HENRI CLEMENS BIRVEN
Immanuel Kants Transzendentale Deduktion
"Sowohl die Anschauungsformen Raum und Zeit als auch die reinen Verstandesbegriffe werden a priori völlig unabhängig von aller Erfahrung auf Gegenstände angewendet. Das ist ein Faktum. Aber was berechtigt uns denn zu diesem unseren Verfahren, apriorische Formen des Erkenntnisvermögens auf Gegenstände anzuwenden? Quid juris? Das ist die transzendentale Frage, und ihre Beantwortung ist die transzendentale Deduktion."
E i n l e i t u n g
Die Bedeutung der transzendentalen Deduktion ist erst in der neueren Zeit klar erkannt und zum Gegenstand eingehenderer philosophischer Untersuchungen gemacht worden. Die großen Denker, welche im Zeitalter des deutschen Idealismus mehr oder weniger von KANT beeinflußt ihre eigenen Systeme aufgestellt haben, scheinen an KANTs transzendentaler Deduktion das wenigste Interesse genommen zu haben. Auch in SCHOPENHAUERsKritik der kantischen Philosophie findet man keine Anzeichen dafür, daß er die von KANT selbst so betonte Wichtigkeit dieses Abschnitts der Vernunftkritik zu erkennen vermocht hat. Wie es nun erlaubt ist, zu vermuten, daß die von KANT ebenfalls wiederholt zugestandene Schwierigkeit und Dunkelheit dieses Gebietes diejenigen, welche wir im Auge haben, von einer tiefer eindringenden Beschäftigung mit demselben abgehalten hat, so kann es andererseits nicht Wunder nehmen, daß die Bedeutung der Deduktion erst von solchen Forschern erkannt werden konnte, welche - von dem methodischen Grundsatz ausgehend, daß eine als Fortschritt gelten sollende Philosophie die genaue Kenntnis der früheren Systeme zur unnachlässigen Bedingung habe - der Aufforderung KANTs getreu sich durch keine Schwierigkeit und Dunkelheit der Darstellung abhalten ließen, in ihre Tiefen einzudringen, um so das andere Wort KANTs von der Wichtigkeit dieser Untersuchung bestätigt zu finden.
Ist man nun auch neuerdings einstimmig von der Wichtigkeit und Bedeutsamkeit der Deduktion überzeugt, so werden doch ihre Lehren von den verschiedenen Forschern in sehr verschiedenem Sinn interpretiert. Besonders bemerkenswert ist außerdem, daß man von verschiedenen Seiten - aber auch hier mit verschiedenen Resultaten - unter Aufwand von ebensoviel Mühe wie Scharfsinn versucht hat, die Einheitlichkeit der Deduktion der 1. Auflage zu leugnen und sie als eine oberflächlich-eilige und daher ungenügende Zusammensetzung aus chronologisch und inhaltlich weit auseinanderliegenden Schichten darzustellen, um so angenommene Widersprüche und tatsächliche Wiederholungen zu erklären.
Angesichts dieser Sachlage halte ich mich für berechtigt, in eine erneute Prüfung des Inhaltes der Deduktion einzutreten. Wenn es wahr wäre, daß die Deduktion der zweiten Auflage, die ja in mehrfacher Hinsicht als eine Verbesserung anzusehen ist, voll verständlich wäre ohne die Kenntnis der älteren Darstellung, so wäre eine Untersuchung der Deduktion der 1. Auflage eigentlich nur von Wert in philologisch-literarischer Hinsicht. Doch dem ist nicht so. Mehrere Lehren, so z. B. die Lehre von der Einbildungskraft, sind nach meiner Meinung in der 2. Auflage zwar mit höchster Präzision, aber so knapp behandelt, daß ihr volles Verständnis wesentlich gefördert und ermöglicht wird durch die entsprechende Darstellung der 1. Auflage, ein Urteil, welches aus naheliegenden Gründen der Anfänger eher berechtigt finden dürfte als der Kantkundige. Indem ich es daher als meine durch das Studium gewonnene Überzeugung ausdrücke, daß das volle Verständnis der Deduktion der 2. Auflage bedingt, aber auch gegeben ist durch die Kenntnis der 1. Darstellung, hebe ich hervor, daß ein Versuch, die Lehren der Deduktion zu erfassen, stets vom Studium der 1. Auflage auszugehen hat, ganz abgesehen davon, daß dies zugleich der entwicklungsgeschichtliche Gang ist. Dann wird naturgemäß jede Beschäftigung mit der älteren Darstellung dadurch von besonderem Wert, daß sie zugleich ihrer jüngeren Schwester zugute kommt.
Ich bekenne mich zu der namentlich von ALOIS RIEHL vertretenen Ansicht, daß die wesentlichen Lehren der Deduktion beiden Auflagen gemeinsam sind. Aus diesem Grund kann ich bei meinem Vorhaben von einer Darstellung der Deduktion der 2. Auflage absehen und mich darauf beschränken, nur gelegentlich unklare und unvollkommene Wendungen der 1. Auflage durch einen Hinweis auf die entsprechenden deutlicheren Stellen der 2. Auflage zur Klarheit zu bringen.
