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HANS VAIHINGER
Zu Kants Widerlegung
des Idealismus

[1/3]

"Lassen wir diese angenommene Außenwelt ganz fallen. Sie ist, erkenntnistheoretisch genommen, eine ganz unnötige Verdoppelung; . . . Die Annahme einer solchen Außenwelt ist erkenntnistheoretisch unnötig und metaphysisch unmöglich: sie ist eine trügerische und verwerfliche Vorstellung. Diese Leugnung der Außenwelt ist die definitive und direkte Konsequenz aus dem Cartesianismus."

"Berkeley und Collier machen beide Ernst mit einer Annahme, mit der man vorher mit Vorliebe gespielt hatte. Beide erblicken in der Verselbständigung der vorgestellten Außenwelt den Grundirrtum des Philosophierens; auch die Annahme einer dunklen, unbekannten Substanz erscheint ihnen irrig und nutzlos: sie verbrennen die Schiffe hinter sich und um alle Fragen, die sich über das Dasein und die Erkenntnis der Materie erhoben, los zu werden, leugnen sie entschlossen die Existenz derselben."

"Auch bei Berkeley findet sich das Argument, daß die Annahme einer realen Außenwelt eine ganz unnötige Hypothese ist, aber das für Berkeley Originelle ist der Nachweis, daß die von Locke gezogene Schranke zwischen sekundären und primären Eigenschaften eine illusorische ist: denn was von Farben, Geschmäcken, Schallempfindungen usw. gilt, das gilt auch von den Empfindungen der Undurchdringlichkeit und Ausdehnung. Sind jene nur Vorstellungen im empfindenden Geist, so darf von diesen auch nicht mehr ausgesagt werden."

Der Abschnitt der zweiten Auflage der "Kritik der reinen Vernunft", welcher "Widerlegung des Idealismus" überschrieben ist, ist, wie bekant, einer der umstrittensten Teile dieses merkwürdigen Buches. Wie er schon im vorigen Jahrhundert viel besprochen war, so war dies noch mehr der Fall, seitdem SCHOPENHAUER mit Energie behauptet hatte, die Stelle enthalte eine prinzipielle Abweichung vom Text der ersten Auflage und vom Geist des echten kantischen Idealismus. Die Diskussion darüber, welche schon bisher eine große Literatur aufzuweisen hatte, ist nun neuerdings wieder in Gang gekommen durch die dritte Auflage von KUNO FISCHERs Werk "Immanuel Kant und seine Lehre". FISCHER stellt sich im Wesentlichen auf SCHOPENHAUERs Seite. Seine neue Darstellung ist mehrfach zum Gegenstand mehr oder weniger polemischer Besprechungen gemacht worden: so von JOHANNES WITTE in der "Altpreußischen Monatsschrift", Bd. XX, Seite 145-149; von AUGUST CLASSEN in den "Grenzboten" 1882, Seite 10-17; von EMIL ARNOLDT in der Schrift "Kant nach Kuno Fischers neuer Darstellung", Königsberg 1882, Seite 31-42; von HANS KEFERSTEIN in der Schrift "Die Realität der Außenwelt", Köthen 1883, Seite 41-46. Auf die Einwände der ersteren drei hat KUNO FISCHER geantwortet in seiner Schrift: "Kritik der kantischen Philosophie", München 1883, Seite 58-75. Gegen diese neue Schrift liegen bis jetzt Äußerungen vor von CLASSEN in den "Grenzboten", 1883, Seite 549-564 und von FRANZ STAUDINGER in der Schrift "Noumena. Die transzendentalen Grundgedanken und die Widerlegung des Idealismus", Darmstadt 1884.

Auch außerhalb Deutschlands hat die "Widerlegung des Idealismus" in jüngster Zeit den Gegenstand einer ausgedehnten Kontroverse gebildet. BALFOUR begann dieselbe, unter Bestreitung der Transzendentalisten CAIRD und GREEN, im "Mind" 1878, Vol. III, Seite 480f, es folgten dann CAIRD IV, 111f, BALFOUR IV, 114f, SIDGWICK IV, 408f, CAIRD IV, 557f, SIDGWICK V, 111f, CAIRD V, 115; dann schlossen die Diskussion die Transzendentalisten ADAMSON und WATSON, jener in seinen Vorlesungen "Über Kants Philosophie" (deutsch von SCHAARSCHMIDT, 1880) im Anhang Seite 165-167 (vg. dagegen SIDGWICK, "Mind" V, 114), dieser in dem Werk "Kant ans his english critics", 1881, Seite 49-59. (Nicht im Zusammenhang mit dieser Kontroverse steht STIRLINGs Artikel über unser Thema in Mind, Bd. VIII.)

Es ist nicht meine Absicht, an diesem Ort die Diskussion ins Einzelne zu verfolgen, um das Für und Wider erschöpfend darzustellen. Ich möchte bloß einige, teilweise nur aphoristische, Bemerkungen zu diesem Gegenstand machen und habe es für zweckdienlich gehalten, denselben ein paar historische Notizen voranzuschicken.


Zur Geschichte des Idealismus vor Kant
Erste Form: Cartesius. Malebranche. Locke.

CARTESIUS hat das erkenntnistheoretische Problem des Idealismus (1) geschaffen. Er beginnt seine "Meditationes de prima philosophie" mit dem absoluten Zweifel an der Wahrheit aller Vorstellungen, insbesondere derjenigen, deren Inhalt die räumliche Außenwelt ist: putabo, caelum, aerem, terram, colores, figuras, sonos, cunctaque externa nihil aliud esse, quam ludifiationes somniorum [Ich denke, daß der Himmel, die Luft, die Erde, die Farben, die Figuren, die Geräusche und alle äußeren Dinge nichts anderes als Spielzeuge einer Traumwelt sind. - wp] (2). Dieser radikale Zweifel bildet aber nur den Anfang der cartesianischen Philosophie; seine Gegner sagten ja witzig von ihm: "il commence par douter de tout et finit par tout croîre." [Er zweifelt zunächst an allem und glaubt am Ende alles. - wp] Die Außenwelt wird allerdings nur CARTESIUS am Schluß der Mediationes wieder in ihre Rechte eingesetzt: aber doch nicht aus einem unmotivierten "Glauben" an den Wirklichkeitswert unserer Vorstellungen, sondern aufgrund einer langen Beweiskette. CARTESIUS gibt ein certum argumentum pro rerum corporearum existentia [ein sicheres Argument für die Existenz körperlicher Dinge - wp] das mit den Worten schließt: "ac proinde res corporae existunt" [und deshalb existieren körperliche Dinge - wp] (3). Aber dieser Beweis ist ein sehr verwickelter: seine beiden wichtigsten Voraussetzungen sind die Überzeugung von der veracitas Dei [Wahrhaftigkeit Gottes - wp] (4) und der Schluß von der Wirkung auf die Ursache, d. h. von der Empfindung auf den affizierenden Gegenstand. Das Dasein der Körperwelt ist somit nicht unmittelbar sicher: es bedarf einer Reihe von Vermittlungen, um uns die Überzeugung von der realen Existenz einer im Raum befindlichen Außenwelt zuletzt doch noch beizubringen, also die Überzeugung der Existenz von Etwas, was unseren Vorstellungen oder zumindest dem wichtigsten Teil derselben unabhängig von denselben doch "conforme" (5) ist.

