdige Irrtum dieses scharfen Denkers hat seine Veranlassung darin, daß ADAM SMITH für die Zeiten, wo noch kein Tausch besteht, und für die Dinge, welche der Hervorbringer selbst verzehrt, einen anderen Maßstab des Tauschwertes annimmt, als für die Zeiten, wo Tausch- und Kaufhandel besteht und wo die Hervorbringer bei weitem den größten Teil ihrer Erzeugnisse für den Vertausch oder Verkauf liefern. Für den ersten Zeitabschnitt und Fall sieht er diejenige Arbeit als Maßstab des Tauschwerdes an, welche es kostet, um ein Gut hervorzubringen, für den letzteren Zeitabschnitt und Fall aber diejenige Arbeitsmenge, welche man mit einem Gut eintauschen kann. Ohne es zu ahnen, kehrte er so seinen Tauschwert in den Preis um. Die Grundlage und der Maßstab des Tauschwertes bleiben zu allen Zeiten dieselben.

RICARDO scheint uns daher, indem er als Gegner ADAM SMITHs auftritt, ganz auf dem richtigen Weg und im Vorteil zu sein. Seine Ansicht, welche aus ähnlichen Betrachtungen hervorgegangen sein muß, wie diejenigen sind, welche wir uns über ADAM SMITHs Meinung erlaubt haben, ist kurz folgende. Sie ist im ersten und zwanzigsten Hauptstück seines Buches enthalten.

RICARDO erkennt ADAM SMITHs Unterscheidung zwischen Gebrauchs- und Tauschwert, wie er sie anfänglich darstellt, als völlig richtig und höchst wichtig an (1). Aber er macht dazu seine Bemerkungen, um die Lehre vom Tauschwert zu berichtigen und zu vervollständigen. Er behauptet, ohne Nutzbarkeit könne keine Sache einen Tauschwert haben, allein daraus folgt nicht, daß die Nutzbarkeit der Maßstab des Tauschwerts ist. Aber die Maßstäbe des Tauschwertes der Dinge, vorausgesetzt daß sie Nutzbarkeit besitzen, seien die Seltenheit derselben und die zu ihrer Erlangung erforderliche Arbeit. Bei denjenigen Gütern, welche nicht beliebig hervorgebracht werden könnten, bestimmt die Seltenheit, - bei denjenigen aber, welche beliebig hervorgebracht werden könnten, die Erlangungsarbeit den Tauschwert. Mit der erforderlichen Vermehrung oder Verringerung dieser Arbeitsmenge ist aber nach RICARDOs Ansicht jedesmal eine Erhöhung oder Erniedrigung ihres Tauschwertes der Güter verbunden (2). Diejenige Arbeitsmenge, welche zur Hervorbringung eines Gutes erforderlich erscheint, ist von dem Betrag derjenigen verschieden, welche man mit einem Gut eintauschen kann. Die Arbeit, welche der Arbeiter leistet, braucht nicht notwendig derjenigen Arbeitsmenge gleich zu sein, welche derselbe in seinem Lohn eintauscht. Die eintauschbare Arbeitsmenge ist vielen Schwankungen ausgesetzt, die Hervorbringungsarbeit eines Gutes bleibt sich als eine Mühe und Anstrengung überhaupt, aber nicht so die zur Hervorbringung eines Gutes erforderliche Menge von Arbeit in verschiedenen Zeiten gleich. Diese ist der wahre Maßstab des Tauschwertes der Güter, während alle anderen Maßstäbe Veränderungen unterworfen sind (3), man mag dazu die Edelmetalle oder das Getreide nehmen. Denn die Ergiebigkeit des Bodens, die Fertigkeit in den Arbeiten, die Hilfeleistung der Maschinen und Werkzeuge und dergleichen macht ihren Tauschwert, nämlich ihre Seltenheit und Schaffungsarbeit veränderlich (4). Der Tauschwert der Arbeit selbst ist mit ihrer Seltenheit und Schwierigkeit veränderlich. Aber nicht der Tauschwert, diese schwankende Eigenschaft der Güter, - insbesondere auch nicht der Tauschwert der Arbeit, sondern die Arbeit selbst, ist der Maßstab des Tauschwertes der Güter. Sowohl die zur Hervorbringung eines Gutes nötige, als auch die mittels desselben eintauschbare Arbeitsmenge ist veränderlich, aber durchaus nicht notwendig in einem gleichem, sondern in einem verschiedenen Verhältnis, und aus ganz verschiedenen Ursachen. ADAM SMITH muß also in zweien seiner angeführten Behauptungen im Irrtum sein, erstens