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ENGELBERT LORENZ FISCHER
Über Begriff und
Aufgabe der Philosophie

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"Der herkömmlichen Begriffsbestimmung der Philosophie hat von zwei Seiten einen Stoß erhalten. Den ersten Stoß gab ihr Kant, indem er erklärte, daß wir das Wesen der Dinge gar nicht zu erkennen vermögen, sondern daß unsere Erkenntnis auf die erfahrungsmäßigen Erscheinungen eingeschränkt ist. Ist das wahr, so liegt für die Erfahrungswissenschaften der Schluß nahe: folglich gibt es in Wahrheit gar keine Philosophie als eigene Wissenschaft, sondern es sind nur die positiven oder Erfahrungswissenschaften berechtigt und für die Philosophie ist keine Stätte mehr. Sie mag daher ihren Schild einziehen und ihre Boutique schließen; denn ihre Zeit ist abgelaufen. Das war der zweite und zugleich heftigste Stoß, den man gegen die Philosophie in der neueren Zeit richtete."

"Die Fundamentalfrage der Erkenntnislehre ist: wie ist Erkenntnis überhaupt möglich? oder wie kommen wir dazu, den Inhalt unseres Bewußtseins, die subjektiven Vorstellungen auf einen Gegenstand oder etwas Objektives zu beziehen? In dieser Frage liegt offenbar zugleich die Frage nach der Möglichkeit der Erfahrung eingeschlossen. Kann aber eine Untersuchung, welche die Möglichkeit aller Erfahrung betrifft, selbst etwas Erfahrungsmäßiges sein?"

§ 4. Auffassung der Philosophie im Mittelalter. Theologie und Philosophie. Glauben und Wissen. Im christlichen Mittelalter, welches im weiteren Sinne genommen die Patristik oder die Zeit der Kirchenväter und die Scholastik oder die Zeit der christlichen Philosophen und Theologen vom 9. bis zum 15. Jahrhundert umfaßt, wird der Philosophie eine neue Aufgabe gesetzt: sie soll die christliche Religionslehre gegen die feindlichen Angriffe verteidigen, sowie den Glaubensinhalt der menschlichen Vernunft soviel wie möglich faßlich und durchsichtig machen.

Die christliche Religion nämlich brachte gegenüber dem Altertum eine neue Welt- und Lebensanschauung in die Menschheit. Auch sie behandelte die großen Fragen des menschlichen Geistes - die Fragen über den Urgrund der Welt, über das Verhältnis desselben zu den Dingen und über die Natur und die sittliche Aufgabe des Menschen; aber sie gab auf diese Fragen eine mehr oder weniger andere Antwort, als die antike Philosophie sie bisher geboten hatte. Dazu kam, daß das Christentum mit dem Anspruch in die Welt getreten ist, im Besitz einer höheren Weisheit zu sein, die zwar nicht im Widerspruch zur menschlichen Vernunft steht, aber doch über derselben erhaben ist und darum durch den Glauben erfaßt werden muß.

Um nun sowohl denen, welche außerhalb des Christentums standen, zu zeigen, daß diese Lehre nicht, wie es den Anschein hat, zur Vernunft im Widerspruch stehen, als auch denjenigen, die den christlichen Glauben bereits angenommen hatten, eine tiefere, rationalere Auffassung desselben zu verschaffen - dazu bediente man sich der Philosophie. Die Philosophie war also im Mittelalter nicht mehr Selbstzweck, als vielmehr Mittel zum Zweck, nämlich ein Mittel zur Verteidigung und Aufhellung und wissenschaftlichen Darstellung der christlichen Lehre oder der Theologie. Sie wurde nicht mehr als selbständige Wissenschaft betrieben, sondern im Dienst der Religion; sie war nicht mehr Herrin, sondern Dienerin. Daher das Schlagwort: "Die Philosophie ist die Magd der christlichen Theologie." Dabei stützte sich die Patristik auf den Platonismus, während die Scholastik vorwiegend der aristotelischen Philosophie huldigte, an der sie jedoch Umbildung vornahm.

Die Verwertung der Philosophie nun zur Verteidigung und möglichen Aufhellung der Religionslehren lag in der Natur der Sache und in den Zeitumständen wohl begründet und dagegen ist nichts einzuwenden. Denn einer jeden Wissenschaft soll die Philosophie zur Grundlage dienen. Eine jede Wissenschaft kann und soll sie zu ihrem Auf- und Ausbau verwerten. Aber eine andere Frage ist: ob jene ancillarische [dienstmäßige - wp] Stellung der Philosophie zur Theologie ein normales Verhältnis ist und sich wissenschaftlich rechtfertigen läßt; mit anderen Worten: ob sich die Philosophie selbst nur in einer Unterordnung und in Abhängigkeit von der Theologie aufbauen soll.

Wie die Frage über das Verhältnis von Staat und Kirche, so hat auch diese Frage in Bezug auf das Verhältnis von Philosophie und Theologie große Streitigkeiten hervorgerufen (10). Beide Fragen haben eine gewisse Ähnlichkeit miteinander. Im Mittelalter galt die Superiorität [Vorherrschaft - wp] der Kirche über den Staat, sowie die Superiorität der Theologie über die Philosophie; heutzutage wird das umgekehrte Verhältnis angestrebt und zu verwirklichen gesucht. Daher der sogenannten Kulturkampf, der nicht bloß eine politische, sondern auch eine wissenschaftliche Erscheinung unserer Zeit ist.

Diese Streitfrage dürfte wohl keine bessere Lösung finden, als indem man die Selbständigkeit einer jeden der beiden Parteien innerhalb ihrer eigenen Sphäre anerkennt, wie es die Natur der Sache erfordert. Wie die Theologie so ist nicht minder die Philosophie eine selbständige Wissenschaft. Jede hat ihr eigentümliches Gebiet, ihre eigentümlichen Quellen und ihre eigentümliche Methode (11). Und auch wenn sich in manchen Fragen Philosophie und Theologie berühren, so ist doch hier die Argumentationsweise eine ganz andere als dort, indem die Philosophie Vernunftwissenschaft ist, die sich auf die erfahrungsmäßige Wirklichkeit stützt, während die Theologie eine Autoritätswissenschaft ist, welche aus den Quellen einer übernatürlichen Offenbarung schöpft.

Die somit durcch die Sache selbst geforderte Selbständigkeit beider Wissenschaften entspricht aber auch ihrem eigenen beiderseitigen Interesse. Denn wenn die Theologie sich auf die Philosophie stützen will, um durch dieselbe die Vernünftigkeit ihres Gegenstandes darzulegen, dann muß sie doch die Philosophie sich ihre eigenen Prinzipien erst bilden und aufbauen lassen. Wen nicht, wenn die Theologie durch eine beständige Einmischung in die Philosophie am Aufbau der letzteren mitarbeitet, dann stützt sie sich ja auch sich selbst, auf ihr eigenes Werk und gerät dadurch in einen offenbaren Zirkel des Beweisverfahrens, indem sie sich durch sich selbst zu begründen sucht. Folglich liegt es im eigenen Interesse der Theologie, die Selbständigkeit der Philosophie in ihrer zuständigen Sphäre anzuerkennen und zu wahren.

