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JULIUS GUTTMANN
Kants Begriff der
objektiven Erkenntnis

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"Die Erhaltung der Einzeleindrücke genügt für sich allein nicht, um ihren Zusammenhang zum Bewußtsein zu bringen. In dem Augenblick, in dem ich aus den nacheinander erlebten Vorstellungselementen ein Ganzes der Vorstellung zu bilden suche, ist mir nur noch ein Teil von ihnen in unmittelbarer Wahrnehmung gegenwärtig. Die übrigen sind nur noch durch eine Erinnerungsvorstellung vertreten. Den Zusammenhang der Eindrücke selbst kann ich nur erkennen, wenn ich weiß, daß ein Teil meiner jetzigen Vorstellung mit früheren Eindrücken identisch ist. Erst die Beziehung der gegenwärtigen Bewußtseinsinhalte auf die früher von mir erlebten Eindrücke überwindet die durch die zeitliche Folge meiner Vorstellungen bedingte Trennung derselben im Bewußtsein; erst sie mach einen einheitlichen Überblick über die durchmessene Zeitreihe möglich."

"Die in ihrer sinnlichen Beschaffenheit unveränderten Eindrücke eines individuellen Bewußtseins erlangen gegenständliche Bedeutung, wenn das Bewußtsein mit ihrer Auffassung den Gedanken verbindet, daß ihr Zusammenhang ein allgemeingültiger ist. Nur die Form der logischen Beurteilung hat sich somit geändert, wenn die Wahrnehmungen eines Einzelsubjekts auf Gegenstände bezogen werden. Gegenständlichen Wert sprechen wir derjenigen Verbindung sinnlicher Vorstellungen zu, die für alle erkennenden Individuen mit der gleichen Notwendigkeit gilt. Der Begriff des Gegenstandes ist daher nur eine logische Form der Vorstellungsverbindung, die, von allen sinnlichen Inhalten abgelöst, ihre eigene Bedeutung verliert und sich auf den gänzlich unbestimmten Gedanken eines Grundes der Allgemeingültigkeit irgendeiner Vorstellungsverbindung reduziert."

"Das Vorstellungsmaterial als solches tritt dem Bewußtsein als etwas ihm Gegebenes entgegen. Sein Zusammenhang aber ist nicht in den sinnlichen Inhalten selbst gegeben, sondern beruth auf einer zu ihnen hinzutretenden einheitlichen Zusammenfassung, die nur vom erkennenden Subjekt selbst ausgehen kann. Ihm entstammt die Form der Verknüpfung, auf der die Verbindung des gegebenen Vorstellungsmaterials beruth. Wenn wir die fertige Vorstellungseinheit, die sich dem oberflächlichen Blick als etwas dem Bewußtsein Fremdes und Äußerliches darstellt, genauer analyisieren, so finden wir in ihr ein Werk der verknüpfenden Bewußtseinstätigkeit, welche die sinnlichen Einzeldaten erst zur Einheit bringt. Diese Verknüpfung ist die eigentliche Funktion des Verstandes, die in allen seinen besonderen Verbindungsweisen gleichmäßig enthalten ist."


II. Die transzendentale Deduktion
der Kategorien


a. Die Bearbeitung der ersten Auflage

Am Eingang der Deduktions, welche die Geltung der reinen Verstandesbegriffe begründen soll, unterscheidet KANT ihre Aufgabe in aller Schärfe von der psychologischen Untersuchung, welche das Auftreten dieser Begriffe im Einzelbewußtsein verfolgt und aufzeigt, wie wir allmählich zu ihrer Kenntnis gelangen. Die von ihm erstrebte Deduktion der Verstandesbegriffe will lediglich deren Geltungsgrund aufdecken, ohne den Weg zu verfolgen, auf dem sie in unser Wissen eintreten. Denn so gewiß auch die apriorischen Begriffe erst allmählich in unserem Bewußtsein gebildet werden und so sicherlich es seinen großen Nutzen hat, den empirischen Prozeß, in dem unsere Begriffe erwachsen, zu verfolgen, so fest steht es auch, daß keine Untersuchung solcher Art über das logische Recht unserer Erkenntnisprinzipien zu entscheiden vermag.

Dennoch hält sich zumindest die Gestalt, die KANT der Deduktion in der ersten Auflage der Vernunftkritik gibt, nicht von allen psychologischen Erörterungen fern. Er selbst hebt hervor, daß sie "zwei Seiten" hat. Ihre eigentliche Absicht geht nur dahin, die objektive Gültigkeit der Verstandesgesetze darzutun und begreiflich zu machen. Diese objektive Deduktion der reinen Verstandesbegriffe wird jedoch ergänzt durch eine Betrachtung des reinen Verstandes nach seiner subjektiven Seite, die darauf ausgeht,
    "den reinen Verstand selbst nach seiner Möglichkeit und den Erkenntniskräften, auf denen er selbst beruth, folglich ihn in subjektiver Beziehung"
zu analysieren. Auch diese subjektive Deduktion der reinen Verstandesform beabsichtigt nicht, die Genesis der wissenschaftlichen Begriffe im Einzelbewußtsein zu verfolgen. Sie will vielmehr die Bewußtseinsfunktionen aufzeigen, durch welche die Bildung all unserer Begriffe bedingt ist und auf denen daher die Möglichkeit jeder Einzelvorstellung beruth. Statt die Gelegenheitsursachen zu verfolgen, bei denen die reinen Begriffe in unsere Erkenntnis eintreten, weist sie die psychologischen Akte auf, die in jeder bewußten Vorstellung vorausgesetzt werden.

Diese psychologische Zergliederung des Prozesses der Vorstellungsbildung geht der logischen Analyse, welche die objektive Deduktion der Kategorien darstellt, genau parallel. Um die objektive Geltung der reinen Verstandesbegriffe nachzuweisen, untersucht KANT den Begriff des Gegenstandes und zeigt, daß er auf eben den logischen Prinzipien beruth, deren Geltung in Frage steht. Wenn für das gewöhnliche Bewußtsein der empirische Einzelgegenstand völlig auf sich selbst zu ruhen scheint, so ergibt es sich nunmehr, daß er seinem Begriff nach auf einem System logischer Prinzipien beruth, an deren Bestehen auch seine eigene Möglichkeit gebunden ist. Genau das Entsprechende weist die subjektive Deduktion der Kategorien für die Vorstellungsgebilde nach, in denen wir die Gegenstände der Erfahrung psychologisch erfassen. Auch psychologisch erscheint die Einzelvorstellung als ein letzter, in sich abgeschlossener Faktor des Bewußtseins, erscheint die anschauliche Wahrnehmungsvorstellung als ein letztes Bewußtseinselement, das vom Bewußtsein lediglich passiv aufgenommen wird. Hier setzt die subjektive Analyse des Bewußtseins ein und weist nach, daß diese vermeintlichen Elementarbestandteile des Bewußtseins in Wirklichkeit die verknüpfende und verbindende Tätigkeit des Bewußtseins überall voraussetzen. So wenig im psychologischen wie in einem logischen Sinn ist das Einzelne ohne allgemeine Funktionen der Verknüpfung möglich; wie dort die logische Regel den Begriff des Einzelobjekts bedingt, so geht hier die Funktion des Bewußtseins allen Einzelinhalten voran. Für die Beurteilung dieser psychologischen Bestandteile der kantischen Deduktion kommt alles darauf an, ob sie auf diese bloß illustrative Bedeutung beschränkt bleibt oder in den inneren Gang der logischen Argumentation eingreifen. Unsere Analyse der Deduktion wird vor allem darauf zu achten haben, wie sich das Verhältnis ihrer beiden Bestandteile gestaltet.

Die subjektive Analyse des Bewußtseins, die wir zunächst betrachten, geht von der Tatsache aus, daß unser Bewußtsein ein zeitlicher Prozeß ist. Wie auch immer unsere Vorstellungen beschaffen und wie sie verursacht sein mögen, als Inhalte eines in der Zeit vorstellenden Bewußtseins können sie nur in einer zeitlichen Aufeinanderfolge auftreten, sind sie alle an die Bedingungen der Zeit gebunden, "in welcher sie ingesamt geordnet, verknüpft und in Verhältnisse gebracht werden müssen" (Kr. d. r. V. 215). Die nacheinander im Bewußtsein auftretenden Vorstellungsinhalte aber sind durch ihre zeitliche Verschiedenheit im Bewußtsein getrennt, das Erleben des einen fällt mit dem des anderen nicht zusammen. Es genügt deshalb nicht, daß das Bewußtsein sie nacheinander durchlebt, um sie in ihrem Zusammenhang aufzufassen. Wäre unser Bewußtsein auf die passive Aufnahme der sich ihm darbietenden Einzeleindrücke beschränkt, so müßte das zeitlich Verschiedene unverbunden nebeneinander stehen bleiben; ein einheitliches Bewußtsein zeitlich getrennter Vorstellungen setzt eine Zusammenfassung der einander folgenden Vorstellungselemente voraus. Wo immer das Bewußtsein eine Mehrheit von Eindrücken als einheitliche Vorstellung auffaßt, hat es ihre Einheit selbst erzeugt. Das aber ist bei jeder wirklichen Vorstellung der Fall. Denn alle Vorstellungen, die für unser Bewußtsein möglich sind, enthalten eine Mehrheit von Elementen in sich. Völlig einfache Vorstellungen, die keines Aktes der Zusammenführung bedürfen, sind psychologische Fiktionen, denen in der Wirlichkeit des Bewußtseins nichts entspricht. Die Anschauungsinhalte, die unserem Bewußtsein gegeben sind, enthalten stets eine Mannigfaltigkeit in sich und beruhen deshalb auf verbindenden Tätigkeit des Bewußtseins, der Synthesisis der Apprehension [das gedankliche Begreifen einer Wahrnehmung - wp] (1).

Das Bewußtsein vermag nur dann die aufeinanderfolgenden Einzelvorstellungen einheitlich aufzufassen, wenn ihm beim Auftreten der späteren die früheren noch gegenwärtig sind. Könnten unsere Vorstellungen den Moment ihres Erlebens nicht überdauern, wären sie aus dem Bewußtsein verschwunden, sobald dieses sich von ihnen ab- und einem anderen Inhalt zuwendet, so hätten wir umsonst die Reihe der Eindrücke durchlaufen. Wir könnten niemals eine Reihe als solche erfassen, sondern blieben stets auf die Vorstellung des Einzelgliedes beschränkt. Die Zusammenfassung der Einzeleindrücke zum Ganzen einer Vorstellung setzt voraus, daß sich deren zuerst erlebte Bestandteile bis zur Vereinigung mit den ihnen folgenden im Bewußtsein erhalten; ich muß sie immer aufs Neue reproduzieren, um zu einem Ganzen der Vorstellung zu gelangen. "Die Synthesis der Apprehension ist also mit der Synthesis der Reproduktion unzertrennlich verbunden." Beide sind gleichmäßig unerläßliche Bedingungen aller Vorstellungsbildung.

