tb-1ra-2FriesA. Kastil    
 
KARL MORITZ POESCHMANN
Das Wertproblem bei Fries
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I. Die psychologische Grundlage
II. Wert und Wertbeurteilung
III. Die Verwendung des Wertbegriffs in der Ethik
IV. Fries und Ritschl

"Im Vorstehenden habe ich einen Überblick zu geben versucht über die ersten psychologischen Forschungen von Fries, welche man als Prolegomena seiner Wissenschaft bezeichnen kann. Im weiteren Ausbau dieser Vorstudien geben dieselben die Grundsteine und Pfeiler, auf denen das ganze Gebäude seiner Philosophie ruht. Bezeichnet doch Fries selbst die Psychologie als die eigentliche philosophische Grundwissenschaft, als die Grundlage des philosophischen Gebäudes und als Haupterfordernis die Festigkeit desselben."

Einleitendes

Ein Beitrag zur Geschichte der Lehre vom Wert und Werturteil soll in der vorliegenden Arbeit gegeben werden. Ein solcher wird zu einer Zeit, wo das Wertproblem in der Theologie und mehr noch in der Philosophie zu einer aktuellen Frage geworden ist, willkommen sein, und er ist zur Genüge gerechtfertigt durch den Wunsch eines Forschers wie EUCKEN, den dieser in der dritten Auflage seiner Bearbeitung der "Grundbegriffe der Gegenwart" (1) zum Ausdruck bringt, es möchte eine "Gesamtgeschichte des Wertproblems und Wertbegriffs" geschrieben werden. Dieser Wunsch nach einer Gesamtgeschichte gibt auch einem Ausschnitt der geschichtlichen Darstellung des Wertproblems sein gutes Recht als einem geringen Beitrag zu jener.

Warum aber nun gerade das Wertproblem bei FRIES? Die Wahl dieses Philosophen könnte am Ende Bedenken erregen. Sieht doch kein Geringerer als TREITSCHKE (2) in FRIES nur einen "unklaren" Philosophen "ohne Schärfe und Tiefsinn", dessen "wissenschaftlichen Ernst", "ehrlichen Patriotismus" und "aufrichtige Frömmigkeit" er aber doch wenigstens anerkennen muß. Ich halte das für ein übermäßig hartes, aber auch gänzlich verfehltes Urteil, wie es nur einer völligen Unkenntnis der FRIES'schen Werke entwachsen kann, und in dem der gewichtige Tadel die geringe Anerkennung in tiefsten Schatten stellt. Wer sich die Mühe des Studiums der Hauptwerke von FRIES nimmt, des "Systems der Philosophie", "Wissen, Glaube und Ahnung" und der "Neuen Kritik der Vernunft", der kann dann unmöglich, wie TREITSCHKE es tut, den Roman "Julius und Evagoras" als eine harmlose und unvermittelte Vereinigung von "Kantischer Philosophie" und "Herrnhuterischer Glaubensinbrunst" (3) bezeichnen. Denn jenes Studium wird ihn darüber belehren, daß zwar für FRIES die rigorose Jugenderziehung in den Herrnhuter Gemeinden Barby und Niesky für seine spätere Lebensanschauung nicht ganz ohne Einfluß geblieben ist, und daß alle seine Arbeiten unter der Großmacht des Kantischen Geistes stehen, aber auch darüber, daß FRIES ein "Selbstdenker" ersten Ranges war, der, ein Feind alles Mysteriösen, nichts als strenge, exakte Wissenschaft wollte und mit Schärfe und Tiefsinn lehrte, "wie Schönheitsgefühl und religiöses Gefühl in unserem Geist aus derselben Lebensquelle des sittlichen Gefühls entspringen." (4) Darin sah er den "großen Zweck der Philosophie" (5) und diese Lehre bildet auch den Inhalt seines "Julius und Evagoras". Dieser Roman ist ein Niederschlag seiner philosophischen Forschung und Überzeugung, allerdings für "junge Leser" bestimmt, für die "teutonischen Studenten" (6), um ihnen die Ideale des Wahren, Guten und Schönen nahe zu bringen. Aber gerade der fast schwärmerischen Liebe für die Jugend ist es zuzuschreiben, daß sich hier FRIES in seiner Sprache zu einer Höhe der glühendsten Begeisterung und oft poetischer Schönheit erhebt, wie sie sonst in seinen Werken kaum zu finden ist. Denn im übrigen kann man ihm eine gewisse Schwerfälligkeit der Ausdrucksweise nicht absprechen, namentlich erzeugen seine allzuhäufigen Wiederholungen ein Gefühl der Ermüdung, worüber J. E. ERDMANN (7) mit Recht klagt. Die Sprache von FRIES ist eben etwa das Gegenteil von dem, was man einen Lapidarstil zu nennen pflegt, und man muß KRUG (8) zustimmen, wenn er in den FRIES'schen Schriften zuweilen klare und bestimmte Darstellung vermißt. Ungeachtet dieses Mangels sind sie aber bedeutend genug und wert, gründlich studiert zu werden.

Wie nun TREITSCHKE die Bedeutung von FRIES völlig unterschätzt hat, so begegnen wir einem Vertreter des entgegengesetzten Extrems der Überschätzung in FRIEDRICH FRANCKE (9), der FRIES bezeichnet als einen der "größten Propheten oder Weisheitslehrer nicht nur auf dem Gebiet der Wissenschaft, sondern auch auf dem des Staates und der Kirche", als einen "Meister, der uns von argen Seuchen und Gebrechen des Geistes heilen kann, wenn wir nur ernsthaft selbst sein wollen," der seine Philosophie rühmt als eine "herrliche, einen so reinen, milden, versöhnenden Geist der Wahrheit, Freiheit und Frömmigkeit atmende Lehre," und der behaupten kann: "... Es ist kein übertriebenes Lob, wenn von Seiner (d. h. FRIES') Lehre gesagt ist: In keinem philosophischen System findet sich - neben der vollendeten Lösung aller wirklichen spekulativen Probleme - dieses schöne Ebenmaß von Licht und Wärme, dieser harmonische Einklang von Klarheit, Ruhe, Ordnung und Besonnenheit auf der einen und von Innigkeit, Tiefe, Lebendigkeit und Begeisterung auf der anderen Seite." Hier ist offenbar die Entscheidung dem Herzen überlassen gewesen; ohne Zweifel hat die Liebe und Begeisterung für den großen Meister das Urteil über ihn und sein Werk beeinflußt und zu seinen Gunsten beeinträchtigt.