Ebenso fordert dies aber auch das Interesse der Philosophie, indem davon ihr eigenes Sein oder Nichtsein abhängt. Denn will die Philosophie sich nicht selbst aufgeben, will sie ihrem Begriff gemäß Vernunftwissenschaft auf empirischer Grundlage sein, dann darf sie sich nicht von anderer Seite in ihr eigenes Gebiet hineinreden lassen, dann darf sie keine fremden Befehle annehmen; außerdem hebt sie sich selbst auf.

So gestaltet sich das Verhältnis der Philosophie zur Theologie, wenn wir beide Wissenschaften hinsichtlich ihrer Aufgabe als solche betrachten: sie stehen nicht in einem Subordinations- oder Dienstverhältnis zueinander, sondern sind einander koordiniert; jede ist in ihrem Bereich selbständig (12).

Etwas anders verhält sich die Sache in individuo, d. h. mit Rücksicht auf die persönlichen Vertreter der Philosophie. Hier ist ein Zweifaches möglich: entweder hält man persönlich, sei es nach vorangegangener objektiver Prüfung, sei es aus einem Bedürfnis des Gemüts oder aus beiden Motiven, die Lehren des Christentums für wahr oder nicht. Ist das letztere der Fall, dann kümmert sich der betreffende Philosoph gar nicht um die christliche Religion und Theologie beim Betreiben seiner Wissenschaft, sondern verhält sich indifferent gegen sie. Philosophie und Theologie sind für ihn nicht bloß zwei selbständige, sondern zwei absolut getrennte, geschiedene Wissenschaften. Und wenn er das Christentum dennoch als Religionsphilosoph in den Kreis seiner Untersuchungen zieht, dann behandelt er dasselbe geradeso als eine religiöse Erscheinung wie die übrigen Religionen auch.

Hält aber ein Philosoph nach vorangegangener objektiver Prüfung oder auch aus Gemütsbedürfnis das Christentum für wahr, dann darf und kann er sich in seinem Philosophieren nicht in Feindschaft und Gegensatz zur christlichen Lehre setzen; denn dann würde er ja in Widerspruch mit sich selbst geraten. Es müßte denn sein, daß er das Grundgesetz des logischen Denkens: das Gesetz der Identität und des Widerspruchs aufgäbe; aber damit gäbe er zugleich das Fundament der Philosophie selbst und aller Wissenschaft auf. Will er jedoch das nicht, dann muß er zugeben, daß die Wahrheit nur eine sein kann; daß es folglich unstatthaft ist, vom religiösen Standpunkt aus eine Lehre für wahr zu halten, aus philosophischen Gründen jedoch dieselbe Lehre als falsch zu erklären. Das geht für dasselbe denkende Subjekt unmöglich an. Eine derartige doppelte Buchführung, wie sie zur Lösung des Konfliktes POMPONATIUS angenommen hat, ist hier logisch durchaus unhaltbar. Auf einer der beiden Seiten muß dann jedenfalls ein Fehler obwalten. Ist man von der Wahrheit der christlichen Religion überzeugt und stimmt das Resultat der philosophischen Forschung in dem ein oder anderen Punkt damit nicht überein, dann bleibt nichts Anderes übrig, als anzunehmen, daß man in diesem bestimmten Fall in seinem philosophischen Denken einen Fehler gemacht haben muß und daß darum die Frage von Neuem zu untersuchen ist, bis sich ein einheitliches Resultat ergibt.

Das ist offenbar der einzig richtige und logisch zu rechtfertigende Standpunkt des christlichen Philosophen, d. h. desjenigen Denkers, der nach vorauserfolgter wissenschaftlicher Prüfung von der Wahrheit der christlichen Lehre überzeugt ist.

Aber kann man fragen: wird denn auf diesem Standpunkt nicht die oben postulierte Selbständigkeit der Philosophie wieder aufgehoben?

Nein; denn erstens bleibt die Philosophie dennoch immer vollständig frei in allen jenen Fragen, welche außerhalb des religiösen Gebietes liegen, und was zweitens die mit der Religionslehre zusammenfallenden Fragen betrifft, so ist nach dem Gesagten für den christlich seinwollenden Philosophen nur eine der wissenschaftlichen Forschung nachfolgende, negative Orientierung am Religionsinhalt gefordert, nicht aber eine vorausgehende, positive Orientierung. Denn letztere würde zur spekulativen christlichen Theologie, folglich zu einer von der Philosophie ganz verschiedenen Wissenschaft führen, während dagegen jene der wissenschaftlichen Forschung nachfolgende, negative Orientierung am Dogma die Selbständigkeit der Philosophie nicht aufhebt (13). Auch der christliche Philosoph forscht nach denselben Prinzipien, nach derselben Methode und mit derselben Objektivität wie der nichtchristliche Denker (14); nur wenn das Schlußergebnis seiner Forschung in irgendeinem Punkt mit der erklärten, von ihm für wahr gehaltenen Religionslehre in einem offenbaren Widerspruch steht, dann macht er es in diesem Fall nicht weiter geltend, in dem Bewußtsein, daß das Resultat seiner Forschung noch nicht reif, sondern irgendein Fehler dabei unterlaufen ist, und beginnt den Denkprozeß oder die philosophische Untersuchung von Neuem.

Auf diese Weise und nur auf diese Weise wird sowohl die durch die Natur der Sache geforderte Selbständigkeit der Philosophie gegenüber der Theologie gewahrt, als auch die ebenfalls postulierte Harmonie zwischen der vorausgesetzten religiösen Überzeugung und der philosophischen Welt- und Lebensanschauung ermöglicht.

§ 5. Auffassung der Aufgabe der Philosophie in der Neuzeit. Fassen wir die Aufgabe der Philosophie nach der Anschauung des Altertums aufgrund des vorangegangenen historischen Überblicks, abgesehen von der sekundären Aufgabe, welche ihr das Mittelalter stellte, in eine allgemeine Formel zusammen, so dürfte sich wohl folgende Definition ergeben:
    Die Philosophie ist die Wissenschaft vom Wesen, dem Grund und dem Endziel allen Erkennbaren, insofern es für die menschliche Vernunft aus und durch sich selbst erreichbar ist.
Das ist dann auch die herkömmliche Begriffsbestimmung der Philosophie in der Schule.

Diese Definition hat jedoch in der neueren Zeit von zwei Seiten einen Stoß erhalten. Den ersten Stoß gab ihr KANT, indem er erklärte, daß wir das "Wesen" der Dinge gar nicht zu erkennen vermögen, sondern daß unsere Erkenntnis auf die erfahrungsmäßigen Erscheinungen eingeschränkt ist. Ist das wahr, so liegt für die Erfahrungswissenschaften der Schluß nahe: folglich gibt es in Wahrheit gar keine Philosophie als eigene Wissenschaft, sondern es sind nur die positiven oder Erfahrungswissenschaften berechtigt und für die Philosophie ist keine Stätte mehr. Sie mag daher ihren Schild einziehen und ihre Boutique schließen; denn ihre Zeit ist abgelaufen. Das war der zweite und zugleich heftigste Stoß, den man gegen die Philosophie in der neueren Zeit richtete. Denn damit war die Philosophie, bisher die "stolze Königin der Wissenschaften", nicht nur entthront und von ihrer Höhe herabgestürzt, sondern geradezu auf dem Aeropag [oberster Gerichtshof - wp] der Wissenschaften hinausgestoßen. Welch' jäher Fall! Der Altmeister HEGEL hatte sie noch vor einigen Dezennien [Jahrzehnten - wp] für den Ausbund [Inbegriff - wp] aller Wissenschaften, für die "absolute Wissenschaft" erklärt, und jetzt soll ihr nicht einmal mehr der bescheidene Titel einer einfachen Wissenschaft wie jeder anderen Disziplin mit Recht zukommen! Sie soll höchstens nur noch als "denkende Dichtung" oder als ein "wissenschaftlicher Roman" auf der Bühne der Forschung figurieren dürfen!

