p-4 Kritik der wissenschaftlichen GrundbegriffeDer Relationsbegriff    
 
HARALD HÖFFDING
(1843-1931)
Der Totalitätsbegriff
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I. Die Stellung der Kategorienlehre
II. Fundamentale Kategorien
III. Formale Kategorien
IV. Reale Kategorien
V. Totalität und Wert
VI. Totalität als Grenzbegriff
Anhang: Kategorientafel

"Das Interesse, allgemeine Gesetze zu finden, hat sich natürlich aus dem Bedürfnis, so genau als möglich zwischen Wirklichkeit und Einbildung unterscheiden zu können entwickelt, indem das Wirklichkeitskriterium eben der feste, unbiegsame Zusammenhang verschiedener Erlebnisse ist."

"Es findet in der Natur wie in der Geschichte jede Begebenheit nur einmal statt und es gibt in Wirklichkeit keine Wiederholungen. In meinen Augen ist damit der prinzipielle Gegensatz zwischen Naturwissenschaft und Geschichte weggefallen. Das Ziel muß ja sein, die Erlebnisse zu verstehen und wenn diese  einmalig  sind, muß die Erkenntnis des Individuellen das Ziel jeder Wissenschaft sein."


IV.
Der Totalitätsbegriff
und die realen Kategorien

- Fortsetzung -

20. Auf biologischem Gebiet stehen Mechanismus und Vitalismus einander gegenüber.

Der Mechanismus sieht in den organischen Phänomenen nur eine Reihe physischer und chemischer Prozesse, deren Gesetze prinzipiell gefunden sind, so daß es sich nur um die Anwendung auf spezielle Fälle dreht. Der Organismus ist eine Summe mechanisch (physisch-chemisch) wirkender Elemente. Die wissenschaftliche Biologie fängt mit der Entdeckung LAVOISIERs und LAPLACEs (1780) an, daß tierische Wärme auf physisch-chemischem Weg erklärt werden kann. Seitdem ist eine solche Erklärung Schritt für Schritt an verschiedenen Funktionen, z. B. auch an der Verpflanzung, durchgeführt worden. Freilich bleiben noch Löcher zurück, wie die chemische Beschaffenheit der Enzyme und der Stoffe, durch welche die Erblichkeit einer Eigenschaft bedingt wird. Aber ein besonderes "Lebensprinzip" ist überflüssig. Ein Organismus kann als eine chemisch wirkende Maschine, die sich automatisch entwickeln, erhalten und reproduzieren kann, definiert werden. Daß ein Teil so angepaßt ist, daß er dem Ganzen dient, ist für die mechanistische Auffassung nur ein unklarer Ausdruck der Tatsache, daß eine Art nur leben kann, wenn sie den von der Selbsterhaltung und der Reproduktion vorausgesetzten Mechanismus besitzt. Sehr viele Formen sind zugrunde gegangen, weil ihnen ein solcher Mechanismus nicht zu Gebote stand. Nichts berechtigt zu dem Glauben, daß eine künstliche Hervorbringung von lebender Materie über die Möglichkeiten der Wissenschaft hinaus liegen sollte. (1)

Selbst wenn man auf die strenge Durchführung von physischen und chemischen Methoden in der Biologie sehr großes Gewicht legt, muß doch, wie selbst LOEB gesteht, vorläufig behauptet werden, daß nicht alle organischen Erscheinungen auf diesem Weg erklärbar sind. An diesem Punkt greift daher ganz natürlich die entgegenstehende Auffassung, der Vitalismus, ein. Unter Vitalismus muß man, wenn man einen klaren Begriff haben will und zugleich die Geschichte der Biologie berücksichtigt, eine Auffassung verstehen, die nicht nur leugnet, daß das organische Leben auf physischem und chemischem Weg erklärt werden kann, sondern zugleich die Erklärung in einer besonderen, von allen anderen Naturkräften verschiedenen Lebenskraft findet. (2)

Nach dieser Definition ist Vitalismus sowohl ein negativer als ein positiver Begriff. Er beruth in erster Linie auf der Voraussetzung, daß ein mechanischer Ursprung des Lebens unmöglich ist. Ist es aber möglich, einen Beweis hierfür zu führen? Wenn der Fortschritt der Biologie, was Kausalerklärung betrifft, immer darin bestanden hat, daß physische und chemische Ursachen organischer Prozesse gefunden wurden, liegt die Vermutung am nächsten, daß dieses Fortschreiten fortgesetzt werden kann, solange überhaupt geforscht wird, selbst wenn ein Abschluß hier nicht erreicht werden könnte. Wir stehen hier vielleicht einem irrationalen Verhältnis gegenüber, wie beim Verhältnis zwischen den Sinnesqualitäten und den Gleichungen der mathematischen Physik. (Vgl. § 11 und § 15) Alle Wissenschaft arbeitet ja an der Analyse gegebener Totalitäten. Ein leerer Raum im Verlauf physischer und chemischer Prozesse im Organismus bedeutet nur eine neue Aufgabe, die Notwendigkeit mehrerer Dezimale. So hält auch HUGO de VRIES daran fest, daß die Mutationstheorie, die ein plötzliches Entstehen neuer organischer Typen annimmt, die Aufgabe stellt, die chemische Ursache der Abweichung vom bisher bestehenden Typus zu finden.

Positive Beweise für den Vitalismus meint DRIESCH, der Forscher unserer Tage, der ausführlichst den Vitalismus behauptet hat, teils in der Embryologie, teils im Instinkt zu finden. Die Morphologie ist das eigentliche Gebiet des Vitalismus. Die organischen Formen mit ihrem Totalitätsgepräge scheinen nicht als das Resultat eines bloßen Zusammenspieles unorganischer Elemente erklärt werden zu können. DRIESCH weist darauf hin, daß die gegenseitige Ordnung der Zellen auf frühen Stadien der fötalen Entwicklung durch mechanische Eingriffe ganz geändert werden kann und daß der Zellenkomplex sich doch trotz der Trennung in ganz normaler Weise entwickeln kann. Wie aber HALDANE (3) bemerkt, kann man - von einem physiologischen Gesichtspunkt aus - nicht bezweifeln, daß speziell physische und chemische Ursachen hier mitwirken, obgleich sie noch nicht gefunden sind. Jedenfalls ist der sogenannte "positive" Beweis nur eine spezielle Form des negativen Beweises, der, wie gesagt, nicht geführt werden kann. - Wie in der Formbildung soll nach DRIESCH der Organismus auch in den Instinkthandlungen als Ganzes wirken, die Richtung und den Zusammenhang der Prozesse leiten und bestimmen, indem der bald einen einzelnen Prozeß hemmt, bald die Richtung ändert, bald das Verhältnis zwischen den einzelnen Prozessen umordnet. Ein solches hemmendes, änderndes und ordnendes Eingreifen streitet nach DRIESCH (der hier einen schon von DESCARTES zugunsten eines Einreifens der Seele in die Materie ausgesprochenen Gedanken benutzt) nicht gegen den Satz vom Bestehen der Energie. - Aber auch hierdurch kommen wir über eine negative Behauptung nicht hinaus. Eine Richtungsänderung ohne materielle Ursache würde freilich nicht gegen das Bestehen der Energie, aber wohl gegen die physische Auffassung des Inertie-Satzes [Trägheitssatzes - wp] streiten.

