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HANS KLEINPETER
Die Erkenntnistheorie der
Naturforschung der Gegenwart

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"Ein zuverlässiges Kontrollmittel der Richtigkeit, das uns deutlich sagt, welche von zwei entgegenstehenden Ansichten die richtige ist, ist uns auf allen naturwissenschaftlichen Gebieten, aber auch auf dem der Mathematik gegeben; es ist dies die Kontrolle theoretischer Schlußfolgerungen durch zukünftige Erfahrung. Die Bestätigung durch eine solche kann uns zwar nie von deren Richtigkeit vergewissern, wohl aber im entgegengesetzten Fall mit unzweideutiger Gewißheit deren Falschheit feststellen. Der Anwendung dieses Prüfsteins haben wir . . . einen großen Teil unseres Wissens zu verdanken. Andererseits ist uns dort, wo dieser Prüfstein versagt, wie bei der Beurteilung philosophischer Ansichten, durch mehr als zwei Jahrtausende jeder eigentliche Fortschritt versagt geblieben."

"Eine Theorie der Erkenntnis, eine Kritik wissenschaftlicher Verfahrensmethoden will die Erkenntnislehre sein und ist doch ihrerseits auch nicht mehr als eine Wissenschaft. Woher nimmt sie die Mittel, um ihre Mission zu erfüllen, wo liegen die Quellen ihrer Erkenntnis? Und worin liegt die Berechtigung, diese höher zu schätzen und zum Maßstab der Kritik anderer Erkenntnisse zu verwenden?"

Auf dem Boden der exakten Wissenschaften ist im Verlauf der zweiten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts eine Erkenntnistheorie zur Ausbildung gelangt, die zwar im engsten Anschluß an die besonderen Bedürfnisse dieser Wissenszweige entstanden ist und dementsprechend auch bei verschiedenen Vertretern derselben eine etwas verschiedengeartete Ausgestaltung erfahren hat, nunmehr aber, dank der regen Mitarbeit zahlreicher Forscher der verschiedensten Richtungen, sich bereits soweit entwickelt hat, daß sie einer eigenen geschlossenen Darstellung nicht nur fähig, sondern auch bedürftig erscheint.

Drei Hauptgesichtspunkte sind es, die für das Wesen derselben als charakteristisch betrachtet werden können. Der enge Anschluß an die exakte Wissenschaft bedingt es zunächst, daß deren Hauptgrundsatz auch der ihrige geworden ist. Exakt genannt zu werden verdienen aber diese Wissenschaften nicht gerade aus dem Grund, weil sich ihre Resultate durch einen besonderen Grad von Genaigkeit und Gewißheit auszeichnen, als vielmehr aus dem, daß sie sich mit dem Feststellen derselben allein nicht begnügen, sondern noch zur Untersuchung der tieferliegenden Frage nach der Grenze ihrer Gültigkeit und nach der Gewähr, die sich für dieselbe aufstellen läßt, weiterschreiten. Die exakten Wissenschaften verlangen für ihre Ergebnisse nicht schlechthinnige absolute Gewißheit, sondern sind zufrieden, wenn sie die Bedingungen anzugeben imstande sind, von denen die Wahrheit ihrer Aussagen abhängt. Die Form derselben ist daher nicht die kategorische, sondern die hypothetische. Sie beginnen nicht etwa mit der Aufzählung absolut gewisser Wahrheiten, sondern lehnen im Gegenteil die Beweisbarkeit ihrer ersten Sätze ausdrücklich ab. Sie beginnen mit Axiomen, d. z. Forderungen, die zugestanden sein müssen, ehe die eigentliche Arbeit der betreffenden Wissenschaft beginnen kann. Dieser Sachverhalt findet sich schon bei EUKLID ausgeprägt vor, der an die Spitze seiner Geometrie eine Reihe von Sätzen gestellt hat, deren Zugeständnisses er bedurfte, um aufgrund desselben erst den eigentlichen Inhalt seiner Wissenschaft entwickeln zu können. Exakt wird ein solches Verfahren dann heißen können, wenn die Aufzählung der Bedingungen eine vollständige ist; ebenso wird eine Erkenntnis als exakt gelten können, wenn die Gesamtheit ihrer Voraussetzungen zur Aufzählung gelangt ist.

In einem engen Zusammenhang mit diesem Prinzip steht jene moderne Naturanschauung, die, aus Opposition gegen die Übergriffe der mechanistischen Weltansicht entstanden, den Naturforscher sich auf das Erfahrbare beschränken heißt. Sie ist die phänomenologische genannt worden und ist im Grunde genommen nichts anderes als eine notwendige Konsequenz des Prinzips der Exaktheit. Einen passenden Beleg für dieselbe bietet schon das Gravitationsgesetz NEWTONs, das in seinem bloß auf die Tatsachen gerichteten und lediglich sie wiedergebenden Ausdruck ein treffliches Beispiel eines rein phänomenologischen Gesetzes darstellt, gleichwie auch der Sturm, der sich gegen dasselbe erhoben hat, ein gutes Beispiel des Widerstands gibt, mit dem noch heute vielfach gegen diese dem eitlen Menschengeist zu bescheiden vorkommende Anschauung angekämpft wird.

Auch der dritte Gedanke, der für diese Art von Erkenntnistheorie maßgebend ist, hängt mit dem ersten auf das Innigste zusammen, wenn er auch, wie der zweite, auf einem anderen Grund sich entwickelt hat. Soll die Aufzählung aller Voraussetzungen und Bedingungen der Erkenntnis eine vollständige sein, so gehört auch eine sorgsame Untersuchung der Bedeutung unserer eigenen Worte und Konstruktionen mit zu den Aufgaben einer erkenntniskritisch exakten Untersuchung. Insofern wir unsere eigenen Aussagen als Werke des Verstandes oder der Vernunft betrachten, können wir auch mit LOCKE sagen, daß die Untersuchung des menschlichen Verstandes, oder mit KANT, daß die der Vernunft allen anderen Untersuchungen vorangehen muß. Ein einfaches, historisch sehr bekanntes Beispiel erläutert Sinn und Bedeutung dieser Untersuchung in treffender Weise: DESCARTES' Schluß "cogito ergo sum" ist entweder nichtssagend oder falsch; denn das "sum" bedeutet etweder dasselbe wie "cogito" (wie es bei DESCARTES tatsächlich der Fall war), und dann tritt der erstere Fall ein; oder es bedeutet etwas anderes, wie es dem gewöhnlichen Sprachgebrauch entspricht, und dann gilt die zweite Alternative. Die Durchführung solcher und anderer auf das Wesen unserer Denkfunktionen gerichteten Betrachtungen läßt uns entweder den trügerlischen Schein vermeintlicher Erkenntnisse durchschauen und dadurch die Grenzen erkennen, innerhalb welcher sich unsere Bestrebungen halten müssen, um vernünftig zu bleiben, oder sie macht uns auf Wahrheiten aufmerksam, die lediglich eine Folge unserer eigenen selbstgewählten Konstruktionen sind und dadurch dem Bereich der empirischen Prüfung ihrer Gültigkeit entrückt bleiben.