Dieses doppelte Attentat auf die Königin des Denkens - Entthronung und Verbannung - welches vorzüglich von den in der letzten Zeit durch ihre realistischen Erfolge emporgekommenen Naturforschern ausging, ließen sich natürlich die Philosophen nicht so ohne weiteres gefallen; sie reagierten, sie wehrten sich, sie kämpften und kämpfen noch heute auf Leben und To. "Sein oder Nichtsein - das ist die Frage." Bis jetzt ist die Philosophie in diesem Kampf noch nicht unterlegen, im Gegenteil, er hatte für sie sogar viel Gutes: er führte vor allem zur Ernüchterung aus dem hyperspekulativen Rausch, sodann zu neuer Kraftanstrengung und zu ihrer eigenen Erstarkung; ja noch mehr - und das ist einstweilen ihr größter Triumph - er führte gerade die hervorragendsten Vertreter der Naturforschung in der Gegenwart zu der so heftig verfolgten und verstoßenen Philosophie selbst zurück! DARWIN, DUBOIS-REYMOND, VIRCHOW, HELMHOLTZ, FECHNER, TYNDALL, HAECKEL usw. - sie scheuen sich nicht mehr, besonders bei festlichen Gelegenheiten im Philosophenmantel aufzutreten.

Das Erste und Notwendigste, was die Philosophen in diesem Kampf ums Dasein ihrer Wissenschaft zu tun hatten, war natürlich die Erbringung des Nachweises, daß die Philosophie auch heute noch in der Corona [im Glanz - wp] der Wissenschaften existenzberechtigt ist. Zu diesem Zweck wurden im Allgemeinen zwei Wege eingeschlagen: die einen erklärten die Philosophie ebenfalls für eine empirische, positive Spezialwissenschaft oder für einen Komplex von Spezialwissenschaften, während die andern ihr den allgemeinen Charakter den Einzelwissenschaften gegenüber zu wahren suchten.

Zur ersten Klasse gehört besonders ALOIS RIEHL. Ihm zufolge ist es unausführbar, daß die Philosophie die Gesamtheit der Erkenntnisse zu einem einzigen System zusammenschließt. Das sei wohl ein ideales Zukunftsziel, welches aber nicht die Philosophie für sich, sondern alle positiven Spezialwissenschaften im Verein anzustreben haben.
    "Im Fortgang des wissenschaftlichen Forschens selbst", sagt Riehl, "werden nicht selten die scheinbar entlegensten Tatsachen einheitlich verbunden und ganze, früher getrennte Untersuchungsgebiete einander genähert. Wärme und Massenbewegung wurden als verschiedene Formen ein und derselben Kraft erkannt, zwischen welchen eine unveränderliche numerische Beziehung besteht: das mechanische Äquivalent der Wärme. Die Abstammungs- und Entwicklungslehre Darwins hat sämtliche biologische Wissenschaften in fruchtbare Berührung und Wechselwirkung gebracht. So gelangt die Wissenschaft gerade auf dem Weg der Spezialisierung und Arbeitsteilung, den ihr das Interesse strenger Wissenschaftlichkeit vorschreibt, im Laufe der Zeit zur Vereinigung ihrer Forschungsergebnisse. Sie findet sich von selber auf das System geführt, oder doch demselben näher gebracht, ohne es zu suchen. Die Philosophie dagegen konstruiert das System der Wissenschaften a priori, und sieht sich dafür genötigt, ihren voreiligen Bau nach jeden prinzipiellen Fortschritt der empirischen Erkenntnis wieder abzubrechen. Ihr schwebt das Ziel in unmittelbar greifbarer Nähe vor, das für die Wissenschaft in einer unabsehbar fernen Zukunft liegt. Sie hat es mit jedem System erreicht geglaubt, um durch jedes folgende wieder enttäuscht zu werden. In der Tat lassen sich die Punkte, an denen die Wissenschaften in Berührung und systematische Verbindung treten werden, nicht von vornherein erraten und feststellen. Die Ausführung und Begründung des wahren Systems unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse ist daher die gemeinschaftliche, sich sukzessiv [aufeinanderfolgend - wp] vollziehende Leistung sämtlicher Wissenschaften im Verein; sie ist das zu erstrebende, insofern jederzeit ideale Ziel der Gesamtwirtschaft, dem sich jede einzelne Wissenschaft umso wahrscheinlicher annähert, je weniger absichtlich sie es verfolgt." (15)
Statt eine einheitliche Weltanschauung zu bieten, - was unmöglich ist - hat nun die heutige Philosophie, wenn sie wissenschaftlich sein will, nach RIEHL ein anderes, spezielles Objekt ihrer Tätigkeit, und das ist seit LOCKE die Erforschung des Verstandes oder die Lehre von der Erkenntnis. Die Philosophie soll Erkenntniswissenschaft sein. Ihre Aufgabe ist daher: die Quellen des Erkennens zu erforschen, seine Bedingungen zu ermitteln und seine Grenzen zu bestimmen. Auf diesem Untersuchungsfeld allein kann sich die Philosophie ohne Konkurrenz den übrigen Wissenschaften gegenüber als Wissenschaft behaupten.

Diese Auffassung der Aufgabe der Philosophie beruth auf einem zweifachen Grund, den wir kurz prüfen wollen. Erstens nämlich stützt sie sich auf die Annahme, daß ein apriorisches, abgeschlossenes System der Philosophie als allgemeiner Weltanschauung für jetzt bis in die ferne Zukunft, ja vielleicht für immer unmöglich ist.

Das geben wir zu. Allein daraus folgt noch nicht, daß die Philosophie überhaupt das Streben aufgeben muß, ein relatives Weltbild darzustellen. Ist auch zu diesem Zweck der apriorische Weg, wie uns die Geschichte lehrt, ein Irrweg, der nicht zum Ziel führt, dann bleibt noch immer der aposteriorische Weg ihr übrig, der darin besteht, daß die Philosophie die bisherigen Resultate der positiven Spezialwissenschaften sammelt, dieselben miteinander vergleicht, logisch-kritisch sichtet und zu einem, wenn auch nicht abgeschlossenen und lückenlosen, so doch dem jeweiligen Stand der Wissenschaften entsprechenden, relativ richtigen Erkenntnisbild der Welt vereinigt. Dieser Aufgabe kann sich die Philosophie noch immer unterziehen, auch wenn die apriorische Konstruktion des Weltbildes als unausführbar aufgegeben ist.

Ein zweiter Grund, auf den RIEHL seine Fassung der Aufgabe der Philosophie stützt, beruth auf der Annahme, daß alle Erkenntnis, alle Wissenschaft auf das Gebiet der Erfahrung eingeschränkt ist, folglich muß auch die Philosophie, wenn sie Wissenschaft sein will, Erfahrungswissenschaft sein.

