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[mit NS-Vergangenheit] Der Realismus und das Transzendenzproblem [Versuch einer Grundlegung der Logik] [4/8]
IV. Abschnitt Die Bedeutung des Transzendenzproblems für die Logik Die Frage des Realismus im engeren Sinn, die meist als spezielle Frage einer besonderen Wissenschaft, der Erkenntnistheorie oder Metaphysik gilt, hat sich bei näherer Betrachtung als im Wesentlichen identisch mit einem Problem erwiesen, das heute unbedenklich zu den anerkannten Bestandsstücken der Logik gerechnet wird. So würde auch die Frage des Realismus im Wesentlichen als eine logische bezeichnet werden müssen. Indessen muß es gerade nach den obigen Auseinandersetzungen über die Eigenart des Induktionsproblems doch sehr fraglich erscheinen, ob die Einordnung dieses Problems in die Logik besonders zweckmäßig ist. Die Entscheidung über die Grade der Strenge, in dem der allgemeinste Induktionsobersatz oder der Kausalsatz zu gelten hat, ebenso die Aufstellung ihrer Teilsätze, der besonderen Regeln des induktiven Verfahrens, wird nicht durch irgendwelche logischen Erwägungen ermöglicht, sondern hängt einfach von ganz bestimmten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ab, die sich der Logiker zwar auch aneignen kann, die er aber in seiner Eigenschaft als Logiker nicht imstande ist, selbst zu gewinnen. Wenn trotzdem die Frage des Realismus jederzeit mehr den Philosophen, den Logiker beschäftigt hat als den Naturforscher, so hängt das wohl damit zusammen, daß in dieser Frage das allgemeinere Problem das in ihr steckt, immer zumindest herausgefühlt worden ist, das Transzendenzproblem, das, weil es ganz allgemein das Denken betrifft, tatsächlich ein rein philosophisches, spezieller ein rein logisches ist, sofern nämlich die Logik ihrem tatsächlichen Betrieb entsprechend als eine Wissenschaft vom Denken bestimmt werden kann. Die Frage des Realismus ist für den Philosophen einfach ein Anhängsel zum allgemeinen Transzendenzproblem, dieses aber ist das allgemeinste Problem überhaupt, das die Wissenschaft vom Denken kennt. Das, was sonst Erkenntnistheorie genannt wird, ist nur ein Teil der Logik: das Hauptproblem der ersteren Wissenschaft ist zugleich das allgemeinste der letzteren. Beide Wissenschaften werden so durch einen großen Gedanken zusammengehalten, dessen Bedeutung aber nicht bloß darin besteht, etwas ganz allgemeines zu sein, sondern vor allem auch darin, daß es kaum ein Sonderproblem in beiden Wissenschaften gibt, dessen Entscheidung nicht von ihm zum guten Teil mit abhängen würde. Wollen wir zu einer vollen Würdigung dieses allgemeinen Gedankens gelangen, so wird es nötig sein, zumindest einen kurzen Blick auf sein Verhältnis zu den wichtigeren Fragen jener beiden Wissenschaften zu werfen. Man bezeichnet die Logik und Erkenntnistheorie zusammen oder einen Teil derselben gern als Wissenschaftslehre. Was mit diesem Begriff gemeint wird, ist freilich sehr verschiedenes. BOLZANO meinte damit, die Logik sei diejenige Wissenschaft, welche die Regeln angibt, nach denen alle Wissenschaften - schließlich auch die Logik selbst - am zweckmäßigsten in Büchern dargestellt werden könnten. Sehr verschieden von dieser etwas sehr bescheiden klingenden Definition ist eine andere Auffassung, welche den Terminus "Wissenschaftslehre" gebraucht, um uralte und weit stolzere Ansprüche ihrer Wissenschaft damit zu kennzeichnen. Es ist im Grunde der Begriff, den ARISTOTELES mit seiner prote philosophia [erste Philosophie - wp] geschaffen hat, einer Philosophie oder Wissenschaft, die den allgemeinsten oder Gegenstand aller Wissenschaften, den des Seienden, untersucht, einen Inhalt, dder von den Einzelwissenschaften nicht nach seinem innersten Wesen erforscht werden kann. An die Stelle des Seienden ist manch anderer Inhalt getreten, geblieben aber und immer schärfer herausgebracht ist die Behauptung, daß so ein allen Einzelwissenschaften gemeinsames vorhanden ist, das seinem Wesen nach nicht von ihnen erkannt, sondern vielmehr vorausgesetzt werden muß. Und die Wissenschaftslehre oder wie sie sonst genannt wird, soll nun diejenige Veranstaltung sein, in der solche von den Wissenschaften unbesehen aufgenommenen Voraussetzungen geprüft werden. Zu solchen Voraussetzungen wird dann sehr Verschiedenartiges gerechnet. Die Begriffe der Substanz und der Eigenschaft, des Seins und des Werdens, des Raums und der Zeit gehören dahin, auch allgemeine Sätze wie der Kausalsätz oder der Satz von der Erhaltung der