![]() |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() | ||||
"Erfahrung" Enzyklopädisches Wörterbuch der kritischen Philosophie [oder Versuch einer faßlich und vollständigen Erklärung der in Kants kritischen und dogmatischen Schriften enthaltenen Begriffe und Sätze]
2. Erfahrung ist die Erkenntnis der Gegenstände (Objekte), welche entsteht, wenn Gegenstände unsere Sinne rühren und Vorstellungen (Wahrnehmungen) bewirken, und die Vorstellungstätigkeit, dadurch in Bewgung gebracht, diesen rohen Stoff sinnlicher Eindrücke verarbeitet. (Kr. d. r. V. Seite 1) Der Gegenstand, der dadurch erkannt wird, heißt der Gegenstand der Erfahrung. (Kr. d. r. V. XXVI) 3. Die Verarbeitung des rohen Stoffes sinnlicher Eindrücke durch die Vorstellungstätigkeit, besteht aber darin, daß sie die Empfindungen, welche alle nacheinander und einzeln ins Bewußtsein aufgenommen werden, miteinander verknüpft, wodurch sowohl zuerst die bildliche Darstellung des Objekts in der Anschauung, d. h. die Erscheinung, dann auch die Bestimmung derselben durch Begriffe, oder das erkennende Denken derselben erst möglich wird. Die sinnlichen Eindrücke sind der Stoff der Erfahrung. Dieser heißt roh, wenn er als noch unverknüpft gedacht wird. Diesen rohen Stoff können wir aber nicht wahrnehmen, weil die Vorstellungstätigkeit sogleich bei der Entstehung der Eindrücke verknüpft. Daher kommt es uns eben vor, als käme die Verknüpfung ebenso in uns hinein, wie die Eindrücke selbst. Man kann also sagen, die Erfahrung ist Erkenntnis durch verknüpfende Wahrnehmungen (Kr. d. r. V. 161), oder eine solche Synthesis (Verknüpfung, kontinuierliche Zusammenfügung) der Wahrnehmungen (Kr. d. r. V. 218; Prolegomena 40), wodurch ein Objekt erkannt wird. Darauf geht auch der Ausdruck in concreto, welcher nichts anderes heißt als in der Erfahrung (Kr. d. r. V. 873); dahingegen in abstracto bloß in der Verstandesvorstellung bedeutet. 4. Es kommt, um uns eine deutliche Vorstellung von der Erfahrung zu machen, alles darauf an, daß wir sie von der Anschauung, Empfindung der Sinne und von der Wahrnehmung selbst hinlänglich unterscheiden. Wenn ich mir jetzt, mittels meiner Einbildungskraft, ein Dreieck vorstelle, so habe ich eine Anschauung. Diese Anschauung ist aber rein und folglich keine Erfahrung, denn es macht dabei nichts Eindruck auf meine Sinne, welches doch wesentlich zur Erfahrung gehört. Gesetzt aber, ich sähe ein hölzernes Dreieck, das etwa zu einem Reißwerkzeug gehört, so bekäme ich eine empirische Anschauung eines hölzernen Dreiecks, die sich von der vorhergehenden dadurch unterscheidet, daß ich hier ein wirkliches Objekt, einen wirklichen Gegenstand vor mir habe, der meinen Sinn des Gesichts affiziert, und macht, daß ich nicht bloß, wie vorher, die Form eines Dreiecks anschaue, sondern einen hölzernen Gegenstand, der diese Form hat; ich habe also eine empirische Anschauung. Wir wollen nun annehmen, diese Anschauung wäre noch ganz unbestimmt, wir hätten noch gar nicht darüber gedacht, wir wüßten bloß, daß wir sie hätten, aber noch nicht, was wir anschauen, wir hätten noch nichts davon ausgesagt, nichts davon prädiziert, nicht darüber geurteilt, nicht einmal gefragt: "was ist das?", so wäre die empirische Anschauung, insofern eine bloße Wahrnehmung. Nun aber fange ich an, durch gewisse einfache Gedanken zu bestimmen (zu urteilen), was ich wahrnehme. Ich sehe einen Gegenstand, er ist so und so groß, ist aus Holz, liegt auf dem Tisch, neben einem Buch usw. Dadurch verknüpfe ich nun alle diese Wahrnehmungen in einem Gegenstand, und zwar so, daß durch die Begriffe der Größe, der Beschaffenheit, des Verhältnisses (zum Tisch, Buch usw.) eine