Ohne hier schon auf die Frage in Bezug auf den Empirismus und des Rationalismus oder der Spekulation näher einzugehen, da uns dieselbe später am geeigneten Ort beschäftigen wird, so sei vorläufig nur kurz bemerkt, daß nach unserer Anschauung wohl jede Erkenntnis und jede Wissenschaft sich auf Erfahrung stützen muß, wenn sie nicht gleichsam in der Luft hängen will, aber nicht auf dieselbe notwendig beschränkt ist. Ja, selbst die positiven Wissenschaften, wenn sie nicht bloße Sammlungen und Aufspeicherungen von Einzelkenntnissen sein sollen, sondern die empirischen Erscheinungen durch Induktion auf allgemeine Gesetze zurückzuführen suchen, gehen damit über die unmittelbare Erfahrung hinaus; denn die sinnliche Erfahrung bietet nur einzelne Erscheinungen. Wollen also die positiven Wissenschaften durch Induzieren die allgemeinen Gesetze der Einzelerscheinungen eruieren, dann genügt die bloße sinnliche Erfahrung hierzu nicht, sondern es muß die Vernunft oder das Denken hinzukommen, um aufgrund der Erfahrung das Allgemeine zu erschließen. Somit sind nicht einmal die positiven Wissenschaften, genau genommen, reine Erfahrungswissenschaften. Auch bei ihnen muß Empfindung und Denken, Sinnlichkeit und Vernunft Hand in Hand gehen, wenn sie ihr Ziel: die Auffindung der allgemeinen Gesetze, welche die Einzelerscheinungen beherrschen, erreichen wollen.

Noch weniger darf die Philosophie ihrer Aufgabe zufolge bloße Erfahrungswissenschaft sein. Nehmen wir zum Beleg hierfür beispielsweise nur jene zwei Disziplinen heraus, welche allgemein und unbestritten als zur Domäne der Philosophie gehört betrachtet werden! Das sind die Logik und die Erkenntnislehre.

Die Logik will die Gesetze und Normen des Denkens aus den Tatsachen des Bewußtseins ermitteln.
    "Ohne Material des Denkens können wir freilich nicht denken, aber Logik als solche entsteht doch erst, wenn wir vom besonderen, als für die Form des Denkens relativ gleichgültigen Inhalt absehen, d. h. ausdrücklich von aller Erfahrung abstrahieren; und Logik besteht daher frei von aller Erfahrung als Darstellung der reinen Form des Denkens. Gerade hier, am Anfang der Philosophie, zeigt sich deren nicht-empirischer Charakter am klarsten, welcher eben der der Vernünftigkeit ist. Aber derselbe zeigt sich auch insofern, als die Logik, wie alle philosophischen Grunddisziplinen, eine doppelte Seite hat, wovon die eine ist, aus der Analyse des Bewußtseinsinhaltes als theoretische Erkenntnis der Denkgesetze hervorzugehen, und die andere, für die Praxis des Denkens, insbesondere des wissenschaftlichen Denkens, die normativen Bestimmungen oder Vorschriften aufzustellen. Denn die Vernunft ist nicht nur das Vermögen des Denkens, sondern auch des praktischen Sollens und Könnens im Menschen, da sie der Ausdruck seines geistigen Wesens überhaupt ist." (16)
Zu einem gleichen bezüglichen Ergebnis führt uns die Betrachtung der Erkenntnislehre. Die Fundamentalfrage dieser spezifisch philosophischen Disziplin ist: wie ist Erkenntnis überhaupt möglich? oder wie kommen wir dazu, den Inhalt unseres Bewußtseins, die subjektiven Vorstellungen auf einen Gegenstand oder etwas Objektives zu beziehen? In dieser Frage liegt offenbar zugleich die Frage nach der Möglichkeit der Erfahrung eingeschlossen. Kann aber eine Untersuchung, welche die Möglichkeit aller Erfahrung betrifft, selbst etwas Erfahrungsmäßiges sein? Wohl läßt sich jene Frage nicht ohne Erfahrung lösen, aber auch nicht durch die Erfahrung allein, indem sie selbst über die Erfahrung hinausgeht. Nicht die Erfahrung als solche oder die Erkenntnis einzelner Erscheinungen, sei es des Bewußtseins, sei es der äußeren Sinnlichkeit, sondern die Vernunft oder das logische Denken ist das kritische Vermögen in uns, fähig über sich selbst sowie über die Erfahrung zu urteilen und allgemeingültige Erkenntnisse zu liefern.

Also schon die genannten zwei unbestrittenen Grunddisziplinen der Philosophie: die Logik und Erkenntnislehre beweisen hinreichend, daß die Philosophie keine bloße Erfahrungswissenschaft ist, wenn sie sich auch auf der Erfahrung aufbauen muß. Damit fällt aber auch der zweite Grund hinweg, welcher RIEHL zu jener engen Umgrenzung der Aufgabe der Philosophie geführt hat. Er meint nämlich, alle Wissenschaft kann nur Erfahrungswissenschaft sein. Da nun die positiven Wissenschaften alle übrigen Erfahrungsgebiete im Besitz haben, so bleibt der Philosophie nur noch das Gebiet des Erkennens übrig; die Aufgabe der jetzigen Philosophie kann daher nur die Bearbeitung der Erkenntnistheorie sein. - Zwar ist es wahr, daß die eine ihrer Hauptaufgaben bildet, aber nicht ihre einzige. Schon vom historischen Gesichtspunkt aus ist diese enge Einschränkung der Philosophie bedenklich. Denn wenn die Erkenntnislehre wirklich die einzige Aufgabe dieser Wissenschaft ist, so hat die Philosophie von Anfang an bis auf die neuere Zeit ihren Beruf verfehlt und selbst ihre bisherigen Hauptvertreter samt den dii minores gentium, - mit Ausnahme etwa der griechischen Sophistiker und Skeptiker, ferner des LOCKE, BERKELEY, HUME und KANT - waren irrende Ritter, welche bloßen Wahngebilden nachjagten. Ja sogar Großmeister KANT ist nicht ganz von dieser "Komödie" oder wenn man so will "Tragödie der Irrungen" ausgenommen, indem auch er nicht bloß in seiner vorkritischen, sondern auch selbst in seiner kritischen Periode die Philosophie nicht auf die Erkenntnistheorie beschränkte, vielmehr auch eine Metaphysik der Natur und der Sitten aufstellte. Nach der Auffassung RIEHLs wäre somit der größte Teil der Geschichte der Philosophie eine Geschichte der Irrungen gewesen, indem die meisten Philosophen nie recht zu sich selbst gekommen sind.

Doch mag es auch sein, daß RIEHL die Erkenntnistheorie, insofern sie nach ihm die eigentliche Aufgabe der Philosophie bilden soll, in einem weiteren Sinn faßt, da er in der Vorrede zu seinem Werk "Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft" bemerkt:
    "Der zweite abschließende Teil dieses Bandes wird die metaphysischen Erkenntnisprobleme, namentlich die Fragen der Realität der Außenwelt, des Verhältnisses zwischen den psychischen und physischen Erscheinungen, der Unendlichkeit der Welt, der Systematik und Zweckmäßigkeit in der Natur behandeln." (17)
Nimmt man die Erkenntnistheorie in so einem umfassenden Sinn, dann steht nichts im Weg, der Auffassung RIEHLs zuzustimmen. Denn wir halten die Forderung für berechtigt, daß die spezifische Aufgabe der Philosophie heutzutage darin besteht, alle ihre Probleme vom erkenntniskritischen Gesichtspunkt aus zu behandeln. Die Erkenntniskritik muß alle philosophischen Untersuchungen leiten.