Energie, vor allem aber die Grundvoraussetzung der Naturwissenschaft, der Gedanke von der Existenz und Erkennbarkeit der Außenwelt, und, in mehr oder weniger deutlich geschieden von diesen materialen Gedanken, die formalen allgemeinen Denkgesetze. Über all diese Dinge, oder zumindest über einige derselben, so geht die Behauptung, sollen die Einzelwissenschaften von sich aus zu keiner endgültigen oder klaren Erkenntnis gelangen können; die Wissenschaftslehre, die Metaphysik, die Logik, die Erkenntnistheorie, kurz die allgemeine Wissenschaft, die Philosophie, allein kann darüber entscheiden. Und in welchem Sinn sie darüber entscheidet oder zu entscheiden versucht, kann ja kaum zweifelhaft sein. Sind diese Dinge der einzelwissenschaftlichen Forschung entzogen, so sind sie auch nicht Gegenstände der Erfahrung, auf welche sich nur die Einzelwissenschaften, und nicht einmal alle, stützen; die allgemeine Wissenschaft ist ihrem Wesen nach apriorisch, ihre Gegenstände sind Gegenstände einer apriorischen Erkenntnis, sind selbst a priori. Zugleich aber mit dieser philosophisch im engeren Sinne oder auch metaphysisch zu nennenden Richtung entwickelt sich immer zielbewußter eine entgegengesetzte anti-metaphysische, ja anti-philosophische. Immer mehr jener apriorischen Voraussetzungen werden als empirische Sätze, empirische Gedanken erkannt: nicht nur der Kausalsatz, die Anschauungsformen verlieren den apriorischen Charakter der Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit, schließlich werden selbst die Denkgesetze, der Satz des Widerspruchs, die Schlußregeln, zu rein empirischen Induktionen, die Begriffe der Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit im strengen Sinn scheinen gänzlich aufgehoben. Und immer mehr von jenen allgemeinen Voraussetzungen der Einzelwissenschaften, die als solche der einzelwissenschaftlichen Erkenntnis entzogen schienen, werden der Philosophie wieder genommen und den Einzelwissenschaften zur Behandlung überliefert. Mathematik und Physik erhalten ihren Anteil, Haupterbe der Philosophie aber wird die Psychologie. Die psychologische Analyse, unterstützt besonders von den modernen Mitteln des Experiments, glaubt man, wird das Dunkel aufhellen, das dem Begriff des Dings und der Eigenschaften, dem der Veränderung, dem von Raum und Zeit anhaftet, die Schwierigkeiten beseitigen, die der mit unvergleichlich geringerem wissenschaftlichen Material arbeitenden und darum mehr willkürlich konstruierenden als einsichtig forschenden alten Philosophie unüberwindbar bleiben mußten. Und noch ein Glück fürwahr ist es für jene alten philosophischen Fragen, wenn sich die Psychologie ihrer erbarmt, denn stetig anwachsend, von Zeit zu Zeit etwas eingedämmt, immer aber von neuem und immer kräftiger hervorbrechend, erschallen die Stimmen derer, welche diese Fragen nicht nur der Philosophie entziehen und den Einzelwissenschaften zuweisen, sondern sie überhaupt aus der Wissenschaft entfernen, ihnen die bloße Existenzberechtigung abstreiten wollen. Dem modernen "Realisten" ist der Gedanke des Realismus wieder so selbstverständlich geworden, daß er den Sinn der auf diesen Standpunkt bezüglichen Frage gar nicht mehr verstehen will; erklärt er sie aber für verständlich, deshalb hält er wohl die Antwort darauf für so einfach und evident, daß es sich gar nicht lohnt, sie erst noch zu geben, oder aber - les extrémes se touchent [Die Extremte berühren sich. - wp] - er meint, eine bestimmte Antwort kann überhaupt nicht gegeben werden, es lasse sich gar nicht entscheiden, ob der Realismus Recht hat oder der Konszientialismus, im Grunde sei das aber gleichgültig, eine Sache der Begriffsbestimmung, der Benennung, oder aber eine Sache rein praktischer Überlegung: der Mensch findet sich als auf einem realistischen Standpunkt stehend vor, ebenso stehen die Wissenschaften alle auf diesem Standpunkt - weshalb soll man ihn aufgeben, metaphysischen Hirngespinsten zuliebe, die sich doch gerade vom wissenschaftlichen, dem realistischen Standpunkt aus so leicht erklären, in ihrer Nichtigkeit erkennen lassen? Kurz: die erkenntnistheoretische Frage nach der Erkennbarkeit der Außenwelt, die so lange die bedeutendsten philosophischen Köpfe beschäftigt hat, wird als nicht zur Wissenschaft gehörig abgewiesen, wenn auch die Gründe für diese Abweisung sehr verschieden ausfallen. Man verstehe wohl, es ist etwas anderes, ob man diese Frage aus der Erkenntnistheorie wegnimmt und der Psychologie überweist, oder ob man sie überhaupt