Es wäre wünschenswert, zwischen diesen Gegensätzen in der Beurteilung von FRIES einen Ausgleich zu schaffen und ein richtiges Urteil über ihn zu finden, welches weder bloß zu Lob noch nur zu Tadel gefällt wird, sondern Licht und Schatten nach Gebühr verteil und ihm so völlig gerecht wird. Auch dazu möchte der hier gebene Versuch einer Darstellung des Wertproblems bei FRIES, soweit es möglich ist, an seinem Teil mithelfen. Im übrigen aber kann eine solche unparteiische Beurteilung nur dadurch erzielt werden, daß eine durchgehende Bearbeitung sämtlicher FRIESischen Werke unter verschiedenen Gesichtspunkten stattfindet. Damit aber wäre ein weites Feld ertragreicher, dankbarer Arbeit eröffnet, die FRIES wieder zu Ehren bringen würde, nachdem er bisher im Schatten des großen KANT nur wenig Beachtung und Schätzung gefunden hat. (10)

Ein Gebiet, in dem FRIES Großes geleistet hat, ist das der  Psychologie,  die wir im folgenden eingehender zu würdigen haben, da aus ihren Grundlagen heraus sich das Wertproblem entfaltet. Bei ihm finden sich zum  erstenmal  ausführlichere Erörterungen über dasselbe, während bei KANT nur Andeutungen dazu vorhanden sind. Auch in seiner Ethik kommt der Wertbegrif zur Verwendung, wodurch sie sich wesentlich von der Kantischen unterscheidet. Das alles gibt uns genügend Grund zur Behandlung des  Wertproblems  bei FRIES, für die wir folgende Einteilung wählen:
    I. Die psychologische Grundlage
    II. Wert und Wertbeurteilung
    III. Die Verwendung des Wertbegriffs in der Ethik
    IV. Fries und Ritschl

I. Die psychologische Grundlage

Auf psychologischem Gebiet liegt die Bedeutung und die Größe von FRIES. Die Propädeutik der Psychologie steht ihm von Anfang seiner wissenschaftlichen Betätigung an als eine Aufgabe vor Augen zu deren Lösung er sich berufen fühlt, als ein Werk, zu dem er - nach seinem eigenen Ausdruck - geboren und in die Welt gekommen zu sein scheint. Die Richtigkeit dieser Vermutung wird durch das Ganze seiner reichen philosophischen Lebensarbeit bestätigt. Nach Abschluß derselben wird das Lob eines Zeitgenossen, (11) welches FRIES den "größten Meister auf dem Feld gesunder, echter Psychologie" nennt, in den verschiedensten Nuancenn von Anhängern und Gegnern wiederholt. So weist einige Jahre nach FRIES' Tod einer seiner treuesten Schüler, APELT in seinen "Epochen der Geschichte der Menschheit", auf "sein eminentes Talent der inneren Selbstbeobachtung" (12) hin und stellt ihn dar als den Umbildner "der Kantischen Kritik zur Theorie der erkennenden Vernunft" (13) unter Zuziehung der Logik und der Psychologie, der die dort "fehlende Einheit (d. h. die Einheit von Sinn und Verstand in der  einen  Vernunft) in der psychischen Anthropologie" (14) suchte. In Übereinstimmung mit diesem Urteil befindet sich aus neuerer Zeit GRAPENGIESSER, der unserem Philosophen bezeugt, daß es ihm gelungen sei, "die Mängel der inneren Beobachtung KANTs nachzuweisen, zu berichtigen und zu ergänzen", und daß er "vor allem die transzendentale Deduktion, d. h. die Begründung unserer philosophischen Erkenntnis, richtiger als KANT aufgefaßt und als eine Aufgabe psychisch-anthropologischer Untersuchung durchgeführt (15) habe. Und in jüngster Zeit wird FRIES von LIEBMANN in einer meisterhaften Gedächtnisrede auf KANT als "im Herzen durch und durch überzeugter Kantianer" bezeichnet, der "aber ... die Kantische Vernunftkritik aus der Sphäre der Transzendentalphilosophie in die Sphäre der Psychologie überträgt" (16). Demnach ist man sich einig über die Verdienst, die sich FRIES durch seine Arbeit in psychologischer Beziehung erworben hat; sie finden volle Anerkennung auch bei LIEBMANN, der aber im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Philosophen FRIES den Ruhm, die Kantische Lehre fortgebildet, d. h. "verbessert" und "ihr die fehlende Vollendung" (17) gegeben zu haben, absprechen muß, indem er durch sorgfältige Prüfung und scharfsinnige Untersuchung zu dem Resultat kommt: FRIES hat die Kantische Philosophie vorausgesetzt: er hat aber ihren bekannten Fehler (d. h. das "Vorurteil des Transzendentalen") nicht nur nicht entfernt, sondern sogar selbst adoptiert. Er hat demnach den Kritizismus in diesem Punkt nicht korrigiert. Also muß auf KANT zurückgegangen werden." (18) Damit ist das Urteil gesprochen, welches FRIES herausgefordert hat, wenn er in der Vorrede zu "Wissen, Glaube und Ahnung", Seite X kühn und zuversichtlich ausruft: "... ich habe freilich ein sehr überflüssiges Geschäft unternommen, wenn ich die Kommentare über KANTs Schriften nur noch um einen vermehrte, ohne das System selbst weiter auszubilden, als er es vermochte. Darüber entscheide die kommende Zeit!" Diese Entscheidung ist gefallen: Ablehnung der FRIESischen Philosophie als Fortbildung, geschweige Vollendung des Kantischen Werks, aber auch anerkennende Hervorhebung der FRIESischen verdienstvollen Arbeiten auf psychologischem Gebiet. Und damit, muß man sagen, ist FRIES Gerechtigkeit widerfahren, und es ist ein finer und seines Werkes würdiger Vergleich, wenn man ihn als "großen Architekten" mit "hervorstechenden Anlagen" (19) bezeichnet hat. Als solchen müssen wir ihn hoch schätzen und mit Dank ihm folgen durch die interessanten und lehrreichen Gänge seines philosophischen Bauwerks, aufgeführt auf dem massiv granitnen Grund seines unerreichbar großen Meisters KANT. Er "gab uns", sagt FRIES, "die wahren festen Grundlagen der psychischen Anthropologie." (20) Das war die Basis, auf welcher FRIES das stattliche Gebäude seiner Philosophie errichtete. Wir haben zunächst seinen  psychologischen Untersuchungen  so weit nachzugehen, als sie für die Entwicklung des Wertproblems in Betracht kommen.