darin, daß die Arbeit allein niemals im Tauschwert veränderlich ist und zweitens darin, daß, wenn eine Arbeit an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten verschiedene Gütermengen einzutauschen vermag, nicht der Tauschwert der Arbeit, sondern der Tauschwert dieser Güter die Veränderung erleidet. Dieses sind zwar die Gründe, warum er die Arbeit für den letzten eigentlichen und wirklichen Maßstab des Tauschwerts der Güter erklärt, aber trotz ihrer Unrichtigkeit erscheint die Arbeit dennoch wirklich als der wahre Maßstab des Tauschwertes derjenigen Güter, welche beliebig hervorgebracht werden können. So wie sich der Tauschwert der Güter nach der Hervorbringungsarbeit, und nicht nach der damit eintauschbaren Arbeitsmenge richtet, so muß auch umgekehrt, nicht die mit einer Arbeit eintauschbare Gütermenge, sondern die durch sie hervorgebrachte Gütermenge den Tauschwert jener Arbeit bestimmen. Ein Gut, welches immer und überall die selbe Hervorbringungsarbeit erfordern würde, würde daher, als unveränderlich im Tauschwert allein (5) den wahren Maßstab des Tauschwertes der Güter für den praktischen Gebrauch im Verkehrsleben abgeben können. Allein ein solches Gut ist bis jetzt nicht bekannt.

ADAM SMITHs Grundansichten vom Tauschwert dürften daher wohl immerhin als unrichtig und unklar erscheinen. Allein ist nicht vielleicht wirklich ein Unterschied zu machen zwischen verschiedenen Perioden der Entwicklung der Volkswirtschaft? Gilt nicht vielleicht RICARDOs Ansicht vom Maßstab des Tauschwertes nur von der Zeit, wann noch kein Tauschverkehr besteht, sondern Jedermann sich seinen Güterbedarf selbst verfertigt? Dagegen SMITHs Ansicht von der Zeit, wenn schon eine Teilung der Beschäftigungen eingeführt ist, also Jedermann wegen des größten Teiles seines Bedarfs auf den Austausch seiner eigenen, selbsthervorgebrachten, Güter angewiesen ist?

Keineswegs. RICARDOs Grundgesetz vom Tauschwert muß unter allen Verhältnissen und Veränderungen der Volkswirtschaft ebenso unumstößlich richtig sein, wie es der Satz ist und sein wird, daß die Güter nur durch eine Hervorbringung entstehen und nur durch Arbeit in den ausschließlichen Besitz des Menschen gebracht, d. h. zu Vermögen gemacht werden können. Denn so natürlich es bei demjenigen, der sich seinen Bedarf an verschiedenen Gütern selbst verfertigt, ist, daß er ihren Tauschwert nach der Mühe und Anstrengung anschlägt, welche ihm ihre Verfertigung kostet; ebenso natürlich ist es, daß er den Anschlag des Tauschwertes des einzigen Erzeugnisses, das er nach eingeführter Teilung der Beschäftigungen, ausschließlich hervorbringt, nach demselben Maßstab macht. Und so ist es bei allen einzelnen Gewerbetreibenden der Fall. Folglich findet RICARDOs Grundsatz auch seine volle Anwendung noch, nachdem die Geschäftsteilung und der Tauschverkehr eingeführt ist. Er bildet die letzte Grundlage des ganzen Handels, nachdem das Geld eingeführt ist, obgleich nicht immer ein jeder Verkäufer und Käufer bei der Berechnung der Warenpreise davon ausgeht, da man im Geld einen Maßstab des Preises besitzt, welcher allenthalben im Verkehr seine Anwendung findet. Statt von der Arbeit als letztem Maßstab des Tauschwertes auszugehen, geht man von den Arbeitskosten als dem notwendigen, natürlichen Satz, zur Bestimmung desjenigen Preises der Ware aus, ohne welchen sie nicht mehr geliefert werden könnte. Wer nun, wie ADAM SMITH, für diese Periode der volkswirtschaftlichen Entwicklung der Länder die eintauschbare Arbeitsmenge als Maßstab des Tauschwertes der Güter annimmt, der verwechselt den Preis mit dem Tauschwert, und bedient sich dabei, ohne es zu wollen oder zu ahnen, eines unbrauchbaren Preismaßes (nämlich der Arbeit), als der vorgerückte Verkehr selbst, welcher dazu das Geld braucht.