als Frage beseitigt, wobei sie im letzteren Fall natürlich immer noch wie jede beliebige Frage als psychische Tatsache betrachtet und demgemäß in der Psychologie behandelt werden kann. Für JOHN STUART MILL war die Existenz und Erkennbarkeit der Außenwelt noch etwas Fragliches, und er sucht auf psychologischem Weg dieses Fragliche zu entscheiden, er versucht auf psychologischem Weg dieses Fragliche zu entscheiden, er versucht psychologisch zu beweisen, daß alles, was unserer Erkenntnis gegeben ist, psychischer Inhalt ist, daß das als Außenwelt bezeichnete sich aus nichts als Stücken, die der Innenwelt angehören, zusammensetzt, und so vollkommen erklärt werden kann. Ganz anders AVENARIUS und seine Schule, die zwar nicht tatsächlich, aber ihrer Meinung und Tendenz nach strenge Realisten sind. AVENARIUS will nicht den Komplex, genannt Außenwelt, selbst, sondern vielmehr die Fragen und Theorien, die sich auf diesen Komplex beziehen, genau wie alle anderen Fragen und Theorien auch psychologisch erklären. Der Realismus selbst, der Standpunkt des natürlichen Menschen, ist ihm gar keine Frage mehr, darum auch keine psychologisch entscheidbare, dieser Standpunkt ist vielmehr der vorgefundene, den der Mensch, der Philosoph nur vorübergehend, in Gedanken, d. h. in Wirklichkeit überhaupt nie verlassen kann. Und auch den letzten Schritt auf dieser Bahn von der Philosophie zur Wissenschaft hat die Menschheit schon zurückgelegt, zumindest in ihren fortgeschrittensten Gliedern: auch die Denkgesetze, die unnahbar seit Jahrtausenden im Zenit des wissenschaftlichen Himmels prangen, sind von ihrem Thron gestoßen, der Mensch hat sie nicht nur zu seinem Eigentum erklärt, zu Bestandteilen seiner eigenen vergänglichen Seele herabgewürdit, ihnen die strenge Verbindlichkeit abgesprochen, er hat sie nicht nur der Psychologie zur Untersuchung und Begutachtung überwiesen, er ist noch weiter gegangen und hat sie mit allen psychischen Inhalten samt und sonders zur Existenzlosigkeit verurteilt: das Denken ist kein geistiger Vorgang, oder als solcher zumindest unfaßbar, es ist nichts anders oder uns zumindest nur zugänglich als Gehirnvorgang: die Gesetze des Denkens sind daher Gesetze der Gehirnvorgänge, physiologische, physikalische Gesetze. So ist das Erbe der Philosophie, der Metaphysik aufgeteilt, sie ist gestorben und ihr einstiger Besitz ist in alle Winde zerstreut; zur Beruhigung aber erfahren wir, daß dieser Besitzwechsel ein historisch notwendiger Prozeß, daher historisch begreiflich ist: ursprünglich soll alle Wissenschaft in primitiver Form vereinigt in einer einzigen Gesamtwissenschaft gewesen sein, eben der Philosophie, je klarer aber die einzelnen Probleme und Gegenstände des menschlichen Forschens in ihrer Eigenart erfaßt wurden und sich in immer reicherer Ausgestaltung entwickelten, umso mehr mußte sich das Bedürfnis einstellen, sie in einzelne für sich stehende Wissensgebiete zu ordnen: die Gegenstände waren zu verschiedenartig, ihr Umfang zu groß, als daß sie noch von einem einzelnen Menschen, dem Vertreter einer einzigen Wissenschaft, vollständig übersehen, mit Erfolg bearbeitet werden konnten. Nicht etwa beklagenswertes ist es daher, wenn die Einzelwissenschaft sich von der Gesamtwissenschaft, der Philosophie, loslöst, wenn dieser ein Problem entzogen wird, sondern vielmehr ein Zeichen dafür, daß die Behandlung dieses Problems in ein neues Stadium eingetreten ist, aus dem der apriorischen, die realen Unterschiede verdeckenden Konstruktion in das der rein empirischen, scharf sichtenden Untersuchung, aus dem Dunkel der allgemeinen Phrasen in das Tageslicht dder exakten Forschung. Ein einziger mächtiger Grundgedanke, so scheint es, belebt jede der beiden, soeben kurz charakterisierten, einander prinzipiel entgegengesetzten Richtungen: hier der Gedanke der allgemeinen Wissenschaft, der Glaube an die allüberragende Wichtigkeit des Allgemeinen - dort der Gedanke der Einzelwissenschaft, das Bewußtsein der Fülle und Mannigfaltigkeit des konkret Seienden, eine gewisse Bescheidenheit in der Absteckung des Erkenntnisziels, verbunden mit der Genugtuung, demselben Tag für Tag näher zu kommen. Mannigfaltig aber ist nicht bloß die dem Erkennen gegebene Welt, sondern auch das Erkennen selbst, es scheint ebenfalls der strengen Regel zu spotten. Der Begriff des Allgemeinen scheint notwendig mit dem des Apriorischen, der Begriff des Einzelnen mit dem des Empirischen zusammengehen zu müssen, aber diese Notwendigkeit wird widerlegt durch die