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Die Existenz der Außenwelt
Der Philosoph meint dazu: Ich gebe ja zu, daß wir alle glauben, eine Außenwelt wahrzunehmen, daß es uns so erscheint, als wären da draußen im Raum Gegenstände, die ein von unserem Erkennen völlig unabhängiges Dasein führen. Aber kann dieser Glaube nicht eine Jllusion, eine Selbsttäuschung eigentümlicher Art sein, da wir ja doch keineswegs beweisen können, daß solche "bewußtseinstranszendenten" Dinge wirklich existieren? Und weshalb können wir es nicht? Einfach deshalb, weil uns unmittelbar nichts gegeben ist, als der Inhalt unseres Bewußtseins, als Vorstellungen, Empfindungen, die nichts sind, als subjektive Gebilde, Zustände, Modifikationen unseres Ichs, die also insgesamt in uns sind. Wir beziehen dieselben auf Dinge außer uns, wir schließen von der Wirkung auf die Ursache, glauben, unseren Vorstellungen entsprechen Gegenstände als deren Ursachen und Urbilder. Nun, vielleicht ist dem so, vielleicht auch nicht; quien sabe [Alles klar? wp]? Wir können aus der Welt unserer Vorstellungen in keiner Weise heraus, bis ins Sein hinein dringt kein Erkennen, ja es fragt sich sehr, ob so etwas wie eine bewußtseinstranszendente Existenz überhaupt möglich ist. Der Philosoph hilft sich aus der Verlegenheit, indem er entweder den Glauben an transzendente Dinge als die Wirkung eines ursprünglichen Naturinstinktes, als einer Art innerer Offenbarung hervorgehend betrachtet, die nicht täuschen kann, oder aber, indem er darzutun versucht, daß die vermeintliche Transzendenz der Außenwelt in Wahrheit keine ist. Nun ist im Vorhinein zuzugeben, daß von einem "Wissen" um die Existenz einer bewußtseinstranszendenten Welt nicht gut die Rede sein kann. Wer eine ursprüngliche "Evidenz" des sogenannten Gegenstandsbewußtseins nicht zuzugeben gewillt ist, kann nicht umhin, zu gestehen, daß es in dieser Beziehung stets bei einem "Glauben", d. h. bei einem Überzeugtsein bleiben muß, das auf naivem Erkenntnisstandpunkt ohne Reflexion unwillkürlich entsteht, während es durch psychologische Analyse so weit erhellt werden kann, daß die Aufzeigung der Gründe dieses Glaubens, sofern er nicht dadurch als haltlos erwiesen wird, ihm den Charakter einer gut fundierten erkenntnistheoretischen Deutung der Tatsachen verleiht. Je größer die Zahl der Motive ist, die uns zu irgendeiner Annahme drängen, desto stärker wird auch die dieser Annahme zugrunde liegende Überzeugung betreffs ihrer Richtigkeit sein. Uns ist zunächst die Frage, ob es eine bewußtseinstranszendente Außenwelt gibt oder nicht, gleichgültig, wir machen keinerlei Voraussetzungen in dieser Hinsicht. Vielmehr ist es uns darum zu tun, festzustllen, wie denn eigentlich unser Glaube an eine Außenwelt zustande kommt, was uns dazu veranlaßt, welcher Art er ist. Wir gehen einzig und allein vom tatsächlichen Erleben aus und von der Deutung, die dasselbe schon auf dem naiven Standpunkt des Erkennens erfährt. Die nächste uns beschäftigende Frage dabei ist: was heißt das, einen Gegenstand wahrnehmen, inwiefern unterscheidet das nichtphilosophische Erkennen Wahrnehmung (Vorstellung) und Gegenstand? Da finden wir nun bald, daß dem naiven Menschen die Wahrnehmung nicht ein subjektiver Zustand, etwas im Ich vorhandenes ist, das erst auf etwas außer uns bezogen wird. Wir verlegen nicht Empfindungen aus uns in den Raum hinein, weder im Sinne der Projektion, noch in dem der Objektivierung. Wir nehmen nicht erst unsere Empfindungen wahr, sondern unser Wahrnehmen ist auf die Dinge selbst gerichtet. Dem naiven Menschen gilt das Wahrnehmen als ein Antreffen, Begegnen, Vorfinden, Bemerken eines Etwas. Einen Baum wahrnehmen, heißt nichts anderes, als das Baum-Bezeichnete vor Augen, vor Händen haben. Wahrnehmen ist der Ausdruck eines gewissen Zusammenseins des wahrnehmenden Ichs mit einem qualitativ bestimmten Inhalt, einem Etwas. Wenn wir etwas wahrnehmen, so heißt das nicht, daß wir an diesem Etwas eine Veränderung hervorbringen, daß wir oder etwas in uns es irgendwie modifizieren, sondern es bezeichnet nur die Tatsache, daß wir zum Wahrgenommenen in einer Beziehung stehen, die ihre besondere Färbung durch gewisse Spannungsempfindungen erhalten kann und mit der sich auch Zustände des Schmerzes, der Lust und der Unlust verknüpfen. Was wir wahrnehmen, ist der Inhalt oder der Gegenstand des Wahrnehmens, und dieser kann ein Rot sein, eine Wärme, ein Haus und dgl. Das Wahrnehmen selbst, also das eigenartige "Zusammen" des Ichs mit dem bestimmten