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FRITZ MAUTHNER
Beiträge zu einer Kritik der Sprache
(Band III)
A. Sprache und Grammatik
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"Wir wissen, daß es der Sprache wesentlich ist, unbestimmt und nebelhaft zu sein. Auch der konkreteste Begriff ist noch verschwommener als die Wirklichkeit, das heißt als die Sinneseindrücke, welche wir von ihr empfangen. Um wie vieles unbestimmter müssen dann die Formen der Grammatik sein, welche allesamt Abstraktionen sind."

"Ich nehme es als zugestanden an, daß die Merkmale der Dinge, die wir durch Adjektive ausdrücken, ebenso gut durch intransitive Verben hätten ausgedrückt werden können. Wir wissen, daß die Empfindung der grünen Farbe erst durch eine Wirkung auf unsere Netzhaut hervorgerufen wird, daß wir das Objekt des scheinbar intransitiven Verbums grünen sind. Der Satz der Baum grünt mich ist noch ganz und gar gegen unser historisch gewordenes Sprachgefühl gebildet."

"Wenn wir nicht die besitzenden Sklaven einer solchen geschlechtsfrohen Kultursprache wären, wenn wir außerhalb stünden und nun hören würden, daß unsere Geschlechtsklassifikation eine Ausnahme bildet unter den Sprachen der Erde, daß die meisten Sprachen das Geschlecht gar nicht kennen, daß z. B. die Eskimo die Dingwörter in belebte und unbelebte einteilen: so müßten wir wohl unbefangen die Sprachphantasie der Eskimo bewundern und unsere eigene Geschlechtsphantasie barbarisch finden."

"Der Name ist der Gast des Realen."   - Licius

"Daher ich beinahe vermute, daß unsere ganze Philosophie mehr aus Sprache als aus Vernunft besteht ... Es fehlt uns noch immer an einer Grammatik der Vernunft."
blindfish- Hamann (an Jacobi)

"Philosophie und Poesie, Verschlagen vom Wind der Empathik, Sie sind gestrandet, ich weiß nicht wie, Auf der Sandbank der Grammatik.     - Grillparzer

"Quod in subjecto est implicite, in praedicato est explizite."
[Was im Subjekt implizit liegt, ist explizit im Prädikat enthalten. - wp]     - Alter logischer Satz

"Ein Satz ist nur ein kleiner Scherz, um zu zeigen, wie schnell sich die falsche Seite nach außen wenden kann ... Worte sind sehr schelmisch, da Bindungen sie beschämen. - Dein Grund? - Ohne Worte kann ich dir nichts sagen, und Worte sind so falsch geworden, dass ich es kaum schaffe, mit ihnen Vernunft zu beweisen."
blindfish- Shakespeare

"Die Worte sind nichts als Wind;
Die Gelehrsamkeit besteht aus nichts als Worten:
Ergo ist die Gelehrsamkeit nichts als der Wind.
  - Swift

"Les dés de la nature sont pipés."
[Die Würfel der Natur sind trügerisch. - wp]   - Galiani

"In allen Akademien gibt es einen freien Lehrstuhl für unbekannte Wahrheiten, so wie Athen einen Altar für die unbekannten Götter hatte." - Voltaire

"Von allen Geschwätzigkeiten, die in dieser Welt des Gezänks geäußert werden, ist das Geschwätz der Kritik das aufdringlichste." - Sterne, Tristram Shandy

"Die kritische Schule hat sich in Kants System hineinstudiert und muß seinen Kant reden."
blindfish - Herder, Metakritik

"Nos souges valent mieulx que nos discours."
[Wir sind so tapfer, daß wir darüber reden. - wp]
blindfish- Montaigne



I. Unbestimmtheit des grammatischen Sinnes

Es liegt die Tatsache vor, daß einerseits das Denken sich in den Formen der Grammatik bewegt (natürlich, da Sprache Denken ist und die jeweilige Sprachform einer Menschengruppe auch ihre Denkform sein muß), daß andererseits dasselbe Denken nach dem Glauben der Logiker die logischen Formen annehmen muß, um bestehen zu können.

Die Alten konnten diese Frage so scharf noch gar nicht fassen, weil sie ihre Logik (eben die Formen ihrer Sprache) fertig hatten, bevor sie anfingen, eine bescheidene Grammatik aufzubauen. Daher das Vorrecht der Logik, welches auch darauf zurückzuführen ist, daß die Philosophie in ihrer Kindheit die abstraktesten Fragen zuerst und am liebsten aufgriff; dieses Vorrecht der Logik hat zur Folge gehabt, daß man bis auf unsere Zeit die Frage immer so stellt: Wie verhält sich die Grammatik zur Logik, etwa das Zufällige zum Absoluten? Für etwas Absolutes, für ein metaphysisches Himmelsgeschenk wurde die Logik ja von allen Aristotelikern gehalten, dieser Menschenbau, der sich von anderen Menschenbauten nicht einmal durch seine Beständigkeit unterscheidet.