Wieviel nun auch CARTESIUS seinen Vorgängern zu verdanken haben mag, welche Vorspiele im Altertum und Mittelalter (6) der Idealismus (in erkenntnistheoretischer Bedeutung) auch gehabt haben mag, jedenfalls ist das - zunächst nicht metaphysische, sondern eben erkenntnistheoretische - Problem, ob wohl eine unseren Vorstellungen entsprechende Außenwelt in einem von unseren Vorstellungen unabhängigen Raum existiert, erst durch CARTESIUS auf die Tagesordnung der Philosophie gesetzt worden (7). Den Ruhm der Erneuerung der demokritischen Lehre, daß nur die primären Eigenschaften der Körper objektiv sind, die sekundären dagegen nur subjektiv, teilt CARTESIUS mit HOBBES, mit KEPLER und GALILEI - die Tradition schreibt diese Erkenntnis bekanntlich irrtümlicherweise erst LOCKE zu - aber den Erisapfel des idealistischen Problems unter die Philosophen der neueren Zeit geworfen zu haben, bleibt das unbestrittene Verdienst des CARTESIUS, mag er denselben auch vom Baum des antiken Skeptizismus gebrochen haben (8). Ein Verdienst - denn jener Zweifel
    "ist vernünftig und einer gründlichen philosophischen Denkungsart gemäß: nämlich, bevor ein hinreichender Beweis gefunden, kein entscheidendes Urteil zu erlauben." (9)
Das Problem des Idealismus bildete von da an eine stehende Rubrik in den philosophischen Erörterungen; aber aufzuweisen, wie es nun im Einzelnen weiterhin behandelt worden ist, dazu ist hier nicht der Ort. Auch fehlt es dazu bis jetzt an genügenden Vorarbeiten; fast nur bei REID, bei STEWART und in HAMILTONs verschiedenen Werken findet man brauchbare Notizen und Gedanken hierzu (10). Es wäre daher eine dankenswerte Arbeit, wollte Jemand, der dazu wirklich befähigt wäre, die geschichtliche Entwicklung des erkenntnistheoretischen Idealismus im Einzelnen und im Zusammenhang mit dem ganzen Fortschritt der Philosophie überhaupt monographisch darstellen - ein Thema, das sich auch zu einer Preisaufgabe eignen dürfte. Die folgenden Bemerkungen müssen sich auf das Nötigste beschränken, was zum Verständnis der weiteren Entwicklung des Problems von CARTESIUS bis auf KANT unentbehrlich ist.

In der cartesianischen Schule (11) hat MALEBRANCHE unser Problem am ernsthaftesten behandelt und weitergeführt. Er leugnete mit den Okkasionalisten [Gelegenheitsursachlern - wp] den Kausalverkehr zwischen physischer und psychischer Welt, welchen die Inkonsequenz des CARTESIUS noch stehen gelassen hatte. Für ihn fiel aber somit auch der cartesianische Beweis der Existenz der Außenwelt weg, soweit er auf dem Schluß von der Wirkung auf die Ursache beruhte. Daher erklärt MALEBRANCHE ausdrücklich, daß die Existenz der Außenwelt bloße Glaubenssache ist - Glauben im religiösen Sinn genommen. Er bezweifelt nicht die von uns unabhängige Existenz der Ausdehnung, Figur und Bewegung, aber einen rationalen Beweis dafür hält er nicht bloß für sehr schwer, sondern für unmöglich, da es kein notwendiges Band gibt zwischen der Gegenwart einer Vorstellung in unserem Geist einerseits und zwischen der Existenz eines entsprechenden Dings andererseits. In seinem System sind ja alle Vorstellungen direkte Wirkungen Gottes selbst. In Gott ist eine urbildliche Ideenwelt, nach der die Körperwelt geschaffen ist, vorhanden; diese Ideenwelt in Gott wird uns mitgeteilt, und so erklärt sich die bekannte Lehre: In Gott schauen wir alle Dinge, wie in einem Spiegel, während wir der realen Außenwelt sozusagen den Rücken zuwenden. Ja MALEBRANCHE hätte, wie HAMILTON nachgewiesen hat, gerne die naheliegende Konsequenz gezogen, daß es eine reale Außenwelt gar nicht gibt, die ja nach seinem System das fünfte Rad am Wagen der Welt war; aber, die Außenwelt ganz fallen zu lassen, davon hielt ihn der schon bei den Kirchenvätern auftretende Gedanke (12) ab, daß damit mehrere christliche Dogmen, insbesondere das Dogma der sogenannten Transsubstantiation [die Gegenwart Jesu in Brot und Wein - wp] hinfällig werden würde (13). So wurde ihm die Existenz der Außenwelt, welche für CARTESIUS noch beweisbares Wissen gewesen war, zur Sache des Glaubens, ja wegen jenes Zusammenhangs mit den christlichen Dogmen selbst zum Dogma; und so wird die Aufregung begreiflich, welche den Tod des 77-jährigen frommen Paters beschleunigt haben soll, als im 1715 der junge englische Ketzer BERKELEY die wesentliche Identität ihrer beiderseiten Lehren nachgewiesen hat.

Durch MALEBRANCHE wurde das Problem vielmehr in den Vordergrund gerückt, als dies durch CARTESIUS geschehen war. Die Behauptung, der Zweifel an der Existenz der Außenwelt sei zwar unbegründet, lasse sich aber wissenschaftlich nicht widerlegen mußte natürlich Aufsehen erregen. Die strengen Cartesianer, voran ARNAULD, bekämpften MALEBRANCHE auf das Heftigste, der nicht versäumte, seinen Standpunkt mannhaft zu verteidigen (14). Er fand auch Anhänger, von denen nur der Italiener MICHELANGELO FARDELLA sich einen Namen gemacht hat (15). Wie dieser, so wagten auch die französischen Freunde der Lehre MALEBRANCHEs nicht (16), über dieselbe zu den in ihr liegenden Konsequenzen hinauszugehen, zumindest nicht öffentlich. "Et quidem, quos Lutetiae habuit discipulos Malebranchius, in libris, quos edidere, eousque progressi nunquam sunt, ut purum idealismum defenderent. Haud enim, ita arbitror, toleraturus fuisset Censor Regius aut Sorbonna, monstrum hoc opinionis ut Parisiis in lucem prodiret publicam." [Und tatsächlich gingen die Schüler, die Malebranche in Paris hatte, in den von ihnen veröffentlichten Büchern nie so weit, den reinen Idealismus zu verteidigen. Denn der königliche Zensor oder die Sorbonne hätte es nicht zugelassen, daß eine solche Ungeheuerlichkeit der Meinung in Paris ans Licht der Öffentlichkeit gelangte. - wp] (17). Aber mündlich mochten wohl einige Malebranchisten die Konsequenz auf die Leugnung der Außenwelt ziehen, eine Konsequenz, welche die Gegner MALEBRANCHEs demselben mehr als einmal als notwendig nachgewiesen hatten, und welche auch BAYLE, scepticorum hujus seculi infelix primas der unglückliche Anführer der Skeptiker dieses Jahrhunderts - wp] (18), aus skeptischer Schadenfreude zog (19).

Einige Malebranchisten werden auch beschuldigt, den Idealismus bis zum Solipsismus (Egoismus) gesteigert zu haben. Man hat aber mit Recht die Existenz solcher Egoisten in das Gebiet des Mythos verwiesen (20), trotzdem man sich im vorigen Jahrhundert mit diesem "Gespenst" (21) oft genug ernsthaft herumgeschlagen hat. Den Ursprung dieser Sage hatte man aber bis jetzt noch nicht genügend erforscht: es ist eine jesuitische Verleumdung, der die Sage ihre Entstehung verdankt. Jene "Mémoires de Trévoux" nämlich, auf welche in letzter Linie die Sage zurückgeführt worden ist (22), waren eine von den Pariser Jesuiten herausgegebene literarische Zeitschrift (23). Die Jesuiten aber waren bekanntlich die heftigsten Gegner des Cartesianismus überhaupt und MALEBRANCHEs, des Oratorianers [Ordensgründer Philipp Neri - wp], speziell. Was bei CARTESIUS und den Cartesianern nur methodische Fiktion für den Anfang des Philosophierens war - die alleinige Existenz des selbstgewissen Ich aufgrund des cogito, ergo sum - das verwandelten die Gegner in eine systematische Behauptung, und erdichteten die Existenz solcher "Egoisten". Kaum war aber diese falsche Nachricht nach Deutschland gelangt, so fand sich auch sofort ein deutscher Philosoph, der sich mit jener empirischen Nachricht nicht begnügte, sondern die Existenz von Egoisten sogar a priori bewiesen hat - CHRISTIAN WOLFF. Im Jahr 1713 erschien jene Notiz in den Mémoires de Trévoux", im Jahr 1719 erwähnt (24) WOLFF schon "die allerseltsamste Sekte der Egoisten, die vor weniger Zeit in Paris entstanden ist", und flugs ist er bei der Hand (25), dieselben 1721 in seinem bekannten Schema unterzubringen:

Skeptiker
Dogmatiker
  Dualisten
Monisten
   
Materialisten
Idealisten
           
Pluralisten
   Egoisten

Und ganz kurze Zeit darauf 1722 hielt der Tübinger Kanzler CHRISTOPH MATTHÄUS PFAFF eine "Oratio de Egoismo" (26), nova Philosophica Haeresi [neue philosophische Ketzerei - wp]; die Rede handelt aber in Wirklichkeit zuerst vom Materialismus, dann vom Idealismus, und zuletzt heißt es: At vero, ubi ab Ideallstis ad Egoistas descendimus, videmus, jam lapsum esse, quod orationi nostrae destinaveramus, tempus. (!) Paucis ergo vestra cum pace, Auditores, nos absolvemus. Et primum quidem observamus, Egoistas libris editis sententiam suam nondum exposuisse. Malebranchistarum illa species est, quae per traditionem saltem sua propagat. Nec est quidquam hactenus, quod de Egoistis legerimus, nisi - und da folgt jene Stelle aus den "Mémoires de Trévoux"!