Indessen wird man einwendend fragen: Wie kann die Arbeit der Maßstab des Tauschwertes und der Betrag der Arbeitskosten der notwendige natürliche Satz des Preises sein und bleiben, nachdem das Kapital entstanden ist, einmal angefangen hat, bei der Hervorbringung mitzuwirken, und unter den mannigfachsten Formen ein so unentbehrliches Hilfsmittel der Hervorbringung geworden ist, daß die Bedürfnisbefriedigung ohne dasselbe stocken müßte, da es die zu verarbeitenden Stoffe, die Werkzeug und Maschinen und die Arbeit selbst sogar herbeischafft und unterhält?

An derselben Frage scheint ADAM SMITH irre geworden zu sein. RICARDO aber löst sie, wie uns scheint, siegreich und zur Genüge in der zweiten Abteilung des ersten Hauptstücks. Auch die Erscheinung des Kapitals wirft die Arbeit als Grundlage des Tauschwerts nicht um. Denn es ist selbst nichts anderes, als über die Verzehrung hinaus erspartes Vermögen, welches wieder werbend angewendet wird. Es ist auch ursprünglich nur mittels der Arbeit hervor und in den ausschließlichen Besitz der Menschen gebracht. Auch sein Tauschwert richtet sich nach der zu seiner Herstellung, Unterhaltung und Verbesserung erforderlichen und verwendeten Arbeit. Es ist angesammelte, in die Erzeugnisse, welche wir Kapital nennen, gebannte Arbeit. Der Tauschwert der durch Arbeit und Kapital gelieferten Erzeugnisse richtet sich demgemäß nach der unmittelbar auf die Hervorbringung verwendeten und nach der mittelbar im Kapital zu ihrer Herbeischaffung gebrauchten Arbeit. Ist aber zu der Herstellung, Unterhaltung und Verbesserung des angewendeten Kapitals ebenfalls Kapital verwendet, so findet das Nämliche wieder statt und so fort rückwärts, bis man zu demjenigen Kapital kommt, das nur durch Arbeit hervorgebracht, unterhalten und verbessert worden ist. Diese Stufe der Entwicklung der Gesellschaft, oder man könnte sagen, diesen Keim des Verkehrs geschichtlich zu finden dürfte aber ebenso schwer sein, als es der Einbildungskraft leicht fällt, sich eine Vorstellung davon zu machen. Und RICARDO scheint uns daher ganz auf dem Boden der Wirklichkeit zu stehen, indem er behauptet, daß selbst die rohen Jägerstämme zumindest einer rauhen Waffe, also eines Kapitals, zuer Erlegung des Wildes bedürfen. Aber ohne Zweifel ist auch diese ein Erzeugnis der Arbeit. Folglich erscheint auch in dieser Periode und in jeder folgenden, die Arbeit der Hervorbringung als der eigentliche letzte Maßstab des Tauschwertes der Güter.

