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HEINRICH SCHMID
Die Gesetze der inneren Natur
im Allgemeinen


"Wir finden die Einheit der Vernunft an jeder einzelnen sinnlichen Wahrnehmung, indem wir hier immer die Mannnigfaltigkeit der sinnlichen Beschaffenheiten in der Einheit der Vernunft zusammenfassen. Diese einzelnen sinnlichen Wahrnehmungen aber geben uns nur zufällige Gehaltsbestimmungen unserer Erkenntnis, an ihnen können wir daher auch keine notwendigen Einheitsformen finden, und wir hätten an diesen dann a priori gegebene Begriffe, welches die Grundbegriffe der Metahysik, die gesuchten Kategorien wären."

"Die Kategorien zeigen sich nicht nur als Bedingungen sinnlich bedingter Anschauungserkenntnis, sondern eines Gehaltes der Erkenntnis schlechthin. So sprechen sich die Kategorien als Gesetze für ein Sein-ansich, d. h. für ein Sein aus, das durch die bloß subjektive sinnliche Beschränktheit der menschlichen Erkenntnis nicht bedingt ist. Hieraus entwickelt sich, vermöge der Selbständigkeit der Einheit der Vernunft die ideale Ansicht, indem die Kategorien, durch eine Negation der Schranken der endlichen, anschaulichen Erkenntnis als Ideen des Absoluten ausgesprochen werden."

"Wir haben im Ich in gleicher Weise eine ursprüngliche, notwendige Form für die innere Erfahrung, wie den Raum für die äußere. Ebenso wie durch alle äußere Wahrnehmung der Raum erfüllt wird, so auch durch alle innere Wahrnehmung das Ich des reinen Selbstbewußtseins."

Die Psychologie steht als innere Naturlehre neben der äußeren Naturlehre oder der Körperlehre. Als entschieden dürfen wir also daraus annehmen, daß die Psychologie den Gesetzen der Natuerkenntnis überhaupt unterworfen ist, und wenn hier eine Metaphysik der inneren Natur dargestellt werden soll, so müssen dieser ohne Zweifel die allgemeinen metaphysischen Naturgesetze zugrunde liegen.

Was nun diese allgemeinen metaphysischen Naturgesetze betrifft, so liegt es nicht im Zweck dieser Abhandlung, diese selbst erst zu begründen, sondern es wird hier eine bestimmte philosophische Grundansicht, welche die allgemeinen metaphysischen Naturgesetze mit in sich schließt, schon vorausgesetzt, und von da aus eine genauere Ausführung ihrer Anwendung auf die Psychologie als innere Naturlehre versucht. Diese vorausgesetzte philosophische Grundansicht ist im Wesentlichen die kantische ist, nämlich in der Weise, wie sie von FRIES richtiger entwickelt worden ist. Die metaphysische Grundlage für die Naturwissenschaft bilden demgemäß die  Kategorien des Verstandes,  und es wird hauptsächlich die Aufgabe sein, diese Kategorien bestimmter in der Psychologie geltend zu machen, und durch sie dieser Wissenschaft einen festeren wissenschaftlichen Grund und eine schärfere wissenschaftliche Form zu geben, als sie in den meisten Darstellungen hat. Weder KANT noch FRIES hat einen vollständigen Gebrauch von diesen Kategorien in der  Psychologie  gemacht, und allerdings läßt sich hier eine weniger vollständige und durchgreifende Anwendung von denselben machen, aber dennoch scheint mir ihre Anwendung auszureichen, um nach ihnen die Psychologie in einem vollständigen wissenschaftlichen System darzustellen, worin sie der äußeren Natur keineswegs nachsteht, wenn man nur anstelle des durchgängig mathematischen Schematismus in der äußeren Natur den Schematismus aus der bloßen Zeit durch die gedachte apriorische Form des reinen Selbstbewußtseins für die innere Natur ergänzt, wodurch wir diejenigen Naturbegriffe, die wir in der äußeren Natur im Raum anschaulich bestimmt erhalten, in der inneren Natur hinzudenken. Der Naturgegenstand selbst also wird uns zwar in der inneren Natur nicht als unmittelbar gegenwärtig in der Anschauung gegeben, aber wir haben doch vollständig die Formen und Gesetze, nach denen wir uns diesen zu den in der Anschauung gegebenen Erscheinungen der inneren Natur denken können.

Im Hinblick auf die vorausgesetzten Kategorien im Allgemeinen sollen zu ihrer Errichtung nur folgende wenige Bemerkungen vorausgeschickt werden (1).

Die Kategorien sind dadurch die Prinzipien aller menschlichen Erkenntnis, also auch die höchsten Grundbegriffe der Metaphysik, daß sie die einzig möglichen Formen sind, in denen sich die notwendige Einheit der Vernunft, das durch die Selbsttätigkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens ursprünglich bestimmte Grundgesetz der ganzen menschlichen Erkenntnis, aussprechen kann. Denn da die ursprüngliche Einheit der Vernunft nur denkend erkannt werden kann, alle Erkenntnis durch Denken aber in der Form des Urteilens geschehen muß, so kann auch die Vernunfteinheit nicht anders als den Formen der Urteile gemäß erkannt werden. So erhalten wir die Kategorien als notwendige Einheitsformen der Vernunft, indem wir die Form der Urteile in ihre Elemente zergliedern, und bei jedem nach der Bedeutung desselben für die Erkenntnis der Vernunfteinheit fragen. So bestimmt sich durch das Subjekt des Urteils der Umfang der Gegenstände, über die geurteilt werden soll, und wir erhalten daraus den metaphysischen Begriff der  Größe;  das Prädikat des Urteils bestimmt die Beschaffenheit der Dinge, und  Qualität  wird daher eine zweite metaphysische Einheitsform, unter der wir die Dinge denken müssen; die Verbindungsweise zwischen Subjekt und Prädikat oder die Kopula im Urteil stellt uns die Dinge im Verhältnis zueinander dar,  Relation  wird daher eine dritte notwendige Einheitsform der Vernunft; jedes Urteil, als mittelbare Erkenntnis, muß endlich, um ein gesetzmäßiges Urteil zu sein, in einer unmittelbaren Erkenntnis begründet sein; dieser subjektiven Gesetzmäßigkeit entspricht metphysische eine objektive Gesetzmäßigkeit des Seins, welches im Urteil erkannt werden soll, und so gilt uns die Gesetzmäßigkeit oder  Modalität  als die vierte notwendige Einheitsform für das Sein der Dinge. Entwickeln wir diese Grundbegriffe weiter nach den besonderen Urteilsformen unter jedem dieser Momente des Urteilens, so bildet sich uns das ganze System der kategorien in folgender Weise aus:

1. Größe
Urteilsformen Kategorien
einzelne Urteile Einheit
mehrfache  -   Vielheit
allgemeine  -   Allheit


2. Qualität
bejahende Urteile Realität
verneinende  -   Verneintheit
beschränkende  -   Beschränktheit
(beschränktes Sein)


3. Relation
kategorische Urteile Wesen u. Eigenschaft
hypothetische  -   Ursache u. Wirkung
divisive  -   Wechselwirkung


4. Modalität
Urteilsformen Kategorien
assertorisch problematische
Urteile
Wirklichkeit u. Nichtsein
Möglichkeit u. Unmöglichkeit
apodiktische  -   Notwendigkeit u. Zufälligkeit

Für dies aus den logischen Formen der Urteile abgeleiteten Einheitsformen der Kategorien läßt sich noch tiefer in der Organisation unseres menschlichen Erkenntnisvermögens eine vollständige Begründung geben. Hier nur folgende Andeutung dafür (2). Ursprünglich liegt in unserer Vernunft das Gesetz der Einheit; diese Einheit ist die Form der Selbsttätigkeit unseres Erkennens oder die Form der Vernünftigkeit, welcher aller durch sinnliche Anregung uns zugeführte Gehalt unserer Erkenntnis untergeordnet werden muß. Die sinnliche Bedingtheit unserer Vernunft aber bringt es mit sich, daß wir uns dieser Einheit nie unmittelbar und ganz bewußt werden, sondern daß sie nur in besonderen Einheitsformen von den einzelnen Gehaltsbestimmungen unserer Erkenntnis in das Bewußtsein hervortritt. So finden wir die Einheit der Vernunft an jeder einzelnen sinnlichen Wahrnehmung, indem wir hier immer die Mannnigfaltigkeit der sinnlichen Beschaffenheiten in der Einheit der Vernunft zusammenfassen. Diese einzelnen sinnlichen Wahrnehmungen aber geben uns nur zufällige Gehaltsbestimmungen unserer Erkenntnis, an ihnen können wir daher auch keine notwendigen Einheitsformen finden, und wir hätten an diesen dann a priori gegebene Begriffe, welches die Grundbegriffe der Metahysik, die gesuchten Kategorien wären. Notwendige Gehaltbestimmungen unserer Erkenntnis aber können nur entstehen, wenn die notwendigen, ursprünglichen Anlagen und Gesetze unseres Erkenntnisvermögens selbst Gegenstand der Erkenntnis, also Gehalt der Form der Einheit werden. Denn insofern diese notwendigen Anlagen des Erkenntnisvermögens selbst Gegenstände der Erkenntnis werden, fallen sie selbst als Gehalt der Erkenntnis unter die ursprüngliche Einheitsform der Vernunft, und zwar als notwendige, durchgängige Gehaltsbestimmungen, die vor aller Erfahrung, schon der Anlage nach, der menschlichen Vernunft gehören. In der Anlage des Erkenntnisvermögens sind die Bedingungen, die Gesetze aller menschlichen Erkenntnis gegeben, folglich müssen die aus der Anlage gewonnenen Gehaltsbestimmungen der Vernunfteinheit die notwendigen Formen derselben, und somit die Prinzipien aller Erkenntnis, der Inhalt der Metaphysik sein. Das menschliche Erkenntnisvermögen ist aber seiner Anlage nach ursprünglich bestimmt als eine empfängliche Selbsttätigkeit oder eine sinnliche Vernunft, d. h. es hat ursprünglich eine Form, wonach es selbsttätig wirksam wird, und ebenso ursprünglich eine Bedingtheit von sinnlicher Anregung, wodurch ihm der Gehalt seiner Erkenntnis gegeben wird, und ebenso ursprüngliche eine Bedingtheit von sinnlicher Anregung, wodurch ihm der Gehalt seiner Erkenntnis gegeben wird. Dies hat die Folge für alles menschliche Erkennen, daß erstens der ursprünglichen Vernehmung nach Gehalt und Form unserer Erkenntnis auseinandertreten und erst im Bewußtsein wieder vereinigt werden können; da aber das Bewußtsein selbst wieder dieser Bedingung der empfänglichen Selbsttätigkeit unterworfen ist, so folgt zweitens, daß auch das Bewußtsein teils ein sinnliches, Anschauung, teils ein selbsttätiges, Denken, sein muß. Indem nun die beiden ursprünglichen Vernehmungen mit den beiden ursprünglichen Arten des Bewußtseins aufgefaßt werden, so erhalten wir hier ursprünglichund notwendig bestimmte Erkenntnisbildungen oder sogenannte  spekulative  Momente.