Erfahrung: nicht alle Philosophen, welche eine allgemeine Wissenschaft als Voraussetzung oder als Lehre von den Voraussetzungen der anderen Wissenschaften anerkannten, hielten diese allgemeine auch für eine apriorische, und nicht jeder, der eine Philosophie neben den Einzelwissenschaften für einen überwundenen Punkt erklärt, leugnet deshalb die strenge Allgemeingültigkeit, die Denknotwendigkeit gewisser Grundsätze der Wissenschaft. Im Gegensteil, gerade in der letzten Zeit, wo die Philosophie durch die Einzelwissenschaften, die Naturwissenschaften fast verdrängt zu sein schien, fangen umgekehrt die Naturwissenschaftler an, selbst Philosophie zu treiben, und zwar nicht nur eine, wie der Ausdruck lautet, auf die Naturwissenschaft, die Einzelerkenntnis gegründete, eine induktive, im Gegensatz zu der veralteten deduktiven, eine Philosophie von unten, sondern vor allem auch eine solche, die sich mit den prinzipiellen logischen oder erkenntnistheoretischen Fragen nach dem Wesen der Wissenschaft, nach der Möglichkeit oder Unmöglichkeit strenger Begründungen und Beweise, schließlich auch nach der Existenz der Außenwelt beschäftigt. Und wie hier eine Annäherung der Einzelwissenschaft, der Naturwissenschaft an die Philosophie mit ihren alten Fragen stattfindet, so wird auch ein ganz entsprechender Versuch von philosophischer Seite gemacht, die allgemeine Wissenschaft empirisch zu bearbeiten, sie in ihrer angestammten Stellung und Würde zu erhalten, ihr aber frisches Blut aus den jüngeren und sich einer kräftigeren Gesundheit erfreuenden Einzelwissenschaften zuzuführen. Es ist ein reiches Bild, das die Philosophie in ihrer jetzigen Entwicklung darbietet; aber wenn auch die Richtungen weit auseinander gehen und sich wieder mannigfach durchkreuzen, sie sind doch alle nach ein und demselben Punkt orientiert: im Hintergrund all der Auffassungen und Tendenzen ruht, ihnen selbst häufig verborgen, durch sie selbst oft verdeckt, eine einzige Frage, deren Beantwortung die Grundlage abgibt, das Grundthema aller weiteren Entwicklungen. Substanz und Eigenschaft, was will dieses Problem? Nicht eine gewöhnliche in der Erfahrung gegebene Beziehung soll beschrieben werden, sondern die Frage ist direkt nach der Existenz dieser Beziehung, nach der Berechtigung des Glaubens daran. Denn gegeben, erfahrbar, heißt es, sind nur die Eigenschaften, die Substanz aber liegt über das vom Bewußtsein Erfaßbare hinaus, der sogenannte Träger der Eigenschaften ist etwas unbekanntes, existiert er überhaupt? Es ist nur eine besondere Form des Transzendenzproblems, das hier vorliegt: Nehme ich an, daß der Gegenstand des Denkens diesem transzendent ist, welche Schwierigkeit ist da vorhanden, an einen sonst unbekannten, d. h. nicht sinnlich im Wahrnehmungsbewußtsein gegebenen Träger, an das Ding-ansich zu glauben? Eine solche Schwierigkeit entsteht erst, wenn meine Auffassung wissentlich oder unwissentlich nach dem Grundsatz der immenten Philosophie orientiert ist: muß alles, um gedacht zu werden, meinem Bewußtsein immanent sein, so kann ich natürlich mein Denken nicht auf Dinge außerhalb des Bewußtseins richten; die Dinge sind dann nichts als Komplexe von Bewußtseinsinhalten, Gegenstand einer rein psychologischen Analyse. Genau so steht es mit der Frage nach Sein und Werden. Gibt es ein Sein, das dem Fluß der Sinnendinge entzogen ist, ein Sein also jenseits der sinnlichen, der Wahrnehmungswelt oder ist Sein gleich Wahrnehmung? Und andererseits: wie ist eine Veränderung, ein Werden möglich, als möglich denkbar, wenn doch der Augenschein unlösbare Widersprüche in ihm zeigt? Ist die Geschwindigkeit eines Körpers gleich a, und zeigt doch der Augenschein, daß sie größer, gleich 2 a ist, wenn ich selbst mit der Geschwindigkeit a, aber in entgegengesetzter Richtung, mich an diesem Körper vorbei bewege, kann da an der Realität des Werdens festgehalten werden, ist ein Etwas, das ohne sich selbst zu ändern, doch das eine mal so, das andere mal anders ist, nicht ein Unding, ein Widerspruch in sich selbst, muß es nicht aus der wahren Welt in die Erscheinungswelt verbannt werden? Die streng wissenschaftliche, mathematische Mechanik scheint die Annahme einer absoluten Veränderung, einer absoluten Bewegung zu fordern, die im Gegensatz steht, etwas anderes ist als die durch unsere Sinne wahrnehmbare. Und mit der absoluten Bewegung bedarf sie auch einer absoluten Zeit, eines absoluten Raums und Ortes. Diese Postulate des mathematischen Realismus aber werden als nichtig