Die Stellung DRIESCHs zum Verhältnis zwischen Unorganisch und Organisch ist in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse, weil er als Logiker auf die Kategorie der Totalität großes Gewicht legt. (4) Es ist aber hoffentlich ob hinlänglich dargetan, daß man aus den allgemeinen Formen des Gedankens keine speziellen Naturerklärungen ableiten kann. Die Totalität als Kategorie führt zu einer unbewußten oder bewußten Arbeit, um Wahrnehmungen zu Totalitäten auszuformen. Aber wo, wie auf organischem Gebiet, Erscheinungen schon für die Wahrnehmung als Totalitäten dastehen, da muß die Aufgabe sein, die Gesetze, die das Bestehen solcher Totalitäten bedingen, auf dem Weg der Analyse zu finden, nicht dagegen, an die Totalität selbst als selbstproduzierende Ursache zu appellieren. Hier steht ein anderer philosophierender Biologe, J. C. HALDANE, mehr kritisch. Er wendet den Totalitätsbegriff nicht kausal an, siet aber die Totalitäten, die in der Natur hervortreten, als Typen einer höheren Form von Realität (a higher or more concrete aspect of reality) an. Dagegen meint er, daß, wo ein solcher "höherer" Typus hervortritt, überhaupt kein kausales Problem gestellt wird; ein solcher Typus ist wie eine Offenbarung des Wesens des Daseins, die den mechanischen Zusammenhang nicht unterbricht und dem physisch-chemischen Weltbegriffe als Arbeitshypothese keinen Abbruch macht. (5) Wie so viele HEGELianer sieht HALDANE nicht, daß er hier in der Wirklichkeit mit einem Wertbegriff operiert, ganz wie wenn man z. B. sagt, daß der ästhetische Wert eines Kunstwerkes von der Art seines Entstehens unabhängig ist. Im nächsten Kapitel werden wir das Verhältnis von Totalität und Wert untersuchen.

Wenn so der positive Beweis des Vitalismus nur eine Form des negativen ist, fragt man mit einer gewissen Neugier, wie man sich eigentlich die neue Kraft denken soll, die sich nach dem Vitalismus in den organischen Erscheinungen offenbaren soll, um die Löcher, die von der mechanischen Naturerscheinung stets hinterlassen werden, auszufüllen. DRIESCH erklärt dazu, daß sie keine räumliche Ursache sei, obgleich sie auf (into) das, was im Raum ist, wirkt. Wenn man unter Ursache eine räumliche Ursache verstehen wollte, dann wäre der hier wirkende, ordnende Faktor, den man Entelechie [was sein Ziel in sich selbst hat - wp] nennen könnte, keine Ursache. Wo die Entelechie nicht nur formt und ordnet, sondern auch leitet, will DRIESCH sie ein Psychoid nennen. Das Psychoid ist nicht von psychischer Beschaffenheit, ist aber ein Analogon zum psychischen Leben und die Hauptschwierigkeit des Vitalismus findet DRIESCH eben in dieser Annahme unbewußter Analoga zum Seelenleben. Doch soll das Psychoid nicht nur zur Erklärung gewisser biologischer Erscheinungen notwendig sein, sondern auch, um die Möglichkeit des Entstehens eines psychischen Seins (eines Bewußtseinslebens) zu erklären.

Was diesen letzten Punkt betrifft, muß sehr bestimmt zwischen zwei verschiedenen Dingen unterschieden werden, die bei DRIESCH miteinander zusammenfallen. Ich betrachte es als unvermeidlich, psychische Analoga auf niederen Stufen der materiellen Existenz vorauszusetzen, wenn man nicht annehmen will, daß das Bewußtseinsleben mit einem Sprung entsteht oder wenn man nicht sein Entstehen aus rein materiellen Ursachen erklären kann. Aber darum hat man kein Recht, ein solches Analogon als deus ex machina [Gott aus der Maschine - wp] in der Biologie auftreten zu lassen.

Ein mit dem Vitalismus verwandter Begriff ist der Begriff Orthogenesis [Das Leben besitzt eine innere Entwicklungstendenz - wp], (6) der zur Erklärung einer Entwicklung aus niederen in höhere Formen ausgestellt ist. Diese Erklärung findet man dann in einem Drang oder einer Tendenz zur Entwicklung in einer bestimmten Richtung. In unserem Zusammenhang liegt kein Grund vor, auf diesen Begriff einzugehen, weil die Kritik von ihm der Kritik des Vitalismus ganz entsprechen wird. "Orthogenesis" ist für die Entwicklung der Arten, was "Lebenskraft" für das organische Leben überhaupt ist. -

Das Resultat unserer Untersuchung ist, daß die Unmöglichkeit eines mechanischen Ursprungs des Lebens nicht dargetan werden kann, - wobei jedoch die Möglichkeit, daß das Leben keinen absoluten Ursprung habe, nicht vergessen werden darf. Der Begriff der Totalität verlöre nicht seine Bedeutung, selbst wenn es bewiesen werden könnte, daß das Leben, der Organismus mit seinem Totalitätsgepräge auf mechanischem Weg erklärt werden könnte. Gerade umgekehrt würde dann eben die Totalität einen tiefen Grund in den Elementen des Daseins zu haben zeigen, wenn diese kraft ihrer eigenen Gesetze sich zur Bildung von Totalitäten vereinigen könnten. Es wären dann die zusammenwirkenden Kausalreihen, die solche komplexe Erscheinungen im Organismus möglich machten. Der Totalitätsbegriff stellt, wie jede Kategorie, eine Aufgabe, eine Frage, sagt aber in sich selbst nichts darüber, ob die Frage beantwortet werden kann.

Der biologische Spezialforscher braucht weder den Mechanismus noch den Vitalismus zugrunde zu legen. Seine Sache ist es, physische und chemische Gesichtspunkte innerhalb des organischen Lebens so weit als überhaupt möglich anzuwenden. Und absolute Sicherheit darüber, daß er an der Grenze der Möglichkeit stände, würde er niemals erlangen können. -

Bei dieser ganzen Erörterung ist es die Hauptaufgabe gewesen, das allgemeine Problem zu markieren und seinen Zusammenhang mit der Natur des menschlichen Gedankens, wie diese sich auf den verschiedenen Gebieten äußert, auf welchen Erlebnisse vorliegen können. Es ist sehr leicht, auf mehr oder minder witzige Weise über den Vitalismus spotten. Man dient aber dem Denken besser, wenn man das Problem, das hier immer wieder auftaucht, obgleich es für manche gar nicht zu existieren scheint, scharf charakterisiert.