gewisse Notwendigkeit in meine Urteile kommt; und diese Erkenntnis heißt Erfahrung (1). Es kommt uns freilich so vor, als sei all dies in der Wahrnehmung enthalten, und wir sagen bloß aus, was in der Wahrnehmung zu finden ist; allein das ist nicht der Fall. Die Begriffe der Größe, der Beschaffenheit, der Verhältnisse usw. sind solche Vorstellungen, ohne die wir gar keine Erkenntnis der Gegenstände erlangen könnten, die Gegenstände müssen daher alle, ohne Ausnahme, nowendig eine Größe, Beschaffenheit, ein Verhältnis usw. haben. Was aber in unserer Erkenntnis allgemein und notwendig ist, das kann nicht in der Erfahrung liegen, weil wir sonst dieses nicht zu erfahren bräuchten, und alle Erfahrung sehr überflüssig und ganz unnütz wäre. Auch läßt sich die Notwendigkeit und Allgemeinheit nie erfahren. Wenn wir also wirklich finden, daß ein Gegenstand eine Größe, Beschaffenheit usw. hat, so finden wir etwas, was wir vorher gewußt haben, und sind uns dabei bewußt, daß dies notwendig so ist, aber finden diese Notwendigkeit nicht in der Erfahrung, weil sich die Unmöglichkeit des Gegenteils (die Notwendigkeit) von etwas nicht erfahren läßt. Der rohe Stoff sinnlicher Eindrücke bequemt sich also sogleich, als wir ihn erhalten, nach dieser subjektiven Beschaffenheit unserer Vorstellungstätigkeit, und wird fähig von derselben durch die Vorstellungen der Größe, Beschaffenheit, des Verhältnisses usw. verknüpft zu werden, und so eine Erfahrung zu geben. In dieser Erfahrung finde ich also, durch Wahrnehmung, wie groß der Gegenstand ist, wie er beschaffen ist, in welchem Verhältnis er steht; daß er aber eine Größe, Beschaffenheit und ein Verhältnis hat, brauche ich nicht wahrzunehmen, denn das weiß ich vor der Erfahrung, weil eben dadurch die Erfahrung möglich wird. Das Wesentliche der Erfahrung ist also diese Einheit (Größe, Beschaffenheit usw.), durch welche das Mannigfaltige des rohen Stoffs sinnlicher Eindrücke verknüpft und dadurch als ein Objekt vorgestellt wird. 5. Wir haben gesehen, Erfahrung besteht aus Anschauungen und Empfindungen, die der Sinnlichkeit angehören, und aus Urteilen, die lediglich ein Geschäft des Verstandes sind. Die Sache der Dinne ist anzuschauen, die des Verstandes zu denken. Denken aber ist Vorstellungen in einem Bewußtsein vereinigen. Die Vereinigung in einem Bewußtsein ist das Urteil. Also ist denken sow viel wie urteilen, oder Vorstellungen auf Urteile überhaupt zu beziehen. Daher sind Urteile entweder bloß subjektiv, wenn Vorstellungen auf ein Bewußtsein in einem Subjekt allein bezogen und in ihm vereinigt werden, oder sie sind objektiv, wenn sie in einem Bewußtsein überhaupt, d. h. darin notwendig vereinigt werden. Zu dieser Vereinigung dienen nun die logischen Momente aller Urteile (daß sie z. B. allgemeine, besondere, einzelne, beziehende, verneinde, kategorische, assertorische [behauptende - wp] usw. sind), denn diese sind so viel mögliche Arten von Vorstellungen in einem Bewußtsein zu vereinigen. Dienen aber diese Momente als Begriffe (z. B. der Allheit, Vielheit, Einheit, Realität, Negation, Substanz, Akzidenz, Wirklichkeit usw.), so sind sie Begriffe von der notwendigen Vereinigung derselben in einem Bewußtsein, folglich Prinzipien objektiv gültiger Urteile. Diese Vereinigung ist entweder analytisch, durch die Identität (zwischen Prädikat und dem ganzen Subjekt, oder ein Teil desselben), oder synthetisch, durch die Zusammensetzung oder Hinzukunft ganz verschiedener Vorstellungen zueinander. Erfahrung besteht also in der synthetischen Verknüpfung der Wahrnehmungen und Erscheinungen, oder schon vorhandener Erfahrungsgegenstände in einem Bewußtsein, sofern diese Verknüpfung