ra-2 J. WolfA. Schäffle    
 
KARL RODBERTUS
Zur Erkenntnis unserer
staatswirtschaftlichen Zustände


"Es ist klar, wie sehr es mir auf den Beweis ankommen muß, daß der Arbeitslohn nicht vom Kapital bezahlt wird, sondern, genau mit den Renten auf gleicher Linie stehend, mit diesen zugleich ein Anteil am Produkt und deshalb am Einkommen derselben Periode ist, daß Malthus also Unrecht hat, wenn er spottet: anstatt den Arbeitslohn als das Barometer des Kapitals anzusehen, das zur Unterhaltung der Arbeiter vorhanden sei, betrachtet man ihn als etwas, was hauptsächlich von seiner Majestät den Friedensrichtern abhänge. Denn, wird der Arbeitslohn aus dem Kapital bezahlt, so kann er schlechterdings nicht über die Grenzen dieses Kapitals erhöht werden, ohne die ganze Nationalproduktion und den ganzen Nationalwohlstand an der Wurzel zu verletzen, und diejenigen haben Recht, die bei einer Produktivkraft, die wegen ihrer Intensität die einen in Überfluß und Verlegenheit setzt, zugleich den andern zureden, es sei notwendig, daß sie hungerten. Wird er abr aus dem Nationaleinkommen bezahlt, so kann er vermehrt werden, ohne das Kapital anzutasten, und zwar - wenn man es anzufangen weiß - entweder so, daß der Lohn auf Kosten der Renten erhöht wird, oder - und dies wird mein Vorschlag sein - so, daß ohne die Renten zu verringern, Vorkehrungen getroffen werden, die Arbeiter von jenen Fortschritten der Produktivität mit profitieren zu lassen, die, wo sich, wie heute, die Wissenschaft der Gewerbe bemächtigt hat, jeder folgende Tag bringt."

Vorwort

Das vorliegende Heft und zwei folgende bezwecken zur Erkenntnis und Heilung jener staatswirtschaftlichen Gebrechen unserer Zeit beizutragen, die von allen zugestanden werden, - von der Aristokratie wie vom Volk, von denen, welche die Vergangenheit zurückzuwünschen, wie von denen, welche die Gegenwart oder die Zukunft lieben, von denen, welche die Staatswirtschaft heute auf ihrem Höhepunkt wähnen, wie von denen, welche sie noch kaum für eine Wissenschaft halten. Indessen, alle scheinen mir diese Gebrechen mehr in ihrem äußerlichen Auftreten, ihren Symptomen - z. B. im Pauperismus, der Überproduktion usw. - beachtet, als die Natur und den Sitz des Übels erkannt zu haben. Letztere will ich im zweiten Heft klar zu machen suchen.

Bekannt sind auch die mancherlei Vorschläge zur Heilung, von denen an, welche, der ganzen Errungenschaft der modernen Rechtsidee mißtrauend, einer Flucht ins Mittelalter zurück gleichen, bis zu denen, die mit halsbrecherischem Sprung uns plötzlich in einen Zustand versetzen wollen, dem jedes Verbindungsglied mit dem heutigen fehlt. Auch "Organisation der Arbeit" wird angeraten; indessen ist dies vorläufig eine Phrase, bei der man in Verlegenheit sein dürfte, zu sagen, was man darunter versteht. Der Heilmittel, die ich im  dritten  Hefte in Vorschlag bringen werde, bin ich mir wenigstens klar bewußt. Dabei vermeiden sie die obengerügten Extreme: sie verwerfen nicht den heutigen sozialen Zustand, sondern nehmen ihn an als ihre notwendige, historisch begründete Voraussetzung, und sie treten dem Grund- und Kapital-Eigentum so wenig zu nahe, daß sie ihm vielmehr eine neue Stütze geben, indem sie es weniger drückend machen.

Allein alle, welche bisher zur Heilung jener Gebrechen mitgeraten haben, überheben sich der Arbeit, die Grundlehren unserer Wissenschaft einer neuen Revision zu unterwerfen. Sie nehmen dieselben an, wie die heutige Theorie sie bietet. Aber damit nehmen sie, wie mir dünkt, gleich eine Menge Irrtümer mit auf, die der Erkenntnis wie der Heilung jener Übel gleich sehr im Weg stehen. Ich wenigstens habe gefunden, daß ich bei meinen Untersuchungen auf volkswirtschaftliche Vorstellungen und Lehren stieß, die in der Wissenschaft fast für Dogmen gelten, und die mir doch nichts weniger wie gewiß schienen. Deshalb habe ich in diesem  ersten  Heft einige abstrakte Sätze zu beweisen suchen müssen, die von den üblichen Ansichten abweichen, die aber die notwendige theoretische Grundlage für meine praktischen Vorschläge bieten. Ihr Zusammenhang mit diesen letzteren wird allerdings erst im dritten Heft vollkommen klar werden, allein desto unbefangener wird das staatswirtschaftlich gebildete Publikum sie jetzt schon für sich prüfen können. Dabei wird man es ihnen vielleicht ansehen, daß sie nicht so vereinzelt, wie sie hier stehen, durchgedacht und durchgearbeitet, sondern aus einer eigentümlichen Anschauung des  gesamten  staatswirtschaftlichen Gebietes hervorgegangen sind; - und mir vielleicht Zeugnis geben, daß, wenn ich auch irren sollte, ich doch nicht leichtfertig an so schwierige Gegenstände gegangen bin.



I. Alle wirtschaftlichen Güter kosten Arbeit,
und kosten nur Arbeit.

Der Beweisführung dieses Satzes muß ich zwei Annahmen vorausschicken.

Erstens  ziehe ich nur materielle Güter in das Reich der Wirtschaft. Im Grunde tut dies jeder Staatswirtschaftslehrer, der auch im Anfang seines Werks beweisen will, daß immaterielle Güter dazu gehören, denn von diesen ist im Verlauf desselben nicht mehr die Rede. Auch müßte man bei dieser Ansicht, wollte man gründlich verfahren, statt der  Staatswirtschaft  die  Politik  im  weitesten  Sinne des Wortes schreiben; und man müßte z. B. die Rechtswissenschaft und die Theologie ebensogut bei den Erwerbswissenschaften behandeln, als die Landwirtschaft und die Technologie. Indessen hat niemand die Absicht, so zu verfahren, und man hat daher auch in Frankreich, wo jener Irrtum durch SAY besonders verbreitet ist, anfangen müssen, die "Chrematistik" [Reichtumslehre - wp] wieder als einen besonderen Teil auszuscheiden; aber nur die Chrematistik allein ist die Wirtschaftswissenschaft. Man kann in der Tat nachweisen, wie jener Irrtum sich eingeschlichen hat. Man weiß, was die Physiokraten produktiv nannten. ADAM SMITH bewies, "daß sie dieses Wort in einem  unschicklichen Sinn  gebrauchten", indem er sie bekanntlich in der Sache selbst nicht widerlegte. Er bewies jenes aus der  grammatischen  Bedeutung des Wortes, nach welcher dasselbe ebensogut von der Fabrikations- und Transportarbeit zu verstehen sei, als von der landwirtschaftlichen. Damit scheint aber SMITH vorausgesetzt zu haben, daß es sich von selbst verstehe, daß in einer Wirtschaftswissenschaft nur von den eigentlichen Reichtumsobjekten die Rede sein könne. Seine Nachfolger gingen indessen auf diesem Weg einer bloß grammatischen Erklärung des Begriffes weiter, und bewiesen nun mit ebensoviel Recht gegen SMITH, wie dieser gegen die Physiokraten, daß auch er dieses Wort in einem zu engen Sinn gebraucht habe. Indessen legten sie sich dabei nie die Frage vor, ob denn auch jede produktive Tätigkeit, jede Tätigkeit, die ein nützliches Resultat habe, schon  dadurch  eine wirtschaftliche, ihr Resultat ein Wirtschaftsobjekt werde, - eine Frage, auf die es doch allein ankommt. Bei SAY läßt sich diese auffallende petitio principii [es wird vorausgesetzt, was erst zu beweisen ist - wp] wörtlich nachweisen. Da wo er die  Produktivität  aller Tätigkeiten, die nützlich sind, beweist, fügt er in einer Anmerkung hinzu: "Also behauptet Graf BERRY mit Unrecht, daß die Ämter der Fürsten, der Staatsbeamten usw. nicht unmittelbar in die Sphäre von Objekten fallen, womit sich die  Nationalökonomie  beschäftigt". Es ist aber nicht die grammatische Bedeutung von Produktion und Produkt, welche über den Umfang der Staatswirtschaft entscheidet; - wenigstens bleibt man den Beweis dafür schuldig.