21. Die Persönlichkeit, das Selbst, ist ein anderes Beispiel einer Totalität, die uns unmittelbar entgegentritt, um dann nachher ein Gegenstand der Analyse zu werden. Das Verhältnis zwischen dem gegebenen Ganzen und der wissenschaftlichen Untersuchung ist hier ein Seitenstück zu dem, was wir auf dem Gebiet des organischen Lebens sahen. Es waltet hier ein Gegensatz zwischen einer Auffassung, die die Persönlichkeit (und das Bewußtseinsleben im ganzen) als bloßes Resultat eines Zusammenspiels von Elementen betrachtet und einer anderen, die im Ich, in der Persönlichkeit als Ganzem, die Erklärung der einzelnen Bewußtseinserscheinungen findet. Die erste Auffassung wird am tüchtigsten und am meisten charakteristisch von der englischen "Assoziationspsychologie" (HUME, JAMES MILL, JOHN STUART MILL) repräsentiert; die andere wird nicht nur von der spiritualistischen Psychologie behauptet, die die Seele als besondere "Substanz" den Bewußtseinserscheinungen zugrunde liegen läßt, sondern auch von neueren psychologischen Theorien, die das "Ich" oder das "Selbst" eine ähnliche Funktion ausüben lassen. Auch auf diesem Gebiet ist es die Gesetzeserkenntnis, soweit eine solche möglich ist, die über die streitenden Auffassungen hinausführen kann. Das einzige Gesetz, das überall auf psychischem Gebiet gespürt werden kann, ist das Gesetz der Synthese. Wenn der Begriff Synthese als Grundbegriff in der Psychologie aufgefaßt wird, ist nicht der Begriff einer Kraft, sondern eben der Begriff eines Gesetzes oder einer Form alles Bewußtseinslebens gemeint. Was eine psychologische Analyse finden kann, wird sich stets als spezielle Form dieser Grundform zeigen. Es ist nicht überflüssig, zu bemerken, daß die Frage, ob das Grundgesetz der Synthese überall innerhalb des Bewußtseinslebens erwiesen werden kann, von der Beantwortung der Frage, ob das Bewußtseinsleben überhaupt als das Produkt physischer und chemischer Prozesse erklärt werden kann, unabhängig ist. Die eigene Aufgabe der Psychologie bleibt dieselbe, ob man diese Frage mit Ja oder mit Nein beantwortet. Das Verhältnis zwischen Erlebnis und Deutung innerhalb der Psychologie wird dadurch nicht geändert. Auch die Kategorien, mit welchen die physische und chemische Forschung arbeitet, sind spezielle Formen der Synthese, die sich, wie alle anderen Kategorien, beim Streben des Gedankens, vorliegende Erlebnisse zu deuten, entwickelt haben. Der Gedanke selbst ist, sowohl vom psychologischen als vom erkenntnistheoretischen Gesichtspunkt aus, sein eigenes, letztes Problem, wie auch alle anderen Probleme beantwortet sein möchten.

Wir haben oben (§§ 5 - 6) das Verhältnis zwischen dem psychologischen und dem erkenntnistheoretischen Gesichtspunkte untersucht. Jetzt machen wir den Standpunkt der Psychologie zum Gegenstand einer erkenntnistheoretischen Untersuchung, wie die Psychologie von ihrem Standpunkt aus die Möglichkeit der Entwicklung eines wissenschaftlichen Bewußtseins untersucht. Was erkenntnistheoretisch der einzige Weg zur Wahrheit ist, das ist psychologisch nur eine der vielen faktischen Richtungen, welche das Bewußtseinsleben einschlagen kann und die Frage wird dann, wie diese Richtung sich faktisch zu den anderen Richtungen verhält. Wenn dagegen die Psychologie zum Gegenstand der Erkenntnistheorie gemacht wird, ist es, um die Berechtigung des von Psychologie eingeschlagenen Weges zur Wahrheit zu untersuchen. Und die wichtigste Frage ist hier wieder die vom Totalitätscharakter des Bewußtseinslebens.

Sowohl subjektvie als auch objektive Psychologie, d. h. sowohl Selbstbeobachtung als Beobachtung der äußeren Erscheinungen, an welche das Bewußtseinsleben in der einen oder der anderen Weise geknüpft ist, muß das Bewußtseinsleben als eine kleine Welt betrachten, deren Elemente in beständiger gegenseitiger Wechselwirkung nach bestimmten Gesetzen stehen und deren Jetztzeit durch ihre Vorzeit bestimmt wird. Im Verhältnis zwischen Jetztzeit und Vorzeit, also im historischen Charakter des Bewußtseinslebens, tritt das Gesetz der Totalität oder der Synthese besonders hervor. Nun haben zwar, wie wir später sehen weren, auch alle materiellen Naturerscheinungen einen historischen Charakter. Auch bei ihnen muß die Vorzeit berücksichtigt werden. Dies gilt von Organismen, Himmelskörpern und Sternsystemen und es gilt sogar von so leblosen Dingen wie Fabrikaten. Zwei eiserne Nägel können ganz gleich aussehen; wenn aber der eine mehrmals gehämmert worden ist, wird sein molekularer Zustand von dem des anderen, der einer solchen Behandlung nicht unterworfen war, verschieden sein. Die Statik ist überhaupt, wenn sie von der Dynamik isoliert wird, "eine unvollständige und unfruchtbare Wissenschaft, ein vom Stamm geschiedener Ast." (7) Im Bewußtseinsleben tritt aber dieser historische Charakter in bedeutungsvollster Weise hervor.

Dieser historische Charakter ist schon mit der Stellung des Begriffs der Synthese in der Psychologie gegeben. Die bewußten oder unbewußten Nachwirkungen der vorausgehenden Elemente und Zustände werden immer mit den folgenden Elementen und Zuständen verbunden und bestimmen dadurch ihren Grad und ihre Beschaffenheit. In diese Richtung zeigen schon das FECHNERsche Gesetz und das Kontrastgesetz. Besonders deutlich tritt dieses Verhältnis bei Bewegungsempfindungen hervor. Wenn unsere eigene Bewegung empfunden werden soll, müssen die früheren Einwirkungen auf das Gehirn von den Zuständen und Stellungen der Muskelfibern, der Glieder und der Haut stets mit den folgenden kombiniert werden und nur mittels dieser Zusammenfassung enstehen Bewegungsempfindungen. Was physiologisch gesehen eine sukzessive Mannigfaltigkeit ist, tritt psychologisch als eine kontinuierliche Totalität hervor. Man hat darum mit Recht von einem "motorischen Totalitätsbewußtsein" als für die Auffassung unserer selbst als wollender und handelnder Personen grundlegend gesprochen. (8) Als Seitenstück zu solchen elementaren Erscheinungen, in welchen doch das Grundgesetz des Bewußtseinslebens deutlich hervortritt, können wir den Beschluß, in strengster Bedeutung dieses Wortes, im Gegensatz zu Trieb und Vorsatz, anführen: in ihm wird eine Entscheidung durch alle Elemente der Persönlichkeit und durch die vorausgehende Geschichte der Persönlichkeit und durch die vorausgehende Geschichte der Persönlichkeit bestimmt. In einem solchen Beschluß treten sowohl die reale als die formale Seite der Persönlichkeit, sowohl Inhalt als Form, sowohl "Seele" als "Geist" in ausgeprägter Weise hervor.

Wenn man oft das Selbstbewußtsein, das Wiedererkennen seiner selbst, als den charakteristischen Ausdruck der Persönlichkeit betrachtet, darf man nicht vergessen, daß eben die Selbstidentifizierung, die durch diese Ausdrücke bezeichnet wird, ein umfassende Synthese voraussetzt, innerhalb welcher eine Analyse, ein besonderes Hervorheben derjenigen Elemente, durch welche das Wiedererkennen seiner selbst bedingt ist, stattfinden kann. Und diese Elemente müssen zusammengefaßt werden, wenn das Wiedererkennen möglich sein soll. Wie es KANT in seiner Sprache ausdrückt, die analytische Einheit der Apperzeption (d. h. die Vorstellung der Identität des Bewußtseins in einer Mannigfaltigkeit gegebener Vorstellungen) ist nur unter der Voraussetzung einer synthetischen Einheit möglich. Man muß erinnern, sagt er ferner, daß das Bewußtsein nicht eine (einzelne) Vorstellung, sondern eine Form des Vorstellens ist. Wir bewegen uns hier in einem Kreis, weil wir das Bewußtsein immer gebrauchen müssen, um etwas von ihm aussagen zu können. (9)