Übrigens läßt sich doch zumindest nicht leugnen, daß nicht bloß die Arbeit, sondern auch die Natur bei der Hervorbringung der Güter hauptsächlich mitwirkt, und es gewinnt so den Anschein, als ob nicht bloß die Hervorbringungsarbeit gemeinhin nicht der einzige Maßstab des Tauschwertes der Güter ist, sondern namentlich alsdann aufhört als solcher zu erscheinen, sobald der Begriff der Grundrente entstanden ist. Allein was die Erde dem Menschen an Hervorbringungskraft und an Erzeugnissen ohne sein Zutun in solcher Menge darbietet, daß es durchaus unnötig erscheint, sich davon einen Vorrat in ausschließlichen Besitz zu verschaffen, das hat für ihn auch keinen Tauschwert. Dies hat ADAM SMITH mit aller Kraft der Wahrheit dargetan. Wenn dies beispielsweise von Sonnenschein, Luft, Wasser, Meeressand und dergleichen gilt, warum sollte es nicht auch von den Hervorbringungskräften der Natur überhaupt und der Erde insbesondere wahr sein? Solange die Bevölkerung eines Landes nur so groß ist, daß die Benutzung der im Boden enthaltenen und wirksamen Naturkräfte mittels Arbeit und Betriebsamkeit einem Jeden nach seinem Belieben frei steht, und es also der ausschließlichen Besitzergreifung an einer gewissen Ackerfläche nicht bedarf, um sich sein Bedürfnis an Bodenerzeugnissen zu verschaffen; so ist auch die Arbeit der Ergreifung und Beschützung ausschließlichen Besitzes oder Eigentums an Boden ganz unnötig. Der unurbare Boden wird, solange er geradezu frei und im Überfluß vorhanden ist, keinen Tauschwert haben; wohl aber nebem diesem sicherlich der urbar gemachte, weil, und im Verhältnis wie derselbe selten ist und Arbeit der Urbarmachung in sich enthält. In einem solchen Land wird daher der Tauschwert der Erzeugnisse geringer sein, als in einem anderen, wo unter übrigens gleichen Umständen Begriff und Recht des Grundeigentums schon entstanden ist, weil zur Hervorbringungsarbeit im letzteren Land jene der Ergreifung, Urbarmachung und Beschützung des Grundeigentums noch hinzutritt. Wir haben zur Erleichterung der Einsicht in unsere Behauptung übrigens gleiche Umstände angenommen; allein diese werden meistens darum nicht vorhanden sein, weil im fortgeschritteneren Land die Hervorbringungsarbeit vielfältig erleichter zu sein pflegt, so daß die hinzutretende Arbeit und Sorge der Ergreifung, Urbarmachung und Beschützung des ausschließlichen Grundbesitzes nicht bloß aufgewogen, sondern sogar überwogen wird, und demgemäß der Tauschwert der Erzeugnisse dennoch geringer erscheint, als in dem noch zurückstehenden Land. Es ist jedoch begreiflich, daß dies das ausgesprochene Grundgesetz nicht nur nicht umstößt, sondern sogar bestätigt, da sich zeigt, wie der Tauschert der Güter sinkt, wenn die Menge der erforderlichen Hervorbringungsarbeit abnimmt. Je fortgeschrittener ein Land ist, umso mehr erleichtert erscheint die Hervorbringungsarbeit. Daran hat unter anderen Ursachen auch die Arbeits- und Geschäftsteilung und die Sicherheit des Eigentums und der Personen den größten Anteil. Die Erhaltung der öffentlichen, allgemeinen und Privatsicherheit wird selbst die erleichterte Sorge und Beschäftigung einer gewissen Klasse der Gesellschaftsglieder, welche, selbst wieder vielfach geteilt, folglich erleichtert und verbessert, die eigentliche Hervorbringungsarbeit in hohem Grad erleichtern. Alle diese Erleichterungen und Verbesserungen der Arbeit gehen mit der immer zunehmenden Verengung des Begriffs von Grundeigentum und mit der steigenden Bevölkerung Hand in Hand. Sobald man aber Grundeigentum nur noch durch Eintausch gegen andere übersparte Güter erlangen kann, insbesondere sobald man das Grundeigentum mit Geld zu kaufen gezwungen ist, so wird die in Grund und Boden festgebannte Arbeit und die immer noch dafür erforderliche Mühe und Sorge des Schutzes den Tauschwert der Erzeugnisse im Verein mit der Hervorbringungsarbeit regeln. Da aber nach eingetretener Arbeitsteilung Jedermann den größten Teil seiner Bedürfnisse eintauschen oder kaufen muß, und dies auch beim größten Teil der Arbeit selbst geschieht, so macht jedes Mitglieder der Gesellschaft auch für die Arbeit jenes Schutzes seinen entsprechenden Aufwand und bezahlt dafür das Seinige teils an den Staat, teils an Einzelne, nach besonderer Übereinkunft. Nicht anders verhält sich die Sache, wenn der Grund und Boden, anstatt verkauft, gegen Vergütung bloß zur Nutzung überlassen, d. h. verpachtet wird, und so, was wir Pachtzins oder Rente nennen, entsteht. Denn in demselben wird angesammelte Arbeit zur Benutzung überlassen nebst der von der Natur unentgeltlich hergestellten Bodenkraft. Nicht weil die Rente bezahlt wird, steigt etwa der Tauschwert der Erzeugnisse, denn die Rente ist der Preis für die gestattete Bodenbenutzung; sondern der Tauschwert der Erzeugnisse steigt, wenn keine Erleichterung und Verbesserung der Hervorbringungsarbeit entgegen wirkt, aus demselben Grund, weshalb eine Rente bezalt wird, nämlich wegen der im Verhältnis zur Bevölkerung und zu deren Bedürfnissen zunehmenden Seltenheit des Bodens und wegen der im Boden enthaltenen Arbeit der Verbesserung und an demselben haftenden Arbeit des Eigentumsschutzes. Die Seltenheit muß hierbei als Maßstab des Tauschwertes erscheinen, weil der Boden und die Naturkraft in demselben zu denjenigen Gütern gehören, welche durch Gewerbetätigkeit und Betriebsamkeit nicht beliebig hervorgebracht werden können. Sie wirkt aber in der Arbeitsmenge, welche auf die Erzeugung eines Gutes verwendet wird, insofern auf den Tauschwert des letzteren, als man bei gegebenen anerkanntem Gebrauchswert desselben, im Verhältnis seiner Seltenheit mehr Arbeit zu dessen Hervorbringung anzuwenden pflegt.