Zweitens  nehme ich an, daß "Sachen von Brauchbarkeit", "Sachen von Wert" (1) und "Güter"  nicht  identische Begriffe sind. Da eine allseitige Begründung dieses Satzes hier indessen nicht am Ort ist, so muß ich mich lediglich auf die Erklärung eines jeden dieser verschiedenen Begriffe beschränken. - "Brauchbarkeit" nenne ich die vom Menschen erkannte Tauglichkeit einer Sache, als Mittel zur Erreichung irgendeines Zwecks dienen zu können. Die Brauchbarkeit hat eine durchaus objektive Grundlage, die in der konkreten Eigenschaft der Sache besteht, und von der willkürlichen Vorstellung des Menschen völlig unabhängig ist. "Sachen von Brauchbarkeit" sind daher Sachen, an denen jene objektive Grundlage, auf ihre Weise als Mittel dienen können, erkannt ist. Allein sie sind nicht  mehr.  Ob der Mensch sich wirklich den Zweck vorgesetzt hat, zu dessen Erreichung sie nach ihrer objektiven Eigenschaft dienen  können,  wird in jenem Begriff nicht mit ausgesprochen. Dies geschieht erst im Begriff einer "Sache von Wert". Dadurch, daß der Mensch sich nun wirklich einen Zweck vorsetzt, den er durch ein dazu brauchbares Mittel nur erreichen kann, kommt er zu dieser Sache in jenes gleichsam abhängige Verhältnis, das Bedürfnis heißt, und die Sache gewinnt lediglich hierduch - als Bedurftes - jene Bedeutung, die "Wert" genannt wird. Der Wert ist nicht eine Qualität der Sache, sondern ihr  status,  in den sie infolge des Bedürfnisses nach ihrer objektiven Eigenschaft gesetzt ist. "Sache von Wert" ist daher ein engerer Begriff, als "Sache von Brauchbarkeit". Das Reich der letzteren ist nur der Spielraum, auf dem das Bedürfnis die Zahl der ersteren bezeichnet. Erst bei den Dingen von Wert beginnt die Freiheit der menschlichen Vorstellung, denn die Zwecksetzungen, in deren Gefolge lediglich die Bedürfnisse erscheinen, gehören seinem Willen an. Allein "Dinge von Wert" sind auch wieder nicht mehr, als  bedurfte  brauchbare Dinge. Um sie zu Gütern zu erheben, müssen sie in jene physische Unmittelbarkeit zum Menschen gesetzt sein, welche ihre Verwendung zur Erreichung jenes Zwecks gestattet, und die man den wirtschaftlichen Besitz nennen könnte. "Güter" sind  besessene  Dinge von Wert. Das Reich der "Güter" verhält sich zu dem der "Dinge von Wert", wie dieses zu dem der "brauchbaren Dinge". Wie unter den letzteren die menschliche  Vorstellung  die "Dinge von Wert" kreiert, so unter diesen die menschliche  Tätigkeit  die "Güter". Das Gut nimmt aber neben seinem eigentümlichen Kriterion, dem Besitz, auch die der Brauchbarkeit und des Werts in sich auf. Ihm darf keines dieser drei fehlen, wenn es nicht aus dem Reich der Güter wieder hinausfallen soll. In die Tiefe des Meeres verloren gegangen, hat es eben so aufgehört, ein Gut zu sein, als wenn das Bedürfnis danach für immer verschwunden oder auch seine objektive Tauglichkeit vernichtet worden ist.

Diese beiden Voraussetzungen werden durch eine richtige Auffassung des Begriffes von "Wirtschaft target="_blank"" bestätigt, mit welcher der Beweis unseres Satzes anfängt.

Wirtschaft ist die  Verwaltung vorhandener Güter  zum Zweck der möglich besten Befriedigung der Bedürfnisse. Sie nur als bloßes "Streben" zu solchen Zwecken zu bezeichnen, ist ungenau. Wer nichts hat und sich nun eine Frucht pflückt, wirtschaftet nicht, sondern arbeitet. Erst, wenn er das Erarbeitete  hat,  beginnt die Wirtschaft, kann er haushälterisch oder verschwenderisch damit umgehen, die wirtschaftlichen Zwecke gut oder schlecht fördern. - Es ist hier nicht der Ort, diese Beschränkung des Begriffs gründlicher nachzuweisen, aber es fällt nicht schwer, zu zeigen, wie jede wirklich  wirtschaftliche  Tätigkeit im Begriff nur einer  Verwaltung von Vorhandenem  aufgeht, und jene Beschränkung namentlich bei einer natürlichen Einteilung des wirtschaftlichen Gebietes in Produktionswirtschaft, Staatswirtschaft und Konsumtions- oder Hauswirtschaft überall Stich hält.

Wie aber in dieser Beschränkung ein neuer Beweis für die Materialität der wirtschaftlichen Güter gegeben wird, so liegt im  vernünftigen Grund  einer solchen Verwaltung der Beweis dafür, daß unter den materiellen Gütern nur  die  wirtschaftliche sind, welche  Arbeit  kosten.

Der Mensch würde sich die Mühe der Wirtschaft nicht geben, wenn er entweder gar keine Bedürfnisse hätte und also auch keine Güter, sie zu befriedigen, gebrauchte, oder wenn sich dieselben in so unbeschränktem Maße  und  in der ohne sein Zutun erxistierenden Unmittelbarkeit darböten, wie es atmosphärische Luft und Sonnenlicht tun. Wozu auch im letzteren Fall eine Verwaltung der immerdar, in nie erschöpfender Fülle, von selbst vorhandenen Güter? Sie wäre ebenso unnötig, wie eine Wirtschaft über Luft und Licht. Aber es gibt sehr wenig materielle Güter, welche die Natur in eine solche Unmittelbarkeit zum Menschen gestellt hat, daß nur seine organischen Funktionen stattzufinden brauchen, um sie zu genießen.  Alle sind fast ursprünglich außerhalb dieser Unmittelbarkeit, und sind in dieselbe nur durch eine Tätigkeit des Menschen zu versetzen.  Diese Tätigkeit ist allerdings an  Intensität  verschieden. Sie erstreckt sich von der einfachsten Handlung der Okkupation, vom bloßen Handausstrecken nach einer Frucht oder dem Aufheben eines Steins bis zu jener komplizierten Kraftanstrengung, die eine Dampfmaschine produziert, sie kommt aber notwendig bei all den materiellen Gütern vor, die ursprünglich nicht in jener natürlichen Unmittelbarkeit zum Bedürfenden stehen, sie ist sich ferner ihrer  Natur  nach in all jenen verschiedenen Graden gleich, denn sie ist überall Unterwerfung und Dienstbarkeit der menschlichen Kraft und Zeit unter den Zweck der Aneignung einer bestimmten Sache, sie ist deshalb überall Opfer und Zwang seiner Willkür, sie ist mit einem Wort überall -  Arbeit

Damit springt aber auch der alleinige vernünftige Grund der Wirtschaft in die Augen. - Denn der Mensch hat unendlich viele, immer neu wieder erwachende Bedürfnisse, zu deren Befriedigung nur materielle, außer seinem Besitz und meistens noch nicht in der gehörigen objektiven Tauglichkeit befindliche, durch die Befriedigung selbst aber immer wieder vernichtete Mittel dienen können. Sich in den Besitz solcher Mittel zu setzen, hat er aber ursprünglich nichts, als  beschränkte Zeit.  Welch natürliches Mißverhältnis also ursprünglich zwischen der Unendlichkeit und Unersättlichkeit seines Begehrungsvermögens und seiner Arbeit! Wie viel zu tun mit dieser! Welche Vergeudung seiner Freiheit, die Frucht dieser Arbeit so zu verwalten, daß sie nicht so vollkommen, wie möglich den Zweck erfüllt, um den sie erarbeitet ist! Um wieviel vergrößert dann jenes Mißverhältnis, wenn es sich noch kurz vor der vollkommenen Erfüllung des Zwecks zeigt, daß der mühsame Weg seiner Erreichung ganz oder zum Teil umsonst zurückgelegt ist! - Hier ist also der Grund jeder Wirtschaft. - Wie aber eine solche Verwaltung im Interesse des Menschen nur notwendig ist,  weil  die eben besprochenen Gründe da sind, so ist sie auch nur notwendig,  wo  diese da sind, mit anderen Worten,  der Grund der Wirtschaft steckt auch die Grenzen ihres Objektes ab.  Nur dann wäre diese Begrenzung wirtschaftlicher Güter unhaltbar, wenn es eine solche gäbe, die ohne irgendeine Tätigkeit des Menschen in jener der Verwendung notwendig vorangehenden Unmittelbarkeit zu ihm ständen,  und  doch ihrer Quantität nach so beschränkt wären, daß er aus diesem Grund damit haushalten müßte. Solche Güter indessen gibt es nicht. - Nur Güter, die Arbeit kosten, sind daher wirtschaftliche Güter. -

Es gibt aber auch nichts, was die Güter außer der Arbeit noch kosteten, oder, die Arbeit ist das  einzige  Element in der Entstehungsgeschichte der Güter, welches unter dem Gesichtspunkt ihrer  Kosten  aufgefaßt werden kann. Man muß sich nur den Begriff von "kosten" klar machen. In ihm liegt mehr, als daß etwas zur Hervorbringung eines andern nur nötig ist. Wesentlich gehört dazu, sowohl, daß ein Aufwand gemacht ist, der deshalb nicht mehr für anderes zu machen ist, als auch, daß er von einem Subjekt gemacht wird, das durch Unwiederbringlichkeit des Aufwandes  getroffen  wird. Im letzteren liegt, daß nur den Menschen etwas kosten kann.