Die Erhaltung der Einzeleindrücke genügt für sich allein nicht, um ihren Zusammenhang zum Bewußtsein zu bringen. In dem Augenblick, in dem ich aus den nacheinander erlebten Vorstellungselementen ein Ganzes der Vorstellung zu bilden suche, ist mir nur noch ein Teil von ihnen in unmittelbarer Wahrnehmung gegenwärtig. Die übrigen sind nur noch durch eine Erinnerungsvorstellung vertreten. Den Zusammenhang der Eindrücke selbst kann ich nur erkennen, wenn ich weiß, daß ein Teil meiner jetzigen Vorstellung mit früheren Eindrücken identisch ist. Erst die Beziehung der gegenwärtigen Bewußtseinsinhalte auf die früher von mir erlebten Eindrücke überwindet die durch die zeitliche Folge meiner Vorstellungen bedingte Trennung derselben im Bewußtsein; erst sie mach einen einheitlichen Überblick über die durchmessene Zeitreihe möglich. Wie der Zusammenhang eines Zeitganzen, so ist jeder Zusammenhang eines Vorstellungsbildes nur durch ein übergreifendes Wissen erkennbar, das seine Einzelglieder gleichmäßig umfaßt. Die Einheit einer Vorstellung ist damit, daß sich ihre mannigfaltigen Elemente zusammen dem Bewußtsein darbieten, noch nicht erfaßt. Sie wird es erst, wenn auch ihre Beziehung zueinander begriffen wird. Die sinnlichen Einzeldaten, die im Bewußtsein gleichsam verstreut liegen, fügen sich erst zu einer bewußten Einheit zusammen, wenn auch ihre Beziehungsform, das Einheitsprinzip, nach dem sie zusammenhängen, dem Bewußtsein gegenwärtig ist. Das aber hat zur Voraussetzung, daß neben den sinnlichen Einzeleindrücken eine andere Weise des Bewußtseins vorhanden ist, die sich über das Einzelne erhebt. Die Identität des Gegenwärtigen mit dem Vergangenen, die Beziehungsform, welche die Glieder einer Gesamtvorstellung zusammenfaßt, kann nicht sinnlich erlebt, sondern nur begrifflich erfaßt werden. Sie setzt eine Rekognition im Begriff voraus.

Im Begriff überwindet so das Bewußtsein die Vielfältigkeit seiner zeitlichen Zustände wie die Mannigfaltigkeit der sich räumlich vor ihm ausbreitenden Eindrücke. Der Begriff beweist die Fähigkeit des Bewußtseins, sich über die unmittelbare Gegenwart zu erheben und in einem einheitlichen Blick seine Zustände zu umfassen. Wenn der zeitliche Verlauf des Bewußtseinsprozesses, von dem wir ausgingen, die Bewußtseinsinhalte voneinander absondert, so beweist die Tatsache unseres Zeitbewußtseins, daß ihm eine überzeitliche Konzentration eigen ist, in der es sich gleichsam außerhalb der Zeit stellt. Das Bewußtsein, das Gegenwart und Vergangenheit unterscheidet und zugleich das Gegenwärtige mit dem Vergangenen identifiziert, begleitet damit den ganzen Ablauf der Zeitreihe. Es weiß sich als dasselbe in aller Mannigfaltigkeit seiner Erlebnisse, die es nur darum zu identifizieren vermag, weil sie ihm gleichmäßig angehören. Das Bewußtsein der Identität hat die Identität des Bewußtseins zur Voraussetzung. Das in der Mannigfaltigkeit seiner Zustände sich gleichbleibende Bewußtsein ist die unerläßliche Voraussetzung jedes Bewußtseinsaktes, es ist der notwendige Ausgangspunkt der beziehenden Tätigkeit, auf der die Möglichkeit aller psychischen Gebilde beruth. Es liegt ebenso unserem Raum- wie unserem Zeitbewußtsein zugrunde, weil so wenig eine koexistierende wie eine sukzedierende Mannigfaltigkeit ohne Einheit des erkennenden Subjekts und seiner beziehenden Tätigkeit sich zu einer Vorstellung zusammenschließen kann. Wo immer die Tätigkeit des Vorstellens möglich sein soll, muß ihr die Einheit des Bewußtseins zugrunde liegen. Diese wird durch den Begriff der Vorstellung gefordert; wir können deshalb mit begrifflicher Allgemeinheit sagen, daß sie eine Voraussetzung all unserer Denktätigkeit ist. Wir bedürfen keiner psychologischen Einzelerfahrung, um uns von der Einheitlichkeit unseres Bewußtseins zu überzeugen, one die keinerlei psychologische Erfahrung möglich ist. Es
    "können keine Erkenntnisse in uns stattfinden, keine Verknüpfung und Einheit derselben untereinander, ohne diejenige Einheit des Bewußtseins, welche vor allen Datis der Anschauung vorhergeht und worauf in Beziehung alle Vorstellung von Gegenständen allein möglich ist. Dieses reine, ursprüngliche, unwandelbare Bewußtsein will ich nun die transzendentale Apperzeption nennen. Daß sie diesen Namen verdient, erhellt sich schon daraus: daß selbst die reinste objektive Einheit, nämlich die der Begriffe a priori (Raum und Zeit), nur mit Beziehung der Anschauungen auf sie möglich sind. Die numerische Einheit dieser Apperzeption liegt also a priori allen Begriffen ebensowohl zu Grunde wie die Mannigfaltigeit des Raums und der Zeit den Anschauungen der Sinnlichkeit." (Kr. d. r. V. 121)
Das Bewußtsein, dessen Einheit wir als die letzte Bedingung aller Vorstellungstätigkeit erfaßt haben, ist weder eine dingliche Wesenheit, wie sie im metaphysischen Seelenbegriff vorgestellt wird, noch ein bloßer Kollektivbegriff, ein Sammelname für die Masse der Einzelvorstellungen, in die der Sensualismus das Bewußtsein auflösen zu können glaubte. Wäre diese Auflösung berechtigt, würde die Masse der Einzeleindrücke durch keine übergreifende Einheit zusammengehalten, so müßten die Vorstellungsinhalte, deren Summe unser Bewußtsein bildet, einander völlig fremd sein. Ein Bewußtsein, das in der Summe seiner Elemente aufgeht, vermag so wenig wie diese selbst von ihrer gegenseitigen Beziehung etwas zu wissen, in ihm müßten alle Einzelinhalte völlig isoliert nebeneinanderstehen. Daß wir, die wir nichts anderes sind als die Summe unserer Einzelvorstellungen, doch so viel mehr von diesen wissen als sie selbst, daß wir ihr Kommen und Gehen beobachten, sie vergleichen und unterscheiden, ist auf diesem Standpunkt völlig unverständlich. Damit aber bleibt die Tatsache unverstanden, die das eigenste Wesen allen Bewußtseins ausmacht. Denn eben das einheitliche Erfassen einer Mannigfaltigkeit, ihre Beziehung aufeinander, die sie doch in ihrer individuellen Bestimmtheit fortbestehen läß, ist allem gemeinsam, was wir als Bewußtsein verstehen. Es ist die Grundform all unseres Wissens, mit deren Fortfall nicht einmal die Jllusion der Erkenntnis mehr verständlich ist. Die sensualistische Analyse des Bewußtseins konnte diese Elementartatsache allen Bewußtseins nur deshalb übersehen, weil ihr der innere Zusammenhalt der Vorstellungselemente als deren Bündel sie das Bewußtsein begriff, als eine selbstverständliche Folge ihrer zeitlichen Gemeinschaft erschien. Die Tatsache, daß sie in der Wirklichkeit des Bewußtseins aufeinander folgen oder einander gleichzeitig sind, schien zu genügen, um auch unser Wissen von diesen Beziehungen zu erklären. Man kam mit den Einzeleindrücken aus, "weil man glaubte, die Sinne liefern uns nicht allein Eindrücke, sondern setzen solche auch zusammen". Indem KANT diesen Glauben zerstört, zeigt er, daß allen Einzelinhalten des Bewußtseins die Funktion der Verbindung vorhergeht, die sie erst zu psychologisch sinnvollen Inhalten macht. So wenig wir von einem Bewußtsein wissen, das als eine selbständige Wesenheit, abgesondert von seinen Inhalten, existiert, so notwendig gehört zum Begriff des Bewußtseins die beziehende Tätigkeit, welche die psychischen Elemente zusammenfügt und auf deren Einheit aller Zusammenhang unseres Vorstellens beruth.

Ihren deutlichsten Ausdruck findet diese Aktivität des Bewußtseins im Begriff, der nur in seiner Eigenart gegenüber allen sinnlichen Inhalten des Bewußtseins scharf hervortritt. Wäre er das, wofür der Sensualismus ihn ausgibt, ein bloßer Niederschlag sinnlicher Eindrücke, so müßte er sich gleich diesen auf das Erlebnis des dem Bewußtsein unmittelbar Gegenwärtigen beschränken. Unsere sinnlichen Erlebnisse stellen sich für das Bewußtsein lediglich in ihrer anschaulichen Bestimmtheit dar, ohne etwas anderes zu bedeuten als das, was sie selbst sind. Ein Vergangenes als vergangen zu begreifen, ein dem Bewußtsein nicht Gegenwärtiges als solches zu meinen ist eine Leistung, die dem sinnlichen Bewußtsein völlig unzugänglich ist. Dieses vermag wohl sinnliche Erinnerungsbilder zu erleben, die auf vergangene Eindrücke zurückgehen. Das Bewußtsein jedoch, daß sie früheren Inhalten des Bewußtseins entsprechen, ist keine ihnen sinnlich anhaftende Eigentümlichkeit; es setzt die Fähigkeit des Bewußtseins voraus, seine gegenwärtigen Vorstellungen auf etas ihm nicht Gegenwärtiges zu beziehen; alles Wiedererkennen ist eine Rekognition im Begriff. Nur weil unser Bewußtsein der von aller Sinnlichkeit spezifisch verschiedenen begrifflichen Vorstellungsart fähig ist, vermag es, sich über den Augenblick zu erheben, und die Einheit seines zeitlichen Verlaufs zu erfahren.

Aus der Tatsache, daß wir begrifflicher Vorstellungen bedürfen, um die zu verbindenden Elemente des Bewußtseins voneinander zu unterscheiden und ebenso um uns ihres Zusammenhangs bewußt zu werden, zieht KANT die Konsequenz, daß die psychologische Zusammenfassung unserer Vorstellungen nach begrifflichen Prinzipien geschieht. Bedarf es eines begrifflichen Denkens, um die zeitlich aufeinander folgenden Elemente eines Vorstellungsganzen in ihrer gegenseitigen Beziehung zu verstehen, um ihren Zusammenhang dem Bewußtsein faßbar zu machen, so werden sie nach begrifflichen Funktionen vom Bewußtsein vereinigt. Die Bewußtseinssynthese, auf der die Aufnahme der Vorstellungen in die Einheit des Bewußtseins beruth, ist von begrifflichen Regeln geleitet. Selbst die Einheit der Wahrnehmung, die ihrem Inhalt nach aus rein sinnlichen Elementen besteht, bilden wir nach begrifflichen Funktionen. Was daher unserem Bewußtsein angehört, muß notwendig den Funktionen des Denkens entsprechen, auf denen die gedankliche Einheit all unserer Vorstellungen beruth; als Inhalte eines denkenden Bewußtseins sind auch unsere sinnlichen Vorstellungen von den Einheitsgesetzen unseres Denkens abhängig.

Wie die psychologische Zergliederung des Prozesses der Vorstellungsbildung nachweist, daß unsere Wahrnehmung, auf die sensualistische Psychologie das Bewußtsein zu reduzieren versucht hatte, selbst erst der Einheitsfunktion des Bewußtseins ihre Existenz verdankt, so zeigt die logische Analyse unserer Wirklichkeitserkenntnis gegen die empiristische Erkenntnislehre, daß die empirischen Gesetze des Erkennens, auf die sie auch die apriorischen Bestandteile unserer Erkenntnis zurückführen will, selbst nur auf apriorischer Grundlage möglich sind. Die Tatsache des Bewußtseins, auf die HUME unseren Glauben an einen gesetzlichen Zusammenhang der Wirklichkeit zurückführt, ist die assoziative Verknüpfung usnerer Vorstellungen. Wenn wir voraussetzen, daß die Dinge einer konstanten Gesetzmäßigkeit unterworfen sind, so folgen wir damit lediglich der psychologischen Einrichtung usneres Bewußtseins, das die früher erlebte Verbindung unserer Sinneseindrücke auch in ihrer Reproduktion festzuhalten genötigt ist. Welche sachliche Berechtigung diese Voraussetzung besitzt, muß völlig dahingestellt bleiben; wir vermögen nichts weiter zu sagen, als daß sie uns durch die empirische Gesetzmäßigkeit unseres Vorstellungsverlaufs aufgenötigt wird. Dieses Gesetz der empirischen Reproduktion unserer Vorstellungen unterwirft deshalb KANT einer eindringenden Untersuchung, um die Voraussetzungen aufzuzeigen, die der Empirismus in ihm notwendig machen muß.