Kehren wir also von diesem Mythos zu den Tatsachen zurück. MALEBRANCHE und seine Anhänger hatten das idealistische (27) Problem in Fluß gebracht. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Existenz der Außenwelt zur beliebtesten Vexierfrage [Fangfrage - wp]. Niemand leugnete noch direkt die Existenz der Außenwelt, aber während die strengeren Cartesianer rationale Beweise für dieselbe aufsuchten und aufstellten, meinte MALEBRANCHE, unseren Vorstellungen brauch eigentlich keine Außenwelt zu entsprechen, aber Gott, der alles in uns wirkt, würde uns ja wohl nicht täuschen wollen, indem er uns eine Außenwelt vorspiegelt; und die Gegner MALEBRANCHEs - darunter auch LOCKE (28) behaupteten, wenn MALEBRANCHE rein philosophisch die Konsequenz seiner Ansichten ziehen würde, müßte er die Außenwelt einfach ganz fallen lassen. Diese Konsequenz wurde bekanntlich von ARTHUR COLLIER gezogen. Damit trat das idealistische Problem in eine neue, in seine zweite Phase, in welcher zugleich BERKELEY von ganz anderer Seite her - von LOCKE aus - mit größtem Erfolg den absoluten Idealismus vertreten hat.

LOCKE selbst hatte zu dem Problem eine entschiedene Stellung genommen. Er zeigt sich dabei im Wesentlichen abhängig von CARTESIUS, von dem er überhaupt viel mehr gelernt hat, als man gewöhnlich glaubt. Er hat dieser Frage das ganze 11. Kapitel des 4. Buches seines Essay gewidmet. Das 10. Kapitel ist dem Wissen vom Dasein Gottes gewidmet und im 9. Kapitel wird das eigene Dasein behandelt. LOCKE folgt äußerlich und auch innerlich hier der cartesianischen Argumentation in den Meditationes, natürlich mit Weglassung der Lehre von den ideae innatae [angeborene Ideen - wp]. Aber alles andere ist im Wesentlichen geblieben. Auch die Frage nach der Existenz der Außenwelt beantwortet LOCKE im Grunde cartesianisch: er weicht allerdings in einem Punkt von CARTESIUS ab und stellt sich dadurch zugleich in ein eigentümliches antagonistisches und doch paralleles Verhältnis zu MALEBRANCHE. Von den beiden Prämissen, auf welche CARTESIUS die Überzeugung von der Existenz der Außenwelt gestützt hatte, ließ MALEBRANCHE als Okkasionalist den Schluß von der Wirkung auf die Ursache weg und behielt nur die veracitas dei bei. Umgekehrt LOCKE. Dieses letztere Argument spielt bei LOCKE keine Rolle mehr, eine umso größere aber das Erstere. Er führt dasselbe viel mehr als CARTESIUS im Detail aus. Er beweist auf alle Weise, daß notwendig eine äußere Ursache und das Wirken eines äußeren Gegenstandes bestehen muß, dessen Wirksamkeit in mir die Vorstellung hervorruft. Es muß etwas außer uns bestehen, was die Sinne erregt, was sich durch sie unserem Auffassungsvermögen kundgibt und unsere Vorstellungen hervorbringt. Wir haben daher ein Wissen von der Existenz der Außenwelt, wie LOCKE offenbar im Gegensatz gegen Glauben des MALEBRANCHE ausdrücklich betont. Freilich äußert er sich schwankend über dieses "Wissen". Nach IV, 11, § 3 verdient die Kenntnis, welche wir durch die Sinne vom Dasein der äußeren Dinge erhalten, den Namen des Wissens, wenn ihre Gewißheit auch nicht so stark ist, wie das sogenannte "anschauliche" und das "demonstrative" Wissen (vgl. IV, 3, § 21). Nach IV, 2, § 14 ist die Distanz der dritten Art von den beiden ersten Arten doch größer; das Wissen vom Dasein der Außendinge erhebt sich danach doch nicht allzuhoch über die bloße Wahrscheinlichkeit. Bekanntlich aber betrifft dieses Wissen bei LOCKE wie bei CARTESIUS nur die Existenz der sogenannten primären Eigenschaften: die sekundären sind rein subjektiv; objektiv existieren nur Ausdehnung, Gestalt, Bewegung, Dichte. Und diese Existenz hat für LOCKE nicht den ersten, und auch nicht den zweiten, sondern erst den dritten Gewißheitsgrad.

Somit erkennt man, daß LOCKE in dieser Beziehung mit CARTESIUS und MALEBRANCHE in ein und dieselbe Linie zu stellen ist: gemeinsam ist allen drei der Dualismus von Geisterwelt und Körperwelt, und zwar werden zur Körperwelt jedesmal nur die primären Eigenschaften gerechnet. Gemeinsam ist ihnen aber auch die Ansicht, daß wir der Existenz des Ich allein unmittelbar gewiß sind, daß dagegen die Existenz der Außenwelt nicht ohne Weiteres einleuchtet, sondern gewissen Bedenklichkeiten unterliegt. Am sichersten steht sie noch für CARTESIUS, der an der Bündigkeit des durch Beweise vermittelten Wissens davon nicht zweifelt. Geringere Gewißheit besitzt sie bei LOCKE, für den sie in die Mitte zwischen Wahrscheinlichkeitsglauben und eigentliches Wissen hineinfällt. Den geringsten Gewißheitsgrad hat die unseren Vorstellungen entsprechende Außenwelt bei MALEBRANCHE, dem sie ein bloßer Glaubensartikel ist.

Diese zweifelnden Abwägungen der Gewißheitsgrade fiele für jene kühnen Denker weg, welche dem Problem eine ganz neue Wendung gegeben haben, indem sie die Existenz einer von uns unabhängigen Außenwelt schlechthin leugneten.

Ehe wir zu dieser neuen Phase weiter gehen, müssen wir SPINOZA einige Worte widmen. Systematisch genommen ist bei SPINOZA ein erkenntnistheoretischer Idealismus gefunden worden, historisch dagegen scheint er auf dieses Problem so gut wie keinen Einfluß ausgeübt zu haben (29). Die idealistische Auslegung des Spinozismus vertritt insbesondere JOHANN EDUARD ERDMANN: nach ihm ist nur dann eine Konsequenz im Spinozismus, wenn die beiden Attribute nicht in der unendlichen Substanz, sondern nur im endlichen Verstand, dem "intellectus tribuens", sich finden. Diese kantianisierende Auslegung ist aber schwerlich im Sinne SPINOZAs. Wohl aber ist echt spinozistisch die Behauptung, die Zeit sei bloß eine Sache der imaginatio. Konsequenterweise hätte dann allerdings auch der Raum ins Subjekt hineinfallen sollen, aber gerade diese Konsequenz konnte SPINOZA nicht ziehen, ohne mit seiner ursprünglichen Substanzlehre in einen unlösbaren Konflikt zu geraten (30). Der ganzen Anlage seines Systems nach konnte für SPINOZA das idealistische Problem keine Bedeutung gewinnen, und so konnte auch sein System auf die Entwicklungsgeschichte dieses Problems keinen Einfluß ausüben.


Zweite Form: Collier. Berkeley.