Historisch haben die beiden ersten Gedanken die Form von Forschungsmaximen angenommen; sie führten auf dem Gebiet der Mathematik zu einer sorgsamen kritischen Untersuchung der Grundlagen der Analysis und Funktionenlehre, ja selbst der Elementarmathematik und haben hier das Ergebnis gezeitigt, daß in der Tat viele der auf gut Glauben hingenommenen Sätze einer sicheren Begründung entbehren und entweder gar nicht oder doch nicht im angenommenen Umfang gültig sind, während zugleich eine analoge geometrische Untersuchung Aufklärung über das logische Verhältnis der Grundsätze dieser Wissenschaft brachte; auf physikalischem Gebiet, wo diese Einwirkung bei weitem nicht so weit gediehen ist, begann sie durch eine Hinwegräumung irreführender Auffassungen den Boden für eine exakte Physik der Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes zu ebnen. Gewiß hat auch auf dem Feld philosophischer Spekulation eine derart reinigende Einwirkung stattgefunden, doch waren die Formen und auch die Ergebnisse hier einigermaßen andere und je nach der Natur des Autors verschiedene; außer zur kritischen Ablehnung fremder Systeme wurden Untersuchungen erkenntnistheoretischer Richtung auch in einem positiven Sinn zum Aufbau eigener Systeme angeblich unbedingter Wahrheiten benützt, ja mitunter Philosophie und Erkenntnistheorie überhaupt identifiziert und die Aufgabe beider in der Untersuchung "oberster" Wahrheiten erblick, d. h. solcher, die, allen Spezialwissenschaften gemeinsam, gleichsam die allgemeine Voraussetzung derselben bilden sollten.

Die vorliegende Darstellung will die Philosophie nicht zur Beschränkung auf die Erkenntnistheorie verpflichten und es niemand verwehren, in der Dichtung von Weltanschauungen deren eigentliches Wesen zu erblicken, wobei freilich die Frage nach dem Wert oder Unwert solcher Bestrebungen - ausgenommen den Fall, wo dieselben sicher erkannten Wahrheit zuwiderlaufen - völlig dahingestellt bleiben soll; sie erwartet aber auch andererseits keine Einmengung bloß philosophischer, d. h. wissenschaftlich unbegründeter Lehrmeinungen. Was sie beabsichtigt, ist die Fixierung eines Kerns unzweideutig feststellbarer Wahrheiten über das Wesen jenes Vorganges, der Erkenntnis genannt wird. Eine solche Theorie der Erkenntnis läßt sich von der Domäne der Einzelwissenschaften niemals völlig absondern, und wenn hier der Versuch unternommen wird, die Grundrisse einer allgemeinen Erkenntnistheorie zu ziehen, so darf doch niemals vergessen werden, daß die Grenze gegen die speziellen Erkenntnistheorien der besonderen Wissenschaften immer nur eine willkürliche sein kann.

Was die Form der Darstellung selbst anbelangt, so habe ich von einem näheren Eingehen auf die einzelnen Arbeiten der grundlegenden Forscher, wie sie wohl sonst Sitte ist, absehen zu müssen geglaubt. Es ist dies aus zwei Gründen geschehen. Erstens würde die gegenseitige Unabhängigkeit und die verschiedene Richtung dieser Arbeiten eine an sie sich anlehende geschlossene Darstellung sehr erschweren; nun schien es mir aber beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnislehre mehr auf eine von rein sachlichem oder stofflichem Interesse geleitete Darstellungsform anzukommen, während eine historisch-kritische Darlegung besser einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleibt; zweitens hoffe ich selbst bei einer späteren Gelegenheit eine charakterisierende Übersicht über die betreffende Literatur zu geben, wie ich dies schon in kleinerem Maßstab in einer Gelegenheitsschrift getan habe. Nur im Anhang findet der Leser die entsprechenden Verweise auf die wichtigsten in Betracht kommenden Abhandlungen und Gesamtdarstellungen, so daß ihm dadurch die Mittel zu einer selbständigen Orientierung an die Hand gegeben werden, was ja schließlich das wichtigste ist.

Zur schnellen Orientierung des Lesers bemerke ich nur noch kurz, daß der vorliegende Entwurf sich im allgemeinen mit den von MACH, KIRCHHOFF, HERTZ, STALLO, CLIFFORD, PEARSON, OSTWALD und CORNELIUS geäußerten Ansichten über das Wesen der Erkenntnis deckt. Ich habe aus deren im Wesen übereinstimmenden, in manchen Einzelheiten - hie und da allerdings auch in wichtigeren Punkten - abweichenden Ansichten jenen Kern gemeiner Überzeugungen zur Darstellung zu bringen gesucht, der nach meinem Dafürhalten die Grundlagen zu einer wissenschaftlich haltbaren Erkenntnislehre zu bieten geeignet erscheint. Wie bereits bemerkt, habe ich dabei eine nähere Bezugnahme auf die genannten und andere Forscher im Einzelnen nicht beabsichtigt, sondern einer späteren Gelegenheit vorbehalten.




I. Das Erkenntnisproblem

1. Die Berechtigung einer besonderen
Wissenschaft von der Erkenntnis.

Die Erkenntnislehre ist eine neue Wissenschaft, deren Berechtigung sich erst in später Zeit herausgestellt hat und hie und da wohl noch heute angezweifelt wird. Dem naiven Denken ist sie fremd: dasselbe nimmt zunächst ohne weitere Prüfung die Ergebnisse seiner Tätigkeit unbedenklich als wahr an. Stellen sich später Widersprüche oder sonstige Zeichen von der Unhaltbarkeit der aufgestellten Ansichten ein, so wird dieselbe solange durch eine andere ersetzt, bis es gelingt, eine allgemeine Übereinstimmung zu erreichen. Dieses einfache Mittel ist dann geeignet, im Laufe der Zeiten zu guten Ergebnissen zu führen, wenn ein zuverlässiges Kontrollmittel der Richtigkeit vorhanden ist, das uns deutlich sagt, welche von zwei entgegenstehenden Ansichten die richtige ist. Ein solches Mittel ist uns nun auf allen naturwissenschaftlichen Gebieten, aber auch auf dem der Mathematik gegeben; es ist dies die Kontrolle theoretischer Schlußfolgerungen durch zukünftige Erfahrung. Die Bestätigung durch eine solche kann uns zwar nie von deren Richtigkeit vergewissern, wohl aber im entgegengesetzten Fall mit unzweideutiger Gewißheit deren Falschheit feststellen. Dieses Mittel ist auch auf mathematischen Gebiet anwendbar, da wir ja die Eigenschaften geometrischer Figuren durch Konstruktion und Messung und die der Zahlen durch Zählung (Ausrechnung in besonderen Zahlen) zu prüfen in der Lage sind; seiner Anwendung haben wir auf beiden Gebieten menschlicher Tätigkeit einen großen Teil unseres Wissens zu verdanken. Andererseits ist uns dort, wo dieser Prüfstein versagt, wie bei der Beurteilung philosophischer Ansichten, durch mehr als zwei Jahrtausende jeder eigentliche Fortschritt versagt geblieben.