Inhalt, ist natürlich nicht selbst farbig, warm und dgl. Es ist höchstens "deutlich", "angestrengt", "ungenau" usw., je nachdem sich nämlich die Teile des Wahrgenommenen mehr oder weniger bestimmt und gesondert darstellen oder je nach der Intensität der Spannungsempfindungen, die dem Wahrnehmen den Charakter der "Tätigkeit" geben. Wir fühlen uns beim Wahrnehmen bald mehr, bald weniger oder fast gar nicht in Anspruch genommen. Aber für gewöhnlich achten wir nicht darauf, d. h. wir werden uns unseres Wahrnehmens nicht besonders bewußt; das ist schon Sache einer Reflexion, eines Zurückgehens vom Wahrgenommenen auf den eigenen Zustand, der sich aus der Beziehung zu jenem ergibt. Den Gegenstand unseres Wahrnehmens bilden also nicht unsere Empfindungen, sondern etwas von diesen wohl Unterschiedenes. Lege ich die Hand auf den warmen Ofen, so nehme ich dessen Wärme wahr, d. h. ich finde bei der Berührung die als Wärme bezeichnete Qualität vor und diese scheint in meine Hand überzugehen. Ebenso scheint der Duft einer Rose dadurch konstatiert zu werden, daß er an der Rse und zugleich als von ihr ausgehend angetroffen wird. Bald nehme ich solche Qualitäten direkt an meinem eigenen Leib wahr, bald finde ich sei außerhalb meines Leibes, bald in einer Region zwischen meinem Leib und anderen Dingen, stets aber irgendwo im Raum. Ich unterscheide die in und an meinem Leib sich findenden Qualitäten durch die Konstanz, mit der sie an ihm haften, durch die starken mit derselben verknüpften Spannungsempfindungen, Schmerzgefühle usw. von allem, was wir als "nicht zu uns gehörig" erkennen. Kurzum, wir nehmen die verschiedenen Qualitäten an und in den Dingen wahr, wir halten sie für etwas, was sich im Raum vorfindet, wenn wir zu bestimmten Raumausfüllungen in Beziehung treten. Und weil wir diese Qualitäten immer wieder antreffen, weil wir uns nicht bewußt sind, sie erst durch das Wahrnehmen zu erzeugen, weil endlich in unserer Abwesenheit betreffs ihrer die gleichen Aussagen gemacht werden wie die unsrigen, darum sind wir überzeugt, daß diese Qualitäten eine von uns unabhängige Existenz haben, daß sie auch da sind, wenn wir nicht an Ort und Stelle sind. Wir wollen gleich hier bemerken, daß die philosophische Wertung der wahrzunehmenden Qualitäten als "subjektiv", sofern dieselbe als berechtigt anerkannt wird, nur den Sinn haben kann, daß zwar die Qualitäten außer uns an den Dingen angetroffen werden, daß sie aber nur während des Wahrnehmens oder auch durch das Wahrnehmen auftreten. Sobald sich ein wahrnehmendes Individuum an einer bestimmten Raumstelle befindet, findet es bestimmte Qualitäten vor; die Gegenwart des ersteren ist dazu notwendig. Bisher sprachen wir geflissentlich nur vom Wahrnehmen von Qualitäten, nicht von Dingen, Gegenständen. Bevor wir untersuchen, was unter diesen gemeint ist, müssen wir erst den Unterschied zwischen Wahrnehmung und Empfindung kennzeichnen. Niemals sagen wir aus, daß wir einen Gegenstand, ein Ding "empfinden", ein solches wird immer nur "wahrgenommen", z. B. durch das Sehen oder das Tasten. Was wir "empfinden", sind stets Qualitäten wie rot, weiß, hell, Gerüche, Geschmäcke usw. Dieselben Qualitäten können aber auch "wahrgenommen" werden und das geschieht in allen Fällen, wo die Aufmerksamkeit sie selbst in ihrer Besonderheit zum Gegenstand hat, wenn sie uns also für sich, ohne Beziehung auf einen Gegenstand interessieren, beschäftigen. Sofern sie als Teilinhalt eines Gegenstandes auftreten, unsere Aufmerksamkeit auf einen solchen gelenkt wird, sind sie "Empfindungen" und nicht selbst gesonderte, selbständige Wahrnehmungsinhalte. Sie vermitteln dann nur die Wahrnehmung des Gegenstandes, weisen auf einen solchen in. Wir nehmen die Gegenstände durch und in Empfindungen wahr. Und nun können wir auch angeben, was es heißt, einen Gegenstand wahrnehmen und was wir als einen Gegenstand bezeichnen. Wenn gesagt wurde, wir nehmen einen Gegenstand durch Empfindungen wahr, so meinen wir damit keineswegs, die Empfindung sei auf ein unbekanntes bewußtseinstranszendentes Etwas gerichtet, enthalte eine "Beziehung" auf ein solches oder werde als Wirkung eines solchen bewußt oder unbewußt beurteilt oder erschlossen. Die Erfahrung zeigt, wie wir sie auch drehen und wenden mögen, nichts von einem solchen Gerichtetsein auf das Transzendente, wenn sie auch, wie im Folgenden ersichtlich, Momente enthält, die zu einer derartigen Deutung seites des Philosophen verführen können. Was der naive Mensch als Gegenstand, Ding bezeichnet, das