COLLIER und BERKELEY, welche am Anfang des 18. Jahrhunderts auftraten, vertreten den eigentlichen Idealismus, d. h. die Lehre, daß die sogenannte Außenwelt schlechterdings bloße Vorstellung ist. Indem wir diesen Idealismus mit KANT den dogmatischen nennen, können wir den kantischen Namen des problematischen oder skeptischen Idealismus auf die bisher behandelten Philosophen anwenden: diese leugnen allerdings nicht die von der Vorstellung unabhängige Existenz der Außenwelt, aber sie halten diese Existenz für ein Problem: sie verlangen erst eine Rechtfertigung, einen Beweis für die Annahme dieser Existenz, wobei letztere ihnen als gar nichts unmittelbar Gewisses, ja als etwas Zweifelhaftes erscheint.

Dieser Gesichtspunkt ist für uns hier maßgebend. Nebensächlich ist für uns hier - eben wegen, aber auch nur wegen der Beziehung auf KANTs obige Terminologie und Einteilung - der andere, sonst ebenso wichtige Gesichtspunkt, daß CARTESIUS, MALEBRANCHE und LOCKE relative Idealisten sind im Gegensatz zum absoluten Idealismus eines COLLIER und BERKELEY; d. h. die Ersteren erklären nur die sogenannten sekundären Eigenschaften für subjektiv, für ideal, während die beiden Letzteren auch noch die von Jenen als objektiv anerkannten primären Eigenschaften für das Subjekt in Anspruch nehmen und zu bloßen Vorstellungen degradieren. Dieser Unterschied entspringt aus der Frage nach der Qualität der Außenwelt und auch durch ihn trennt sich allerdings die zweite Phase des Idealismus von der Ersten wesentlich; für uns kommt aber dieses zweite Unterschiedsmerkmal hier weniger in Betracht, als das schon berührte Erste, das aus der verschiedenen Antwort auf die Kabinettsfrage [Vertrauensfrage - wp] nach der Existenz der Außenwelt resultiert; es besteht in Folgendem: in der ersten Phase gilt die räumliche Außenwelt außerhalb unserer Vorstellungen als Etwas, was zwar existiert, dessen Existenz aber erst bewiesen werden muß - in der zweiten Phase als Etwas, das nicht bewiesen zu werden braucht, weil es überhaupt nicht existiert.

Dieser dogmatische (und absolute) Idealismus war aber eine naheliegende Konsequenz des skeptischen (und relativen). Die idealistische Konsequenz aus dem System von MALEBRANCHE konnte nur in einem Land gezogen werden, in welchem nicht jene konfessionellen Bedenken und Schwierigkeiten entgegenstehen, durch welche die Malebranchisten sich einschüchtern ließen. In England hatte JOHN NORRIS sich in seinem "Essay towards the theory of the ideal or intelligible world" 1701 für MALEBRANCHE und zugleich gegen LOCKE erklärt. Aber wie FARDELLA in Italien wagte auch er noch nicht die letzte Konsequenz zu ziehen. Dies tat erst sein Freund ARTHUR COLLIER in seinem Werk "Clavis universalis or a new inquiry after truth, being a demonstration of the Nonexistence or impossibility of an external world" (London 1713). Schon der Titel enthüllt dem aufmerksamen Leser die Beziehung auf MALEBRANCHE. Erst durch BERKELEYs Veröffentlichungen ließ sich COLLIER bestimmen, seinen Idealismus zu bekennen, zu dem er schon zehn Jahre früher von MALEBRANCHE aus gelangt ist.

COLLIER lehrt (31): ein selbständiges, absolutes, unabhängiges Sein der Körperwelt ist nicht anzunehmen. Die Materie ist nur als Akzidenz [Eigenschaft, Merkmal - wp] im menschlichen Geist vorhanden; ich kann nur insofern von einem Außerhalb-von-mir derselben sprechen, als dieselbe auch in anderen Geistern als Akzidenz vorhanden ist. Ein wirkliches Sein der Materie außerhalb des Geistes zu lehren, ist falscher Dualismus: alle Gründe sprechen aber gegen die Substantialität der Materie. Was innerlich in uns erscheint, braucht deshalb noch nicht außerhalb von uns zu sein. Die sichtbare Welt ist nur in uns. "All matter which exists, exists in or dependently on mind" [Alle existierende Materie existiert im oder ist abhängig von unserem Bewußtsein. - wp]: damit ist der Materialismus gestürzt. Der Ursprung unserer Vorstellungen von der materiellen Außenwelt liegt in Gott: "the great God gives sensations to the thinking creatures, ordered in the same as if they were" [Der große Gott gibt den denkenden Geschöpfen Empfindungen, die in der Weise ihres Seins angeordnet sind. - wp]. Die Sichtbarkeit der gesehenen Dinge ist ihr ganzes Sein. Nicht bloß die Akzidenzen der Materie sind in uns, wie CARTESIUS lehrt, sondern sie selbst ist in un. CARTESIUS war mit seiner Lehre inkonsequent, aber man wagte in Frankreich die Konsequenz nicht zu ziehen wegen ihrer Inkompatibilität mit dem katholischen Dogma von der Transsubstantiation. Ebenso ist auch LOCKEs Lehre von der sinnlichen Evidenz unhaltbar. Endlich führt die Annahme einer außerhalb des betrachtenden Geistes vorhandenen Außenwelt auf unlösbare Widersprüche bezüglich ihrer Unendlichkeit in Raum und Zeit und ihrer unendlichen Teilbarkeit. Der einzige Ausweg aus diesen Schwierigkeiten ist die Erkenntnis, daß es außerhalb unserer sichtbaren und nur in uns vorhandenen Welt keine andere außerhalb von uns vorhandene gibt. Die Annahme einer solchen Außenwelt ist für COLLIER eine unnötige Verdoppelung: da wir die Vorstellung der Außenwelt auch ohne diese Außenwelt bekommen können, so braucht man auch nicht mit MALEBRANCHE eine solche anzunehmen. MALEBRANCHE war ja davon ausgegangen, daß Körperwelt und Geisterwelt sich absolut ausschließen: Es kann zwischen beiden kein kausales Verhältnis der Beeinflussung stattfinden. Der Mensch, der endliche Geist kann somit seine Vorstellungen von der Außenwelt auch nicht dieser verdanken, sondern nur der göttlichen Mitteilung. Somit hatte MALEBRANCHE die Körperwelt eigentlich ganz überflüssig angenommen und sich dadurch in lauter schwierige Fragen erkenntnistheoretischer und metaphysischer Natur gestürzt. Diesen Knoten zerhaut COLLIER: lassen wir diese angenommene Außenwelt ganz fallen. Sie ist, erkenntnistheoretisch genommen, eine ganz unnötige Verdoppelung; sie ist, vom metaphysischen Gesichtspunkt aus, eine Selbstbeschränkung Gottes, der neben sich Selbständiges gesetzt hätte, dann wäre er nicht mehr der Absolute. Die Annahme einer solchen Außenwelt ist erkenntnistheoretisch unnötig und metaphysisch unmöglich: sie ist eine trügerische und verwerfliche Vorstellung.

Diese Leugnung der Außenwelt ist die definitive und direkte Konsequenz aus dem Cartesianismus. Für CARTESIUS war die Außenwelt durch einen sicheren Beweis festgestellt, für MALEBRANCHE war sie nur noch Glaubenssache. COLLIER läßt sie ganz fallen; der Cartesianismus endet damit, womit die "Meditationes" begonnen hatten: mit der Leugnung der Außenwelt.

Wir fanden, daß LOCKE in der Frage nach der Existenz der Außenwelt trotz des Unterschieds in der Begründung mit MALEBRANCHE im Wesentlichen auf demselben Standpunkt steht, und daß LOCKE und MALEBRANCHE im Wesentlichen auf demselben Standpunkt steht, und daß LOCKE und MALEBRANCHE die beiden Gründe des Cartesius gesondert weiter ausführten. Es ist deshalb nicht zu verwundern, daß auch vom LOCKEschen Boden aus dieselbe Konsequenz gezogen wurde, wie aus den Vordersätzen von MALEBRANCHE. Es war, wie man weiß, BERKELEY, der diese logisch indizierte Folgerung zu ziehen wagte.