Gerade hier hat sich dann auch zuerst die Notwendigkeit herausgestellt, an die sorgsame kritische Prüfung all jener Tätigkeiten unseres Geistes heranzutreten, durch die wir Wissen zu schaffen meinen. Was dieser Kritik verfällt, scheidet dadurch aus dem Kreis des Wissens aus und letzterer wird ein engerer. Das Kriterium ist also wie das vorige von negativer, d. h. ausscheidender Wirksamkeit.

Eine Reihe solcher Zutaten laufen nun ganz unbemerkt in unsere Schlußketten ein und können erst bei gesteigerter, darauf gerichteter Aufmerksamkeit bemerkt werden. Die philosophische Literatur aller Zeiten und Völker ist überreich an Belegen für diese Tatsache. Aber auch die experimentell-psychologische Forschung der Gegenwart hat reiches Material hierzu angesammelt. Diese stillschweigenden Voraussetzungen und Hinzufügungen des denkenden Geistes sind teils vermeidbar, teils nicht vermeidbar; im ersteren Fall handelt es sich um deren Entfernung, im letzteren um ihre Erkennung und die Klarlegung ihrer Konsequenzen.

Die Entwicklung der exakten Wissenschaften ist nun heute an einem Punkt angelangt, der eine Untersuchung dieses Faktors zu einer unumgänglich notwendigen Aufgabe macht. Wie leicht sich Fehler selbst auf einem Gebiet wie dem der Mathematik einschleichen können, wenn nicht mit peinlicher Genauigkeit auf die Gesamtheit aller zugrunde liegenden Voraussetzungen geachtet wird, davon hat die moderne Mathematik der Schule WEIERSTRASS' ein instruktives Beispiel gegeben. Der ganze stolze Bau der mathematischen Analysis mußte von Grund auf neu aufgeführt werden, ja sogar die Elemente der Mathematik konnten von dieser Rekonstruktion nicht ausgeschlossen werden. Mancher Lehrsatz mußte als unrichtig gestrichen werden, die meisten erwiesen sich nur unter einschränkenden Voraussetzungen als richtig, und zu manchem richtigen Lehrsatz mußte ein neuer Beweis gesucht werden. Was bisher als selbstverständlich galt, wie z. B. die Differenzierbarkeit einer stetigen Funktion, erwies sich als eine Angelegenheit, die eine besondere Prüfung erfordert. Aber schon bei der Stellung der Probleme erwies sich eine kritische Rücksicht geboten; statt wie früher an die Aufgabe unbekümmert heranzutreten, heißt es jetzt, zuerst die Existenz einer Lösung nachzuweisen und dann erst nach derselben zu suchen. Es ist das gleichsam die positive Seite der Kritik.

Ähnlich verhält es sich auf dem Gebiet der Physik. Gerade so wie es in der Mathematik praktische Bedürfnisse insofern waren, als der Ausbau der speziellen Funktionentheorie sich ohne kritische Überprüfung der allgemeinen Grundlagen als undurchführbar erwies, so haben auch auf physikalischem Gebiet jene Forscher, die am weitesten in den Zusammenhang der Erscheinungen einzudringen sich bemühten, die Notwendigkeit herausgefühlt, sich über die Bedeutung und Tragweite ihrer Denkmittel wie über die Natur der anzustrebenden Zwecke Klarheit zu verschaffen. Wir finden dieses Streben in deutlichster Form ausgeprägt bei zwei der hervorragendsten Physiker des abgelaufenen Jahrhunderts, bei JAMES CLARK MAXWELL und HEINRICH HERTZ, ja in gewissem Sinn auch bei MICHAEL FARADAY und Lord KELVIN (Sir WILLIAM THOMSON).

Die Philosophie steht mit der Physik in inniger Verbindung. Sie ist gleichsam eine Physik im erweiterten Sinn des Wortes, insofern unter Philosophie die Kunst, eine umfassende Weltanschauung zu bilden, verstanden wird, die über jene Punkte uns eine Art von Aufklärung oder Verständnisanbahnung zu geben hat, über die die Wissenschaft selbst nichts lehren kann. Man mag ja über Wert und Unwert solcher Systeme verschieden denken; jedenfalls ist aber klar, daß die Philosophie mit der Wissenschaft nirgends in Konflikt kommen darf, und daß sie bei ihren Bestrebungen - gerade so wie die Physik bei der Bildung von Hypothesen - sehr genau auf die Bedeutung ihrer konstruktiven Elemente zu achten haben wird, um namentlich einer Verkennung ihrer Grenze gegen die Wissenschaft Einhalt tun zu können.


2. Erkenntnislehre und Philosophie

Aus dieser Auffassung des Wesens der Philosophie ergibt sich dann auch ihre Abgrenzung und ihr Verhältnis zur Erkenntnislehre: die Grenze zwischen beiden ist die Grenze strenger Wissenschaftlichkeit. Die Erkenntnislehre ist eine exakte Wissenschaft gerade so wie die Mathematik oder die Sprachforschung, bzw. hat es zu sein oder zu werden; die Philosophie beginnt, wo diese Grenze aufhört. Die Philosophie unterliegt der Kritik von Seiten der Erkenntnistheorie, die imstande sein kann, einem System die Berechtigung zu versagen, aber diese Kritik kann sich nur auf das Feststellen einiger notwendiger Bedingungen beziehen; sie kann, wenn diese erfüllt sind, weiter nichts sagen. Es verhält sich damit analog wie mit der mathematischen Prüfung einer physikalischen Hypothese.

Was bisher als theoretische Philosophie aufgetreten ist, zerfällt demnach in zwei wohlgeschiedene Teile, einen rein wissenschaftlichen, der hier als Erkenntnislehre bezeichnet erscheint, und einen metaphysischen, der außerhalb des Kreises dieser Betrachtungen bleiben soll.

Die Tatsache allein, daß von mancher Seite Philosophie geradezu für identisch mit Erkenntnislehre erklärt worden ist, beweist die hohe Wichtigkeit derselben; aber wer auch einer besonderen Metaphysik noch eigenen Wert zuspricht, kann doch nicht die Berechtigung leugnen, die Verfahrensweisen derselben einer eingehenden Prüfung in Bezug auf die unterlaufenen Voraussetzungen zu unterziehen. Systeme, wie die eines PLATON, lassen sich heute mit aller wünschenswerten Präzision als ganz unhaltbar nachweisen. Darin besteht der Fortschritt in der Philosophie.


3. Die Möglichkeit der Erkenntnislehre

Schwieriger als die Berechtigung läßt sich die Möglichkeit der Erkenntnislehre als eigener Wissenschaft darlegen. Eine kaum übersehbare Menge scheinbar unauflösbarer Schwierigkeiten türmen sich gleich an der Eingangspforte zu dieser Wissenschaft dem unvorsichtigen Eindringling entgegen. Eine Theorie der Erkenntnis, eine Kritik wissenschaftlicher Verfahrensmethoden will die Erkenntnislehre sein und ist doch ihrerseits auch nicht mehr als eine Wissenschaft. Woher nimmt sie die Mittel, um ihre Mission zu erfüllen, wo liegen die Quellen ihrer Erkenntnis? Und worin liegt die Berechtigung, diese höher zu schätzen und zum Maßstab der Kritik anderer Erkenntnisse zu verwenden? Ja - was heißt Erkenntnis überhaupt? Wie soll dieser Begriff bestimmt werden und mit welchem Recht kann eine der verschiedenen möglichen Definitionen als die maßgebende hingestellt werden? Die Ansichten darüber, was Erkenntnis ist, können ja auseinandergehen und gehen auch tatsächlich auseinander; gibt es nun eine oberste Instanz, die hierüber in endgültiger Weise zu entscheiden hätte? Und wer könnte verpflichtet werden, diese anzuerkennen?