Auch von einer anderen Seite tritt der Totalitätsbegriff auf dem psychologischen Gebiet hervor. Die scharfen Unterschiede zwischen psychischen Zuständen und zwischen psychischen Elementen, die Unterschiede, die den Distinktionen und Einteilungen der analytischen Psychologie zugrunde liegen, treten erst bei mehr fortgeschrittener Entwicklung des Bewußtseins klar hervor. Die primitiveren Zustände sind mehr homogen und gleichzeitig mehr konzentriert. Die Entwicklung besteht hier, wie überall, in fortschreitender Differentiation [schrittweiser Annäherung - wp]. Um einen bedeutungsvollen Unterschied oder Gegensatz auf psychischem Gebiet zu verstehen, muß man daher auf die historische Entwicklung, die zu ihnen geführt hat, zurückblicken. Das gleiche gilt selbstverständlich auch von den Konzentrationen, die (z. B. in einem Beschluß nach langer Überlegung) die Differentiationen ablösen können. Es ist von großer Wichtigkeit, diese historischen Charakter festzuhalten, damit man weder zu viel noch zu wenig Gewicht auf psychologische Einteilungen legen soll. Viel Kritik, die gegen die "Dreiteilung" in der Psychologie gerichtet ist, wird gegenstandslos, wenn dieser Gesichtspunk (der in meiner Darstellung der Psychologie zugrunde gelegt ist, siehe besonders Kapitel IV) festgehalten wird. Man kann sehr gut die Dreiteilung als ein Schema benutzen und doch die drei Arten von Elementen auf eine reduzieren (nach meiner Auffassung auf die Willenselemente).

Es hängt mit dem historischen Charakter des Bewußtseinslebens genau zusammen, daß psychologische Probleme sehr oft durch Brüche im direkten Zusammenhang des Bewußtseinslebens veranlaßt werden. Es gilt in solchen Fällen einen tiefer liegenden Zusammenhang mit Hilfe der psychologischen Gesetze zu finden. Ein wichtiges Beispiel hiervon ist die Motivverschieben, die im Einfluß, welchen Vorstellungen auf Gefühle faktisch ausüben, ihren Grund hat. In diesem Einfluß liegt nämlich die Möglichkeit, daß, wenn eine Vorstellung eine andere Vorstellung hervorruft, das Gefühl, das an die erste geknüpft ist, auf die andere überführt wird und an diese geknüpft bleibt, auch nachdem die erste weggefallen ist. Hier liegt eine Möglichkeit für geistige Entwicklung, die besonders SPINOZA und die englischen Psychologen (10) hervorgehoben haben. Auf dem Gebiet der Erkenntnis haben wir ein großes Beispiel in der Arbeit, die durch chaotische Verschiedenheitsreihen bewirkten Hinderungen des kontinuierlichen Gedankenlebens zu überwinden.

Es gibt doch auch psychologische Probleme anderer Art, solche nämlich, in welchem die Aufgabe gestellt wird, die Natur und das Entstehen komplexer psychischer Erscheinungen zu verstehen. Man muß dann solche speziell psychischen Totalitäten beschreiben und analysieren, um dann die Bedingungen ihres Entstehens und Bestehens zu finden. Man kann z. B. die Frage nach dem Wesen und den Bedingungen des religiösen Glaubens, des Gewissens, des künstlerischen Interesses aufzuwerfen. In meiner "Religionsphilosophie" habe ich die Religion von diesem Gesichtspunkt aus untersucht und in "Der große Humor" habe ich ein anderes Beispiel dieser Art von Untersuchungen gegeben. -

Ich habe mich bisher an subjektive Psychologie gehalten, die sich auf Selbstbeobachtung gründet, übrigens aber auch alles, was auf experimentellem, physiologischen und historischen Weg ans Licht gezogen werden kann, sehr wohl anzuwenden vermag. Eine rein objektive Psychologie würden den Versuch machen, von der Selbstbeobachtung ganz abzusehen und sich an vorliegende äußere Wahrnehmungen, besonders physiologischer Art, zu halten. Es wird freilich auf einer Jllusion beruhen, wenn man meint, auf diesem Wege eine Psychologie gründen zu können; denn was die physiologiscchen Erscheinungen, die man wahrnehmen kann, bedeuten, wird man ohne die Einsicht in das Bewußtseinsleben, die nur durch Selbstbeobachtung zu haben ist, gar nicht verstehen können. Ein solcher Versuch ist doch von BECHTEREW in seiner "Objektiven Psychologie" gemacht. Ich sehe hier davon ab, daß ein kritischer Durchgang dieses Werkes die Selbstbeobachtung als versteckt wirkend entdecken wird. Was aber in diesem Zusammenhang Interesse hat, ist, daß BECHTEREW selbst, von seinem rein physiologischen Standpunkt aus, eine "persönliche Sphäre" aufweisen zu können glaubt. Sie soll besonders in ihrer Selbständigkeit hervortreten, wenn das Verhalten des Organismus nicht durch die Beschaffenheit der äußeren Einwirkungen, sondern durch die "Spuren" der früheren Einwirkungen bestimmt wird. Die persönliche Sphäre ist ein Inbegriff solcher Spuren, die die "Neuropsyche" des Organismus ausmachen und deren Reaktionen wir Handlungen oder Taten nennen. (11) - Auch von einem rein objektiven Standpunkt aus ist also die Persönlichkeit eine zentralisierte, historisch entwickelte Totalität, die ein Gegenstand wissenschaftlicher Analyse ist.

22. Auf soziologischen Gebiet steht, wie auf dem biologischen und psychologischem, eine "mechanische" Auffassung einer "organischen" gegenüber. Die Frage ist, ob eine Totalität - hier eine Gemeinschaft oder ein Staat - nur durch äußere Verbindung von Elementen, die an und für sich auch ohne eine solche Verbindung existieren könnten, erklärt werden kann.

Eine rein äußerliche Verbindung scheint gegeben zu sein, wenn bisher unabhängige Individuen eine Übereinkuft, einen Kontrakt eingehen, in welchem sie versprechen, gewisse Regeln zu beobachten, damit ein Zusammenleben und gemeinsame Wirksamkeit möglich werden können. Als eine Art Kontrakt wird dann auch das Entstehen der Gemeinschaft von der mechanischen Soziologie, wie sie im alten Naturrecht und in vielen Formen des modernen Individualismus hervortritt, gedacht. Besonders oft wird diese Auffassung von der Opposition gegen eine bestehende, in bestimmten Formen kristallisierte Gemeinschaft zugrunde gelegt. In scharfem Gegensatz gegen die Kontrakttheorie behauptete im neunzehnten Jahrhundert die sogenannte historische Schule eine "organische" Auffassung der Gemeinschaft, nach welcher diese als eine Totalität, oft als eine mystische Totalität, hervortritt, die, weit davon, eine bloe Summe von Individuen zu sein, die Individuen sogar in ihrem innersten Wesen und in ihrer Handlungsweise bestimmt.

HOBBES ist ausgeprägte Repräsentant der ersten Auffassung, COMTE und HEGEL der zweiten.