Also scheint es uns auch gefehlt zu sein, wenn man mit ADAM SMITH und manchen seiner Schüler annimmt, die Entstehung der Rente verändere das Grundgesetz des Tauschwertes der Güter. Es liegt dieser Ansicht offenbar eine Verwechslung des Tauschwertes und des Preises zugrunde, zumindest aber wohl des Tauschwertes und Sachpreises, indem man behauptete, nach der Entstehung des Kapitals und der Rente bilde nicht mehr bloß die Arbeit, sondern auch der Kapitalaufwand, Kapitalgewinn und die Rente die ursprünglichen Bestandteile des natürlichen oder Sachpreises der Erzeugnisse. Allein der Tauschwert und Preis sind zwei so verschiedene Dinge, wie Arbeit und Geld, und wir erlauben uns den Vorbehalt, in einer folgenden Abteilung auf die Frage zurückkommen zu dürfen, ob den Gewinn und Rente wirklich Bestandteile des natürlichen Preises sind oder nicht.

Es kommt uns aber so vor, als ob wir in unserer Untersuchung eine wesentliche Lücke lassen würden, wenn wir die Wahrheit unserer Ansichten von der Grundlage und dem Maßstab des Tauschwertes schon damit hinreichend dargelegt zu haben glaubten, daß wir die gleichweise Wirkung des Grundgesetzes vom Tauschwert in der Volkswirtschaft, der ein Land bewohnenden Urvölker, auf verschiedenen Graden der Entwicklung des Verkehrs gezeigt haben. Dasselbe Grundgesetz wirkt auch in den Kolonien, wo sich schon fortgeschrittene, gewerblich entwickelte Völker auf einem Urboden niederlassen, mögen wir hier die phönizischen, karthagischen und ionischen, oder die Kolonien der neuen Zeit, namentlich Nor- und Südamerika nehmen. Es tritt in diesen Fällen freilich ein Volk, welches sich bei höherer gewerblicher Entwicklung im Besitz von Kapital befindet, auf einen jugendlichen nicht urbaren Boden; allein auch ihm ist das Kapital nur festgehaltene Arbeit, entstanden in seinem Mutterland, wie sonst auch. Die Verschiedenheit des Ortes wirft das Grundgesetz nicht um. Indessen findet sich bei neuen Ansiedelungen dieser Art gewöhnlich, gerade in Amerika, mehr Boden als die eingewanderte, und selbst später aus sich selbst vergrößerte Bevölkerung bedarf. Die eingewanderte Bevölkerung bringt den Begriff von Eigentum mit sich und wendet ihn an. Wenn sie dies aber auch nicht täte, so würde er urbar gemachte Boden doch seinen hohen Tauschwert haben, weil, und in dem Maß als er Urbarmachungsarbeit in sich schließt. Darf und kann sich jeder Einwanderer nach Willkür, wo und soviel er will, Boden aneignen und urbar machen, so wird allein die Arbeit der Aneignung, Urbarmachung und Beschützung des Bodens, den Jemand aussuchte, bestimmen, welchen Tauschwert derselbe haben soll. Je größer nun überhaupt entweder örtlich oder zeitlich, die Hindernisse der Aneignung, die Schwierigkeiten der Urbarmachung und die Sorgen wegen der Beschützung sind, umso unlieber wird man frischen Urboden, umso lieber aber schon urbaren Boden übernehmen wollen. Kommt nun schließlich noch hinzu, daß der Mutterstaat, oder der neu gebildete Kolonialstaat den nicht urbaren Boden für Staatseigentum erklärt, also seine beliebige unentgeltliche Besitzergreifung durch Kolonisten verbietet, und solchen Boden verkauft, so muß der urbare Boden im Tauschwert und im Preis noch mehr