Die ersten psychologischen Arbeiten von FRIES sind in SCHMIDs "Psychologisches Magazin", (21) wie es der Plan dieses Unternehmens erforderte, anonym erschienen, zugleich seine erste Veröffentlichung überhaupt. Zunächst behandelt er unter Anknüpfung an KANTs Forderung der Umkehrung der Annahme "alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten" in die gegenteilige, "die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten" das Verhältnis der empirischen Psychologie zur Metaphysik. Jene Kantische Position führt ihn zu einer Erörterung der Beziehung zwischen Erkenntnis und ihrem Gegenstand, wie derselbe vom erkennenden Subjekt, dem Gemüt, vorgestellt wird, und zur Notwendigkeit einer Untersuchung aller Erkenntnisse vom psychologischen Gesichtspunkt aus, "wiefern sie subjektiv zu Zuständen des Gemüts gehören" (22), woraus der Unterschied zwischen der dogmatischen und der kritischen Methode resultiert. Eine Untersuchung nach letzterer, regressiv-analytischer Verfahrensart bezeichnet FRIES als Propädeutik einer Wissenschaft, auf welche er besonderes Gewicht gelegt wissen will. Denn sie statuiert auf psychologischem Weg als "empirische Wissenschaft aus innerer Erfahrung" das Besondere, Eigentümliche aller mannigfaltigen Erkenntnisse und sucht für diese Prinzipien, "ein notwendiges Erfordernis, ohne welches eine Wissenschaft immer mangelhaft bleiben mß und ihrer Vollendung sich nicht einmal bestimmt annähern kann." Es folgt dann der Nachweis der Unentbehrlichkeit der Propädeutik, "unter dem Namen einer transzendentalen Kritik" für die Metaphysik, welche den "positiven Vorteil" (23) bietet, daß von ihr aus "allein der einzige Weg übersehen werden kann, welcher zu einem System metaphysischer Prinzipien führt." Diese transzendentale Kritik ist aber, wie jede Propädeutik, eine empirische Wissenschaft aus innerer Erfahrung; "aus empirisch psychologischen Erkenntnissen und zwar die Wissenschaft von der Art und Beschaffenheit unserer Erkenntnisse a priori." (24) Ihre Aufgabe ist die Untersuchung der letzteren, in deren Folge die Bestimmung der transzendentalen Gemütsvermögen und Aufstellung eines Systems philosophischer Prinzipien. Von diesem Gesichtspunkt aus erstrebt FRIES eine Psychologie als "Theorie der transzendentalen Vermögen des menschlichen Gemüts", (25) "in der Hoffnung, dadurch zur richtigeren Bestimmung des Gesichtspunktes der Kritik der Vernunft etwas beizutragen und auf den Einfluß dieser Kritik auf empirische Psychologie weiter aufmerksam zu machen."

In einem nun folgenden Aufsatz gibt FRIES, um zu einem System der Seelenlehre zu gelangen, die "Propädeutik einer allgemeinen empirischen Psychologie" (26) mit Beschränkung dieser "auf dasjenige, was aus innerer Erfahrung allein erkannt werden kann und zwar sofern dadurch das Gemüt im allgemeinen bestimmt wird." (27) Einen integrierenden Teil derselben bildet die Untersuchung der Kantischen transzendentalen Gemütsvermögen, von den übrigen, rein empirischen unterschieden als wesentliche Beschaffenheiten des Gemüts, "welche zur Möglichkeit von Erkenntnissen a priori erforderlich sind." (28) Und von der Bearbeitung gerade dieses Teils verspricht sich FRIES einen Fortschritt für die ganze Psychologie.

Die allgemeine Psychologie ist Naturlehre aus innerer Erfahrung, deren Aufgabe die Erforschung ihres Gegenstandes, der Natur des Gemüts, ist, und zwar ganz allgemein des Gemüts überhaupt. Diese innere Naturlehre hat einen reinen, metaphysischen Teil, welcher zugleich die Basis bildet für den anderen empirischen Teil. Beide müssen in psychologischen Untersuchungen in Verbindung miteinander gebracht werden, um Fehler und Einseitigkeiten des bloßen Rationalismus wie des bloßen Empirismus zu vermeiden.