Gegenüber den vielfachen Versuchen, die Grammatik nun dadurch zu heben, daß man in ihr dieselben göttlichen Qualitäten wie in der Logik suchte und fand, war eine Reaktion unvermeidlich. Gegenwärtig behauptet man nicht mehr eine Identität der (niederen) Grammatik und der (höheren) Logik; man begnügte sich damit, etwa einige vermeintlich göttliche Spuren der Logik in der Grammatik nachzuweisen. Und ein besonders kritischer Forscher wie STEINTHAL wollte erkennen (Abriß der Sprachwissenschaft, Bd. 1, Seite 62), daß die Sprache unabhängig von der Logik ihre Formen in vollster Autonomie schafft. Diese Erkenntnis mußte sich ihm aufdrängen, wenn er die Fülle der verschiedenartigen Sprachformen mit der (auch von ihm geglaubten) heiligen Einheit der Logik verglich.

Sehen wir aber in der überlieferten Logik nichts als eine höchst scharfsinnige Auseinandersetzung zwischen ARISTOTELES, dem ordnungsliebgenden Klassifikator, und seiner griechischen Gemeinsprache, so wird der Satz STEINTHALs etwas bescheidener so zu lauten haben: die modernen Sprachen schaffen sich ihre Formen in vollster Autonomie, (beinahe) unabhängig von den griechischen Formen. Man kann es ebenso als etwas Neues verkünden: die griechische Mythologie oder aber der Mohammedanismus habe sich unabhängig von der Theologie des heiligen AUGUSTINUS entwickelt.

Nun ist es - und das ist wieder einmal ein hübsches Beispiel für die Unzulänglichkeit der Sprache und der Logik - etwas ganz Anderes, ob man behauptet, Grammatik sei mit der Logik, oder ob man sagt, Logik sei mit der Grammatik identisch. Ich meine mit diesen Worten natürlich: es sei ganz was Anderes, ob man die Grammatik zum Rang der Gottheit Logik erheben will oder ob man die Logik zum Rang der Dienstmagd Grammatik erniedrigt.

Die Sprache ist, wie ich nicht müde werden darf zu wiederholen, nichts als das mangelhafte Mittel der Menschen, sich in ihrer Erinnerungswelt zurechtzufinden, das Gedächtnis, das heißt ihre eigene Erfahrung und die ihrer Ahnen, auszunützen, mit aller Wahrscheinlichkeit, daß diese Erinnerungswelt der Wirklichkeitswelt ähnlich sein wird. Die Grammatik jeder Sprache ging von der Wirklichkeitswelt aus, schuf aber dann in der Erinnerungswelt selbständige Bequemlichkeiten, Omnibusse, Assoziationen, Geleise. Die Logik hatte nichts als die grammatikalische Sprache, um sich daran zu halten; aber die Logik ist doch nur ein Sammelname für die Bemühung, in der Erinnerungswelt den Lageplan der Wirklichkeitswelt nicht zu verlieren oder vielmehr ihn zu finden. Grammatik und Logik sind also nur verschiedene Seiten der gleichen Menschensprache. Grammatikalisch gut heißt die Sprache, wenn sie zum Austausch der Erinnerungswerte bequem, glatt, leicht ist; logisch gut heißt sie, wenn die Erinnerungswerte den Wirklichkeitswerten nicht zu fern sind. Es ist wie auf einem großen Bahnhof. Es ist wünschenswert, daß die Schienen im richtigen Abstand, im richtigen Profil, nicht verrostet usw., also durchaus grammatikalisch sind; es ist auch wünschenswert, daß die Schienen mit allen Weichen jedesmal den allein wirklichen Bewegungen der Eisenbahnzüge entsprechen, daß sie logisch geordnet sind. Ein Unglück kann sowohl durch die Holprigkeit der Schienen wie durch eine falsche Weichenstellung entstehen; falsche Grammatik und falsche Logik sind gleich gefährlich. Gewöhnlich aber werden holprige Schienen nur als unangenehm empfunden, unrichtige Anordnungen erst erzeugen sicher Katastrophen.

So ist es zu erklären, daß die Sprache einen richtigen Gedanken, wenn er ungrammatikalisch ausgedrückt wird, wie z. B. "eine Kreis sind runde", unangenehm empfindet; über einen Unsinn jedoch, wenn er sich grammatikalisch ausweisen kann, wie z. B. "der Kreis ist eckig" (unter Umständen ein Unsinn), mit einer gewissen Ruhe hinübergleitet. Die Katastrophe kommt nachher, nicht durch die Logik, nicht durch falsche Schlüsse, sondern durch die ganze Gleisanlage, die sich in dem grammatikalisch richtig ausgedrückten logischen Unsinn eben nur verrät.