Andere haben die Aufgabe der Philosophie von einer anderen Seite aufgefaßt, indem sie sagen, daß es nur zwei umfassende Wissenschaften gibt: die Naturwissenschaft und die Philosophie; erstere ist die Wissenschaft der äußeren, letztere die der inneren Erfahrung. Bei beiden Wissenschaftsgruppen läßt sich sodann wieder ein zweifaches Verfahren in Anwendung bringen: das sachliche, indem man die Objekte einer Wissenschaft als solche betrachtet, oder das historische, indem man die geschichtliche Entwicklung dieser Objekte darstellt. Demnach wäre also die Philosophie als die Wissenschaft des Geistes oder der inneren Erfahrung zu bestimmen, welcher die Naturwissenschaft als die Wissenschaft der äußeren Erfahrung gegenübersteht.

Dieser Auffassung huldigt jüngst unter anderem z. B. THEODOR LIPPS, indem er sie folgendermaßen begründet:
    "Zwei Gesichtspunkte muß die in jedem Fall notwendige Umgestaltung des ursprünglichen Begriffs der Philosophie festhalten, den praktischen und den historischen. Das Gebiet, das er abgrenzt, muß ein eigentümlich geartetes sesin, dessen Bearbeitung dementsprechend ihre besonderen Weisen des Verfahrens erfordert und es muß so viel wie möglich diejenigen Disziplinen umschließen, die wir als philosophische zu bezeichnen gewohnt sind. Beide Forderungen erfüllt die Definition der Philosophie als Geisteswissenschaft oder Wissenschaft der inneren Erfahrung.

    Auf innerer Erfahrung beruhen Psychologie, Logik, Ästhetik, Ethik mit den daran sich anknüpfenden Disziplinen, schließlich auch Metaphysik in dem Sinne, in dem von einer solchen die Rede sein kann. Alle diese Disziplinen gelten uns jetzt als philosophisch und sie füllen, der gewohnten Anschauung zufolge, wenigstens der Hauptsache nach, den Umkreis der Arbeit, die wir speziell mit dem Namen der philosophischen beehren. Ihre Objekte sind die Vorstellungen, Empfindungen, Willensakte, und daß die von den Gegenständen anderer Wissenschaften verschieden sind und dementsprechend ihre eigene Weise wissenschaftlicher Behandlung erfordern, leugnet kein Verständiger." (18)
Vom Standpunkt des Empirismus aus ist diese Ansicht über die Aufgabe der Philosophie vielleicht die zutreffendste. Denn ist alle Wissenschaft nur Erfahrungswissenschaft, dann bleibt der Philosophie nichts Anderes übrig, als gegenüber der Naturforschung sich das Gebiet der inneren Erfahrung vorzubehalten. Wer jedoch außer der Wahrnehmung auch noch das kritische Denken als eine Quelle der Erkenntnis anerkennt, der wird sich auch von dieser Auffassung der Aufgabe der Philosophie nicht befriedigt finden, und zwar aus einem doppelten Grund: einmal genügt die bloße Darstellung des in der Wahrnehmung Gegebenen dem tieferen Kausalitätstrieb des denkenden Geistes nicht; denn er will nicht bloß die in die Erscheinung oder in die äußere und innere Erfahrung fallenden empirischen Tatsachen kennen lernen, sondern dieselben aus ihren inneren Gründen und womöglich aus ihrem letzten Grund erklärt wissen.

Und damit hängt zugleich ein tiefes Bedürfnis des denkenden Geistes zusammen, nämlich das unausrottbare Streben nach einheitlicher, zusammenfassender, allgemeiner Erkenntnis. Auch diesem Streben entsprechen die bloßen Erfahrungswissenschaften nicht, zumindest nicht vollständig. Darum sagt JOHANNES von KIRCHMANN:
    "Während der Fortschritt der Erkenntnis des Einzelnen fortwährend zur Vermehrung der besonderen Wissenschaften nötigt, besteht im Wissen auch eine entgegengesetzte Richtung, auf die Einheit allen Wissens und aller besonderen Wissenschaften. ... Diese Einheit kann nur in Begriffen und Gesetzen gefunden werden, welche allen besonderen Wissenschaften gemeinsam sind, und welche sich damit selbst als die höchsten darstellen. Diese die besonderen Wissenschaften einende und einige Wissenschaft ist die Philosophie. Ihre Definition ergibt sich hiernach als die Wissenschaft der höchsten Begriffe und Gesetze des Seins und des Wissens. Die Gegenstände der Philosophie sind deshalb dieselben wie die der besonderen Wissenschaften, nur mit dem Unterschied, daß jene nur das Allgemeinste in denselben betrachtet, während die besonderen Wissenschaften sich mit den Besonderheiten beschäftigen. Es erhellt sich, daß die Grenze zwischen der Philosophie und den besonderen Wissenschaften schwankend ist und in den Gegenständen gar nicht besteht. Deshalb zeigen die besonderen Wissenschaften in ihrem allgemeinen Teil ein Übergreifen in die Philosophie, und diese in ihrer Besonderung ein Übergreifen in jene; eine Gemeinschaft, welche keiner von beiden schädlich ist." (19)
In ähnlicher Weise wie KIRCHMANN definieren Andere in der neueren Zeit die Philosophie als die Wissenschaft von den Prinzipien, den Prinzipien des Denkens und Seins. So z. B. ÜBERWEG (20) und EDMUND PFLEIDERER (21). HORWICZ faßt sie als
    "das systematische Wissen der höchsten und allgemeinsten Ideen und damit der höchsten und allgemeinsten Ziele und Aufgaben des Menschen."
Ihm zufolge soll die Philosophie die Resultate der Einzeldisziplinen zu ihrem Material und Ausgangspunkt machen, um darauf ein Wissen höherer Ordnung, eine Wissenschaft der Wissenschaften zu gründen und so ein geistiger Brennpunkt zu werden, in dem alle Strahlen der wissenschaftlichen Erkenntnistätigkeit sich vereinigen (22).

Nach AVENARIUS besitzt der menschliche Geist das Streben, die Gesamtheit des in der Erfahrung Gegebenen begreifend zu denken. Daraus erwächst die Philosophie im Unterschied von den Einzelwissenschaften. Während nämlich die letzteren sich mit der Erforschung einzelner Teile, Zweige oder Seiten des in der Erfahrung Gegebenen beschäftigen, zielt die Philosophie auf die wissenschaftliche Erfassung der Gesamtheit ab. Demnach unterscheidet sich die Philosophie von den Einzelwissenschaften durch den Umfang ihres Objektbegriffs, während sie hinsichtlich des Inhaltes desselben zu jenen in der allerinnigsten Verbindung steht. - Das auf die Gesamtheit des Erfahrungsmäßigen gerichtete Denken wird nun durch das Prinzip des kleinsten Kraftmaßes bestimmt. Darum läßt sich die Philosophie als
    "das wissenschaftlich gewordene Streben auffassen, die Gesamtheit des in der Erfahrung Gegebenen, was wir auch die Welt nennen, mit dem geringsten Kraftaufwand zu denken";
oder kurz: "die Philosophie ist das Denken der Welt gemäß dem Prinzip des kleinsten Kraftmaßes." (23)