BERKELEYs Lehren sind so bekannt, daß ich mich auf das Nötigste beschränken kann. Auch bei ihm findet sich das Argument, daß die Annahme einer realen Außenwelt eine ganz unnötige Hypothese ist, aber das für BERKELEY Originelle ist der Nachweis, daß die von LOCKE gezogene Schranke zwischen sekundären und primären Eigenschaften eine illusorische ist: denn was von Farben, Geschmäcken, Schallempfindungen usw. gilt, das gilt auch von den Empfindungen der Undurchdringlichkeit und Ausdehnung. Sind jene nur Vorstellungen im empfindenden Geist, so darf von diesen auch nicht mehr ausgesagt werden. Beides findet sich nur im perzipierenden Geist, ist nichts außerhalb desselben. Es bedarf daher auch nicht mehr der Annahme einer "Substanz", welche die primären Eigenschaften nach LOCKE tragen sollte: da die Eigenschaften jetzt in uns hereinfallen, so wird auch der Träger für dieselben überflüssig. Auch alle anderen Schwierigkeiten werden gelöst durch die Annahme, daß die sogenannten Dinge gar nichts Anderes sind als konstante Summen von Qualitäten, d. h. von Empfindungen, Wahrnehmungen, Perceptions. Die "Materialisten" also (die "corporealists", deren Vertreter daher Hylas heißt), sind im totalen Irrtum; das esse [Sein - wp] der Außendinge geht auf im percipi [wahrnehmen - wp] Die "external objekts subsist not by themselves, but exist in minds" [äußere Dinge existieren nicht an und für sich, sondern in einem Bewußtsein. - wp]. Es existieren außer Gott nur Geister und deren von Gott ihnen gegebene, mitgeteilte "ideas": daher heißt der Vertreter dieser idealistischen Anschauung "Philonous", der nur Geister anerkennt.

So kommt BERKELEY auf anderem Weg als COLLIER doch zu demselben Resultat: Leugnung der Existenz einer unabhängigen materiellen Außenwelt. BERKELEY zieht diese Lehre als eine notwendige Folgerung aus LOCKEs Empirismus, während sie sich bei COLLIER aus dem Rationalismus von MALEBRANCHE ableitet. Mit Kühnheit und ohne Scheu vor dem Vorwurf der ungeheuerlichsten Paradoxie machen beide ernst mit einer Annahme, mit der man vorher mit Vorliebe gespielt hatte. Beide erblicken in der Verselbständigung der vorgestellten Außenwelt den Grundirrtum des Philosophierens; auch die Annahme einer dunklen, unbekannten ekoenig1substanz.html"Substanz" erscheint ihnen irrig und nutzlos: sie verbrennen die Schiffe hinter sich und um alle Fragen, die sich über das Dasein und die Erkenntnis der Materie erhoben, los zu werden, leugnen sie entschlossen die Existenz derselben.

Damit war nach dieser Seite hin die Gedankenentwicklung, welche CARTESIUS eingeleitet hatte, an ihrem Ende angekommen. Auf diesem Weg konnte das Problem der Realität der Außenwelt keine weitergehende Antwort mehr finden. Sollte das Problem doch noch andere Lösungen zulassen, so mußten diese auf einem anderen Weg abgeleitet werden: diesen hatte schon Leibniz eingeschlagen. Ehe ich mich ihm zuwende, sollen den ferneren Schicksalen des dogmatischen Idealismus einige Worte gewidmet sein.

Was von der Stufe aus, welche der Idealismus in COLLIER und BERKELEY erreicht hatte, noch möglich war, war bloß noch entweder Anwendung oder Bestreitung. Die Anwendung der idealistischen Prinzipien auf das, was BERKELEY (wie COLLIER) noch als existierend übrig gelassen hatte, auf Gott und auf die Geister, übernahm HUME.
    "Hume dehnt die Phänomenalität, welche Berkeley auf das Objekt des Vorstellens (das Vorgestellte) beschränkt, auch auf das Subjekt des Vorstellens (das Vorstellende) aus, welches letztere ihm zufolge ebenso illusorisch ist als das erstere." (32)
Zur Phänomenalität der Körperwelt (33) tritt so die Leugnung der Substantialität des Ich: was für HUME übrig bleibt, ist nur der Fluß der Vorstellungen. Ein neues Moment für die Frage nach der Realität der materiellen Außenwelt kommt dadurch nicht in die Diskussion herein.

Daß die Leugnung der materiellen Außenwelt eine Fülle von gegnerischen Angriffen zur Folge haben mußte, versteht sich von selbst. So sprach sich CLARKE gegen den Idealismus aus (34), aber mit der Anerkennung, daß der absolute Idealismus, so absurd er ist, doch nicht streng widerlegt werden kann. Mit scharfsinnigen Gründen griff der Jesuitenpater BUFFIER (35) in seinem "Cours des sciences" (1732) die Idealisten an; seine Einwände wurden dann später von der Schottischen Schule wieder aufgenommen, welche den Kampf gegen den Idealismus aufs Neue eröffnete wegen der aus demselben durch HUME gezogenen bedenklichen Konsequenzen. Insbesondere hat REID unser Problem sehr ausführlich behandelt in seinem Werk "On the intellectual powers of man" aufgrund eingehender historischer Forschungen. Auch BEATTIE hat das Thema ausgedehnt behandelt in seinem "Essay on the natur and immutability of truth" (36), und führt BERKELEYs Idealismus historisch auf CARTESIUS, MALEBRANCHE und LOCKE zurück (37). Dasselbe Thema fand dann in der zweiten Generation der Schottischen Schule, besonders bei STEWART und auch bei BROWN eine entsprechende Würdigung, sowie bei den französischen Anhängern der Schottischen Schule. In die Gegenwart hinein reicht die Erneuerung der Lehren der Schottischen Schule durch HAMILTON (38); ihm gegenüber fand der Phänomenalismus HUMEs einen tüchtigen Vertreter in MILL (39), während andererseits auch der eigentliche Idealismus BERKELEYs in FRASER, FERRIER und COLLYNS SIMON neue Anhänger gewann.

Ich schließe damit diese, der literarischen Vollständigkeit und historischer Kontinuität halber angeführten Notizen und gehe um zwei Jahrhunderte zurück - zu LEIBNIZ.


Dritte Form: Leibniz-Wolff'sche Philosophie

Es könnte einige Verwunderung erregen, daß ich LEIBNIZ sachlich nach BERKELEY aufführe, da er doch historisch vor demselben aufgetreten ist. Die Stellung, welche LEIBNIZ hier angewiesen ist, widerspricht sogar der besonders durch J. E. ERDMANN (40) eingebürgerten Auffassung, nach welcher BERKELEYs Idealismus als die höchste Steigerung, als der Superlativ zu LEIBNIZ' "Halbidealismus" zu betrachten ist, der selbst wieder als der Komparativ [Vergleichsmaßstab - wp] zum System CARTESIUS-MALEBRANCHEs gilt. Allein es ist allgemein und gerade auch von J. E. ERDMANN selbst anerkannt, daß BERKELEY LEIBNIZ' Philosophie gar nicht gekannt und von ihr auch gar keinen Impuls erhalten hat. Man darf daher die Lehre BERKELEYs nicht als "Konsequenz" der von LEIBNIZ betrachten und kann die Sache nicht so formulieren, "daß auf der von Leibniz begonnenen Bahn auch solche über ihn hinausgehen, die von ihm keine Notiz nehmen". Man darf freilich auch nicht in die entgegengesetzte "Paradoxie" verfallen, LEIBNIZ' Monadologie etwa als eine Reaktion gegen BERKELEYs totalen Idealismus aufzufassen. Ich bezeichne daher LEIBNIZ' Lehre nicht etwa als die dritte Phase, sondern als die dritte Form des Idealismus. Allerdings tritt diese dritte Form dann später der zweiten systematisch gegenüber und erscheint so als ein Kompromiß zwischen dem absoluten Idealismus und dem Realismus, aber historisch entstand diese dritte Form unabhängig von und zeitlich vor jener zweiten. LEIBNIZ und BERKELEY setzten an ganz verschiedenen Punkten der Entwicklungslinie der modernen Philosophie ein; man kann nur sagen, daß, ehe und während in England durch COLLIER und BERKELEY die logische Konsequenz des dogmatischen Idealismus aus MALEBRANCHEs und LOCKEs System gezogen wurde, auf dem Kontinent sich eine Richtung ausbildete, welche erst später durch WOLFF systematisiert und allgemein verbreitet, weniger durch eine konsequente Weiterbildung früherer Gedankenreihen, als durch die Einführung eines ganz neuen Gedankens auf das Problem der Realität der Außenwelt eine neue, dritte Antwort gab. Diese dritte Lösung, durch WOLFF und seine Schüler erst nach BERKELEYs und COLLIERs Auftreten genauer formuliert, trat daqnn auch jener zweiten Form siegreich gegenüber (41).