Es ist, wie man zumindest glauben sollte, ohne Weiteres klar, daß es eine solche Instanz nicht geben kann. Der tausendjährige Irrtum aller Philosophie seit PLATONs Zeiten bestand eben darin, eine solche vorausgesetzt zu haben. Allein, was Erkenntnis ist, bedarf erst einer eigenen Feststellung, und diese unterliegt unserer Willkür, wie eben jede Definition. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann überhaupt von Erkenntnis die Rede sein. Das heißt mit anderen Worten, es gibt keine unbedingte, absolute Erkenntnis, der die Befugnisse eines absolutistischen Herrschers zukämen, sondern nur eine relative.

Die Erkennung der notwendigen Relativität aller Erkenntnis bedingt aber die Erkennung der Möglichkeit der Erkenntnislehre als Wissenschaft. Denn sie bedarf nunmehr keiner besonderen Erkenntnisquelle, keines die anderen Wissenschaften überragenden Standpunktes. Ihre Aufgabe wird es sein, mit Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse einen passenderen Begriff der Erkenntnis zu formulieren und unter Zugrundelegung desselben (d. h. in Bezug auf denselben) die Erkenntnisarten der einzelnen Wissenschaften einer vergleichenden Betrachtung zu unterwerfen.


4. Das Prinzip der Relativität

Die Erkenntnis von der Relativität allen Wissens ist neueren Ursprungs und wird noch heute von Philosophen mit großer Leidenschaftlichkeit, wenn auch ohne alle ersichtlichen Gründe, bekämpft. Es dürfte daher nicht unangebracht sein, derselben noch einige Beachtung zu schenken.

Gleich vielen anderen Wahrheiten allumfassendster Bedeutung scheint auch diese der Betrachtung spezieller Verhältnisse entsprungen zu sein. Es dürfte zuerst in der Lehre von Raum und Zeit gewesen sein, daß sich der Menschengeist der Relativität aller Bestimmungen bewußt geworden ist (1). Später trat die Erkenntnis von der Relativität aller Eigenschaften eines Körpers hinzu.
    "Jede Eigenschaft oder Qualität eines Dings ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Fähigkeit desselben, auf andere Dinge gewisse Wirkungen auszuüben",
sagt HELMHOLTZ in seinem Vortrag "Über die neueren Fortschritte in der Theorie des Sehens" (2). MACH führt in seiner Rede auf dem Wiener Naturforschertag 1894: "Über das Prinzip der Vergleichung in der Physik" die Entstehung aller Worte, deren wir uns zur Beschreibung der Erscheinungen bedienen, auf eine Beziehung zwischen den letzteren zurück und erklärt die Erklärung durch die Auffindung von Relationen (3). STALLO hebt mit besonderem Nachdruck die Bedeutung der Relativität aller Erkenntnis hervor,
    "in deren Verkündigung es schwer möglich ist, zu überschwenglich oder in deren Erläuterung an Beispielen zu verschwenderisch zu sein." (4)
Die objektive Existenz der Dinge besteht nach ihm nur in ihren gegenseitigen Beziehungen. Alle unsere Behauptungen haben nur relativ einen Sinn, alle Messungen und Größen sind ihrer Natur nach relativ. Es gibt also keinen Satz in der Physik, der absolut genommen, ohne Bezug auf anderes, einen Sinn hätte.

Schon daraus geht hervor, daß es ganz unmöglich ist, einen Begriff "Ding ansich" überhaupt zu bilden. Wo ein solcher in der Philosophie auftritt, ist dieser gewiß unhaltbar. Das Gebiet der Physik wird dabei noch gar nicht überschritten, denn Ding ist ein physikalischer Begriff.

Daß sich aber diese Erkenntnis verallgemeinern läßt, geht schon aus der sprachlichen Form des Urteils hervor, das ja stets nur eine gegenseitige Beziehung zweier Gedanken zum Ausdruck bringen kann. (5)

Man kann somit sagen, daß alle unsere elementaren Erkenntnisse die Form einer Beziehung ansich tragen.

Es ist aber auch - gleichfalls durch die Logik - klar, daß keine Behauptung unbedingte Gültigkeit haben kann, denn ohne alle Prämissen ist keine Beweisführung möglich. Nur durch die Unterdrückung oder Außerachtlassung als selbstverständlich erschienener Prämissen konnte der falsche Schein unbedingter Wahrheiten entstehen; Aufgabe der strengen Wissenschaft ist es, denselben zu zerstören.

Durch die fernere Berücksichtigung des Umstandes, daß unsere Erfahrung, d. h. der Kreis unseres Bewußtseins alle Elemente enthält, die uns überhaupt jemals bekannt werden können, ergibt sich der weitere Schluß, daß Erkenntnis nur in Bezug auf menschliche Erfahrung möglich und somit auch denkbar ist. Jede andere ist derart sinnlos, daß sie nicht einmal der Erwähnung wert ist (6). Es scheint, daß diese Erkenntnis zuerst PROTAGORAS, dem Urheber des berühmten Ausspruchs panton chrematon metron anthropos" (Der Mensch ist das Maß aller Dinge) zuteil geworden ist, und daß letzterer von PLATON und allen nachfolgenden Philosophen (7) in gröblicher Weise mißverstanden worden ist.


5. Ein weiteres Grundprinzip
der Erkenntnislehre

Aus dem Prinzip der Relativität folgt die theoretische Möglichkeit einer beliebigen Fixierung des Erkenntnisbegriffs. Es fragt sich nun, wodurch die Einengung dieser Möglichkeit auf das praktisch zulässige Maß erfolgen kann.

Der Sachverhalt, der hier vorliegt, ist nicht unähnlich dem bei den exakten Wissenschaften, wie z. B. der Geometrie. Diese beginnt gleichfalls mit Voraussetzungen (Axiomen, Postulaten, Definitionen), deren Aufstellung der Willkür unterliegt, und erblickt ihre eigentliche Aufgabe erst in der Herleitung ihres sonstigen Inhaltes aus diesen Sätzen. Es ist ja auch bekannt, daß tatsächlich mehrere Systeme von Axiomen möglich sind, ohne daß sich vom mathematischen Standpunkt aus eine Entscheidung über dieselben fällen ließe. Die einzige Bedingung, der sie unterliegen, ist die, daß sich das ganze System von Axiomen und daraus abgeleiteten Sätzen als praktisch brauchbar erweisen muß.

In ähnlicher Weise könnte man auch in der Erkenntnislehre vorgehen. Der einzige Unterschied wäre nur der, daß anstelle der praktischen Verwendbarkeit des Systems in der Erfahrung hier die Verwendbarkeit zur Erklärung der verschiedenen Erkenntnisarten in den einzelnen Wissenschaften zu treten hätte.