durch obige Begriffe notwendig ist (Prolegoema 86-89) siehe Artikel "A priori" 21 b. 6. Anschauung, Empfindung der Sinne und Erfahrung unterscheiden sich demnach wesentlich durch die verschiedenen synthetischen Einheiten, durch welche das Mannigfaltige ihres Stoffs verknüpft wird. Der Begriff der Größe (welcher entweder Vielheit, Allheit oder Einheit ist), ist die wesentliche synthetische Einheit (d. h. solche, die die Verknüpfung zu einem Objekt möglich macht), welche den rohen Stoff zur Anschauung (zur Form) verknüpft. Es ist uns eine Anschauung völlig undenkbar, wenn wir den Begriff der Größe (Quantität) aus derselben weglassen. Denn soll die Anschauung in den äußeren Sinnen z. B. des Gesichts, Gehörs usw. sein, so muß sie einen gewissen Raum erfüllen, eine gewisse Zeit dauern; soll sie in einem inneren Sinn sein, z. B. ein Gedanke, Bild der Phantasie usw., so muß sie doch zu irgendeiner Zeit sein, und eine Zeitlang dauern. Dadurch wird allein die Vorstellung möglich, daß ich Etwas anschaue, indem ich eine Ausdehnung, es sei nun im Raum oder in der Zeit (Körper oder Gedanke) vor mir habe. Ebenso undenkbar ist uns aber eine mit Empfindung verknüpfte Vorstellung ohne den Gedanken, daß ich irgendetwas empfinde, und dieser Gedanke ist der der Beschaffenheit (Qualität) (welche entweder Realität, Negation oder Limitation ist). Dieser Begriff ist die wesentliche synthestische Einheit, welche den rohen Stoff der sinnlichen Eindrücke (die Materie des Objekts) verknüpft, welches dadurch möglich ist, daß der Eindruck als eine intensive Größe, d. h. eine solche, die einen gewissen Grad hat, vorgestellt werden muß. Soll ich eine Wahrnehmung haben, z. B. eines Lichts, so muß dasselbe sehr hell oder sehr dunkel oder ins Mittel sein, also seine Beschaffenheit einen Grad haben; nehme ich ein hölzernes Dreieck wahr, so muß das Holz, woraus es besteht, notwendig einen bestimmten Grad der Dichte, Härte, Politur usw. haben. Da nun die Erfahrung Anschauung und Wahrnehmung voraussetzt, so sind, insofern jene Einheiten auch wesentliche Einheiten zur Verknüpfung des Mannigfaltigen der (Prolegomena 91, 92). Allein die Erfahrung als solche hat noch ihre eigenen wesentlichen synthetischen Einheiten, die eben die Wahrnehmung zur Erfahrung erheben, so wie die Beschaffenheit der Empfindung die Anschauung zur Wahrnehmung erhebt. Und diese synthetischen Einheiten der Verknüpfung der Wahrnehmungen zur Erfahrung sind alle unter dem Titel des Verhältnisses enthalten, und sind die die einfachen Vorstellungen der Substanz und der Akzidenz [Merkmal, Eigenschaft - wp], der Ursache und Wirkung, und der Wechselwirkung. Soll ich nämlich nicht bloß das hölzerner Dreieck anschauen, wozu genug wäre, daß es eine Größe hätte, und als solche gedacht wird; soll ich es nicht bloß wahrnehmen, wozu genug wäre, daß es eine Beschaffenheit hat, und z. B. aus Holz von einer bestimmten Dichte ist, und als solche gedacht wird; soll ich eine Erfahrung dadurch erhalten, so muß ich das Dreieck als eine Substanz erkennen, deren Beschaffenheiten ihre Akzidenzen sind; so muß ich es als eine Wirkung erkennen, die durch die künstliche Arbeit des Tischlers, als ihrer Ursache enstanden ist usw. Dies ist nun das Wesentliche einer nach allgemeinen Gesetzen zusammenhängenden Erkenntnis der Objekte der Sinne, die eben Erfahrung (Kr. d. r. V. 218, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten 114) heißt. Denn Objekte der Sinne sind eben solche, die ich durch Wahrnehmungen bestimmen kann. Folglich kann man auch sagen, Erfahrung ist Erkenntnis der Objekte, deren Erscheinungen uns gegeben sind (Metaphysische Anfangsgründe der Naturlehre XIX), oder durch Wahrnehmung (Kr. d. r. V. 219). Die Wahrnehmungen kommen aber in der Erfahrung zufällig zueinander, soll sie nun Sicherheit haben, und vom bloß Subjektiven in der Wahrnehmung unterschieden werden, so muß sie allgemeingültig werden, welches eben das ist, was sie von der bloßen Wahrnehmung unterscheidet. Und das geschieht nun durch die Verknüpfung der Wahrnehmungen durch jene Begriffe der Substanz, Ursache etc., welche Notwendigkeit in diese Verknüpfung bringen (Kr. d. r. V. 219). 