Nämlich:
    1. Der Gehalt mit dem Bewußtsein der Anschauung aufgefaßt ist  Wahrnehmung oder  Sinnesanschauung

    2. Die Form mit dem Bewußtsein der Anschauung aufgefaßt ist  reine Anschauung.

    3. Der Gehalt mit dem Bewußtsein des Denkens aufgefaßt ist Denken des Allgemeinen, d. h.  analytisches Denken oder  logisches Denken.

    4. Die Form mit dem Bewußtsein des Denkens aufgefaßt ist Denken der Verbindung,  d. h. synthetisches Denken oder  metaphysisches Denken.
Diese vier ursprünglichen und notwendigen Erkenntnisbildungen, welche vermöge der Natur und Anlage unseres Erkenntnisvermögens in jeder vollständigen menschlichen Erkenntnis vorkommen müssen, sind es nun, die, wenn sie als Gehalt in die Form der Einheit aufgenommen oder unter der Form der Einheit gedacht werden, die vier notwendigen Hauptformen der Einheit der Vernunft bilden, die wir eben aus der Form der Urteile als Grundbegriffe der Kategorien ableiteten. Die notwendige Form der Einheit für die  Wahrnehmung  ist nämlich die  Beschaffenheit  oder  Qualität,  denn alle Wahrnehmung gibt uns nur Beschaffenheiten der Dinge, in aller Wahrnehmung also denken wir die Dinge notwendig unter der Form der Qualität. Die notwendige Form der Einheit für die  reine Anschaung  ist  Größe, Quantität,  denn die rein anschaulichen Formen von Raum und Zeit sind es, aus denen alle Größenbestimmungen der Dinge hervorgehen, Größe also ist die notwendige Form, durch die unsere Erkenntnisse rein anschaulich zur Einheit verbunden gedacht werden müsse. Die notwendige Form der Einheit für das  logische Denken  ist die  Gesetzmäßigkeit  oder  Modalität,  denn das Allgemeine ist das abstrakte Gesetz, unter dem wir alles Besondere zu denken genötigt sind, wenn wir es mittelbar in der Reflexion in das Bewußtsein fassen, Gesetzmäßigkeit also ist die Form, unter der wir im logischen Denken die Dinge notwendig denken müsse. Schließlich ist die notwendige Form der Einheit für das  metaphysische  Denken das  Verhältnis,  die  Relation denn die Verbindung mehrerer Vorstelungen zur Einheit, welche die Eigentümlichkeit allen synthetischen Denkens ist, besteht immer in der Vorstellung eines Verhältnisses, darin also haben wir die Form, in welcher die Einheit der Vernunft im synthetischen Denken zur Anwendung kommen muß.

Diese aus den vier Erkenntnisbildungen hervorgehenden Grundbegriffe, die durch das Grundwesen des menschlichen Erkenntnisvermögens notwendig bestimmt sind, entwickeln sich dann, ebenfalls nach notwendigen Gesetzen des Erkenntnisvermögens, auf folgende Weise zu den einzelnen Begriffen der Kategorien selbst. Es ist keinesweges nur eine willkürliche Nachbildung der Urteilsformen, wenn unter jedem der genannten Grundbegriffe der 4 Momente drei Kategorien stehen, sondern diese Dreiheit der Kategorien hat, sowie die Dreiheit der Urteilsformen selbst, ihren notwendigen anthropologischen Grund in den Gesetzen der Auffassung jener Einheitsformen der vier Momente. Unser Bewußtsein nämlich, an die Bedingung sinnlicher Erregung gebunden, wie alle menschliche Erkenntnis, muß in der Auffassung dieser Einheitsformen immer ausgehen von einem bestimmten Gehalt, es schreitet dann durch die Zusammenfassung mehreren Gehaltes zur Auffassung der Form dieses Gehalts fort, und vollendet sich in der Bestimmung des Gehaltes durch die Form, in der Vorstellung der erfüllten Form oder des Ganzen. Nur in dieser Trennung von Gehalt, Form und Ganzem können wir, nach der notwendigen Anlage unseres Erkenntnisvermögens der Einheit der Vernunft bewußt werden, nur in dieser Trennung können wir also auch die ursprünglich bestimmten einzelnen Einheitsformen denkend auffassen. Daher erhalten wir notwendig für jedes der vier Momente  drei Begriffe der Auffassung: 
    1. Einen Begriff der Auffassung des  Gehaltes, der in die Formt der Einheit der Vernunft aufgenommen werden soll, und wodurch wir von einem empirischen Bewußtsein zum denkenden Bewußtsein überhaupt geführt werden;

    2. einen Begriff der denkenden Zusammenfassung von mannigfachem Gehalt, also einen Begriff der  Form, in welchem der Gehalt aufgenommen werden soll,

    3. einen Begriff von der notwendigen Bestimmung des Zusammengefaßten im Ganzen der unmittelbaren Vernunfteinheit oder einen Begriff von der  Verbindung von Gehalt und Form zur Einheit.
Diese drei Begriffe der Auffassung bilden mit den vier spekulativen Momenten die aus der Natur des menschlichen Erkenntnisvermögens mit Notwendigkeit bestimmten Elemente, aus deren Kombination das oben dargestellte zwölfteilige System der Kategorien hervorgeht.

1) Im Moment der  Beschaffenheit  erhalten wir durch die denkende Auffassung des Gehaltes den Begriff der  Realität fassen wir mehrere Realitäten nach dem Begriff der Form zusammen, so entsteht uns der Begriff der Verneintheit, weil wir, abgesehen von aller empirischen Bestimmung der Realitäten, denkend die eine Realität von jeder andern nur durch eine Verneinung der letzteren unterscheiden können  ( und Nicht-A, rot und nichtrot); denken wir aber mehrere Realitäten zu einem Ganzen verbunden, so wird der Begriff, mit dem wir die Beschaffenheit im Ganzen denken, der Begriff der Beschränktheit, denn mehrere, verschiedene Realitäten können nur durch die Beschränkung einer jeden durch die andern gedacht werden.

2) Im Moment der  Größe  entsteht nach dem Begriff des Gehalts die Kategorie der  Einheit,  nach dem Begriff der Zusammenfassung oder Form die  Vielheit,  nach dem Begriff des Ganzen oder der erfüllten Form die  Allheit. 

3) Das Moment des  Verhältnisses  ist, nach dem Begriff des Gehalts aufgefaßt,  Wesen  im Verhältnis zu den Eigenschaften; die Form, durch welche mehrere Wesen denkend zusammengefaßt werden, ist das Verhältnis von  Ursache  und  Wirkung;  durch Ursächlichkeit zu einem Ganzen verknüpfte Wesen werden als  Wechselwirkung  oder Gemeinschaft gedacht, diese also ist der Begriff, durch den das Verhältnis nach dem Begriff der Bestimmung des Gehalts durch die Form gedacht werden muß.

4) Das Moment der  Gesetzmäßigkeit  oder  Modalität  ist seinem Gehalt nach gedacht  Wirklichkeit,  seiner Form nach  Möglichkeit,  und die Bestimmung der Wirklichkeit durch Möglichkeit, also des Gehalts durch die Form ist  Notwendigkeit

So sehr auch diese psychologische Deduktion der Kategorien nur in der Form eines unvollständigen Grundrisses gegeben ist, so wird doch hoffentlichc schon daraus klar sein (3), daß es keineswegs willkürlich aufgestellte Abstraktionen sind, die wir in denselben haben, die von einem Andern auch ebenso gut anders gebildet werden könnten, sondern daß die Natur der menschlichen Erkenntnis sie notwendig so fordern, daß sich psychologisch darlegen läßt, daß sie notwendig gerade so, und nicht anders, als die höchsten Prinzipien unserer Erkenntnis gelten müssen.

Ehe wir jedoch diese Kategorien als Prinzipien der Psychologie anwenden, aus ihnen also den Gehalt einer Metaphysik der inneren Natur hervorbringen, muß auch noch von der Möglichkeit ihrer Anwendung auf die Gegenständen unserer Erkenntnis im Voraus gesprochen werden, obgleich wir uns auch dafür auf die ausführlicheren und genaueren Erklärungen KANTs (Kritik der reinen Vernunft) und besonders FRIES (a. a. O.) berufen können, denen wir hier in der Hauptsache folgen.

In den Kategorien haben wir die notwendigen Formen der ursprünglichen Vernunfteinheit, durch die alle unsere Erkenntnis bestimmt sein muß. Sollen aber diese Formen für unsere Erkenntnis selbst Bedeutung gewinnen, d. h. sollen  Gegenstände  der Erkenntnis durch sie bestimmt werden, so müssen sie mit anschaulicher Erkenntnis in Verbindung treten. Denn aller Gehalt unserer Erkenntnis ist aus Wahrnehmung oder empirischer Anschauung, wirkliche Erkenntnis also, nämlich Erkenntnis mit Gehalt, Erkenntnis von Gegenständen, kann nur durch eine Verbindung der Kategorien mit anschaulicher Erkenntnis zustande kommen.

Nach ihrem Verhältnis zur Anschauung aber treten die Kategorien in zweierlei Formen auseinander. Die Kategorien können nämlich zuerst so auf die Anschauung angewendet werden, daß die Reflexion von der gegebenen Anschauung selbst ausgeht und die Formen der Einheit in den Kategorien an diese anlegt. Hier werden die Kategorien  Bedingungen a priori für die Möglichkeit der Erfahrung.  Zur Erfahrung wird die aus den Kategorien bestimmte anschauliche Erkenntnis. Durch das Ganze der Erfahrung erkennen wir die Sinnenwelt als das Ganze aller Gegenstände unter den Bedingungen der Formen der Einheit der Vernunft. Die Sinnenwelt, durch diese Formen der Einheit bestimmt, ist Natur: die Kategorien in dieser Anwendung erhalten also die Bedeutung von metaphysischen Prinzipien der Naturerkenntnis oder von  Naturgesetzen. - Die Reflexion kann hingegen auch unmittelbar von der ursprünglichen Vernunfteinheit ausgehen und die Formen derselben nur insofern auf die Anschauung anwenden, als sie die darin gegebenen Beschränkungen unserer Erkenntnis hinwegdenkt. Die Kategorien zeigen sich dann nicht nur als Bedingungen sinnlich bedingter Anschauungserkenntnis, sondern eines Gehaltes der Erkenntnis schlechthin. So sprechen sich die Kategorien als Gesetze für ein Sein ansich, d. h. für ein Sein aus, das durch die bloß subjektive sinnliche Beschränktheit der menschlichen Erkenntnis nicht bedingt ist. Hieraus entwickelt sich, vermöge der Selbständigkeit der Einheit der Vernunft die  ideale  Ansicht, indem die Kategorien, durch eine Negation der Schranken der endlichen, anschaulichen Erkenntnis als  Ideen des Absoluten  ausgesprochen werden.