Die Erkenntnislehre vermag indessen ihr Verfahren noch besser zu rechtfertigen. Aus der Relativität aller Erkenntnis folgt schon die Unmöglichkeit eines an und für sich existierenden, vom Subjekt ganz unabhängigen Systems von Wahrheiten. Stets kann eine solche nur in Bezug auf das menschliche Individuum formuliert werden und einen Sinn haben. Daraus ergibt sich die Unmöglichkeit ihrer Loslösung vom denkenden Subjekt. Eine jede Erkenntnis erscheint zunächst als Leistung eines Individuums. Die Gleichheit aller denkenden Subjekte ist aber nur eine Hypothese, die gar zu oft übersehen wird (8). Was für das eine Individuum gültig ist, muß es nicht auch für ein anderes sein. Es wird vielmehr eine von einem Individuum aufgestellte Erkenntnis für ein zweites erst dann Gültigkeit erlangen, wenn sich das letztere mit einer Reihe von Voraussetzungen, die das erstere gemacht hat, einverstanden erklärt. Diese Voraussetzungen haben den Sinn, die erkenntnistheoretische Gleichheit beider Subjekte auszudrücken. Sie irgendwie wissenschaftlich erweisen zu wollen, ist unmöglich. Erklärt sich jemand mit Voraussetzungen nicht einverstanden, deren Aufoktroierung von anderer Seite versucht wird, so läßt sich mit ihm weiter nichts machen. Niemand kann gezwungen werden etwas anzuerkennen. Das hat schon SOKRATES erkannt und deshalb all seinen Witz darauf gewendet, vom Gegner die Zustimmung zu einigen Grundsätzen, deren er zu seiner Beweisführung bedurfte, im Voraus sich zu sichern. Wer nichts zugibt, dem läßt sich nichts beweisen. Das subjektive Element läßt sich also nicht ganz zum Verschwinden bringen. Subjektive Überzeugung, nicht objektive Gewißheit ist das einzig erreichbare Ziel aller Wissenschaft. (9)

Aus diesem Grund kann auch in dem Umstand kein Mangel erblickt werden, daß die Erkenntnislehre an die einige nicht weiter beweisbare, sondern lediglich plausible Sätze stellt. Wer sie anerkennt, für den haben auch die folgenden Entwicklungen eine bindende Gültigkeit, wer ihre Ablehnung vorzieht, nun der möge schauen, wie er anderweitig sein Erkenntnisbedürfnis befriedigt; dieses System paßt nicht für ihn und hat ihm nichts zu sagen.

So oder ähnlich sollte es eigentlich an der Spitze eines jeden wissenschaftlichen Werkes heißen; jede Wissenschaft hat nur Gültigkeit, wenn von Seiten des Lesers dem Autor einige Postulate zugestanden werden. Daher kommt es, daß ein wissenschaftliches Werk Toren, Narren oder zu wenig Vorgebildeten, die die Annahmen des Verfassers nicht verstehen, nichts zu sagen hat.

Es fragt sich dann: Ja, was leistet uns die Wissenschaft? Nun sie erspart uns die Mühe unserer persönlichen Zustimmung zu allen im System entwickelten Wahrheiten. Sie sagt uns: Die Wahrheit einiger Sätze mußt du, lieber Leser, selbst erkennen; erkennst du diese als richtig, bzw. entschließt du dich deren Bestand zuzugestehen, so gelten für die alle Sätze, die in der Folge entwickelt werden. Bezüglich der ersten Sätze mußt dur deine unmittelbare Erfahrung zu Rate ziehen, die letzteren werden mittelbar gültig, sobald die ersten zugestanden sind. Die Wissenschaft erspartu uns also die direkte Erfahrung. Oder wenn man will, kann man auch so sagen: sie lehrt, daß eine Reihe von Sätzen mit einer gewissen Anzahl von Grundsätzen auf gleicher Gewißheitsstufe stehen.


6. Das Prinzip von der
Ökonomie des Denkens

Damit kommen wir zur Erfassung des eigentlichen Wesens der Wissenschaft. Ein Magazin unbedingt gültiger Wahrheiten stellt dieselbe nicht vor, weil es solche überhaupt nicht gibt. Ist sie deshalb bedeutungslos? Lange Zeit hat die Philosophie an die Notwendigkeit dieses Dilemmas geglaubt. Auf der einen Seite stand die immer mehr wachsende Einsicht in die "empirische" Natur unserer Erkenntnisse (d. h. in ihre Nichtunbedingtheit), auf das andern das Beispiel der Mathematik und mathematischen Physik. Vergeblich hat hier KANT zu vermitteln gesucht. Wir wissen heute, daß die Wahrheiten der ganzen Physik und der Geometrie empirische sind. Wir verdanken diese Erkenntnis mit in erster Linie den historisch-kritischen Untersuchungen MACHs über die Mechanik und Wärmelehre (10). Sie kann heute als gemeinsame Überzeugung fast der ganzen wissenschaftlichen Welt betrachtet werden. MACH verdanken wir aber auch die Aussöhnung des scheinbaren Gegensatzes. Er hat nicht nur gezeigt, daß die platonische Definition der Wissenschaft umfangsleer ist, er hat auch eine neue Definition derselben gegeben, d. h. er hat die Funktion aufgezeigt, welche der Wissenschaft zukommt und in der ihr Wesen besteht; er hat gezeigt, daß auch bei einer Ablehnung jeglichen Aprioris die Wissenschaft ihren Wert und guten Sinn behält. Das war die positive Seite seiner Leistung.

Die Aufgabe der Wissenschaft ist nun keine andere als die, uns beim Erwerb von Wissen behilflich zu sein, uns den direkten umständlichen, mühevollen Weg zu ersparen durch die Benutzung bereits gewonnener Erkenntnisse. Nehmen wir etwa als Beispiel die Mathematik, die ja den meisten die ihrer Methode nach vertrauteste Wissenschaft sein dürfte. Der Unterricht in derselben beginnt in der Volksschule unter Vorführung der Rechenmaschine mit der Addition der einziffrigen Zahlen. Die Resultate werden, wie sich MACH ausdrückt, durch eine Zählerfahrung gewonnen, also durch unmittelbare Erfahrung. Auf gleiche Weise könnten nun auch die Ergebnisse komplizierterer Rechnungen, zunächst die von Additionen mehrstelliger Zahlen, dann die von Subtraktionen, Multiplikationen und Divisionen erhalten werden. Jede Aufgabe aus diesem Gebiet ließe sich durch ein bloßes Abzählen zur Lösung bringen. Das geschieht aber nicht, ja es wird vielleicht manchem, der nie auf derartige Betrachtungen verfallen ist, diese Möglichkeit selbst unbekannt geblieben sein und daher verwunderlich erscheinen. In der Schule wird eben von früh auf ein anderer Weg eingeschlagen; die Addition der mehrziffrigen Zahlen wird auf die der einziffrigen zurückgeführt und so mit Hilfe bereits erworbener Kenntnisse gelöst. Ebenso wie die Multiplikation mehrziffriger Zahlen zerlegt in eine Reihe von Multiplikationen einziffriger und eine darauf folgende Addition, die Multiplikation einziffriger Zahlen aber durch die bekannte Definition der Multiplikation auf die Addition zurückgeführ. Ebenso stützt sich die Erklärung der Subtraktion auf die Addition, die der Division auf die Multiplikation.