7. Solange also die Wahrnehmungen nur in ihrer Folge aufeinander gedacht werden, sind sie zufällig, und nicht nur ihr Gegenteil ist denkbar, sondern auch eine andere Folge derselben, z. B. daß auf die Beleuchtung des Steins durch die Sonne Wärme folgt. Sobald aber die Wahrnehmungen z. B. durch den Begriff der Ursache und Wirkung miteinander verknüpft sind, ist nicht nur das Gegenteil des Gegenstandes der Wahrnehmungen unmöglich, sondern auch die Folge der Gegenstände aufeinander notwendig und bestimmt. Denn die Ursache muß ihre Wirkung haben, und die Wirkung kann nicht von der Ursache kommen. Zum Beispiel daß die Erwärmung des Steins aus der Beleuchtung desselben durch die Sonne notwendig erfolgt (Prolegomena 89) (2). Und diese Notwendigkeit macht die Vorstellungen objektiv, oder gibt ihnen die Behschaffenheit, daß ich nun sicher bind, daß ich eine Erfahrungserkenntnis habe, und nicht bloß ein Spiel meiner Gedanken, daß ich wirklich Objekte erkenne, wie sie in der Sinnenwelt sind, nicht wie ich mir etwa in der Imagination vorstelle, daß sie in der Sinnenwelt sein könnten. Diese notwendige Verknüpfung erhalten also die sinnlichen Eindrücke durch meine Vorstellungstätigkeit, welches freilich nur dadurch möglich ist, daß die Objekte selbst nichts anderes als Erscheinungen sind, d. h. Vorstellungen, die nur durch meine Vorstellungstätigkeit, doch mittels der sinnlichen Eindrücke, vorhanden sind. Die ganze sinnliche Welt ist also nichts anderes als die sinnlichen Eindrücke, insofern sie durch die Vorstellungstätigkeit in einem notwendigen und allgemeingültigen Zusammenhang (d. h. als Objekte der Erfahrung) vorgestellt und erkannt werden (Kr. d. r. V. 219). Und die Erfahrung ist die synthetische Einheit der Wahrnehmungen (Kr. d. r. V. 226), oder der Begriff, durch welchen die unbestimmten empirischen Anschauungen in einer notwendigen Verknüpfung vorgestelt werden. 8. Zuletzt gehört zur Erfahrung noch die Erkenntnis, wie die Erscheinungen mit dem zusammenhängen, ohne welches gar keine Erfahrung möglich ist, d. h. mit den Bedingungen der Erfahrung; wie sie mit diesen übereinstimmt und verknüpft ist. Es gibt aber, wie wir gesehen haben, drei notwendige Bedingungen aller Erfahrung; diese sind nämlich, daß sie Anschauung, Empfindung und eine Verknüpfung enthalten, die Notwendigkeit hinein legt. Die Anschauung gibt ihr die Form, die Empfindung die Materie, die Verknüpfung durch den Verstandesbegriff die Notwendigkeit. Nun kann ich also noch erkennen, ob ein Erfahrungsgegenstand auch mit der Anschauung zusammenhängt, so daß er angeschaut werden kann oder nicht, ob er mit den Bedingungen der Anschauung übereinstimmt, oder mit dem, was da macht, daß etwas angeschaut werden kann: das ist mit Zeit und Raum. Der Begriff aber, durch welchen wir diese Verknüpfung mit den Bedingungen der Anschauung denken, ist die Möglichkeit. Was folglich in Raum und Zeit kann angeschaut werden, das wird für möglich erkannt; das Gegenteil für unmöglich in der Erfahrung. Ich kann ferner noch erkennen, ob ein Erfahrungsgegenstand auch mit der Empfindung zusammenhängt, so daß er empfunden werden kann oder nicht, ob er mit dieser Bedingung der