Diesen beiden Kriterien des Begriffs entspricht nun die vom Menschen aufgewendete Arbeit, um sich materielle Güter anzueignen, vollkommen. - Diese sind ganz oder in ihren Bestandteilen, ursprünglich außer dem Besitz des Menschen. Wenn sie schon ihre vollkommene objektive Tauglichkeit haben, befinden sie sich in der Natur; wenn ihnen diese noch fehlt, zum Teil in der Natur, zum Teil im Geist. Wie jene dann nur Behälter des Materials ist, ist dieser Behälter der Güterformen, mit denen der Mensch die Natur suppliert. Beide Reiche sind wirtschaftlich als gegeben und vorliegend zu betrachten. Ihrem Reichtum oder ihrer Armut gegenüber steht nun der Mensch mit seiner Arbeit. Deren Aufwand ist schlechterdings notwendig, um die tauglichen Sachen aus der Natur herüberzuholen oder die in ihr und dem Geist zerstreuten Bestandteile zu verbinden und sich anzueignen: ihr Aufwand ist mit einem Wort notwendig, um Güter herzustellen. Aber der Aufwand, den jedes Gut verursacht hat, ist für kein anderes weiter aufzuwenden. Durch ihn wird ferner keiner sonst getroffen, als der Mensch, denn er besteht aus  seiner Kraft  und  seiner Zeit,  und beide sind beschränkt der endlosen Reihe von Gütern gegenüber.

Wenn hiernach das Gut dem Menschen ohne Zweifel die aufgewendete Arbeit  kostet,  so gibt es doch ferner in der Entstehungsgeschichte der Güter  nichts anderes,  was noch, außer ihr, in einer solchen Beziehung zum Menschen stände, daß man davon sagen könnte, es "koste" ihm dies, um sich ein Gut anzueignen. Es ist freilich nicht zu leugnen, daß zur Produktion eines Guts noch ein anderes  nötig  und  tätig  ist. Es ist Material dazu nötig und dies leiht die Natur dazu, und es ist, wo die objektive Tauglichkeit in der Natur noch nicht komplett ist, die Idee derselben dazu nötig, und diese leiht der Geist dazu. Es sind ferner Natur und Geist bei der Produktion tätig; jene, weil ihre Kräfte, im Dienst der Arbeit, die Umwandlung oder Aneignung des Stoffs vollbringen helfen, dieser, weil er fortwährend der Arbit den Weg zu zeigen hat. Allein in jeder dieser beiden Beziehungen fehlen dem Anteil der Natur und des Geistes die Kriterien des "Kostens". Der Anteil des Geistes an der Produktion ist nie ein Aufwand. Die Idee, die er zum Gut leiht, ist so wenig beschränkt und vernutzbar, als seine Leitung der Arbeit. Beide sind nach wie vor dieselben geblieben. Dasselbe ist bei der Natur insofern der Fall, als ihre Kraft in der Produktion  tätig  auftritt. Sie ist in dieser Beziehung ebenfalls unendlich und unzerstörbar: die Kraft, welche die erforderlichen Substanzen zu einem Getreidekorn zusammenbildet, ist immer im Gefolge dieser Substanzen. Das Material, was die Natur zu  einem  Gut leiht, ist allerdings so lange nicht zu einem zweiten zu verwenden. Allein man müßte die Natur personifizieren, und von  ihren  Kosten sprechen, wollte man deshalb überhaupt von Kosten sprechen. Das Material ist kein Aufwand, den der  Mensch  für das Gut macht; Kosten des Gutes sind für uns aber nur diejenigen, welche  dieser  hat.

Indessen sind noch einige Einwürfe zu widerlegen:

Erstens:  Man könnte einwenden wollen, daß der Besitzer eines Waldes, auf dem das Material zu Werkzeugen genommen würde, oder des Ackers, der in der jedesmaligen Getreideproduktion eine Menge Stoff abgibt, um welche er ärmer wird, - daß der Besitzer eines solchen Materials, auf das in diesem Zustand noch keine Arbeit verwandt worden, wohl mit Recht sagen könnte: es  koste  ihm das Gut, was die Arbeit des Fällens, Beschlagens usw. aus dem Holz seines Waldes produziert, oder, was die Bestellungsarbeit des Feldes aus den im Boden vorhandenen Urstoffen hervorbildet,  außer  dieser produzierenden Arbeit noch das  Material selbst,  da es, zu  einem  Gut verwendet, nicht mehr zu einem andern zu verwenden ist, und es sich also als Aufwand darstellt, durch den er, der Besitzer, getroffen wird. Allein dieser Einwurf beruth, wirtschaftlich genommen, auf einer Fiktion, weil man nämlich ein Verhältnis des positiven Rechts zu einer staatswirtschaftlichen Grundlage macht, da doch zu dieser nur statthafte  natürliche  Verhältnisse dienen können. (2) Der Irrtum liegt im Wort "Besitzer". Man nimmt an, daß der (rechtliche) Besitzer eines Waldes oder Grundstücks, als solcher, schon das Holz oder die Urstoffe  hat,  oder, daß das Holz und die Urstoffe schon ansich, vermöge jenes juristischen Habens, und ohne, daß  insoweit  noch Arbeit dazu nötig wäre, Güter jenes Besitzers sind. In der Tat hat man Recht das anzunehmen, aber nur unter den heutigen positiven Verhältnissen und vom rechtlichen Standpunkt aus. Die Sache stellt sich sogleich anders, wenn man das Grundeigentum aufhebt, und die Ausschließlichkeit des Eigentums nur bei den Sachen statuiert, die und insoweit sie durch Arbeit in den wirklichen und natürlichen Besitz genommen sind, d. h., wenn man entweder nur einen wirtschaftlichen Besitz anerkennt, oder auch nur zum rechtlichen erhebt. Dann fällt sogleich das Holz und die Urstoffe, so weit sie noch nicht der Arbeit unterlegen haben, aus dem Bereich des "Gehörens" und des "Besessenwerdens" heraus. Beides gehört dann nur so weit einem Besitzer, als es durch  wirklich Arbeit  angeeignet ist, aber deshalb kostet das Gut bei der Zugrundelegung dieses natürlichen Verhältnisses, dem Menschen auch nicht noch das Material ansich, sondern nur das Material,  insofern  und  insoweit  es Produkt der Arbeit ist, d. i. aber die Quantität Arbeit, die es gekostet hat, allein.

Zweitens:  Man könnte einwenden wollen, daß die aufgestellte Behauptung nur solange richtig sei, als daß erste ursprüngliche Verhältnis des Menschen zur Güterwelt existiert, nur solange, als der nackte Mensch den Quellen der Güter, der Natur und dem Geist, gegenüber steht, daß sie aber, mit der Veränderung dieses Verhältnisses, wenn er wirtschaftlich fortgeschritten ist und namentlich einen Gütervorrat hat, auf dessen Grund er weiter produziert, unrichtig würde, weil von nun an die Güter, außer der Arbeit, noch den aufgewendeten Teil des Gütervorrats kosteten. Allein dieser sekundäre Zustand läßt sichauf den ursprünglichen zurückführen. - Der isolierte Mensch kann einen Gütervorrat haben, der folgende Bestandteile enthält:
    a) das vorhandene Material;
    b) die vorhandenen Werkzeuge; (3)
    c) die vorhandenen unmittelbaren Güter, von denen der Mensch leben will und die er während der Produktion verzehrt.
Die Frage ist nun. kostet,  außer  der unmittelbaren Arbeit, welche jemand bei der Produktion eines Gutes aufwendet, dieses noch das Material, was auch dabei verwandt wird, das Werkzeug, insoweit es dabei vernutzt, und den Unterhalt, der dabei verzehrt wird? Hinsichtlich der ersten beiden Bestandteile ist sie zu bejahen: aber dieser Aufwand läßt sich genau in Arbeit auflösen. Beim letzten ist sie zu verneinen: denn der verzehrte Unterhalt ist gar nicht als Aufwand für das Gut, während dessen Produktion er verzehrt wird, anzusehen.