Im Folgenden zeigt dann FRIES, nachdem er die Regeln der Methode für eine solche innere Naturlehre aufstellt, den wechselseitigen Einfluß, den die transzendentale Kritik auf die allgemeine empirische Psychologie und umgekehrt ausübt, und führt den Nachweis, daß alle Erkenntnis a priori subjektiven Ursprungs ist und daß unmittelbare Grundbeschaffenheit des Gemütes, die ihm ursprünglich eigen sind und ihm mit Notwendigkeit zukommen, für jene Erkenntnis der alleinige Quell seien. Das Ergebnis dieser Forschung faßt er in die Worte zusammen: Wir haben "mehr gewonnen als wir eigentlich suchten. Wir haben an den notwendigen und allgemeinen Erkenntnissen und somit an der transzendentalen Kritik eine Anleitung nicht nur zu dem, was wir in der allgemeinen Seelenlehre abzuhandeln haben, sondern auch für die Aufsuchung der Grundkräfte des Gemüts und für die Zurückführung der mannigfaltigen Vermögen desselben auf diese, welches für unsere Untersuchung von der größten Wichtigkeit ist. ... So werden wir hierdurch aufmerksam gemacht auf alle Verwandtschaften der Seelenvermögen, welche für die Kritik wichtig sind, z. B. die allgemeine Einteilung aller Vermögen des Gemüts in Vermögen der Erkenntnisse, der Gefühle der Lust und Unlust und der Begehrungen, oder auch die Verwandtschaft der Urteilskraft mit dem Gefühlsvermögen." (29)

Im weiteren Verlauf seiner Arbeit schreitet FRIES nun zu einer Untersuchung der Quellen unserer psychologischen Erkenntnisse fort, welche in der eigenen "inneren Erfahrung" (30) oder dem "Vermögen, uns selbst zu erkennen," enthalten sind. Diese innere Erfahrung ist die Vereinigung von reinem Selbstbewußtsein und innerem Sinn (31). Aus beiden zusammen, dem reinen Selbstbewußtsein, durch welches das Gemüt bestimmt wird als Intelligenz, als denkendes Ich, und dem inneren Sinn, welcher als "Vermögen der Empfänglichkeit unserer Erkenntniskraft" (32) zur Erkenntnis der inneren empirischen Bestimmungen jener Intelligenz führt, entsteht "innere Wahrnehmung, als der Grund aller empirischen Selbsterkenntnis, und durch diese Erfahrung, welche die Quelle ist, woraus die empirische Seelenlehre unmittelbar allein schöpfen kann."

Auf diese Untersuchung über die Quellen unserer Gemütserkenntnisse folgt eine Behandlung dieser Erkenntnisse selbst in einem dritten Artikel "Von der rationalen Seelenlehre", (33) deren erster Abschnitt (Von der reinen Seelenlehre" die Erkenntnis, die wir von unserem Gemüt  a priori  haben, erörtert und diese in dem Satz zum Ausdruck bringt "Ich existiere denkend in einer bestimmten Zeit." (34) Daran schließt sich der Versuch einer wissenschaftlichen Bearbeitung desselben als "transzendentale Psychologie" in einem zweiten Abschnitt "Von der transzendentalen Seelenlehre" (35) als Psychologie der moralischen Glaubenslehre in einem dritten Abschnitt "Rationale Psychologie als Postulat der Moralphilosophie" (36) und als "Metaphysik der inneren Natur" (37) in einem weiteren vierten Aufsatz.

Hier wird dem Gemüt (= "das denkende Ich, sofern es als Subjekt in all seinem Denken bestimmt ist, = ein Geist, als selbständig denkende Substanz gedacht" (38) ein ursprüngliches Vermögen der Selbsttätigkeit beigelegt, ein Vermögen, diese "Selbsttätigkeit innerlich im Hinblick auf ihre Äußerungen veränderlich zu bestimmen: Vermögen des Lebens" (39) und ein Vermögen, "von außen her affiziert zu werden, eine Empfänglichkeit äußerer Einwirkungen." "In der inneren Erfahrung wird nun die innere ursprüngliche Selbsttätigkeit des Gemüts als das Bewußtsein oder Vorstellen, und somit als Denken bestimmt. Das Vermögen des Lebens als Wollen und Begehren; die unmittelbare Empfänglichkeit von außen her als der Sinn und die Empfänglichkeit des Vermögens des Lebens als Gefühl der Lust und Unlust." Zu diesen drei Vermögen kommt noch eine bewegende Kraft des Gemüts, verschieden vom ursprünglichen Vermögen der Selbsttätigkeit, zur Äußerung bestimmt durch das Vermögen des Lebens und nur in ihren Äußerungen erkennbar "sofern innere Tätigkeiten sich als Ursachen von Bewegungen zeigen." (40) Eine Klassifikation der Gemütstätigkeiten unter den drei Gesichtspunkte der inneren Selbsttätigkeit, der Selbstbestimmung zur Tätigkeit und der Äußerungen der bewegenen Kräfte findet sich im fünften Artikel, welcher die Reihe dieser psychologischen Abhandlungen abschließt, indem er noch eine "Allgemeine Übersicht der empirischen Erkenntnisse des Gemüts" (41) gibt. Zu unterscheiden sind Wirkungen des Gemüts nach seinen äußeren und inneren Tätigkeiten; mit den letzteren allein hat es die Psychologie zu tun. Für die inneren Gemütsvermögen wählt FRIES die Kantische Einteilung in Erkenntnisvermögen, Vermögen des Gefühls der Lust und Unlust und Begehrungsvermögen.