steigen, und das Pachtsystem, also die Rente, umso eher ins Leben treten, nämlich umso eher, je teurer der Urboden vom Staat verkauft und je mühevoller und kostspieliger die Urbarmachung ist; aber umso langsamer, je wohlfeiler der Urboden zu haben und je leichter er urbar zu machen ist. Daß es hierbei allemal wieder auf die Beschaffenheit und namentlich auf die Lage des Bodens gegen die Märkte, Städte, an schiffbaren Flüssen, Straßen und dgl. ankommt, versteht sich von selbst. Daß aber gerade die bereits auf den Boden aufgewendete Arbeit seinen Tauschwert schafft und bestimmt, das ersieht man am klarsten an den kaum bemerkenswerten Preisen, wozu der Staat den Urboden verkauft, während sich freilich der Preis des urbaren Bodens nach mancherlei äußeren Verhältnissen richtet, die in der Konkurrenz wirken und ihn, über das Maß des Tauswertes selbst, den der Anbauer desselben berechniet, hinaus erhöhen. Daher muß man hier Ankäufe, und Urbarmachungen von Boden unterscheiden, welche einfach und zunächst der Bedürfnisbefriedigung willen, welche mit Hinsicht auf Absatz an Bodenerzeugnissen, und welche nur in der Absicht des Wiederverkaufs urbarer Ländereien geschehen. Da die Arbeit gerade in solchen, sich früh entwickelnden, Ländern zuerst wegen ihres Gebrauchswertes, dann wegen ihrer verhältnismäßigen Seltenheit und wegen ihrer ungeheuren Anstrengung einen außerordentlich hohen Tauschwert hat, so sind die Tauschwerte der Arbeitserzeugnisse auch sehr hoch und man macht großen Aufwand, d. h. man zahlt einen hohen Preis, um sich die Arbei zu verschaffen oder zu ersparen. Die Arbeit bildet gerade hier am allerersichtlichsten den letzten Maßstab des Tauschwertes der Dinge, und daß dieser die letzte Grundlage des Preises ist, ersieht man an der fast unglaublichen Verschiedenheit der Preise mancher Erzeugnisse des Bodens, z. B. des Holzes, welche mit der Entfernung von den Märkten und Städten, bis dahin wo die Menge der Erzeugnisse fast unbegrenzt und die Gewinnungsarbeit sehr gering ist, regelmäßig abnehmen, so daß z. B. Holz in den Urwaldgegenden gar keinen Preis hat, während es in volkreichen entfernten Städten sehr teuer bezahlt werden muß. Alles was die Arbeit erleichtert, und was Arbeiter entbehrlich macht, wird mit größter Sorgfalt erstrebt, und senkte den Tauschwert der Dinge, folglich auch ihren Preis, unter übrigens gleichen Umständen. Daher die unberechenbaren Vorteile der Kanäle, Flüsse, Dampfschiffe, Eisenbahen und Dampfwagen, der Maschinen, der Dampfmaschinen, überhaupt des Kapitals. Kapital ist auch hier und in diesen Fällen aufgehäufte Arbeit, und die Kolonisten haben den schönen Vorteil, manche Kapitalstücke wohlfeiler aus dem Mutterland zu beziehen, wo die Arbeit im Tauschwert und Preis niedriger steht. Der Preis der Dinge braucht aber, nicht gemeinhin aus Gründen des Tauschwerts der Arbeit in solchen Kolonien höher zu sein, als in anderen älteren Ländern. Denn bei der Preisbildung wirken noch andere Verhältnisse und manche können dem Einfluß des Tauschwertes und Preises der Arbeit entgegenwirken, z. B. Wohlfeilheit, besondere Güte der Kolonialprodukte, Ersparung der Transportkosten, welche das Mutterland zu tragen hat und dergleichen mehr.