Ich werde mich der immanenten Interpretationsmethode bedienen, da hierdurch einerseits der Interpret selbst behütet wird, einen vorgefaßten und hartnäckig festgehaltenen Erklärungsstandpunkt in die darzustellende Lehre hineinzuzwängen, und andererseits der Leser leichter in der Lage ist, von Fall zu Fall zustimmend oder ablehnend zu urteilen. (1)
Begriff und Aufgabe
der transzendentalen Deduktion
Die transzendentale Deduktion ist, wie schon angedeutet, nach den eigenen Aussprüchen KANTs das wichtigste, aber auch das schwierigste Kapitel der Kritik der reinen Vernunft.
"Ich kenne keine Untersuchungen, die ... wichtiger wären, ... auch haben sie mir die meiste ... Mühe gekostet." (Kr. d. r. V. 8)
Wie hier in der Vorrede, so gibt KANT auch noch an zahlreichen anderen Stellen den Schwierigkeiten Ausdruck, welche ihm die Deduktion bereitet hat.
"Die Deduktion ist mir soviel Schwierigkeiten verbunden." (Kr. d. r. V. 114; );
er läßt es sich angelegen sein, den Leser auf diese Schwierigkeiten, die in der Sache selbst liegen, bei Zeiten vorzubereiten: "Er [der Leser] muß aber auch die unvermeidliche Schwierigkeit zum Voraus deutlich einsehen ..." (Kr. d. r. V. 106).
Dieser unvermeidlichen Schwierigkeit der Aufgabe ist eine gewisse Unklarheit, ja Dunkelheit in der Darstellung mehr als proportional, der KANT auf eine eigene Weise abzuhelfen bemüht ist. So hält er es in der 1. Auflage für ratsam, durch einige Nummern psychologischen Inhalts den Leser "mehr vorzubereiten, als zu unterrichten" (Kr. d. r. V. 114). Und schließlich verrät die Tatsache einer 3-fachen Gestalt der Deduktion in der 1. Auflage zunächst auch weiter nichts als die anhaltende Unzufriedenheit KANTs zwar nicht mit der Lösung, aber mit seiner Darstellung derselben. Eine Verbesserung der Darstellung allein hat ihn auch zu einer völligen Umarbeitung der Deduktion in der 2. Auflage getrieben (2).
Man wird die Verbesserung der Darstellung in der 2. Auflage zugeben, ohne jedoch KANTs Hoffnung, daß die Klagen über Schwierigkeit und Dunkelheit nunmehr verstummen müßten, in Erfüllung gegangen sehen. Allein demgegenüber muß darauf hingewiesen werden, daß die Aufgabe der transzendentalen Deduktion - im weiteren Sinne der Nachweis und die Begründung der "Existenz einer gepriesenen und der Menschheit unentbehrlichen Erkenntnis" (3) - von solch fundamentaler Bedeutung ist, daß keine Schwierigkeiten den Philosophen abhalten dürfen, in dieselbe einzutreten. Vielmehr, es muß
"der Leser von der unumgänglichen Notwendigkeit einer solchen transzendentalen Deduktion ... überzeugt werden, weil er sonst blind verfährt etc." Kr. d. r. V. 106.
Dies führt uns auf den Begriff der transzendentalen Deduktion.
Um den Begriff der transzendentalen Deduktion richtig zu gewinnen, müssen wir zuvor einen raschen Blick auf den Inhalt des § 10 der transzendentalen Analytik werfen, der gewöhnlich als "Metaphysische Deduktion" bezeichnet wird. So nennt ihn KANT selbst in § 26 der Deduktion der 2. Auflage (677), während er sonst nur von einer "metaphysischen Erörterung" spricht. So finden wir in der transzendentalen Ästhetik folgende Definition:
"Ich verstehe aber unter Erörterung (expositio) die deutliche (wenngleich nicht ausführliche) Vorstellung dessen, was zu einem Begriff gehört; metaphysisch aber ist die Erörterung, wenn sie dasjenige enthält, was den Begriff a priori gegeben darstellt." (Kr. d. r. V. 51)
Was zunächst den kantischen Terminus a priori im kritischen Gebrauch anbelangt, so lassen uns die Kriterien "strenge Notwendigkeit und Allgemeinheit", welche KANT demselben zuerkennt, eine doppelte Bedeutung desselben gewinnen:
1. Negativ - nicht aus der Erfahrung stammen. Ein apriorisches Urteil darf daher nicht auf Erfahrung reduziert werden können. So heißt es in der Einleitung in der 1. Auflage, daß "gewisse ursprüngliche Begriffe und aus ihnen erzeugte Urteile ... gänzlich a priori unabhängig von der Erfahrung entstanden sein müssen." (Kr. d. r. V. 35)