Wenn die erste Auffassung den Gesichtspunkt eines Kontrakts benutzt, um das Entstehen der Gemeinschaft zu erklären, wendet sie eine Auffassung an, die nur verständlich ist, wenn eine Gemeinschaft und eine mit Macht behauptete Rechtsordnung schon vorausgesetzt wird. Was bewiesen werden sollte, wird also vorausgesetzt. Die alten Naturrechtslehrer haben dies schon gesehen, wenn sie sagen, daß der gemeinschaftsstiftende Kontrakt eine stillschweigende Voraussetzung ist (a supposed covenant, wie sich HOBBES ausdrückt); er ist also nicht mit klarem Bewußtsein eingangen, sondern "liegt in" der unwillkürlichen Weise, in welcher sich das Verhältnis zwischen Menschen ordnen kann. Die Gemeinschaft und ihre Ordnung ist also eine Frucht der Richtung oder des Zusammenspiels von Richtungen, die sich schon vorher im Leben der Individuen, vor der Ausbildung von eigentlichen Gemeinschaftsformen und Institutionen, unwillkürlich gebildet hatt. Der Begriff der Richtung drängt sich auch hier hervor. Wie es eine Jllusion ist, wenn man von Atomen, Kräften oder Bewegungen ohne Rücksicht auf die bestimmten Richtungen, in welchem die Atome wirken und die Kräfte gelten, redet, so ist es auch eine Jllusion, wenn man von Individuen spricht ohne Rücksicht auf die Art und Weise, in welcher das Leben sie zum Zusammenleben und Zusammenwirken mit anderen geführt hat, schon bevor sie mit Bewußtsein ihre Verhältnisse ordnen konnten. Es ist niemals eine Zeit gewesen, in welcher die Menschen in einem reinen "Naturzustand" gelebt haben. Dies tritt in charakteristischer Weise bei HOBBES hervor, wenn er sagt, daß es im Naturzustand keinen Sohn gebe (filium in statu naturali intelligi non posse. De cive II, 10), weil schon das Verhältnis zwischen Mutter und Kind unter dem Gesichtspunkt eines stillschweigenden Kontraktes, den das Kind dadurch eingeht, daß es die Hilfe der Mutter empfängt, gesehen werden muß. Besser könnte es nicht ausgesprochen werden, daß die Gemeinschaft schon in den ersten Äußerungen des Menschenlebens da ist. HOBBES hat denn auch klar gesehen, daß er sich, um seine soziale Mechanik durchführen zu können, die Menschen als Pilze aus der Erde aufschießend und dann nachher Verbindungen eingehend denken müßte. Die Analogie, die HOBBES wirklich anwendet, ist die zwischen Staaten und Individuen. Verschiedene Staaten können ja ganz unabhängig voneinander entstehen und ihr Verhältnis kann daher ein reiner Naturzustand, d. h. nach HOBBES ein Kriegszustand (12), sein. Er denkt sich das Verhältnis zwischen Individuen in Analogie mit den Verhältnissen der souveränen Staaten untereinander. Die Frage kehrt dann aber zurück, wenn wir über das Entstehen jedes dieser Staaten nachdenken.

Die Eigentümlichkeit der naturrechtlichen Auffassung ist, daß sie unwillkürliche, zum Teil unbewußte soziale Zustände durch solche soziale Prozesse erklären will, die ein mehr oder minder klares Bewußtsein bei den teilnehmenden Individuen voraussetzen. Es ist eine analoge Art des Denkens, die viele Psychologen dazu verleitet, die primitiven und unwillkürlichen Äußerungen des Seelenlebens durch Elemente zu erklären, die durch Analyse hochentwickelter und differenzierter Zustände gefunden sind. -

Die "organische" Auffassung behauptet, daß das Gemeinschaftsleben in der einen oder anderen Form und in diesem oder dem anderen Umfang immer zugegen ist, sobald ein Menschenleben überhaupt existiert. In der primitiven Familie, jedenfalls im Verhältnis von Mutter und Kind und im Leben der Horde - Erscheinungen, die überall, wo Menschen leben, vorkommen - ist eine Gemeinschaft schon gegeben. Nach dieser Auffassung ist die Gemeinschaft das Primäre und das Individuum, wie selbständig es sich auch entwickeln mag, ist seiner ganzen Natur nach und in allen seinen Lebensverhältnissen sozial bedingt und bestimmt. Jede menschliche Lebensäußerung und Lebensform findet seine letzte Erklärung im sozialen Einfluß. In dieser Auffassung kommt das Unbewußte und Unwillkürliche, überhaupt das psychische Leben, das klarem Bewußtsein, Schließen und Beschließen vorausgeht, zu seinem Recht. Die Einsicht waltet, daß die einzelnen Individuen nicht in absoluter Isolation existieren, sondern durch den Zusammenhang, innerhalb dessen sie enstanden sind und sich entwickelt haben, das sind, was sie sind. Das Ganze ist hier nicht ein mechanisches Aggregat, sondern eine ursprüngliche Realität, deren Geschichte die eigentliche Geschichte ist.

Die "organische" Auffassung paßt besser auf das Gemeinschaftsleben in seinen mehr primitiven Formen, während sich die "mechanische" Auffassung auf Erfahrungen aus späteren sozialen Entwicklungsstufen berufen kann. Wie Sir HENRY MAINE in einer Reihe bedeutender Darstellungen (zuerst in "Ancient Law", 1861) gezeigt hat, kann der Unterschied zwischen mehr primitiven und mehr entwickelten Gemeinschaftsformen als ein Unterschied zwischen Zustand (status) und Kontrakt (contractus) bezeichnet werden. Später ist dieser Gegensatz spezieller von SPENCER, DURKHEIM und TÖNNIES entwickelt worden. Besonders TÖNNIES hat ("Gemeinschaft und Gesellschaft", 1887) gezeigt, daß dieser Gegensatz mit dem Gegensatz zwischen dem unwillkürlichen Charakter des Willenslebens auf seinen früheren Stufen, wo es unmittelbar aus der Natur entspring (als "Wesenswille") und dem bewußten, durch Wahl zwischen bestimmten Möglichkeiten bedingten Willen ("Willkür") zusammenhängt. Im Gegensatz zum Instinkt und zur unwillkürlichen Hingebung tritt nun Vergleichung und Nachdenken über Zweck und Mittel, wie in der Gemeinschaft Familienverbände von Übereinkunft, Sitte von Gesetzesregeln und Interessenausgleich und wie Glaube von Wissenschaft abgelöst wird. Es sind zwei soziale Totalitätstypen, die sich auf sonst sehr verschiedenen Kulturstufen wiederholen und einander in rhythmischer Weise ablösen können.

Für beide Typen, die kontraktbestimmte wie die naturbestimmte, gilt es, daß die Individuen immer einem Ganzen angehören, während andererseits das Gemeinschaftsleben in dem einzelnen Individuen und durch sie besteht, indem individuelle Initiativen oft von entscheidender Bedeutung für soziale Entschwicklung wird.