Wir verfolgen hier nur die Anwendung der Kategorien als Gesetze der Natur weiter, da wir metaphysische Grundgesetze für die Psychologie als innere Naturlehre suchen; mit der idealen Bedeutung der Kategorien haben wir es gar nicht zu tun, da wir den menschlichen Geist nicht als Sein-ansich, sondern nur seiner Erscheinung in der Sinnenwelt nach betrachten. Die Kategorien werden nun, wie sie soeben sahen, dadurch Gesetze der Natur, daß sie auf anschauliche Gegenstände angewendet werden. Denn für sich sind sie nur ganz leere Formen, nur Begriffe von der Einheit. Gesetze können sie erst werden, wenn sie auf Gegenstände angewendet werden, die den Gesetzen unterworfen werden solen, wenn also anschauliche Bestimmungen der Dinge als Subjekte zugrunde gelegt werden, denen sie als Prädikate beigelegt werden. Denn in bloßen Begriffen für sich erkennen wir nichts, wir denken nur ein Allgemeines als mögliches Prädikat, Erkenntnis entsteht erst, wenn der Begriff durch eine Verbindung mit einem Subjekt in einem Urteil als Prädikat vorkommt. Dies geschieht nun schon bei jeder Beurteilung der Natur, in jeder kommt eine Kategorie zur Anwendung auf Gegenstände der Anschauung, wenn auch nur in sehr entfernter Ableitung. Allein wir suchen hier aus den Kategorien  allgemeine und notwendige Gesetze  für alle Naturerkenntnis, nicht bloß eine Anwendung derselben für einzelne Naturgegenstände, denn wir wollen ja  metaphysische  Gesetze der Natur finden. Die anschaulichen Bestimmungen, welche mit den Kategorien als Subjekte der Urteile verbunden werden, müssen daher selbst für alle Naturerkenntnis allgemein und notwendig gelten. Nun gibt es aber für unsere anschauliche Erkenntnis keine anderen allgemeinen und notwendigen Bestimmungen, als die der  reinen Anschauung;  alle anderen empirischen Bestimmungen der Anschauung sind nicht allgemein und nur zufällig. Prädikate zu allgemeinen und notwendigen Gesetzen der Natur können also die Kategorien nur werden,  wenn sie mit den Bestimmungen der Dinge durch die rein anschaulichen Formen von Raum und Zeit zu Urteilen verbunden werden.  Die so gebildeten Naturgesetze sind ganz aus apriorischen Bestimmungen unserer Erkenntnis zusammengesetzt, sie müssen folglich selbst a priori gelten und entwickelt werden können, wir haben also in ihnen rein metaphysische Bestimmungen der Natur. Wir können ganz a priori alle höchsten Gesetze der ganzen für menschliche Erkenntnis irgendwie möglichen Naturerkenntnis aufstellen, wenn wir nur für jede Kategorie die dazu gehörige rein anschauliche Bestimmung der Erkenntnis suchen und beide zu eine Gesetz verbinden.

Hiermit sind wir zu dem Punkt gelangt, von wo aus sich die verschiedenen Gebiete der Natur ihrer metaphysischen Grundlage nach unterscheiden lassen müssen. Rein anschauliche Bestimmungen  aller  Gegenstände der Sinnesanschauung sind nämlich  nur  die der  Zeit.  Der Raum gilt nur als anschauliche Bestimmung für die äußere Anschauung, der Bestimmung der Zeit hingegen ist jede Anschauung ohne Ausnahme, innere wie äußere, unterworfen. Gesetze für die Natur überhaupt lassen sich also nur aus der Verbindung der Kategorien mit den reinen Zeitbestimmungen bilden. So erhalten wir die metaphysischen Gesetze der allgemeinen Naturlehre. Berücksichtigen wir hingegen noch besondere anschauliche Bestimmungen, so erhalten wir dadurch besondere Naturgesetze. Von rein metaphysischer Bedeutung, d. h. apriorischer Gültigkeit, bleiben diese nur, solange wir Bestimmungen der reinen Anschauung allein festhalten. Metaphysische bedeutsam also können neben den allgemeinen Zeitbestimmungen nur noch die zu jenen hinzukommenden räumlichen Bestimmungen sein, welche für äußere Anschauung ebenso allgemein und notwendig gelten, wie die Zeitbestimmungen für die Anschauung überhaupt. So trennt sich also ein System metaphysischer Naturgesetze für die äußere Natur oder die Körperwelt von dem der inneren Natur oder der Geisteswelt, welche keinen anderen anschaulichen Bestimmungen unterworfen ist, als denen der Zeit. Und damit ist uns die Stelle angewiesen, von wo aus wir eine Metaphysik der inneren Natur zu entwickeln haben. Zugrunde liegt ihr die allgemeine Metaphysik der Natur, welche ihre rein metaphysischen Gesetze durch eine Verbindung der Zeitbestimmungen, als den rein anschaulichen Bedingungen aller Anschauung überhaupt, mit den Kategorien bildet. Nun trennt sich aber unsere menschliche Anschauung in eine äußere und eine innere Anschauung; eine jede derselben ist besonderen rein anschaulichen Bedingungen unterworfen, und aus diesen besonderen Bedingungen entstehen notwendig besondere metaphysische Gesetze als apriorische Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung.

Aber eben hier tritt uns eine Schwierigkeit in der Aufstellung eines selbständigen Systems der Metaphysik einer inneren Naturlehre entgegen, die einer genaueren Erläuterung bedarf. Wir haben nämlich soeben gefunden: die Bedingungen metaphysischer Naturgesetze waren rein anschauliche, apriorische Formen der anschaulichen Erkenntnis. Nun sind uns die Gegenstände der inneren Natur zwar durch die rein anschaulichen Bestimmungen der Zeit  a priori  bestimmt; alle Gegenstände der inneren Anschauung, alle Erscheinungen des Seelenlebens sind notwendig durch die Zeit bestimmt, an allen finden wir die Bestimmung eines Jetzt, eines Damals, einer Dauer, eines Zugleich oder Nacheinander usw. Damit sind also allerdings alle Erscheinungen des Seelenlebens Gegenstände der Natur, denn sie gehören zur Sinnenwelt, sie werden sinnlich erkannt. Aber keineswegs ist die innere Natur damit als ein besonderes Gebiet der Natur abgegrenzt von der Natur überhaupt, keineswegs sind uns damit die Bedingungen zu besonderen Naturgesetzen, zu einer besonderen Metaphysik der inneren Natur gegeben; denn die Zeitbestimmungen sind  allen  Erkenntnisgegenständen der Natur überhaupt gemeinsam, aus ihr erhalten wir also  nur allgemeine  Naturgesetze. Besondere Naturgesetze können wir nur durch besondere anschauliche Bestimmungen erhalten. Solche gibt es aber nur für die äußere Natur durch die Raumbestimmungen. Die äußere Natur ist vollständig als besonderes Gebiet der Natur von der Natur überhaupt, für welches ein besonderes System metaphysischer Naturgesetze möglich ist, dadurch unterschieden, daß seine Erscheinungen alle außer der Zeit auch durch die apriorische Form des Raums bestimmt sind. Damit ist uns nun zwar auch zugleich eine apriorische Form des Raums bestimmt sind. Damit ist uns nun zwar auch zugleich eine apriorische, also metaphysische Unterscheidung der inneren Natur von der äußeren gegeben, denn die innere ist a priori anschaulich  nur  durch die Form der  Zeit  bedingt, folglich ist sie  nichträumlich;  und da die Erfüllung des Raumes eben den Begriff der Materie als den des Daseins in der äußeren Natur bestimmt, so muß das Dasein in der inneren Natur als ein  immaterielles Dasein  a priori bestimmt werden. Ungeachtet dessen aber, daß die Metaphysiker sich sehr häufig schon dabei beruhigt haben, wenn sie die Seele als immaterielles Wesen bestimmt hatten, so kann doch eine solche bloß  negative  Erklärung durchaus nicht genügen. Wir erfahren nur, daß die Seele  nicht  räumlich bestimmt ist, aber was sie dann sonst sein soll, das bleibt unbekannt.

Besondere metaphysische Bestimmungen für die Erscheinungen der inneren Natur oder des Seelenlebens erhalten wir nur aus den besonderen ursprünglichen Bedingungen oder Formen der inneren Wahrnehmung. Unsere ganze Erkenntnis des Seelenlebens ruht auf den Wahrnehmungen des inneren Sinns. Der innere Sinn aber kann nur durch unsere eigenen psychischen Tätigkeiten affiziert werden, in allen inneren Wahrnehmungen erkennen wir also immer  unsere  Tätigkeiten oder Erscheinungen von uns selbst. Was wir von fremder Seelentätigkeit erkennen, geschieht nur mittelbar durch eine Analogie ihrer körperlischen Erscheinung mit der unsrigen. Alle innere Wahrnehmung gehört der Selbsterkenntnis, d. h. zur Erkenntnis unseres Selbst oder Ich. Jede Erscheinung in der Selbsterkenntnis erkennen wir als Tätigkeit unseres Selbst, oder unseres Ich. Damit werden wir auf einen Begriff hingewiesen, der als reine Form oder Bedingung aller internen Wahrnehmung zugrunde liegt, nämlich der  Begriff  des  Ich als desjenigen Wesens, welchem alle innere Erscheinungen angehören. Allem empirischen Bewußtsein liegt ein reines Selbstbewußtsein zugrunde, worin wir uns selbst, als das identische Subjekt aller Tätigkeiten der inneren Wahrnehmung vorstellen. Abstrahieren wir in unserer Selbsterkenntnis von allem empirischen Gehalt, denken wir uns jede bestimmte Tätigkeit des Erkennens, Einbildens, Fühlens, Interessierens, Begehrens usw. weg, so bleibt uns nur noch als reine Form jenes Gehalts die Vorstellung übrig von einem Ich, welches existiert als das gemeinschaftliche Subjekt aller inneren Tätigkeiten. So haben wir also eine  Form  für alle Erkenntnisse der inneren Natur; der Begriff des Ich wird durch den Gehalt aller meiner geistigen Tätigkeiten erfüllt; zu der leeren Vorstellung:  ich bin,  kommen die Bestimmungen:  wie  oder  was  ich bin. Diese Form des reinen Selbstbewußtseins ist  ursprünglich,  sie ist  vor  aller inneren Wahrnehmung vorhanden, sie gilt a priori. Wenn ich wahrnehme, daß ich denke, fühle, begehre etc., so ist der Gedanke: ich bin, schon vorhanden, mein Ich wird dabei notwendig schon vorausgesetzt, denn sonst wäre gar nichts, was da denkt, fühlt, begehrt usw.