2. Positiv - aus dem Erkenntnisvermögen selbst stammend (4).
Nach KANTs gewöhnlicher Ausdrucksweise könnte es so aussehen, als ob a priori ein zeitliches Vorhergehen oder Vorhersein bedeutet, also angeboren. Dem widersprechen aber die klaren Aussprüche KANTs in der Kr. d. r. V. und in der Streitschrift gegen Eberhard auf das Entschiedenste. Gegen EBERHARD sagt KANT:
"Die Kritik erlaubt schlechterdings keine anerschaffenen oder angeborenen Vorstellungen; alle insgesamt ... nimmt sie als erworben an. Es gibt aber auch eine ursprüngliche Erwerbung ... dessen, was vorher noch gar nicht existiert, folglich keiner Sache vor dieser Handlung angehört hat." (5)
Und die Kritik will
"die reinen Begriffe bis zu ihren ersten Keimen und Anlagen im menschlichen Verstand verfolgen, in denen sie vorbereitet liegen, bis sie endlich bei Gelegenheit der Erfahrung entwickelt ... werden. (Kr. d. r. V. 86)
Wie dieser Standpunkt nachdrücklich in der Kritik und nach der Kritik zur Geltung kommt, so finden wir ihn aber auch schon vor der Kritik in aller Unzweideutigkeit ausgesprochen, in der Dissertation von 1770:
"conceptus uterque procul dubio acquisitus est, non a sensu quidem objectorum ... abstractus, sed ab ipsa mentis actione ... cognoscendus." (6) [Beide Begriffe sind unzweifelhaft erworben, nicht in dem Sinn, daß sie von Gegenständen abgezogen worden sind, sondern als die unveränderliche Grundform, welche durch die eigene Tätigkeit der Seele ... erlangt werden muß.]
Diese Stellen, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen, verbieten es ein für allemal, bei KANT von angeborenen Vorstellungen zu reden, nur "Keime und Anlagen" sind im menschlichen Verstand, nur der Grund dafür, daß gerade diese und keine anderen Vorstellungen bei Gelegenheit der Erfahrung ursprünglich erworben werden, ist angeboren (7). Mit Recht betont also RIEHL, daß es sich beim kritischen Apriori nicht um ein zeitliches, sondern um ein "begriffliches Verhältnis unter den Erkenntnissen" handelt (8). Einer apriorischen Vorstellung wird eine logische, keine chronologische Priorität zugesprochen.
Hier nun, in § 10: "Von den reinen Verstandesbegriffen oder Kategorien" werden wir mit dem wichtigen Begriff der "Synthesis" bekannt gemacht.
"Ich verstehe ... unter Synthesis in der allgemeinsten Bedeutung die Handlung, verschiedene Vorstellungen zu einander hinzuzutun und ihre Mannigfaltigkeit in einer Erkenntnis zu begreifen." (Kr. d. r. V. 94)(9)
Und unmittelbar vorher wird die spontane Handlung unseres Denkens, welche sich als ein Durchgehen, Aufnehmen und Verbinden des Mannigfaltigen in der Absicht, daraus eine Erkenntnis zu machen, charakterisiert, Synthesis genannt (Kr. d. r. V. 94). Die Synthesis ist rein, wenn das Mannigfaltige derselben nicht empirisch, sondern a priori gegeben ist. Wenngleich so die Synthesis so das Erste ist, worauf man bei der Ergründung des Ursprungs unserer Erkenntnis achten muß, so ist sie in dieser Gestalt doch noch keine Erkenntnis. Um Erkenntnis zu werden, muß die Synthese vielmehr erst durch eine Funktion des Verstandes auf Begriffe gebracht werden, es muß die Synthesis auf eine Grund der synthetischen Einheit a priori beruhen, es muß die Synthese nach der Anleitung eines reinen Verstandesbegriffs erfolgen, d. h. nach der Anleitung einer allgemein vorgestellten, reinen Synthesis. Der reine Verstandesbegriff ist dann der Grund der synthetischen Einheit a priori.
"Unter diesem Begriff wird also die Einheit in der Synthesis des Mannigfaltigen notwendig." (Kr. d. r. V. 95)
Die Synthesis des Mannigfaltigen wird vollzogen von der "Einbildungskraft", "einer blinden, obgleich unentbehrlichen Funktion der Seele" (Kr. d. r. V. 95), aber die Einheit dieser Synthesis kommt erst zustande durch Begriffe, welche auf dem Verstand beruhen. Die Einheit der Synthesis ist Erkenntnis. Damit ist der Charakter der Erkenntnis als einer "Verbindung" dargelegt, deren Begriff KANT in § 15 der Deduktion der 2. Auflage in sehr präziser Form seiner Möglichkeit und seinem Inhalt nach untersucht. Daß eine Verbindung in den Objekten der sinnlichen Anschauung selbst liegt und also rein passiv rezipiert werden kann, ist so sehr unmöglich, daß nicht einmal in der reinen Form der sinnlichen Anschauung die Verbindung des Mannigfaltigen gegeben ist. Alle Verbindung ist vielmehr ein spontaner Akt der Vorstellungskraft, d. h. alle und jede Verbindung eines Mannigfaltigen ohne Unterschied ist eine "Verstandeshandlung". Diese Verstandeshandlung belegt KANT mit dem Terminus "Synthesis",
"um dadurch zugleich bemerklich zu machen, daß wir uns nichts als im Objekt verbunden vorstellen können, ohne es vorher selbst verbunden zu haben." (Kr. d. r. V. 658)
Die Analysis setzt also notwendig eine voraufgegangene Synthesis voraus, denn der Verstand kann nur das auflösen, was er vorher selbst verbunden hat. Der begriffliche Inhalt einer Verbindung aber ist ein 3-facher, er umfaßt:
1. den Begriff des Mannigfaltigen;
2. den Begriff der Synthesis dieses Mannigfaltigen;
3. den Begriff der Einheit dieser Synthesis.