ad a) Natürlich kommt das Material hier nur so weit in Betracht, als es durch Arbeit in Besitz genommen ist. Daß das Material  ansich  nicht zu den Kosten des Gutes gerechnet werden kann, ist schon oben gezeigt. - Das Material ist nun nichts,  als das gut selbst auf irgendeiner seiner Stufen vor der Vollendung.  Diese Stufen sind willkürlich. Bei der Teilung der Arbeit setzen sie bei der Änderung des Gewerks ab. So ist auch, vor der Teilung der Arbeit, für jede zur Vollendung des Gutes weiter notwendige Arbeit, das bis dahin durch die vorangegangene Arbeit hergestellte Produkt das Material. Es ist das im Werden begriffene Gut selbst. Aber darum ist auch jeder Zeit der Aufwand an Material genau der Aufwand derjenigen Arbeit, die das Material gekostet hat, und ein Gut, das aus einem gewissen Material gefertigt wird, kostet, auf den richtigen Ausdruck gebracht, nicht diese unmittelbar fertigende Arbeit + dem Material, sondern jene + der Arbeit, die das Material gekostet hat, d. h. die jetzige und die frühere Arbeit oder überhaupt nur Arbeit.

ad b) Mit den Werkzeugen, die dem Menschen die Natur verliehen, Händen, Zähnen, würde er in der Güterproduktion nicht weit kommen. Er wappnet sich also mit künstlichen Werkzeugen. Diese künstlichen Werkzeuge haben ursprünglich, da der Mensch nackt geboren wird, wieder nichts als Arbeit gekostet. Die Frage ist nun: kostet, wen der Mensch von nun an mit Werkzeug an die Produktion eines Gutes geht, dieses, außer der unmittelbaren Arbeit, durch welche das Werkzeug gehandhabt wird, auch noch den Teil des Werkzeugs, der durch die Produktion dieses Gutes abgenutzt wird? Und die Antwort ist: allerdings, aber der Aufwand, der in dieser Abnutzung des Werkzeugs liegt, läßt sich ebenfalls auf Arbeit reduzieren. Er ist = der Quantität Arbeit, die als Teil der  ganzen  Arbeit, welche das Werkzeug gekostet hat, mit dessen abgenutztem Teil im Verhältnis steht. Hat z. B. ein Werkzeug  n  Arbeit gekostet, und dient es dazu, ehe es völlig vernutzt ist,  o  Güter  x,  jedes in  m  unmittelbarer Arbeit, herzustellen, so kostet  x = m + n / o  Arbeit. Denn die Arbeit, die das Werkzeug herstellt, ist nur als der Anfang  der  Arbeit anzusehen, welche das Gut, auf das es eigentlich ankommt, kostet. Es ist nur eine bestimmte bessere Art der Produktion des eigentlichen unmittelbaren Gutes, vorher ein Werkzeug zu arbeiten, und dann damit weiter zu arbeiten, als, ohne vorher an die Arbeit des Werkzeugs zu gehen, gleich mit der Arbeit am eigentlichen Gut zu beginnen. Aber deshalb, weil das Werkzeug nur des Gutes wegen gearbeitet wird, zu dessen Produktion es dienen soll, so wird die Arbeit, die das Werkzeug gekostet hat, oder dieser so geartete Anfang der Arbeit des eigentlichen Gutes, auf das es ankommt, diesem mit Recht in Rechnung gestellt: wird das Werkzeug  ganz  vernutzt, auch  ganz,  wird es zum  Teil  vernutzt, im Verhältnis dieses  Teils. 

ad c) Da sich demnach die Unterhaltsmittel notwendig in Arbeit auflösen lassen müssen, so würden auch diese dem Satz, daß die Güter nur Arbeit kosten, nicht im Wege sein, wenn sie nämlich überall nur als Aufwand oder Kosten des Gutes anzurechnen wären. Daß das nicht sein kann, fällt im ursprünglichen Verhältnis vor Teilung der Arbeit besonders in die Augen. Man braucht nur zu fragen, ob der Mensch die Güter erarbeitet, um davon zu leben, oder ob er das letztere tut, um Güter zu erarbiten? Man kann über die Antwort nicht im Zweifel sein. Dann aber beginnt mit jeder neuen Produktion auch ein neues selbständiges Kostenverhältnis, mit dem die Einkommensgüter die früheren Produktionsperiode nichts zu tun haben. - Wir werden indessen weiter unten noch einmal auf diesen Bestandteil eines Gütervorrats zurückkommen.

Drittens  könnte man einwenden wollen, daß sich nach Einführung der Teilung der Arbeit und des rentierenden Eigentums (4) dieses natürliche Verhältnis änderte, weil der größte Teil dieses Gütervorrats dann anderen als dem Arbeiter gehört. Allein diesem Einwand kann man schon mit der Frage begegnen, ob es denn möglich ist, daß Verhältnisse, welche lediglich die allgemeine Form der Produktion oder die Verteilung des Produktes betreffen, das natürliche Produktionsverhältnis des Menschen zum Gut, aus dem sich allein das Kostenverhältnis ergibt, alterieren können? Wenn nämlich vor der Teilung der Arbeit und der Existenz des rentierenden Eigentums jeder die Güter, die zu seinem Einkommen dienen, von Anfang bis zu Ende  allein produziert  und auch  allein einnimmt und verzehrt,  so ändert die Teilung der Arbeit nur so viel, daß nun verschiedene Arbeiter nacheinander an demselben Gut arbeiten, das rentierende Eigentum nur so viel, daß dem Arbeiter nur ein Teil des Produkts zufällt, der Rest den Rentiers und Unternehmern zufließt. Beides kann aber weder die Natur der Arbeit noch deren Verhältnis zur Güterproduktion ändern.

Indessen ist man für den heutigen Zustand selbst so weit gegangen, nicht bloß den Arbeitslohn, sondern selbst Renten und Profit zu den Kosten des Gutes zu rechnen. Diese Ansicht verdient daher eine ausführliche Widerlegung. Ihr liegt zweierlei zugrunde:
    a) eine schiefe Vorstellung von Kapital, in welcher man den Arbeitslohn in gleicher Weise zum Kapital rechnet, wie Material und Werkzeuge, während er doch nur mit Renten und Profit auf gleicher Linie steht;

    b) eine Verwechslung der Kosten  des Gutes  mit den Auslagen des Unternehmers oder den Kosten  des  Betriebes.
ad a) Man pflegt sich nach dem Beispiel ADAM SMITHs den Begriff des Kapitals abzuleiten: Wenn der isoliert wirtschaftende Mensch einen Vorrat von Material und Werkzeug besitzt, aus dem und mit denen er weiter produziert und einen Vorrat von Unterhaltsmitteln, von dem er, während jener weiteren Produktion, lebt, so besitzt er Kapital oder einen dem heutigen Kapital analogen Vorrat. In Teilung der Arbeit müssen nun ebenfalls zu jeder Unternehmung Material und Werkzeuge, woraus und womit produziert wird, wie auch ein Vorrat von Mitteln vorhanden sein, aus dem der Arbeiter sich während der Produktion unterhält,  oder aus dem er dafür entlohnt wird,  denn in Teilung der Arbeit gehört jener Vorrat in der Regel einem anderen, als dem Arbeiter. Folgerecht steht daher der Arbeitslohn jeder Unternehmung, als ein ebenso notwendig vorhandener Vorrat dazu wie Material und Werkzeuge, mit diesen auf gleicher Linie. - Allein in dieser Deduktion sind nicht mehr wie drei bedeutende Irrtümer.

1. Es scheint unpassend zu sein, den Vorrat von  unmittelbaren  Gütern, den ein isoliert wirtschaftender Mensch besitzt, zu seinem Kapital oder zu seinem dem heutigen Kapital analogen Vorrat zu rechnen. Allerdings stehen Material und Werkzeuge in wirklicher Kapitalbeziehung zum Produkt. Sie sind nur produziert, um daraus und damit dieses zu produzieren, und letzteres wird immer im Verhältnis zum Umfang und der Beschaffenheit von jenem stehen. Sie sind somit gleichsam der Stamm, auf dem das neue Produkt durch die Arbeit hervorgetrieben wird. Allein alle Unterhaltsmittel sind nur produziert, damit davon gelebt werde,  nicht,  damit sie die Kraft geben, weiter zu produzieren. Sie sind das  Einkommen  der Periode, in welcher sie hergestellt sind. Überdies kann der Begriff eines Kapitals nur im Gegensatz des Begriffs von Einkommen oder Nettoprodukt aufgefaßt werden. Wollte man aber die Unterhaltsmittel, gleich wie Material und Werkzeug, als Kapital betrachten, so würde es für den isoliert wirtschaftenden Menschen gar keine anderen Güter als Kapital geben, denn alles Produkt ist entweder unmittelbares Gut - Unterhaltsmittel, - oder mittelbares Gut - Material und Werkzeug.