ist in seiner Umgebung vorzufinden und nicht ein jenseits aller Erfahrung Liegendes. Wir verstehen gemeiniglich unter den Gegenständen unserer Wahrnehmung Qualitätenkomplexe, die zu einer Einheit verbunden sind. Ein "Ding" ist zunächst nichts als ein bestimmt gestaltetes und konstant sich vorfindendes, von anderem durch seine selbständige Bewegung oder Ruhe unterschiedenes und daher als eine Einheit sich darstellendes räumliches Zusammen von Qualitäten. Wir nehmen nicht etwa erst einzelne Qualitäten wahr, die wir erst zu einer Einheit verknüpfen, sondern das im Bewußtsein primär Auftretende, wenn auch durch psychologische Prozesse Vermittelte, ist die Einheit des Gegenstandes, aus der erst die analytische Tätigkeit der Aufmerksamkeit Teilinhalte heraushebt. Die abstrakte Einheit gilt uns ebensowenig als der Gegenstand wie die einzelne Qualität, aus der sie besteht, es ist vielmehr die konkrete, einheitlich sich verhaltende Raumausfüllung, die wir Gegenstnad nennen. Der Gegenstand ist das, was wir unter einem Namen zusammenfassen und was wir vom dadurch Bezeichneten aussagen, er ist z. B. weiß, süß, hart, rauh, würfelförmig - ein Stück Zucker. Nicht alle Teilinhalte konstituieren den Gegenstand in gleichem Maße, vornehmlich ist es das räumlich geformte Farben- oder Tastbild, das uns als Grundstock, als eigentlicher Gegenstand gilt. Das heißt: wir fassen die Raumbilder meist als die Gegenstände selbst auf, obgleich sie nur den konstantesten Teil derselben darstellen; sie vertreten uns ohne weiteres die Gegenstände, im Sinne des "pro aliquo stare" [steht für irgendwas - wp], weil der Einheitscharakter in erster Linie durch die Raumform hergestellt wird. Von den Raumbildern selbst wiederum gilt dasjenige im eminenten Sinne als der Gegenstand, das am konstantesten und in normaler Beleuchtung wahrgenommen wird. (Der Zucker "ist" weiß und "sieht nur" in der Nacht schwarz aus.) Es ist bekannt, daß diese Identifizierung des konstanten Raumbildes mit dem Totalgegenstand zuweilen zu Irrtümern verführt, vor allem bei der Wahrnehmung entfernter Objekte, z. B. der Sonne, deren wahre, auf mathematischem Weg festgestellte Größe mit der ihres Raumbildes der Wahrnehmung von der Erde aus sich nicht im entferntesten deckt. Daß wir einen besonderen konstant vorkommenden Teilkomplex eines Gegenstandes für diesen selbst nehmen, hat seinen Grund in früheren Erfahrungen, denen zufolge mit dem unmittelbar Vorgefundenen, also mit dem Raumbild, andere Qualitäen rasch und innig verschmelzen, die wir nicht selbst wahrnehmen, wohl aber in der Erinnerung reproduzieren. So ruft besonder das Gesichtsbild ein entsprechendes Tastbild und umgekehrt hervor. Die dabei stattfindende Verschmelzung wird erst bei auf sie gerichteter Aufmerksamkeit bemerkbar. Es braucht auch nicht immer zu einer Verschmelzung zu kommen, das unmittelbar Wahrgenommene und das bloß Reproduzierte können auch gesondert bleiben und es tritt dann nur die Erwartung und Überzeugung ein, daß unter gegebenen Bedingungen bestimmte Qualitäten oder Qualitätenveränderungen an das Gesehene oder Getastete sich knüpfen werden. Umgekehrt reproduziert auch die einzelne, isolierte Wahrnehmung einer Qualität den Gesamtkomplex, zu dem sie gehört, d. h. den Gegenstand oder wenigstens den Grundstock eines solchen Komplexes. Rieche ich den Duft, so schaue ich mich nach der Blume um, von der er ausgeht, ich erwarte an bestimmter Stelle ein bestimmt gefärbtes und gegliedertes Raumbild vorzufinden. Oder ich beziehe ein Geräusch, das ich im Zimmer wahrnehme, auf einen auf der Straße rollenden Wagen, wiederum ein bestimmtes Raumbild. Kurzum, wir beziehen meist die einzelne Qualität auf einen bekannten oder unbekannten Gegenstand, mag derselbe vor Augen sein oder nicht. Und dieser Gegenstand ist nicht ein Transzendentes, sondern ein räumliches Zusammen konstanter Bestimmungen von Wahrnehmungsinhalten. Nur insofern könnte man bis jetzt von einer "Transzendenz" des Gegenstandes sprechen, als dieser sich nicht mit der momentanen, aktuellen Wahrnehmung deckt, als er aus Qualitäten besteht, die in dieser nicht schon mit enthalten sind; das heißt aber den Ausdruck und Begriff der Transzendenz zweideutig machen und unterbleibt daher besser. Tatsache ist allein, daß wir einzelne Qualitäten auf Gegenstände beziehen. Und da die ersteren in Bezug auf ihr Erkanntwerden als "Empfindungsinhalte" charakterisiert sind, so können wir sagen, daß unsere Empfindungen uns Gegenstände, Dinge vertreten, darstellen, daß sie Zeichen, Symbole