Die Linguisten haben schon gezeigt, daß unsere Grammatik nicht die aller Sprachen, daß sie vielmehr gar sehr nur die einer Minderheit ist. Es wäre eine schöne und fast unlösbare Aufgabe der Fachleute, die Logiken der anderen Sprachgruppen zu schreiben. So, wie das aber bisher versucht worden ist, scheint mir jeder Versuch ergebnislos zu sein. Jeder Versuch, die Logik der dravidischen [sechstgrößte Sprachfamilie der Welt - wp], chinesischen usw. Sprache durch die Vornahme einer Übersetzung in die Muttersprache zu gewinnen, wird zu einer ungewollten Fälschung. ADOLF STÖHRs "Algebra der Grammatik" will die Grundzüge einer neuen Kunstsprache bieten, ohne Rücksicht auf die Grammatiken der Wirklichkeit, aber er ist zu gläubig für die Logik und ihre Algebra; solche Versuche sind oft nur Äußerungen eines unfruchtbaren Scharfsinns.

SIGWART läßt sich (Logik, Bd. 1, Seite 29) die Äußerung entschlüpfen, er könne nur innerhalb der entwickelteren Sprachen eine Logik aufstellen wollen. Dieses Geständnis ist wertvoll. Die ganze Logik des Aristoteles ist nichts als eine Betrachtung der griechischen Grammatik von einem interessanten Standpunkt aus. Hätte ARISTOTELES Chinesisch oder Dakota gesprochen, er hätte zu einer ganz anderen Logik gelangen müssen, oder doch zu einer ganz anderen Kategorienlehre.

Wir Europäer nennen diejenigen Sprachen die entwickelteren, welche für die verschiedenen Kategorien der Logik besondere Redeteile besitzen, als Dingwörter, Eigenschaftswörter usw. Nun scheint es keine Frage zu sein, daß ARISTOTELES, der Meister aller Logiker, die Kategorien aus den Redeteilen geschöpft hat. Wenn das nicht der Schnitzer des Zirkels ist, dann gibt es keinen circulus vitiosus [Teufelskreis - wp].

Und es ist wohl zu erwägen, ob unsere entwickelteren Sprachen, welche für den Körper der Frucht, für ihre Farbe und für ihr Duften besondere Kategorien geschaffen haben, welche zwischen der Erdbeere, ihrer Eigenschaft rot und ihrer Tätigkeit duften unterscheiden, ob diese entwickelteren Sprachen nicht das Eindringen in das Innerste der Natur erschwert haben. Köpfe wie LOCKE und KANT waren nötig, um unser Denken aus den Schubfächern dieser Sprache zu befreien. Was da zur Erdbeere schwillt, was da rot ist und was da duftet, ist ja doch nur eins.

Dazu kommt noch, daß die Naturwissenschaft auf ihrer gegenwärtigen Höhe mit den alten Kategorien der Sprache nichts mehr anzufangen weiß. Wie plump und veraltet ist eigentlich der Unterschied zwischen Eigenschaft und Tätigkeit. Für unsere gegenwärtige Wissenschaft lösen sich alle Eigenschaften in Bewegungen, also Tätigkeiten auf. Wärme ist Bewegung oder Tätigkeit. Der hohe Ton reizt unsere Gehörkörperchen nur häufiger als der tiefe. Die rote Farbe der Erdbeere ist - immer nach der heutigen Anschauung der Wissenschaft - eine Bewegung des imaginierten Äthers, die auf unsere Netzhaut wirkt, der musikalische Ton c ist eine Bwegung der so viel "materielleren" Luft; nur gerade das Duften, das doch durch ganz materielle Teilchen des Stoffes an unser Organ gelangt, ist von der materialistischen Physik noch nicht so genau "erklärt" wie die Vorgänge beim Sehen und beim Hören.

Wäre unsere Sprache auf gleicher Höhe mit der Wissenschaft, so wäre alles Kategorienwerk schon längst durcheinander geworfen. Wir hätten dann freilich anstatt einer fertigen und so ererbten Gemeinsprache nur eine werdende Fachsprache, die nur ein Bruchteil der Menschen verstehen könnte. Die Sprache, deren sich auch die Wissenschaft bedient, ist aber ein Massenprodukt. Eine entwickeltere Sprache wäre die, welche seit ROBERT MAYER, HELMHOLTZ und MACH gelernt hätte, die alten Eigenschaftsbegriffe der Farben, des Lichts, der Wärme usw. durch Verba, und zwar durch transitive Verba auszudrücken. Solche Änderungen kann der Einzelne nicht machen. Und ich weiß ganz gut, daß es die Menschen "lächern" würde - der Ausdruck ist in der Schweiz üblich - und wundern, wenn ein Gelehrter sagen wollte: der Baum "grünt" mich, anstatt: der Baum ist grün.