"Verbindung" sagt KANT, ist Vorstellung der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen." (Kr. d. r. V. 658)
Ebenso wie oben die bloße Synthesis noch keine Erkenntnis ist, so ist hier die bloße Synthesis noch keine Verbindung. Denn der Begriff der Einheit, der der Verbindung wesentlich ist, entspringt nicht aus der Synthesis, ein bloß zusammengesetztes Mannigfaltiges ist noch kein Verbindung, sondern erst durch das Hinzutreten der Vorstellung der Einheit zur Vorstellung des Mannigfaltigen kommt der Begriff der Verbindung zustande. Der Begriff der Einheit geht also dem Begriff der Verbindung logisch voraus.
Erkenntnis überhaupt ist Verbindung überhaupt. Aber die Einheit der Verbindung als Erkenntnis kann soviel verschiedene Weisen zustande gebracht werden, als es reine Verstandesbegriffe gibt. Daher ist es die Aufgabe der metaphysischen Deduktion, diese reinen Verstandesbegriffe vollzählig vorzustellen, und es ist bekannt, wie KANT im bewußten Gegensatz zum bloß rhapsodischen [fragmentarischen - wp] Verfahren des ARISTOTELES in einer vollständigen Tafel der Urteile ein gemeinschaftliches Ableitungsprinzip der reinen Verstandesbegriffe oder Kategorien gefunden zu haben glaubt, denn:
"Dieselbe Funktion, welche den verschiedenen Vorstellungen in einem Urteil Einheit gibt, die gibt auch der bloßen Synthesis verschiedener Vorstellungen in einer Anschauung Einheit, welche allgemein ausgedrückt der reine Verstandesbegriff heißt. Derselbe Verstand also, und zwar durch eben dieselben Handlungen, wodurch er in Begriffen mittels der analytischen Einheit [d. h. die Einheit des durch Analysis gewonnenen Begriffs] die logische Form eines Urteils zustande brachte, bringt auch mittels der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in der Anschauung überhaupt in seine Vorstellungen einen transzendentalen Inhalt, weswegen sie reine Verstandesbegriffe heißen, die a priori auf Objekte gehen." (Kr. d. r. V. 95f)
"Die Funktionen des Verstandes können also insgesamt gefunden werden, wenn man die Funktionen der Einheit in den Urteilen vollständig darstellen kann." (Kr. d. r. V 89)
Wegen dieser Kategorien allein kann man von einem reinen Verstand reden, "indem er [der Verstand] durch sie allein etwas bei dem Mannigfaltigen der Anschauung verstehen, d. h. ein Objekt derselben denken kann." (Kr. d. r. V. 97)(10)
Die Kategorien nennt KANT auch die "wahren Stammbegriffe des reinen Verstandes" (Kr. d. r. V. 97). Weiterhin sind die Kategorien "Denkfunktionen".
"Alle Anschauungen, als sinnlich, beruhen auf Affektionen, die Begriffe - auf Funktionen. Ich verstehe aber unter Funktion die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen." (Kr. d. r. V. 88)
In der vorhin angeführten Stelle (Kr. d. r. V. 89) heißt es: "Die Funktionen des Verstandes", und an anderer Stelle heißen die Begriffe, die weder empirisch noch ästhetischen Ursprungs sind, "Handlungen des reinen Denkens" (Kr. d. r. V. 80)
Damit ist die metaphysische Deduktion erledigt. In ihr wurde ihrer Aufgabe gemäß
"der Ursprung der Kategorien a priori überhaupt durch ihre völlige Zusammentreffung mit den allgemeinen logischen Funktionen des Denkens dargetan." (Kr. d. r. V. 677)(11)
Was bleibt also nunmehr als Aufgabe der transzendentalen Deduktion?