von solchen sind, deren "wahres", d. h. allgemeines, von allen Zufälligkeiten losgelöstes "Wesen" im Begriff zum Ausdruck gelangt. Ich nehme einen Baum wahr, heißt dann: ich sehe ein bestimmtes Raumbild, mit dem sich schwache Tastbilder assoziieren und das mir einen "Baum", d. h. einen Komplex von allerhand Qualitäten und Beziehungen dar-, vorstellt, der aber gewöhnlich nicht zu deutlicher Abhebung gelangt. Daß eine Qualität zu einem Gegenstand gehört, erkennt man aufgrund eines reproduktiv assoziativen Prozesses, ohne logischen Denkakt. Doch kann diese Erkenntnis auch die Form des Urteils annehmen und das geschieht besonders dann, wenn die Zuordnung des Empfundenen zum Gegenstand keine schnelle und eindeutige ist. Keineswegs tritt aber, wie behauptet wird, das Gegenstandsbewußtsein erst im Urteil auf, dieses setzt vielmehr schon voraus, daß uns ein Inhalt einen Gegenstand darstellt, bringt dies nur zu deutlichem Ausdruck, anerkennt dies bloß. Wenn wir von etwas aussagen, urteilen, da es etwas ist oder tut, so erteilen wir ihm ja (primäre oder sekundäre) gegenständliche Bedeutung, aber erst, wenn und weil wir es als Gegenstand auffassen gelernt haben. Wir sehen, daß der naive Mensch unter Außending nicht ein Bewußtseinstranszendentes, sondern, wenn auch nicht ein Immanentes, in uns Seiendes, so doch etwas versteht, was die wissenschaftliche Reflexion als "Bewußtseinsinhalt" charakterisiert. Gegenstände sind konstante einheitliche Zusammenhänge von Wahrnehmungsinhalten. Die Einheit derselben wird zunächst teils durch die Raum- und Zeitform, teils durch das gleiche und andauernde kausale und teleologische Verhalten konstituiert, das uns nötigt oder veranlaßt, das unterbrochen Wahrgenommene insgesamt auf ein und dasselbe Ding zu beziehen. Doch muß zugegeben werden, daß eine absolute Identität des Dinges auf dem Wege der Sinneswahrnehmung allein nicht konstatiert wird. Die Überzeugung, es sei genau dasselbe Ding, das wir vor einem Jahr wahrnahmen und das wir jetzt antreffen, beruth in letzter Linie darauf, daß wir die Einheit und Identität unseres Selbstbewußtseins, unseres Ichs, der Beurteilung der Außendinge zugrunde legen. Es scheint sich in den Gegenständen der Außenwelt die Einheit unseres Wesens (des körperlichen und geistigen) zu spiegeln; wir füllen auf diese Weise die Lücken unserer und der fremden Wahrnehmung vollends aus und das ohne jede Reflexion, aber auch nicht "apriorisch", sondern einzig und allein aufgrund der Art und Weise, wie wir die Dinge antreffen, wie unsere erkennende Natur auf deren Verhalten reagiert und dasselbe auffaßt. Wir verlegen den stetig zu verfolgenden Zusammenhang unseres Seins in die Außenwelt, da, wo sie durch ihr konstantes Vorgefundenwerden von uns und anderen dazu gewissermaßen herausfordert. Denn es ist eine Eigentümlichkeit des Menschen, vielleicht aller erkennenden Wesen, das Vorgefunden nach sich selbst zu deuten und an sich selbst zu messen. (Tout comme chez nous [Genauso wie bei uns. - wp].) Wir werden das sogleich nochmals bestätigt finden. Die Gegenstände sind nicht bloße abstrakte "Wahrnehmungsmöglichkeiten". Wohl sind wir, implizit oder explizit, überzeugt, wir würden unter bestimmten Bedingungen einen Gegenstand wahrnehmen können und müssen. - Ich habe die (Erinnerungs-)Vorstellung einer Stadt an der Donau. Diese Vorstellung hat für mich objektive Bedeutung, sie stellt mir einen wirklich existierenden Gegenstand dar, ich beziehe sie auf einen solchen. Das heißt wiederum, ich bin mir mehr oder weniger genau bewußt, daß ihr ein entsprechendes Wahrnehmungsbild vorangegangen ist, wie auch dessen, daß ein solches Wahrnehmungsbild, an das sich Bewegungsempfindungen, allerhand Erlebnisse usw. nicht nur knüpfen können, sondern müssen, unter gegebenen Bedingungen auftreten wird. Von Wahrnehmungsmöglichkeiten sprechen wir nur, sofern wir der Überzeugung innerlich Ausdruck geben, daß ein bestimmter Gegenstand existiert, d. h. daß er zur Ordnung des in der Welt Vorzufindenden gehört, daß er nicht bloß als Erinnerungsbild, Phantasiegebilde oder bloß in der Rede (als Wort) anzutreffen sei. Die Wahrnehmungsmöglichkeit ist nichts als der Ausdruck einer Erwartung, sie ist eine Charakterisierung, ein Prädikat, nicht ein Ding, setzt die Wahrnehmung oder logische Erschließung eines solchen schon voraus. Was wir als Außending auffassen, wissen wir bereits, auch das Warum dieser Auffassung haben wir schon angedeutet. Wir bezeichnen als Gegenstände Einheiten von Qualitäten und wir tun das