Die Erkenntnis, eine Tatsache innerer Erfahrung, hervorgehend aus mehreren, verschieden modifizierten Tätigkeiten des Gemüts, ist die Haupttätigkeit in einem System von Vermögen, vorzustellen oder sich bewußt zu sein; sie gehört also unter den allgemeinen Begriff "Vorstellungsvermögen". Im folgenden werden dann die unter diesen Begriff fallenden Vermögen erörtert nach den Erkenntnisprinzipien  a priori  der reinen Anschauung, der analytischen Erkenntnisart und der synthetischen Urteile aus bloßen Begriffen als transzendentales Vermögen der Sinnlichkeit (d. h. äußerer und innerer Sinn), als transzendentale produktive, bzw. reproduktive Einbildungskraft, je nachdem sie neue Anschauungen produziert oder alte reproduziert und als Verstand das Vermögen der Selbsttätigkeit der Erkenntniskraft. "Der Verstand ist transzendental als Verstand im engeren Sinn, Vermögen der Begriffe: Urteilskraft, Vermögen zu urteilen; und Vernunft, Vermögen zu schließen; oder als Vermögen der Regel, des Falls und des Prinzips." (42)

Das Gefühl der Lust und Unlust ist etwas ganz Subjektives und eine Tatsache unmittelbarer innerer Erfahrung. Die  causa efficiens  des Lust- bzw. Unlustgefühls liegt in der Beschaffenheit des jeweiligen Gemütszustandes als etwas "Lustiges, Gefälliges", (43) bzw. als etwas Mißfälliges, Unlustiges, so daß genau zu unterscheiden ist, "die Lust vom Gefälligen, welches jene erregt, und das Urteil über das Gefällige vom Gefühl selbst." Diese Erzeugung der Lust und Unlust aber hängt wiederum ab von der Übereinstimmung oder dem Widerstreit eines Zustandes des Gemütes mit der Lebensäußerung, der Selbsttätigkeit desselben, je nachdem diese gefördert oder behindert wird. Nach der daraus sich ergebenden Zweckmäßigkeit oder Zweckwidrigkeit richtet sich dann das Urteil über das Gefällige und Mißfällige. "So hängt alles Urteil über Lustgefühl und das Gefällige mit der Beurteilung und Zweckmäßigkeit überhaupt zusammen."

FRIES teilt nun die Lustgefühle ein in ästhetische, wenn sie aus bloßer Anschauung, und in logische, wenn sie nach bloßen Begriffen erkannt werden. Es entstehen ästhetische Lustgefühle des Angenehmen, wenn die Urteile über das ästhetisch Gefällige empirische, Lustgefühle des Schönen, wenn diese Urteile apriorische sind. Die Lust, das Wohlgefallen am Schönen, welches schlechthin gefällt und Gegenstand der Gunst ist, liegt unmittelbar in der Beurteilung. Das Vermögen derselben ist der Geschmack. Das Wohlgefallen des Angenehmen, welches Gegenstand der Neigung ist, ist Vergnügen, Genuß und beruth unmittelbar in dem damit verbundenen Lustgefühl selbst. "Die Lust geht hier der Beurteilung vorher und bestimmt erst die Übereinstimmung oder den Widerstreit mit den Bedingungen des Lebens. Hierher gehört alles, was unmittelbar den Sinnen in der Empfindung gefällt und die Lust unmittelbar an der Befriedigung des Triebes." (44) Das logische Lustgefühl ist das am Guten. Das Gute ist Gegenstand der Schätzung und Achtung und gefällt erst nach der Beurteilung; "die Lust wird erst durch die Beurteilung erregt, und beruth auf Begriffen. Die Zweckmäßigkeit bezieht sich hier auf einen bestimmten vorgesetzten Zweck. Ist das Gute nicht dieser Zweck selbst, so ist es ein Mittel, ein Nützliches, zu irgendwas Gutes; sonst aber für sich gut ... Als das absolut für sich Gute erscheint das moralisch Gute, welches Zweck ansich ... ist. Hierbei wird in der reinen Achtung ein Gefühl durchaus  a priori  bestimmt. Man schreibt diesem Guten daher Würde, allem andern nur einen Wert oder Preis zu."

Im Anschluß an die bisherige Behandlung wird nun der wichtige Begriff des  "Interesses erörtert. Interesse ist Wohlgefallen am Dasein eines Gegenstandes und hängt mit dem Begehrungsvermögen zusammen. Ohne Interesse ist das Lustgefühl am Schönen, denn hier liegt das Wohlgefallen unmittelbar in der Beurteilung. "Es hat also für sich keinen Bezug auf das Begehrungsvermögen, es bestimmt dasselbe nicht, wird nicht durch dasselbe bestimmt und beweist so die ursprüngliche Verschiedenheit beider Vermögen. (45) Intereissierte Lust dagegen ist die am Angenehmen, welches bloß gefällt, sofern es da ist, und selbst die Begehrung bestimmt, und die Lust am Guten, bei dem das Lustgefühl erst nach der Beurteilung eintritt, das Begehren aber dem Lustgefühl vorangeht. "Alle interessierte Lust entspringt entweder aus der Aufhebung einer Hemmung der Lebensäußerung, bei Befriedigung eines Bedürfnisses, oder durch verstärkte, erhöhte innere Tätigkeit, durch eine unmittelbare Begünstigung der Lebensäußerungen." (46)