2. Es ist, auch im Zustand derTeilung der Arbeit und beim Beginn einer Produktion, gar kein naturaler Vorrat von Unterhaltsmitteln,  aus dem erst der Lohn für die folgende Produktion bezahlt werden soll,  vorhanden, mit anderen Worten, der Arbeitslohn wird gar nicht aus einem schon bei Beginn der Arbeit vorhandenen Vorrat von Unterhaltsmitteln bezahlt. Arbeitslohn ist vielmehr ein Anteil am Produkt, also selbst Produkt der Periode, für welche entlohnt wird. Es wäre die größte wirtschaftliche Verschwendung, wenn beim Beginn einer Produktion schon der Arbeitslohn dafür in naturalen Gütern vorhanden wäre. - Dagegen ist es die folgenreichste Eigentümlichkeit der Teilung der Arbeit,  daß in allen Gewerken zu gleicher Zeit gearbeitet wird.  Während auf der untersten Produktionsstufe immerwährend Material aus der Erde geholt wird, auf einer folgenden immerwährend das Material zum Halbfabrikat umgeschaffen wird, werden gleichzeitig immerwähren auf der letzten die Einkommensgüter vollendet. Während also in irgendeiner Unternehmung, in welcher ganz andere Güter als Unterhaltsmittel hergestellt werden mögen, die Arbeiter einen Tag, eine Woche oder einen Monat arbeiten, werden nebenan, während desselben Tages, derselben Woche oder desselben Monats die Unterhaltsmittel vollendet.  Diese gleichzeitig hergestellten Unterhaltsmittel sind es, mit denen der Arbeit entlohnt wird.  Was aber das Resultat derselben Periode ist, ist Produkt derselben Periode, oder schlechthin Produkt im Gegensatz von Kapital,  und es werden also die Arbeiter nicht aus dem Kapital, aus einem beim Beginn der Arbeit schon vorhandenen Vorrat, sondern aus dem eigenen Produkt, oder, wenn dies nicht selbst in Unterhaltsmitteln besteht, infolge der Teilung der Arbeit und des Tausches, doch aus Unterhaltsmitteln entlohnt, die Produkt derselben Periode sind, für welche sie ihren Lohn empfangen.  - Man muß sich vor allem den ununterbrochenen rastlosen Fluß gleichzeitiger Güterproduktion während der Teilung der Arbeit klar machen, um eine richtige Einsicht in das Verhältnis des Arbeitslohns zu gewinnen.

3. Allerdings ist auch im Zustand der Teilung der Arbeit, beim Beginn einer Produktionsperiode, für welche vom Lohn der darin geschehenen Arbeit die Rede ist, ein Vorrat von Unterhaltsmitteln vorhanden, nämlich derjenige, von welchem der Arbeiter während seiner Arbeit lebt.  Allein dieser Vorrat ist nicht ein solcher, aus dem er für die in Rede stehende Arbeit entlohnt wird.  Er ist vielmehr schon als Verbrauchsvorrat in den Händen der Arbeiter vorhanden und stammt als Einkommen aus der vorangehenden Periode, für welche er zu seiner Zeit Lohn, aber ebenfalls nur als Anteil am Produkt, war.  Dieser  Vorrat ist demjenigen Vorrat von Unterhaltsmitteln analog, den der isoliert wirtschaftende Mensch besaß, und der ebenfalls Einkommen, aber nicht Kapital zu nennen war. Denn so wie etwas Einkommen ist, so hörte es auf, Kapital zu sein. -  Der Arbeiter wird immer nach der Arbeit entlohnt,  und es frägt sich eben, oder  der  Arbeitslohn, der dem Arbeiter für irgendeine Produktion bezahlt wird, zum  Kapital dieser  Produktion gehört.

Diese Einwürfe wird eine aus der Natur geschöpfte Darstellung des Verhältnisses des Arbeitslohns bestätigen.

Der Unternehmer hat heute ursprünglich in einer Geldsumme die Anweisung auf einen beliebigen Güterfond, ein noch indifferentes Kapital. Er entschließt sich daraufhin zu einem bestimmten Betrieb, und verwandelt seine Anweisung in das angemessene Material und die nötigen Werkzeuge. Diese müssen jedenfalls vorrätig sein, und sind Kapital in dem Augenblick, wenn der Arbeiter die Produktion beginnt. Dieser wird indessen nie  vor  der Arbeit entlohnt, sondern nachdem er sie verrichtet oder ein Produkt geliefert hat, mag dieses auch, selbst in Bezug auf den vorliegenden Betrieb, noch nicht ganz fertig sein. - Nun sind zwei Fälle möglich. Entweder geht der Betrieb seiner Natur nach so rasch, daß, wenn die Lohnzeit kommt, der Unternehmer schon aus dem Erlös des Produkts die Arbeiter befriedigt, oder, was häufiger geschieht, die Lohnzeit kommt früher, als das Produkt ganz fertig oder umgesetzt ist. Im ersten Fall bedarf der Unternehmer in seinem Unternehmungsfond nichts zur Löhnung, er bedarf ihn nur in der das nötige Material und die Werkzeuge repräsentierenden Größe. Im zweiten Fall bedarf er ihn umso viel größer, als dazu gehört, um den Arbeiter zu lohnen. Allein dennoch wird,  so wenig in diesem wie in jenem Fall,  der Arbeiter aus einem Gütervorrat gelohnt, der beim Beginn der Produktion schon vorhanden wäre, und sich deshalb zum Betrieb, für den entohnt wird, wie Material und Werkzeuge verhielte, -  sondern aus dem Produkt. 

Das geht so zu:

Der erste Fall dürfte ansich klar sein. Der Arbeiter wird hier augenscheinlich nicht aus dem Kapital des Unternehmers entlohnt, sondern erhält einen Anteil am Produkt. Der Unternehmer könnte ihm ebensogut davon einen Naturrallohn geben und ihm dann den Umtausch gegen Lebensmittel überlassen, als den ganzen Tausch oder Verkauf selbst vornehmen und gibt dann in einen Teil des Erlöses einen Geldlohn oder eine Anweisung auf Lebensmittel. - Auch SCHÖN bemerkt, daß der Arbeiter häufig aus dem Produkt entlohnt werde. RAU führt dagegen an, daß dann der Arbeiter selbst das Kapital vorschieße. Allein die Frage ist,  ob  der Lohn, den der Arbeiter für eine bestimmte Produktion erhält, zum  Kapital eben dieser Produktion  gehört. Es handelt sich also um Lohn, den er erst noch für seine Arbeit erhalten soll. Jener Vorrat aber, von dem er sich während der in Rede stehenden Produktion unterhält, und der als das von ihm vorgeschossene Kapital anzusehen sein soll, ist Lohn, den er aus der früheren Periode schon erhalten hat. Überdies schießt sich in dieser Art der Arbeiter das angebliche Kapital  immer  vor, er mag  mit  dem Erlös des Produkts oder noch  vor  demselben aus einem Fond des Unternehmers entlohnt werden. Denn im ersten Fall wird der Arbeiter weder früher noch später entlohnt, als im letzteren, und es würde also hier der sonderbare Umstand eintreten, daß ein doppeltes Kapital notwendig wäre, eins, was der Arbeiter vorschießt, ein anderes, was der Unternehmer dazu bedarf.

Allein auch im zweiten Fall wird der Arbeiter nur vom Produkt entlohnt. - Allerdings muß der Unternehmer nun einen Fond haben, aus dem er den Arbeiter bezahlt. Allein dieser Fond ist dennoch kein Vorrat von Unterhaltsmitteln, der ebenso beim Beginn der Produktion vorhanden wäre, und vorhanden sein müßte, wie Material und Werkzeuge; sondern er ist lediglich ein Geldfond, ein Fond von Anweisungen, die dem Arbeiter für das  schon geleistete  wenn auch noch nicht ganz fertige oder versilberte Arbeitsresultat als Lohn ausgehändigt werden, und die dieser, ebenso wie im ersten Fall, gegen ein  Produkt derselben Zeit,  für welche er entlohnt wird, realisiert. Denn die oben bezeichnete Eigentümlichkeit der Teilung der Arbeit gilt auch hier, und die Verschiedenheit dieses Falles vom ersten, die darin besteht, daß der Unternehmer in dem einen Fall außer den Werkzeugen und dem Material noch einen Fond von Geld haben muß, rührt nur aus dem Umstand her, daß die Produktionsperioden der einzelnen Gewerke gleichsam unegal ineinander verschießen. - Jene Anweisung konstatiert daher auch in diesem Fall immer nur den ideellen Anteil des Arbeiters an dem, wenn auch schon nicht ganz fertigen oder verkauften Produkt, das er während der Zeit, für die er entlohnt wird,  schon geliefert hat.  Er erhält sie selbst nur,  weil  er dieses Produkt schon geliefert hat, und der Verkäufer der Lebensmittel kann sie ihm nur realisieren, weil jenes schon da ist, und er also nur im Geld, das er empfängt, oder in dieser Anweisung, die Garantie für seinen Ersatz in dem vom Arbeiter gelieferten Produkt erhält. Um mich kurz auszudrücken: das Brot, wovon der Arbeiter lebt, ist zwar schlechter, als das der Rentiers, aber doch ebenso frisch.