Wir sind auch hier genötigt, zuvor aus den eigenen Erklärungen KANTs heraus die richtige Bedeutung dieses Terminus festzustellen; dies umso mehr, als dieser wichtige und spezifisch kantische Begriff vielfach mißverstanden wird. Vor allem ist festzustellen: Der Unterschied des Transzendentalen und Empirischen gehört nur zur Kritik der Erkenntnisse, wobei Erkenntnisse zu premieren [bevorzugen - wp] ist. In negativer Hinsicht zunächst handelt eine transzendentale Erkenntnis niemals von Gegenständen. Erkenntnis von Gegenständen kann a priori oder a posteriori sein, aber niemals transzendental. Dagegen beschäftigt sich positiv alle transzendentale Erkenntnis "mit unserer Erkenntnisart von Gegenständen, insofern diese a priori möglich sein soll." (Kr. d. r. V. 44) Eine transzendentale Erkenntnis ist a priori, aber
"nicht jede Erkenntnis a priori, sondern nur die, dadurch wir erkennen, daß und wie gewisse Vorstellungen (Anschauungen oder Begriffe) lediglich a priori angewandt werden oder möglich sind"
kann transzendental genannt werden (Kr. d. r. V 80). Dem "daß und wie ... möglich sein" entspricht "die Möglichkeit der Erkenntnis a priori", dem "daß und wie ... angewandt werden" "der Gebrauch der Erkenntnis a priori". Transzendental ist demnach alle Erkenntnis, welche die Möglichkeit und den Gebrauch apriorischer Erkenntnis aufzeigt, erklärt, begründet, und eine transzendentale Untersuchung ist eine solche, welche auf die Ergründung und Begründung der Möglichkeit synthetischer Erkenntnis a priori gerichtet ist.
Wenn COHEN(12) darüber stutzt, daß KANT die letzte Definition von "transzendental" mit den Worten einleitet: "Und hier mache ich eine Anmerkung, die ihren Einfluß auf alle nachfolgenden Betrachtungen erstreckt", (Kr. d. r. V. 80), indem er ausruft:
"Hier erst und als Anmerkung entsteht dieser Begriff, während der ganze erste Teil der Elementarlehre auf ihn begründet war?"
so scheint es COHEN entgangen zu sein, daß KANT bereits in der Einleitung (Kr. d. r. V. 43) die richtige Definition von "transzendental" gegeben hat. Die dortige Definition ist gewiß nicht falsch, sie ist nur nicht scharf genug, man könnte sie, dem Charakter der Einleitung entsprechend, eine definitio late dicta[Definition im weitesten Sinn - wp] nennen, während hier die sogenannte Anmerkung (ein bloßer stilistischer Ausdruck) die definitio stricte dicta gibt (13).
Was hat es nun mit der transzendentalen Deduktion für eine Bewandtnis? - Wie uns die metaphysische Dedukiton in der Ästhetik und in der Analytik gelehrt, sind wir im Besitz apriorischer Erkenntnisformen, teils sinnlicher, teils begrifflicher Art. Beide, sowohl die Anschauungsformen Raum und Zeit als auch die reinen Verstandesbegriffe werden a priori völlig unabhängig von aller Erfahrung auf Gegenstände angewendet. Das ist ein Faktum. Aber was berechtigt uns denn zu diesem unseren Verfahren, apriorische Formen des Erkenntnisvermögens auf Gegenstände anzuwenden? Quid juris?[mit welchem Recht - wp]Das ist die transzendentale Frage, und ihre Beantwortung ist die transzendentale Deduktion. Die objektive Gültigkeit der reinen Erkenntnisformen a priori begreiflich zu machen - ist die Aufgabe der transzendentalen Deduktion.
In der transzendentalen Ästhetik bot die Beantwortung dieser Frage keine großen Schwierigkeiten. Der Raum ist ja die Form der äußeren Anschauung,
"in welcher also alle geometrische Erkenntnis, weil sie sich auf Anschauung a priori gründet, unmittelbare Evidenz hat und die Gegenstände durch die Erkenntnis selbst a priori (der Form nach) in der Anschauung gegeben werden." (Kr. d. r. V. 105f)
Wenn man also fragt: Was berechtigt den Mathematiker, die geometrischen Lehrsätze als von den Dingen gültig auszugeben? so antwortet KANT: Weil es notwendigerweise ein und dieselbe Raumanschauung ist, in welcher der Mathematiker die Lehrsätze beweist als auch die Dinge anschaut. Ungleich schwieriger freilich liegt die Sache bei den reinen Verstandesbegriffen. Hier wird die Aufgabe zum schwierigen Problem der ganzen Kritik. Denn
1. "da sie [die reinen Verstandesbegriffe] von Gegenständen nicht durch Prädikate der Anschauung und der Sinnlichkeit, sondern des reinen Denkens a priori reden", so beziehen sie sich allgemein "auf Gegenstände der Sinnlichkeit"; und
2. "da sie nicht auf Erfahrung gegründet sind", so können sie "auch in der Anschauung a priori kein Objekt vorzeigen", "worauf sie vor aller Erfahrung ihre Synthesis gründeten" (Kr. d. r. V. 106)
Die Stelle ist, obwohl man versteht, was KANT sagen will, dunkel. Einen guten Sinn bringt ADICKES(14) durch eine Umstellung der Vordersätze hinein, aber sein Verfahren erscheint mir etwas gewaltsam. Ich glaube, durch einen anderen Vorschlag die Dunkelheit beheben zu können. Ersetzt man nämlich in Gedanken den negativen Satz: "Da sie nicht auf Erfahrung gegründet sind" durch den ansich gleichwertigen positiven: "Da sie aus dem Denken stammen", so wird der Sinn klar. Dann stellt der 2. Satz eine nähere Begründung des 1. dar. Dann könnte man die Stelle so auffassen: Die reinen Verstandesbegriffe beziehen sich allgemein ohne Bedingungen der Sinnlichkeit auf Gegenstände, denn, da sie aus dem reinen Denken stammen, so können sie auch (= nicht einmal) in der Anschauung a priori kein Objekt vorzeigen, worauf sie vor aller Erfahrung ihre Synthesis gegründet haben. - Wir sind demnach gezwungen, die Berechtigung, Prädikate des reinen Denkens a priori von Gegenständen auszusagen, nachzuweisen, ehe wir einen einzigen Schritt im Feld der reinen Vernunft tun.