LEIBNIZ gab mit seiner Monadenlehre seinen Anhängern, an deren Spitze CHRISTIAN WOLFF stand, eine Waffe in die Hand, mit der sie dem dogmatischen Idealismus scharf gegenüber treten konnten. Ich sehe zunächst von den inneren Widersprüchen der Monadenlehre ab und halte mich an den allgemeinen und allgemein bekannten Sinn derselben, um darzustellen, wie dem Freund derselben der Idealismus von BERKELEY und COLLIER erscheinen mußte. LEIBNIZ' Monadenlehre erkennt als wahrhaft seiend nur die Monaden an, d. h. unmaterielle Substanzen, von denen uns nur unsere eigene Seele näher bekannt ist. Ist die Seele eine solche Monade, so sind auch die anderen Monaden seelenartig. Diese unmateriellen Substanzen sind aber nicht tote Punkte, nicht ein starres Sein, sondern sie sind tätige Kräfte, welche ein inneres Prinzip der Veränderung enthalten. Dem, was wir Materie heißen, liegt eine Unzahl solcher Monaden letztlich zugrunde. Es gibt objektiv im eigentlichen Sinn keine Materie, sondern wahrhaft wirklich sind nur jene immateriellen Substanzen. Diese sind das wahre Sein; die Materie ist nur eine Erscheinung in uns, in der Seelenmonade. Dem Ausgedehnten, was nur in unserer Vorstellung ist, liegt das Nichtausgedehnte zugrunde, was außerhalb unserer Vorstellung wirklich existiert. Die materielle Welt ist ein Phänomen, aber es ist bene fundatum [gut begründet - wp]: die Monaden bilden den wahrhaft seienden, festen, immateriellen, dauernden Hintergrund der schwankenden Vorstellung der materiellen Außenwelt und ihres Wechsels.

Wie muß demjenigen, der auf diesem Standpunkt steht, der dogmatische Idealismus unserer beiden Insulaner erscheinen? Nicht gar so absurd, als der Majorität der Zeitgenossen. Der Monadologist wird dem "Idealisten" alle jene Gründe zugeben und sie adoptieren, welche die Materie qua Materie in Vorstellung auflösen und zum Phänomen herabsetzen, aber indem er an die Stelle der materiellen Welt, welche er aufgibt, die immaterielle Welt intelligibler Substanzen setzt, wird er das "bene fundatum" bedächtig hinzusetzen. Und zwar bene fundatum: wohl hatten auch COLLIER und BERKELEY für den Schein der Außenwelt ein Fundament gesucht, aber der Rekurs auf den deus ex machina konnte nicht als ein gutes Fundament erscheinen: benefundatum konnte jene Phänomen nur erscheinen, wenn ihm eine wirkliche Welt von immateriellen Substanzen, auch außerhalb der vorstellenden Geister, zugrunde lag. Absurd mußte die Leugnung dieser wirklichen Welt erscheinen, aber die Leugnung der Existenz der materiellen Welt konnte nur den Beifall des Monadologisten gewinnen.

Dieses doppelseitige Verhältnis des Monadologisten zum "Idealismus" war eben die notwendige Folge des vollständig neuen Schnitts, welchen LEIBNIZ zwischen Idealem und Realem führte. Er teilte nicht, wie CARTESIUS, MALEBRANCHE und LOCKE zwischen den subjektiven sekundären und den objektiven primären Eigenschaften der Materie, sondern zwischen der Materie als Erscheinung einerseits und ihrem immateriellen, substantiellen Grund andererseits. Die ganze Materie galt ihm als bloß subjektive Vorstellung, aber er substituierte dieser subjektiven Erscheinung einen objektiven Grund in der Welt der immateriellen Monaden. Von diesem Standpunkt aus betrachtet bekam BERKELEYs Idealismus eine Doppelbedeutung, welche er von Haus aus nicht hatte: unter der "zufälligen Ansich" der Monadologie, gleichsam gebrochen durch ihr Medium, mußte jener Idealismus sich eine doppelte Auslegung gefallen lassen: jener Idealismus leugnet
    a) die eigene objektive Existenz der Materie,

    b) die Existenz der ihr zugrunde liegenden und ihr entsprechenden immateriellen Substanzen.
Und damit wurde das idealistische Problem von jetzt ab eben in die doppelte Frage zerlegt:
    1. in die Frage nach der Existenz einer von der Vorstellung unabhängigen Körperwelt im Raum;

    2. in die Frage nach der Existenz einer der vorgestellten Körperwelt entsprechenden Welt immaterieller Dinge.
Es läßt sich a priori schließen, daß durch diese Verdoppelung das ohnehin subtile Problem viel verwickelter wurde, und daß in die Diskussion des Problems dadurch Unsicherheit, Unklarheit und Verwirrung hineinkommen mußte; an diesem durch LEIBNIZ' Monadologie geschaffenen Doppelsinn des Problems litt dann auch die Behandlung des Themas faktisch sehr stark in der Folge.

Aber die Situation wurde bis zur Unerträglichkeit verwickelt durch einen Widerspruch in der Monadenlehre, der aus einer Zweiheit ganz heterogener Fassungen der Monaden bei LEIBNIZ und seinen Anhängern entsprungen ist. Es gibt, worauf man bei der Darstellung der Monadenlehre meistens viel zu wenig Gewicht legt, zwei ganz verschiedene Fassungen des Monadenbegriffs, die man als die metaphysische und als die naturphilosophische Fassung unterscheiden kann, und welche schon bei LEIBNIZ und dann vollends bei seinen Anhängern unklar durcheinander spielen.

Nach der ersten, strengen Fassung fällt die gesamte Körperwelt als das Reich des Ausgedehnten in das vorstellende Subjekt und als real bleibt nur eine immaterielle Welt unausgedehnter, rein geistiger Substanzen übrig. Die Monaden sind nach dieser Fassung wahrhaft metaphysische Punkte, rein intelligible Substanzen ohne jegliche Materialität.

Allein nach der naturphilosophischen Fassung (42) der Monadenlehre sind die Monaden als solche zwar auch noch immaterieller Natur, aber ihr faktisches Zusammen macht nun objektiv die materielle Welt aus; sie konstituieren Materie, deren intelligibler Kern sie sind; sie sind die "Differentiale der Körpers"; sie sind die wahren "Atome der Natur"; durch ihr Zusammensein entsteht der Raum und die materiell erfüllte Ausdehnung. Jede Monade für sich ist immateriell, aber viele zusammen machen einen Körper aus. Jede immaterielle Monade hat eine räumliche Aktivitätssphäre, und so entsteht und besteht aus Immateriellem das Materielle. Dieses Materielle ist die objektive Wirkung jener Monade, nicht bloß eine subjektive Wirkung in uns. Die Materie ist jetzt keine subjektive, sondern objektive Erscheinung. Die Körperwelt gewinnt in diesem Fall auch als Körperwelt offenbar mehr und mehr eine von der Vorstellung unabhängige Existenz.

Durch diese neue Komplikation mußte das Problem, dessen Geschichte ich hier skizziere, noch viel verwickelter werden. Hatte der erste Punkt, der klare Unterschied, den LEIBNIZ' System zwischen der erscheinenden Körperwelt und der seienden Monadenwelt machte, das Problem verdoppelt, so mußte dieser zweite Punkt, die unklare Vermischung der metaphysischen und der naturphilosophischen Fassung der Monaden, dem Problem den Stempel der Verworrenheit aufprägen. Und diesen traurigen Stempel trug die Diskussion des Problems im ganzen 18. Jahrhundert - inklusive KANT. Denn wir werden sehen, daß die Amphibolien [Mehrdeutigkeiten - wp] KANTs in dieser Frage genau dieser durch LEIBNIZ' System geschaffenen Verwicklung und Verwirrung entsprechen.