zurückgewiesen von einem modernen positivistischen Physiker: nur das Gegebene ist wirklich, gegeben aber ist nur die relative Bewegung, die relative Zeit, der relative Raum und Ort; Bewegung, Zeit, Raum, Ort im absoluten Sinn wären ja etwas transzendentes, im relativen Sinn aber sind sie immanent, nichts als besondere Arten von Empfindungen, Empfindungsinhalten. Als vorgefundene Empfindungsinhalte sind Raum und Zeit auch etwas Empirisches, nicht notwendige, allgemeine Anschauungsformen; als absolute, transzendente Dinge aber sind sie in gewissem Sinn notwendig, nämlich für die exakte Wissenschaft, und auch allgemeine oder allgemeingültig, weil die Wissenschaft nur einen einzigen absoluten Raum und eine einzige absolute Zeit kennt. Der Zusammenhang des Kausalproblems mit den erkenntnistheoretischen Fragen ist schon dargelegt worden. Nach Analogie des Kausalgesetzes haben die Extremen der Aprioritätspartei versucht, auch den Energiesatz a priori abzuleiten - natürlich erst, nachdem er von anderer Seite entdeckt worden war. Schon seinem Entdecker zwar hat man solche Tendenzen vorgeworfen, aber ROBERT MAYER dürfte sich doch in seinen Schriften deutlich genug gegen das a priori und alle Metaphysik ausgesprochen haben, um von derartigen Verdächtigungen verschont zu bleiben. Erst neuerdings hat man fertig gebracht, auch diese Errungenschaft exakter empirischer Forschung mit einem metaphysischen Stempel zu versehen. KANT hatte nur den Satz von der Erhaltung der Substanz und den Kausalsatz als Gemeingut der Naturwissenschaft vorgefunden, somit konnte er nur diese als a priori erweisen; was er übersehen hat, das macht die Neuzeit wieder gut, sei es, daß sie in Anlehnung an KANT den Energiesatz als eine Art Folgerung aus Substanzsatz und Kausalsatz, sei es, daß sie ihn sonst aus einem angeborenen Bedürfnis des Denkens ableitet, ein Verfahren, das freilich nur zu sehr geeignet ist, das ganze apriorische Verfahren in Verruf zu bringen. Nicht nur die strengen Empiristen, sondern auch die gemäßigten Aprioristen werden sich dagegen verwahren. Neben diesen materialen Voraussetzungen des Denkens, der Wissenschaft, deren Zahl leicht vermehrt werden könnte, wie ein Blick etwa in KANTs Hauptwerke, die Kritiken, zeigt, stehen nun die sogenannten formalen Grundsätze, die Denkgesetze im engeren Sinn. Während bei den materialen Grundsätzen die Beziehung auf erkenntnistheoretische Fragen, selbst auf die spezielle des Realismus, verständlich, ja mitunter fast selbstverständlch erscheint, werden die formalen Sätze, wie man meint, schon durch das Beiwort formal, als solche gekennzeichnet, die mit irgendeiner besonderen Richtung des erkenntnistheoretischen wie des einzelwissenschaftlichen Denkens nichts zu tun haben. Die spezielle Logik, die sich mit ihnen befaßt, ist auch für die Erkenntnistheorie die Voraussetzungswissenschaft. Jeder, der denken will, muß diese formalen, allgemeinen Gesetze des Denkens anerkennen; man kann nicht richtig denken, ohne sich nach ihnen zu richten; auch die erkenntnistheoretischen Gedanken, gleichgültig welcher Richtung sie angehören, sind an diese formalen Denkgesetze gebunden, setzen dieselben in ihren Beweisen uns selbst ihren bloßen Behauptungen voraus, können daher, so scheint es, nicht selbst zum Richter angerufen werden über diese formalen Sätze und ihre Gültigkeit. Und doch, das scheinbar Unmögliche ist eine Tatsache geworden: Auch die Auffassung der formalen Sätze des Denkens zeigt sich abhängig von einem erkenntnistheoretischen Standpunkt. Gleichgültig, ob es eine Außenwelt, eine Welt außerhalb des Bewußtseins gibt oder nicht, sagt der Anti-Realist, unsere Urteile können nicht durch den Vergleich mit einem nicht Gegebenen, nicht Erfahrbaren, Unbekannten, vielleicht gar nicht existierenden Etwas auf ihre Wahrheit geprüft werden, das Kriterium der Wahrheit kann in letzter Linie nur etwas immanentes sein. In der Notwendigkeit, welche uns zur Vollziehung des Urteils drängt, in der Evidenz, welche unser Denken begleitet, in gegebenen, erfahrbaren, immanenten Zuständen unseres Bewußtseinslebens liegt allein der Prüfstein und Maßstab aller Wahrheit. Ein psychischer, der Selbstbetrachtung zugänglicher Inhalt also ist die Wahrheit. Der Realist aber sagt; wahr ist ein Urteil, ein Gedanke dann, wenn die dem Urteil, dem Gedanken nicht immanenten, sondern transzendenten Dinge, über sie das Urteil aussagt, sich so verhalten, wie es das Urteil aussagt. Etwas transzendentes, nichts psychisches in der bloßen