Als Begehrungsvermögen bezeichnet FRIES dasjenige, welches sich zu Äußerungen seiner Selbsttätigkeit bestimmt. Begehren heißt nach ihm, "durch eine Vorstellung zur Hervorbringung ihres Gegenstandes bestimmt werden". (47) Jene Selbsttätigkeit nennt er Wille und Wollen. Vom Begehren unterscheidet sich das Wollen dadurch, daß das Objekt zu jenem jeder mögliche Gegenstand meiner Vorstellungen sein kann, während das Wollen nur auf eine Äußerung meiner Tätigkeit als Gegenstand einer mir bewußten Vorstellung gehen kann. "Jede ir mögliche Handlung kann also, sofern ich mir ihrer bewußt werde, ein Gegenstand meines Willens werden." Die Hervorbringung des begehrten Gegenstandes durch eine Vorstellung erfolgt nach dem Gesetz des Triebes. Kommt dieses Gesetz bei einer Vorstellung zur Wirksamkeit, so setzt der Trieb zur Begehrung ein, die Vorstellung wird zum Antrieb, welcher Befriedigung d. h. die Hervorbringung eines Gegenstandes fordert, indem er den Willen bestimmt, sich zu äußern oder sich nicht zu äußern, zu handeln oder nicht, etwas zu tun oder zu lassen. Üben mehrere Antriebe ihre Wirksamkeit zugleich aus, so muß eine Entscheidung eintreten für die Befriedigung des einen oder des anderen durch den Entschluß nach dem Gesetz: "der stärkere Antrieb bestimmt den Entschluß." (48) Dem Antrieb, Entschluß und Wollen entsprechen drei Vermögen: die Triebe als die eigentlichen Begehrungsvermögen, die Willkür als das Vermögen der Entschließungen und der Wille als das Vermögen zu handeln.

Zum Schluß wird eine allgemeine Vergleichung der drei allgemeinsten Gemütsvermögen angestellt, indem die Abhängigkeit des Gefühls- und Begehrungsvermögens vom Erkenntnisvermögen konstatiert wird, insofern eine "innere Selbsttätigkeit des Gemüts nur im Vorstellungsvermögen zu suchen ist" und "Begehrungen und Gefühle nur Modifikationen davon bestimmen und erst durch Vorstellungen möglich werden"; (49) ebenso wird dann die wechselseitige Abhängigkeit des Gefühls- und Begehrungsvermögens voneinander festgestellt, indem jenes als "Empfänglichkeit der sinnlichen Begehrungen" dieses bestimmt "in allen Gefühlen der Schätzung und Achtung". (50) Eine völlig Unabhängigkeit beider Vermögen voneinander besteht nur "im Hinblick auf die rein ästhetischen Gefühle" und "im Hinblick auf das reine Wollen."

Im Vorstehenden haben wir in gedrängter Kürze und mit Ausschluß all dessen, was für unsere Zwecke nicht von Belang war, einen Überblick zu geben versucht über die ersten  psychologischen Forschungen von  FRIES, welche man als Prolegomena seiner Wissenschaft bezeichnen kann. Im weiteren Ausbau dieser Vorstudien, wie er namentlich in der "Neuen Kritik der Vernunft" und im "Handbuch der Psychischen Anthropologie" vorliegt, geben dieselben die Grundsteine und Pfeiler, auf denen das ganze Gebäude seiner Philosophie ruht. Bezeichnet doch FRIES selbst die Psychologie als die "eigentliche philosophische Grundwissenschaft" (51), als die "Grundlage des philosophischen Gebäudes" und als "Haupterfordernis die Festigkeit" desselben. Nur gegen den Ausdruck "empirische Psychologie", "Erfahrungsseelenlehre" protestiert er, weil das Wort  Psyche, Seele  einer Deutung unterliegt, dievon ihm unberücksicht bleiben mß, und weil es sich ihm um das menschliche Gemüt, eine innere Naturlehre, eine "Theorie des inneren Lebens" handelt; darum greift er zu dem Ausdruck "philosophische Anthropologie" (52) und bezeichnet damit die Wissenschaft aus innerer Erfahrung, "also denjenigen Teil der empirischen Naturlehre, welcher die innere Natur zum Gegenstand hat". Diese rühmt er als "einzige wissenschaftliche Quelle philosophischer Einsicht." (53)