Es ist in dieser Skizze nicht der Ort, diese allgemeinen Reflexionen durch eine detailliertere Ausführung des ganzen Materials zu beweisen, auf dem sie basieren. Doch dürften einige Notizen demjenigen nicht unwillkommen sein, der die Sache weiter verfolgen will.

Was LEIBNIZ selbst betrifft, so sei nur bemerkt, daß man nicht mit J. E. ERDMANN (43) bei der Fassung von LEIBNIZ' "Halbidealismus" die beiden Gesichtspunkte miteinander vermischen darf.
    1. daß Leibniz "Halbidealist ist, weil er hinter den Phänomenen Monaden annimmt,

    2. weil er inkonsequenterweise die Monaden so faßt, daß sie doch selbst als physische Bestandteile der Körperwelt gelten.
Beides ist in der Bestimmung vermischt, daß die Phänomene nicht reine entia mentalia, sondern sentimentalia sind.

Die erste Anwendung von LEIBNIZ' Bestimmungen gegen die neuen englischen Idealisten findet man bei WOLFF, der sich an verschiedenen Stellen seiner zahlreichen Werke über den Idealismus äußert. In den "Vernünftigen Gedanken über Gott" usw. §§ 777, 787 bespricht er dieselben in ruhiger und leidenschaftsloser Weise und hebt die innige Verwandtschaft der Lehre derselben mit der von LEIBNIZ hervor. Eine schon unfreundlichere Stellung nimmt er denselben gegenüber ein in der (späteren) "Psychologia rationalis" §§ 37f und öfter, und einmal stellt er sie gar mit den Materialisten und Skeptikern zusammen, als "die drei schlimmen Sekten" (Von seinen Schriften, zweite Auflage, Seite 583, 591f). Ebenso finden wir auch in der übrigen Literatur der LEIBNIZ-WOLFFischen Philosophie eine anfänglich freundschaftliche, dann aber immer steigend feindselige Stellung zum Idealismus, und in der eigentlichen Aufklärungszeit gilt der Idealismus als eine ganz absurde, törichte Schrulle. Die "Widerlegung des Idealismus" wurde ein stehender Paragraph in allen Kompendien [kurz gefaßte Lehrbücher - wp].

Diese wechselnde Stellung zum Idealismus nun in der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts hängt funktionell zusammen mit der verschiedenen Auffassung von LEIBNIZ' Monadenlehre (44). Es läßt sich in der Entwicklung der WOLFFischen Schule eine zunehmende Depravation [Entartung - wp] des Monadenbegriffs verfolgen. Anfänglich hielt man sich mehr an die strengere metaphysische Auffassung derselben, bis mit der steigenden Popularität der WOLFFischen Schule die Auffassung der Monaden immer mehr zu einem laxeren naturalistischen Begriff derselben herabgesunken ist. Wer nun am strengen Monadenbegriff festhielt, stellte sich zum Idealismus nicht gerade unfreundlich: leugnete doch auch dieser die Realität der ausgedehnten Körperwelt; und die Widerlegung desselben bestand nur im Nachweis, daß doch noch metaphysische, immaterielle Substanzen existieren - die Monaden. Von diesem Standpunkt aus erschien der Idealismus als Leugnung der Dinge-ansich, d. h. eben der Monaden. Je mehr man aber den strengen Monadenbegriff fallen ließ und sich dem Atombegriff näherte, desto unfreundlicher wurde die Stellung zum Idealismus: jetzt erschien derselbe als die Leugnung der Körperwelt und jetzt bestand die Widerlegung desselben in dem Nachweis des Vorhandenseins einer wirklichen Körperwelt außerhalb von uns. Da sich nun aber in der Majorität der Fälle keine Bestimmung über diesen Unterschied in der Fassung der Monaden fand, sondern im Gegenteil die Meinung unbestimmt hin und her schwankte, so mußte auch die "Widerlegung des Idealismus" welche immer mehr Ehrensache jedes "aufgeklärten" Philosophen wurde, fast durchaus das Gepräge der Unklarheit und Verwirrung annehmen.