Wahrnehmung, mit dem Materialen der Sinne zusammenstimmt, oder mit dem, was da macht, daß etwas empfunden werden kann, das ist mit Eindrücken, die der Gegenstand selbst, oder ein anderer, mit dem er in einer notwendigen Verknüpfung steht, auf die Sinne macht. Der Begriff aber, durch welchen wir uns diese Verknüpfung mit der Empfindung denken, ist die Wirklichkeit. Was folglich durch sinnliche Eindrücke unmittelbar oder mittelbar empfunden werden kann, das wird für wirklich, das Gegenteil für nicht wirklich erkannt. Wir sehen, das Mögliche, als solches, ist bloß eine Vorstellung unseres Verstandes, das Wirkliche aber eine Vorstellung unserer Sinne. Da nun zu einer Vorstellung des Verstandes auch gehört, daß sie die Form einer solchen annimmt, so bekommen wir hier noch ein unentbehrliches Bestandstück des Möglichen, nämlich, daß es auch mit den Bedingungen der Erkenntnis durch Begriffe zusammenhängen oder damit übereinstimmen muß. Es muß auch als ein Ding gedacht werden können, das eine Größe, Beschaffenheit, Akzidenzien, Ursache etc. hat. Endlich kann ich noch erkennen, ob ein Erfahrungsgegenstand mit einer Verknüpfung so zusammenstimmt, daß er durch dieselbe mit dem Wirklichen zusammenhängt, und ohne ihn das Wirkliche weder angeschaut, noch empfunden, noch gedacht, noch erkannt werden kann. Das, wodurch aber das Anschauen, Empfinden usw. möglich ist, sind die allgemeinen Bedingungen der Erfahrung. Folglich muß er durch diese bestimmt sein. Diese Bestimmung wird nun durch die Begriffe der Notwendigkeit und Zufälligkeit gedacht. Was folglich durch seinen Zusammenhang mit dem Wirklichen nach allgemeinen Bedingungen der Erfahrung bestimmt ist, das ist notwendig, im Gegenteil zufällig. Die Notwendigkeit ist also nichts anderes, als die Vorstellung von der Vereinigung der Möglichkeit mit der Wirklichkeit in einem einzigen Begriff. Denn wenn das bloß Mögliche, schon dadurch, daß es möglich ist, für wirklich erkannt wird, so heißt das nichts anderes, als: es wird als notwendig erkannt. Ein jeder Gegenstand der Erfahrung ist in der Zeit, und den Begriffen des Verstandes unterworfen, denn sonst wäre er nicht möglich. Daraus folgt also, daß notwendig ein anderes Ding als seine Ursache vor ihm vor ihm vorhanden sein muß, was nichts anderes heißt als: jenes Ding wird schon dadurch als wirklich erkannt, obwohl es nicht empfunden wird, daß es mit den formalen Bedingungen der Erfahrung zusammenhängt, oder durch den Verstandesbegriff der Kausalität (Ursache und Wirkung) bestimmt wird, d. h. möglich ist, indem dieses Gesetz eine von den formalen Bedingungen der Erfahrung ist. Was Ursache einer vorhandenen Wirkung ist, dessen Wirklichkeit ist notwendig, oder liegt schon in der Möglichkeit der Erfahrung selbst, und darf nicht erst durch Empfindung, das Kriterium der (zufälligen) Wirklichkeit, sein Dasein bewähren (Prolegomena 93), siehe übrigens den Artikel "Analogie der Erfahrung". 9. Die Erfahrung enthält also zwei sehr ungleiche Elemente, nämlich
B. eine gewisse Form, die Materie zu ordnen, aus dem inneren Quell
b) des Urteilens oder Denkens (dem Verstand), aus welchem die synthetischen Einheiten der Größe, Beschaffenheit, Relation und Modalität entspringen, die nichts anderes sind, als die Formen des Denkens, oder die reinen Begriffe des Verstandes, durch welche der durch die empirische Anschauung gegebene Stoff gedacht wird, so daß nun erkannt werden kann, welche Größe, Beschaffenheit usw. der Erfahrungsgegenstand hat (Kr. d. r. V. 118, Prolegomena 81), siehe den Artikel "Erfahrungsurteil".
b) eine innere, z. B. die in der empirischen Seelenlehre. Sie ist die Bestimmung unserer eigenen Existenz in der Zeit.