LITERATUR Eduard Baumstark - David Ricardos Grundgesetze der Volkswirtschaft und Besteuerung, Bd. 2, Erläuterungen, Leipzig 1838
    Anmerkungen
    1) J. B. SAY bemerkt dazu in der französischen Übersetzung des Werkes von RICARDO (Bd. 1, zweite Auflage 1835, Seite 2-4) folgendes: "Die Unterscheidung, welche hier Herr RICARDO macht, ist eine Grundlage der öffentlichen Wirtschaftslehre. Er hätte wohl auch bemerken dürfen, daß es ausschließlich der Letztere, der  Tauschwert,  ist, womit sich ADAM SMITH in seinem ganzen Werk beschäftigt, und daß darin der große Fortschritt besteht, den die öffentliche Wirtschaftslehre mit seiner Hilfe gemacht hat, diejenige Wissenschaft, welche vielleicht unter allen auf das Wohl der Menschheit vom unmittelbarsten Einfluß ist. In der Tat, es war der  Wert,  diese unkörperliche Eigenschaft, wodurch die Dinge  Güter  oder  Vermögensteile  wurden, eine unbestimmte und von den Meinungen abhängige Eigenschaft, welche ein Jeder willkürlich hoch oder niedrig stellte, je nach der Schätzung, welche er von den Dingen machte. Allein von dem Augenblick an, als man bemerkte, daß dieser Wert anerkannt und zuerkannt sein muß, wenn eine Sache wirklich Vermögen werden soll, hatte die Wissenschaft fortan eine feste Grundlage: den  laufenden  oder  Tauschwert  der Dinge, welchen man  laufenden Preis  nennt, wenn seine Schätzung in landüblichem Geld geschieht. Stellt man Untersuchungen an über diesen Wert, darüber was ihn hervorbringt, was ihn verändert, so bewegt man sich ebensowenig in bloßen Vorstellungen und Begriffen, wie zwei Erben sich in Vorstellungen und Begriffe teilen, nachdem sie ein Erbverzeichnis aufgestellt haben. - - - Ich kann nicht umhin hier zu bemerken, daß diese Notwendigkeit der Bestimmung des Wertes der Dinge durch denjenigen Wert, welchen man im Tausch, den man damit machen will, für dieselben bekommen kann ,den größten Teil der Schriftsteller vom eigentlichen wahren Gegenstand wirtschaftlicher Untersuchungen hinweg geleitet hat. Man hat den Tausch als die Grundlage des Gesellschaftsvergnügens angesehen, während derselbe doch in Wirklichkeit nichts dazu tut. Zwei Werte, welche man gegeneinander vertauscht, ein Maß Getreide und eine Schere, waren bereits schon verfertigt, ehe sie in den Tausch kamen; das in ihnen steckende Vermögen ist schon vor allem Tausch vorhanden; und obwohl die Tauschgeschäfte in der Gesellschaftswirtschaft eine große Rolle spielen, obwohl dieselben unumgänglich notwendig sind, damit die Erzeugnisse zu ihren Verbrauchern gelangen, so besteht dennoch die Hervorbringung oder der Verbrauch der Güter durchaus nicht in den Tauschgeschäften. Es gibt viele Güter, welche hervorgebracht, ja selbst vertilt werden, ohne wirklichen Tausch. Wenn ein Großpflanzer von Kentucky das Getreide seiner Felder und das Fleisch seiner Herden unter seine Familie und sein Gesinde verteilt, wenn derselbe die Wolle oder Baumwolle, welche er zieht für seinen Gebrauch in eigenen Haus spinnen und verweben läßt, und wenn er sich seine Pfirsiche selbst destilliert, um sich sein eigenes Getränk zu bereiten, so schafft und verzehrt er und die Seinigen Güter, welche niemals in den Tausch gekommen sind. - - - Der Tauschwert einer Sache, selbst wenn gar kein Tausch damit zustande kommt, ihr Kaufwert, das heißt der Wert, welchen sie haben würde, im Falle daß man es für gut hielte, sie zu verkaufen, reicht doch hin, um sie zum Vermögen zu machen, wenn auch gar kein Verkauf stattfindet. So kennt ein Handelsmann sein Vermögen aus dem Verzeichnis, welches er über seinen Gewerbestock macht, ohne daß er denselben zu verkaufen im Sinn hat."