Eine Erkenntnis, der wir objektive Gültigkeit zuerkennen, ist eine Erkenntnis von Gegenständen. Nun stellen uns aber die Kategorien des Verstandes "gar nicht die Bedingungen vor, unter denen Gegenstände in der Anschauung gegeben werden." (Kr. d. r. V. 107) (Dieser Satz ist unzweifelhaft vom Standpunkt des gemeinen Bewußtseins ausgesprochen, was häufig übersehen wird!) Daher können wir die Aufgabe der transzendentalen Deduktion auch so formulieren:
"wie nämlich subjektive Bedingungen des Denkens sollten objektive Gültigkeit haben, d. h. Bedingungen der Möglichkeit aller Erkenntnis der Gegenstände abgeben" (Kr. d. r. V. 107)
Ohne transzendentale Deduktion würden wir also niemals wissen können, ob unsere angebliche Erkenntnis tatsächlich objektive oder nur subjektive Gültigkeit besitzt. Somit kann keine empirische Deduktion die transzendentale vertreten; eine solche zeigt nur die Art an, "wie ein Begriff durch Erfahrung und Reflexion über dieselbe erworben wurde" (Kr. d. r. V. 104), kann also immer nur das Faktum, nicht aber die Rechtmäßigkeit dartun. So kann z. B. die von LOCKE versuchte physiologische Ableitung, welche die Gelegenheitsursachen der Erzeugung der Begriffe in der Erfahrung aufzeigt, immer nur die Erklärung des Besitzes einer reinen Erkenntnis genannt werden. Die Frage nach der objektiven Gültigkeit der Verstandesbegriffe dagegen wird durch eine solche Ableitung gar nicht berührt.
Ebensowenig kann man sich der Mühsamkeit einer transzendentalen Untersuchung durch eine Berufung auf die "beständige Regelmäßigkeit" der Erfahrung überheben, indem man aus dieser z. B. den Kausalbegriff deduziert und damit zugleich seine objektive Gültigkeit legitimiert. Wer so vorgehen wollte, der bemerkt nicht,
"daß auf diese Weise der Begriff der Ursache gar nicht entspringen kann, sondern daß er entweder völlig a priori im Verstand muß gegründet sein, oder als ein bloßes Hirngespint gänzlich aufgegeben werden muß. Denn dieser Begriff erfordert durchaus, daß etwas A von der Art ist, daß ein anderes B daraus notwendig und nach einer schlechthin allgemeinen Regel folgt."
Der Synthesis der Ursache und Wirkung hängt eine "Dignität" an, die man gar nicht empirisch ausdrücken kann, nämlich
"daß die Wirkung nicht bloß zur Ursache hinzukommt, sondern durch dieselbe gesetzt ist und aus ihr erfolgt." (Kr. d. r. V. 108)
An diesen Worten KANTs imponiert uns besonders die strenge Fassung des Kausalitätsbegriffs, das "durch" und "aus", das auch von KANT im Druck hervorgehoben ist. Es ist dies ein apax eisigménon[ein einziges Mal aufgeführt - wp] in der Kritik, durch welches die übliche Ausdrucksweise KANTs, daß Ursache und Wirkung notwendig und allgemein miteinander verknüpft sind, eine prägnante Erläuterung erfährt.
Nachdem so in der Frage: Wie können reine Begriffe des Denkens Bedingungen der Möglichkeit objektiver Erkenntnis sein? das Problem der transzendentalen Deduktion gestellt ist, sucht KANT in § 14 ein von der Aufgabe zur Lösung überleitendes "Prinzipium, worauf die ganze Nachforschung gerichtet werden muß" zu gewinnen. Eine 2-gliedrige Disjunktion [Unterscheidung - wp] läßt die Möglichkeit der Übereinstimmung von Vorstellungen und Gegenständen erkennen. (Die 3. Möglichkeit, eine Art Präformationssystem der reinen Vernunft, welche KANT am Schluß der Deduktion der 2. Auflage zurückweist, eignete sich wohl aus didaktischen Gründen wenig, um hier hereinbezogen zu werden.) (15) Hier nun heißt es:
"Es sind nur 2 Fälle möglich, unter denen synthetische Vorstellung und ihre Gegenstände zusammentreffen ... können. Entweder wenn der Gegenstand die Vorstellung oder diese den Gegenstand allein möglich macht."