Das Ziel aller Wissenschaft ist, von der Wirklichkeitswelt eine entsprechende Vorstellung zu haben; und da es unmöglich wäre, alle Einzelvorstellungen im potentiellen Gedächtnis zu behalten, da für ähnliche Einzeldinge der Wirklichkeit zusammenfassende Wortzeichen eintreten, so läuft das Ziel darauf hinaus: die Pyramide oder das System oder den Organismus der Wirklichkeitswelt durch eine Pyramide, ein System oder einen Organismus von Worten festhalten und mitteilen zu können. Bei diesem Ziel der Wissenschaft wird offenbar zweierlei vorausgesetzt.

Erstens, daß die Wirklichkeit irgendetwas in sich aufzuweisen hat, was der mechanischen, logischen oder lebendigen Ordnung entspricht, die wir in ihr suchen; wobei zu bemerken ist, daß der Begriff der Ordnung vielleicht etwas so sehr dem menschlichen Verstand Eigentümliches ist, daß die Natur außerhalb des Verstandes eine "Ordnung" gar nicht kennt. Was mag die Natur von der Symmetrie wissen, die wir doch so oft an ihr bewundern?

Darum kann auch eine Weltanschauung, die weder die Natur noch sich selbst prostituieren will, nicht systematisch, nicht ordentlich sein. Ich müßte mich ordentlich schämen, Sprachkritik systematisch vorzutragen: ordnungsgemäß. Ordnung ist eigentlich, fast wie Gesetz, ein staatlicher Begriff. Je gegenständlicher ein Kopf denkt, desto weniger systematisch wird er denken. PASCAL sagt (Pensées, VIII, 1):
    "Ich werde hier meine Gedanken ohne Ordnung schreiben, doch nicht etwa in zweckloser Verwirrung; das ist die wahre Ordnung, und sie wird eben gerade durch die Unordnung stets meinen Gegenstand kennzeichnen."
Wie wenig "Ordnung" zur Natur der Dinge gehört, wie sehr sie aus der Denknotwendigkeit des Menschen (freilich der menschlichen Natur) allein hervorgeht, habe ich in dem Artikel "Ordnung" (Wörterbuch der Philosophie, Bd. 2, Seite 220f) zu zeigen versucht.

Zweitens aber wird vorausgesetzt, daß unsere Begriffe oder Worte, wie sie sich als Zeichen für Einzelvorstellungen mit Einzeldingen decken, jedesmal der Art, der Gattung, dem Stoff, der Abstraktion usw. entsprechen, die wir bezeichnen wollen; es wird also vorausgesetzt, daß unsere Menschensprache gewissermaßen ein Faksimile der Wirklichkeitswelt ist, woraus dann allerdings hervorginge, daß durch Anhören und genaues Vergleichen der Worte (durch Sprechen oder Denken) eine fortschreitende Erkenntnis möglich wäre. Wie wenig die Sprache zu einem mechanischen oder logischen Wissensgebäude, zu einem Weltkatalog, geeignet ist, das ist an anderer Stelle gezeigt (Kritik der Sprache, Bd. 2, Seite 67).

Aber nicht einmal zur Bezeichnung der einfachsten, alltäglichsten und bekanntesten Verhältnisse und Beziehungen zwischen den Dingen scheint mir unsere Sprache befähigt, trotzdem die gesamte Sprachlehre oder Grammatik, wenn sie überhaupt einen Sinn hat (für Menschen, welche die Grammatik als eine Anleitung zum Richtigsprechen hochhalten, möchte ich nicht schreiben), nur den Sinn haben kann, daß sie die Kategorien der Sprache und die Kategorien der Wirklichkeitswelt miteinander vergleicht. Ich will mich bemühen, einige Punkte aufzuklären; und ich glaube bestimmt, daß eine weitere Untersuchung zu dem tragikomischen Ergebnis führen wird: wie die zehn Kategorien des Seins, die seit ARISTOTELES für die höchsten Formen des Verstandes gelten, einfach und kindlich den Redeteilen der griechischen Sprache entnommen waren, wie die fortschreitende Erkenntnis der Kulturvölker - festgebunden an die Radspeichen "arischer" und ähnlich gebauter Sprachen - sich selbst im Kreis drehte und die Sprachformen immer tiefer in die Natur hineinphantasierte, so ist es schließlich eine Selbsttäuschung, wenn wir auch nur die offenbarsten Beziehungsformen der Sprache für Abbilder der wirklichen Beziehungsformen halten, wenn wir auch nur solche Kategorien wie "Ding" und "Eigenschaft", weil sie in der Sprache sind, in der Natur zu sehen glauben. Und ich glaube ferner, daß die Entdeckung KANTs, mit der er die Formen der Erkenntnis dem Ding-ansich absprach und dem Intellekt zuwies, auf die Ahnung dieser meiner Lehre hinausläuft, wie an gehöriger Stelle zu finden ist. Jawohl: die Kategorien oder Formen aller Erkenntnis sind nicht in der Wirklichkeit, sie sind im Denken, das heißt in der Sprache, dort allein.