Auch hier gilt es, daß der Totalitätsbegriff nicht zur Erklärung einzelner bestimmter Erscheinungen gebraucht werden kann. Ebensowenig wie die Lebenskraft eine einzelne organische Erscheinung und der Begriff der Seele eine einzelne seelsiche Erscheinung erklärt, ebensowenig erklärt der Begriff der  Gemeinschaft  eine einzelne soziale Erscheinung. Auf sozialem wie auf psychologischem und biologischem Gebiet gilt es, das Gesetz, oder richtiger die Gesetze, mittels welcher ein Totalzusammenhang als solcher hervortritt, zu finden. Es gibt eine soziologische Mystik, wie es eine psychologische und eine biologisch Mystik gibt. Ich finde z. B. eine solche Mystik im Satz von DURKHEIM, daß ein Faktum nicht sozial ist, weil es bei allen Individuen einer Gemeinschaft gefunden wird sondern umgekehrt. Eine soziale Form muß sich aber entwickelt haben, bevor sie sich den Individuen, eine Wechselwirkung, in welcher die einzelnen jedes fürsich sowohl aktiv als auch rezeptiv sind. Auf keinem Punkt verchwindet die individuelle Selbständigkeit ganz. Jedes einzelne Individuum ist ja ein kleines Ganzes, wie sowohl die Biologie als die Psychologie lehren. Die Selbständigkeit äußert sich sowohl in der Art und dem Grad der Empfänglichkeit als auch in Initiativen, die im Verkehr mit anderen Individuen ausgeformt werden können. Im Verlaufe dieses Verkehrs kann der neue Einschuß, der im Innern eines einzelnen Individuuums seinen Ursprung hat, Änderungen erleiden teils durch unwillkürliche Verschiebungen, teils durch bewußte Zufügungen und Kombinationen und teils durch Begegnung mit Initiativen von anderen Individuen. GRIMM lehrte, daß die Volksdichtung aus der Seele des Volkes enstprungen ist, aber A. W. SCHLEGEL behauptete dieser mystisch-poetischen Auffassung gegenüber, daß sie nur dem Umstand zu verdanken ist, daß wir die Verfasser der einzelnen Gedichte nicht kennen. (13) Und BURCKHARDT hat dies weiter ausgeführt: "Volksepos, Volkslied und Volksmelodie sind scheinbar dispensiert [enthoben - wp] von der Entstehung durch große Individuen; diesen substituiert sich ein ganzes Volk, welches wir uns ad hoc in einem besonderen glücklich-naiven Kulturzustand vorstellen. Allein diese Substitution beruth tatsächlich nur auf der Mangelhaftigkeit der Überlieferung. Der epische Sänger, dessen Namen wir nicht mehr (oder nur als Kollektivum) kennen, ist sehr groß gewesen in dem Augenblick, da er einen Zweig der Sage seines Volkes  zum ersten Mal  in dauernde Form faßte; in diesem Augenblick konzentrierte sich in ihm der Volksgeist magisch ... sonst hätte das Lied schon keine Dauer." (14) - Alles Neue muß von den einzelnen Individuen stammen, zuletzt von einem einzelnen, in dessen Bewußtsein eine eigentümliche Kristallisation stattgefunden hat. Später wird es eine neue Aufgabe, zu untersuchen, wie die Kristallisation möglich wäre und hier steht man wieder der Wechselwirkung zwischen den Individuen und zwischen ihnen und den bestehenden Überlieferungen, gegenüber. Es ist Mythologie, wenn die historische Schule (besonders die preußische) die einzelnen Individuen nur als sekundär betrachtet. Die neuen Anfänge können, bevor sie zu sozialer Organisation führen, nur im Bewußtsein der einzelnen Individuen, soweit es zugänglich ist, studiert werden. Hier können Mutationen von sehr verschiedener Lebensdauer entstehen. Schon im Gemüt der Einzelnen besteht hier ein beständiger Kampf zwischen dem Neuen und dem Überlieferten. Solche Prozesse können nicht verstanden werden, wenn man die Gemeinschaft zu einer wirkenden Kraft macht und einem sozialen Vitalismus huldigt.

Ein interessantes Beispiel einer solchen Krisis ist das Verhältnis des schwedischen Historikers und Philosophen ERIK GUSTAF GEIJER zur historisch-romantischen Schule, welcher er mit Begeisterung angehört hatte. Nach seiner eigenen Erklärung war es die Historie selbst, die ihn von der historischen Schule wegführte. Die Historie zeigte ihm die Bedeutung der individuellen Initiative. Er erblickte die Möglichkeit, daß eine Generation oder eine Gruppe von Menschen im Vertrauen auf die Zukunft und ihre Möglichkeiten Erbe und Schuld aufgeben (schwedisch: "göra sig urarfva") könnte. (15) Die Überlieferung wird zur Seite geschoben; es werden neue Bahnen eingeschlagen und es geschieht anscheinend ein Bruch mit der Kontinuität. Aber jeder solche "Bruch" stellt nur dem Forscher die Aufgabe, einen tiefer liegenden Zusammenhang zu finden als denjenigen, an dem man vorher halt gemacht hatte. Ein Sprung oder ein Bruch bedeutet für die Wissenschaft nur ein neues Problem, ob dieses nun gelöst werden kann oder nicht. Man hat von ALEXIS de TOCQUEVILLE mit Recht gesagt, daß er in seinem Buch "L'ancien Régime et la Révolution" für die Geschichte getan hat, was LYELL für die Geologie tat, als er die Katastrophentheorie umstürzte. Die Revolution kam nun nicht mehr wie ein Wunder, sondern stand als vorbereitet durch die jahrundertelange Tendenz der absoluten Monarchie, alle Macht auf einen einzelnen Punkt zu konzentrieren. Das revolutionäre Regiment war nur eine Fortsetzung dieser Konzentration und die Revolution brauchte nur auf diesen einzelnen Punkt einzudringen, um alles zu beherrschen.

Je mehr ein tieferen Zusammenhang gefunden wird, umso schwieriger wird es, die Geschichte in Perioden einzuteilen. Die gewöhnliche Einteilung der Geschichte Europas in Altertum, Mittelalter und Neuzeit soll von den Philologen des siebzehnten Jahrhunderts herrühren, für die die dem Humanisms voranliegenden Jahrhunderte als eine abgeschlossene Periode galten. (16) Für die Forschung einer späteren Zeit konnte das Mittelalter sich in eine Reihe von Renaissance - vom neunten zum fünfzehnten Jahrhundert - aufzulösen scheinen und es konnte eine Frage werden, ob wir nicht noch im Mittelalter leben. (17) Ein hervorragender Historiker (18) hat sogar erklärt, daß er den Gegensatz zwischen der Geschichte des Altertums und der der neueren Zeit nicht anerkenne.

23. Auch nicht auf soziologischem Gebiet kann also der Totalitätsbegriff an und für sich zur Erklärung der Erscheinungen gebraucht werden. Die Aufgabe ist auch hier, das Gesetz, das die Erscheinungen verbindet und die Totalität bedingt, zu finden.