zunächst, weil diese Einheiten wie auch die einzelnen Qualitäten ihrem Auftreten nach sich als nicht an die Gegenwart unseres Ichs gebunden darstellen. Indem wir aber die Dinge von ihren Eigenschaften unterscheiden, kommt ein Moment zur Geltung, das den Abschluß des Glaubens an die Realität der Außenwelt herbeiführt. Unter "Eigenschaften" verstehen wir zunächst Qualitäten und Qualitätenveränderungen wie auch wechselnde räumliche Beziehungen, die sich konstant an einem Ding vorfinden, so daß sie als zu diesem gehörig gerechnet werden. Die Eigenschaft ist das, wodurch wir ein Ding im Unterschied von einem anderen charakterisieren. Aber das ist noch nicht alles. Eigenschaften, Zustände, Vorgänge sind uns nicht bloß empirisch konstatierbare Zugehörigkeiten, Eigenheiten, sie gelten uns zugleich als Ausflüsse und Betätigungsweisen der Dinge. Diese erscheinen uns als Ausgangspunkte des Geschehens; die Eigenschaften haben in ihnen nicht bloß ihren Sitz, sondern auch ihre Quelle, ihr Substrati, ihre Ursache. Die Gegenstände sind uns Wesen, von denen Wirkungen und Beeinflussungen ausgehen, sie haben den Wert von Kräften. Unstreitig ist aber die "Kraft" etwas, was uns in der bloßen Wahrnehmung noch nicht gegeben ist, was wir in der Außenwelt nirgends unmittelbar vorfinden, was der "reinen" Erfahrung nicht angehört. Sie ist aber auch nicht ein Hirngespinst und auch kein apriorisches Besitztum unseres Intellekts, sie ist vielmehr etwas, was sich unmittelbar an und in uns selbst vorfindet. Der Kraftbegriff hat seinen Ursprung in der Fähigkeit des Individuums, eine Willenstendenz auch Hindernissen gegenüber zu realisieren, in der selbsterlebten Wirkungsfähigkeit. Jeder weiß sich in seinem Tun und Wollen unmittelbar als Kraft. Durch logische Verarbeitung dieses konkreten Erlebens entsteht dann der abstrakte Begriff der Kraft, Fähigkeit schlechthin, bei welchem von der Eigenart des Erlebten völlig abgesehen ist. Zuletzt vergißt man den Ursprung des Kraftbegriffs im Selbstbewußtsein und weiß dann mit demselben nichts mehr Rechtes anzufangen. Wir nehmen in der Außenwelt keinerlei Kraft wahr, stets nur dasjenige, wozu etwas die Kraft hat, ein bestimmtes Geschehen, das sich konstant mit einem Ding verknüpft zeigt, in der Weise, daß wir letzteres als "eine bestimmte Kraft besitzend" charakterisieren. Die Kraft selbst legen wir erst in die Dinge hinein, wir deuten sie als Kräfte, d. h. als wirkungsfähige Wesen, d. h. in letzter Linie als Wesen, die in einer uns analogen Weise konstituiert sind. Der Grund dazu liegt einerseits darin, daß die Beziehung der Dinge zu dem mit ihnen verknüpften Geschehen durchaus dem gleicht oder doch nahe kommt, was wir bei unserem eigenen Tun erleben, andererseits aber darin, daß die Dinge uns selbst gegenüber ein Verhalten an den Tag legen, das wir nicht umhin können als ein dem unsrigen gleichartiges aufzufassen. Wir legen also nicht bloß unsere Einheit und Identität, sondern auch unser Streben und Wirkenkönnen, kurz unsere ganze "Ichheit" in die Außendeinge hinein und betrachten diese gewissermaßen als ein Ich, das wir nicht selbst sind, als ein Gegen-Ich. Das Urteil: A ist ein Ding, bedeutet in letzter Linie dies, daß der Aussagende das A-Bezeichnete seiner ganzen Erscheinungsweise nach als etwas bestimmt, was sich ihm selbst analog verhält. "Gegenstand sein" heißt, eine machtvolle konstante Einheit sein. Das Ding-Bezeichnete ist etwas, was von unserem Wollen durchaus unabhängig ist, indem es uns in jeder Weise standhält, uns widersteht. Es tritt auf und verschwindet, nicht bloß ohne unser Wollen, sondern es bleibt wie es ist, auch trotz unseres gegenteiligen Wollens. Es greift mehr oder weniger machtvoll in unseren Lebenslauf ein, es macht mit uns, "was es will" und setzt wiederum unserem Streben und unserer Bewegung Widerstand entgegen. Wir fühlen uns in unserem Tun gehemmt, wir wissen unmittelbar von einer Schranke, über die wir nicht hinaus können oder die wir erst wegräumen müssen. Wir unterscheiden das, was unserer Initiative entspringt, von dem, was sich dieser entgegenstellt. Dabei ist nicht etwa die Widerstands empfindung schon ein Hinweis auf das Transzendente, sie zeichnet sich vor anderen Empfindungen nur durch den höheren Grad, mit dem sie uns der Hemmung des Tuns bewußt werden läßt, aus. Wir erleben den Widerstand dadurch, daß die "Sache" bleibt, wie sie ist, trotzdem unser Wille sie "anders will" oder daß sie verschwindet oder sich verändert, obgleich unser Wille noch weiter auf sie gerichtet