Ich will das, so einleuchtend, ja so lachend klar mir auch die bloße Behauptung erscheint, vorläufig an den wichtigsten Kategorien oder Redeteilen aufzeigen: dem Ding oder Substantiv, der Qualität oder dem Adjektiv, der Wirkung oder dem Verbum.

Es liegt uns, das heißt unserer Sprache nahe, die Wortzeichen für die wirklichen Einzeldinge, also die konkreten Substantive wie "Sonne", "Hund", für die ursprünglichsten und wertvollsten zu halten; wir sind geneigt zu glauben, die Menschen könnten sich untereinander mit dem bloßen Stammeln von Substantiven zur Not verständigen, es wären also Adjektive und Verben später gebildet worden.

Was ist ein Adjektiv? Wäre die Sprachforschung nicht seit jeher auf dem logischen Abweg gewesen, sie hätte seit LOCKE langsam zu der Antwort kommen müssen, die hier fast ohne Vorbereitung paradox erscheinen wird: Wir bezeichnen mit einem substantivischen Wort die Gesamtheit aller Sinneseindrücke, die wir von ein und demselben Ding als seiner Ursache herleiten, z. B. wir bezeichnen mit "Apfel" das Ding, das uns so und so groß, so und so gefärbt, so und so duftig, so und so süß erscheint, wir bezeichnen mit "Sonne" das Ding, dessen Größe (bzw. Entfernung), dessen Licht, dessen Wärme wir so und so empfinden; wir bezeichnen aber mit einem adjektivischen Wort einen einzelnen Sinneseindruck, den wir unter den von einem Ding hervorgerufenen Empfindungen aus irgendeinem Interesse besonders bemerken wollen oder müssen, z. B. wir achten je nach den Umständen darauf, daß der Apfel "rot", "duftig", "groß", "süß", daß die Sonne "weit", "hell", "warm" ist. (Wenn wir zufällig Röte, Duft, Süßigkeit, Helligkeit, Wärme sagen, hört darum der adjektivische Charakter nicht auf.)

Wenn man nun bedenkt, daß alle abstrakten Worte neuerer Mache sind, daß die ältere Sprache - selbstverständlich und nachweislich - mit konkreten Worten auskam, daß aber, wie wir eben entdeckten, alle konkreten Adjektive (die Neubildung muß wohl gestattet sein) sich psychologisch von den konkreten Substantiven nur durch die Zahl der bezeichneten Sinneseindrücke unterscheiden, so fällt das Gerede von zwei Kategorien oder Formen, denen sie angehören, zusammen. Hier also schon, an der Schwelle, will die Sprache oder das Denken künstliche Kategorien in die lachende Wirklichkeit hineintragen.

Und man hüte sich wohl, zu glauben, jetzt sei also das Adjektiv als älter anzusprechen, weil es nur einen Eindruck bezeichnet, das Substantiv aber zwei bis sechs oder je nach der Zählung noch mehr. Denn erstens ist der Gesamteindruck natürlicherweise gewöhnlich früher da als die Einzelempfindung, "Apfel" früher als "rot". Zweitens aber ist ja eben - und darauf lege ich die Betonung - nur die Sinnesempfindung wirklich und das Zeichen für sie gleichgültig. Vor der Unterscheidung zwischen Substantiv und Adjektiv ist der Sinneseindruck da. Und wo nur eine Empfindung überhaupt vorhanden ist, da verschwindet der Unterschied zwischen Adjektiv und Substantiv. Wenn das Kind einen glänzenden Punkt am Himmel sieht und keine Nebenempfindung hat, so ist es gleich, ob es "Stern" sagt oder "hell", ähnlich ist es oft gleich, ob wir "Wasser" sagen oder "naß", "Feuer" oder "heiß". Ganz gleich; in Wort und Gedanken gleich.

Und der Fall liegt nicht anders, wenn wir von der Nähe eines Dings überhaupt erst durch eine seiner Eigenschaften erfahren, ohne das Ding vorher durch Gesicht oder Getast wahrgenommen zu haben. Wenn wir z. B. eine heiße Ofenplatte berühren (wo dann nicht das Getast, sondern der Temperatursinn zuerst reagiert), wenn wir einen Bovist riechen, ohne ihn zu sehen. Auch dann hat uns ja nur einer unserer Sinne eine Eigenschaft vermittelt, zu der unser Verstand die Ursache sucht: das Ding.