Die Annahme, daß unsere Vorstellungen einen assoziativen Zusammenhang aufweisen, setzt zumindest auf dem Gebiet der psychologischen Erscheinungen das Bestehen einer allgemeinen Gesetzlichkeit voraus. Denn die uneingeschränkte Allgemeinheit, die sie diesem assoziativen Zusammenhang zuspricht und die in der Aufstellung einer Assoziationsgesetzlichkeit ihren deutlichsten Ausdruck findet, kann nur aufgrund dieser Voraussetzung angenommen werden. Nur die Überzeugung von der gesetzmäßigen Bestimmtheit unserer Bewußtseinserscheinungen berechtigt uns, nach den psychologischen Ursachen unserer logischen Überzeugungen zu fragen, und macht es uns möglich, sie zu finden. Die Fähigkeit unseres Bewußtseins zu assoziativer Verknüpfung seiner Erlebnisse wäre aber für sich allein unzulänglich, ihrer gegenseitige Reproduktion herbeizuführen, wenn nicht die Beschaffenheit unserer sinnlichen Eindrücke selbst eine solche ermöglichen würde. Erst die Wiederholung der gleichen Wahrnehmungsfolgen erzeugt unter ihren Gliedern die assoziative Verbindung, die sie zu gegenseitiger Reproduktion befähigts könnten sich daher keine assoziativen Zusammenhänge bilden, wenn unsere Sinneseindrücke sich nicht in einer regelmäßigen Aufeinanderfolge dem Bewußtsein anbieten würden. Die Möglichkeit, unsere psychologische Fähigkeit der Vorstellungsassoziation zu betätigen, setzt voraus,
    "daß die Erscheinungen selbst wirklich einer solchen Regel unterworfen sind und daß im Mannigfaltigen ihrer Vorstellungen eine, gewissen Regeln gemäße, Begleitung oder Folge stattfindet; denn ohne das würde unsere empirische Einbildungskraft niemals etwas ihrem Vermögen Gemäßes zu tun bekommen, also wie ein totes und uns selbst unbekanntes Vermögen im Innern des Gemüts verborgen bleiben." (Kr. d. r. V. 116)
Daß unsere Sinneseindrücke dem Bewußtsein in einer solchen Regelmäßigkeit entgegentreten, ist vom Standpunkt der psychologischen Erfahrung aus lediglich als ein glücklicher Zufall anzusehen, der sich aller ferneren Begründung entzieht. Die Abfolge der Eindrücke in unserem Bewußtsein, die eine Betätigung unserer assoziativen Fähigkeit ermöglicht, hängt ihrerseits vom Verhalten der äußeren Objekte ab, die zu unserer Wahrnehmung gelangen. So werden wir, um die Möglichkeit der Vorstellungsreproduktion zu verstehen, auf die Annahme eines gesetzlichen Zusammenhangs der Erscheinungen selbst zurückgewiesen. Wir erkennen sie als die Voraussetzung der psychologischen wie aller empirischen Forschung und damit auch der empirischen Erkenntnislehre, welche aus der assoziativen Gesetzlichkeit unseres Bewußtseins unsere logische Überzeugungen ableiten will. Umsomehr drängt sich die Frage auf, wie es mit dieser Annahme selbst bestellt ist. Ist es in der Tat nur als ein glücklicher, jederzeit aufhebbarer Zufall anzusehen, daß die Erscheinungen der Wirklichkeit uns in einer gesetzmäßigen Verfassung entgegentreten, oder besitzen wir eine Gewähr dafür, daß sie eine konstante Ordnung bewahren müssen? Sind wir berechtigt, den Erscheinungen der Wirklichkeit eine innere Verwandtschaft, eine Affinität, wie KANT es mit einem bezeichnenden Ausdruck nennt, als eine notwendige Bedingung ihrer eigenen Existenz zuzuschreiben?

Auf diese Frage, die eigentliche Frage der transzendentalen Deduktion, antwortet KANT durch die mehrfach wiederholte Zergliederung des Begriffs der empirischen Gegenstände, deren gesetzmäßige Bestimmtheit wir voraussetzen.
    "Was versteht man denn, wenn man von einem der Erkenntnis korrespondierenden, folglich auch davon unterschiedenen Gegenstand redet?"
Von unseren psychologischen Erlebnissen unterscheiden wir die Objekte der Wirklichkeit als etwas von unserer Vorstellung Unabhängiges. Während die ersteren nur unserem Bewußtsein angehören und durch die Willkür unseres Vorstellens beliebig gruppiert werden können, sprechen wir den Gegenständen der Erfahrung eine Bestimmtheit zu, die der Willkür unserer Vorstellungsverbindung wie der Zufälligkeit unseres Wahrnehmungsaktes enthoben ist. Jedes Urteil, in dem wir eine gegenständliche Wirklichkeit zu erfassen suchen, stellt einen Zusammenhang fest, der nicht auf unsere Vorstellungstätigkeit beschränkt ist, sondern für alle erkennenden Individuen in der gleichen Weise gilt. Weit entfernt, von unserer Wahrnehmungstätigkeit geschaffen zu sein, gilt er uns vielmehr als eine Bedingung, von der unser Wahrnehmungsprozeß abhängig ist.

Gleichwohl stehen uns zur Erkenntnis von Gegenständen nur unsere psychologischen Vorstellungen zu Gebote. Es sind dieselben Wahrnehmungen, die wir als Inhalte unseres Bewußtseins erkennen und die wir auf der anderen Seite als Eigenschaften von uns unabhängiger Gegenstände ansehen. Sind aber alle einzelnen Bestandteile usnerer gegenständlichen Vorstellungen mit den individuellen Erlebnissen des Einzelsubjekts identisch, so kann nur eine veränderte Art ihrer Auffassung ihnen einen gegenständlichen Wert verleihen. Die in ihrer sinnlichen Beschaffenheit unveränderten Eindrücke eines individuellen Bewußtseins erlangen gegenständliche Bedeutung, wenn das Bewußtsein mit ihrer Auffassung den Gedanken verbindet, daß ihr Zusammenhang ein allgemeingültiger ist. Nur die Form der logischen Beurteilung hat sich somit geändert, wenn die Wahrnehmungen eines Einzelsubjekts auf Gegenstände bezogen werden. Gegenständlichen Wert sprechen wir derjenigen Verbindung sinnlicher Vorstellungen zu, die für alle erkennenden Individuen mit der gleichen Notwendigkeit gilt. Der Begriff des Gegenstandes ist daher nur eine logische Form der Vorstellungsverbindung, die, von allen sinnlichen Inhalten abgelöst, ihre eigene Bedeutung verliert und sich auf den gänzlich unbestimmten Gedanken eines Grundes der Allgemeingültigkeit irgendeiner Vorstellungsverbindung reduziert.

Wenn wir gegebene sinnliche Empfindungen zu einer gegenständlichen Einheit zusammenfassen, so sind wir uns bewußt, daß ihr von uns gedachter Zusammenhang für alle erkennenden Subjekte verbindlich ist. Psychologisch indessen lassen sich dieselben sinnlichen Empfindungen in der verschiedensten Art gruppieren, und ihr in einem bestimmten Fall von mir wahrgenommener Zusammenhang enthält keine Gewähr dafür, daß er sich auch einem anderen Bewußtsein ebenso darbietet. Wenn wir trotzdem einen bestimmten Zusammenhang unserer Empfindungen als den allein notwendigen und sachlich berechtigten ansehen, wenn wir ihm einen von unserer Willkür unabhängigen Bestand zuschreiben, so muß dieses Urteil einer logischen Rechtfertigung fähig sein. Wie vermögen wir die objektive Geltung der von uns vollzogenen Wahrnehmungsverknüpfung zu begründen? Wir sind dazu nur dann imstande, wenn wir uns auf Regeln der Vorstellungsverbindung berufen können, von denen die Entscheidung jedes Sonderfalls abhängig ist. Die Objektivität unserer Vorstellungsverbindung im konkreten Einzelfall hängt davon ab, daß ihr ein allgemeines Gesetz des Verbindens zugrunde liegt. Diejenige Auffassung des gegebenen Empfindungsmaterials ist die objektiv gültige, die einen gesetzmäßigen Zusammenhang der Einzeldaten ermöglicht. Das empirische Einzelobjekt muß sich über seinen gegenständlichen Wert dadurch ausweisen, daß es sich in einen gesetzmäßigen Zusammenhang der Erscheinungen einordnen läßt.
    "Wir finden aber, daß unser Gedanke von der Beziehung aller Erkenntnis auf ihren Gegenstand etwas von Notwendigkeit bei sich führt, da nämlich dieser als dasjenige angesehen wird, was dawider ist, daß unsere Erkenntnisse nicht aufs Geratewohl oder beliebig, sondern a priori auf gewisse Weise bestimmt seien, weil, indem sie sich auf einen Gegenstand beziehen sollen, sie auch notwendigerweise in Beziehung auf diesen untereinander übereinstimmen, d. h. diejenige Einheit haben müssen, welche den Begriff von einem Gegenstand ausmacht. Es ist aber klar, daß, da wir es nur mit dem Mannigfaltigen unserer Vorstellungen zu tun haben und jenes X, was ihnen korrespondiert (der Gegenstand), weil er etwas von allen unseren Vorstellungen Unterschiedenes sein soll, für uns nichts ist, die Einheit, welche der Gegenstand notwendig macht, nichts anderes sein kann als die formale Einheit des Bewußtseins in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen." (Kr. d. r. V. 119)
Die Voraussetzung eines gesetzmäßigen Zusammenhangs der Erscheinungen liegt daher aller Erkenntnis von Gegenständen zugrunde. Wir können sie nicht aufgehoben denken, ohne zugleich die Objektivität der Einzelsetzung und die Möglichkeit des empirischen Objekts zu vernichten. Erst die logischen Prinzipien, nach denen der Verstand unsere Wahrnehmungen verknüpft, machen aus diesen Objekte der Erfahrung; vom Begriff der Erfahrung ist der einheitliche Zusammenhang ihrer Objekte unabtrennbar.
    "Es ist nur eine Erfahrung, in welcher alle Wahrnehmungen als in einem durchgängigen und gesetzmäßigen Zusammenhang vorgestellt werden; ebenso wie nur ein Raum und eine Zeit ist, in welcher alle Formen der Erscheinung und alles Verhältnis des Seins oder Nichtseins stattfinden. Wenn man von verschiedenen Erfahrungen spricht, so sind es nur soviele Wahrnehmungen, sofern solche zu ein und derselben allgemeinen Erfahrung gehören. Die durchgängige und synthetische Einheit der Wahrnehmungen macht nämlich gerade die Form der Erfahrung aus, und sie ist nichts anderes als die synthetische Einheit der Erscheinungen nach Begriffen." (Kr. d. r. V. 123)
Die begriffliche Gesetze, die demnach die Form der Erfahrung konstituieren, gelten notwendig von allen ihr zugehörigen Objekten. Die Affinität [Wesensverwandtschaft - wp] der Erfahrungsgegenstände hängt nicht von einem glücklichen Zufall ab; sie ist die logische Bedingung jeder einzelnen Objektsetzung, der daher alle empirischen Gegenstände mit begrifflicher Notwendigkeit genügen müssen. Die reinen Verstandesgesetze, deren Deduktion geleistet werden sollte, haben sich als logische Voraussetzungen des Erfahrungsobjekts erwiesen. (2)