Selbstbeobachtung Erfahrbares ist die Wahrheit. Und weiter, sind die Kriterien der Wahrheit, des evidenten und notwendigen Denkens, psychische Inhalte, so müssen die Sätze, welche dieses evidente und notwendige Denken auf seine allgemeinste Formel bringen, eben jene formalen Denkgesetze, Sätze, Gesetze sein von psychischen Inhalten, und teilnehmen an den Eigenschaften aller Sätze über psychische Inhalte: sie können nicht streng allgemeingültig, apriorisch sein, sie sind induktive Sätze von nur empirischer Allgemeinheit. Damit verknüpft sich dann der naheliegende Gedanke, daß diese Gesetze Gesetze des dem Menschen eigentümlichen Denkens sind, daß sie auf seiner eigentümlichen Organisation beruhen, si mit dieser entwickelt haben und mit ihr verschwinden werden, daß sie daher nur Ausdruck eines subjektiven Verhaltens sind, einer rein subjektiven Reaktion des Subjekts auf die Einwirkungen der Welt - sofern eine solche, eigentlich inkonsequenterweise, angenommen wird -, daß sie keine objektive Bedeutung haben, das durch sie beherrschte Denken keine objektive Erkenntnis gewähren oder wenigstens nicht verbürgen kann. Demgegenüber sind vom Standpunkt des Realisten, des Transzendentalphilosophen, aus die allgemeinen formellen Sätze, wie jeder ihnen unterstehende Gedanke, Sätze von etwas transzendentem, von etwas nicht im subjektiven Bewußtsein des Denkens gegebenem, Sätze von objektiver Bedeutung, die, weil sie nicht psychologisch sind, auch die Natur der psychologischen Erkenntnisse nicht zu teilen brauchen, die streng allgemeingültig sind, unabhängig von den Ergebnissen des induktiven Forschens. Der immanente Philosoph denkt anders als der Transzendentalphilosoph über die Art und Gültigkeit dieser allgemeinsten, formalen Grundsätze des Denkens. Noch mancherlei sonstige Fragen sind es natürlich, deren Beantwortung beeinflußt wird von der Entscheidung über den erkenntnistheoretischen Standpunkt: ist die Welt endlich oder unendlich, sind unendlich kleine Dinge möglich, kann es Atome geben, wie sie die Atomisten annehmen? Der immanente Philosoph, der Positivist muß sich gegen die Unendlichkeit der Welt, gegen as unendlich kleine, gegen die Atome entscheiden, denn nur das als wirklich Gegebene ist nach seiner Grundvoraussetzung als wirklich anzuerkennen, als wirklich gegeben ist aber nie das unendlich große und unendlich Kleine, auch nicht im Sinne eines beliebig Großen oder beliebig Kleinen, nie das von allen Farben, Tönen usw. entblößte Raumatom, gegeben ist nur das endliche, das konkrete. Diese und ähnliche Fragen, die schon in das Gebiet der Naturwissenschaften, der Mathematik hinüberführen, können hier nur angedeutet werden. Nicht diese einzelnen Fragen zu beantworten ist ja unsere Aufgabe, sondern nur, an ihnen die Bedeutsamkeit unseres allgemeinen Transzendenzproblems nachzuweisen, an dessen Lösung ich nunmehr zu gehen habe. Übersicht über die Beweise gegen die Transzendenz Was selbstverständlich ist, braucht nicht bewiesen zu werden, und wenn etwas, was selbstverständlich schien, ddurch Einwände dieses Charakters verlustig geht, so wird es denselben bis zu einem gewissen Grad wieder erhalten, wenn diese Einwände widerlegt sind. Die nächste Aufgabe meiner Arbeit wird daher darin bestehen, die gegen den Realismus, und zwar gegen die von ihm behauptete Transzendenz des Denkens erhobenen Bedenken zu beseitigen. Sehen wir also zu, welches die Gründe sind, die für die Immanenz geltend gemacht werden. Die ganze immanente Weltauffassung ist zwar einheitlich, in der Art der logischen Begründung aber zeigen sie bei näherem Zusehen mancherlei und wichtige Unterschiede. Vorgefunden, gegeben ist nur das, was man Empfindung nennt, sagt der Positivist, reine Erfahrung ist nur die Prinzipialkoordination, das bewußte Ich! Ist damit - angenommen das sei richtig - schon alles erledigt, ist damit schon der Realismus widerlegt? Wie, wenn wir Anlaß hätten, außer dem Gegebenen noch etwas Nichtgegebenes als wirklich anzunehmen? Da hätten wir doch etwas außerhalb des Bewußtseins, eine Außenwelt! Es muß ein Weiteres zu jenem ersten Satz hinzugenommen werden, um eine solche Annahme auszuschließen. Dieses Weitere findet sich auch im Ganzen der positivistischen Gedanken: alles hypothetische ist metaphysisch, nichts darf als wirklich behauptet werden, das nicht als wirklich gegeben ist! Eine allgemeine Voraussetzung über das wissenschaftlich Zulässige und nicht als Wissenschaft Anzuerkennende, metaphysische also ist es, von der der positivistische