Soziologie ist eine historische Wissenschaft. Die Zukunft des Gemeinschaftslebens kennen wir nicht; seinen gegenwärtigen Zustand können wir nicht übersehen; was gegeben ist, das eigentliche Erlebnis, ist die Entwicklung des Gemeinschaftslebens in der Vorzeit. Die Aufgabe der Geschichtsforschung ist Beschreibung und Verständnis von Begebenheiten, Institutionen und Persönlichkeiten. Sie wendet dieselbe Methode wie die Naturwissenschaft an. Das Wirklichkeitskriterium ist dasselbe, dort wie hier. Die Vorzeit ist nicht unmittelbar gegeben; nur Berichte oder Denkmäler liegen vor. Aber der Naturforscher hat ja auch nicht die Natur unmittelbar gegeben, sondern nur Wahrnehmungen von Naturerscheinungen. Wie sich der Naturforscher durch vergleichende Wahrnehmungen von Naturerscheinungen ein Totalbild eines Naturzusammenhanges bilden soll, so soll sich der Historiker durch Vergleichung von Berichten und Denkmälern eine zusammenhängende Auffassung der Vorzeit bilden. Überall ist der gesetzmäßige Zusammenhang das Kriterium einer Wirklichkeit. Wie Widersprüche zwischen Wahrnehmungen dadurch wegfallen, daß die verschiedenen Wahrnehmungen auf Verschiedenheiten der Gesichtspunkte, der Sinnesorgane oder der Beobachtungsmittel zurückgeführt werden, so daß es einleuchtet, daß, was aus einem Gesichtspunkt in einer gewissen Weise hervortritt, aus einem anderen Gesichtspunkt in einer anderen Weise hervortreten muß, - ebenso können Widersprüche zwischen verschiedenen Berichten dadurch erklärt werden, daß dieselb Begebenheit von verschiedenen Berichtern nach ihren Voraussetzungen verschieden aufgefaßt werden mußte. Der englische Historiker GARDINER hat ganz besonders das Vermögen gehabt, die Bedeutung, welche historische Persönlichkeiten in den Augen ihrer Widersacher haben mußten, zu verstehen. (19) Es ist nicht genug, Wahrnehmungen oder Berichte zu korrigieren; es muß auch gezeigt werden, wie die Wahrnehmungen und Berichte, die der Korrektion bedürftig sind, haben entstehen können. Die vollkommene Wahrheit muß beweisen können, wie das, was in einer gewissen Weise für ein Subjekt hervortritt, für ein anderes Subjekt ganz anders hervortreten muß, - wobei der Forscher selbst nicht vergessen darf, daß auch er selbst ein Subjekt ist. Jede Definition der Wahrheit hat nur dadurch Bedeutung, daß sie die Aufgabe stellt, neue Erlebnisse und neue Gesichtspunkte und einen immer genaueren Zusammenhang nicht nur zwischen den Erlebnissen, sondern auch zwischen den Gesichtspunkten zu finden. (20)

Es besteht in dieser Beziehung nur ein gradueller Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Geschichte, der dadurch bewirkt wird, daß das Wirklichkeitskriterium nicht auf beiden Gebieten mit gleicher Genauigkeit und Vollständigkeit angewandt werden kann. Dem Geschichtsforscher steht die exakte Methode, die der Naturforscher anwenden kann, nicht zu Gebote. Dies bedingt aber keinen prinzipiellen Unterschied.

Man hat einen prinzipiellen Unterschied zwischen Naturforschung und Geschichtsforschung darin finden wollen, daß jene auf allgemeine Gesetze, diese auf Auffassung und Verständnis individueller Erscheinungen (Begebenheiten, Institutionen, Persönlichkeiten) gerichtet ist. HEINRICH RICKERT hat in sehr interessanter Weise diesen Unterschied zwischen Geschichte ("Kulturwissenschaft") und Naturwissenschaft geltend gemacht. Er erklärt ausdrücklich, daß er dabei das Gewicht auf die Ziele, die sich die verschiedenen Wissenschaften stellen, lege, nicht auf die Mittel, mit welchen sie wirken. (21)

Ist es nun das letzte Ziel der Naturwissenschaft, allgemeine Gesetze aufzuzeigen? Das Interesse, allgemeine Gesetze zu finden, hat sich natürlich aus dem Bedürfnis, so genau als möglich zwischen Wirklichkeit und Einbildung unterscheiden zu können entwickelt, indem das Wirklichkeitskriterium eben der feste, unbiegsame Zusammenhang verschiedener Erlebnisse ist. Das Auffinden allgemeiner Gesetze ist dann später ein Gegenstand selbständigen Interesses geworden, das bestehen kann, obgleich diese Auffindung keine praktische Bedeutung hat. Der einzelne Forscher kann bei einem Gesetz stehen bleiben und die Aufgabe seines Lebens in der Aufzeigung und Bestätigung dieses Gesetzes finden. Aber je mehr Gesetze gefunden werden, umso mehr entschleiert sich uns eine große Totalität, die wir Natur nennen und in welcher eben das Zusammenspiel der einzelnen Gesetze den Totalitätscharakter bedingt. Die Natur, in dieser Bedeutung des Wortes, ist ein Unikum. Das Dasein ist nur eines und ist ein individuelles Ganzes, indem die Individualität, nach der Definition LEIBNIZ', in einem Gesetz der Kontinuität durch die Reihe der Variationen besteht. Wenn RICKERT sagt, daß das Einzelne und Individuelle den Naturforscher nur insoweit interessiert, als es dazu beitragen kann, die materielle Welt als Ganzes zu verstehen (Seite 60), (22) dann räumt er ja selbst ein, daß Gesetze zuletzt dazu dienen sollen, die große Individualität, die wir die Natur nennen, zu verstehen. Die Naturforschung studiert also den Charakter oder die Biografie der Natur. Die Geschichtsforschung studiert die Biographie der Menschheit, besonders der europäischen Menschheit. Eine höhere Aufgabe, die aber vielleicht über das Gebiet der Erkenntnis hinaus liegt, wäre die, diese beiden Biographie zu einer einzigen zusammenzuarbeiten. Wie es sich nun damit auch verhält, - wenn man überhaupt von einem letzten Ziel der Wissenschaft reden will, dann gehört dieses Ziel unter den Begriff der Totalität, nicht unter den abstrakten Begriff des Allgemeinen.

RICKERT wird hierzu sagen, daß er an die einzelnen, beschränkten Individuen denkt. Die Geschichte suche einzelne Begebenheiten oder Persönlichkeiten, die allein stehen und nicht wiederkommen, zu charakterisieren; sie habe mit dem "Einmaligen" zu tun. Die Naturwissenschaft suche dagegen in ihren Zahlen und Formeln die Verhältnisse, die sich immer wiederholen zu bestimmen. Die einzelnen, individuellen Erscheinungen sind für den Naturforscher nur Beispiele (Seite 354f). Hiergegen habe ich in einer Kritik einer Abhandlung RICKERTs behauptet, daß auch nicht in der materiellen Natur absolute Wiederholung herrsche, was einleuchtet, wenn man die einzelnen Erscheinungen genau analysiert; "das Einmalige" herrsche in der Natur wie in der Geschichte. In der neuen Ausgabe seines Hauptwerkes (1913) gesteht RICKERT in seiner Antwort auf meine Bemerkung: "Es findet in der Natur wie in der Geschichte jede Begebenheit nur einmal statt und es gibt in Wirklichkeit keine Wiederholungen." (Seite 468) In meinen Augen ist damit der prinzipielle Gegensatz zwischen Naturwissenschaft und Geschichte weggefallen. Das Ziel muß ja sein, die Erlebnisse zu verstehen und wenn diese "einmalig" sind, muß die Erkenntnis des Individuellen das Ziel jeder Wissenschaft sein. Es wird dann, wenn die allgemeinen Gesetze gefunden sind, die Aufgabe übrig bleiben, die Erklärung dessen, das sich nicht wiederholt, zu geben. "Das Einmalige" stellt immer ein Problem dar, ob dieses nun gelöst werden kann oder nicht. Es zeigt sich auch, daß sich die Naturwissenschaft die Aufgabe stellt, spezielle Entwicklungsprozesse (Von Sternsystemen, Himmelskörpern, Bergen, Flüssen, Organismen, Arten) aufzuzeigen und zu erklären und es ist ein verzweifelter Ausweg, den RICKERT ergreift, wenn er (Seite 454) erklärt, daß die Entwicklungslehre zur Geschichtswissenschaft, nicht zur Naturwissenschaft gehört. Die verschiedenen Entwicklungshypothesen sind eben Versuche, das Entstehen und Bestehen eines individuellen Ganzen mittels naturwissenschaftlicher Gesetze zu verstehen. Eine analoge Aufgabe stellt sich der Historiker, wenn er die Bedingungen des Eintretens einer historischen Begebenheit untersucht. (23)

GEORG SIMMEL, den RICKERT (Seite 269) als seinen Vorgänger betrachtet, behauptet doch eben, daß der Totalzusammenhang, der historisches Verständnis bedingt, über dem Gegensatz des Allgemeinen und des Individuellen, den man bisher als ein unüberwindliches Entweder-Oder betrachtet habe, steht. (24) Der Standpunkt SIMMELs würde mehr zu seinem Recht gekommen sein, wenn er innerhalb des Individuellen zwischem dem Typischen (der Charakteristik) und dem Konkreten (den einzelnen Äußerungen und Situationen) gesondert hätte.