So gewiß demnach auch ist, daß die Objekte unserer Erfahrung nur auf einer logischen Grundlage möglich sind, so deutlich tritt uns wiederum die Frage entgegen, die sich schon an unsere einleitende Vorwegnahme des kantischen Gedankengangs geknüpft hat: die Frage nach der Gewißheit unserer Objektserkenntnis selbst. Mehrfach erscheint es als die Auffassung KANTs, daß unsere gegenständliche Erkenntnis eine Tatsache ist, die einen Zweifel an ihrer Wirklichkeit nicht zuläßt und die als solche die ausreichende Legitimation der logischen Prinzipien ist, die ihr zugrunde liegen. Er führt es als die entscheidende Instanz gegen den Empirismus an, daß nach dessen Prinzipien die Möglichkeit vorhanden ist, "daß ein Gewühle von Erscheinungen unsere Seele anfüllt, ohne daß doch daraus jemals eine Erfahrung werden könnte", eine Möglichkeit, von der darum nicht die Rede sein kann, weil dann "auch alle beziehung der Erkenntnis auf Gegenstände wegfiele" (Kr. d. r. V. 123). Die Grundbegriffe, "Objekte überhaupt zu den Erscheinungen zu denken", haben "a priori objektive Gültigkeit" (Kr. d. r. V. 124) und die Einheit des Erscheinungszusammenhangs muß als a priori notwendig angesehen werden, "weil die Erkenntnis sonst ohne Gegenstand sein würde" (Kr. d . r. V. 122). Was aber bietet uns die Gewähr, daß nicht in der Tat ein Gewühl von Vorstellungen unser Bewußtsein erfüllen kann, das niemals zur Einheit der Erfahrung zusammenfaßbar ist? Wenn wir an die dem Einzelbewußtsein gegebenen Wahrnehmungen, die materialen Inhalte unserer Erfahrungserkenntnis, mit der Forderung herantreten, daß sie einem allgemeingültigen Zusammenhang eingegliedert werden können, daß sie eine über das Einzelsubjekt hinausreichende logische Bedeutung besitzen, so hängt es doch von der Beschaffenheit dieser Inhalte selbst ab, ob sie dieser Forderung tatsächlich genügen. Sofern aber keine apriorische Gewißheit dafür vorhanden ist, daß sie den Bedingungen gegenständlicher Einheit genügen müssen, bleibt es auch weiterhin dem Zufall anheimgestellt, ob unsere zukünftigen Wahrnehmungen in der gleichen Weise eine gegenständliche Vereinigung zulassen werden, wie dies bei unseren bisherigen Erlebnissen der Fall war. So haben wir zwar die Affinität der Erfahrungsgegenstände als eine logische Bedingung ihres Begriffs erkannt, sind aber den Einzelinhalten gegenüber, die zur Einheit des Objekts verbunden werden sollen, wiederum vor die Frage gestellt, ob ihre Affinität, ihre Verbindbarkeit zu gegenständlicher Einheit, mehr als ein glücklicher Zufall ist. Es ist offenbar nur dann der Fall, wenn schon die Einzelwahrnehmung als solche auf den gleichen Bedingungen beruth, die ihre Aufnahme in die Einheit der Erfahrung ermöglichen, wenn, anders ausgedrückt, nur solche Inhalte einem Bewußtsein gegeben sein können, die zu einer gegenständlichen Einheit verbunden werden können.

Eben das ist dann auch der Abschluß des kantischen Gedankengangs. Er vollendet die Deduktion der Kategorien in dem Nachweis, daß die Bedingungen, auf denen die Einheit unserer Wahrnehmung beruth, mit denen identisch sind, welche die Einheit der Erfahrung konstituieren. Welche Bedingung muß jede unserer Wahrnehmungen erfüllen? Sie muß, wie alle unsere Vorstellungen, unserem Bewußtsein angehören. Als Inhalt unseres Bewußtseins aber kommt eine Vorstellung nur dann in Betracht, wenn sie mit anderen Bewußtseinsinhalten zu einem Ganzen der Vorstellung zusammengefaßt werden kann. Vorstellungen, die nicht mit anderen ihresgleichen gemeinsam vorgestellt werden können, gehören einem Bewußtsein für sich an; von Inhalten ein und desselben Bewußtseins können wir nur da reden, wo eine Gemeinsamkeit des Vorstellens vorhanden oder doch möglich ist. Wenn ich mir eine Mehrheit von Vorstellungen zurechne, so bin ich mir nur darum ihrer gemeinsamen Zugehörigkeit zu meinem Bewußtsein gewiß, weil sie einen einheitlichen Vorstellungszusammenhang bilden. Dieser einzig verständliche Sinn, den es hat, wenn ich von meinen Vorstellungen rede, schließt alle Inhalte aus meinem Bewußtsein aus, die nur isoliert vorstellbar sind.

Nun hat die subjektive Deduktion der Kategorien erwiesen, daß die Einheit jeder Vorstellung auf einem Akt der Synthesis, auf der verbindenden Tätigkeit des Bewußtseins beruth. Erst dieser Akt der Zusammenfassung erzeugt die Einheit der Vorstellungen, die sie zu Inhalten meines Bewußtseins macht. Die Zugehörigkeit zu einem Bewußtsein setzt daher die Abhängigkeit von der Verbindungsfunktion voraus, die der Aufnahme einer Vorstellung in das Bewußtsein zugrunde liegt. Wie die Einheit jeder Einzelvorstellung auf der Zusammenfassung ihrer Teile nach einem gemeinsamen Verbindungsgesetzt beruth, so hat die Zugehörigkeit der verschiedenen Einzelvorstellungen zum selben Bewußtsein zur Voraussetzung, daß dieselbe Funktion der Verbindung sie alle umfaßt. So wenig es erforderlich ist, daß alle meine Vorstellungen von mir aktuell verbunden werden, so unumgänglich ist es nötig, daß auch die entlegensten Inhalte meines Bewußtseins miteinander verbunden werden können. Alle Vorstellungen, die meinem Bewußtsein angehören oder für es möglich sind, stehen daher untereinander in einem durchgreifenden Zusammenhang. Jede Wahrnehmung, die in mein Bewußtsein eintritt, ist damit zur Verbindung mit allen anderen Inhalten meines Bewußtseins befähigt. Sie ist der Einheitsfunktion unterworfen, die alle Inhalte meines Bewußtseins zu Gliedern eines möglichen Zusammenhangs macht. Denn die
    "Einheit des Bewußtseins wäre unmöglich, wenn nicht das Gemüt in der Erkenntnis des Mannigfaltigen sich der Identität der Funktion bewußt werden könnte, wodurch sie dasselbe synthetisch in einer Erkenntnis verbindet." (Kr. d. r. V. 121)

    "Das Gemüt könnte sich unmöglich die Identität seiner selbst in der Mannigfaltigkeit seiner Vorstellungen und zwar a priori denken, wenn es nicht die Identität seiner Handlung vor Augen hätte, welche alle Synthesis der Apprehension (die empirisch ist) einer transzendentalen Einheit unterwirft und ihren Zusammenhang nach Regeln a priori zuerst möglich macht." (Kr. d. r. V. 122) (3)
Die Funktion der Verknüpfung, auf deren Identität die Einheit des Bewußtseins beruth, wird, wie gleichfalls die subjektive Deduktion der Kategorien feststellte, von begrifflichen Regeln geleitet. Wir verbinden die Einzeleindrücke, die wir in unser Bewußtsein aufnehmen, nach Gesetzen begrifflichen Denkens. Nur dieses vermag die Einzeleindrücke, die unserem Bewußtsein angehören, voneinander zu unterscheiden; nur ihm ist es möglich, die Identität der zu verbindenden Elemente innerhalb des ganzen Verlaufs der Synthesis zu erfassen. Vorstellungen, die diesen logischen Forderungen des Begriffs widerstreben, wären deshalb von der Synthesis, die sie für unser Bewußtsein möglich macht, ausgeschlossen. Wahrnehmungen können daher nur dann unserem Bewußtsein angehören, wenn sie sich begrifflich vereinigen lassen. Ihre Zugehörigkeit zu unserem Bewußtsein schließt die Abhängigkeit von logischen Regeln der Verknüpfung in sich. Die Identität der Gesetze, welche den Begriff des Gegenstandes begründen, mit den Voraussetzungen, unter denen bereits unsere Wahrnehmungen stehen, ist nunmehr erwiesen. Die Affinität unserer Wahrnehmungen steht a priori fest, weil sie eine Bedingung des Wahrnehmungsaktes selber ist.

So schließen sich auf dem Gipfelpunkt der Deduktion die beiden Gedankenreihen, die wir getrennt verfolgt haben, einheitlich zusammen. Die logische Geltung der Kategorien von allen Gegenständen unserer Erfahrung beruth darauf, daß die Bedingungen möglicher Erfahrung mit denen eines möglichen Bewußtseins zusammenfallen. Die evidente Grundtatsache des Bewußtseins, die Erfahrung, die uns mit unbezweifelbarer Sicherheit gegeben ist, beweist zugleich das Recht unserer gegenständlichen Erkenntnis, der Erfahrung, die uns logisch aufgegeben ist. Die Einzeldaten, die uns zunächst gegeben sind, gehören ideell dem einheitlichen Zusammenhang der Erfahrung bereits an, weil sie unserem einheitlichen Bewußtsein zugehören, dessen Zusammenhang auf logischen Prinzipien beruth. Die Kategorien sind, um das entscheidende Ergebnis dieses Gedankengangs auf einen einfachen Ausdruck zu bringen, die Funktionsgesetze, nach denen das Bewußtsein seine Vorstellungen vereinigt und denen deshalb kein Inhalt unseres Bewußtseins widersprechen kann.
    "Das System der Wirklichkeit muß der Gesetzlichkeit des Denkens deshalb entsprechen, weil das Bewußtsein der Rahmen ist, in welchem die Erscheinung der Wirklichkeit empfangen und erfaßt wird." (4)
Wir heben aus der Fülle der die ganze Deduktion durchziehenden Äußerungen KANTs, welche diesen Gedanken zum Ausdruck bringen, nur einige der schlagendsten hervor.
    "Alsdann sagen wir: wir erkennen den Gegenstand, wenn wir im Mannigfaltigen der Anschauung eine synthetische Einheit bewirkt haben. Diese ist aber unmöglich, wenn die Anschauung nicht durch eine solche Funktion der Synthesis nach einer Regel hat hervorgebracht werden können, welche die Reproduktion des Mannigfaltigen a priori notwendig und einen Begriff, in welchem dieses sich vereinigt möglich macht. So denken wir uns einen Triangel als Gegenstand, indem wir uns der Zusammensetzung von drei geraden Linien nach einer Regel bewußt sind, nach welcher eine solche Anschauung jederzeit dargestellt werden kann. Diese Einheit der Regel bestimmt nun alles Mannigfaltige und schränkt es auf Bedingungen ein, welche die Einheit der Apperzeption möglich machen und der Begriff dieser Einheit ist die Vorstellung vom Gegenstand = X, den ich durch die Prädikate eines Triangels denke." (Kr. d. r. V. 119/20)
Die Begründung der Affinität der Erscheinungen durch ihre Zugehörigkeit zur Einheit des Selbstbewußtseins wird in folgender Weise entwickelt:
    "Alle möglichen Erscheinungen gehören als Vorstellungen zum ganzen möglichen Selbstbewußtsein. Von diesem aber als einer transzendentalen Vorstellung ist die numerische Identität unzertrennlich und a priori gewiß, weil nichts in die Erkenntnis kommen kann, ohne mittels dieser ursprünglichen Apperzeption. Da nun diese Identität notwendig in der Synthesis alles Mannigfaltigen der Erscheinungen, sofern sie empirische Erkenntnis werden soll, hineinkommen muß, so sind die Erscheinungen Bedingungen a priori unterworfen, welchen ihre Synthesis (der Apprehension) durchgängig gemäß sein muß. Nun aber heißt die Vorstellung einer allgemeinen Bedingung, nach welcher ein gewisses Mannigfaltiges (folglich auf einerlei Art) gesetzt werden kann, eine Regel, und wenn es so gesetzt werden muß, ein Gesetz. Also stehen alle Erscheinungen in einer durchgängigen Verknüpfung nach notwendigen Gesetzen und folglich in einer transzendentalen Affinität, woraus die empirische die bloße Folge ist." (Kr. d. r. V. 125/26)
Wie hier die Apprehension, die Aufnahme der sinnlichen Erscheinungen in das Bewußtsein, auf die gleichen Bedingungen zurückgeführt wird, welche die Affinität der Erscheinungen, ihre gegenständliche Einheit, begründen, so wird in einem analogen Gedankengang die notwendige Affinität der Erscheinungen daraus hergeleitet, daß sie eine Bedingung der Einzelwahrnehmung selbst ist. Nach dem Grundsatz von der Einheit der Apperzeption
    "müssen durchaus alle Erscheinungen so ins Gemüt kommen oder apprehendiert werden, daß sie zur Einheit der Apperzeption zusammenstimmen."