b) eine innere Anschauung, die den Stoff gibt zu dem, was in uns existieren soll, es sei das nun ein Begriff oder ein Bild oder ein Gefühl. Nun muß c) das Subjekt, in dem die innere Erfahrung sein soll, in Anbetracht der Zeit bestimmt werden, d. h. es muß sich das Subjekt angeben können, wasnn und wielange die Anschauung vorhanden war, sonst wäre sie nicht in der Zeit, d. h. nicht vorhanden. Zu dieser Zeitbestimmung gehört aber d) etwas Beharrliches, an welches der Wechsel der Vorstellungen im inneren Sinn geheftet werden kann, damit es möglich wird, die Zeitpunkte und die Zeitdauer dadurch zu bestimmen. Da nun im inneren Sinn kein solches Beharrliches ist, sondern nichts als stets wechselnde Vorstellungen; so ist die Zeitbestimmung derselben nicht anders möglich, als durch etwas Beharrliches im äußeren Sinn, also durch eine äußere Erfahrung. Folglich ist die innere Erfahrung nur durch die äußere möglich, und nur mittelbar. Ich kann nur dadurch wissen, daß ich Vorstellungen habe, weil ich sie an die beharrlichen Gegenstände im Raum heften kann; so daß ich sagen kann, ich dachte heute, eben jetzt, gestern, welches Zeitpunkte sind, die durch den Umlauf der Erde, also einen äußeren Gegenstand, ihre Bestimmung erhalten (Kr. d. r. V. 275-277). 11. Übrigens ist nun wohl nicht erst nötig, darauf aufmerksam zu machen, daß jetzt nicht gezeigt wurde, wie die Erfahrung empirisch entsteht; das gehört zur empirischen Psychologie. Denn diese untersucht die natürlichen Erscheinungen der menschlichen Seele, und handelt vom Empirischen des Erkenntnisvermögens, und folglich von dem, was mittels der Empfindungen, der äußeren Sinne, des inneren Sinns, der Einbildungskraft usw. nur erfahren werden kann. Hier haben wir nur gezeigt, was in Anbetracht der Erfahrung allgemein und notwendig ist, und folglich a priori erkannt werden kann, welches nicht die empirische Psychologie, sondern allein die transzendentale Logik lehren kann (Prolegomena 87). Praktische Vorschriften, Erfahrungen zu erwerben, z. B. durch Beobachtungen und Versuche, usw. gibt die angewandte Elementarlogik. Denn diese gibt die Regeln der Beobachtung einer Natur an, die schon gegeben ist, und setzt schon Erfahrung voraus. Sie lehrt, wie wir (durch Erfahrung) der Natur die Gesetze ablernen können, die a posteriori sind. die transzendentale Logik hingegen hat es mit der Entstehung der Natur selbst, also mit den allgemeinen und a priori gegebenen Bedingungen ihrer Möglichkeit zu tun. Sie zeigt, wie die Natur, als der Gegenstand aller möglichen Erfahrung, notwendig entspringen muß; wie folglich die Bedingungen a priori von der Möglichkeit der Erfahrung zugleich die Quellen sind, aus denen alle allgemeinen Naturgesetze hergeleitet werden müssen (Prolegomena 77) siehe übrigens Artikel "A posteriori" und "A priori". K A N T, - Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur zweiten Auflage, Seite XXVI. - Einleitung I, Seite 1 - Elementarlehre, II. Teil, I. Abschnitt, I. Buch, II. Hauptstück, I. Abschnitt, Seite 118. - II. Abschnitt § 22, Seite 147. - § 26, Seite 161. - III. Abschnitt 3, Seite 218f. - Seite 226- 234. - Lehrsatz Anm. 2, Seite 275-277. II. Abteilung, II. Buch, I. Hauptstück, Seite 422. - II. Hauptstück, 6. Abschnitt, Seite 521 - Methodenlehre, 3. Hauptstück, Seite 873 - Prolegomena, § 5, Seite 40. - § 18, Seite 77. - § 20, Seite 81. - § 21 - 23, Seite 86 - 89. - § 24 - 25, Seite 91f. ![]()
1) Kant sagt (siehe Marginalien und Register zu Kants Kritik der reinen Vernunft, Bd. III, Züllichau 1794, Nr. 5) auch: die Erfahrung ist die reflektierte Erkenntnis, welche aus der Vergleichung mehrerer Apparenzen (Anschauungen) mittels des Verstandes entsteht. Hier ist aber die Rede nicht vom Ursprung der Erfahrung überhaupt, zu der auch der Ursprung der Apparenzen gehört; sondern vom Ursprung der Erfahrungserkenntnis aus schon vorhandenen Erfahrungsgegenständen, nach dem logischen Verstandesgebrauch, wie es in den folgenden Worten selbst heißt. |