Macht der Gegenstand die Vorstellung möglich, nun, so ist diese unter allen Umständen empirisch und aposteriori, niemals aber apriori. So gilt es von Erscheinungen, soweit sie Empfindungen sind. Hinsichtlich der 2. Möglichkeit, nach welcher die Vorstellung erst den Gegenstand möglich macht, ist zunächst selbstverständlich, daß die Vorstellung ihren Gegenstand nicht "dem Dasein nach" hervorbringen kann. Allein in diesem Fall
"ist doch die Vorstellung in Anbetracht des Gegenstandes alsdann a priori bestimmend, wenn durch sie allein es möglich ist, etwas als einen Gegenstand zu erkennen."(Kr. d. r. V. 109)
Die Erkenntnis eines Gegenstandes ist aber unter 2 Bedingungen möglich: durch Anschauung wird ein unbestimmter Gegenstand als Erscheinung gegeben (16), durch den Begriff wird ein der Anschauung entsprechender Gegenstand gedacht. Bezüglich der 1. Bedingung, der Anschauung, hatte die transzendentale Ästhetik ergeben, daß Raum und Zeit in der Tat als reine Formen der Anschauung a priori den Objekten zugrunde liegen. Eine Übereinstimmung der Gegenstände als Erscheinungen mit ihren formalen Bedingungen der Sinnlichkeit ist absolut notwendig, weil sie nur infolge dieser Übereinstimmung erscheinen, d. h. empirisch angeschaut und gegeben werden können. Von der Analogie geleitet, drängt sich nun bezüglich der reinen Verstandesbegriffe die Frage auf, ob sie nicht auch vorhergehen
"als Bedingungen, unter denen allein etwas, wenngleich nicht angeschaut, dennoch als Gegenstand überhaupt gedacht wird, denn alsdann ist alle empirische Erkenntnis der Gegenstände solchen Begriffen notwendigerweise gemäß, weil ohne deren Voraussetzung nichts als Objekt der Erfahrung möglich ist." (Kr. d. r. V. 109f)
KANTs Gedankengang ist also dieser: In aller Erfahrungserkenntnis wird außer der gegebenen Anschauung noch ein Begriff von einem Gegenstand gedacht. Läßt sich nun zeigen, daß der konkrete empirische Begriff von einem Gegenstand auf dem apriorischen Begriff eines "Gegenstandes überhaupt" [Ding-ansich - wp], dessen Formbedingungen die Kategorien sind, beruth, so ist die objektive Gültigkeit der Kategorien erwiesen.
"Denn alsdann beziehen sie sich notwendigerweise und a priori auf Gegenstände der Erfahrung, weil nur mittels ihrer überhaupt irgendein Gegenstand der Erfahrung gedacht werden kann." (Kr. d. r. V. 110)
Das wäre dann schon eine "hinreichende Deduktion" (Kr. d. r. V 113)
Bevor wir in die transzendentale Deduktion selbst eintreten, wollen wir nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß in der 1. Auflage die Deduktion aus 3 einzelnen, ziemlich selbständigen Fassungen besteht. Ich werde an späterer Stelle auf die Gründe des Ursprungs und das gegenseitige Verhältnis dieser 3 Fassungen zu sprechen kommen, um hier nur zu bemerken, daß die neue Fassung jedesmal von KANT selbst durch einen einleitenden Satz als solche gekennzeichnet wird, sodaß, wenn auch viele Wiederholungen vorhanden sind, doch der Tadel, den PAULSEN gegen KANT erhebt, er wiederhole sich,
"ohne daß ein aliter, wie es die scholastische Philosophie vor verschiedene Formen der Beweisführung setzte, den Leser orientiert" (17)
der tatsächlichen Stützen entbehrt.