Was geschieht demnach? Was leistet die Wissenschaft schon auf dieser elementaren Stufe? Die Summen einziffriger Zahlen lernt der Volksschüler durch direkte Erfahrung; mit Hilfe dieser Kenntnis wird er in den Stand gesetzt, alle vier Rechnungsarten zu handhaben und sich somit die Mühe der viel umständlicheren direkten Berechnung zu ersparen.

Die Mathematik besitzt daher, wie sich MACH ausdrückt, die Funktion, Erfahrung, nämlich direkte Zählerfahrung zu ersparen. Das gilt auch von den höheren Teilen der Mathematik, von der Buchstabenrechnung, die uns bei gleichartigen Berechnungen die jedesmalige Durchführung der ganzen Rechnung erspart, indem wir bloß in die Endformel die speziellen Zahlenwerde einzusetzen brauchen und damit eine Ersparnis an Arbeit erzielen, von den Determinanten, vom Prinzip der Erhaltung der formalen Rechengesetze, das die Grundlage zur Ableitung des Zahlensystems bildet, usw.

Dasselbe gilt auch von der Verwendung der Mathematik in der Physik. Welche Summe von Erfahrungen wird nicht durch so einfache Gesetze wie das Gravitationsgesetz oder das Brechungsgesetz ausgedrückt! Ja, eine jede physikalische Erklärung beruth, wie später näher ausgeführt werden wird, auf einer Beschreibung des Unbekannten durch das Bekannte. Der Fall eines Apfels zur Erde ist uns ansich ebenso fremde wie die Bewegung des Mondes und der Planeten; weil uns aber der erstere Vorgang durch unsere direkte Erfahrung geläufig geworden ist, dient er zur Erklärung des zweiten. TORRICELLI erklärt den Luftdruck, indem er die an festen Körpern bereits geläufig gewordene Eigenschaft der Schwere auch auf die Luft ausdehnt, usw.

Welch große Ersparnis erzielt nicht der Naturhistoriker durch sein System! Statt jede Spezies für sich von Anfang an zu beschreiben, genügt es, nur ihre charakteristischen Unterschiede einzeln anzuführen, während die Beschreibung der gemeinsamen in einem geschieht.

Ähnlich verhält es sich mit der Grammatik, mit der Jurisprudenz, der Sprachwissenschaft usw.

In allen diesen Fällen sehen wir die Wissenschaft behilflich sein, uns zum Wissen zu verhelfen. Sie besitzt somit einen positiven Zweck, ihr Begriff hat somit einen positiven Zweck, ihr Begriff hat wieder gute Bedeutung erlangt, wiewohl die überschwenglichen Ideale PLATONs als unerreichbar abgelehnt werden mußten. Die Begriffe sind andere geworden; nüchterne zwar, aber deshalb nicht minder bedeutungsvolle.

Nicht Wissen zu enthalten, sondern uns beim Erwerb desselben zu unterstützen, ist Zweck der Wissenschaft. Kein Magazin fertigen aufgestapelten Wissens stellt ein wissenschaftliches Werk vor, sondern nur eine Anleitung, uns ein Wissen zu verschaffen - etwa so, wie ein Kochbuch nicht die Speisen selbst enthält, sondern nur zu deren Verteidigung anleitet.

7. Die unmittelbare Erfahrung
und deren Gewißheit

Aufgabe der Wissenschaft bildet somit die Vermittlung von Wissen. Sie leistet dieselbe dadurch, daß sie zeigt, daß mit der Anerkennung einiger Wahrheiten die anderer notwendig verbunden ist. Sie sagt aber nichts aus über die Notwendigkeit einer solchen Anerkennung überhaupt. Dagegen besitzen wir allerdings eine Instanz, von der ein solcher Zwang ausgeht, und das ist die Erfahrung, natürlich die unmittelbare. Um Mißdeutungen dieses bei Philosophen und Naturforschern in ganz verschiedenem Sinn gebrauchten Wortes vorzubeugen, sei gleich hier bemerkt, daß unter der Erfahrung stets das Erleben eines Bewußtseinsinhaltes verstanden wird. Das Sehen eines Menschen bildet danach keinen Gegenstand der Erfahrung, sondern nur das Vorhandensein gewisser Gesichtsempfindungen usw. (11) Für Zwecke des gewöhnlichen bürgerlichen Lebens ist eine solche Unterscheidung zu machen nicht vonnöten; ganz unerläßlich ist sie aber bei erkenntnistheoretischen Untersuchungen. Das Prinzip der Exaktheit fordert es da, sich an das wirklich Erfahrbare zu halten und dasselbe nicht mit hypothetischen Konstruktionen zu verwechseln. (12)

Die Gewißheit, welche meinen jeweiligen Bewußtseinsinhalten zukommt, ist eine unmittelbare, ganz und gar unbestreitbare. Es hätte gar keine angebbaren Sinn, dieselbe in Zweifel ziehen zu wollen. Dadurch, daß sie da sind, sind sie gewiß da; sonst wären sie eben nicht da. Es ist z. B. ein ganz vergebliches, wenn auch im gewöhnlichen Leben oft versuchtes Unternehmen, durch logische Beweisführung jemand anderen das Vorhandensein oder Fehlen einer bestimmten Empfindung bei ihm beweisen zu wollen.

Hier haben wir also wirklich etwas Fixes, Unbezweifelbare. Am Vorhandensein unseres gegenwärtigen Bewußtseinsinhaltes können wir nicht zweifeln.

Allein dieses ersehnte Fundament hat seine Schwächen. Mein Bewußtseinsinhalt ist nur mir bewußt (= gewiß) und auch mir nur in einem Augenblick. Im nächsten ist alles wieder vorbei.

Dieser Sachverhalt hat viele Philosophen die grundlegende Bedeutung unserer gegenwärtigen Erfahrung ganz übersehen lassen. Sie waren nicht imstande, mit einer solchen Gewißheit überhaupt etwas anfangen zu können. (13) Wer freilich mit einem naturwissenschaftlichen Denken auch nur einigermaßen vertraut ist, wird nicht leicht in diesen Fehler verfallen können; ihm wird es sofort klar, daß unsere unmittelbare Erfahrung, so kurzlebig sie auch ist, imstande ist, die Theorien der Physik auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Aufgabe der Wissenschaft ist es, ihre Lehren durch die unmittelbare Erfahrung prüfbar zu gestalten; was nie mit derselben in Berührung kommen kann, bleibt ein müßiges hypothetisches Gebilde in alle Ewigkeit. Darin besteht die charakteristische Eigenschaft des metaphysischen Denkens.

Die Berührung mit der unmittelbaren Erfahrung ist für jedes wissenschaftliche System, was die Berührung mit der Erde für ANTAEUS gewesen war: der unentbehrliche Rückhalt. So gering auch die Berührungsfläche sein mag, so wenig entbehrlich ist sie.


