tb-1cr-2WindelbandJ. EisenmeierT. K. OesterreichW. WundtRickert    
 
WILHELM WINDELBAND
Positivismus,
Historismus, Psychologismus


"Man gefiel sich darin, alle metaphysischen Systeme als Begriffsdichtungen anzusehen und ihnen, ähnlich wie den Mythen des religiösen Vorstellens, nur die praktische Bedeutung auf dem Standpunkt des Ideals zuzubilligen. Das war die Zeit der Verachtung der Philosophie, wo man als unklug und rückständig galt, wenn man sich mit ihr selbst beschäftigen wollte und in ihr mehr sah, als ein phantasievolles und durch Gemütsbedürfnisse bestimmtes Spiel der Vorstellungen."

"Die alte Lehre von der Subjektivität der Sinnesqualitäten schien durch Kants Lehre von der Idealität von Raum und Zeit zu einer allgemeinen Theorie erweitert zu sein, welche nach Art der antiken und mittelalterlichen Semiotik alle menschlichen Vorstellungen von der Außenwelt nur als praktisch verwertbare Zeichen, aber nicht als Erkenntnis vom Wesen der Dinge aufzufassen lehrte."

"Es war eine zeitlang in Deutschland beinahe so, daß der Befähigungsnachweis zum Besteigen eines philosophischen Katheders schon als erbracht galt, wenn jemand methodisch auf elektischen Knöpfen zu tippen gelernt hatte und in langen, tabellarisch wohlgeordneten Versuchsreihen zahlenmäßig beweisen konnte, daß manchen Menschen langsamer etwas einfällt, als anderen."


Es ist die Aufgabe dieser Betrachtungen, im Zusammenhang der allgemeinen geschichtlichen Entwicklung der deutschen Nation während des 19. Jahrhunderts die Weltanschauungsmotive klarzulegen, die darin mitspielen und in denen das Leben selbst sich spiegelt. Für eine solche Betrachtung versteht es sich von selbst, daß sie sich an den Durchschnitt zu halten hat. Die Stellung der einzelnen Persönlichkeiten verschiebt sich dabei mehrfach aus der Mittellinie: sie sind, wie es überall und immer in der Geschichte der Fall ist, manchmal ihrer Zeit voraus, sie bleiben manchmal hinter ihr zurück. Unser Überblick folgt der allgemeinen Entwicklung und sucht sie aus den führenden Persönlichkeiten zu verstehen, aus den hervorragenden Werken, die ihre Mitwelt bewegt haben. Mit dieser Betrachtung kommen wir aber nun zu Jahrzehnten, die eigentlich keine Weltanschauung haben, die eine solche fast prinzipiell ablehnen und jedenfalls überzeugt sind, sich ohne sie auch in ihrem geistigen Leben behelfen zu können und zu sollen. Dabei hat es natürlich in diesen Zeiten den einzelnen Individuen, den größeren und den kleineren, nicht an einer solchen Weitsicht gefehlt: aber das Charakteristische ist, daß im Ganzen doch auf deren Besitz schon im persönlichen Leben nicht mehr soviel Gewicht gelegt wurde, wie in den früheren Zeiten, und daß man namentlich nicht mehr das Bedürfnis hatte, für ein gemeinsames geistiges Leben eine zentrale Weltansicht zum beherrschenden Mittelpunkt zu machen. Die Lebensbetätigungen konnten auseinandergehen und gingen auseinander, weil sie sich an den besonderen Aufgaben der unmittelbar gegebenen Wirklichkeit entfalteten und daran mit ihrem Interesse und ihrem Denken festgehalten wurden. Sie fanden ihren Mittelpunkt in den Gesinnungen, welche sich auf die Gemeinschaft der politischen und der sozialen Arbeit konzentrierten, und sie schienen eines anderen Mittelpunkts in einer theoretischen Weltansicht zunächst nicht zu bedürfen. Dem zur Tat gereiften Geschlecht wollte die Theorie überflüssig erscheinen.