ist. Unsere Entschlüsse werden durch den Lauf der Dinge vereitelt, sie haben ihren Willen, so gut wie wir. Aber der Widerstand, den wir so gewahr werden, ist noch kein Widerstehen, er ist ein rein Passives; er muß erst als ein aktives Beschränken unserer Freiheit gedeutet werden. Erst indem wir die gefühlte Willenshemmung, die an das Auftreten und die Gegenwart eines Gegenstand-Bezeichneten geknüpft erscheint, als Ausfluß einer Kraft und Tätigkeit deuten, setzen wir den Gegenstand als wahres, von uns unabhängiges Ding. Hier ist der Punkt, wo die "Immanenz" in gewissem Sinne durchbrochen wird, ohne daß es einer Art Offenbarung bedarf. Indem wi unseren Willen oder ein Willenartiges, dem unmittelbar im Bewußtsein Vorgefundenen zuerkennen, gehen wir tatsächlich über das Gegebene hinaus und setzen ein Transzendentes. Nicht aber einen transzendenten Gegenstand, sondern nur einen transzendenten Faktor des in der Wahrnehmung vorliegenden Qualitätenkomplexes. Das Kind, der Wilde glauben bekanntlich, die Dinge hätten Leben, Seele, Willen; wir bereichern alle von Natur aus unsere Umgebung um einen Faktor, den wir außen nicht finden, den wir aber aus uns selbst entnehmen und den wir aufgrund des dem unsrigen gleichen Verhaltens des Vorgefundenen diesem unterlegen. Wir stellen uns dadurch die Gegenstände nicht bloß gegenüber, sondern auch uns gleich, wobei die völlige Gleichartigkeit, die der primitive Mensch voraussetzt, in dem Maße, wie wir den Unterschied zwischen menschlichem und dem Verhalten der "toten" Dinge genauer kennen lernen, einer nur entfernten Analogie Platz macht. Der erkenntnistheoretische Fortschritt hierbei besteht in einer anderen Wertung der Dinge. Nicht einem bewußtseinstranszendenten Etwas schreiben wir Willen und Aktivität zu, sondern einzig und allein den unmittelbar durch die Sinne vorgefundenen Einheiten. Die dabei stattfindende "Introjektion" ist insofern eine noch rohe, als sie die Beziehung der Kraft zu deren "Träger" in einem räumlichen Sinn auffaßt; die Kraft scheint in dem Ding-bezeichneten Qualitätenkomplex zu stecken, von dessen Innerem auszugehen. Es ist Aufgabe der psychologischen Forschung, diese Auffassung entsprechend zu korrigieren und etwa darzutun, daß das "Innen" in diesem Fall nur das, was sich der Sinneswahrnehmung durchaus entzieht, bedeuten kann. Außendinge sind also die um einen transzendenten Faktor vermehrten Inhalte der Wahrnehmung selbst. Das Wollen, die Kraft, die wir ihnen beilegen, macht diese erst vollends zu wahrhaft von uns unabhängigen, uns ebenbürtigen und in gleicher Daseinsweise existierenden Wesen. Die Ding sind so wahr, wie wir selbst sind, nicht mehr und nicht weniger. Die "Introjektion" ist keine willkürliche, keine reflexionsmäßige, in der Form eines Raisonnements [einer Empörung - wp], einer Folgerung sich abspielende, sie beruht aber auch nicht auf einem unbewußten Erkenntnisakt. Es ist hier nur von einem verhältnismäßig sehr einfachen, psychologischen Prozeß die Rede. Wir nehmen konstante Einheiten wahr; dieselben zeigen ein Verhalten wie das unseres Organismus, indem sie Vorgänge im Gefolge haben, wie sie bei uns selbst an ein Wollen, eine Kraft geknüpft erscheinen. Die Wahrnehmung reproduziert demgemäß die Vorstellung unserer eigenen (primitiven) Ichheit, unserer Kraft, unseres Wollens und diese Vorstellung verschmilzt mit der Wahrnehmung zu einer solchen Einheit, daß wir die "Tätigkeit" im Ding unmittelbar zu sehen und zu fühlen glauben. Ohne Schluß, ohne Urteil kommt so die Deutung des objektiv Vorgefundenen als eines kraftbegabten Dinges, als eines "Quasi-Ich" (HORWICZ) zustande. Erst aufgrund dieses Reproduktions- und Assimilationsprozesses kommt es zu einem Urteil über die objektive Bedeutung des Vorgefundenen, aber das Urteil hat nicht eigentlich objektivierenden Charakter. Die Objektivation besteht vielmehr in letzter Linie darin, daß wir unser Ich in die Umgebung "projizieren", daß wir es gewissermaßen aus uns "herausschauen". Die Dinge sind so Reflexe unseres eigenen Seins, während wir uns selbst unmittelbar, nicht als abstrakte metaphysische Einheit, wohl aber als etwas durch die Summe unserer einzelnen Erlebnisse hindurch Perennierendes [Ausdauerndes - wp] erfassen. Die eigenartige, besondere Willensfärbung, die unserem Charakter zugrunde liegt, bildet den Kern dessen, was wir unser Ich nennen und was wir dann auch in mehr oder weniger abgeschwächter Weise in den Außendingen zu erblicken glauben. Wären wir nur rein theoretische, nicht auch wollende