    "Die objektive Einheit alles (empirischen) Bewußtseins in einem Bewußtsein (der ursprünglichen Apperzeption) ist also die notwendige Bedingung sogar aller möglichen Wahrnehmung und die Affinität aller Erscheinungen (nahe oder entfernte) ist eine notwendige Folge einer Synthesis in der Einbildungskraft, die a priori auf Regeln gegründet ist." (Kr. d. r. V. 132) (5)
Das letzte Einheitsprinzip, von dem aller Zusammenhang unserer Erkenntnis abhängt, die transzendentale Einheit der Apperzeption, vereinigt so in sich die Bedeutung eines höchsten logischen Grundgesetzes und einer höchsten psychologischen Einheitsbedingung. Der logische Grundsatz von der Einheit der Apperzeption ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit überhaupt, das alle Einzelinhalte unserer Wahrnehmung als Glieder eines einheitlichen und notwendigen Zusammenhangs bestimmt. Er ist die Grundfunktion all unserer Erkenntnis. In jedem Urteil, das wir fällen, vollziehen wir eine objektive, mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit auftretende Verknüpfung von Vorstellungen, bringen somit ein Mannigfaltiges zur objektiven Einheit der Apperzeption. Die einzelnen logischen Gesetze, denen wir dabei die sinnlich gegebenen Inhalte unseres Bewußtseins unterwerfen, sind die Anwendungsformen des letzten logischen Grundprinzips. Wie sich der Gedanke der Wahrheit überhaupt in einer Mehrheit logischer Formen und Prinzipien darstellt, so entfaltet sich auch das Grundgesetz der gegenständlichen Einheit in einer Reihe gegenständlicher Erkenntnisformen, den Kategorien, nach denen wir das Einzelne zu einer gesetzmäßigen Einheit verbinden. Der Grundsatz von der Einheit der Apperzeption besagt, daß alles uns gegebene Mannigfaltige objektiver Erkenntnis zugänglich und somit zu begrifflicher Einheit, welche die Form aller Erkenntnis ist, bestimmbar ist; die Kategorien sind die begrifflichen Einheitsgesetze, deren Geltung damit behauptet wird.

Ihrer psychologischen Bedeutung nach ist die Einheit der Apperzeption die Einheit des Selbstbewußtseins, des denkenden Subjekts, das allen Vorstellungen zugrunde liegt und ihre Verbindungen vollzieht. Sie ist identisch mit dem Ich, das allein imstande ist, irgendeine Einheit von Vorstellungen als solche zu begreifen. Die Gesetze unserer Vorstellungsverbindung setzen stets ein denkendes Subjekt voraus, das ihnen gemäß verfährt. Ebenso aber wie die geltenden Gesetze "nur respektive auf einen Verstand" existieren, so ist die Einheit des denkenden Subjekts selbst nur dadurch möglich, daß es seine Vorstellungen nach konstanten Gesetzen verbindet. Die Kategorien, auf denen die Einheit unseres Erkennens beruth, sind zugleich die Verbindungsfunktionen, welche die Aufnahme der Erscheinungen in die Einheit des denkenden Selbstbewußtseins ermöglichen.
    "So ist der Begriff einer Ursache nichts anderes als eine Synthesis (dessen, was in der Zeitreihe folgt, mit anderen Erscheinungen) nach Begriffen, und ohne dergleichen Einheit, die ihre Regel a priori hat und die Erscheinungen sich unterwirft, würde eine durchgängige und allgemeine, mithin notwendige, Einheit des Bewußtseins im Mannigfaltigen der Wahrnehmungen nicht angetroffen werden." (Kr. d. r. V. 124)
Ihren deutlichsten Ausdruck findet die Identität der logischen Erfahrungseinheit mit der Einheit des denkenden Bewußtseins im Begriff der transzendentalen oder produktiven Einbildungskraft, die den Übergang von den abstrakten begrifflichen Prinzipien des Verstandes zu den ihnen unterstehenden sinnlichen Inhalten unseres Bewußtseins zu vermitteln hat. Ein derartiger Übergang ist auch in einem rein logischen Sinn erforderlich, um die begrifflichen Einheitsfunktionen des Denkens, die auf die Beschaffenheit unserer sinnlichen Anschauung zunächst gar keine Rücksicht nehmen, auf deren Inhalte anwendbar zu machen. Damit das Gesetz der funktionalen Beziehung gegebener Inhalte, ihrer Abhängigkeit nach Grund und Folge, auf unsere sinnlichen Erscheinungen angewendet werden kann, muß es sich zum Prinzip des Grundes in der Zeit, dem Gesetz der logischen Bestimmtheit unserer Zeitfolgen determinieren. Die Grundsätze der gegenständlich Erkenntnis müssen eine Gestalt annehmen, in der sie die begriffliche Einheit unserer sinnlichen Anschauung begründen (6). Auf eine solche gedankliche Erfüllung der logischen Einheitsformen mit anschaulichem Gehalt ist indessen die Funktion der transzendentalen Einbildungskraft, wie schon ihr Name lehrt, keineswegs beschränkt. Sie vermittelt zwischen den Einheitsprinzipien des Verstandes und dem Mannigfaltigen unserer Sinne zugleich in der realen Form, daß sie die Regeln des Verstandes den Inhalten der Anschauung gestaltend einbildet. Sie erzeugt jenen Regeln gemäß die Einheit der Anschauung in der realen Synthese des Bewußtseins. In ihrer Funktion wird der Begriff der gestaltende Faktor, der die Einzeldaten der Sinne zu einem bestimmten Bewußtsein vereinigt. Wenn wir die logische Apriorität der Denkform darin begründet gefunden haben, daß sie nicht bereits fertige Erscheinungen vorfindet, sondern die Einheit der Erscheinung selbst ermöglicht, so gewahren wir hier am deutlichsten, wie die Apriorität des Begriffs auch der Einzelwahrnehmung gegenüber darauf zurückgeführt wird, daß er als ein unentbehrlicher Faktor der Vorstellungsbildung die konkrete Einheit der anschaulichen Vorstellung mit erzeugt. Die spontane Funktion der Einbildungskraft konstruiert die Anschauung selbst nach begrifflichen Prinzipien und sichert dadurch dem Denken seine Anwendbarkeit auf alle unsere Anschauungsinhalte.

So ist die Form der Erfahrung mit der Form des Bewußtseins identisch; die formale Einheit des Objekts ist in der des Subjekts begründet. Diese Zurückführung des Objekts auf die Einheit des Bewußtseins tut der Allgemeingültigkeit unserer Objekterkenntnis keinen Abbruch, weil die formale Einheit des Subjekts für alle erkennenden Individuen identisch ist. Die Einheit unserer Erfahrung ist abhängig, nicht von den empirischen Zufälligkeiten, die das Bewußtsein der verschiedenen Subjekte voneinander unterscheiden, sondern ausschließlich von den formalen Einheitsbedingungen, die im Begriff des Bewußtseins enthalten sind. Die Gesetze gegenständlicher Erkenntnis gelten für uns alle in der gleichen Weise, weil sie die Regeln sind, welche die uns allen gemeinsame Form der Subjektivität konstituieren. Das Einzelsubjekt ist in seinem Erkennen an die formalen Gesetze der Erkenntnis gebunden, die aus der Form des Bewußtseins stammen und deshalb vom Dasein des individuellen Bewußtseins unabhängig sind. Die Gemeinsamkeit der Wirklichkeit, die den Gegenstand unserer Erkenntnis bildet, beruth auf der Gemeinsamkeit der Denkform, die vom Begriff des denkenden Bewußtseins unabrennbar ist.

Es muß deshalb scharf zwischen der formalen Einheit des Bewußtseins, der transzendentalen Apperzeption, und der empirischen Einheit des inneren Sinnes, der empirischen Apperzeption, wie KANT sie hier nennt, unterschieden werden (Kr. d. r. V. 120/21). Die letztere umfaßt die psychologischen Erscheinungen, die das Einzelsubjekt als einen Gegenstand der empirischen Wirklichkeit ausmachen. Ebenso wie die Gegenstände der äußeren Wirklichkeit ist auch das Seelenleben jedes Menschen ein Bestandteil unserer gemeinsamen Erfahrung. Unser persönliches Bewußtsein hat eine in der Zeit verlaufende Geschichte. Ich weiß mich empirisch bald so, bald anders bestimmt, und die Summe der Erlebnisse, die innerhalb meines Bewußtseins zeitlich aufeinanderfolgen, vom ersten Erwachen meines Empfindens bis zum Ende meines empirischen Daseins, bilden die Einheit des Ichs als Objekt der Erfahrung. Ihr Zusammenhang beruth darum auf den gleichen Prinzipien, welche aller Erfahrung zugrunde liegen, weshalb dann auch die sie erforschende psychologische Wissenschaft eine durchaus empirische Disziplin ist. Diese Prinzipien selbst aber gehen auf die formale Einheit des Bewußtseins zurück, welche die inneren und äußeren Phänomene gleichmäßig umfaßt. Die synthetische Einheit, zu der ich im Akt der Erkenntnis ein mir gegebenes Mannigfaltiges vereinige, konstituiert ebensowohl die Inhalte meiner Selbstwahrnehmung wie die ihnen gegenüberstehenden Objekte der äußeren Wirklichkeit. Nach den formalen Gesetzen begrifflicher Einheit ordne ich die mir empirisch angehörenden psychologischen Inhalte in der Zeit und fasse die Objekte der äußeren Wirklichkeit zu einer raumzeitlichen Ordnung zusammen. Die formale Einheit des Bewußtseins begründet erst die Einheit des Raums und der Zeit; denn unsere Sinnlichkeit, "mit allem, was sie enthalten mag, ist nur in der Einheit der Apperzeption möglich", während die Einheit des empirischen Bewußtseins als Einheit eines zeitlichen Verlaufs nur in der Zeit möglich ist.

Fragen wir, am Ende unserer Wiedergabe der kantischen Deduktion angelant, wie sich das Verhältnis ihrer beiden Bestandteile, der objektiven und der subjektiven Deduktion der Kategorien, gestaltet hat, so wird sich unsere Antwort nicht völlig mit dem früher erwähnten Urteil KANTs decken können, das der subjektiven Deduktion jeden Einfluß auf die Begründung der logischen Geltung der Kategorien abspricht. Dieses Urteil trifft nur für die Argumentation zu, welche die Abhängigkeit des Gegenstandsbegriffs von apriorischen Gesetzen der Verknüpfung nachweist. Daß dagegen schon unsere Wahrnehmungen den Gesetzen unterworfen sind, auf denen die Einheit des Gegenstandes beruth, ergibt sich nur dadurch, daß die Gesetze gegenständlicher Einheit in der subjektiven Analyse des Bewußtseins auch als Bedingungen der Bewußtseinseinheit aufgewiesen sind. So gleichgültig auch die Gliederung der Bewußtseinsprozesse im Einzelnen, die Ansetzung der verschiedenen psychologischen Faktoren, für die logischen Zwecke der Deduktion ist, den prinzipiellen Gedanken, daß alle Vereinigung von Bewußtseinsinhalten auf kategorialen Prinzipien beruth, können wir nicht aus ihr streichen, ohne auf den Nachweis der Geltung gegenständlicher Erkenntnisprinzipien vom Inhalt unserer Wahrnehmungen zu verzichten. Findet in diesem Gedanken auch die logische Deduktion der Kategorien ihren Abschluß, so tritt damit zugleich die Wesentlichkeit der kantischen Unterscheidung hervor, welche nachweisen soll, daß die Identifizierung der logischen Voraussetzungen der Erfahrung mit den Einheitsgesetzen eines Bewußtseins ihrer Objektivität keinen Abbruch tut. Die Unterscheidung, der diese Aufgabe zufällt, ist die zwischen der formalen Einheit jedes möglichen Bewußtseins und der empirischen Einheit des Einzelsubjekts. Die kritische Prüfung der Deduktion, welche ihrer Darstellung folgen soll, wird sich daher zunächst der Frage zuwenden müssen, ob die Auffassung der Kategorien als Einheitsfunktionen des Bewußtseins durchführbar und ob mit ihr die angeführte Unterscheidung vereinbar ist.


b. Die Bearbeitung der
zweiten Auflage.