LITERATUR: Henri Clemens Birven, Immanuel Kants Transzendentale Deduktion, Inaugural-Dissertation, Halle/Saale 1913
Anmerkungen 1) Ich zitiere die Kr. d. r. V. nach der Ausgabe von Kehrbach (Reclam); alle übrigen Werke nach den im Literaturverzeichnis angegebenen Ausgaben. 2) Vgl. das eigene Zeugnis Kants in der Vorrede zur 2. Auflage, Seite 30. Ferner: *Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaften, Vorrede, Anmerkung, Seite 200: "Der Mangel, welcher auch nur die Art der Darstellung, nicht den dort schon richtig angegebenen Erklärungsgrund betrifft." Ebenso Prolegomena 173: erklärt er sich mit seinem "Vortrag" in einigen Abschnitten, z. B. der Deduktion nicht zufrieden. 3) Prolegomena, Seite 36 4) Vgl. Günther Thiele, Philosophie des Selbstbewußtseins, 1895, Seite 17. 5) "Über eine Entdeckung etc., Seite 43 6) De mundi sensibilis etc., § 15 gegen Ende. 7) Über eine Entdeckung etc., Seite 43. 8)Alois Riehl, Der philosophische Kritizismus I, zweite Auflage, 1908, Seite 399. 9) Der Ausdruck "begreifen" ist ansich doppelsinnig, ähnlich wie concipere und synienai[zusammenkommen - wp]. Hier bedeutet er, wie das Folgende zeigt, zusammenfassen. So auch Kr. d. r. V. 661: "nur dadurch, daß ich das Mannigfaltige derselben [= Vorstellungen] in einem Bewußtsein begreifen [= zusammenfassen] kann etc." - - - Dagegen hat "begreifen = erkennen, verstehen" für Kant eine spezifisch festgelegte Bedeutung, wie sich aus der Logik erhellt. Unter den 7 Graden des Erkennens, die er daselbst aufzählt, nimmt das "Begreifen, comprehendere" den höchsten Rang ein. Er versteht darunger, etwas "in dem Grad durch die Vernunft oder a priori erkennen, als zu unserer Absicht hinreichend ist." In diesem Sinne ist das Feld des Begreifens das Feld der *Vernunft. (siehe Kants Logik, Philosophische Bibliothek, Bd. 43, Seite 72, 10 (Jäsche, 97-98). 10) Eine Realdefinition läßt sich, wie Kant an einer späteren Stelle (Seite 225-229) zeigt, von den Kategorien nicht geben, weil sie die Arten sind, einem Gegenstand "nach irgendeiner Funktion des Verstandes seine Bedeutung (unter noch erforderlichen Bedingungen) zu geben, d. h. ihn zu definieren" (Seite 228). Dann können aber die Kategorien selbst nicht real, d. h. so, daß die Möglichkeit ihres Gegenstandes eingesehen wird, definiert werden, ohne - ein idem per idem [etwas durch sich selbst erklären - wp] - die Kategorien zu Hilfe zu nehmen. Hier am Schluß des § 10 (Metaphysische Deduktion) sagt Kant freilich: "Der Definitionen dieser Kategorien überhebe ich mich - geflissentlich, obgleich ich im Besitz derselben sein möchte" (Seite 98). Aber diese Redensart ist sachlich ohne Wert und besagt auch nicht, daß Kant sich im Besitz der Definitionen glaubte. Unzutreffend ist Schopenhauers Vorwurf (Kritik der kantischen Philosophie, Werke I, hg. Griesebach, Seite 598), Kant habe später "vergessen", was er früher gesagt hat, da Kant sich an der späteren Stelle ausdrücklich auf die frühere Bemerkung bezieht und sich wegen derselben herauszureden versucht. Dies dürfte ihm freilich nicht ganz gelungen sind, vielmehr muß man zugeben, daß Kant sich hier nicht klar war. Daß aber, wie Cohen will (Kants Theorie der Erfahrung, 1871, Seite 172f), die erste Stelle von Nominal-, die zweite von Realdefinitionen zu gelten habe, hat deswegen keinen Sinn, weil selbstverständlich auch die 1. Stelle Realdefinitionen meint und Kant selbst, der doch an der 2. Stelle ausdrücklich Nominal- und Realdefinitionen unterscheidet, wohl eher als Cohen auf diese Deutung verfallen wäre, wenn sie entweder Sinn gehabt oder den Tatsachen entsprochen hätte. 11) Über die Mängel des kantischen Verfahrens in der metaphysischen Deduktion, die auf einer Unterlassungssünde Kants in seinem kritischen Geschäft beruhen, vgl. die treffenden Ausführungen von Alois Riehl (Philosophischer Kritizismus I, Seite 492f). 12)Hermann Cohen, Kommentar zu Kants Kr. d. r. V., 1907, Seite 43. 13) Daß Kant manchmal in wirklich unter dem Text stehenden Anmerkungen wichtige Sätze bringt, ist bekannt. Aber um eine solche Anmerkung handelt es sich ja hier nicht. Den Ausdruck "Anmerkung" für eine im Text vorgebrachte Erläuterung (im Sinne von "Bemerkung" etc.) findet man bei Kant öfter, z. B. "dieses ist eine allgemeine Anmerkung ..." (115). 14)Erich Adickes, Ausgabe der Kr. d. r. V., Seite 134. 15) vgl. Kr. d. r. V. Seite 682 und "Metaphysische Anfangsgründe etc.", Vorrede, Anmerkung, Seite 200: "Ein Rettungsmittel, ... weit schlimmer ... als das Übel, dawider es helfen soll." 16) vgl. Kr. d. r. V., Seite 48: "Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heißt Erscheinung." 17)Friedrich Paulsen, "Kant", fünfte Auflage, o. J. Seite 79.