So wäre also durch dieses reine Selbstbewußtsein die Bedingung erfüllt, wovon die Entwicklung besonderer metaphysischer Gesetze der inneren Natur abhängt. Wir haben im Ich in gleicher Weise eine ursprüngliche, notwendige Form für die innere Erfahrung, wie den Raum für die äußere. Ebenso wie durch alle äußere Wahrnehmung der Raum erfüllt wird, so auch durch alle innere Wahrnehmung das Ich des reinen Selbstbewußtseins. Allein wenn wir nun durch eine Verbindung dieser ursprünglichen, apriorischen Form der Selbsterkenntnis mit den Kategorien die notwendigen metaphysischen Grundgesetze der inneren Natur bilden wollen, so tritt uns doch wieder der Umstand entgegen, daß wir in der Form des reinen Selbstbewußtseins keine  anschauliche  Form der Selbsterkenntnis haben, sondern daß wir das reine, leere Ich nur hinzu  denken.  Als eine bloß gedachte Form aber gibt sie uns eigentlich nicht Gegenstände der Erfahrung, worauf die Kateogorien anwendbar wären. Wir haben darin immer nur ein Gedachtes, also kein Wirkliches, Gegenwärtiges, was nur in der Anschauung gegeben werden kann. Die Wirklichkeit des Geistigen ist uns doch immer in der anschaulichen Form der Zeit allein gegeben, nur durch diese allein wird das Ich, der Geist, Gegenstand der Natur. Daher läßt sich auch die metaphysische Seelenlehre nicht unmittelbar als selbständige Naturlehre ausführen, sondern sie bedarf dafür des Vergleichs mit dem Körperlichen. Der mangelhafte anschauliche Schematismus (der bloßen Zeit) hindert hier die unmittelbare vollständige Anwendung der Kategorien. Dies hindert jedoch nicht, durch die ursprüngliche Form des reinen Selbstbewußtseins die Mangelhaftigkeit der bloßen Zeitbestimmungen zu ergänzen und so mittelbar, durch das Denken, eine vollständige Entwicklung der Kategorien zu metaphysischen Naturgesetzen der inneren Natur zustande zu bringen. Das Verhältnis stellt sich nämlich nun auf folgende Weise heraus:

Innerlich nehmen wir Erscheinungen wahr unter der anschaulichen Form der Zeit; dadurch fallen diese inneren Erscheinungen in das Gebiet der Natur nach der oben angegebenen Bestimmung, wonach alle anschaulich bestimmten Erkenntnisgegenstände zur Natur gehören. Die Erscheinungen des Geisteslebens sind uns also dadurch unleugbar als Gegenstände der Natur bestimmt; aber damit sind uns nur die allgemeinen Gesetze der Natur überhaupt, und nur eine negative Unterscheidung von der äußeren Natur oder der Körperwelt gegeben, wir  denken  aber in aller Selbsterkenntnis eine eigentümliche Form hinzu, im reinen Selbstbewußtsein. Diese Form des reinen Selbstbewußtseins kann freilich nicht unmittelbar als Schema der Anwendung der Kategorien zu Naturgesetzen geltend gemacht werden, da das bloße Denken für sich gar nichts Wirkliches enthält; da es aber dieselbe Realität ist, die in der Zeit als Wirkliches erscheint und in die gedachte Form des reinen Selbstbewußtseins fällt, so wird durch die Formen des Selbstbewußtseins ein Gegenstand der Natur bestimmt, und wir können daher mittelbar auch aus jener Form des Selbstbewußtseins metaphysische Naturgesetze für die Gegenstände der inneren Natur ableiten. Die apriorischen Bestimmungen, welche die innere Wahrnehmung aus der Form des reinen Selbstbewußtseins erhält, dürfen somit allerdings nicht unmittelbar als Gesetze der Natur geltend gemacht werden, sondern erst mittelbar, indem sie auf das in der Zeit erscheinende Natursein bezogen werden; demungeachtet aber leiten wir mit Recht daraus allgemeine und notwendige  besondere  metaphysische Gesetze der inneren Natur ab, da die Bestimmungen aus der Form des reinen Selbstbewußtseins ebenso ursprünglich und notwendig gelten, wie die anschaulichen der Zeit und des Raums. Somit ergibt sich uns als eine sehr beachtenswerte  leitende Maxime  für die wissenschaftliche Methode der Darstellung der Metaphysik der inneren Natur eine  durchgehende Analogie mit der Metaphysik der äußeren Natur.  Dieselben allgemeinen metaphysischen Gesetze der Natur überhaupt müssen für die Psychologie ebenso wie für die äußere Naturlehre gelten. Der metaphysische Unterschied zwischen beiden entsteht durch die verschiedenen ursprünglichen Formen der beiden Arten der Sinnesanschauung, wovon sie ausgehen. Diese beiden eigentümlichen ursprünglichen Formen sind der Raum und das reine Selbstbewußtsein; die Form der Zeit haben beide gemein. Wir werden also ganz richtig geleitet werden, wenn wir bei der Anwendung der Kategorien auf die metaphysische Naturerkenntnis  anstelle des Raums in der Psychologie immer die Form des reinen Selbstbewußtseins als Schema der Kategorien stellen, und demgemäß die Kategorien als Naturgesetze verschieden bestimmen. 

Dies sind die allgemeinen metaphysischen Grundsätze, nach denen hier eine Ausführung der Metaphysik der inneren Natur versucht werden soll. Wir folgen dabei den aufgestellten Kategorien.


I. Die Seele unter der Kategorie
der Qualität.

Qualität oder die Beschaffenheit der Dinge erkennen wir durch Wahrnehmung oder Sinnesanschauung. Eine metaphysische Erkenntnis der Beschaffenheiten selbst ist daher unmöglich, und die Metaphysik kann hier nach allgemeinen und notwendigen Gesetzen nnichts weiter, als die Begriffe aussprechen, durch welche ursprünglich oder  a priori,  vor aller Sinnesanschauung selbst, jede angeschaute Beschaffenheit bestimmt ist, nach KANTs Ausdruck, Antizipationen der Wahrnehmung. Der Grundbegriff der ursprüngliche Vernunfteinheit aber, der mit jeder Wahrnehmung von Beschaffenheiten notwendig verbunden ist, oder durch die denkende Auffassung des Wahrnehmens selbst gebildet wird, ist die  Realität,  das  Stattfinden.  Denken wir aus jeder Wahrnehmung von Beschaffenheiten allen sinnlichen oder empirischen Gehalt weg, abstrahieren wir ganz davon,  wie  wir die Gegenstände anschauen, ob als hell oder dunkel, als farbig, tönend, duftend, hart, warm etc, oder als erkennend, fühlend, begehrende etc. und halten nur den Gedanken allein fest,  daß  wir überhaupt Beschaffenheiten wahrnehmen, so bleibt uns, noch außer der Vorstellung von Beschaffenheit, der Gedanke von  Realität  stehen, d. h. ich muß notwendig von jeder wahrgenommenen Beschaffenheit  denken (nicht auch wahrnehmen), daß sie existiert, stattfindet, Realität hat. Das bloße  Wie  einer Existenz, die bloßen Eigenschaften lassen sich, für die Erkenntnis, gar nicht denken, ohne auch die Existenz selbst, ohne die Dinge, denen die Eigenschaften zukommen, dabei zu denken. Nur in problematischen Vorstellungen lassen sich Beschaffenheiten für sich ohne Realität denken, aber als Erkenntnis, als Assertion [Behauptung - wp], haben sie gar keine Bedeutung.

Die Realität wird aber verschieden bestimmt, nach den verschiedenen anschaulichen Bestimmungen der Dinge. Jede sinnlich wahrgenommene Beschaffenheit enthält den Begriff der Realität in besonderer, empirischen Bestimmung in sich. Metaphysisch kann die Realität nur durch eine Beziehung auf die rein anschaulichen Bestimmungen der Dinge bestimmt werden. Es fragt sich nun, wie läßt sich die innere Natur ihrer Realität nach besonders bestimmen? gibt es eine besondere Realität des geistigen Daseins?

Die allgemeinste Beschaffenheit an den wahrnehmbaren Dingen überhaupt ist die der Zeitlichkeit, die allgemeinste Bestimmung der Realität ist daher das Vorhandensein in der Zeit. Realität in der Natur überhaupt, oder das Was in der Natur, der Gestalt derselben, ist dasjenige, was die Zeit erfüllt, die Zeit einnimmt. Alles, was in der Zeit wahrgenommen wird, was in ihr erscheint, das hat Realität, es existiert, es findet statt. Von da aus teilt sich aber, wie wir gesehen haben, die Natur in Anbetracht ihrer anschaulichen Bestimmungen in eine äußere und innere Natur, demgemäß muß also auch die Realität verschieden bestimmt werden. Die Formen des Raumes und des reinen Selbstbewußtseins aber sind es, welche den Unterschied begründen müssen. Erscheint eine Beschaffenheit nicht bloß in der Zeit, sondern auch im Raum, so erscheint darin eine Realität der äußeren Natur oder der Körperwelt. Das Seiende, Reelle in der äußeren Natur, der Gehalt der Körperwelt besteht darin, daß er den Raum erfüllt, den Raum einnimmt. Die körperliche Realität ist die  Masse  oder  Materie und Materie ist das den Raum Erfüllende. Dem müssen wir als Realität für die innere Natur Dasjenige entgegenstellen, was, rein anschaulich,  nur  die Zeit erfüllt, außerdem aber noch die gedachte Form des reinen Selbstbewußtseins erfüllt. Das reine Selbstbewußtseins spricht sich in dem leeren Satz aus: Ich bin. Jede innere Erscheinung erfüllt daher diesen leeren Satz des "Ich bin" durch eine Beschaffenheit, durch ein  Wie  des Daseins. Aber die Beschaffenheiten existieren nur dadurch, daß sie dem Ich angehören, daß sie als Eigenschaften oder Tätigkeiten des Ich gedacht werden, die Realität der inneren Natur ist daher Dasjenige, was die Zeit und das reine Selbstbewußtsein erfüllt, und das nennen wir den  Geist Das Ich, insofern ihm innere Tätigkeiten zugeschrieben werden, ist Geist. Der Geist kommt in der Natur zur Erscheinung in einem stets wechselnden Abfluß von Tätigkeiten, die aber alle durch das gemeinsame Subjekt des Ich verbunden sind. Unter "Geist" soll hier, im Sinne der inneren Natur, nichts anderes verstanden werden, als das Subjekt aller inneren Tätigkeiten, wodurch diesen Realität zukommt, das Existierende, welches die Form des reinen Selbstbewußtseins erfüllt.