Es ist also schon hier klar, daß der Unterschied, der etwa dem Unterschied zwischen den Kategorien von Substantiv und Adjektiv entsprechen könnte, ein unvergleichlich anderer ist in der Wirklichkeitswelt und in der Sprachwelt. Will ich die Gesamtheit von Empfindungen (oder vielmehr ihre gemeinsame Ursache) mit einem Wort vage bezeichnen, so sage ich ein sogenanntes Substantiv; beachte ich einen Teil davon, eine einzelne Empfindung, so sage ich ein Adjektiv; beobachte ich diese Einzelempfindung so aufmerksam, daß ich an ihr wieder etwas zu unterscheiden imstande bin, so wird das Zeichen wieder ein Substantiv, ein Abstraktum (Apfel - rund - Rundung). So schwanken die scheinbar festen Kategorien wirr durcheinander, wie Traumbilder von jeder Stimmung des Augenblicks abhängig. Und noch mehr. Wenn es gewiß ist, daß der natürliche Mensch - heute wie in einer Urzeit - früher das Ding wahrnahm als seine Eigenschaft, so ist es ebenso gewiß, daß er das Ding doch nur nach einer Sinnesempfindung merken, bezeichnen, benennen konnte, daß er das Substantiv aus adjektivischen Worten metaphorisch bildete. Beispiele lassen sich nur aus der jüngsten Schicht der Sprache beibringen; aber es muß immer so gewesen sein.

Auch zwischen Substantiv und Verbum scheint nach dem scheinbaren Tiefsinn mancher Sprachphilosophen ein tiefer Kategorienunterschied zu bestehen. Und auch meine Erklärung klingt vielleicht ähnlich, wenn ich sage: das Substantiv bezeichnet die Gesamtheit der Empfindung, die von einer Ursache ausgeht, das heißt es bezeichnet eben die Ursache, das Verbum aber bezeichnet eine Veränderung dieser Ursache in Raum und Zeit. Man achte nur auf die - ich will sagen - konkreten Verben, z. B. "der Baum blüht"; wieder beachtet die Sprache eine einzelne Empfindung, die sich aber vom Adjektiv ("der Baum ist grün") dadurch unterscheidet, daß wir eine Änderung, eine Entwicklung, eine Bewegung oder wie man es nennen will, wahrgenommen haben. "Es regnet" sagt auch durchaus nichts Anderes als das Substantiv "Regen", unter Umständen nichts Anderes als das Adjektiv "naß". Und wieder ist daran zu erinnern, daß ganz gewiß an vielen Dingen, den beweglichen zumeist, eben die Veränderung am meisten auffiel, daß darum diese Veränderung das sie Bezeichnende wurde und so diejenigen Substantive, die nicht Adjektive waren, eben Verben waren. Wohlgemerkt, zu einer Zeit, als die Kategorien noch nicht aufgestellt werden konnten, die in der Wirklichkeitswelt nicht sind.

Ich überlasse es Anderen, den Spuren nachzugehen, die die adjektivische Welt mit anderen "Kategorien" verbinden; für mich hat es immer etwas Adjektivisches, wenn Teilvorstellungen von einem Ding "ausgesagt" werden. "Vierhändig" ist so ein Adjektiv, das ebenso hübsch durch: (der Affe) "hat vier Hände" ausgedrückt werden kann. Man sieht die Metapher deutlicher, wenn wir z. B. sagen: der Apfel hat ein rotes Ansehen, rote Backen, hat süßen Geschmack, hat den und den Geruch, anstatt: ist rot, süß usw.

Decken sich also die allgemeinsten Formen der Wirklichkeit, ihre Kategorien, schon in den deutlichsten Fällen nicht mit den Redeteilen, den Kategorien der Sprache, wie soll es erst in den knifflichen Fällen der Verhältniswörter und Fürwörter werden? Und wie soll die Einheit der Formen in Wirklichkeit und Denken gerettet werden, wenn wichtige Kategorien der einen Sprache in anderen Kultursprachen fehlen? Und wie soll es werden, wenn die moderne Naturforschung endlich das Recht beansprucht, die Sprache so zu verbessern, wie sie durch künstliche Werkzeuge die Leistungen der Sinnesorgane verbessert hat? Wie wenn sie die künstlichen Sinnesempfindungen, wie wenn sie die Ergebnisse schwieriger Experimente sprachlich ausdrücken wollte? Wenn sie Licht, Wärme usw. als Bewegungen bewiesen und wahrgenommen hätte (wie schon lange vorher den Schall) und nun verlangt, daß das Adjektiv durchaus zum Verbum würde? Wo blieben dann die alten Kategorien des ARISTOTELES?