Endlich sei noch einer der jüngsten beachtenswerten Formulierungen der Aufgabe der Philosophie in Kürze gedacht: nach WINDELBAND nämlich ist die Philosophie "die Wissenschaft von den notwendigen und allgemeingültigen Wertbestimmungen." (24) Er gelangt zu dieser Bestimmung durch die logisch und psychologisch begründete Unterscheidung zwischen Urteilen und Beurteilungen als zwei genau zu sondernden Arten von Sätzen. In den Urteilen wird die "Zusammengehörigkeit zweier Vorstellungsinhalte", in den Beurteilungen dagegen "ein Verhältnis des beurteilenden Bewußtseins zum vorgestellten Gegenstand" ausgesprochen. Es sei ein fundamentaler Unterschied zwischen den beiden Sätzen: "Dieses Ding ist weiß." und "Dieses Ding ist gut", obwohl die grammatische Form dieser beiden Sätze ganz dieselbe ist.
    "Einem Subjekt wird - der grammatischen Form nach - in beiden Fällen ein Prädikat zugesprochen; aber dieses Prädikat ist in dem einen Fall - als Urteilsprädikat - eine in sich fertige, dem Inhalt des objektiv Vorgestellten entnommene Bestimmung; es ist im anderen Fall - als Beurteilungsprädikat - eine auf ein zwecksetzendes Bewußtsein hinweisende Beziehung."
Alle Urteilsprädikate sind positive, auf die vorgestellte Welt als Gattungsbegriffe, Eigenschaften, Tätigkeiten, Zustände, Verhältnisse usw. bezogene Vorstellungen; alle Beurteilungsprädikate aber sind Äußerungen des Beifalls oder des Mißfallens von Seiten des vorstellenden Bewußtseins. Auf dieser Unterscheidung nun von Urteil und Beurteilung beruth nach WINDELBAND die einzige Möglichkeit, die Philosophie als eine besondere, schon durch den Gegenstand scharf von den übrigen sich abgrenzende Wissenschaft zu bestimmen: alle übrigen Wissenschaften nämlich haben theoretische Urteile aufzustellen; das Objekt der Philosophie bilden die Beurteilungen.

Es sollen jedoch nicht alle Beurteilungen den Gegenstand der Philosophie ausmachen, sondern nur jene, welche
    "absolut gelten, d. h. den Charakter der Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit an sich tragen. Die Philosophie nämlich fragt, ob es eine Wissenschaft gibt, d. h. ein Denken, welches mit allgemeiner und notwendiger Geltung den Wert der Wahrheit besitzt; sie fragt, ob es Moral gibt, d. h. ein Wollen und Handeln, das mit allgemeiner und notwendiger Geltung den Wert der Güte besitzt; sie fragt, ob es Kunst gibt, d. h. ein Anschauen und Fühlen, das mit allgemeiner und notwendiger Geltung den Wert der Schönheit besitzt." (25) -
Diese Auffassung der Aufgabe der Philosophie ist, wie ich gerne zugebe, wohl eine tiefsinnige, aber sie unterliegt doch manchen Bedenken. Zunächst erscheint uns diese Definition als zu eng, indem nicht alle Disziplinen, die gewöhnlich als philosophische betrachtet werden, sich darunter subsumieren lassen. Ferner läßt sie sich darum nicht einmal auf die hauptsächlichen historischen Erscheinungen der Philosophie anwenden. Und endlich ist es auch fraglich, ob wir imstande sind, das hohe Ziel, das hier der Philosophie gesteckt wird, zu erreichen. Denn woher sollen wir die "absolut gültigen" Maßstäbe zu den logischen, ethischen und ästhetischen Beurteilungen nehmen?

§ 6. Begriff der Philosophie. Versuchen wir nun nach diesem Überblick der älteren und neueren Auffassung der Aufgabe der Philosophie eine Begriffsbestimmung zu gewinnen, welche sowohl der geschichtlichen Entwicklung dieser Wissenschaft entspricht, als sich auch möglichst mit den verschiedenen philosophischen Standpunkten verträgt, sowie die Forderungen der Spezialwissenschaften gehörig berücksichtigt: so dürfte die Philosophie vielleicht am zutreffendsten als "die wissenschaftliche Forschung nach den Grundlagen oder Bedingungen des Erfahrungsmäßigen" definiert werden.

In diesem Begriff ist vor allem der spezifische Gegenstand der Philosophie zum Unterschied von den positiven, besonderen Wissenschaften und zugleich das Verhältnis dieser zu jener angegeben.

Die positiven, besonderen Wissenschaften nämlich haben das Erfahrungsmäßige selbst zu ihrem Objekt: sie beobachten und erforschen dasselbe, beschreiben und klassifizieren es und suchen den kausalen, gesetzlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen, gegebenen Tatsachen oder Erscheinungen nachzuweisen. Dabei gehen sie, solange sie positiv bleiben wollen, über das Gegebene, über das Empirische nicht hinaus. Die Philosophie dagegen sucht das dem Gegebenen oder dem Empirischen Zugrundeliegende zu eruieren, um jenes zu begreifen. Aber sie kann das nur, indem sie sich auf das Empirische oder die Resultate der Erfahrungswissenschaften stützt; außerdem hängt sie gleichsam in der Luft, wird Begriffsspielerei und Phantasterei, und es bewahrheitet sich das Wort des Dichters:
    "Grau, mein Freund, ist alle Theorie."
Jedoch darf die Philosophie die Ergebnisse der positiven Wissenschaften nicht einfach registrieren und zusammenstellen, sondern muß sie logisch-kritisch bearbeiten, miteinander vergleichen, womöglich kombinieren und daraus allgemeine Schlüsse auf das die erfahrungsmäßige Wirklichkeit Bedingende ziehen. Insofern hat HERBART Recht, wenn er die Philosophie als die logische Bearbeitung der Erfahrungsbegriffe definiert.

Die Philosophie muß danach wohl auf der Erfahrung beruhen, sie muß empirisch begründet sein, aber sie darf nicht bei der bloßen Erfahrung stehen bleiben, sondern soll anhand derselben durch logisch-kritisches Denken deren Grundlagen erforschen. Wir stehen somit zwischen dem reinen Empirismus und dem reinen Rationalismus oder der Spekulation in der Mitte, indem wir beide miteinander verbinden und dadurch ihre Einseitigkeiten vermeiden.

Da nun die Erfahrung im Allgemeinen eine zweifache ist: die sogenannten innere und äußere Erfahrung, so folgt dem Gesagten gemäß, daß auch die Philosophie im Großen und Ganzen zwei Gebiete umfaßt: das Gebiet des Geistes und das der Natur mit Einschluß des Menschen. Während die positiven oder die Fachwissenschaften die empirischen Erscheinungen als solche und deren kausalen Zusammenhang innerhalb dieser beiden Gebiete erforschen, sucht die Philosophie die allgemeinen Bedingungen und Grundlagen dieser Erscheinungen zu eruieren.

Da aber die Bedingungen und Grundlagen der Erfahrung natürlich nicht selbst unmittelbar erfahren oder wahrgenommen und anschaulich vorgestellt werden können, sondern nur durch das kritische Denken nach der Maßgabe des Empirischen sich erschließen lassen, so kann man die Philosophie auch definieren als die Theorie von den Postulaten des die Erfahrung zu begreifen suchenden Denkens, oder kürzer ausgedrückt: als die Theorie von den Postulaten der Begreiflichkeit der Erfahrung. Und insofern diese Postulate das Letzte oder die Grenze sind, zu denen unser Denken vordringen kann, so läßt sich die Philosophie auch als die Theorie von den Grenzbegriffen der Erfahrung bestimmen.