So einfach ist hier die Bestimmung des Begriffs der Realität für die innere Natur nach der Analogie mit der äußeren Natur zustande zu kommen scheint, so findet doch noch eine Schwierigkeit dabei statt, die nicht übergangen werden darf. Der Geist nämlich wird doch auf ganz andere Weise erkannt, als die Materie. Die Materie ist vollständig anschaulich bestimmt; daher erkenne ich sie auch ihrer Realität in der Natur nach vollständig. Ich erkennen nicht nur die wechselnde Abfolge ihrer Veränderungen in der Zeit, sondern auch ihre Gegenwart im Raum; ich erkenne also die Materie ansich, denn Materie ist das den Raum Erfüllende, und Gegenstände im Raum schaue ich unmittelbar an. Den Geist hingegen erkenne ich unmittelbar als Realität in der Natur nur seiner wechselnden Erscheinungen in der Zeit nach, zu denen ich aus dem reinen Selbstbewußtsein den Geist erst als das Subjekt jener in der Zeit abfließenden Tätigkeiten hinzudenke. Aber im reinen Selbstbewußtsein erkenne ich unmittelbar gar keine Realität der Natur, weil dies keine anschauliche Form ist, worin also nichts Wirkliches erscheinen kann. So erkenne ich in der Psychologie oder nach der natürlichen Ansicht gar nicht den Geist ansich, sondern nur seine Tätigkeiten, weil nur diese rein anschaulich bestimmt sind; die Materie hingegen erkenne ich allerdings auch ansich, als Realität im Raum. Dem Geist kann ich nur dadurch eine Realität in der Natur zuschreiben, daß ich im reinen Selbstbewußtsein alle seine einzelnen, in der Zeit erscheinenden Tätigkeiten auf das  eine  Subjekt des Ichs beziehe und dadurch die Realität jener auf dieses übertrage. Ich kann nur sagen: ich denke mir den Geist als das Subjekt der in den einzelnen inneren Tätigkeiten in der Zeit erscheinenden Realitäten.

Dies hat auf der einen Seite die Folge, daß die Naturerkenntnis des Geistes von geringerer Vollendung ist, als die der Materie, auf der andern aber geht eben daraus die höhere Bedeutung des Geistes für die objektive Gültigkeit hervor. Die Materie nämlich ist einer vollständigen mathematischen Bestimmung fähig, und eben dadurch läßt sie sich durchaus objektiv in quantitative Verhältnisse auflösen; der Geist hingegen läßt beinahe gar keine mathematische Bestimmung zu, und kann deswegen nur subjektiv in rein qualitativen Verschiedenheiten erkannt werden. Man hat dies einfach so ausgedrückt: die  Materie  erkennen wir nach  auflöslischen Qualitäten,  den  Geist  nach  unauflöslichen Qualitäten.  Diese Auflösung bezieht sich darauf, daß die Qualitäten, ihrer objektiven Bedeutung nach, sich auf bloß quantitative Verschiedenheiten, auf Verhältnisse der mathematischen Zusammensetzung zurückführen lassen. Dies ist aber nur in Anbetracht der materiellen Beschaffenheiten möglich. Wenn ich an der Materie die Beschaffenheiten der Farbe oder des Lichts, des Schalls, der Wärme und Kälte, der Härte und Weichheit etc. wahrnehme, so sind mir darin zunächst subjektive Verhältnisse der Gegenstände zu mir, dem wahrnehmenden Subjekt gegeben. Denke ich aber diese Eigenschaften  objektiv,  so kann ich die Farbe und das Licht als strahlende Bewegung, die Wärme und Kälte als Ausdehnung oder Zusammenziehung, die Härte und Weichheit als Bestehen oder Weichen im Raum denken, ich habe also durchaus mathematische Größenverhältnisse, Verhältnisse der Körper untereinander im Raum. Die Eigenschaften des Geistes hingegen lassen sich durchaus nicht auf solche quantitative Verhältnisse zurückführen, die Eigenschaften des Wahrnehmens, Einbildens, Denkens, Lustfühlens, Begehrens, Wollens etc. werden unmittelbar vom Ich oder vom Geist als ihrem Subjekt ausgesagt, ohne daß sich weiter darüber reden läßt, was nun objektiv das Wahrnehmen, Denken usw. ist. Aber ergibt sich daraus die größere Vollständigkeit der äußeren Naturlehre gegen die innere, indem die erstere einer vollständigen mathematischen Bestimmbarkeit nach Verhältnissen des Raums fähig ist, die der letzteren abgehen muß, so geht doch zugleich eben daraus die höhere objektive Bedeutung des Geistigen gegen das Materielle hervor; denn eben vermöge seiner unauflöslichen Qualitäten erhebt sich der Geist als das  Selbsttätige  über die  tote  Materie. In der Materie kommen alle Qualitten erst aus äußerlichen Verhältnissen zusammen, denn sie lassen sich ja in äußerliche, quantitative Verhältnisse im Raum, auflösen; hier gibt es also gar nichts schlechthin Inneres, selbst der Organismus hat kein eigentlich innerliches Leben, denn auch er wird nur durch einen Kreis äußerer Verhältnisse zusammengesetzt, wo ein Teil den andern bewegt, aber keiner sich selbst. In der inneren Natur hingegen beziehen wir alle Tätigkeiten immer auf das Ich, als Subjekt derselben, diesem Ich oder Geist schreiben wir alle Tätigkeiten zu, ihn betrachten wir als inneres Prinzip von Tätigkeiten, er ist aus sich selbst tätig.

Eben dieser Auflöslichkeit ihrer Qualitäten wegen hat die Materie für die ideale Ansicht keine objektive Bedeutung, so wie der Geist diese behauptet, durch die Unauflöslichkeit seiner Qualitäten. Die ideale Ansicht wird uns nämlich gebildet durch die Negation aller bloß subjektiven Schranken unserer Erkenntnis, indem dann nur die absolute Ansicht der reinen Vernunft übrig bleibt. Solche Schranken sind aber alle anschaulichen Bestimmungen, weil diese der sinnlichen Bedingtheit unserer Vernunft angehören. Negieren wir aber alle anschaulichen Bestimmungen, so bleibt für die Materie nichts mehr zu denken übrig, eben weil diese durchaus anschaulich bestimmt ist, weil ihre Qualitäten gänzlich in quantitative Verhältnisse aufgelöst werden können. Wenn Materie das die Zeit und den Raum Erfüllende ist, und dadurch eben ist, daß sie diese Formen erfüllt, diese Formen aber für die ideale Ansicht gar nichts gelten, sondern nur subjektiv gültige Formen unserer Sinnlichkeit sind, so ist Materie für das Sein ansich der idealen Ansicht  Nichts.  In der geistigen Ansicht bleibt uns hingegen für die Idee noch Etwas zu denken übrig, eben weil diese nicht durchaus aus anschaulichen Bestimmungen gebildet wird, und weil die geistigen Qualitäten gar nicht in Verhältnisse der mathematischen Zusammensetzung aufgelöst werden können. Die ideale Negation nimmt hier nur die Zeitbestimmung des Geistes weg, und nach der Absonderung dieser fällt allerdings die ganze zur Erscheinung werdende Tätigkeit des Geistes ebenfalls weg, es bleibt hingegen das Ich, der Geist, als Subjekt innerer Tätigkeiten, als aus sich tätiges, lebendiges Wesen, weil dieses bloß  gedacht  wird im reinen Selbstbewußtsein, also von anschaulichen Bestimmungen unabhängig ist. - Wir haben es jedoch hier nicht mit diesem Geist ansich seiner idealen Ansicht nach zu tun, sondern nur mit dem Geist, sofern er in der Zeit durch Tätigkeiten zur Erscheinung wird, und dafür denken wir uns in der angegebenen Weise den Geist als Gehalt des reinen Selbstbewußtseins, und somit als die Realität der inneren Natur.


II. Die Seele unter der Kategorie
der Quantität

Größe ist die Einheitsform, durch welche wir die Vielheit gleichartiger Dinge zu einem Ganzen verbunden denken. Überall, wo Vielheit und Gleichartiges ist, da muß auch Größe sein. Folglich muß auch alle Naturerkenntnis durch den Begriff der Größe bestimmt sein, also auch die Erkenntnis der inneren Natur, denn in aller Naturerkenntnis findet sich notwendig immer eine Vielheit wie auch eine Gleichartigkeit der Gegenstände.  Vielheit  ist in allem Gehalt der Wahrnehmung, in aller Empfindung notwendig gegeben. Jedes Moment der Sinnesaffektion, jeder Empfindungsakt gibt uns einen neuen Gehalt der Wahrnehmungserkenntnis, die ganze Wahrnehmungserkenntnis besteht ihrem Gehalt nach aus der Vielheit von Erkenntnisgegenständen.  Gleichartigkeit  aber entsteht durch die gleichen apriorischen Bedingungen aller Wahrnehmung, durch die reinen Formen der Anschauung und des Bewußtseins. Alle Wahrnehmung ist der Form der Zeit unterworfen, alle ihre Gegenstände sind also dadurch gleichartig, daß sie eine zeitliche Bestimmung haben, daß sie in einem Teil der Zeit vorkommen, Dauer haben, nach einander erscheinen. Ebenso, alle äußeren Wahrnehmungen fallen in die Form des Raumes, sie sind also dadurch gleichartig, daß sie eine räumliche Bestimmung haben, daß sie ihren Grenzen nach im Raum nach drei Dimensionen bestimmt sind, daß sie Länge, Breite und Dicke haben. Schließlich haben alle Wahrnehmungen darin etwas Gleichartiges, daß sie unsere Sinne affizieren und dadurch in das Bewußtsein fallen. Abstrahieren wir von allen verschiedenen Qualitäten der wahrgenommenen Dinge, so bleibt uns für alle das Bewußtsein einer Qualität überhaupt. So erhalten wir eine eigentümliche Größenbestimmung, aus der Gleichartigkeit des Bewußtseins, indem wir uns für jede Wahrnehmung einen gewissen Grad des Bewußtseins derselben denken können. Dies ist der bekannte Unterschied zwischen  extensiver  und  intensiver Größe,  der für die innere Natur besonders wichtig wird.

Schon hieraus leuchtet ein, daß die Größe verschieden bestimmt werden muß nach den verschiedenen apriorischen Formen oder Bedingungen der Wahrnehmung, also nach den verschiedenen Bedingungen der Gleichartigkeit. Die Vielheit der Gegenstände ist in aller Naturerkenntnis auf dieselbe Weise in der Empfindung gegeben, die Bedingungen der Gleichartigkeit allein sind es, die verschieden sind durch die verschiedenen Formen der Wahrnehmung. Demgemäß muß auch in der äußeren und der inneren Natur eine verschiedene Anwendung des Begriffs der Größe stattfinden.