Aus jener Zeit der geschichtslosen, materialistischen und pessimistischen Stimmungen ist unser Volk emporgerissen worden durch die ungeheuren Geschicke, die sich an die Lebensarbeit einer gewaltigen historischen Persönlichkeit knüpften, an BISMARCK. Es war eine jener Gottesgaben der Genialität, die den Völkern nur alle paar Jahrhunderte zuteil werden. Mit dieser politischen Wandlung aber sahen wir uns unwiderstehlich hineingerissen in eine Fülle realer Arbeit, die alle Kräfte, alle Interessen und alle Tätigkeiten auf das höchste anspannte, für sich in Anspruch nahm und verbrauchte. Das ergab eine kolossale Expansion, eine extensiv und intensiv gleichmäßig gesteigerte Entfaltung der Volkskräfte in politisch-sozialer, in technisch-industrieller, in ökonomischer und kommerzieller Richtung. Alle diese überraschend gesteigerte Tätigkeit mit ihrer riesigen Konsumtion der Arbeitskraft ist uns über Nacht gekommen, und es ist nicht zu verwundern, daß wir dabei zunächst nicht zu Atem kamen. Der Raum und die Zeit für die Selbstbesinnung, für die theoretische Selbstverständigung war beengt, die Volkskraft so nach außen gerissen, daß sie sich nicht sogleich nach innen sammeln konnte. Wohl brachte die neue Arbeit mit den neuen Aufgaben auch neue Ideale; an ihnen fehlte es jenen Tagen durchaus nicht, aber sie fanden noch keine anschauliche oder begriffliche Klärung und darum keine eigene Philosophie. Es bestätigte sich wieder einmal, was HEGEL gesagt hat, daß die Eule der Minerva ihren Flug erst in der Dämmerung beginnt. Der Tag war damals zu hell für sie. Die Höhezeit unseres politischen Lebens hat, wie keine große Dichtung, so auch keine adäquate Philosophie geschaffen, worin ihr Lebensinhalt zu einem gedanklichen Ausdruck gekommen wäre.

So brach für Deutschland ein positives Zeitalter herein, das im allgemeinen kein metaphysisches Bedürfnis besaß. Im Leben stellte sich diese Positivität als die gesteigerte Energie der nach außen gerichteten Tätigkeiten, als starke Betonung des Könnens und Wirkens, als wachsende Gleichgültigkeit gegen die Theorie dar: für die Wissenschaft entfaltete sie sich in der emsigen Arbeit der Spezialdisziplinen, in den großen Erfolgen der Naturforschung und der geschichtlichen Kulturwissenschaften. Daher hörte um jene Zeit die Literatur auf, das einzige oder das wesentliche Interesse der Nation zu sein, wie sie es Jahrzehnte lang in der Tat gewesen war: und darum bildete diese Literatur auch nicht mehr den intimen Ausdruck des inneren Lebens ihrer Zeit. So allein ist es zu verstehen, daß die allgemeine Literatur der 70er und 80er Jahre dieses Jahrhundertsbei uns in so geringem Maß das bewegte Leben jener Tage zum Ausdruck gebracht hat, daß vielmehr darin die materialistischen und pessimistischen Stimmungen über jenen Höhepunkt der politisch schöpferischen Zeit hinaus eine dauernde Herrschaft ausgeübt haben.

In der Flut der populären Schriften jener Jahrzehnte tritt am stärksten und verwunderlichsten der Pessimismus hervor. Zweifellos lag darin eine Nachwirkung SCHOPENHAUERs; aber ein großer Teil des vorwiegenden Interesses am Pessimismus knüpfte an die glänzende Erscheinung der "Philosophie des Unbewußten" von EDUARD von HARTMANN. Das metaphysiklose Geschlecht ließ sich durch die mit SCHOPENHAUER an schriftstellerischem Reiz wetteifernde Darstellung eines neuen Systems blenden und fesseln, das im Grunde genommen nichts anderes war, als ein verspäteter Sprößling an dem sonst schon verdorrenden Stamm des deutschen Idealismus. In seiner ersten Gestalt konnte dieses System gewissermaßen als das letzte Wort des Irrationalismus gelten. HARTMANN hatte zwar ausdrücklich die Absicht, die beiden Zweige der idealistischen Entwicklung, die rationale und die irrationale, HEGEL und SCHOPENHAUER, zusammenzubiegen, und er fand die Möglichkeit dazu mit einem glücklichen Blick in SCHELLINGs Freiheitslehre: aber es überwog dabei doch der irrationalistische Voluntarismus und die Prägung SCHOPENHAUERs, wonach das Alogische das wahrhafte und ursprüngliche Wesen, das Logische dagegen das Prinzip seiner Erscheinung bildete. Ähnlich stand es bei HARTMANN ursprünglich hinsichtlich der Fragen nach dem Wert von Welt und Leben. Er fand zwar die witzige Synthesis, wonach diese Welt allerdings durchaus mit LEIBNIZ als die beste unter den möglichen betrachtet werden darf, aber darum noch lange nicht die gute, sondern vielmehr mit so vielen Übeln behaftet ist, daß auch ihre Existenz als ein Werk des unvernünftigen Willens anzusehen und deshalb rückgängig zu machen ist: eben damit aber fiel die Bewertung des wirklichen Daseins doch schließlich ganz im Sinne des Pessimismus aus, und in seiner packenden Darstellung der Jllusionen des menschlichen Lebens häufte HARTMANN die Argumente für den Versuch, den düsteren Stimmungen den wissenschaftlichen Beweis ihrer unentfliehbaren Notwendigkeit unterzuschieben. Erst als der Philosoph mit der Aufnahme des Evolutionismus, den er in der Gestalt der Deszendenztheorie [Abstammungslehre - wp] in den naturwissenschaftlichen Teil seines Werks hineinarbeitete, begrifflich eine neue Stärkung des HEGELschen Momentes seiner Gedanken gewann, sah er sich imstande, das Logische zur vollen Ebenbürtigkeit mit dem Alogischen zu erheben und den fortschreitenden Prozeß des geschichtlichen Lebens als eine Wesen der Wirklichkeit selbst begründete Vernünftigkeit zu erfassen, die dann eine Bejahen des in der Entwicklung begriffenen Lebens und eine freudige Mitarbeit an seiner Bewegung gestattete. Aber freilich, in letzter Instanz galt auch diese vernünftige Entwicklung des Logischen als nur darauf gerichtet, daß die Unvernunft des Willens völlig durchschaut und vernichtet wird. Auch das religiöse Leben erschien nur als die Mitarbeit des Menschen daran, daß das Weltwesen sich von seiner eigenen Unseligkeit erlösen soll. Während aber bei HARTMANN die durch die Rückkehr zu HEGEL bestimmte wissenschaftliche Arbeit immer ernster, gediegener und deshalb unpopulärer wurde, ergoß sich der Pessimismus, gereimt und ungereimt, in mächtigen Wellen über unsere Literatur. Heutzutage allerdings ist auch diese Literatur schon fast ebenso vergessen, wie die Philosophie des Unbewußten, die vielleicht noch hie und da von begeisterten Anhängern gepriesen wird, aber im Ganzen schon durchaus der Geschichte angehört.