Beweis des Konszientialismus, der Immanenz ausgeht! Und diese Voraussetzung, wie steht es mit ihrer Richtigkeit? Ist sie nicht selbst eine Hypothese, etwas nicht gegebenes, "nicht Vorgefundenesf"? Ist es so selbstverständlich, daß die Wissenschaft nur mit positiven Tatsachen arbeiten darf? Welches ist denn der Zweck der Wissenschaft, des Denkens? Eine ganze Reihe von Fragen also knüpft sich an diese positivistische Grundvoraussetzung. Erst wenn sie gegen jeden Zweifel sichergestellt ist und wenn gezeigt ist, daß das Immanente die Empfindung, und nur dies allein der in ihr gestellten Bedingung positive Tatsache zu sein entspricht, dann ist der Konszientialismus bewiesen. Ein nicht ganz einfacher Beweis offenbar, dessen Umständlichkeit sich die Positivisten und immanenten Philosophen freilich kaum je ganz klar gemacht haben. Der positivistische Gedanke schien so einleuchtend und selbstverständlich, daß man ihn nur zu berühren brauchte, um seine Überzeugungskraft zu spüren. Außerdem aber waren noch andere Beweise vorhanden, die ohne jeden Umschweif, ja rein a priori das Gewünschte gewähren! Ein unendlich oft wiederkehrender Gedanke ist es, den ich hier mit den Worten SCHUPPEs wiedergebe:
"Es ist nun einfach auf die Tatsache hinzuweisen, daß alles Sein, welches Objekt des Denkens werden kann, immer schon seinem Begriff nach Bewußtseinsinhalt ist, und als solcher also im bewußten Ich, und daß ein Sein, welches mit der Bestimmung versehen wird, daß es nicht oder noch nicht Bewußtseinsinhalt ist, eine contradictio in se [Widerspruch in sich - wp], ein undenkbarer Gedanke." (a. a. O., Seite 69) Ein erstaunlich einfacher Gedanke, und wenn richtig, tatsächlich ein Gedanke, der allen Realismus aufhebt. Nicht nur ist die Existenz einer Außenwelt unbeweisbar, daher ihre Annahme methodisch falsch, diese Behauptung hat vielmehr gar keinen Sinn, sie widerspricht sich selbst. Die Wucht des Gedankens ist eine ungeheure, sein Einfluß unendlich. Unschwer erkennen wir ihn in all den obigen Anführungen phänomenalistischer oder konszientialistischer Sätze als einen, vielleicht den Grundgedanken wieder. Er ist verbreiteter als der positivistische; er ist einfacher und darum überzeugender. Wenn aber der Vertreter des Konszientialismus, der Immanenz, mit ihm allein auskommen kann, so hat der Gegner desselben nicht eben einen so leichten Stand: ist dieser apriorische Beweis als fehlerhaft festgestellt, so könnte doch der andere, der positivistische, noch richtig sein; und weiter: wären beide falsch, so gibt es vielleicht noch andere. Und in der Tat, die beiden genannten Beweise sind zwar diejenigen, die uns von allen Beweisen der Immanenz als die einzigen prinzipiellen erscheinen, die einzigen, die wirklich, falls sie richtig sind, leisten könnten, was sie versprechen; aber neben ihnen gibt es noch manche anderen, die, was ihnen an Treffsicherheit abgeht, durch andere Vorzüge zu ersetzen suchen, den Vorzug vor allem, mehr an gewohnte Vorstellungskreise angepaßt zu sein, und nich in so stolzer aber einsamer Höhe der Abstraktion zu schweben wie etwa der apriorische Beweis. Dahin gehört vor allem der psychologische Beweis: die Psychologie lehrt, daß alles, was wir von den Dingen wahrnehmen, etwas Subjektives, unserer Seele Angehöriges ist; da nun alle Erkenntnis auf Wahrnehmungen beruth, so können wir keine Erkenntnis von Dingen-ansich haben, sondern nur von den subjektiven Zuständen unserer Seele. Dieser Beweis erinnert an den positivistischen, benutzt aber mehr empirische Erkenntnisse als dieser, steht daher bei den Empiristen in besonderem Ansehen. Er findet sich aber auch in inniger Verbindung mit den beiden anderen prinzipielleren Beweisen, und sein Auftreten ist dann meist ein Zeichen, daß eine volle Klärung der Gedanken noch nicht erreicht ist. Denn wenn er nicht voraussetzt, was er erst beweisen will, daß Erkenntnis nur von den subjektiven Zuständen unserer Seele möglich ist, wenn sein erster Hauptsatz, daß alles, was wir von den Dingen wahrnehmen, etwas Subjektives ist, wirklich psychologisch und daher auf dem Weg der Erfahrung gewonnen ist, so kann er das nur sein, sofern das Ding-ansich ebenfalls Gegenstand der Erfahrung ist. Ist dieser Beweis tatsächlich auf die Psychologie gegründet, so muß er auch die Voraussetzungen dieser Wissenschaft anerkennen und die Voraussetzung dieser, wie aller Wissenschaften, ist der Realismus. Bei den Erkenntnistheoretikern, die diesen Beweis verwenden, insbesondere bei LOCKE, liegt es nun