8. Plan der folgenden Darlegung.

Diese drei oder vier Grundgedanken sind es, die schon an dieser Stelle eine einigermaßen vorgreifende Behandlung erfahren mußten. Der Aufbau einer Erkenntnistheorie muß ja nach den Grundsätzen erfolgen, die diese erst zu entwickeln haben wird, und um Mißverständnisse hintanzuhalten und den Leser von vornherein etwas zu orientieren, schien ein Hinweis auf diese Grundprinzipien geboten. Dazu kommt noch, daß die folgende Darstellung auf einem ganz anderen Fundament ruht als die bisherigen Versuche einer Erkenntnislehre und mit altgewohnten und daher sehr mächtigen und hinderlichen Vorurteilen in Kampf treten muß. Es erschien deshalb als praktisch zweckmäßig, von vornherein die Relativität aller Erkenntnis, die Bedeutung der unmittelbaren Erfahrung und die ökonomische Natur der Wissenschaft mit allem Nachdruck zu betonen, nachdem schon vorher die Unmöglichkeit der Erreichung des bisher angestrebten absoluten Erkenntnisideals aufgezeigt worden war.

Es ist auf diese Weise allerdings der Formulierung des Erkenntnisbegriffs in etwas vorgegriffen worden. Denn der natürliche Gang der Untersuchung wäre der gewesen, zunächst die Tatsachen, die der Erkenntnis zugrunde liegen, vorzuführen, dann aufgrund derselben den Begriff der Erkenntnis zu formulieren und schließlich seine Bedeutung, d. h. Anwendbarkeit klarzulegen.