und handelnde Wesen, nimmer würden wir lernen, unsere Umgebung uns gleich zu achten. Der Wille spielt für das Erkennen eine bedeutendere Rolle, als der Intellektualismus in Rechnung zu setzen pflegt; daß man aber metaphysischer Voluntarist und doch erkenntnistheoretischer Intellektualist strengster Observanz [Beachtung der Regeln - wp] sein kann, beweist die SCHOPENHAUERsche Philosophie. Mag nun auch die wissenschaftlich-philosophische Reflexion mit Rücksicht auf die tatsächliche Abhängigkeit der "Sinnesqualitäten" von einem wahrnehmenden Ich überhaupt (gleichgültig, welches immer) behaupten, dieselben seien "subjektiv" und vielleicht sogar weitergehen, indem auch die eigentümliche Art und Weise, wie die Qualitäten im Raum sich verbunden zeigen, in Beziehung zu erkennenden Subjekt gesetzt wird, so bleibt doch noch der "transzendente Faktor" des objektiven Etwas, dessen bewußtseinstranszendentes Sein durchaus keinen Widerspruch enthält. Dem Gedanken, daß die Inhalte unserer Sinneswahrnehmung "absolut", d. h. auch dann, wenn keinerlei Wahrnehmen bestände, so wie sie sind, existieren sollen, mögen triftige Gründe entgegenstehen; nicht aber auch dem Gedanken, daß außer dem eigenen Ich und Wollen des Erkennenden, das in sich Realität hat, noch andere Ichs und Ich-artige Existenzen bestehen. Wir glauben ja solche Ichs zunächst in unseren Mitmenschen anzutreffen. Die Deutung dieser Mitmenschen als Menschen geschieht durchaus in derselben Weise, wie die der objektiven Inhalte als Dinge, nämlich dadurch, daß das Wahrnehmungsbild des fremden Menschen reproduzierend auf unser eigenes inneres Leben wirkt, so daß die Vorstellung dieses mit jenem verschmilzt und uns nun der fremde Mensch ohne weiteres als "Wesen wie wir", als belebtes, fühlendes und wollendes Ich erscheint. Keineswegs erschließen wir das Dasein der Mitmenschen, es wird aufgrund des angeführten rein psychologischen Prozesses unmittelbar konstatiert. Auf dieselbe WEise deuten wir dann auch die Tiere nach uns selbst und zwar um so sicherer, als der Charakter ihres äußeren, sichtbaren Verhaltens dem des unsrigen näher kommt. Ursprünglich gilt uns alles Ich-artig. Die Wissenschaft berichtigt die allzuweit gehende Generalisation und lehrt auf die nicht zu verkennenden Unterschiede in der Organisation und Struktur der Außendinge achten. Die konkrete Vorstellung der Willenskraft verwandelt sich in den Begriff der Kraft schlechthin. Andererseits kommt aberselbst die Wissenschaft wieder dazu, dem allerseits erhärteten Prinzip stetiger Entwicklung gemäß den Keim des Lebens schon in die anorganische Natur zu verlegen und nur die Individualität und alles, was damit zusammenhängt, den höher entwickelten Wesen allein zuzuerkennen. Damit hat sie den transzendenten Faktor, den wir alle einem psychologische und damit natürlichen Gesetz zufolge gesetzt haben und den die idealistische Weltanschauung ganz aus den Augen verlor oder, im Eigensinn befangen, die gemeine Weltansicht müsse durchaus auf den Kopf gestellt werden, in ihrem Sinne deutete, wieder zu Ehren gebracht. Die idealistisch-positivistische Weltanschauung, die ja manches für sich hat, führt, streng konsequent fortgefüht zum Solipsismus; theoretisch wird dieser proklamiert und nur "praktisch" als eine Absurdität in Acht und Bann erklärt. Stellt sich dagegen die Philosophie auf den Standpunkt des naiven Menschen, so kommt sie zu einer erkenntnistheoretisch-realistischen Weltanschauung, für die die Außenwelt nicht ein im Ich Liegendes, sondern ein dem Ich gegenüber gleichberechtigtes und gleichwertiges Seiendes ist. Die Dinge sind für sie Qualitätenkomplexe mit transzendentem Faktor. Auch die Qualitäten sind nicht "subjektiv" in dem Sinne, daß sie Eigenzustände eines Ichs wären, sie sind im Gegenteil etwas, was jeder deutlich von sich unterscheidet; niemandem wird es einfallen zu sagen: ich bin rot, süß usw., sondern: ich sehe ein Rot, schmecke ein Süß usw. Die Qualitäten gehören den Dingen selbst an, denn diese sind zunächst nichts als Komplexe, Einheiten solcher Qualitäten. Das Urteil: das Laub ist grün, ist daher nicht, wie oft behauptet wird, unberechtigt; es ist durchaus wahr, daß "grün" einen mehr oder weniger konstanten Bestandteil, eine Eigenschaft, Zugehörigkeit des Laubes ist; dieses "hat" als übergeordnete Einheit, Totalität das Grün zur Eigenschaft, es ist deren Träger. Ob dabei das Grün erst und nur während eines Wahrnehmungs besteht, ist völlig belanglos, es sagt nichts, als daß die Eigenschaft der Farbe usw. relative