Wollen wir uns Gewißheit verschaffen, ob die dargelegte Auffassung über das Verhältnis zwischen der logischen Geltung der Kategorien und ihrer Bedeutung als Mittel der Bewußtseinseinheit die Meinung KANTs richtig wiedergibt, so müssen wir sie an der Neubearbeitung prüfen, der KANT diesen wichtigsten Abschnitt seiner Vernunftkritik in deren zweiter Auflage unterzogen hat. Denn, wie KANT ausdrücklich hervorhebt, unterscheidet sich diese neue Fassung der Deduktion von der Darstellung der ersten Auflage vornehmlich dadurch, daß sie alle Erörterungen von rein psychologischem Interesse beiseite läßt und sich auf die logische Rechtfertigung unserer kategorialen Erkenntnisse beschränkt. Während die ursprüngliche Fassung der Deduktion ihre logischen Bestandteile mitten in die psychologischen Erörterungen einschiebt und in ihrem stets erneuten Ansetzen den Fortschritt des Gedankengangs schwer erkennen läßt, haben wir es nunmehr mit einer einheitlich fortschreitenden Gedankenführung zu tun, die den logischen Gehalt der Deduktion deutlich hervortreten läßt. Diese definitive Fassung, die KANT seiner Beweisführung für die Geltung der Kategorien gegeben hat, entscheidet auch über deren Bedeutung als Mittel der Bewußtseinseinheit und über die Abhängigkeit ihrer logischen Legitimation von dieser ihrer Bedeutung.

Die Deduktion nimmt wiederum ihren Ausgangspunkt im Grundbegriff der Verbindung, den sie allerdings nicht in seine einzelnen psychologischen Erscheinungsformen hinein verfolgt, sondern nur seiner prinzipiellen Bedeutung nach erörtert. Wo immer uns eine Verbindung von Vorstellungen begegnet, setzt sie einen Akt des Verbindens voraus, der die in ihr enthaltenen Einzelvorstellungen zusammenfaßt. Das Vorstellungsmaterial als solches tritt freilich dem Bewußtsein als etwas ihm Gegebenes entgegen. Sein Zusammenhang aber ist nicht in den sinnlichen Inhalten selbst gegeben, sondern beruth auf einer zu ihnen hinzutretenden einheitlichen Zusammenfassung, die nur vom erkennenden Subjekt selbst ausgehen kann. Ihm entstammt die Form der Verknüpfung, auf der die Verbindung des gegebenen Vorstellungsmaterials beruth. Wenn wir die fertige Vorstellungseinheit, die sich dem oberflächlichen Blick als etwas dem Bewußtsein Fremdes und Äußerliches darstellt, genauer analyisieren, so finden wir in ihr ein Werk der verknüpfenden Bewußtseinstätigkeit, welche die sinnlichen Einzeldaten erst zur Einheit bringt. Diese Verknüpfung ist die eigentliche Funktion des Verstandes, die in allen seinen besonderen Verbindungsweisen gleichmäßig enthalten ist. Dessen ursprüngliche Leistung ist nicht die zergliedernde Analyse unserer Vorstellungen; sie besteht vielmehr in der Begründung der Vorstellungseinheit selbst, an die unsere bloß analysierende Reflexion als an etwas Gegebenes anknüpft.

Die Verbindung unserer Vorstellungen setzt ihrerseits ein Einheitsprinzip voraus, auf dem sie beruth. Denn sie besteht nicht in einer bloßen Summierung von Einzelelementen, sondern ordnet diese bestimmten Beziehungsformen unter, die ihren Zusammenhang begründen. Diese selbst können daher nicht aus dem Verbindungsakt entspringen, der sie nur zu konkreter Anwendung bringt. Nur darum vermag der Akt der Verbindung die Einheit unserer Vorstellungen herbeizuführen, weil er selbst von einem Gesichtspunkt der Einheit geleitet wird. So mannigfaltig diese Gesichtspunkte im Einzelnen sein mögen, als Formen der Einheit weisen sie gleichmäßig auf ein ihnen gemeinsames Prinzip der Einheit zurück, das ihnen zugrunde liegt und in dem wir den letzten Ursprung aller Verbindung zu suchen haben.

Die Einheit, welche alle unsere Vorstellungen umfaßt, ist die des denkenden Bewußtseins. Damit eine Mehrheit von Vorstellungen verbunden werden kann, müssen sie alle demselben Ich angehören, das die unentbehrliche Grundlage allen Vorstellens ist. Die bewußte Ausdrucksform dieser Zugehörigkeit eines Inhalts zu meinem Bewußtsein ist die Vorstellung: Ich denke, mit der ich die Inhalte meines Bewußtseins begleite. Sie muß daher mit allen Inhalten meines Bewußtseins verbunden werden können. Das will, wie KANT ausdrücklich hervorhebt, nicht etwa sagen, daß ich mir meiner Vorstellungen stets wirklich "als solcher bewußt bin"; das Bewußtsein der Zugehörigkeit meiner Vorstellungen zu meinem Ich braucht sie nicht ständig zu begleiten, wie es ja auch tatsächlich umso mehr zurücktritt, je kräftiger sich das Denken seinen sachlichen Inhalten zuwendet. Erforderlich ist es nur, daß jede in mein Bewußtsein eintretende Vorstellung mit dessen anderen Inhalten in einen Zusammenhang zu treten vermag, der es mir ermöglicht, sie als mir zugehörig zu erkennen. Eine Vorstellung, bei der es ausgeschlossen ist, daß ich sie als die meine begreife, ist für mein Bewußtsein so gut wie nicht vorhanden.

Wie schon hier deutlich hervortritt, gelange ich erst durch den Zusammenhang meiner Vorstellungen zu dem Bewußtsein, daß sie alle mir angehören. Nur weil sie sich zu einem einheitlichen Vorstellungsganzen zusammenschließen, sich aufeinander beziehen und miteinander vergleichen lassen, weiß ich, daß ich ihnen allen in der gleichen Weise gegenüberstehe, daß ich derselbe bin, wenn ich die eine und die andere von ihnen erfasse. Mit dem Zusammenhang meiner Vorstellungen wäre auch mein eigenes Identitätsbewußtsein aufgehoben.

Nun hat sich bereits ergeben, daß aller Zusammenhang meiner Vorstellungen auf der Tätigkeit des Verbindens beruth, die das ansich zerstreute Vorstellungsmaterial zusammenfaßt. Erst indem ich die einzelnen Vorstellungsglieder zueinander hinsetze und so ihren Zusammenhang herstelle, werde ich mir somit meiner eigenen Identität bewußt. Diese, die analytische Einheit des Bewußtseins, setzt eine synthetische Einheit, ein einheitliches Prinzip der Vorstellungsverbindung, voraus.
    "Der Gedanke, diese in der Anschauung gegebenen Vorstellungen gehören mir ingesamt zu, heißt demnach so viel, als ich vereinige sie in einem Selbstbewußtsein oder kann sie wenigstens darin vereinigen, und ob er gleich selbst noch nicht das Bewußtsein der Synthesis der Vorstellungen ist, so setzt er doch die Möglichkeit der letzteren voraus; das ist, nur dadurch, daß ich das Mannigfaltige derselben in einem Bewußtsein begreifen kann, nenne ich dieselben insgesamt meine Vorstellungen; denn sonst würde ich ein so vielfarbig verschiedenes Selbst haben als ich Vorstellungen habe, deren ich mir bewußt bin. Synthetische Einheit des Mannigfaltigen der Anschauungen als a priori gegeben, ist also der Grund der Identität der Apperzeption selbst, die a priori allem meinem bestimmten Denken vorhergeht." (Kr. d. r. V. 660/661)
Die Einheit des Selbstbewußtseins ist so das Ergebnis der verbindenden Tätigkeit, welche die gegebenen Einzelinhalte "unter die Einheit der Apperzeption bringt." Alle Inhalte unseres Bewußtseins sind darum, so gewiß sie diesem angehören, durch die synthetische Einheitsfunktion bedingt, die den Zusammenhang unseres Bewußtseins konstituiert. Ihre Zugehörigkeit zu meinem Bewußtsein beweist unmittelbar, daß sie der synthetischen Einheit unterstehen, die den Zusammenhang der Vorstellungen erzeugt, aus dem sich dann das Bewußtsein meiner Bewußtseinseinheit analytisch ablöst. Wir sind daher sicher, in der synthetischen Einheit, die unsere Vorstellungen zu einem Bewußtsein verbindet, den höchsten Ursprung aller Verbindungstätigkeit aufgefunden zu haben. Sie ist die gemeinsame Form allen Denkens, die den einheitlichen Zusammenhang alles Gedachten begründet (7).

So ergibt es sich wiederum, daß die subjektive Einheit des Ichs und die objektive Einheit unserer Erkenntnis einander gegenseitig fordern. Denn die gleiche Einheitsfunktion, auf der die Identität unseres Bewußtseins beruth, begründet auch die logische Einheit unserer Objekterkenntnis. In der begrifflichen Vereinigung eines Mannigfaltigen von Vorstellungen besteht all unsere Erkenntnis von Objekten; Objekt ist das, "in dessen Begriff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist." Da nun alle Vereinigung die synthetische Einheit des Bewußtseins voraussetzt, so begründet diese allein die Beziehung unserer Vorstellungen auf ein Objekt und damit die objektive Gültigkeit unserer Erkenntnisse. Wir reden da von der Erkenntnis eines Objekts, wo wir gegebene Bewußtseinsinhalte in einer durch die Form des Bewußtseins gegebenen und darum für alle erkennenden Individuen gültigen Weise vereint haben.

Auf dem Prinzip der synthetischen Einheit beruth demnach alle Gesetzlichkeit unserer Erkenntnis; alle besonderen Formen und Gesetze unseres Denkens haben in ihm ihren Ursprung. Auch die logische Einheit unserer Begriffe setzt dieses letzte Erkenntnisprinzip voraus. Denn auch sie schließt eine Verbindung von Erkenntnisinhalten in sich, die nur vom Verstand selbst hervorgebracht sein kann. Die prinzipielle Aufgabe der Logik besteht nicht darin, die analytische Tätigkeit des Verstandes zu verfolgen, welche gegebene Denkinhalte entfaltet und zerlegt. Sie hat vielmehr in erster Linie die ursprüngliche Verstandestätigkeit zu verstehen, welche die Einheit unserer Erkenntnisinhalte begründet. Sie hat die logischen Formen als die ursprünglichen Verknüpfungsformen des Denkens zu begreifen, die als solche notwendig auf die Einheit der Apperzeption zurückweisen. Von diesem Gesichtspunkt aus erschließt sich ein neues Verständnis des Urteils, das schon die metaphysische Deduktion der Kategorien als die Grundform aller Verstandestätigkeit erkannt hat.