Ein Teil ihrer damaligen Wirkung beruhte zweifellos auch darauf, daß es, wie HARTMANN selbst, so auch vielen seiner Zeitgenossen schien, als seien die spekulativen Resultate nach induktiv naturwissenschaftlicher Methode gewonnen. Damit bekam diese Philosophie einen durchaus zeitgemäßen Anstrich. Denn den Löwenanteil an dem Interesse, das der idealistischen Philosophie entzogen wurde, fiel zweifellos zunächst der Naturforschung zu. Ihre gewaltige Entwicklung in der Mechanik, in der Chemie, in der Elektrizitätslehre und ihre glückliche und tatkräftige Anwendung in der Technik brachten uns in jenen Jahrzehnten die rapide Umgestaltung aller äußeren Lebensverhältnisse, die sich auch heute noch in ungeahnte Entwicklungen der Zukuft fortsetzt, und damit gewann die Naturwissenschaft das innere Interesse der Zeit umso mehr für sich, als sie in großartiger Weise auch das intellektuelle Bedürfnis zu befriedigen vermochte. Es war deshalb nicht bloß ihre handgreifliche Verwertbarkeit, sondern auch die Bedeutsamkeit der Theorie, womit sie die Geister gefangen nahm. Sie konzentrierte damals die gesamate Auffassungsweise der äußeren Natur für die begriffliche Wissenschaft auf zwei große einander ergänzende Prinzipien: das der Erhaltung der Energie, wie es in Deutschland von ROBERT MAYER und HERMANN HELMHOLTZ formuliert wurde, und das der Entwicklung, das nach DARWINs Voranschreiten die Rätsel der organischen Welt zu lösen versprach. Erschien nach dem ersten dieser Prinzipien das ewig gleiche Wesen der physischen Welt begriffen, so gar das zweite als Erklärung für die aufsteigende Gestaltung des Neuen auf dem immer gleichen Grund des Lebens. Diese Prinzipien genügten den großen Forschern als die regulativen Ideen für ihre empirischen Untersuchungen, als die umfassenden methodischen Mittel für die Erkenntnis des Besonderen in der Erfahrung: aber gerade der Ernst und die Gewissenhaftigkeit dieser exakten Forschung bewahrte sie davor, daraus eine philosophische Weltanschauung machen zu wollen. In ihrer Abneigung gegen alle Metaphysik lehnten gerade die bedeutenden Naturforscher auch den Materialismus ab, dessen populäre Vertreter sich natürlich den Anschluß an jene großen allgemeinen Prinzipien nicht entgehen ließen und bis auf den heutigen Tag in der populären, für die großen Massen bestimmten Büchern nicht entgehen lassen: es braucht in dieser Beziehung für heute nur an HÄCKELs Schriften erinnert zu werden.