Die gemeinsame Form für alle Naturerkenntnis ist die Zeit, von ihr also müssen die Größenbestimmungen für alle Gegenstände der Natur überhaupt ausgehen. Äußere und innere Natur trennen sich durch die Formen des Raumes und des reinen Selbstbewußtseins, von ihnen muß also die Eigentümlichkeit ihres Größenbegriffs ausgehen. Gegenstände der äußeren Natur sind dadurch als solche ihrer Größe nach bestimmt, daß sie im Raum eine bestimmte Ausdehnung haben, Gegenstände der inneren Natur würden also dadurch ihrer Größe nach bestimmt sein, daß sie im reinen Selbstbewußtsein eine bestimmte Ausdehnung haben, wenn sich nämlich von einer solchen Ausdehnung im reinen Selbstbewußtsein sprechen ließe. Das Eigentümliche der Größenbestimmung der äußeren Natur zeigt sich darin, daß sie durchgängig von rein anschaulichen Bedingungen abhängt, denn die Realität, der Gehalt der äußeren Natur, die Materie ist ja selbst als solche rein anschaulich bestimmt als das den Raum Erfüllende. Die Größe der Materie besteht also in der Vielheit des Raumerfüllenden, d. h. in der  Ausdehnung im Raum.  Das rein anschauliche Schema der Qualität der äußeren Natur ist die  Erfüllung des Raums,  das der Quantität  Ausdehnung im Raum.  Die Materie, ihrer Ausdehnung im Raum nach, also ihrer Größe nach gedacht, ist  Körper.  Jeder Körper hat Größe, denn jeder hat eine Ausdehnung im Raum und ist nach seinen Grenzen im Raum bestimmt. Alle rein anschaulich bestimmte Größe aber ist  extensive Größe,  denn sie stellt jederzeit eine Vielheit eines Außereinander dar. Die rein anschaulich bestimmte Größe der Zeit ist das Außereinander in der Zeitfolge, d. h. das  Nacheinander,  die  Dauer,  die rein anschaulich bestimmte Größe des Raums ist das  Nebeneinander,  was sich nach den drei Dimensionen des Raumes in Länge, Breite und Dicke weiter auseinanderlegt. Die äußere Natur der Körperwelt ist also durchgängig als extensive Größe, als eine Vielheit außereinander bestimmbar, weil sie durchaus durch Formen der reinen Anschauung bestimmt ist. Die extensive Größe ist aber ferner von der Beschaffenheit, daß sie aus ihren Teilen erst zusammengesetzt, also in diese wieder aufgelöst werden kann. So kommt die Größe eines Körpers immer durch eine  Zusammensetzung aus den Raumteilen  zustande, durch Aggregation, sie besteht nur dadurch, daß diese Teile zusammenkommen, und kann also in diese Teile auch wieder aufgelöst werden. Da endlich für alle Größe überhaupt das Gesetz der  Stetigkeit  gilt, nach welchem kein Teil einer extensiven Größe der letzte, einfache ist, so folgt für alle extensive Größe das Gesetz der  unendlichen Teilbarkeit.  Jeder Körper kann seiner Größe nach ins Unendliche zerteilt werden, sodaß jeder Teil selbst wieder als eine Größe gedacht werden kann, die wie in ihre Teile aufgelöst werden kann. Die ganze Körperwelt läßt sich daher durchaus in rein quantitative Verschiedenheiten auflösen, und somit rein mathematisch erklären, wie schon oben bei der Qualität gezeigt wurde.

Vergleichen wir nun mit diesen Gesetzen der Größenbestimmung für die äußere Natur die für die innere Natur.

Wir finden hier zuvörderst, daß auch die innere Natur durch die Zeit rein anschaulich bestimmt ist, daß sie insofern also ebenfalls als extensive Größe bestimmt werden kann. Alle geistigen Tätigkeiten erscheinen in der Zeit, erfüllen einen Teil der Zeit, haben also in der Zeit eine Ausdehnung oder haben Dauer, sie sind also insofern extensive Größen. Sie würden also in dieser Hinsicht ebenfalls dem Gesetz der Auflösbarkeit in rein quantitative Verschiedenheiten und der Erklärbarkeit aus rein mathematischen Verhältnissen unterworfen sein. Allein wir haben gesehen, daß die Zeit nicht die einzige apriorische Form der Gegenstände der inneren Natur ist, sondern daß vielmehr die eigentümliche Form dafür das reine Selbstbewußtsein ist. Der Form der Zeit ist das Ich nur insofern unterworfen, als es der  Natur überhaupt  angehört, als  innere  Natur hingegen ist es dem reinen Selbstbewußtsein unterworfen. Die aus der Form der Zeit entlehnte Bestimmung der inneren Natur als extensive Größe trifft gar nich den eigentlichen Gegenstand der inneren Natur, den Geist, sondern nur seine Tätigkeiten. Dieser Bestimmung der extensiven Größe in der Zeit, der Zeitdauer, sind die geistigen Tätigkeiten gemeinsam mit jeder Veränderung in der Natur, also auch mit allen Bewegungen in der Körperwelt unterworfen.  Als innere, geistige  Tätigkeiten können sie ihre Größenbestimmung nur erhaten aus der an die Stelle des Raums tretenden Form des Ich im reinen Selbstbewußtsein. Damit aber fällt die anschauliche Bestimmung der Größe, somit die Bestimmung der inneren Natur als extensive Größe weg. Das reine Selbstbewußtseins ist eine  gedachte  Form der inneren Erfahrung, wodurch ich das Ich als das  eine  Subjekt aller inneren Tätigkeiten denke. Daher fällt jede innere Tätigkeit in der Weise in dieses  eine  Subjekt derselben, das Ich oder den Geist, daß ich bei jeder Tätigkeit das ganze Ich, nicht bloß einen Teil desselben, als Subjekt denken muß. Das Ich oder der Geist als solcher hat keine Ausdehnung, eben weil er nicht anschaulich bestimmt ist; es gibt für Gegenstände der inneren Natur gar kein Mannigfaltiges außereinander, also keine ausgedehnte Größe, sondern jede Tätigkeit fällt in das  eine  ganze Ich. Ich kann nicht sagen, eine Tätigkeit erfüllt einen Teil des Ich, wie der Körper einen Teil des Raums erfüllt; ebensowenig kann ich sagen, daß das Ich aus seinen Tätigkeiten oder aus den Zeitteilen seiner Tätigkeiten zusammengesetzt ist, sondern zu jeder Tätigkeit wird das ganze Ich als Subjekt hinzugedacht, und das Ich ist dieses Subjekt auf gleiche Weise in jedem Augenblick, jedem Zeitpunkt der Tätigkeit, ebenso wie in einer längeren Dauer der Tätigkeit. Die innere Tätigkeit ist, wie wir oben sahen, eine unauflösliche Qualität, sie kann also nicht in mathematische Verhältnisse aufgelöst werden. Daher kann sich alle Größenbestimmung des Ich und seiner Tätigkeiten gar nicht auf die Ausdehnung in Formen der Anschauung beziehen, sondern sie kann sich lediglich auf die Qualitäten selbst beziehen.  Größe der Qualität  aber ist  intensive Größe  oder  Grad.  Der  Geist  kann also nur als  intensive Größe,  nach dem  Grad seiner Tätigkeit  bestimmt werden. Nur diese ist es, die aus dem Selbstbewußtsein hergenommen werden kann. Denn wenn wir uns im reinen Selbstbewußtsein das Ich als Subjekt innerer Tätigkeiten denken, so kann die Größe dieses Ich nur in dem Grad bestehen, mit dem das reine Selbstbewußtsein durch die Tätigkeiten erfüllt wird. Nur in diesem Sinn könnte also von einer  Ausdehnung  des Geistes im Selbstbewußtsein die Rede sein (4); nicht von einer anschaulichen Ausdehnung, sondern von einer gradweisen Ausdehung. Der Geist erfüllt das reine Selbstbewußtsein mit einem gewissen Grad seiner Tätigkeit, und dieser Grad ist es, der als eigentümliche Größenbestimmung der inneren Natur an die Stelle der Ausdehnung im Raum als Größenbestimmung der äußeren Natur tritt.

Man hat zur Bezeichnung des Geistes, insofern er als Größe bestimmt ist, das Wort  Gemüt  gebraucht (5). Das Wort entspricht zwar in mancher Hinsicht wohl dem Begriff. Das Gemüt ist es, dem man die Stärke oder Schwäche der Geistestätigkeiten zuschreibt, nicht dem Geist oder der Seele. Stärke oder Schwäche der Geistestätigkeiten zuschreibt, nicht dem Geist oder der Seele. Stärke oder Schwäche der Gefühle, der Triebe und Begierden, der Affekte und Leidenschaften liegt man als Eigenschaften vorzugsweise dem Gemüt bei und spricht in dieser Hinsicht von einem lebhaften oder stumpfen, von einem gefühlvollen, leidenschaftlichen, heftigen Gemüt usw. Auch hat schon KANT den menschlichen Geist, insofern er Gegenstand der inneren Erfahrung ist, also auch seiner Größenbestimmung nach, als Totalität aller Tätigkeiten des Ich, Gemüt genannt. Allein der allgemeine Sprachgebrauch widerspricht dem darin wesentlich, daß das Gemüt lediglich auf die Tätigkeiten des Herzens, auf das kontemplative Geistesleben bezogen wird, wohin namentlich die Ausdrücke  Gemütlichkeit, gemütlich  gehören, oder doch die praktischen Tätigkeiten des Geistes, vorzugsweise bezeichnen soll, daher durch Gemütsbewegungen die lebhafteren Bewegungen der Gefühle, Neigungen und Begierden, die Affekte und Leidenschaften bezeichnet werden, nicht aber die Grade der Erkenntnistätigkeit, die sich vorzüglich in den Unterschieden der  Klarheit  und  Dunkelheit  unserer Vorstellungen ausdrücken. In diesem Sinne stellt man  Verstand  und  Gemüt  ebenso wie  Kopf  und  Herz  einander entgegen. Auch deutet der etymologische Zusammenhang mit Mut auf diese engere Bedeutung von Gemüt hin.