Doch selbst, wenn wir den vorläufig paradoxen Gedanken, die Zukunftssprache unseren verbesserten Sinnesorganen (Mikroskop, Teleskop, Mikrophon, analytischer Mechanik und mathematischer Analyse) anzupassen, auf sich beruhen lassen - selbst dann ist die alte Kategorienlehre nicht zu halten, nicht in der ursprünglichen Fassung und nicht in irgendeiner Umdeutung.

PLATON ist noch frei von ihr, was aber nicht sein Verdienst ist. Er hatte eben noch von den Redeteilen, die nach ihm aufgestellt wurden, keine rechte Vorstellung; darum allein faselte er noch nicht von den verschiedenen Kategorien des Seins und begnügte sich mit einer einzigen: der Idee; seine Ideen waren ihm so etwas wie Modelle all dessen, was wir vorstellen können. Er war der Erzrealist, im Sinne der Scholastiker natürlich, und hätte, wenn er von Präpositionen gewußt hätte, irgendwo in Wolkenkuckucksheim auch eine Idee der Präpositionen angenommen. Seine Ideen waren ihm die Mütter, die Matrizen unserer Einzelvorstellungen; da er aber glücklicherweise noch nicht Grammatik gelernt hatte, so hatte wenigstens jede Vorstellung nur eine Mutter, eine Idee; seit ARISTOTELES, der schon Grammatiker war und Logiker dazu, konnte jede Vorstellung bis zehn solcher Mütter oder Kategorien haben.


Der Mensch steht in der Welt als ein Zuschauer, wie im Theater. Und wie es eine besondere Optik des Theaters gibt, durch welche uns die Bühne erst die schöne Jllusion gewährt, so gibt es für die Welterkenntnis eine Optik des Geistes, der wir die Jllusion einer Erkenntnis verdanken. Das Denken ist das Jllusionsinstrument des Menschen.

Schon beim Bilden der einfachsten Begriffe, das heißt beim Vergleichen der Dinge wirkt das subjektive Interesse mit, sei es das Interesse des Einzelnen, sei es das gleiche Interesse der Menschen. Es kann gar kein Zweifel daran sein, daß interessierende, nützliche oder schädliche Tierarten früher benannt wurden als gleichgültige. Eine Unzahl gleichgültiger Tierarten hat in der lebendigen Sprache noch heute keinen Artnamen, wenn dieser auch in der wissenschaftlichen Terminologie scheinbar existiert. Noch stärker äußert sich das subjektive Moment des Interesses bei den obersten Artnamen oder Kategorien. Die Optik des Geistes hat freilich die Jllusion hervorgerufen, als ob die allgemeinen Kategorien der Grammatik oder Logik, wie diese bei uns historisch geworden ist, der Wirklichkeitswelt entsprechen. Wir glauben in der Wirklichkeitswelt das zu sehen, was wir in unseren Eigenschaften und ihren Steigerungen, in unseren Verben und ihren Zeitformen, in unserem Hauptworten und ihren Zahlformen sprachlich besitzen.

Vor Ausbildung dieser jüngeren Kategorien besaß die Sprache oder das Denken jedenfalls andere. Für das Eigenschaftswort ist es charakteristisch, daß das meist gebrauchte (gut, besser) immer noch keine regelrechte sprachliche Steigerung besitzt; ebenso hat das meist gebrauchte Verbum (sein, bin, war) keine "regelmäßige" sprachliche Konjugation. Das ist ganz auffällig so auch in anderen Sprachen. Es scheinen Reste aus einer Zeit zu sein, in welcher die Kategorien der Steigerung und der Zeit noch nicht vorhanden waren.

Dagegen müssen in sehr alter Zeit Kategorien vorhanden gewesen sein, die in dieser Art heute nicht mehr gewürdigt werden. Als noch die Welterkenntnis auf den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde beruhte, konnte der Gegensatz von naß und trocken so tiefdeutig erscheinen wie heute der Gegensatz von Geist und Körper. Irgendeiner Weltanschauung, die auf dem Gegensatz der Geschlechter beruhte, mag der sprachliche Unterschied von männlich und weiblich entstammen, der heute noch unsere Sprachen beschwert. Noch weiter zurückgehen mag der Gegenstz des Eßbaren und des Ungenießbaren, zweier Kategorien des Naturmenschen, die in der Sprache heute noch z. B. bei der Einteilung der Pilze fortleben. Unsere stolze Wissenschaftlichkeit glaubt dieses subjektive Moment in der Kategorienbildung überwunden zu haben; aber hinter den höchsten Einteilungsgründen jedes Weltkatalogs, auch des neuesten, steckt irgendwie der alte Gegensatz zwischen dem Eßbaren und dem Ungenießbaren. Das Interesse lenkt die Aufmerksamkeit, die Aufmerksamkeit schafft sich die Erinnerung, die Erinnerung wird zur Sprache.