Diese Abneigung der positiven Wissenschaft gegen jeden Versuch der Begründung einer philosophischen Weltanschauung fand nun um jene Zeit ihren Ausdruck in der von den verschiedensten Seiten verlangten und versuchten "Rückkehr zu Kant" und in ihr sprach sich damals das Bedürfnis eines Bundes zwischen Philosophie und Naturwissenschaft aus, eines Bundes, der natürlich eine gänzlich veränderte Stellung der Philosophie zu ihren eigenen Aufgaben und zu den Arbeiten der Naturforschung voraussetzte. Die idealistischen Systeme der nachkantischen Entwicklung, die sich zum Teil als eine Vergewaltigung der empirischen Naturforschung dargestellt hatten, waren in Vergessenheit und Verachtung gefallen; für ihre Terminologie schon war das Verständnis verloren gegangen; ihre wunderliche Sprache, die sie mit ihren Gedanken der gebildeten Welt eine Zeitlang aufgezwungen hatten, verstand man jetzt sowenig mehr, als man sie noch redete. Dazu kamen die dem allgemeinen Bewußtsein leicht eingehenden Schmähungen, welche der vielgelesene SCHOPENHAUER gegen jene Systeme richtete, während er ihnen gegenüber immer nachdrücklich auf KANT als den wahren Philosophen hinwies. So hatten dann Männer wie EDUARD ZELLER und OTTO LIEBMANN den Ruf nach einer Rückkehr zur KANT erhoben und zu gleicher Zeit brachte KUNO FISCHERs glänzende Darstellung die kritische Philosophie mit ihrer ganzen imponierenden Klarheit und Sicherheit dem Bewußtsein der Zeit entgegen. Aber die Sympathie, welche die großen Naturforscher jener Tage, HELMHOLTZ an der Spitze, der Lehre KANTs entgegenbrachten, beruhte doch im wesentlichen darauf, daß in seiner Philosophie die Beschränkung der wissenschaftlichen Erkenntnis auf die Erfahrung und die Unmöglichkeit aller Metaphysik, die er erwiesen hatte, als das Bedeutsamste angesehen wurde. Dadurch war dann auch die Auffassung bestimmt, welche im beginnenden Neukantianismus die herrschende war. Man kann sagen, daß die Größe der kantischen Philosophie gerade in ihrer Vieldeutigkeit besteht. Im umfassenden Geist des Königsberger Philosophen sind in gewissem Sinne alle Motive des menschlichen Denkens über Welt und Leben vertreten, alle Saiten gleichmäßig angeschlagen, und so kommt es, daß, wie schon gleich nach ihm aus seiner Lehre eine Fülle verschiedener philosophischer Systeme erwuchs, von denen jedes sich als die folgerichtige Entwicklung seiner Prinzipien betrachten durfte, so auch weiterhin die verschieden gestimmten Zeiten verschiedener Seiten seiner Lehre als die für sie bedeutsamsten hervorzukehren vermocht haben. Damals war die den positiven Neigungen der Zeit entsprechende Auffassung die, daß die kritische Philosophie nicht etwa nur hauptsächlich, sondern ausschließlich Erkenntnistheorie ist und sein soll und zwar eine Erkenntnistheorie des Empirismus die jede Metaphysik als unwissenschaftlich verdammt. Daß für KANT dabei die Begründung der rationalen Theorie die Hauptsache war, daß für ihn die Widerlegung der wissenschaftlichen Metaphysik den Weg zu einer Metaphysik des Glaubens gebahnt hatte und daß er für die vernunftnotwendige Betrachtung eine Weltanschauung in großen Linien ausgeführt hatte, davon wußte man nichts oder wollte man nichts wissen, - wie ja schon SCHOPENHAUER alle Verbindungslinien zwischen KANTs theoretischer und praktischer Philosophie schroff abgeschnitten hatte. Für jene Zeit galt KANT wesentlich als der Riese, der den Dogmatismus zermalmt und sich und die Philosophie auf den fruchtbaren Boden der Erfahrung gestellt hatte. Will man die Grundstimmung, aus der damals KANT aufgefaßt wurde, in ihren wesentlichen Momenten sich vorführen, so muß man FRIEDRICH ALBERT LANGEs "Geschichte des Materialismus" [und Kritik seiner Bedeutung für die Gegenwart] zur Hand nehmen. Es ist das Buch, welches von einem wissenschaftlichen Standpunkt wohl am meisten dem Vordringen des Materialismus Abbruch getan hat. Es vermochte dies gerade durch die Objektivität, mit der darin die wissenschaftlichen Motive des materialistischen Denkens in ihrer Bedeutsamkeit gewürdigt und die landläufigen Verunglimpfungen der vermeintlichen unmoralischen Konsequenzen des Materialismus zurückgewiesen wurden: LANGEs Überwindung des Materialismus bestand eben darin, daß er in ihm eine Metaphysik nachwies und diese vom Standpunkt der kritischen Philosophie aus als unmöglich darlegte. Aber gerade seine Fassung der kantischen Lehre ist eine durchaus empiristische Ausdeutung, sogar mit einem stark anthropologischen Einschlag, als ob die allgemeinengültigen Formen aller Erfahrungswissenschaft im spezifischen Wesen des Menschen begründet wären. Diese Erkenntnistheorie war einer Zeit sympathisch, welche die Möglichkeit einer philosophischen Weltanschauung bestritt, weil sie ihrer für ihre realen Arbeiten nicht zu bedürfen meinte. Hatte doch auch KUNO FISCHER in den Mittelpunkt seiner Darstellung der kantischen Lehre die Unerkennbarkeit des Dings-ansich gestellt, daraufhin KANTs Entwicklung konstruiert, daraus sein System abgeleitet und danach die Wirkung KANTs auf seine Zeit und die Bewegung der ersten Nachfolger begriffen. Andere, die sich nun diesen kantischen Empirismus zu eigen machten, gingen viel weiter. Die Ansätze zu einer umfassenden Weltanschauung traten zurück, so sehr sie in KANTs Ethik und Teleologie vorhanden waren. Das System der Kritik der Urteilskraft, das Reifste und Höchste, was KANT gedacht hat, blieb damals unverstanden und ist es in manchen vielgelesenen Darstellungen seiner Lehre bis auf den heutigen Tag geblieben, in denen man wohl gar das Systematische, das darin mit seinen glänzenden Erfolgen zutage tritt, als einen persönlichen Fehler des großen Philosophen anzusehen geneigt ist.