Dieser Umstand aber, daß mitunter im Fond des Unternehmers noch eine Anweisung auf Lebensmittel für den Arbeiter enthalten sein muß, kann schon deswegen nicht den Arbeitslohn in gleicher Weise zum Kapital rechnen lassen, wei Material und Werkzeuge, weil dies dann meistens ebenso mit Grund und Kapitalrente geschehen müßte. Denn es kommt häufig vor, daß der Unternehmer auch noch einen Fond bedarf, um die ersten Renten und Zinstermine zu bestreiten. Der Pächter, der zu Johannis ein Grundstück übernimmt, muß schon zu Michaeli die Rente und den Zins für ein Vierteljahr bezahlen, ohne doch bis dahin imstande gewesen zu sein, seine Produkte umzusetzen. Der Kaufmann, der nach Ostindien handelt, muß noch mehrere Termine vorher auslegen. Wollte man nun auch hier der Darstellungsweise, die hinsichtlich des Arbeitslohns beliebt ist, getreu bleiben, so müßte man den Unterhalt für den Grundbesitzer und Kapitalisten ebenso wie den für den Arbeiter und ebenso wie Material und Werkzeuge zum Kapital rechnen. Dennoch wird das niemandem einfallen, obgleich der Unternehmer Grundrente und Zins nicht mehr und nicht weniger aus seinem Fond bezahlen muß als Arbeitslohn, und jene nicht mehr und nicht weniger Anteil am Produkt sind, als dieser.

Will man also lediglich vom Standpunkt des Unternehmungsfonds den Begriff des Kapitals bestimmen, so ist nicht abzusehen, warum Grund- und Kapitalrente nicht ebensogut dazu gehören sollen, wie der Arbeitslohn. Hat man aber die Natur des Arbeitslohns als Anteil am Produkt erkannt, so ist es wieder willkürlich, denselben nicht ebenso zum Einkommen zu rechnen, wie Grund- und Kapitalrente. Auch  der  Grund, daß durch den Arbeitslohn allein die Kraft zur Arbeit verliehen wird, kann offenbar nicht der bestimmende sein, um ihn, der seiner Natur nach ganz auf gleicher Linie mit Grund- und Kapitalrente steht, für sich allein zum Kapital zu schlagen. Denn ebenso, wie der Arbeitslohn die Möglichkeit zu einer ferneren Arbeit,  diesem  notwendigen Moment des Betriebs gibt, gibt ja im heutigen Zustand die Kapitalrente allein die Möglichkeit zur ferneren Kapitalanwendung, diesem anderen notwendigen Moment des Betriebes. Der Kapitalist würde sein Kapital verzehren, wenn er keine Rente bekäme, und dieses würde dadurch so gut zerstört, wie die Arbeitskraft ohne Lohn. Nur der Boden würde bleiben, wenn auch keine Grundrente bezahlt würde. Damit wäre man abr zur Grundansicht der Physiokraten zurückgekehrt, für welche alles Kapitalauslage ist, außer dem  produit net.  - Allein der Arbeitslohn, da er nachträglich bezahlt wird, gibt auch gar nicht die Kraft zu der Arbeit, für welche er gegeben und in Bezug auf welche allein vom Kapital die Rede ist, sondern immer nur für eine folgende, für welche der Substanz nach schon wieder ein ganz anderer Unternehmungsfond vorhanden ist. Ebenso auch beim Kapitalisten. Dieser hat schon sein Kapital hergegeben, ehe er in der Rente die Möglichkeit, es zu tun erhält.

Noch deutlicher gestaltet sich das Verhältnis, wenn man von der Teilung der Arbeit und damit von der Verteilung des Produkts absieht und die Nation als einen isoliert wirtschaftenden Menschen betrachtet. Die Ration will alle die unmittelbaren Bedürfnisse befriedigen, die sie auf ihrer konkreten Zivilisationsstufe hat. Dazu hat sie die vorhandene Masse an Material und Werkzeugen und ihre Arbeitskraft. Obgleich es nun auf diese mittelbare Gütermasse an und für sich gar nicht ankommt, so doch durchaus in Bezug auf die unmittelbaren Bedürfnisse, auf die es schließlich allein ankommt. Denn die Menge dieser zuletzt erwähnten Befriedigungsmittel wird immer im Verhältnis zur Masse und Vorzüglichkeit des Materials und der Werkzeuge stehen. Jeder Fortschritt oder jeder Rückschritt dieser Masse wird in der Menge der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigungsmittel empfunden werden. Aus diesem gegenseitigen Verhältnis dieser beiden Gütermasse erzeugt sich der Gegensatz zwischen Einkommen und Kapital. Die genaue Begrenzung und Unterscheidung dieser beiden Begriffe liegt in der Natur der Sache.

Warum aber will man nun einen Teil der unmittelbaren Güter und zwar den, welcher den Unterhalt der Arbeiter des größten Teils der Nation bildet, von dem Teil, den wir Einkommen geheißen haben, abnehmen, und zu dem Teil, den wir Kapital genannt haben, zuschlagen? - Man könnte es nur im Widerspruch mit der modernen Rechtsidee und dem wirklichen Verlauf der Sache tun. Jene hat auch für die Arbeiter schon die freie Persönlichkeit so vollständig anerkannt, wie für die Rentiers, und es ist daher nicht abzusehen, warum sie noch in der Staatswirtschaft dahin herabgewürdigt werden sollen, daß es auf  ihr  Leben und  ihren  Genuß  ansich  gar nicht, sondern nur in Bezug auf die Produktion der Lebensgenüsse der Rentiers ankomme. Man sieht, daß solche staatswirtschaftliche Betrachtungsweise noch unwillkürlich die Sklaverei voraussetzt. Dann aber werden die Arbeiter nur zu den vollkommensten Maschinen,  und ihre Unterhaltsmittel hören auf unmittelbares Gut oder Einkommen zu sein,  und sind dem Futter des Zugviehs oder den Kohlen, die die Maschine speisen, gleich. Da diese Betrachtungsweise aber nicht mehr zulässig ist, da die Unterhaltsmittel der Arbeiter, wegen ihrer heutigen rechtlichen Bedeutung ebensogut unmittelbare Güter sind, als die Genußmittel der Rentiers, da ferner, was den wirklichen Verlauf der Sache anbelangt, in der ununterbrochenen Bewegung der Produktion und des Verkehrs die Unterhaltsmittel, die der Arbeiter in einer Periode bezieht, ebensogut zum Produkt dieser Periode gehören, wie das Einkommen der Rentiers in derselben Periode und die Sache  nicht etwa so steht,  daß die Arbeiter für die in dieser Periode geleistete Arbeit aus einem  vorhandenen  Vorrat, der in der vorangehenden Perionde schon geschaffen wäre,  gelohnt  werden, - so muß der Arbeitslohn oder das Einkommen der Arbeiter mit der Grund- und Kapitalrente oder dem Einkommen der Rentiers auch auf ganz gleicher Linie stehen.

Wenn aber der Arbeitslohn den Renten und nicht dem Material und den Werkzeugen gleich steht, so ist das Kapital anders zu bestimmen, als es in der herrschenden Theorie geschieht. Man muß alsdann das Kapital (5) im engeren oder eigentlichen Sinn vom Kapital im weiteren Sinn oder dem Unternehmungsfond unterscheiden. Jener umfaßt den wirklichen Vorrat von Werkzeugen und Material; dieser den ganzen nach den heutigen Verhältnissen der Teilung der Arbeit zur Unternehmung eines Betriebs notwendigen Fond. - Nach den heutigen Verhältnissen nämlich muß der Fond eines Unternehmers groß genug sein, um nicht bloß Material und Werkzeuge zu enthalten, sondern auch soviel Geld, um vom Erlös des Produkts noch die nötigen Arbeitslöhne und Renten zu zahlen. Beide TEile haben für den Unternehmer gleichen Wert. Sie sind beide Vermögen, und was er im Betrieb vereint, berechnet er auf den einen ganzen Fond. Sie sind beide ferner nicht bloß  für den Unternehmer  sondern auch  unter den heutigen Verhältnissen  gleich notwendig zum Betrieb und also zur Vornahme einer Produktion. Man faßt sie daher insofern ganz gut beide unter den Begriff des Kapitals im weiteren Sinne oder des Unternehmungsfonds. Allein sieht man nun beide Teile  ansich  an, so zeigen sich bemerkenswerte Unterschiede. Der eine allein ist ein wirklich beim Beginn der Produktioin vorhandener Gütervorrat; der andere nur ein Vorrat von Zirkulationsmitteln, der vorläufig auch keinen wirklich vorhandenen naturalen Vorrat von Gütern repräsentiert oder repräsentieren soll, sondern die Anteile des  künftigen Produkts,  zu deren Liquidation er dient.  Jener ist das zur Produktion absolut notwendige Kapital, dieser hat nur durch die heutigen Verhältnisse eine solche relative Notwendigkeit.  Jener Teil ist daher das Kapital im engeren und eigentlichen Sinn allein und nur mit ihm fällt der Begriff des National-Kapitals zusammen. (6)

ad b) Wenn der Arbeitslohn nicht mit Material und Werkzeugen, sondern mit Grund- und Kapitalrente auf gleicher Linie steht, so gehört er auch nicht in dem Sinne, wie Material und Werkzeuge, zu  den Kosten des Gutes,  sondern wie Grund- und Kapitalrente dazu gehören. Diese sind aber überall nicht Kosten des  Gutes,  sondern Auslagen des Unternehmers oder Kosten des  Betriebs. 