Wenn die traditionelle Definition des Urteils dieses als die Vorstellung eines Verhältnisses zweier Begriffe bestimmt, so ist damit nur die äußerliche Form des Urteils beschrieben, sein Sinn und seine Bedeutung dagegen völlig unbestimmt gelassen. Sie umfaßt ebenso wie das Urteil auch die bloß assoziative Aneinanderreihung einer Mehrheit von Vorstellungen, in der gleichfalls ein Verhältnis mehrerer Begriffe vorgestellt wird. Was das Urteil von einer solchen unterscheidet, ist der Anspruch auf objektive Geltung, den es für die in ihm vorliegende Vorstellungseinheit erhebt. Ein Urteil behauptet stets, daß irgendetwas "ist", daß zwischen den in ihm verbundenen Vorstellungen eine Einheit besteht, die von der Zufälligkeit meines persönlichen Vorstellens unabhängig ist. Es ist dadurch charakterisiert, daß es eine notwendige und allgemeingültige Verbindung von Vorstellungen herstellt. Es ist somit die Form, in der das Bewußtsein die notwendige objektive Einheit seiner Vorstellungen vollzieht. Notwendig aber ist diejenige Vorstellungseinheit, die durch das Einheitsgesetz des Bewußtseins selbst gefordert wird. Denn dieses Einheitsgesetz des Bewußtseins ist die allen erkennenden Subjekten gemeinsame und die Erfassung eines Inhalts durch irgendein Bewußtsein bedingende Form der Vorstellungsvereinigung. Das Urteil ist daher die Form, eine Mehrheit von Vorstellungsinhalten nach dem formalen Einheitsgesetz des Bewußtseins zu verbinden oder "gegebene Erkenntnisse zur objektiven Einheit der Apperzeption zu bringen." (Kr. d. r. V. 666) Das so abgeleitete Verhältnis des Urteils zur Einheit der Apperzeption begründet die Abhängigkeit aller Bewußtseinsinhalte von der Formgesetzlichkeit des Urteils. Die Einheit des Mannigfaltigen von Vorstellungen beruth darauf, daß das Denken sie gemeinsam umfaßt und zueinander in Beziehung setzt. Die Form aber, in der das Denken jeden Inhalt erfassen muß, um ihn zur Erkenntnis zu bringen, um ihn auch nur in seiner bloßen Gegebenheit zu begreifen, ist das Urteil, das sich so als die notwendige Bedingung aller Bewußtseinseinheit erweist.

Das Urteil ist es somit auch, das die Beziehung all unserer Vorstellungen auf ein Objekt begründet. Denn die Erkenntnis eines Objekts besteht, wie wir sahen, darin, daß ein Mannigfaltiges von Vorstellungen begrifflich verbunden wird. Die Form des Objekts beruth auf der formalen Einheit des Subjekts, die eine bestimmte Verbindung seiner Vorstellungen notwendig macht. Der Akt der Vereinigung nun, auf dem die Unterordnung der Vorstellungen unter das Einheitsgesetz beruth, ist der Urteilsakt. Dieser verknüpft somit die anschaulich gegebenen Inhalte unseres Bewußtseins zu Objekten der Erfahrung. Das Ziel der Deduktion, der Nachweis der Geltung der Kategorien von den Objekten unserer Erfahrung, ist jetzt erreicht. Denn die Kategorien sind nichts anderes als die auf den Inhalt der Anschaung angewandten Formen des Urteils, die logischen Funktionen zur Verbindung eines anschaulichen Materials verwendet. Die Funktion des Urteils begründet die Einheit des Objekts und gilt daher notwendig von den durch sie allein ermöglichten Objekten unserer Erfahrung. Die Frage aber, ob die zu einer objektiven Einheit zu verknüpfenden Einzelinhalte einer solchen Verknüpfung fähig sein müssen, ist durch den jetzigen Gang der Deduktion im Voraus beantwortet, da die Einheit des Bewußtseins selbst auf der logischen Verknüpfung seiner Inhalte beruth. Die Allgemeingültigkeit der Verknüpfung, die im Objektsbegriff enthalten ist, ist gewährleistet, da die formale Einheit des Subjekts eine für alle Subjekte identische, also allgemeingültige, Form der Vorstellungsvereinigung in sich schließt. (8)

Über das sachliche Ergebnis, das damit erreicht ist, führt auch der zweite Verlauf der Deduktion nicht hinaus. Während es aber bisher in so abstrakter Allgemeinheit abgeleitet und formuliert worden ist, daß es sich auf ein jedes denkende Bewußtsein, das ein gegebenes Mannigfaltiges zu begrifflicher Einheit zu bringen hat, gleichmäßig erstreckt, wird es weiterhin an den gegebenen Verhältnissen unserer sinnlichen Anschauung erläutert und bestätigt. Erst in Berührung mit dieser vermögen die logischen Funktionen, die in ihrer rein intellektuellen Gestalt nur die Einheitsformen möglicher Verbindungen sind, ihrer logischen Bestimmung zu genügen und wirkliche Erkenntnis zu begründen. Sie bedürfen eines Mannigfaltigen, dem sie eine logische Einheit verleihen, um über eine bloß schematische Bedeutung hinauszuwachsen. So sehr sie aber auch auf die Betätigung an einem gegebenen sinnlichen Material hingewiesen sind, so zeigt es sich doch, wenn wir sie in ihrer Verbindung mit den sinnlichen Faktoren unserer Erkenntnis betrachten, durchweg, daß sie diese nur als das Gebiet ihrer Anwendung voraussetzen, während unsere sinnliche Anschauung erst durch sie Bestimmtheit und Einheit erlangt.

Jedes Gebilde sinnlicher Anschauung vermag diesen Sachverhalt zu bestätigen. Wir können keine geometrische Figur erkennen, ohne sie zu konstruieren. Wir müssen die in ihr zusammengefaßten Raumteile erst aus dem ansich bestimmungslosen Raumschema herausheben, um die Bestimmtheit der geometrischen Gestalt herzustellen. Erst der Akt der Verbindung, der so eine Mehrheit räumlicher Elemente aneinanderfügt, schafft aus ihnen ein räumliches Ganzes von bestimmtem Umriß. Dieser Verbindungsakt aber kann nur das Werk des Verstandes sein, der als der alleinige Urheber aller Vorstellungsverbindung nach einem bestimmten begrifflichen Prinzip die sinnlichen Einzeldaten verknüpft und so die Einheit der Raumgestalt ermöglicht. Weil jede sinnliche Gestalt eine Einheit ist, darum geht sie notwendig auf das logische Prinzip der synthetischen Einheit zurück, dessen Betätigungsweisen die reinen Verstandesformen sind. Alle Synthesis im Raum und in der Zeit erfolgt nach Begriffen des Verstandes, die den konkreten sinnlichen Gestalten das Gesetz ihrer Verbindung vorzeichnen. In seine letzte Konsequenz verfolgt, führt dieser Gedanke dazu, in den Formen der sinnlichen Anschauung selbst die Einheit des Verstandes als letzten Grund ihres Zusammenhangs aufzufinden. In der Vorstellung eines einheitlichen Raumganzen ist neben der anschaulichen Bestimmtheit seiner Momente auch ein fester Zusammenhang mitgedacht, der alle Teile des Raumes umfaßt; sie enthält eine durchgreifende Verbindung aller räumlichen Inhalte, die nicht dem sinnlichen Bewußtsein des räumlichen Mannigfaltigen entstammen kann, sondern dessen einheitliche Zusammenfassung durch das Bewußtsein, also die synthetische Einheit der Apperzeption voraussetzt. Diese zeigt sich somit als die unerläßliche Bedingung auch unseres sinnlichen Vorstellens. Denken wir uns ihre Leistungen aufgehoben, so bleibt von unseren sinnlichen Anschauungen nur das zusammenhanglose Material zu möglichen Vorstellungen zurück, das aus sich heraus niemals zu einer bewußten Anschauung führen kann. Unsere sinnliche Anschauung steht demnach schon ihrer allgemeinsten Form nach unter dem Einheitsgesetz der transzendentalen Apperzeption, wie die Analyse unserer sinnlichen Anschauung in vollkommener Übereinstimmung mit den ihr vorangegangenen prinzipiellen logischen Erwägungen zeigt.

Die Erkenntnis, daß unsere sinnlichen Anschauungen erst der Einheitsfunktion des Verstandes ihre Einheit verdanken, führt, genau wie in der ersten Bearbeitung der Deduktion, zur Aufstellung der transzendentalen Einbildungskraft, welche die Einheitsfunktionen des Verstandes auf unsere sinnlichen Anschauungen zur Anwendung bringt. Sie vollzieht die "figürliche" Synthesis, wie KANT die Vereinigung eines gegebenen sinnlichen Mannigfaltigen zum Unterschied von der in völliger Abstraktheit gedachten rein kategorialen Synthesis bezeichnet. Beide sind in der Wirklichkeit des Bewußtseins nicht getrennt. Nur die logische Abstraktion unterscheidet an der einheitlichen Synthese des Bewußtseins die reine Verstandesform, die ihr das Gesetz vorschreibt, von der durch unsere Anschauung bedingten Art, in der sie sich vollzieht. Die figürliche Synthesis oder, was dasselbe sagt, die transzendentale Synthesis der Einbildungskraft, ist die Betätigung des Bewußtseins, die das sinnliche Bewußtseinsmaterial zur Einheit der Anschauung zusammenfaßt. Sie gestaltet die Inhalte unserer Sinnlichkeit nach kategorialen Prinzipien und schränkt sie dadurch auf die Bedingungen ein, die mit diesen Prinzipien gegeben sind.

Es bedarf jetzt nur noch eines Schrittes, um auch die Abhängigkeit unserer empirischen Bewußtseinsinhalte von den kategorialen Grundgesetzen völlig deutlich zu machen und damit endgültig die Möglichkeit zu erklären,
    "durch Kategorien die Gegenstände, die nur immer unseren Sinnen vorkommen mögen, und zwar nicht in der Form ihrer Anschauung, sondern den Gesetzen ihrer Verbindung nach, a priori zu erkennen, also der Natur gleichsam das Gesetz vorzuschreiben und sie sogar möglich zu machen." (Kr. d. r. V.)
Erst dieser Nachweis vermag zu zeigen,
    "wie alles, was unseren Sinnen nur vorkommen mag, unter den Gesetzen stehen muß, die a priori aus dem Verstand allein entspringen."
Diese Frage, mit deren abschließender Beantwortung die Deduktion selbst ihren Abschluß findet, fällt, wie ersichtlich, mit dem aus der ersten Bearbeitung der Deduktion bekannten Problem zusammen, was uns die Fähigkeit unserer Wahrnehmungen zu kategorialer Verknüpfung verbürgt. Um sie zu beantworten, braucht KANT nur die Konsequenz des früheren Nachweises zu ziehen, daß die Einheit von Raum und Zeit selbst auf der synthetischen Funktion des Verstandes beruth.

Alle unsere Wahrnehmung vollzieht sich in den Formen von Raum und Zeit und muß deshalb den Gesetzen unseres sinnlichen Vorstellens notwendig entsprechen. Die Aufnahme jedes sinnlichen Inhalts in unser Bewußtsein, die Vereinigung gegebener Eindrücke zum Ganzen einer Wahrnehmung, von KANT wiederum als Synthesis der Apprehension bezeichnet, ist an die formalen Bedingungen unseres sinnlichen Vorstellens gebunden. Nun aber ist bereits festgestellt, daß Raum und Zeit selbst als Vorstellungen eine Einheit aufweisen, die nur das Ergebnis einer Synthesis sein kann. Diese Synthesis ist somit eine Bedingung auch der Wahrnehmung als der empirisch erfüllten Raum- oder Zeitanschauung. Wenn die Vorstellung jeder einheitlichen Raum- oder Zeitgestalt auf einer Verknüpfung ihrer Elemente beruth, so kann auch die Bestimmtheit eines mit Empfindungen erfüllten Raum- und Zeitganzen, und ein solches ist jede Wahrnehmung, nur der gleichen Synthesis erwachsen, die der Einheit seiner formalen Elemente zugrunde liegt. Diese Synthesis aber haben wir bereits als die Leistung der ursprünglichen Einheit des Bewußtseins und der sie durchführenden Kategorien erkannt.
    "Folglich steht alle Synthesis, wodurch selbst Wahrnehmung möglich wird, unter den Kategorien, und da Erfahrung Erkenntnis durch verknüpfte Wahrnehmungen ist, so sind die Kategorien Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung und gelten also a priori auch von allen Gegenständen der Erfahrung." (Kr. d. r. V. 678/79)
Die Einheit der Synthesis, deren Mittel die Kategorien sind, ist die Bedingung für das Zustandekommen der Wahrnehmung, auf ihr beruth deren Aufnahme in das Bewußtsein, dem deshalb kein den Gesetzen synthetischer Einheit widersprechender Inhalt angehören kann.