Jener agnostische Neukantianismus im achten oder neunten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts hatte, je mehr er das rationale Moment der kritischen Philosophie vernachlässigte, einen entschiedenen Zug zum Positivismus. Die empiristische Erkenntnistheorie, die man aus KANT herauslas, bekam mehr und mehr die Neigung, die "Kritik" durch eine psychologische und genetische Analyse zu ersetzen; sie wurde ideologisch und indem sie die kantische Apriorität mit psychischer Priorität verwechselte, neigte sie bald auf der einen Seite wieder zu DAVID HUME, auf der anderen zu AUGUSTE COMTE. Aber in der bunten Mannigfaltigkeit der Schattierungen, in denen sich dieser Empirismus bewegte, war das gemeinsame Ergebnis nur die restlose Auflösung aller Philosophie in Erkenntnistheorie. Das war in Wahrheit niemals die Absicht von KANT selbst gewesen: er sah immer sein "kritisches Geschäft" als das propädeutische [vorlogische - wp] an, nach dessen Erledigung er zum "doktrinalen" fortschreiten wollte. Jene Erkenntnistheorie dagegen, die sich zum Teil mit seinem Namen deckte, war im Grund genommen nur der bewußte Verzicht auf eine wissenschaftliche Weltanschauung und dabei spielte dann wohl gelegentlich in diesem Empirismus auch etwas naiver Materialismus eine ungeklärte und unzugestandene Rolle. Jedenfalls gefiel man sich darin, alle metaphysischen Systeme als "Begriffsdichtungen" anzusehen und ihnen, ähnlich wie den Mythen des religiösen Vorstellens, in der Weise, wie es vorbildlich ALBERT LANGE getan hatte, nur die praktische Bedeutung auf dem "Standpunkt des Ideals" zuzubilligen.

Das war die Zeit der Verachtung der Philosophie, wo man als unklug und rückständig galt, wenn man sich mit ihr selbst beschäftigen wollte und in ihr mehr sah, als ein phantasievolles und durch Gemütsbedürfnisse bestimmtes Spiel der Vorstellungen, worin jedes Volk und jede Zeit sich ergangen hat und worin wissenschaftlich Allgemeingültiges zu suchen ein törichtes und erfolgloses Unternehmen ist. Immerhin galt damals zumindest die historische Beschäftigung mit diesen Bestrebungen des menschlichen Geistes als ein würdiger Gegenstand wissenschaftlicher Arbeit. Je unfruchtbarer die Philosophie selbst war, umsomehr blühte ihre Geschichte. Im akademischen, wie im literarischen Betrieb jener Zeit, nahm die Geschichte der Philosophie einen ungewöhnlich breiten Raum ein. Zahllose Einzelarbeiten begannen sich mit ihr zu beschäftigen, und aus der Fülle dieses Stoffes wuchsen die monumentalen Werke von JOHANN EDUARD ERDMANN, EDUARD ZELLER und KUNO FISCHER hervor. Für die Gesamtdarstellung blieb dabei in den großen Linien die Auffassung HEGELs mit ihren Kategorien maßgebend, aber in der Ausführung des Einzelnen machte sich die empirische Tendenz der Zeit in der methodischen Sorgfalt und der exakten Kritik bei der Verwendung und dem Verständnis des Tatsächlichen geltend. Wie für die antike Philosophie die Ergebnisse der klassischen Philologie ihre genaue Berücksichtigung verlangten, so wurden dieselben Methoden auch auf die mittlere und neuere Zeit angewendet. Die Geschichte der Philosophie war bald nicht mehr eine philosophische Wissenschaft, wozu sie HEGEL hatte machen wollen, sondern eine empirische Wissenschaft, wie jede andere historische Disziplin und damit stellte sich die philosophiegeschichtliche Arbeit mitten in den großen Zusammenhang der glänzenden Leistungen der historischen Wissenschaft überhaupt, die jenes positive Zeitalter ebenso zeitigte, wie die mächtige Entwicklung der Naturforschung.. Weniger palpabel [deutlich - wp], weniger bedeutsam für die nächsten Aufgaben und Zustände des praktischen Lebens und deshalb der populären Schätzung etwas fernerstehend, ist doch diese Entwicklung der Kulturwissenschaft in ihrem inneren Wert und in ihrer szientifischen Bedeutsamkeit während des 19. Jahrhunderts gerade so hervorragend und gerade so erfolgreich gewesen, wie in ihrer Weise die Entfaltung der Naturwissenschaften. Die Andacht zum Kleinen, die Sorgfalt in der kritischen Feststellung des Tatsächlichen, die Ausbildung des methodischen Apparates, all dies entspricht auch hier den Bedürfnissen des realistischen und empiristischen Zeitalters: aber