    2) Hierzu bemerkt SAY (a. a. O. Bd. 1, Seite 8-10) folgendes: "Herr RICARDO scheint mir hier nur Eines von den Elementen des Wertes der Dinge zu beachten, nämlich die Arbeit, oder, um genauer zu reden, den Belauf der Aufopferungen, welche man machen muß, um sie hervorzubringen. Das erste Element, die eigentliche wahre Grundlage des Wertes, die Nutzbarkeit ist es, welche die Nachfrage nach einer Sache veranlaßt. Auf einer anderen Seite veranlassen die zu ihrer Hervorbringung zu machenden Aufopferungen, mit anderen Worten: die  Hervorbringungskosten,  ihre Seltenheit; diese beschränken die Menge derjenigen Sache, welche zum Austausch angeboten wird. Ihr Wert hebt sich  umso mehr,  je mehr sie begehrt und je weniger sie angeboten wird, derselbe erhebt sich aber  umso weniger,  je weniger sie begehrt und je mehr sie angeboten wird. Dieses Grundgesetz ist eine Grundlage der öffentlichen Wirtschaftslehre (Traite d'Economie politique, Buch II, Kap. 1). Nicht die Hervorbringungskosten  allein  sind es demnach,was Herr RICARDO, nach ADAM SMITH, den  natürlichen Preis  einer Sache nennt, welche deren Tauschwert, deren laufenden Preis, wenn man diesen Tauschwert in Geld ausdrücken will, regelt. Sollte sich, wenn die Hervorbringungskosten steigen, der Tauschwert ebenfalls erhöhen, so müßte notwendig das Verhältnis von Angebot und Nachfrage dasselbe bleiben, es müßte die Nachfrage ebenfalls steigen; und es ist eine Tatsache, daß sie abnimmt; es ist auch gar nicht anders möglich, als daß sie unter übrigens gleichen Umständen abnimmt. Der Tauschwert kann also nicht wie die Hervorbringungskosten zunehmen. Dadurch, daß Herr RICARDO diese feststehende Tatsache, und demzufolge jenes Grundgesetz aus den Augen verlor, ließ er sich, wie ich glaube, zu einigen Irrtümern verleiten, welche zu enthüllen ich mir zum Besten der Wissenschaft die Freiheit nehmen werden, ohne mich der Rücksichten zu entheben, welche der Verfasser wegen seiner persönlichen Eigenschaften ebenso wie wegen seiner Talente verdient."
    3) Hierzu bemerkt SAY (a. a. O., Bd. 1, Seite 11-12) Folgendes: "Die Wahrheit ist, daß, da der Wert der Dinge eine mit der Zeit wesentlich veränderliche Eigenschaft ist, der Wert einer Sache (wäre es auch jener der Arbeit) nicht als Maßstab für den Wert einer anderen Sache dienen kann, es sei denn für eine gegebene Zeit und einen gegebenen Platz. Daher kommt es, daß es an jedem Platz mit jedem Tag einen neuen laufenden Preis der Waren und einen neuen Wechselkurs gibt (der nichts anderes als der laufende Preis der verschiedenen Münzen ist). Ein unveränderlicher Maßstab der Werte ist eine reine Einbildung, weil man die Werte nur wieder mit Werten, d. h. mit einer wesentlich veränderlichen Größe messen kann. Daraus folgt nicht, daß der Wert etwas Eingebildetes ist; er ist dies nicht mehr als die Wärme der Körper, welche sich nicht besser fassen läßt."
    4) Hierzu macht SAY (a. a. O., Bd. 1, Seite 13) folgende Anmerkung: "Herr RICARDO nimmt keine Rücksicht auf die Ursache, wegen welcher der Wert des Getreides unveränderlicher sein mußte, als der einer jeden anderen Ware. Da die Bevölkerung des ganzen Landes beständig im Verhältnis der Unterhaltsmittel steigt und fällt, indem das Verhältnis zwischen der hervorgebrachten Menge von Getreide (wie groß man sie auch annehmen man) und der begehrten sich gleich bleibt, so mußte der Tauschwert ebenfalls der nämliche bleiben. Das Getreide ist ein Erzeugnis, welches bei seiner Erscheinung seine Verzehrer schafft, und durch sein Verschwinden dieselben vernichtet. Dasselbe kann man vom Gold nicht sagen."
    5) Hierzu bemerkt SAY (a. a. O., Bd. 1, Seite 16-17) folgendes: "Dieser Maßstab würde indessen nicht unveränderlicher sein, als der Wert der Arbeit selbst, der allen Veränderungen unterliegt, welche vom Verhältnis zwischen der Menge der angebotenen und begehrten Arbeit herrühren, von einem Verhältnis, welches nach Zeit, Ort und nach dem Preis der Lebensmittel wechselt."