aber so, daß seine Eigenart durch eine Vermengung mit den allgemeineren Beweisen besonders dem positivistischen verwischt wird. LOCKE beginnt damit, aufgrund psychologischer oder allgemein naturwissenschaftlicher Erkenntnisse oder Annahmen nachzuweisen, daß zur Erkenntnis der Dinge dem Menschen lediglich die Einwirkungen derselben auf seine Seele, eben die Wahrnehmungen, gegeben sind; die Dinge sind die Ursachen der Wahrnehmungen, daher nicht mit ihnen identisch, und nicht nur numerisch, sonern - zumindest was die sekundären Qualitäten betrifft, auch der Art nach von ihnen verschieden. Allmählich aber tritt diese Ableitung in den Hintergrund, der allgemeinere Gedanke schiebt sich unter, daß dem Menschen überhaupt nur Subjektives gegeben ist, und so ergibt sich bei der Frage nach der Tragweite der Erkenntnis natürlich die Behauptung, daß die Existenz der Außenwelt problematisch ist. Geht man rein psychologisch zu Werke, setzt man die Außenwelt als Ursache der Wahrnehmungen voraus, so hat es keinen Sinn, die Existenz dieser Ursache nachträglich noch beweisen zu wollen. Sinn bekommt dieses Unternehmen nur, wenn der ganze Ausgangspunkt aufgegeben wurde, und dafür der Gedanke eingetreten ist, daß als wirklich dem Menschen nur Stücke der Innenwelt, Ideen, gegeben sind. Dann ist der Nachweis der Existenz von Dingen-ansich eine notwendige Aufgabe. Nur muß man sich dann hüten, was LOCKE passiert, nun wieder auf den psychologischen Gedanken zurückzugreifen, der Idee wieder ihre Ursache, das Ding-ansich, unterzuschieben. (Vgl. LOCKE, Essay IV, Seite 11 und meine Darstellung: "Die Substanzlehre Lockes", Seite 71) So ein merkwürdiges Durcheinander von psychologischen Erkenntnissen und streng konszientialistischen Annahmen ist aber insbesondere charakteristisch für den Phänomenalismus, jenen Standpunkt, der nicht die Existenz, wohl aber die Erkennbarkeit der Außenwelt bestreitet. Wie die im ersten Abschnitt angeführten Beispiele zeigen, stimmt er der allgemeinen Behauptung zu, daß nur Subjektives gegeben ist, daß aber als Ursache für dieses Subjektive oder für einen Teil desselben ein transzendentes anzunehmen ist. Der Gedanke dieses Transzendenten aber ist nun entweder ein Grenzbegriff, der Begriff von einem Etwas, das zwar notwendigerweise als jenseits von einem Etwas, das zwar notwendigerweise als jenseits des in Sinnes- und Selbstwahrnehmung Gegebenen liegend, als verschieden vom Subjektiven, aber och wieder nach Art dieses subjektiven, dieses in Sinnes- und Selbstwahrnehmung Gegebenen gedacht werden muß, weil ein anderes Denken nicht möglich ist, - oder aber, das Transzendente, das Ding-ansich, erscheint als unbestimmtes X, das hinter den Erscheinungen, hinter der Erfahrungswelt steht, dessen Dasein anerkannt werden muß, dessen Natur, dessen Qualität aber gänzlich unerkennbar ist. Hier sind nun alle drei Gedanken vereint, der positivistische, der apriorische, der psychologische und innerhalb des letzteren tritt deutlicher hervor noch ein vierter, der freilich kaum je klar ausgesprochen wird, aber die Voraussetzung ist besonders für die letztangeführte Wendung des Phänomenalismus: daß ein Inhalt als Ursache erkannt werden kann für einen anderen Inhalt, ohne deshalb selbst erkennbar zu werden. Es gilt also, diese in ihrer Tragweite so verschiedenartigen Gedanken auch in der Besprechung auseinander zu halten. Der psychologische Gedanke ist gewiß anti-realistisch gerichtet, aber, wie schon bemerkt, ist in ihm die Voraussetzung der Existenz der Außenwelt enthalten, sofern er daher gegen die Annahme einer allgemeinen Transzendenz überhaupt ausgespielt wird, muß irgendein Widerspruch des Gedankens, eine Zweideutigkeit im Begriff vorhanden sein. Wird er widerspruchslos ausgedacht, so kann er lediglich für die ganz besondere Frage in Betracht kommen, wieviel von der als existierend angenommenen Außenwelt als erkennbar bezeichnet werden darf, und er fällt dann zusammen mit dem oben an vierter Stelle angeführten Gedanken, von der Erkennbarkeit der Außenwelt als Ursache der Wahrnehmungen. Der ganze psychologische Gedanke enthält also tatsächlich nichts, was prinzipiell neben dem positivistischen und aprioristischen in Betracht käme; seine Erörterung verschiebe ich daher, bis die prinzipielle Frage erledigt ist. Nur jene eben angedeutete widerspruchsvolle Wendung desselben wird uns sofort beschäftigen; sie hat eine allgemeine Tendenz, welche sie in einen inneren Zusammenhang bringt mit den beiden prinzipiellen Beweisen. ![]() |