Die Beispiele, an denen KANT diesen Gedanken erläutert, schließen jeden Zweifel an der Richtigkeit der entwickelten Auffassung aus.
    "Wenn ich also z. B. die empirische Anschauung eines Hauses durch Apprehension des Mannigfaltigen derselben zur Wahrnehmung mache, so liegt mir die notwendige Einheit des Raumes und der äußeren Sinnlichkeit überhaupt zugrunde und ich zeichne gleichsam seine Gestalt dieser synthetischen Einheit des Mannigfaltigen im Raum gemäß. Eben dieselbe synthetische Einheit aber, wenn ich von der Form des Raumes abstrahiere, hat im Verstand ihren Sitz und ist die Kategorie der Synthesis des Gleichartigen in einer Anschauung überhaupt, d. h. die Kategorie der Größe, welcher also jene Synthesis der Apprehension, d. h. die Wahrnehmung, durchaus gemäß sein muß. Auf solche Weise wird bewiesen: daß die Synthesis der Apprehension, welche empirisch ist, der Apperzeption, welche intellektuell und gänzlich a priori in der Kategorie enthalten ist, notwendig gemäß sein muß." (Kr. d. r. V. 679)
Durch den Einheitsakt des Bewußtseins werden die sinnlichen Einzeleindrücke zur Gestalt eines Hauses zusammengefaßt. Die gegebenen Eindrücke bedürfen, um zur Einheit einer Anschauung zusammenzutreten, der verbindenden Tätigkeit des Bewußtseins, welche die gleichartigen Rauminhalte sukzessiv aneinanderschließt. Weil diese Einheitsform unserer Wahrnehmung mit der logischen Kategorie der Größe identisch ist, ist die letztere auf alle Inhalte unserer Wahrnehmung anwendbar. Die gleiche Funktion fällt der Kategorie der Kausalität bei der Wahrnehmung einer zeitlichen Aufeinanderfolge, wie des Gefrierens des Wassers, zu. Denn um die zeitlich aufeinanderfolgenden Zustände zu einer bestimmten Zeiteinheit verbinden zu können, muß ich sie nach einem begrifflichen Gesetz zeitlicher Aufeinanderfolge verknüpfen; das Bewußtsein muß ihnen ihr zeitliches Verhältnis zueinander anweisen und kann dies nur, indem es sie einer Regel der Zeitverknüpfung unterwirft. (9)

Das Ergebnis dieser Einzelausführungen, welche die Abhängigkeit unserer Wahrnehmungen von den logischen Gesetzen der Bewußtseinseinheit nachweisen, ist, wie wir nochmals wiederholen, in den prinzipiellen logischer Erörterungen der Deduktion schon vorweg genommen. Sie gehen durchweg auf den dort entwickelten Gedanken zurück, daß alle Inhalte unseres Bewußtseins dem Einheitsgesetz, das dessen Zusammenhang konstituiert, unterworfen sind; ihre Beweiskraft liegt ausschließlich in dem dort begründeten Gedanken, daß dieses Einheitsgesetz des denkenden Bewußtseins ein Gesetz logischer Einheit und daher mit dem Grundgesetz unserer Gegenstandserkenntnis identisch ist. Alle Erscheinungen unterstehen als Vorstellungen, wie KANT diese Argumentation nochmals zusammenfaßt, dem Gesetz der Verknüpfung, das ihnen das vorstellende Bewußtsein vorschreibt. Da nun die unsere sinnlichen Anschauungen vereinigende Einbildungskraft dem Verstand die Einheit ihrer Verknüpfung verdankt, so müssen auch die durch sie ermöglichten
    "Wahrnehmungen, folglich auch alles, was zum empirischen Bewußtsein immer gelangen kann, d. h. alle Erscheinungen der Natur, ihrer Verbindung nach unter den Kategorien stehen, von welchen die Natur als dem ursprünglichen Grund ihrer notwendigen Gesetzmäßigkeit abhängt."

LITERATUR - Julius Guttmann, Kants Begriff der objektiven Erkenntnis, Breslau 1911
    Anmerkungen
    1) Wenn man den kantischen Gedankengang in seine äußersten Konsequenzen verfolgt, so stößt man auf eine Schwierigkeit, die auf psychologischem Gebiet der zweiten Antinomie entspricht. Soll jede nicht völlig einfache Vorstellung durch die zusammensetzende Tätigkeit des Bewußtseins erzeugt sein, so werden wir in einen unendlichen Prozeß hineingetrieben. Denn aus völlig ausdehnungslosen Elementen läßt sich weder eine räumliche noch eine zeitliche Größe erzeugen. Die Elemente, aus denen unser Bewußtsein räumliche und zeitliche Anschauungen aufbaut, sind selbst Raum- und Zeitgrößen und als solche zusammengesetzt. Wir können nach Kants eigener Lehre wohl den Prozeß ihrer Zerlegung bis ins Unendliche fortgesetzt denken, vermögen sie aber niemals aus punktuellen Einheiten aufzubauen. Keine räumliche oder zeitliche Erstreckung kann selbst in einem logischen Sinn aus ausdehnunglosen Elementen erzeugt werden. Erst recht verbietet sich eine derartige Erzeugung im realen Prozeß des Bewußtseins. Dieser knüpft vielmehr notwendig an psychologische Inhalte an, die trotz der logischen Möglichkeit, sie weiter zu zerlegen, nicht aus einer psychologischen Synthese hervorgegangen sind. Erst an solchen Inhalten, die für sich psychologisch bemerkt werden können, betätigt sich die Synthesis der Apprehension.
    2) Die transzendentale Deduktion erbringt diesen Nachweis durchweg nur für den allgemeinen Begriff einer reinen Verstandesgesetzlichkeit, ohne die Identität der die Erfahrung begründenden Verstandesgesetze mit den früher aufgestellten Kategorien im Einzelnen nachzuweisen. Die allgemeine Voraussetzung der Identität des formalen und gegenständlichen Verstandesgebrauchs genügt ihr, um als die einzig möglichen Gesetze einer gegenständlichen Logik die aus der formalen Logik abgeleiteten Kategorien anzunehmen. Die einzelnen logischen Prinzipien, die unserer Erfahrung zugrunde liegen, werden indessen in der Lehre von den Grundsätzen aus dem Begriff der Erfahrung deduziert und damit wird ihre Aufstellung von ihrer Ableitung aus der Urteilstafel unabhängig. Welchen Wert der Zusammenhang der gegenständlichen und formalen Erkenntnisgesetze für die Deduktion der ersteren hat, wird später besprochen werden.
    3) Die Einheit des Bewußtseins erscheint auf der einen Seite als eine Bedingung der Vorstellungsverknüpfung, während sie sich hier erst in der Synthesis der Einzelmomente zu erzeugen scheint. Ein Widerspruch liegt hier jedoch nicht vor. Bedingung aller Synthesis ist das sie leitende Verbindungsgesetz, dessen subjektives Korrelat das Subjekt unseres Vorstellens ist. Ergebnis dieser von einem unveränderlichen Gesetz geleiteten Verbindungstätigkeit ist dagegen das Wissen des Subjekts um seine Identität, das nur an der Einheitlichkeit unseres Vorstellens erwachsen kann. Auch dieses Bewußtsein unserer Identität geht freilich über die tatsächlich vollzogene Bewußtseinsvereinigung hinaus. Wir wissen uns in allen unseren Erlebnissen, gleichgültig ob sie jemals zu einer wirklichen psychologischen Einheit von uns gebracht werden, identisch, weil sie alle die Möglichkeit einer einheitlauml;chlich vollzogene Bewußtseinsvereinigung hinaus. Wir wissen uns in allen unseren Erlebnissen, gleichgültig ob sie jemals zu einer wirklichen psychologischen Einheit von uns gebracht werden, identisch, weil sie alle die Möglichkeit einer einheitlichen Erfassung besitzen. Nicht der empirische Vollzug, sondern die logische Möglichkeit der Vorstellungsverbindung begründet die Einheit unseres Selbstbewußtseins.
    4) ALOIS RIEHL, Der philosophische Kritizismus, Bd. I, Seite 514.
    5) Ganz entsprechend ist der Gedankengang Seite 121/22 und die kurze Zusammenfassung am Schluß der Deduktion.
    6) Das gilt allerdings nur unter der von Kant festgehaltenen Voraussetzung, daß die Kategorien die Einheitsformen einer Anschauung überhaupt sind, die sich von jeder Beziehung auf die speziellen Verhältnisse unserer Anschauung freihalten. Läßt man diesen Begriff der Kategorien fallen und versteht die gegenständlichen Erkenntnisformen von vornherein als Einheitsformen unserer Anschauung, nimmt man den Kausalbegriff als den der logischen Abhängigkeit von Zeiterscheinungen, die Kategorie der Substanz als das Gesetz der zeitlichen Erhaltung, so ist eine derartige Vermittlung entbehrlich und es bedarf nur noch empirischer Kriterien, nach denen wir die formalen Grundsätze im Einzelfall anwenden.
    7) Auch hier muß der bereits bei der ersten Fassung der Deduktion hervorgehobene Unterschied unseres Identitätsbewußtseins, das auf der einheitlichen Vorstellungssynthese beruth, und unsere Identität selbst beachtet werden, den Kant zu einem deutlichen Ausdruck bringen, wenn er die reine Apperzeption als dasjenige Selbstbewußtsein bezeichnet, das "die Vorstellung: ich denke hervorbringt" (Kr. d. r. V. 659). Die Synthese, welche jene Vorstellung erzeugt, wird ihrerseits von einem einheitlichen Subjekt vollzogen, das die Voraussetzung aller Bewußtseinstätigkeit ist. Dieses Subjekt selbst tritt freilich nirgends als ein für sich erkennbarer Inhalt in unser Wissen ein, sondern ist nur das für sich inhaltslose Korrelat der Denkfunktion überhaupt. Als solches aber ist es unentbehrlich, da Kant im Unterschied von Fichte kein sich selbst hervorbringendes Tun kennt, sondern alle Tätigkeit des Denkens einem sie vollziehenden Subjekt zuschreibt.
    8) Der Zusammenhang der Begriffe des Objekts, der objektiven Einheit der Apperzeption und des Urteils erhält nach dem Wortlaut der kantischen Darstellung dadurch eine gewisse Zweideutigkeit, daß der Begriff des Objekts, der zur Unterscheidung der objektiven Einheit des Bewußtseins von der subjektiven Einheit des inneren Sinns führt, zunächst zu weit gefaßt wird. In der Definition des Objekts als desjenigen, "in dessen Begriff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist", kommt die Allgemeingültigkeit der Vereinigungsform nicht zu einem bestimmten Ausdruck. Sie ist so weit gefaßt, daß sie den Unterschied des Erfahrungsgegenstandes von der psychologischen Vorstellungseinheit nicht deutlich hervortreten läß. Erst in der Abgrenzung der objektiven Einheit des Bewußtseins gegenüber der psychologischen Einheit des inneren Sinnes tritt der engere Sinn des Objektbegriffs deutlich hervor, und es zeigt sich so, daß nicht die objektive Bewußtseinseinheit durch den Begriff des Objekts, sondern der letztere durch die Allgemeingültigkeit der ihn begründenden Einheitsform definiert wird.
    9) Vgl. hierzu OSCAR EWALD, Kants kritischer Idealismus", Seite 74f.