Eine solche unklare Mittelstellung nimmt z. B. BILFINGER ein in seinen Dilucidationes (1725, 1740) §§ 115f. Er erkennt jedoch richtig, daß der strenge Leibnizianismus sich dem Idealismus nähert: "proprius illi accedere videntur, qui simplicibus omnibus asserunt perceptiones, sed absunt etiam illi diversis argumentis." [Sie scheinen sich denjenigen zu nähern, die behaupten, alle Wahrnehmungen seien einfach, aber sie fehlen dennoch in verschiedenen Argumenten. - wp] BILFINGER erörtert ausführlich den Unterschied der Systeme von LEIBNIZ und BERKELEY, aber er verwechselt doch beständig die corporum realis et externa existentia [die reale und äußere Existenz von Körpern - wp] mit der Existenz der Monaden (simplicia), die jenen zugrunde liegen. Derselben Unklarheit begegnen wir auch bei den übrigen Wolffianern (speziell bei denen, welche KANT nachweislich benützte): bei REUSCH, BAUMEISTER, BAUMGARTEN, MEIER; sodann bei MENDELSSOHN, EBERHARD, PLATNER, LAMBERT, TETENS, FEDER usw. (45); ebenso bei den Gegnern der WOLFFischen Philosophie, z. B. bei CRUSIUS (46).
LITERATUR - Verschiedene Autoren, Straßburger Abhandlungen zur Philosophie, Eduard Zeller zu seinem siebenzigsten Geburtstag, Freiburg i. Br. und Tübingen 1884
    Anmerkungen
    1) Unter "Problem des Idealismus" verstehe ich die historische Frage, ob unseren Vorstellungen von einer räumlichen materiellen Außenwelt eine auch unabhängig von diesn unseren Vorstellungen vorhandene materielle Außenwelt im Raum wirklich entspricht. Diese Definition des Problems ist enger als die von Schopenhauer (Welt als Wille und Vorstellung, Kritik der kantischen Philosophie, Sämtliche Werke, Bd. 3, Stuttgart, Seiten 9, 12, 15, 17, 19, 27, 30)
    2) Meditatio prima, ad fin.
    3) Meditatio sexta, init.
    4) Meditatio quarta
    5) Meditatio sexta, init.
    6) vgl. Hamilton, Dissertations 198 und in der Ausgabe von Reids Werken Seite 967. Auch Schopenhauer, a. a. O.
    7) vgl. hierzu Hamilton in der Ausgabe von Reid, Seite 961f.
    8) vgl. Pfaff, De Egoismo, Tübingen 1722, Seite 19f. Bayle im "Dictionnaire", Artikel Pyrrho, Zeno. Zeller, Philosophie der Griechen, Bd. 1 (vierte Auflage), Seite 550; Bd. 3 (zweite Auflage), 1, Seite 441; 2, 40.
    9) Kant, Kr. d. r. V., Ausgabe B, zweite Auflage, Seite 275.
    10) Dankenswerte Winke finden sich auch in Schopenhauers Aufsatz: "Skizze einer Geschichte der Lehre vom Idealen und Realen", in den Parerga, Werke V, Stuttgart, Seite 3-32. Doch fußen Schopenhauers oft treffende Gedanken auf einem viel zu mangelhaften Material; insbesondere fehlen die einzelnen zerstreuten Erörterungen, welche den Übergang zwischen den größeren Systemen bilden, und deren Kenntnis erst den geschichtlichen Zusammenhang aufhellt. Geistvolle Bemerkungen über unser Thema auch bei Zimmermann, Anthroposophie, Seite 146f. Vgl. auch Benno Rüttenauer, Zur Vorgeschichte des Kritizismus und Idealismus, 1882 und Hans Keferstein, Die Realität der Außenwelt in der Philosophie von Descartes bis Fichte, 1883.
    11) vgl. Boullier, Histoire de la philosophie cartésienne, Bd. 1, 1854.
    12) vgl. hierüber Hamilton, Dissertations, Seite 197f.
    13) vgl. Hamilton zu Reid, Seite 358 und über Malebranche überhaupt Seite 967f. Vgl. Überweg in der Übersetzung von Berkeleys "Abhandlung", Seite 138.
    14) vgl. hierüber u. a. Bayle, "Dictionnaire", Artikel Pyrrho und Zeno (nota E).
    15) Es ist derselbe, der mit Leibniz (1697) in Korrespondenz stand; Opp. Erdm. 145. Vgl. über ihn Boullier, a. a. O., Seite 516f.
    16) Die Angabe bei Pfaff, a. a. O., Seite 16, Fardella habe sich selbst schon zum Idealismus bekannt, ist irrig. Vgl. Bayle, "Dictionnaire", Artikel Zeno (nota E).
    17) Worte Pfaffs, a. a. O., Seite 16, 17.
    18) Pfaff, a. a. O., Seite 22.
    19) Bayle im "Dictionnaire" a. a. O. Pyrrho und Zeno (nicht unwichtige Quellen für die Geschichte des Idealismus).
    20) Hamilton in der Ausgabe von Reids Werken, Seite 269, 293 und nach ihm Janitsch, "Kants Urteile über Berkeley", Straßburg 1879, Seite 51-54.
    21) Janitsch, a. a. O., Seite 54.
    22) Bei Hamilton, a. a. O., Seite 988 und Janitsch, a. a. O., aber auch schon bei Hennigs, "Geschichte von den Seelen der Menschen und Tiere", 1774, Seite 145 und bei Pfaff, a. a. O., Seite 24.
    23) Leibniz arbeitete gelegentlich an derselben mit. Opp. Ed. Erdmann, Seite 452 und 683.
    24) Christian Wolff, Vernünftige Gedanken von Gott usw., erste Auflage, § 2 und 944.
    25) Wolff, a. a. O., Vorrede.
    26) Nach Pfaff, a. a. O., Seite 4 ist Wolff der Erfinder des Terminus "Egoismus".
    27) Über die Entstehung des Terminus "Idealismus" vgl. Eucken, "Geschichte der philosophischen Terminologie", Seite 132, 199-201; dessen "Geschichte und Kritik der Grundbegriffe der Gegenwart", Seite 224-227; derselbe "Parteien und Parteinamen in der Philosophie", in den "Philosophischen Monatsheften", Bd. XX, 1884, Seite 27f. Eucken hat ganz richtig festgestellt, daß mit "Idealismus" ursprünglich die Lehre von der Ideenwelt in einem platonischen Sinn bezeichnet worden ist. Er führt dafür die Stelle bei Leibniz (Opp. 186a) an, wo Platon und Epikur als Häupter der "Idealisten" und "Materialisten" bezeichnet werden. Diese Äußerung stammt aus dem Jahr 1702. Daß der Ausdruck in diesem Sinne aber schon früher gang und gäbe war, beweist die Schrift von Sergeant, Solid Philosophiy asserted against the fancies of the Idealists, 1697 (Auszüge daraus bei Blakey, History of the Philosophy of Mind, Bd. 2, Seite 300f. Lewes, Geschichte der Philosophie, Bd. 2, Seite 322 zitiert "Ideists"). Norris, dessen Werk im Jahr 1701 erschienen ist, nennt Arnauld einen "Anti-Idealisten" bei Blakey II, 305. "Idealismus ist also ursprünglich = Platonismus, und als "Idealist" in diesem Sinne galt insbesondere Malebranche, der ja eine Ideenwelt in Gott statuierte. Zu gleicher Zeit etwa wurde der Ausdruck "Idee" aber auch für die Vorstellung im menschlichen Geist angewendet, besonders von Locke; und so erhielt der Ausdruck "Idealismus" bald die Bedeutung der Lehre, nach der das Äußere nur unsere Vorstellung ist. In diesem Sinn findet sich der Ausdruck deutlich ausgeprägt nach Eucken (vgl. dagegen Erdmann, Grundriß der Geschichte der Philosophie, zweite Auflage, Bd. 2, Seite 216, 224, 227) zuerst bei Wolff, der den Platon daher von den "Idealisten" ausschließt, als deren Haupt er bei Leibniz angeführt war. Der Ausdruck scheint aber nichtsdestoweniger hin und wieder schwankend gebraucht worden zu sein; dadurch erklärt sich jene Stelle in den Prolegomena von Kant (im Anhang) und in den Vorlesungen über Metaphysik (vgl. weiter unten) über die "echten Idealisten von der eleatischen Schule an bis zu Bischof Berkeley", zu denen Kant dann auch den Platon rechnet. Hier sind offenbar jene beiden Bedeutungen vermischt; (an die Stelle der Ideenwelt außerhalb des Geistes ist aber in der kantischen Stelle die entsprechende apriorische Ideenwelt im Geist, im Gegensatz zur sinnlichen Erfahrung, getreten). Von Hegel an gewann bekanntlich der Terminus "Idealismus" wieder seine platonische metaphysische Bedeutung. Wir gebrauchen ihn hier natürlich nur in seinem erkenntnistheoretischen Sinn. Über diesen Selbst und seine verschiedenen Nuancen siehe weiter unten.
    28) vgl. seine "Examination of Malebranches Opinion", § 20; dazu Hamilton, Dissertations, Seite 199.
    29) Spinoza bespricht das Problem nur gelegentlich, z. B. Ethica, Pars II, Prop os XIII, Coroll.
    30) Spinoza galt eher als Materialist, denn als Idealist. So bei Pfaff, a. a. O., Seite 9-11. Vgl. auch Bayle im "Dictionnaire", Artikel "Spinoza".
    31) vgl. über seine Lehre besonders Ritter, XII, Seite 220f. Hamilton, Dissertations and Discussions, Seite 185-201. Lyon in der "Revue Philos. X, Seite 375-395. In der einschlägigen Literatur des vorigen Jahrhunderts findet sich Collier häufig besprochen.
    32) Zimmermann in der geistvollen und sehr instruktiven Abhandlung "Über Humes Stellung zu Berkeley und Kant", Sitzungsbericht der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Philosophisch-historische Klasse), Wien 1883, Seite 67-140, Seite 108.
    33) Hume spricht sich jedoch über unser Problem in den Essays etwas anders aus als im Treatise. In den populären Essays konstatiert Hume den instinktiven Glauben an "the external universe" und nähert sich hierin sogar den Ansichten der .
    34) vgl. Hamilton, Dissertations, Seite 194, 195.
    35) Auszüge aus seiner Schrift bei Blakey, History of Mind III, Seite 149-156.
    36) Die Übersetzung dieses Werkes (durch von Gerstenberg) im Jahr 1772 war für Kant eine Hauptquelle zugleich für seine mangelhafte Kenntnis von Berkeleys Idealismus und für seine mit Verachtung gemischte Abneigung gegen denselben, wie Janitsch ("Kants Urteile über Berkeley", 1879) nachgewiesen hat.
    37) deutsche Übersetzung Seite 171-234.
    38) Besonders in der Ausgabe von Reids Werken ist das idealistische Problem historisch und systematisch öfters eingehend durch Hamilton behandelt worden.
    39) vgl. über das idealistische Problem Mills Examination, besonders Kapitel X, Seite 187-224.
    40) Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neueren Philosophie, Bd. 2, Seite 2, 174, 181, 201, 215, 217.
    41) Deshalb hat auch Platner [1700] in seiner lehrreichen Gegenüberstellung der verschiedenen Systeme mit Recht das System Leibniz' auf den Idealismus folgen lassen; siehe dessen Aphorismen, zweite Auflage, 1784, § 927f, dritte Auflage (1793) § 761.
    42) Dieselbe teilt auch Kant in seiner "Monadologia physica" vom Jahr 1756; er nähert den Monadenbegriff noch mehr, als es damals sonst üblich war, dem Atombegriff
    43) Versuch einer Geschichte usw., Bd. II, 2. Seite 177f. Grundriß etc. § 291.
    44) vgl die treffliche Schrift von Benno Erdmann, "Martin Knutzen und seine Zeit", Leipzig 1876.
    45) Eine sehr dankenswerte, jedoch unvollständige Zusammenstellung der Literatur über die Widerlegung des Idealismus bei Hennings, Geschichte von den Seelen der Menschen und Tiere, Halle 1774, Seite 144f und 295f. Einige Notizen hierüber auch bei Zart, Einfluß der englischen Philosophie auf die deutsche Philosophie des 18. Jahrhunderts (1881).
    46) "Weg zur Gewißheit", zweite Auflage, § 437.