Dieser Gang soll dann nun auch im Folgenden eingehalten werden. Die bisherigen Ausführungen verfolgten den Zweck, das Erkenntnisproblem zu formulieren; sie haben die Fragestellung und die Auffassung darzulegen gehabt, die zu deren Lösung führen soll. Es hatte sich da zunächst herausgestellt, daß es vor allem notwendig ist, den Begriff der Erkenntnis festzulegen, d. h. neu zu definieren, da sich der überkommene Begriff als unhaltbar herausgestellt hat; ferner, daß es notwendig ist, auf die Tatsachen unseres Seelenlebens einzugehen, da jede Erkenntnis stets nur eine menschliche sein kann und der Mensch notwendigerweise das Maß aller Dinge bilden muß und daß daher erst nachher die Formulierung des Erkenntnisbegriffs möglich ist. Auf diese Weise wird das Verfahren der Erkenntnistheorie in durchgängige Übereinstimmung gebracht mit dem der Physik; auch hier bilden die Tatsachen den Ausgangspunkt, es folgen die Definitionen der physikalischen Begriffe, die aufgrund der Tatsachen geschehen (dabei natürlich durch dieselben nicht eindeutig bestimmt sind, "verschiedene Bilder derselben Gegenstände sind möglich" {HERTZ}), und dann die Verwendung der aufgestellten Grundbegriffe und Sätze zur Darstellung des ganzen Tatsachenkomplexes. Dabei kann die Aufzählung der Tatsachen zunächst nur eine rein individuelle Bedeutung beanspruchen; erst in dem Maße, als sich andere mit den aufgestellten Formulierungen einverstanden erklären, wächst deren Bedeutung, ohne aber je eine objektive Bedeutung schlechthin erlangen zu können. Die Zustimmung eines jeden einzelnen bleibt erforderlich, bevor für ihn die sich ergebenden Entwicklungen eine Bedeutung erhalten. Die Wissenschaft kann das eigene Denken nur unterstützen, nicht völlig ersetzen und überflüssig machen. Ihre Aufgabe ist es, die Voraussetzungen, deren ausdrückliche Zustimmung sie fordern muß, so zu gestalten, daß diese Zustimmung eine möglichst allgemeine wird. Eine streng absolut allgemeine wird sie nie werden.
LITERATUR - Hans Kleinpeter, Die Erkenntnistheorie der Naturforschung der Gegenwart, Leipzig 1905
    Anmerkungen
    1) Vgl. hierüber die eingehende historisch-kritische Studie von LUDWIG LANGE "Die geschichtliche Entwicklung des Bewegungsbegriffes, Leipzig 1886, in der in sehr lehrreicher Weise die allmählich fortschreitende Entwicklung der Erkenntnis von der Relativität von Raum, Zeit und Bewegung dargelegt wird. Über die neuere Literatur orient desselben Verfassers "Das Inertialsystem vor dem Forum der Naturforschung. Kritisches und Antikritisches", Leipzig 1902, das als Teil der Wundtfestschrift erschienen ist.
    2) HELMHOLTZ, Vorträge und Reden I, Seite 321.
    3) MACH, Populärwissenschaftliche Vorlesungen, dritte Auflage, Leipzig 1903, Seite 263-286.
    4) J. B. STALLO, Die Begriffe und Theorien der modernen Physik, Leipzig 1901, Seite 187.
    5) Daß die sogenannten subjektlosen Sätze es nur in grammatischer aber nicht in logischer Hinsicht sind, geht schon daraus hervor, daß sie mit dem bloßen Infinitiv nicht identisch sind.
    6) Die Verwendung eines solchen unzulässigen Begriffs bildet einen der wesentlichsten Irrtümer KANTs und hat auch viel dazu beigetragen, andere zu verdecken.
    7) Erst in neuerer Zeit hat sich die philologische Forschung der Diskussion der Frage zugewandt, ob die von PLATON untergeschobene extrem individualistische (um nicht zu sagen: unsinnige) Deutung des Satzes des PROTAGORAS wirklich die richtige ist. Nach THEODOR GOMPERZ (Griechische Denker, Wien 1895) läßt sich das Gegenteil mit Sicherheit annehmen. Jedenfalls ist die Stellungnahme des PROTAGORAS gegen die Eleaten, die wahren Vergifter des ganzen abendländischen philosophischen Denkens, und wohl auch die mißgünstige Kritik PLATONs, der durch eine Übernahme der eleatischen Gedanken die Hauptschuld an deren unglückseligen Verbreitung trägt, geeignet, für ihn Sympathien zu erwecken. Ob er die volle Tragweite seines Satzes - in welchem Fall man ihn unbedingt als den tiefsten und originellsten Denker des ganzen Altertums ansehen müßte - erkannt hat, kann gleichwohl billig bezweifelt werden. Wenigstens pflegt jede tiefe Wahrheit zuerst geahnt zu werden, bevor sie wirklich voll und klar erkannt wird.
    8) So z. B. von KANT und von allen, die seine Vernunftkritik als von jeder Erfahrung unabhängig ansehen. KANT hätte günstigstenfalls das Recht zu sagen, derart ist meine Vernunft. Ob die anderer Menschen auch so ist, bleibt dahingestellt. Erst nach Erbringung dieses Nachweises könnte von objektiver Gültigkeit überhaupt erst die Rede sein.
    9) So ähnlich heißt es schon bei KANT in der "Kritik der praktischen Vernunft".
    10) Die Mechanik in ihrer Entwicklung historisch-kritisch dargestellt, erste Auflage Leipzig 1883, fünfte Auflage 1904; Die Prinzipien der Wärmelehre, historisch-kritisch dargestellt, erste Auflage Leipzig 1896, zweite Auflage 1900.
    11) siehe weiter unten
    12) Aus diesem Grund geht es nicht an, an der Anschauung des gemeinen Mannes von der direkten Wahrnehmbarkeit der Körperwelt auch bei erkenntniskritischen Untersuchungen festzuhalten. Die hinter den Erscheinungen liegenden Dinge, welche, wie man sagt, unsere Empfindungen hervorrufen, sind uns nicht gegeben, sondern stellen ein bloßes Gebilde unserer Phantasie vor. Aus diesem Grund muß ich die Position des sogenannten philosophischen Realismus als wissenschaftlich unhaltbar bezeichnen. Es ist ja nicht richtig, daß, wie WUNDT es annimmt, "jede Erfahrung sich unmittelbar in zwei Faktoren sondert: in einen Inhalt, der uns gegeben wird, und in unsere Auffassung dieses Inhaltes". Das geschieht erstens erst mittelbar und dann in der Weise, daß wir ein Bewußtseinselement entweder mit ihm "inhaltlich" ähnlichen, oder mit den ihm zeitlich voraufgehenden vergleichen. Ähnlich wie wir an einem Ton Höhe und Stärke unterscheiden, gelangen wir auch zur Unterscheidung des Vorstellungsinhaltes von seiner Gefühlsseite. Dabei verlassen wir aber das Gebiet des Psychischen nicht. Was wir "physisch" nennen, ist eine Konstruktion aus psychischen Elementen. Das X, das hinter den Erscheinungen liegen soll, können wir nicht fassen, wir brauchen es aber auch nicht. "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß", sagt sehr treffend und wahr ein altes Sprichwort. Und hätte die Welt noch so viele Geister, sagen wir 100 auf den ccm, ihr Spuken ginge uns nichts an, solange wir sie in keiner Weise wahrnehmen! Unser Interesse ist durchaus auf den Kreis unserer möglichen Erfahrungen (Bewußtseinselemente) beschränkt. Natürlich verliert dadurch auch das Wort "Wirken" seine metaphysische Bedeutung. Wir brauchen es nicht, wenn wir von den uns direkt gegebenen Elementen und nicht von deren hypothetischen Ursachen sprechen. Die Konstruktion einer Welt hinter den Erscheinungen ist ein Ausfluß unseres Kausalitätstriebes [trebitsch], dessen Berechtigung sich aber hier wissenschaftlich nicht nachweisen läßt. Zu beachten ist übrigens, daß diesem Kausalitätstrieb sich in weit besserer Weise entsprechen läßt, als durch die Annahme einer Existenz toter Materie. Dies erkannt zu haben, bildet das Verdienst BERKELEYs. Wenn schon etwas da sein soll, das wirkt, so kann es doch keine tote Materie sein. Aus unserer Erfahrung ist uns nur das Wirken lebender Organismen bekannt; es hat daher BERKELEY nichts anderes getan, als sich an die regulae philosophandi NEWTONs gehalten, indem er alle Erscheinungen der Natur als Willensäußerungen eines Geistes auffaßte. Dadurch ändert sich übrigens nichts an der objektiven Natur der Erscheinungswelt, wie BERKELEY unermüdlich war zu betonen. Die Mißverständnisse, denen seine Lehre z. B. durch KANT begegnete, scheinen wesentlich die gleichen zu sein, denen sie noch heute ausgesetzt ist. KANT war der auch sonst für sein System verhängnisvollen Ansicht, daß das, was subjektiv ist, nur vom Subjekt abhängt. Das ist natürlich grundfalsch, da ja eben alle unsere Erlebnisse subjektiv sind. Der zweite Fehler, der oft vorkommt, besteht in dem Schluß, daß dann die ganze Welt ein Traum von mir oder gar in meinem Gehirn enthalten wäre. Das erstere davon ist nicht richtig, weil Traum und Wirklichkeit noch immer unterscheidbar bleiben; das letztere ist ein arger Zirkel, da hier "Gehirn" in einem naiv-realistischen Sinn gebraucht ist. Doch scheinen noch andere Voreingenommenheiten gegen diese Auffassung zu bestehen. JODL scheint der Gedanke abzuhalten, daß unsere Erkenntnis nur eine beschränkte ist, wir somit nur einen Teil des Dings erkennen und daher gut tun, den unerkannten Rest als obiges X anzusehen, daß wir später immer mehr und mehr zu erforschen hoffen dürfen. (Vgl. CARUS, The Surd of Metaphysics, Chicago 1903, Seite 101f). Er beruft sich hierbei beispielsweise auf die Gravitation, deren Wesen zu erforschen noch nicht gelungen ist. Allein - was heißt Wesen der Gravitation? Das, was die Physiker hier suchen und bis jetzt noch nicht gefunden haben, ist einfach eine Beziehung zwischen der Gravitation und anderen Erscheinungsgebieten, wie z. B. denen des Lichts und des Elektromagnetismus. Daraus folgt aber ohne Weiteres, daß sich jede solche zukünftige Erkenntnis wird unter die Formel MACHs f(x, y, z, ...) = O subsumieren lassen. Ebendeshalb fragen wir zwar nach der Natur der Röntgenstrahlen, aber nicht mehr nach der der Wärme- oder ultravioletten Strahlen. Daß aber unser Wissen noch erweiterungsfähig ist, hat doch weder MACH noch überhaupt ein vernünftiger Mensch jemals bestritten; nur hat es natürlich wenig Sinn, von dem zu reden, was man nicht weiß. Wieso die (hier auch festgehaltene) MACH-KIRCHHOFFsche Definition des Wissens unkorrekt sein soll, ist mir ebenso wie CARUS unerfindlich geblieben. Ich war hier nicht einmal imstande, den für Professor JODL maßgebenden Grund auch nur zu mutmaßen und kann mich da nur den Worten von Dr. CARUS anschließen: "I cannot understand wahr knowledge could otherwise be", denn die Verbindung des Bekannten mit dem Unbekannten ist ja doch keine Kenntnis! Für STUMPF scheint, soviel sich nach den kurzen Bemerkungen in seinem Eröffnungsvortrag des Münchener Psychologenkongresses (zweite Auflage Leipzig 1903) beurteilen läßt, die Ungenauigkeit unserer Sinne, d. h. die Tatsache der Fehlergrenze maßgebend zu sein. Wenigstens ist das die für STUMPF noch günstigste Interpretation seiner Worte. Darauf ist aber einfach zu antworten, daß die konstruierte begriffliche Welt das Bild der wirklichen ist, von der sie freilich abweicht, aber eben nur innerhalb der Fehlergrenzen. Die Physik hat ja die Aufgabe zu prophezeien; und worin anders könnten diese Prophezeiungen bestehen als in der Voraussage künftiger Sinneswahrnehmungen? Alles andere in der Physik dient nur diesem Zweck. Übrigens sollte STUMPF CLIFFORD lesen, namentlich dessen "On the aims and instruments of scientific thougt"; er würde hier durch einen Mathematiker von seinem Wahn der Existenz einer mathematischen Welt geheilt werden. Vgl. auch Seite 18f des Textes und die trefflichen Auseinandersetzungen in OSTWALDs "Naturphilosophie", Seite 64f.
    13) So z. B. KÜLPE, Die Philosophie der Gegenwart in Deutschland, erste Auflage, Leipzig 1902, Seite 22f