wo man vom Einzelnen aus sich zu geschlossenen Gesamtdarstellungen erheben wollte, da begegnen uns immer wieder, ungewußt und Ungewollt, die großen Linien von HEGELs Gesamtauffassung der Geschichte. Und wenn sich alle ihre einzelnen Zweige, die von der Entwicklung der Staaten und der wirtschaftlichen Verhältnisse, der Literatur, der Kunst, der Religion zu handeln haben, schließlich zu einer "Kulturgeschichte" zusammenzufassen suchten, so erscheint die wissenschaftliche Gestaltung des historischen Kosmos, worin sich alle Arbeit der Kulturwissenschaften zusammenschließt, als ein ebenbürtiges Gegenstück zum physischen Kosmos, zu dessen Bild sich alle Ergebnisse der Naturforschung vereinigen sollen.

Aber für die Philosophie selbst war die intensive Beschäftigung mit ihrer Geschichte zunächst nur ein Symptom der Schwäche und der Ermattung. Denn diese Auflösung der Philosophie in ihre Geschichte gestaltete sich hier ganz anders als bei HEGEL. Die einzelnen Systeme galten nicht mehr als die Momente der Wahrheit, sondern als solche der Unwahrheit. Ihre gegensätzliche und widerspruchsvolle Mannigfaltigkeit galt als die Widerlegung ihres Bestrebens. Fr die allgemeine Meinung ergab sich aus der ganzen mühevollen Denkarbeit der Geschichte nur wieder die Relativität aller Weltansichten, die Verzweiflung an einer wissenschaftlich begründeten und dauernden Befriedigung des metaphysischen Bedürfnisses. "Es gibt keine Philosophie, sondern nur eine Geschichte der Philosophie" - in diesem Schlagwort ist die Stimmung der wissenschaftlichen Kreise jener Zeit vielleicht am schärfsten und prägnantesten zum Ausdruck gekommen. Und in der Tat, von der Philosophie selbst war damals herzlich wenig übrig geblieben. Was wir erkennen können, hieß es, das lehren die einzelnen Wissenschaften: all dies zu einem Ragout zusammenzulesen, wie das wohl während dieser empiristischen Zeit als Aufgabe der Philosophie bezeichnet wurde, war doch ein recht müßiges Geschäft. Die Welt noch einmal erkennen, nachdem die besonderen Wissenschaften allein ihren einzelnen Teilen gerecht worden waren, konnte nur entweder zu unnützen oder zu falschen Ergebnissen führen; auf jeden Fall war es unnötig und für eine eigene Wissenschaft kein würdiger Gegenstand. Selbst die Erkenntnistheorie, der man zumindest noch eine kritische Stellung gegenüber der sonstigen wissenschaftlichen Arbeit zugewiesen hatte, war, abgelöst von allgemeineren und tieferen philosophischen Prinzipien, schließlich wieder eine Lehre vom Ursprung und von der Entwicklung der Vorstellungen geworden. Namentlich wurde das dadurch begünstigt, daß die Physiologie der Sinnesorgane, wie schon bei SCHOPENHAUER, so in der ganzen Entwicklung des Neukantianismus eine hervorragende Bedeutung für diese naturwissenschaftlich gestimmte Erkenntnistheorie gewonnen hatte. Die alte Lehre von der Subjektivität der Sinnesqualitäten schien durch KANTs Lehre von der Idealität von Raum und Zeit zu einer allgemeinen Theorie erweitert zu sein, welche nach Art der antiken und mittelalterlichen Semiotik alle menschlichen Vorstellungen von der Außenwelt nur als praktisch verwertbare Zeichen, aber nicht als Erkenntnis vom Wesen der Dinge aufzufassen lehrte. Das war eines der Hauptmotive für jene allmähliche Umwandlung der Erkenntnistheorie in Psychologie. Und auf der anderen Seite verlangte der historische Relativismus bei der Auffassung der verschiedenen geschichtlichen Gebilde des metaphysischen Denkens hauptsächlich ihre psychologische Erklärung aus den persönlichen und allgemeinen Motiven der historischen Zuständlickeit, der jedes solche System den adäquaten Ausdruck gegeben haben sollte. Diesem Relativismus verschlug es nichts, ja es war ihm vielmehr durchaus sympathisch, daß die Psychologie als eine kausale Erklärung des Tatsächlichen normative Kriterien des Wahren ebensowenig gewähren oder gewährleisten kann als des Guten: der Psychologismus erwies sich gerade als eine behagliche Grundlage für die Beruhigung bei den wechselnden Tatsachen der Geschichte. So blieb auf allen Linien als das eigentlich Philosophische schließlich nur die Psychologie übrig. Diese Psychologie konnte aber, der ganzen wissenschaftlichen Zeitlage