Das Ziel der Wissenschaft ist weder das Allgemeine, noch das Individuelle, sondern das Verständnis der Wirklichkeit, die immer individuell ist, mit Hilfe der allgemeinen Gesetze, - dieser Gesetze, die ja schon die Grenze zwischen Wirklichkeit und Traum festsetzen und zugleich die einzige Möglichkeit, unsere Träume selbst zu verstehen, bedingen. Unsere vollkommensten Gedanken sind weder Allgemeinbegriffe oder konkrete Individualbegriffe, sondern typische Individualbegriffe.
LITERATUR - Harald Höffding, Der Totalitätsbegriff - Eine erkenntnistheoretische Untersuchung, Leipzig 1917
    Anmerkungen
    1) JAQUES LOEB, The recent development of Biology (Congress of Arts and Sciences, St. Louis 1904, Vol. V) - The Mechanistic Conception of Life, Chicago 1912 - LOEB erkennt die Berechtigung der Hypothese von ARRHENIUS an, daß kleine Keime durch Strahlendruck durch den Raum getrieben werden und unter gewissen äußeren Verhältnissen neue organische Entwicklungen einleiten können. Aber er hält daran fest, daß die Wissenschaft versuchen muß, lebendige Materie hervorzubringen oder wenigstens zu zeigen, warum es unmöglich ist.
    2) Die klassischen Vitalisten sind van HELMONT und STAHL im siebzehnten Jahrhundert, die Montpellierschule, besonders BARTHEZ im achtzehnten Jahrhundert. - Ich verstehen nicht, wie DRIESCH (History and Theory of Vitalism, 1914, Seite 59f) BLUMENBACH als den charakteristischsten Repräsentanten des alten Vitalismus betrachten kann. BLUMENBACH betrachtet ja, wie DRIESCH selbst bemerkt, die formende Tendenz (nisus formativus) nicht als Ursache, sondern als ein Resultat, dessen Ursache nicht gekannt ist. BLUMENBACH (Über den Bildungstrieb, 1789, Seite 25f) sagt ausdrücklich, daß das Wort "Bildungstrieb", ebensowenig wie das Wort "Anziehung" bei NEWTON, eine Erklärung erhält und er erinnert an NEWTONs ausdrückliche Äußerung darüber. Solche Worte bezeichnen die zu erklärende Erscheinung, nicht die Ursache. Wenn DRIESCH sagt, daß die Kritik LOTZEs und CLAUDE BERNARDs nicht notwendig gewesen wäre, wenn sich alle Vitalisten ebenso klar wie Blumenbach ausgedrück hätten, ist das ganz richtig: es hätt dann überhaupt kein Vitalismus existiert!
    3) JOHN SCOTT HALDANE, Mechanism, Life and Personality, 1913, Seite 27
    4) DRIESCH, The Problem of Individuality, 1914, Seite 41
    5) J. S. HALDANE, Mechanism, Life and Personality, 1913, Seite 98 und 137. - Wie für HALDANE der biologische Gesichtspunkt "höher" als der mechanische ist, so ist wieder der psychologische Gesichtspunkt "höher" als der biologische.
    6) BERGSONs "Elan vital" ist in DRIESCHs Augen ein zu unbestimmter Ausdruck. Er zieht den Begriff Individualität vor, weil hier von einem Grundbegriff, einer Kategorie die Rede ist. (Science and Philosophy of the Organism II, Seite 305, 313) Übrigens findet er viele Berührungspunkte zwischen BERGSONs Auffassung und der seinigen. - Über BERGSONs Vitalismus verweise ich auf mein Büchlein "La philosophie de Henri Bergson", Paris 1916.
    7) PAINLEVE: Mécanique (De la Méthode dans les Sciences 1909, Seite 370 und 400
    8) GADELIUS (vgl. oben § 9)
    9) KANT, Kritik der reinen Vernunft, Seite 133 und 404
    10) Ich benutze diese Gelegenheit, einen Fehler in meiner" Geschichte der neueren Philosophie II", Seite 414f (der deutschen Übersetzung) zu berichtigen. Der hier erwähnte "Appendix B" in JAMES WILL's "Fragment on 'Mackintosh ist der Abdruck eines Kaptitels in einem Buch MACKINTOSHs. Die Ehre der klaren Darstellung der Motivverschiebungstheorie gebührt also nicht JAMES MILL, sondern MACKINTOSH. Die Ehre der klaren Darstellung der Motivverschiebungstheorie gebührt also nicht JAMES MILL, sondern MacIntosh, obgleich JAMES Mill im Prinzip dieselbe Theorie hat.
    11) WLADIMIR BECHTEREW, Objektive Psychologie, 1913, Seite 432 und 435
    12) In all times, Kings, and Persons of Sovereign authority, because of their Independency, are in continual jealousies and in the state and posture of gladiators, having their weapons pointing and theyr eyes fixed on one another.  Leviathan I,  13.
    13) Vgl. GOOCH, History and Historians of the nineteenth century, 1913, Seite 37
    14) BURCKHARDT, Weltgeschichtliche Betrachtungen, Seite 224
    15) GEIJER, Samlade Skrifter VII, Stockholm 1854, Seite 137. - Vgl. Dr. HILMA BORCLIUS' Abhandlung über GEIJER vor dem "Abfall", 1909.
    16) JOHANNES STEENSTRUP, Historie skrivningen, Kopenhagen 1915, Seite 150
    17) FR. PICAVET, Histoire comparée des philosophies médiévales, 1907, Kap. 4
    18) FREEMAN, Methods of Historical Study (1886), Seite 20
    19) GOOCH, History and Historian, Seite 362f
    20) In "Der menschliche Gedanke", Seite 333 - 336 der dt. Übersetzung habe ich versucht zu zeigen, wie diese Auffassung mit dem Satz, daß die Wahrheit nur eine ist, vereinbar ist.
    21) HEINRICH RICKERT, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, Seite 302
    22) Göttingische gelehrte Anzeigen, 1906. Vgl. "Der menschliche Gedanke", Seite 234f, 245 - 247 der dt. Übersetzung.
    23) Während RICKERT die Entwicklungslehre zur Geschichte rechnet, rechnet er die Soziologie zru Naturwissenschaft (Seite 661). Soziologie ist aber, wie TÖNNIES (Soziologie und Geschichte, Die Geisteswissenschaften, 1. Jahrgang) zeigt, eine vergleichende Geschichtsforschung. Als ein Resultat solcher Forschung ist TÖNNIES' Werk  Gemeinschaft und Gesellschaft  aufzufassen. Es behauptet einen typischen Gegensatz, kein allgemeines Gesetz (wie RICKERT meint, Seite 469)
    24) GEORG SIMMEL, Die Probleme der Geschichtsphilosophie. Eine erkenntnistheoretische Studie, 2. Auflage (1905), Seite 34