Ähnlich nämlich, wie sich der Begriff des Kapitals im einen Sinne zu dem des Unternehmungsfonds verhält, verhält sich der Begriff der "Kosten des Gutes" zu dem der "Auslagen des Unternehmers". Im Begriff, Kosten des  Gutes,  wird man auf den rein objektiven Standpunkt des Kostenverhältnisses gestellt. Es muß also von den Umständen abstrahiert und jene Beziehung absolut oder ansich ins Auge gefaßt werden. Dann aber stellen sich allerdings Material und Werkzeuge, so weit sie vernutzt sind, als Kosten dar, - denn diese bilden den absoluten Aufwand, der um die Existenz des Gutes gemacht wird, - allein nicht Grund- und Kapitalrente. Letztere sind  Anteile  an dem infolge jenes absoluten Aufwandes hergestellten Produkt, und es dürfte wohl unpassend sein, Kosten desselben zu nennen, was seine Bruchteile sind.

Dagegen berechnet der Unternehmer mit Recht all das, was er abgeben muß, um einen Betrieb heute zu führen, als etwas, das er eben dieses Betriebs wegen aufzuwenden hat, und von diesem Standpunkt ist der Unterschied zwischen Auslagen an Material und Werkzeugen an Arbeitslohn und Renten ebenso verschwunden, wie es in Bezug auf den Kapitalbegriff mit ihm der Fall war. Damit ist aber auch der absolute, objektive Standpunkt verlassen, von dem aus man allein von den Kosten des  Gutes  sprechen kann. Es handelt sich von den Kosten des Betriebes, in denen ein Teil nur  unter den heutigen Verhältnissen  erfordert wird. Dieser Teil enthält daher auch nur  zufällige  Kosten, die mit der Aufhebung jener Verhältnisse auch aufgehoben werden. Die Kosten des Gutes sind aber die eigentlichen Kosten, die ihren Bestandteilen nach  ewig  bleiben. (7)

Wenn es sonach wahr ist,  daß die Güter nichts als Arbeit kosten,  so ist in der  Zeit  ein  Maß  gegeben, in welchem sich die Kosten jedes Gutes genau ausdrücken lassen. Zugleich sind damit in den üblichen Zeiteinteilungen die  Maßstäbe  gegeben, um den Betrag bei jedem Gut zur deutlichen Anschauung zu bringen und die Beträge verschiedener Güter miteinaner zu vergleichen. Denn die Dauer der Zeit, während welcher das Gut durch Arbeit hergestellt ist, ist dann der Betrag seiner Kosten und wie man heute sagt, es kostet 1 Taler, 4 Groschen oder 3 Pfennige, so würde man nach jenem Maß sagen, es kostet 1 Tag oder 4 Stunden oder 3 Minuten. - Indessen muß man bei einer solchen Rechnung noch eine Fiktion zu Hilfe nehmen.