In ähnlicher Weise bezeichnet KANT die Philosophie als "die Wissenschaft von den Grenzen der Vernunft". Doch erscheint die obige Definition, wonach die Philosophie "die wissenschaftliche Forschung nach den Grundlagen der Erfahrung" ist, wohl genauer und entsprechender, indem in derselben nicht bloß der eigentümliche Gegenstand der Philosophie im Unterschied von den Spezialwissenschaften im Allgemeinen enthalten ist, sondern zugleich auch die Methode angedeutet ist, um zu ihrem Ziel zu gelangen: nämlich der aposteriorische oder der induktive Weg. Nachdem die apriorische Konstruktion oder die deduktive Systembildung laut Zeugnis der Geschichte sich als verfehlt herausgestellt hat, bleibt nur noch die Methode der Erfahrung und Beobachtung übrig.

Endlich hat die von uns aufgestellte Definition der Philosophie auch das Gute an sich, daß sie der geschichtlichen Entwicklung der Philosophie vollständig entspricht, indem sie sich mit allen bisherigen philosophischen Bestrebungen und Systemen vereinbaren läßt. Denn alle historischen Philosophen, von THALES angefangen bis auf LOTZE, suchten im Wesentlichen nach nichts Anderem, als die Grundlagen der erfahrungsmäßigen Wirklichkeit zu erforschen. Und wenn man ihre Bestrebungen genau verfolgt, so wird man finden, daß sie durchaus keine bloßen Fehlversuche und Irrgänge waren, wie die landläufige, oberflächliche Ansicht von der Geschichte der Philosophie behauptet, sondern daß sie Alle, - der eine nach dieser, der andere nach jener Richtung hin - Etwas zur Annäherung an dieses Ziel beigetragen haben. Ja selbst der kantische Kritizismus, sowie Jene, die noch über ihn hinausgehend, alle und jede Metaphysik als Phantasterei verwerfen, können sich doch mit unserer Definition der Philosophie anfreunden. Denn wenn sie auch darauf verzichten, die Grundlage der objektiven Erfahrung zum Gegenstand ihrer Erfahrung zu machen, so können und werden sie doch nicht, falls sie überhaupt noch philosophieren wollen, die Aufgabe von sich weisen, die Bedingungen und Grundlagen der subjektiven Erfahrung, ich meine der Erfahrung als Erkenntnistätigkeit zu eruieren. Für diese Richtung in der Philosophie gilt also unsere Definition in diesem soeben angedeuteten engeren Sinn.

Aus der erörterten Auffassung der Aufgabe der Philosophie ergibt sich, daß dieselbe heutzutage trotz des großen Fortschritts der Fachwissenschaften ebensowenig eine überflüssige Wissenschaft ist wie früher. Im Gegenteil: je mehr die Forschung in die peripherischen Fachdisziplinen expandiert und sich ins endlose Einzelne zersplittert, desto gebieterischer fordert der nach Einheit und Zusammenhang strebende Geist eine zentrale, allgemeine Wissenschaft, da die Spezialdisziplinen keineswegs sein tieferes Kausalitätsbedürfnis befriedigen. Wo diese einheitliche, philosophische Weltanschauung mangelt, da gilt jenes faustische Wort:
    "Du hast die Teile in deiner Hand,
    Fehlt leider nur das geistige Band."
Darum sagt mit Recht ein geistreicher Denker unserer Tage:
    "Beim flüchtigen Anblick des vielzerküfteten Arbeitsfeldes der Gegenwart kann man den Eindruck erhalten, als herrsche hier weiter nichts als eine täglich steigende Anarchie. Zersplittert sich doch die Emsigkeit spezialwissenschaftlicher Detailforschung nach allen Richtungen der Windrose hin. Wird doch vielfach anstelle philosophischer Universalität die Einschränkung auf Spezialitäten als Vorbedingung des Erfolgs ausdrücklich gefordert. In Laboratorien, Kliniken und Sternwarten, in Bibliotheken, Archiven und in den geographisch weit zerstreuten Ruinen des Altertums verteilt sich ein Heer von Fachgelehrten, deren Jeder nur für sein Spezialobjekt Augen zu haben, alles Übrige zu ignorieren scheint. Experimente, Beobachtungen, Messungen, Berechnungen, statistische Zählungen sind es hier, Sammlungen antiker Inschriften, Herausgabe von Urkunden, Kollation [Vergleich der Abschrift mit der Urschrift - wp] von Handschriften, subtile Quellenkritik sind es dort, wovon das Interesse und die Leistungsfähigkeit eines Gelehrten modernen Stils ohne Rest absorbiert wird. Seinem nächsten Nachbarn kehrt er den Rücken zu, damit kein Augenblick an Dinge vergeudet wird, die für ihn Allotria [dummes Zeug - wp] sind. Und so verzettelt sich die wissenschaftliche Gesamtarbeit in eine unendliche Mikrologie. Oft genug ist ja in unseren Tagen diese babylonische Verwirrung geschildert, oft als Übel anerkannt und zugleich bedauert und gerechtfertigt worden.

    Allein, wer sich durch den äußerlichen Fabriklärm des spezialistischen Kleinbetriebs nicht obruieren [überladen - wp] läßt, wer von einiger Gedankenhöhe herab einen Überblick über dieses emsig wimmelnde Arbeitsfeld zu gewinnen versteht, dem bietet sich ein ganz anderer Aspekt dar. Er weiß und er sieht, wie die nach dem Prinzip der Arbeitsteilung scharf getrennten und weit divergierenden Hauptzweige heutiger Forschung innerlich nach einem Zentrum konvergieren [annähern - wp]. Denn von Problemen, nicht von definitiven Gewißheiten wird der Horizont menschlicher Wissenschaft umgrenzt. An die Grenzprobleme anstoßend wird der Forschergeist von allen Seiten auf den Mittelpunkt philosophischer Reflexion zurückgedrängt. Je weiter eine Einzelwissenschaft in ihr Objekt eindring und sich über dessen Natur besinnt, umso deutlicher wird sie gewahr, daß das Endrätsel im Verhältnis dieses Objekts zum menschlichen Geist liegt. Und sobald sie sich auf eine Untersuchung des hier steckenden Rätsels einläßt, hört sie auf, Fachdisziplin zu sein und verwandelt sich in Philosophie." (26)
Entbehren die Spezialwissenschaften der philosophischen Grundlegung und Vollendung, dann sind sie notwendig in ihren wesentlichen Elementen mangelhaft; denn dann fehlt gerade ihren Grundbegriffen, die sie stets in ihrem Auf- und Ausbau anwenden, die kritische Beleuchtung. So führen bekanntlich die besonderen Wissenschaften beständig die Begriff: Stoff und Kraft, Substanz und Akzidenz, Ursache und Wirkung, Raum und Zeit, Bewegung und Zahl, das Stetige und das Diskrete, das unendlich Kleine und unendlich Große, das Körperliche und Geistige, das Sittliche und das Schöne, Recht und Unrecht usw. im Mund, ohne sich selbst darüber eine wissenschaftliche Rechtfertigung zu geben. Sie gebrauchen diese Kategorien wie kursierende Münzen, ohne sie genauer zu besehen und ihren wahren Wert oder Unwert gehörig zu prüfen. Aber gerade die Philosophie ist es, welche diese Grundbegriffe kritisch untersucht und die Frage nach ihrer objektiven oder subjektiven Natur, nach ihrem Wahrheitsgehalt behandelt.