Die Bestimmung der inneren Natur als bloß intensive Größe verändert zunächst das Gesetz der  Teilbarkeit  der Größe. An die Stelle der unendlichen Teilbarkeit jedes Körpers tritt das Gesetz der  Unteilbarkeit  des Geistes. Die Teilbarkeit der Körper entstand aus der Ausdehnung der Materie im Raum. Für den Geist aber gibt es, wie wir sahen, keine Ausdehnung in irgendeiner anschaulichen Form, also auch keine Teilbarkeit. Der Geist nimmt, seiner Größe nach, das reine Selbstbewußtsein mit einem gewissen Grad seiner Tätigkeit ein, allein dafür ist keine Teilung möglich, weil das Ich nicht erst durch die Zusammensetzung aus seinen Tätigkeiten gebildet wird, wie der Körper aus seinen Raumteilen, sondern nur als das identische Subjekt aller Tätigkeiten gedacht wird. Diese  Unteilbarkeit  des Ich darf jedoch nicht als  Einfachheit der Seele  gedacht werden. Die ältere, WOLFFische Metaphysik glaubte in dieser Unteilbarkeit des Ich das Wesen der Seele als Einfachheit derselben erkannt zu haben. Einfachheit aber ist gar kein Gegenstand der Naturerkenntnis, insofern darin ein unteilbares Wesen vorgestellt wird. Vom Wesen der Seele ist hier, unter der Kategorie der Größe, überhaupt noch gar nicht die Rede; es wird sich aber auch in der Folge zeigen, daß wir das Wesen der Seele nicht eigentlich als Gegenstand der Natur erkennen, sondern wieder nur das Ich als Subjekt, als das Beharrliche im reinen Selbstbewußtsein zum Wechsel seiner Tätigkeiten hinzudenken. Daher darf auch hier die Unteilbarkeit des Ich nicht als Einfachheit seines Wesens, sondern nur als  Einzelheit  des Subjekts vorgestellt werden. Es ist damit nur gesagt: die innere Natur kann nicht als eine Vielheit von Geistern betrachtet werden, wie in der äußeren Natur eine Vielheit von Körpern, da jeder erfüllte Raumteil selbst ein Körper, und jeder Teil dieses Körpers wieder ein Körper ist. In der inneren Natur gibt es nur eine Vielheit von Tätigkeiten, die aber alle dem  einen  Ich als Subjekt derselben angehören. Die Vielheit der Geister in anderen Menschen ist nicht mehr Gegenstand der Metaphysik der inneren Natur, sondern wird erst durch Analogie mit der Körperwelt vermittelt. Die Metaphysik der inneren Natur ist durchaus an die Einzelheit des  einen  Ich gebunden.

Ebensowenig wie die Einfachheit des Wesens der Seele darf aber aus der Unteilbarkeit des Ich auf die  Unsterblichkeit der Seele  geschlossen werden. Dies war der Weg, auf dem einst MENDELSOHN die Unsterblichkeit der Seele zu beweisen suchte. Ein unteilbares Wesen, sagte er, kann durch Teilung nicht vernichtet werden: also ist sie unsterblich; allein die Seele, obgleich sie  durch Teilung  nicht vernichtet werden kann, hat doch einen bestimmten Grad ihrer Tätigkeit, und da dieser bis auf Null herabsinken kann, so ist allerdings eine Vernichtung der Seele durch ein allmähliches,  gradweises Verlöschen  ihrer Tätigkeit, durch ein allmähliches Verschwinden des Bewußtseins derselben möglich. Ja, als Naturwesen gedacht, seiner zeitlichen Erscheinung nach ist uns das Dasein des Geistes gänzlich an eine Körperform geknüpft, sodaß wir uns mit deren Vernichtung auch das Dasein des Geistes in der Natur nicht denken können; das selbständige Dasein des Geistes ist nur nach der idealen Ansicht denkbar; nur der idealen Ansicht gehört die Unsterblichkeit der Seele.

Durch diese Beschränkung der inneren Natur auf intensive Größe entzieht sich die innere Natur größtenteils der mathematischen Behandlung, die hauptsächlich auf rein anschaulichen Bestimmungen der extensiven Größe beruth. Die äußere Natur läßt sich, wie bemerkt wurde, gänzlich in mathematische Verhältnisse auflösen; für die innere hingegen bleibt dafür allein das Gesetz der  Stetigkeit  übrig. Das Gesetz der Stetigkeit gilt allerdigs für alle Größenbestimmung ohne Ausnahme, also auch für die intensive Größe; denn auch alle Gradveränderung muß notwendig nach einem stetigen Übergang, ohne Sprung, erfolgen. So gilt also auch für den Geist das Gesetz des stetigen Abflusses seiner Tätigkeiten. Alles Entstehen und Vergehen, alles Wachsen und Sinken von inneren Tätigkeiten kann nur nach und nach in gradweisen Übergängen, mit einer Durchgehung aller dazwischen liegenden Grade, stattfinden. Wie schnell auch bisweilen Veränderungen im Geiste vor sich gehen mögen, wie z. B. bei Affekten, sie können doch nie in wirklichen Sprüngen geschehen, und haben nur den Schein von Sprüngen, weil die dazwischenliegenden Stufen so schnell geschehen, daß sie nicht in das Bewußtsein treten können. Allein auch von diesem mathematischen Naturgesetz, dem einzigen, das auf die innere Natur anwendbar ist, läßt sich nur eine geringen Anwendung machen (6). Denn haben wir auch im Gesetz der Stetigkeit das Gesetz gefunden, wonach sich alle intensive Größe der geistigen Tätigkeiten verändert, so ist uns damit noch keineswegs die Regel gegeben, wonach wir die Größe innerer Tätigkeit  erkennen.  Intensive Größen aber für sich können gar nicht gemessen werden; ihre Messung ist nur möglich durch den Vergleich ihrer Verbindung mit extensiver Größe. So messen wir die Grade der Wärme nach der Ausdehnung der Körper durch sie, die Grade der Kraft nach der Zeit und der Geschwindigkeit der durch sie bewegten Körper, die Töne nach der Zahl der Schwingungen der Saiten usw. Aber wo finden wir die extensive Größe, mit der wir die innere Größe geistiger Tätigkeit vergleichen können? da wir ein Kausalverhältnis zwischen Geist und Körper wissenschaftlich nicht kennen, da die Gesetze der inneren Natur uns verbieten, ihre Grenzen zu überschreiten und aus der äußeren Natur Erklärungen zu suchen, und die innere Natur selbst uns nirgends eine intensive Größe darbietet. Ebensowenig aber läßt sich aus der extensiven Größe selbst ein bestimmtes Maß aufstellen, wonach sich wenigstens eine relative Messung der geistigen Tätigkeiten ausführen läßt. Wir können wohl eine intensive Größe mit der anderen vergleichen und danach relativ ihren Grad messen; aber nirgends finden wir in der inneren Natur einen festen Punkt, von dem wir ausgehen könnten. Der Grad jeder Tätigkeit, jedes Vermögens, der Grad der ganzen Kraft des Geistes ist veränderlich. Am scheinbarsten möchte sich ein bestimmtes Maß für die Stärke unserer Vorstellung z. B. von der größeren oder geringeren Klarheit derselben entlehnen lassen. Allein ebenfalls ohne festen Punkt des Ausgangs. Die Klarheit unserer Vorstellungen hängt von der Stärke ab, mit welcher sie vom inneren Sinn wahrgenommen wird. Diese Stärke der Tätigkeit des inneren Sinnes im Wahrnehmen kann wieder teils von der Stärke der Reizung, teils von der Stärke der Reizbarkeit abhängen, kann also wieder nicht als bestimmter Maßstab für die Stärke der Vorstellung gelten, da eine Vorstellung bei derselben Stärke doch nach den verschiedenen Graden der Reizbarkeit des inneren Sinnes mit sehr verschiedenen Graden der Klarheit in unser Bewußtsein treten kann.


III. Die Seele unter den
Kategorien der Relation

Die Kategorien der Relation oder des Verhältnisses sind diejenigen, welche den eigentlichen Kern der Metaphysik bilden, da durch sie die Einheitsformen der Vernunft ausgesprochen werden, wie sie durch das Denken selbst notwendig bestimmt werden, während die vorausgehenden nur die durch die Natur der Anschauung bestimmten Einheitsformen darstellen. Daher führen uns jene Kategorien der Anschauung nur zu den  mathematischen  Grundsätzen der Natur, die der letzteren zu den  dynamischen.  Die Kategorien der Qualität bestimmen uns das  Was,  den Gehalt der Naturerkenntnis, indem sie in jeder Naturerkenntnis ein  Sein,  eine  Realität  zu denken nötigen; die Kategorien der Quantität bestimmen diese Realität durch die Formen der reinen Anschauung und geben so zum Sein die Gesetze der mathematischen Zusammensetzung hinzu. Die dynamischen Grundsätze aus den Kategorien der Relation hingegen geben uns über dieses notwendige Sein und dessen mathematische Zusammensetzung noch die  Formen der notwendigen Verknüpfung der Dinge ihrem Dasein nach,  und sprechen so die eigentlichen  Gesetze der Naturnotwendigkeit  aus. Indem sie zeigen, wie die Existenz der Eigenschaften notwendig verknüpft ist mit der des Wesens, die der Wirkungen mit ihren Ursachen, und die der Wesen untereinander durch Wechselwirkung, stellen sie das Ganze der Natur als ein durch notwendige Gesetze bestimmtes System dar, worin jede wirkliche Tatsache durch allgemeine Gesetze notwendig bestimmt ist.

Entscheidend für die Möglichkeit einer Metaphysik der inneren Natur wird es also, in wie weit die Kategorien der Relation auf ihre Gegenstände anwendbar sind. Wir haben durch die Kategorie der Anschauung eine Realität für die innere Natur gefunden, das Ich, den Geist, wir haben diesen Geist, seiner Erscheinung in der Natur nach ferner erkannt als intensive Größe des Grades seiner Tätigkeit. Jetzt wird es die Aufgabe sein, nach den Kategorien der Relation, das Wesen oder die Substanz zu bestimmen, welche den wechselnden Erscheinungen der inneren Natur als das Bleibende, Selbständige zugrunde liegt, den Begriff der Ursache festzustellen, durch welche die Veränderungen in der inneren Natur bewirkt werden, und schließlich in der Wechselwirkung aller inneren Erscheinungen die innere Natur als  ein  Ganzes, als  eine  Lebenseinheit des Seelenlebens zu erkennen. Wie weit dies gelingt, davon hauptsächlich hängt die Vollendung der inneren Naturlehre zu einem wissenschaftlichen Ganzen, zu einem wahren System der Natur ab. Es darf dabei nicht verkannt werden, daß die Unvollständigkeit des anschaulichen Schematismus in der inneren Natur der vollständigen Anwendung dieser Kategorien große Schwierigkeiten in den Weg legt, indessen haben schon die vorhergehenden Kategorien gezeigt, wie sich dieser Mangel durch die Form des reinen Selbstbewußtseins nach Analogie mit der mangelnden Anschauungsform des Raumes ergänzen läßt.