Die Arbeit nämlich ist in den einzelnen Produktionen an Intensität verschieden, oder, sie erfordert nicht überall die gleiche Kraftanstrengung. Da aber die Kraft des Menschen beschränkt ist und durch Ruhe und Nahrung ersetzt werden muß, so kann die Tagesarbeit nicht bei allen verschiedenen Produktionen von wirklicher gleicher Zeitlänge sein. Das hindert aber nicht, in der Idee überall für gleich anzunehmen, und sie auch dann gleichen Einteilungen zu unterwerfen, ebenso, wie man auch heute schon von einer vollen Tagesarbeit spricht, wenn auch in der einen Produktion vielleicht nur acht Zeitstunden hindurch, in einer anderen dagegen zwölf Zeitstunden gearbeitet wird. Der überall als gleich anzunehmende Arbeitstag ist daher überall in eine  gleiche  Zahl von Arbeitsstunden und Arbeitsminuten einzuteilen, - eine Einteilung, die mit den wirklichen Zeitstunden, während welchen gearbeitet wird, nicht immer zusammentrifft, aber die Ungleichheit der Arbeit ihrer Intensität nach aufhebt und deshalb zur Vergleichung der Kostenbeträge verschiedener Güter notwendig ist.
LITERATUR: Karl Rodbertus, Zur Erkenntnis unserer staatswirtschaftlichen Zustände, Neubrandenburg und Friedland 1842
    Anmerkungen
    1) Es versteht sich von selbst, daß ich hier nur den sogenannten Gebrauchswert meine.
    2) Man begeht hier einen ähnlichen Fehler, als wenn man den juristischen Begriff des Vermögens für identisch mit dem staatswirtschaftlichen, z. B. Realgerechtigkeiten oder Kundschaften für wirtschaftliche Güter hält.
    3) Unter Werkzeugen verstehe ich diejenigen Güter, die nur produziert werden, um damit als Handhabe, diejenigen erst zu produzieren, auf die es gerade allein ankommt. Das Material des Gutes gehört also nicht dazu.
    4) Rentierendes Eigentum nenne ich dasjenige, was für seinen Besitzer, ohne daß dieser zu arbeiten braucht, selbst wieder Quelle von Einkommen wird, also Grund- und Kapitaleigentum. Der Gegensatz ist ein solches Eigentum, das nur durch Arbeit statuiert wird, also am eigenen Produkt. In der Wissenschaft dürfte über kurz oder lang diese Unterscheidung nötig werden.
    5) Ich spreche hier nur von Produktivkapitalien.
    6) Ein allgemeiner Begriff von Kapital, der beide Arten in sich schlösse, wäre daher nur durchaus  formell,  als der zu einer Produktion nötige Fond, zu fassen. Je nachdem er absolut oder auch relativ dazu notwendig ist, wird er Kapital im engeren und eigentlichen oder Kapital im weiteren Sinne. Allein diese Unterscheidung verhälts sich begreiflicherweise nicht so, wie sich sonst zwei Unterbegriffe untereinander und zum allgemeinen verhalten. Denn der Begriff des Kapitals im eigentlichen Sinn geht aus der Natur der Sache hervor, der des Kapitals im weiteren Sinne aus den zufälligen Zutaten eines historischen Zustandes. Er würde verschwinden, wenn das rentierende Eigentum verschwände und dann der reine Begriff als der allein richtige und siegende übrig bleiben. - So hat man sich, noch weiter zurück, noch mehr an die bloß empirische Form des Kapitals gehalten und danach dasselbe nur als eine Geldsumme aufgefaßt. Dann sind die Physiokraten und SMITH tiefer in die Sache eingegangen, ohne jedoch bis zum reinen Begriff durchzudringen. Bis dies geschehen ist, müssen aber die unaufgeklärten Widersprüche zwischen Kapital "vom volkswirtschaftlichen Standpunkt" und dem des Unternehmers bestehen. - Man könnte das Kapital im weiteren Sinne auch als einen Güterfond definieren, bestimmt, um Rente abzuwerfen. Indessen wäre damit die Begriffsbestimmung lediglich aus dem konkreten historischen Zustand genommen, der ihm doch nur diese zufällige  Form  im Gegensatz zum reinen Begriff des Kapitals gibt, und es wäre, weil die Aufnahme des in beiden Auffassungsarten enthaltenen Allgemeinen unterblieben wäre, jede Brücke und jede Entwicklung von der einen in die andere abgebrochen.
    7) Von einem unserer berühmtesten Staatswirtschaftslehrer ist mir zu dieser Ausführung folgende Bemerkung zugekommen: "Diejenigen, welche den Lohn als Teil des Kapitalaufwandes ansehen, halten ihn deshalb doch nicht weniger auch für ein Einkommen. Er ist, von verschiedenen Seite betrachtet, beides: nämlich ein Teil des Einkommens, welcher wieder  als Produktionsmittel gebraucht  wird und sich  wiedererzeugt,  während die  Verzehrung  der Renten dies nicht tut". - Hierzu muß ich mir folgende Gegenbemerkung erlauben. Ich rene den Lohn nicht bloß zum Einkommen, sondern behaupte auch, daß er  gar nicht  zum Kapital zu rechnen sei, wenigstens nicht in der Art, wie Material und Werkzeuge, also nicht zum Kapital im einen Sinne; sondern behaupte, daß er, wo er überhaupt aus dem Unternehmungsfond oder dem Kapital im weiteren Sinne bezahlt wird, nur zu  diesem,  und dann nur ebenso, wie die Renten, wo und inwiefern auch aus dem Unternehmungsfond oder dem Kapital im weiteren Sinne gezahlt werden, gerechnet werden kann. Denn  derjenige Lohn,  der für eine bestimmte Produktion bezahlt wird und also aus der Periode  dieser  Produktion Einkommen des Arbeiters wird, ist gar nicht in derselben Weise  Mittel dieser Produktioin,  wie die zu ihr nötigen Materialien und Werkzeuge, denn er ist bei ihrem Beginn gar nicht naturaliter vorhanden, wie es doch diese sein müssen; er ist vielmehr beim Beginn dieser Produktion nur ein Geldfond, ebenso wie  diejenigen Rententermine,  die vor dem Erlös des Produkts vom Unternehmer bezahlt werden müssen,  und nicht mehr und nicht weniger Produktionsmittel und nicht mehr und nicht weniger  sich  wiedererzeugend, als diese.  Denn auch diese gehören, wenn sie nicht aus dem Erlös des Produkts erst bezahlt werden können,  heute  ebenso notwendig zur Vornahme einer Produktion, wie der Lohn und müssen sich im Erlös der Produktion ebenso notwendig wiedererzeugen und erzeugen sich auch so wieder, als der Lohn. -  Derjenige Arbeitslohn  aber, der aus der vorangehenden Produktion stammt, und von dem der Arbeiter sich unterhält, bis er für die gegenwärtige Produktion entlohnt wird, und dem behauptet wird, er würde bis dahin vom Arbeiter  als Kapital vorgeschossen,  ist  weder als Produktionsmittel  anzusehen,  noch erzeugt er sich  in der gegenwärtigen Produktion notwendig  wieder.  Denn  dieser  Lohn, insofern ihn  freie  Menschen bezogen, war, zugleich mit der Unterhaltung der Rentiers, der Endzweck der früheren Produktion, und des hieße also den Zweck aller Wirtschaft, das Lebens des Menschen, zum Mittel herabsetzen, wenn man ihn nur als Mittel einer folgenden Produktion ansehen wollte; und er erzeugt sich deshalb nicht in der gegenwärtigen Produktion mit Notwendigkeit wieder, weil der Lohnsatz in dieser letzteren geringer sein kann.  Will  man indessen auch diesen Lohn als Produktionsmittel und sich wiedererzeugend ansehen, so muß man das auch wieder mit gleichem Recht bei  den  Renten tun,  die mit ihm aus derselben Produktionsperiode stammen.  Denn - als Produktionsmittel betrachtet - haben diese Renten den Rentiers nur ebenso gestattet, ihr Eigentum zur  neuen  Produktion dazuzugeben, da sie es sonst dem Kapitalwert nach hätten verzehren müsse, als jener Lohn dem Arbeiter gestattet hat, seine Arbeitskraft zur  neuen  Produktion hinzuzugeben, da diese sonst sich selbst verzehrt hätte; und - was die Wiedererzeugung betrifft - so erzeugen sich ja auch die Renten in der neuen Produktion ebensosehr wieder, wenn auch hier gerade nicht notwendig in ganz gleicher Größe, als der Arbeitslohn, und müssen sich überhaupt auch wiedererzeugen, wie dieser, weil sonst ebenfalls die Produktion stillstehen würde.  Unter allen Gesichtspunkten steht also der Arbeitslohn auf ganz gleicher Linie mit den Renten.  - Bei der entgegengesetzten Ansicht scheint man mit dem Unterhalt, der dem Arbeiter die Kraft zur neuen Produktion gegeben hat, mit  demjenigen  zu verwechseln und zu vermengen, mit dem er für diese neue Produktion entlohnt wird, da doch beide die verschiedenen Löhne für ganz verschiedene Produktionen sind. So konstruiert man sich, indem man Merkmale von beiden in eins zusammenfaßt, die Idee eines Lohns, der in dieser Wesenheit gar nicht existiert. Vom ersteren faßt man das Merkmal auf, daß er allerdings vor Beginn der neuen Produktion schon vorhanden sein mußte, und vom zweiten dasjenige, daß er in der Regel eine notwendige Ziffer im Unternehmungsfond nicht als vorhandener Gütervorrat, sondern nur als Geld, als Anweisung von erst herzustellendem Produkt, existiert, der gar nicht mal nötig wäre, wenn es kein rentierendes Eigentum gäbe und daß der erstere wieder gar nicht  der  Lohn ist, von dem es sich,  als zu Kapital der neuen Produktion gehörig,  handelt.

    Das Hauptziel meiner Untersuchungen wird sein, den Anteil der arbeitenden Klassen am Nationaleinkommen zu erhöhen, und zwar auf einer soliden, den Einwirkungen der Wechselfälle des Verkehrs entzogenen Grundlage. Ich will diese Klasse ebenfalls am Fortschritt der Produktivität teilnehmen lassen und jenes Gesetz aufheben, das sonst einst für unsere Zustände tödlich werden dürfte, das Gesetz nämlich, daß die Arbeiter, die  Produktivität mag noch so sehr zunehmen,  immer wieder durch die Gewalt des Verkehrs auf einen Lohnsatz zurückgeworfen werden, der nicht den notwendigen Unterhalt übersteigt; einen Lohnsatz, der sie von der Billigung des Zeitalters ausschließt, da diese doch an die Stelle der Dienstbarkeit treten müßte, die sie sonst im Zaum hielte; - einen Lohnsatz, der den schreiendsten Widerspruch zu ihrer heutigen rechtlichen Stellung bildet, jener formalen Gleichheit mit den übrigen Ständen, die durch unsere wichtigsten Institutionen proklamiert wird. Ich will dadurch, daß ich den Arbeitern ein größeres Los am Nationaleinkommen sichere, zugleich die periodischen, furchtbaren gewerblichen Krisen beseitigen, die lediglich in einem Mißverhältnis der Kaufkraft zur Produktivkraft liegen, aber nicht, wie SAY und RICARDO meinen, weil Mangel an Kaufkraft Mangel an Produktivkraft sei und auch nicht wie MALTHUS und SISMONDI meinen, weil die Produktivkraft die Kaufkraft ansich überflügeln könne, sondern weil die Kaufkraft hinter der Produktivkraft deshalb zurückbleibt, weil die Teilnahme an deren Resultaten nicht geregeltist, -  denn Kaufkraft ist, anders ausgedrückt, nichts als ein Anteil an den Resultanten der Produktivkrat oder dem National-Einkommen.  Bei diesem Augenmerk ist klar, wie sehr es mir auf den Beweis ankommen muß, daß der Arbeitslohn nicht vom Kapital bezahlt wird, sondern, genau mit den Renten auf gleicher Linie stehend, mit diesen zugleich ein Anteil am Produkt und deshalb am Einkommen derselben Periode ist, daß MALTHUS also Unrecht hat, wenn er spottet: anstatt den Arbeitslohn als das Barometer des Kapitals anzusehen, das zur Unterhaltung der Arbeiter vorhanden sei, betrachtet man ihn "als etwas, was hauptsächlich von seiner Majestät den Friedensrichtern abhänge". Denn, wird der Arbeitslohn aus dem Kapital bezahlt, so kann er schlechterdings nicht über die Grenzen dieses Kapitals erhöht werden, ohne die ganze Nationalproduktion und den ganzen Nationalwohlstand an der Wurzel zu verletzen, und diejenigen haben Recht, die bei einer Produktivkraft, die wegen ihrer Intensität die  einen  in Überfluß und Verlegenheit setzt, zugleich den  andern  zureden, es sei notwendig, daß sie hungerten. Wird er aber aus dem Nationaleinkommen bezahlt, so kann er vermehrt werden, ohne das Kapital anzutasten, und zwar - wenn man es anzufangen weiß - entweder so, daß der Lohn auf Kosten der Renten erhöht wird, oder - und dies wird mein Vorschlag sein - so, daß ohne die Renten zu verringern, Vorkehrungen getroffen werden, die Arbeiter von jenen Fortschritten der Produktivität mit profitieren zu lassen, die, wo sich, wie heute, die Wissenschaft der Gewerbe bemächtigt hat, jeder folgende Tag bringt.