Wenn nun schon die große Bedeutung, welche FRIES seinen psychologischen Arbeiten beimißt, die Notwendigkeit des oben versuchten Überblicks erweist, so erscheint dieselbe noch dringlicher, wenn man erwägt, daß gerade diese Studien der geeignete Boden zur Entwicklung des Wertproblems waren. FRIES mit seinen feinen psychologischen Distintionen, seiner Theorie des Gefühls (54), seiner Theorie der Triebe, seinem Begriff des "Interesses" usw. mußte zu einer Ausbildung der Lehre vom Wert kommen. Ihr wenden wir uns jetzt zu.
LITERATUR - Karl Moritz Poeschmann, Das Wertproblem bei Fries, Altenburg 1905
    Anmerkungen
    1) RUDOLF EUCKEN, Geistige Strömungen der Gegenwart, Leipzig 1904, Seite 21, Anm. - Derselbe handelt außerdem vom Wert in "Die Einheit des Geisteslebens usw.", Leipzig 1888, Seite 371; vorübergehend auch in den "Grundbegriffen der Gegenwart", Leipzig 1893, Seite 39f; auch 3, 17, 20, 216 und öfter.
    2) HEINRICH von TREITSCHKE, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, Leipzig 1882, Bd. II, Seite 91
    3) TREITSCHKE, a. a. O. Seite 414
    4) J. F. FRIES, System der Metaphysik, Heidelberg 1824, Grundriß Seite 6.
    5) J. F. FRIES, System der Metaphysik, ebd.
    6) HEINRICH von TREITSCHKE, a. a. O., Seite 91
    7) JOHANN EDUARD ERDMANN, Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neueren Philosophie III, Leipzig 1848, Seite 387: "... Selbst enthusiastische Anhänger (von FRIES) ... werden, wenn sie ... sämtliche ... Werke in chronologischer Folge durchlesen, ungeduldig werden, wenn sie sehen, wie oft dasselbe, sogar mit denselben Worten gesagt wird usw."
    8) WILHELM TRAUGOTT KRUG, Allgemeines Wörterbuch der philosophischen Wissenschaften II, Seite 97.
    9) FRIEDRICH FRANCKE: "Das gute klare Recht der Freunde der anthropologischen Vernunftkritik usw." in den Abhandlungen der FRIES'schen Schule von APELT, SCHLEIDEN, SCHLÖMISCH und SCHMIDT, Leipzig 1849, Seite 166, 167 und 170.
    10) Ein erfreulicher Anfang dieser Arbeit sind die "Abhandlungen der Fries'schen Schule", Neue Folge, hg. von G. HESSENBERG, K. KAISER und L. NELSON, Göttingen 1904, von denen während der Drucklegung unserer Abhandlung die ersten beiden Hefte erschienen sind.
    11) K. L. REINHOLD bei E. L. TH. HENKE, Jakob Friedrich Fries, Seite 121.
    12) E. F. APELT, Die Epochen der Geschichte der Menschheit II, Jena, 1845/46, Seite 213. Da das Urteil APELTs über FRIES von Interesse ist, möge es hier eine Stelle finden: "In diesem ausgezeichneten Denker (d. h. FRIES) vereinigte sich ein durchdringender Scharfsinn mit raschem und großartigem Überblick. Durch Natur und Erziehung hatte er eine eigentümliche, ich möchte sagen, einsiedlerartige Sinnesart erhalten. Begünstigt durch diese entwickelte sich sein eminentes Talent der inneren Selbstbeobachtung. Abgeschlossen in sich selbst, bot seine ganze Erscheinung den Ausdruck der Kontemplation und Seelenruhe, das Bild eines wahrhaften Weisen dar. Dieser Mann von großen Gaben und Gnaden wurde der Fortbildner der wahren kantischen Lehre, sowohl der Dialektik als auch der Weltansicht nach. Beide, KANT sowohl wie FRIES, haben die menschliche Erkenntnis zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Naturforschung gemacht, aber wie auf dem Gebiet der Physik sich NEWTON zu KEPLER verhält, so verhält sich auf dem Gebiet der Philosophie FRIES zu KANT."
    13) E. F. APELT, a. a. O. Bd. II, Seite 219
    14) E. F. APELT, a. a. O. Bd. II, Seite 221
    15) GRAPENGIESSER, Immanuel Kants Kritik der Vernunft und deren Fortbildung durch J. F. Fries, Jena 1882, Seite 11; vgl. dazu auch die entsprechenden Äußerungen über FRIES auf Seite 12, 13, 15 und 16.
    16) OTTO LIEBMANN, Immanuel Kant, Gedächtnisrede usw. Straßburg 1904, Seite 2
    17) J. F. FRIES, Neue Kritik der Vernunft, Heidelberg 1807, Bd. I. Seite XLIX. Ähnliche Aussprüche von FRIES finden sich wiederholt, z. B. im "Handbuch der psychologischen Anthropologie", Seite 102, "... so entstand dieser Versuch (d. h. der psychologischen Anthropologie) in welchem ich die Theorie des Denkens und die ganze Lehre von der Entwicklung unseres Geisteslebens wesentlich fortgebildet zu haben glaube." - "Von deutscher Philosophie, Art und Kunst", Heidelberg 1812, Seite 31, Schluß der Anm.: "Das große und neue in deutscher Philosophie ist aber KANTs Werk, denn ihm gehören die Hauptentdeckungen, die wir nur weiter fortbilden konnten und können." - "Polemische Schriften", Bd. 1, Vorrede Seite VII: "... mein Zweck liegt einzig in den allgemeinen Hilfsmitteln für das große Ganze einer sicheren allmählichen Fortbildung unserer Wissenschaft zu klaren, einleuchtenden, unter den Kennern als unveränderlich anzuerkennenden Aussprüchen ihrer Wahrheiten", ebd. Anhang II, Seite 333/34: "... Freilich ließ sich von Anfang an, seitdem die Kantische Kritik der Vernunft die Geister weckte, das Bedürfnis fühlen, daß seine Lehre weiter fortgebildet werden muß, daß teils Ergebnisse seiner Forschungen besser zu rechtfertigen, teils Mängel zu ergänzen, teils Fehler zu verbessern, vorzüglich aber eine gewisse Konzentration der Lehre erst zu finden sei, deren Entbehrung beim Studium der Kantischen Schriften am lebhaftesten auffiel," und öfter.
    18) OTTO LIEBMANN, Kant und die Epigonen, Cannstadt 1865, Seite 156
    19) LIEBMANN, a. a. O., Seite 8 und 15.
    20) FRIES, Handbuch der Psychischen Anthropologie, Jena 1837, Bd. 1, Seite 100
    21) CARL CHRISTIAN SCHMID, Psychologisches Magazin, Bd. 3, Seite 156f.
    22) Psychologisches Magazin, Seite 159, 161, 164, 206.
    23) Psychologisches Magazin, Seite 169
    24) Psychologisches Magazin, Seite 199
    25) Psychologisches Magazin, Seite 201
    26) Psychologisches Magazin, Seite 203-267