Die Kategorien der Relation sollen die Verhältnisse bestimmen, in denen die Gegenstände der Natur ihrer Existenz nach zueinander stehen. Durch die Anschauung sind uns Gegenstände gegeben, die anschaulich gegeneinander bestimmt sind und sich in Verhältnissen der anschaulichen Zusammensetzung befinden; diese anschaulichen Verhältnisse sollen nicht bloß anschaullich nebeneinander vorgestellt, sondern sie solen auch in Verhältnissen einer notwendigen Verknüpfung ihrer Existenz gedacht werden, es soll durch diese Kategorien bestimmt werden, wie die Dinge, die nach Zeit und Raum sich zusammen befinden, auch ihrer Existenz nach voneinander abhängen. Hieraus ergibt sich schon, daß uns erst Dinge in anschaulichen Verhältnissen der mathematischen Zusammensetzung gegeben sein müssen, ehe die Kategorie der Relation angewendet werden können, ehe von einem Verhältnis gegenseitiger Bedingtheit der Existenz von Dingen die Rede sein kann. Die allgemeinsten anschaulichen Bestimmungen der Dinge sind aber, wie oben gezeigt wurde, die der Zeit, die allgemeinste Anwendung der Kategorien der Relation geschieht also auf die Dinge, wie sie der Zeit nach zueinander bestimmt sind oder in Anbetracht ihrer  Zeitordnung.  Die  Zeit  stellt die  Reihe des Daseins  dar, die  Relation  die  Verknüpfung des Daseins. Durch die Kategorien der Relation soll die Reihe des Daseins oder der Zeitordnung nach der Verknüpfung ihres Daseins bestimmt werden,  d. h. es soll bestimmt werden, wie die der Zeit nach  äußerlich  bestimmten Dinge auch  innerlich  in Anbetracht ihres Daseins zusammen gehören oder in Anbetracht ihres Daseins voneinander abhängen. Die Verhältnisse aber, in welchen sich der Zeit nach die Dinge befinden können, oder die Bestimmungen der Dinge in Anbetracht der Zeitordnung sind:  Zugleichsein  oder  Nacheinandersein.  Das Nacheinander begreift aber wieder zwei verschiedene Verhältnisse in sich. Die Erscheinung eines Dinges in seinen nacheinanderfolgenden Zuständen bleibt entweder einerlei, sie dauert oder beharrt darin, oder sie erscheint in der Zeit anders, sie wechselt. So erhalten wir also drei Zeitverhältnisse:  Zeitdauer  oder Beharrlichkeit in der Zeit,  Zeitfolge  oder Veränderung in der Zeit,  Gleichzeitigkeit  oder Zugleichsein in der Zeit. Diese Verhältnisse bilden die reinen Schemata für die Kategorien der Relation.  Beharrlichkeit in der Zeit  ist das Schema für die Kategorie der  Wesenheit;  das Wesen eines Dings ist dasjenige, was in der Zeit dauert, beharrlich ist.  Veränderung  ist die reine Zeitbestimmung für die Kategorie der  Ursächlichkeit;  Ursache ist der Grund einer Veränderung oder Zeitfolge.  Gleichzeitigkeit  ist die reine Zeitbestimmung für die  Wechselwirkung;  alles Gleichzeitige befindet sich in einer gegenseiten Abhängigkeit durch Wechselwirkung.

Von diesen allgemeinen Bestimmungen läßt sich scheinbar sehr leicht die Anwendung auf die innere Natur machen. Wir finden auch das Ich seinen Tätigkeiten nach bestimmt durch die Zeit, also unterworfen den dargestellten Zeitverhältnissen. Wir dürften also, wie es scheint, die in der Zeit dauernde beharrliche Tätigkeit des Ich als sein Wesen, die in der Zeit abfließende, sich verändernde Tätigkeit als Ursache bestimmen, und das Ganze der zugleich seienden Tätigkeiten des Ich als seine Wechselwirkung auffassen. Allein die eigentümlichen Verhältnisse dieser Zeitbestimmungen zum reinen Selbstbewußtsein bringen auch hier besondere Bestimmungen mit sich.

Für die Anwendung der Kategorien der Relation auf die innere Natur kommt es uns darauf an, Verhältnisse der inneren Erscheinungen in Anbetracht des reinen Selbstbewußtseins zugrunde zu legen, die den Einheitsformen der Relation untergeordnet, denen gemäß diese Erscheinungen als bedingt in Anbetracht ihrer Existenz gedacht werden sollen. Die Kategorien der Relation werden auf die äußere Natur dadurch angewendet, daß die Erscheinungen derselben nach ihren Verhältnissen im Raum, nach ihrer Örtlickeit zugrunde gelegt werden. In Anbetracht des Raumes stehen die Körper in äußeren Verhältnissen zueinander, ein Körper steht zu den anderen Körpern außerhalb von ihm in einem räumlichen Verhältnis, er verhält sich entweder zu dem anderen als dauernd, oder er befindet sich in Ruhe, oder sich verändernd, oder er befindet sich in Bewegung. Diese Verhältnisse der Dinge außereinander, die wir in der äußeren Natur an den Körpern dem Raum nach anschauen, geben uns die vollständigen anschaulichen Bedingungen, unter denen wir die Kategorien der Relation auf die Gegenstände der äußeren Natur anwenden können, sie machen es uns möglich, die Körperwelt vollständig durch die Begriffe des Wesens, der Ursache und Wechselwirkung zu bestimmen. Nicht so in der inneren Natur. Die anschauliche Form der Zeit gibt uns wohl auch ein äußeres Verhältnis der inneren Tätigkeiten, sie stellt sie uns im Verhältnis der Aufeinanderfolge des Nacheinander dar; allein der eigentliche Gegenstand der inneren Natur ist uns im reinen Selbstbewußtsein gegeben, und dieses schließt alles äußere Verhältnis aus, denn indem wir alle Erscheinungen der inneren Natur im reinen Selbstbewußtsein zusammenfassen, betrachten wir sie alle als Erscheinungen des  einen  Ich, das Ich ist das  eine  und gleiche Subjekt aller inneren Tätigkeiten. Zur Bestimmung des Wesens, der Ursache und der Wechselwirkung in der inneren Natur dürfen wir keineswegs nur die Zeitverhältnisse der Tätigkeiten des Ich zugrundelegen, denn diese gehören nur dem Moment an, wodurch das Ich in der Natur überhaupt erscheint, das Wesen etc. der inneren Natur, des Ich, kann nur durch Verhältnisse in Anbetracht des reinen Selbstbewußtseins bestimmt sein. In Anbetracht des reinen Selbstbewußtseins aber gibt es kein Außereinander, der einzige Gegenstand desselben ist das Ich, wir können hier also nur von einem Verhältnis des Ich zu sich selbst, von einem Verhältnis der im empirischen Selbstbewußtsein gegebenen, in der Zeit abfließenden Tätigkeiten des Ich zu dem im reinen Selbstbewußtsein gegebenen Subjekt dieser Tätigkeiten, dem reinen Ich. Zwar finden wir unser empirisch bestimmtes, in der Zeit erscheinendes Ich in Verhältnissen zur Welt außerhalb von ihm; teils zur äußeren Natur der Körperwelt, teils zu anderen Ich oder Geistern. Für diese äußeren Verhältnisse aber gibt es gar keine wissenschaftliche Erklärung, sie sind uns nur empirisch gegeben, und haben für die Metaphysik des Geisteslebens gar keine Bedeutung. Eine unmittelbare Gemeinschaft mit anderen Geistern ist uns nach dem Standpunkt der Natur ganz undenkbar, weil wir in Anbetracht der zeitlichen Erscheinung unseres Geistes notwendig an ein räumliches Dasein in einem Körper gebunden sind, sondern alle Gemeinschaft mit anderen Geistern ist nur durch körperliche Vermittlung möglich. Es ist nur der Wahn des Mystizismus, der eine unmittelbare, rein geistige Gemeinschaft behauptet, nur bei ihm gilt ein unmittelbarer Umgang der Menschen mit höheren Geistern, mit Engeln und Dämonen, ein Hereinragen einer höheren Geisteswelt in das irdische Menschenleben, oder eine rein geistige Mitteilung der Menschen untereinander über die durch die Sinne festgestellten räumlich-zeitlichen Grenzen hinaus, wie die Fabeln vom magnetischen Somnambulismus sie vorgeben. Die körperliche Vermittlung aber steht, wie die Einleitung gezeigt hat, wegen der unmittelbar verschiedenen Qualität der inneren und äußeren Natur außerhalb der wissenschaftlichen Naturerklärung. Der Standpunkt der inneren Natur beschräkt uns also durchaus allein auf ein inneres Verhältnis des Ich zu sich selbst, und die Relation überhaupt für die innere Natur läßt sich nicht anders ausdrücken als durch den Begriff einer  durchgängigen Einheit und Gleichheit,  oder als  Identität des Ich als Subjekt aller inneren Tätigkeiten.  Ich beziehe, nach diesen Kategorien der Relation, alle meine Zustände und Tätigkeiten auf das  eine  Subjekt, das immer dasselbe bleibt, so vielfach sich auch seine Zustände verändern mögen. Die hier zu beurteilenden Verhältnisse sind also gar keine anschaulichen Verhältnisse, sondern wir erhalten sie erst dadurch, daß wir aus dem reinen Selbstbewußtsein das Ich zu seinen in der Zeit erscheinenden Tätigkeiten als dasselbe Subjekt hinzudenken. Wir schauen nicht ein Beharrliches in allem Wechsel der inneren Zustände an, wie wir ein Beharrliches, Raum Erfüllendes in allem äußeren Wechsel anschauen, sondern wir denken nur zu allem Wechsel der inneren Zustände das Eine und gleiche Ich als Subjekt derselben hinzu. Wir schauen nicht unmittelbar die Veränderung in unserem Seelenleben an, denn Veränderung ist ein relativer Begriff, der nur im Verhältnis zu etwas Unverändertem erkannt werden kann; die innere Natur aber erscheint uns nur in einem unaufhörlichen, stetigen Abfluß von Zuständen in der Zeit, zu welchen wir das Unveränderte nur durch das reine Selbstbewußtsein im Ich hinzudenken, aber nicht, wie in der äußeren Natur im Raum anschauen. Wir schauen schließlich nicht ein Zugleichsein von inneren Zuständen an, denn die einzige anschauliche Form der Zeit läßt uns nur ein Nacheinander von Zuständen anschauen, und die Vorstellung eines Zugleichseins erhalten wir nicht anschaulich wie das Nebeneinander im Raum, sondern nur indem wir das Ich als Subjekt mehrerer Zustände zugleich hinzudenken.

LITERATUR: Heinrich Schmid, Versuch einer Metaphysik der inneren Natur, Leipzig 1834
    Anmerkungen
    1) Vgl. über die Bedeutung und Deduktion der Kategorien FRIES, "System der Metaphysik", Seite 191-256 und derselbe "Neue anthropologische Kritik der Vernunft", Teil 2, besonders § 89.
    2) Das Genauere dafür vgl. bei FRIES a. a. O.
    3) KANT, der Entdecker der Kategorien, hat dieselben allerdings schon sehr vollständig und richtig nach Analogie mit den Urteilsformen gebildet. Aber das höhere Bedürfnis der Wissenschaft war die psychologische Deduktion derselben aus der Organisation unseres Erkennens, und dies har erst FRIES durch seine ausgezeichneten anthropologisch-kritischen Forschungen (Neue Kritik der Vernunft, Teil 2) geleistet.
    4) Vgl. CALKER, Urgesetzlehre, Seite 137.
    5) CALKER, a. a. O.
    6) Hiernach ist HERBARTs Versuch zu beurteilen, die Psychologie mathematisch zu beurteilen.