Die philosophische Wissenschaft ist also auch in unserer Zeit nicht bloß ebenso berechtigt, sondern auch ebenso gefordert wie ehedem. Denn wenn jm-sicht1.htmlJOHANNES MÜLLER einmal gesagt hat: "Der Mensch ist gewissermaßen zum Naturforscher geboren", (27) so läßt sich mit demselben, ja vielleicht mit noch größerem Recht behaupten: "Der Mensch ist gleichsam zum Philosophen geboren", und zwar ist er dies - der eine mehr, der andere weniger - infolge des im Grundgesetz des vernünftigen Denkens wurzelnden Kausalbedürfnisses [trebitsch], welches sich mit der platten Oberfläche der bunten Erscheinungswelt oder der unmittelbaren Erfahrung nicht zufrieden gibt, sondern das Forschen und Denken beständig anstachelt, tiefer und tiefer zu graben und die Fundamente des Empirischen bloßzulegen, bis es schließlich auf den Urgrund allen Seins und Denkens stößt.

Ob wir aber imstande sind, diese Grundlagen des Erfahrungsmäßigen - das eigentliche Objekt und Ziel der Philosophie - positiv oder nur negativ, adäquat oder nur analog zu eruieren, das muß sich erst aus der Kritik des menschlichen Erkenntnisvermögens ergeben, der wir uns nun zuwenden wollen.
LITERATUR - Engelbert Lorenz Fischer, Die Grundfragen der Erkenntnistheorie, Mainz 1887
    Anmerkungen
    10) vgl. Franz Jacob Clemens, de scholasticorum sententia, philosophiam esse theologiae ancillam; Johannes von Kuhn, Philosophie und Theologie; Alois von Schmid, Wissenschaft und Auctorität; Hermann Hagemann, Vernunft und Offenbarung mit Rücksicht auf die neueren kirchlichen Entscheidungen.
    11) Die übernatürlichen Religionswahrheiten, die den Horizont der menschlichen Vernunft überragen, liegen außerhalb des Bereichs der Philosophie, die es nur mit denjenigen Wahrheiten zu tun hat, welche die Vernunft mit ihren eigenen Kräften aufgrund des erfahrungsmäßig Gegebenen erfassen kann. Wenn Frohschammer dagegen meint, daß "man den Unterschied zwischen Vernunftwahrheiten und Mysterien fallen lassen muß und daß ein solcher höchstens noch von den eigentlich historischen Mysterien des Christentums, - von solchen, die nicht im göttlichen Wesen, sondern im göttlichen Willen den Grund ihrer Existenz haben" - so kann ich dieser Ansicht nicht beipflichten, da sie die Philosophie mit der Theologie vermischt und der ersteren Probleme zudiktiert, die sie mit ihren Mitteln nicht lösen kann; abgesehen von dem ewigen Konflikt, der dadurch zwischen beiden Wissenschaften unnötigerweise heraufbeschworen wurde. ("Einleitung in die Philosophie und Grundriß der Metaphysik", 1858, Seite 278)
    12) Auch Georg Hagemann sagt in dieser Beziehung: "Die Philosophie ist eine durchaus selbständige Wissenschaft, welche ihr eigenes Objekt und ihre eigenen Prinzipien hat. Sie hat keinen Satz, keinen Begriff als den ihrigen anzuerkennen, den sie nicht denknotwendig aus ihren Prinzipien entwickeln kann." (Logik und Noetik, 1870, Seite 5) Desgleichen bemerkt Albert Stöckl: "Frohschammer sagt, die Wissenschaft, in specie die Philosophie, habe ihre eigenen Prinzipien, ihre eigene Methode und ihren eigenen Gegenstand, und Niemand habe ihr diese Dinge zu diktieren. Das ist sehr wahr, und der kirchlichen Autorität ist es nie eingefallen, der Philosophie ihr Prinzip, ihre Methode und ihren Gegenstand zu diktieren. Die Kirche kann aber fordern, daß die Philosophie nicht über den Kreis ihres Gegenstandes hinausgeht, und sich nicht in Dinge einmischt, die sie nichts angehen. Und die Mysterien des Christentums gehen die Philosophie, die es bloß mit den Vernunftwahrheiten zu tun haben kann, Nichts an." (Geschichte der neueren Philosophie, 1883, Bd. 2, Seite 421) - Ähnlich äußert sich Paul Haffner: "Quelle der philosophischen Erkenntnis ist die Vernunft mit allen ihren natürlichen Kräften, in voller Harmonie, aber nur diese allein. Die Philosophie darf keinen Satz als den ihrigen aufstellen, den sie nicht aus Prinzipien der Erfahrung oder der Vernunft mit Evidenz zu erweisen vermag. Nur als Vernunftwissenschaft hat sie Wert für sich wie für den Glauben." (Grundlinien der Philosophie, 1881, Bd. 1, Seite 238)
    13) vgl. Matthias Hamma, Geschichte und Grundfragen der Metaphysik, 1876, Seite 13.
    14) So soll es zumindest sein, aber in konkreter Wirklichkeit verhält es sich freilich häufig anders. Indessen fehlt nicht bloß bei gar manchen christlichen Philosophen die nötige wissenschaftliche Unbefangenheit und Objektivität der Forschung, sondern auch nicht selten im Lager der nichtchristlichen Denker. Nur zu häufig geht man sowohl hüben wie drüben von Vorurteilen aus, ohne sie einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Man behandelt nicht durch eigenes selbständiges Denken die wissenschaftlichen Probleme, sondern nach der Schablone eines von vornherein als wahr angenommenen historischen Systems.
    15) Alois Riehl, Über wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Philosophie, 1883, Seite 5.
    16) Carl Schaarschmidt, Vom rechten und falschen Kritizismus, Philosophische Monatshefte, Bd. 14, Seite 7, Leipzig 1878
    17) Alois Riehl, Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft, Bd. 2, Seite IV, Leipzig 1879.
    18) Theodor Lipps, Grundtatsachen des Seelenlebens, 1883, Seite 3.
    19) von Kirchmann, Die Lehre vom Wissen, 1871, Seite 87
    20) Überweg, Grundriß der Geschichte der Philosophie, 1871, erster Teil, Seite 1.
    21) Edmund Pfleiderer, Die Aufgabe der Philosophie in unserer Zeit, Eine Rede, 1874, Seite 8
    22) Adolf Horwicz, Über Wesen und Aufgabe der Philosophie (78. Heft der "Deutschen Zeit- und Streitfragen") 1876.
    23) Richard Avenarius, Philosophie als Denken der Welt gemäß dem Prinzip des kleinsten Kraftmaßes, 1876, Seite 20.
    24) Windelband, Was ist Philosophie?", Präludien, 1884, Seite 26
    25) Windelband, a. a. O., Seite 28.
    26) Otto Liebmann, Über philosophische Tradition (eine akademische Antrittsrede) 1883, Seite 23.
    27) Johannes Müller, Lehrbuch der Physik und Meteorologie, Vorrede.