    27) Psychologisches Magazin, Seite 213
    28) Psychologisches Magazin, Seite 215
    29) Psychologisches Magazin, Seite 248
    30) Psychologisches Magazin, Seite 251 und 252
    31) FRIES, System der Philosophie, Leipzig 1804, Seite 53/54: "Der innere Sinn ist uns hier die Empfänglichkeit von inneren Empfindungen, wodurch ich zur Selbstanschauung meiner veränderlichen inneren Tätigkeiten gelange. Selbstbewußtsein und Selbsterkenntnis, welche uns der innere Sinn liefert, ist das erste und vorzüglichste aller Gemütsvermögen; denn was wäre uns unsere ganze Vernunft, z. B. alles unser Wissen, wenn wir uns nicht unseres Wissens selbst wieder bewußt würden. Die Kenntnis des inneren Sinnes ist daher von der größten Wichtigkeit und ihre Vernachlässigung hat bisher zu den größten Irrtümern Anlaß gegeben, ohne dieselbe können wir weder in die Natur der Einbildungskraft noch des Verstandes eine richtige Einsicht bekommen." Und in  Neue Kritik der Vernunft  heißt es: "Die Betrachtung des inneren Sinnes hat uns eigentlich erst den Standpunkt gewiesen, von welchem unsere anthropologischen Untersuchungen ausgehen müssen, sie haben uns den Punkt gezeigt, von dem aus wir allein uns selbst betrachten können." (Vgl. auch  Wissen, Glaube und Ahnung,  Jena 1805, Seite 19/20.
    32) Psychologisches Magazin, Seite 257, 264 und 265
    33) Psychologisches Magazin, Seite 268-293
    34) Psychologisches Magazin, Seite 270
    35) Psychologisches Magazin, Seite 274-282
    36) Psychologisches Magazin, Seite 282-293
    37) Psychologisches Magazin, Seite 294-353
    38) Psychologisches Magazin, Seite 310 und 311
    39) Psychologisches Magazin, Seite 315 und 316
    40) Psychologisches Magazin, Seite 358
    41) Psychologisches Magazin, Seite 354-402
    42) Psychologisches Magazin, Seite 377
    43) Psychologisches Magazin, Seite 380 und 381
    44) Psychologisches Magazin, Seite 384 und 385
    45) Psychologisches Magazin, Seite 386
    46) Psychologisches Magazin, Seite 387
    47) Psychologisches Magazin, Seite 389, 390 und 392
    48) Psychologisches Magazin, Seite 389 und 390 und 392
    49) Psychologisches Magazin, Seite 400 und 401
    50) Psychologisches Magazin, Seite 402
    51) FRIES, Polemische Schriften, Halle und Leipzig 1824, Bd. 1, Seite 326 und 329 und öfter, z. B. "System der Metaphysik", Heidelberg 1824, "Grundriß ..." Seite 13,  System  ..." Seite 42 und 53, wo die psychische Anthropologie als "Vorbereitungswissenschaft" aller Philosophie bezeichnet wird. - "Neue Kritik der Vernunft", Bd. 1, Seite XLIV. ... von "wichtigstem Einfluß auf alle Philosophie". - Über den FRIES'schen Anthropologismus vgl. WINDELBAND, Geschichte der Philosophie, Festschrift für KUNO FISCHER, "Die Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts", Bd. 2, Seite 184/185, Heidelberg 1905
    52) FRIES, Neue Kritik der Vernunft, Bd. 1, Seite XLIII, XLIV: "Wir haben es also hier nur mit der philosophischen Anthropologie zu tun, so wie diese sich einzig mit dem menschlichen Gemüt als Gegenstand der inneren Erfahrung beschäftigt, wir gehen hier von einer inneren Experimentalphysik aus, deren Versuche und Beobachtungen jeder nur in sich selbst mach, und suchen dadurch zu einer inneren Naturlehre als einer Theorie der Vernunft zu gelangen. Das wäre also die Wissenschaft, welche man gewöhnlich Psychologie nannte, wir weichen aber aus mehreren Gründen von diesem Sprachgebrauch ab. Das Wort  Psyche, Seele  ist in der Philosophie für das metaphysische, beharrliche, einfache und unsterbliche Wesen des Geistes in Anspruch genommen, und verwickelt sich also mit Voraussetzungen, auf die wir vorläufig nicht Rücksicht nehmen dürfen. Es ist uns nur um eine Naturlehre des menschlichen Gemütes zu tun, so wie sich diese durch innere Erfahrung erhalten läßt. Wir wollen so wenig Seelenlehre als Geisterlehre behandeln, denn wir kennen keinen anderen Geist, als das Denkende, und kein anderes denkendes Wesen, als den Menschen, wir haben es also nur mit innerer Anthropologie zu tun. In dieser Beschränkung auf das menschliche Gemüt hätten wir also das Thema der Erfahrungsseelenlehre oder empirischen Psychologie. Aber auch von dieser Wissenschaft unterscheidet sich unsere Aufgabe. Erfahrungsseelenlehre ist eine innere Experimentalphysik, die für sich immer fragmentarisch bleibt, mit dieser wollen wir uns nicht begnügen, sondern wir wollen uns zu einer Theorie des inneren Lebens, zu innerer Naturlehre erheben, unsere Idee ist ein Analogon dessen, für die innere geistige Natur, was wir jetzt für die äußere Physik Naturphilosophie nennen." - Vgl. außerdem "System der Logik", System Seite 7 und 8; "Polemische Schriften", Bd. I, Seite 22/23.
    53) FRIES, "Von deutscher Philosophie, Art und Kunst", Seite 21, wo sich FRIES auch über die Nichtbeachtung seiner Forschungen beklagt: "... Ich glaube an den Spruch des delphischen APOLL; Selbsterkenntnis ist die Wurzel aller menschlichen Weisheit! Philosophische Anthropologie die einzige wissenschaftliche Quelle philosophischer Einsicht. Bei uns nun aber haben vor einiger Zeit, als unbedeutende Versuche zur Philosophie über die äußere Natur öffentlich bemerkt wurden, unsere neuen Untersuchungen über die Natur des menschlichen Geistes lange nur eine geringe Aufmerksamkeit erregen können und daher ist dann auch der Sprachgebrauch über diese Gegenstände immer noch ein loses Spielzeug der Dilettanten geblieben." "Indessen scheint sich jetzt unter uns für diese wichtigsten wissenschaftlichen Untersuchungen wieder ein besserer Geist zu bilden."
    54) FRIES, Polemische Schriften, Bd. 1, Seite 354: "... Alles kommt hier darauf an, eine richtige Theorie des Gefühls und eine Begründung seiner ersten Aussprüche zu geben."