gemäß, selbstverständlich nur eine empirische sein, und sie war für die Lösung dieser Aufgaben in keiner der begrifflichen Formen brauchbar, in denen sie von den metaphysischen Systemen ausgeführt worden war; selbst die HERBARTs schien hier zu versagen. Die neue empirische Psychologie hatte vielmehr ihren gegebenen Halt an der Naturforschung; Physik und Physiologie wurden für sie nicht nur methodische Vorbilder, sondern zum großen Teil auch Fundstätten der Tatsachen, auf denen sie sich aufbaute. Damit vollzog sich die Ablösung dieser Psychologie von der Psychologie, sofern man unter letzterer die metaphysische Begriffswissenschaft verstand, und die Psychologie konstituierte sich mit vollem Bewußtsein als eine eigene selbständige Disziplin. Sie mußte dazu freilich nun andererseits ihre Anleihen bei der Naturforschung machen. Sie war wesentlich physiologische Psychologie. Als solche war sie ja schon nicht nur von den Materialisten, sondern auch von einem Mann wie LOTZE betrieben worden, der mit der vollständigen Beherrschung des naturwissenschaftlichen Stoffs auch die volle Klarheit über die in den Aufgaben begründete methodische Verschiedenheit der einzelnen Wissenschaften besaß. Zu diesen Voraussetzungen kam dann noch als eine besondere Anregung die von FECHNER begründete Psychophysik hinzu. Mit einem Nachklang naturphilosophischer Gedanken hatte FECHNER die durchgängige Koordination leiblicher und seelischer Zustände als einen besonderen Gegenstand naturwissenschaftlicher Forschung ins Auge gefaßt. Diese Zusammenhänge zwischen physischen und psychischen Funktionen und die gesetzmäßigen Verhältnisse ihrer Abwandlungen sollten experimentell untersucht werden, und da die seelischen Zustände eine unmittelbare Messung nicht in der Art wie die körperlichen zulassen, so entwarf FECHNER feinsinnige Methoden zu ihrer indirekten Bestimmung. Der Zweck dieser Messungen aber bestand zuletzt immer darin, das Verhältnis des seelischen Geschehens zum leiblichen in der Erkenntnisform naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten, d. h. in mathematischen Formeln auszusprechen. Das alles war ansich sehr begründet und gerechtfertigt. Es war die Ausführung und die methodisch gereifte Gestaltung der Aufgaben, welche sich bereits die psychologischen Forscher des 18. Jahrhunderts gesetzt hatten. Freilich kann darin nicht die ganze Psychologie bestsehen, aber diese physiologischen Forschungen bilden in der Tat eine ihrer unerläßlichen Grundlagen: und so ist auf der Basis dieser alsbald in großem Umfang und mit eifriger Vielgeschäftigkeit geführten Untersuchungen in der Tat die Psychologie eine neue und eigene Wissenschaft geworden. Es ist für sie damit geleistet worden, was in den früheren Jahrhunderten der Physik, der Chemie, der Nationalökonomie geschehen ist und was sich in unseren Tagen für die Soziologie angebahnt hat. Ansich ist also diese empirische Psychologie zweifellos eine wertvolle Errungenschaft der Zeit. Sie wird die so gewonnene Stellung außerhalb der Philosophie dauernd bewahren. Sie bleibt allerdings unter allen Spezialwissenschaften diejenige, welche die breitesten und zugleich die intimsten Beziehungen zur Philosophie hat. Denn diese handelt, wenn auch in völlig verschiedenem Sinn, mit ganz anderer Aufgabe und ganz anderer Methode, zum großen Teil von denselben seelischen Funktionen, deren Erkenntnis und Verständnis das höchste Ziel für die genetische Erklärung in der Psychologie ausmacht. Umso mehr aber muß anerkannt werden, daß diese empirische Psychologie außerhalb der Philosophie als eine besondere Erfahrungswissenschaft steht, die nicht selber Philosophie ist und nicht damit verwechselt werden darf. Und doch geschah gerade dies während der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts bei uns in einem umfangreichen Maß. Während auf der einen Site die Philosophie in den Relativismus der Geschichte der Philosophie aufgelöst wurde, ging andererseits der Rest, den man von ihr etwa noch in der Aufgabe der Erkenntnistheorie übrig behalten und aufrechterhalten hatte, in empirische Psychologie auf. Statt der Philosophie hatte man nun zwei Surrogate: ihre Geschichte und die Psychologie. Und hinsichtlich der letzteren