Bedetuung hat. Die Qualitäten sind also durchaus "real", sie sind wirklich und zwar da, wo sie angetroffen werden, im Raum, an den Dingen. "Realität" bedeutet hier den Gegensatz zu allem Schein, zur Jllusion, Täuschung, zum Sein in der Phantasie, im Traum, in der Erinnerung usw. Im Unterschied von dieser relativen Wirklichkeit der Wahrnehmungsinhalte hat der transzendente Faktor der Dinge absolute Realität, d. h. wir müssen annehmen, daß er dasjenige an den Dingen ist, was auch ohne alles Wahrnehmen besteht, fortdauert und was bei der Wahrnehmung irgendwie zum Wahrnehmenden in Beziehung tritt, so daß dann die Wahrnehmung als das gemeinsame Resultat des erkennenden und des transzendenten Faktors betrachtet werden kann. Der transzendente Faktor ist nicht selbst ein Ding, eine Substanz, er ist nur das, was dem räumlichen Ding zu einer von unserem Sein durchaus unabhängigen Existenz verhilft und was dem Ding vor allem einen gewissen Eigenwert verleiht. - Unsere Vorstellungen stellen Dinge dar, heißt also nicht, uns sind von Anfang an Vorstellungen und Gegenstände gegeben, welche letzteren wir etwa als Ursachen der ersteren beurteilen. Vielmehr liegen uns zunächst und unmittelbar nur Qualitäten vor, die sich zu konstanten Einheiten gesetzmäßig verknüpfen und die von jedem gleicherweise vorzufinden sind. Zugleich "verabsolutieren" wir die Einheit des Dinges durch unsere eigene, in die Außenwelt gelegte Identität. In letzter Linie charakterisieren wir die objektiven Inhalte als Dinge, indem wir sie als "Wesen wie wir" deuten. Das geschieht dadurch, daß ganz von selbst, ohne Reflexion und Argument, die Vorstellung der eigenen lebendigen Ichheit mit dem Wahrnehmungsbild des Dinges, das in seinem Verhalten dem unseres Leibes nahe kommt, verschmilzt. Wir deuten so den erlittenen Widerstand, die empfundene Willenshemmung als Ausfluß eines aktiven Widerstehens, eines Strebens und Wirkens. Damit setzen wir schon einen bewußtseinstranszendenten Faktor, d. h. ein Etwas, das sich unter den Inhalten der Wahrnehmung nicht findet, das nicht dem Objekt des Erkennens, sondern dem Subjekt desselben, dem Ich angehört. Währned nun der naive Mensch das Wahrnehmen und Vorstellen nur als eine "Beziehung" zwischen Ich und Gegenstand auffaßt, durch die an letzterem nichts geändert wird, bestimmt die Reflexion die Qualitäten der Dinge mit Rücksicht auf ihre Abhängigkeit von erkennenden Wesen als "Empfindungen" im Sinne von "nur als bewußt existierenden" Inhalten und die Komplexe derselben im gleichen Sinne als "Vorstellungen". Dabei sieht man davon ab, daß in den Dingen noch ein transzendenter Faktor besteht. Denn Vorstellungen, objektive nämlich, sind ihrem Inhalt nach nichts als Gegenstände oder Ausschnitte derselben, mit Abstraktion von deren transzendenten Faktor und bloßer Berücksichtigung ihrer Beziehung zum erkennenden Ich. Formal sind "Gegenstand" und "Vorstellung" nur verschiedene Charakterisierungen und Wertungen eines und desselben Inhalts, nicht aber getrennt existierende Wesenheiten. In materialer Beziehung aber sind Gegenstände mehr als Vorstellungen, indem sie einen transzendenten, nicht zur Vorstellung gelangenden Faktor enthalten. Vorstellungen werden auf Dinge bezogen, d. h. unsere Vorstellungsinhalte haben Gegenstandscharakter, sie gelten uns als Repräsentanten von Dingen und zwar in zweierlei Sinn: erstens stellt uns die aktuelle Wahrnehmung einen Gesamtkomplex dar; zweitens hat dieser Gesamtkomplex selbst gegenständliche Bedeutung, er erscehint uns als ein von uns unabhängiges Ich-artiges Wesen. Darin besteht das "Bewußtsein der Transzendenz", nicht aber in einer Beziehung des Vorstellungsinhaltes auf ein von ihm verschiedenes, in ihm erscheinendes unbekanntes Ding ansich. Dies alles vorausgesetzt, haben die Einzelwissenschaften es mit den Inhalten der Wahrnehmung und deren Verarbeitung, des Begriffes, zu tun, wobei der transzendente Faktor ohne weitere Bestimmung über dessen Beschaffenheit als bestehend vorausgesetzt wird. Dagegen betrachtet die Psychologie das Vorgefundene und Vorfinden, das Erlebte und das Erleben unter Absehen vom transzendenten Faktor der Vorstellungsinhalte mit Rücksicht auf deren Beziehung zum erlebenden Ich. Die Philosophie endlich, als allgemeine, den Weltinhalt in seinem Gesamtzusammenhang und seiner vollen Eigenheit deutende Weltanschauung, versucht zuletzt auch die Beschaffenheit des transzendenten Faktors der Dinge und dessen Verhältnis zu den Inhalten der Wahrnehmung näher zu ergründen. ![]() |