wurde der Zustand umso enger und einseitiger, je mehr zeitweilig in ihr durchaus das experimentell-psychophysische Moment überwog und alles zu sein beanspruchte. Es war eine zeitlang in Deutschland beinahe so, daß der Befähigungsnachweis zum Besteigen eines philosophischen Katheders schon als erbracht galt, wenn jemand methodisch auf elektischen Knöpfen zu tippen gelernt hatte und in langen, tabellarisch wohlgeordneten Versuchsreihen zahlenmäßig [nach amerikanischer Manier - wp] beweisen konnte, daß manchen Menschen langsamer etwas einfällt, als anderen. Das war ein wenig erfreuliches Blatt in der Geschichte der deutschen Philosophie. Dem psychologistischen Ersatz der Philosophie mochte es unter Umständen bei gewissen Instanzen zur Empfehlung dienen, daß eine solche empirische Psychologie, ihrer ganzen methodischen und sachlichen Struktur nach, von den großen Problemen des Lebens, den politischen, religiösen und sozialen Fragen, sich in vorsichtiger Entfernung zu halten wußte und zu ihnen noch weniger Stellung zu nehmen brauchte, als die historische Reproduktion der philosophischen Lehren der Vergangenheit. Gerade deshalb aber war die Philosophie, als welche diese Psychologie sich ausgab, auch völlig unzulänglich gegenüber den drängenden Anforderungen einer mit sich selbst und ihren großen Aufgaben ringenden Zeit: und die Gleichgültigkeit dieser Zeit gegen eine Philosophie, die ihr nichts Besseres zu bieten wußte, ist im höchsten Grad begreiflich. Trotz all dem muß auch diese zeitweilige Vorherrschaft des Psychologismus als symptomatisch in einem allgemeineren Zusammenhang gewürdigt werden. Er gehört nicht nur zu den Zeichen der Zeit, welche ihre Prägung durch den Rückschlag eines nüchternen Wirklichkeitssinnes und eines verstandesmäßigen, schwunglosen Denkens erhielt, und er fügt sich damit nicht nur als bezeichnender Zug der gesamten technisch-naturwissenschaftlichen Tendenz in der großen Breite des zeitgenössischen Lebens ein: sondern er hat, wie diese ganze Richtung, während der zweiten Hälfte des 19. Jahrunderts auch noch seine spezifische Bedeutung und seinen unverkennbaren Wert gehabt. Fassen wir nämlich alles zusammen, was sich darin verbunden hat, die Gleichgültigkeit gegen metaphysische Grübeleien, der Sinn für das Tatsächliche und Praktische, die Vorliebe für das empirisch-psychologische Studium des Menschen im Rahmen naturwissenschaftlicher Denkweisen überhaupt, - so haben wir darin alle Züge der Aufklärung vor uns. Es steckte darin ein Art von Erneuerung von Grundgedanken des großen 18. Jahrhunderts; mit diesem Psychologismus trat der breite Strom der aufklärerischen Prinzipien wieder an die Oberfläche, und so wenig er jetzt originell war und im eigensten Sinn Neues schaffen konnte, so heilsam und bedeutsam war vom Materialismus an bis zu diesen seinen Nachwirkungen doch die darin liegende vernünftige Ernüchterung im Gegensatz zu mancherlei romantischen Auswüchsen, zu denen im öffentlichen Leben, in den politischen und religiösen Fragen die Herrschaft des Idealismus Anlaß gegeben hatte. So berechtigt und segensreich, so nötig und unerläßlich dereinst die Überwindung der Einseitigkeiten der Aufklärung durch die klassische Entwicklung der deutschen Dichtung und Philosophie gewesen ist, so unberechtigt und bedenklich war der vornehmtuerische Hochmut, womit in den romantischen Ausklängen der klassischen Zeit auf die Aufklärung heruntergeblickt und der unvergängliche Wert ihrer großen Leistungen verkannt wurde. In vielen Dingen sind wir heutzutage in der Lage, für die Errungenschaften der Aufklärung an Klarheit und Freiheit des geistigen Lebens noch einmal in den Kampf, vielleicht in einen schwereren Kampf treten zu müssen, als sie ihn siegreich bestanden hat. Und wenn in einem solchen Kampf um hohe Güter jede Bundesgenossenschaft willkommen sein muß, so wird man von diesem Gesichtspunkt aus auch jenen Psychologismus, vielleicht mehr seiner negativen als seiner positiven Leistungen wegen, doch in seiner Wirkung auf das allgemeine Bewußtsein als etwas Berechtigtes und Erfreuliches einzuschätzen haben.
LITERATUR Wilhelm Windelband, Die Philosophie im deutschen Geistesleben des 19. Jahrhunderts, Tübingen 1909