Es ist gar nicht merkwürdig, daß die allgemeinsten Begriffe, die in der sogenannten Logik aus der jeweiligen Welterkenntnis abstrahiert worden sind, sich in der Grammatik als Beziehungsformen der Sprache wiederfinden. Es gibt nämlich gar nichts Allgemeineres und in der Sprache häufiger Auszudrückendes als diese Beziehungen z. B. auf Zahl, Zeit und Ort. Ein Mensch kann in seinem Leben noch so viele Hunde bemerken und Anlaß finden davon zu sprechen, er wird dennoch den Begriff Mehrzahl oder den Begriff Vergangenheit in unendlich häufigeren Fällen anzuwenden haben. Darum konnte das Lautzeichen für Hund spezifiziert bleiben, während die Lautzeichen für Mehrzahl oder Vergangenheit zu grammatischen Kategorien wurden. Die lebendigen Sprachen haben diese Lautzeichen z. B. für Mehrzahl oder Vergangenheit nicht einfach genug; die Verschiedenheiten der Deklinationen und Konjugationen, die beim Erlernen einer fremden Sprache solche Schwierigkeiten machen, sind ganz gewiß unverständliche Überreste aus Zeiten, in welchen nach der damaligen Weltanschauung handgreiflichere Kategorien wichtiger erscheinen als die der Zahl und der Zeit.

Vielleicht wird man es nicht zu kühn finden, wenn ich behaupte, daß dieses subjektive Moment in der Kategorienbildung selbst bei Artbegriffen tätig ist. Hund ist ein Artbegriff. Schreibt aber jemand eine Abhandlung oder ein Buch über Hunde, so wird für ihn und für den Leser allmählich Hund zum interessantesten Begriff, zum obersten Begriff eines mehrjährigen oder für den Leser wochenlangen ausschließlichen Interesses. Ebenso wird für den feurigen Liebhaber der Gegenstand seiner Liebe zum obersten Begriff seines Interesses. In einem Buch über Hunde wird der Hund zur Kategorie (zum obersten Gattungsbegriff der Arten und Unterarten unter sich faßt), im Denken des ernsthaft verliebten Jünglings wird ein weibliches Individuum zur Kategorie. Und das äußert sich dann auch sofort sehr einfach in der Sprache dadurch, daß in einem Buch immer nur von "ihm" die Rede ist, im Denken des Jünglings von "ihr".


Die ältere Grammatik lehrte schlecht und recht, daß Regeln da sind, die wie andere Gesetze befolgt werden müssen, bei Strafe für ungebildet zu gelten. Gegenwärtig herrscht eine liberalere Anschauung, die in der Sprache einen Organismus sieht und die Herrschaft der Sprachgesetze weniger äußerlich macht. Man wird z. B. heutzutage von besseren Lehrern nicht mehr hören, daß die Präposition den Kasus "regiert". Man möchte gern in der Sprache einen anarchistischen oder wenigstens demokratischen Idealstaat sehen, in welchem jede Notdurft sich die passende Form selbstherrlich neu bildet.

Nun aber ist es doch nicht wegzuleugnen, daß es feststehende Formen gibt, daß es Präpositionen z. B. gibt, mit denen wir den Sinn einer gewissen Richtung verbinden, daß es Kasus gibt, die sich regelmäßig für einen gewissen Sinn zur Verfügung stellen. Ohne solche Formen wären die Sprachen nicht möglich. Sie bringen den unermeßlichen Gedächtnisstoff unserer Sinneseindrücke und der all unserer Vorfahren ein bißchen in Ordnung, sie sind die Hilfen des Gedächtnisses. So muß man sagen, daß z. B. die Präpositionen ihren Kasus zwar nicht regieren, aber durch die Analogie so fest an ihn gebunden sind, daß der Einzelne sich ihrer Tyrannei nicht entziehen kann.

Ein Irrtum aber auch der neueren Sprachwissenschaft ist es, wenn sie dieser Analogie zu sehr vertraut und den Formen jedesmal einen bestimmten Sinn unterlegt. Wir wissen, daß es der Sprache wesentlich ist, unbestimmt und nebelhaft zu sein. Auch der konkreteste Begriff ist noch verschwommener als die Wirklichkeit, das heißt als die Sinneseindrücke, welche wir von ihr empfangen. Um wie vieles unbestimmter müssen dann die Formen der Grammatik sein, welche allesamt Abstraktionen sind. Wundern darf uns das nicht, die wir das Schwebende in allen Begriffen der Sprache erkannt haben. Neuerdings haben wir übriges MAX BROD und FELIX WELTSCH ("Anschauung und Begriff", 1913, besonders im dritten Kapitel) die Verschwommenheit auch der vorbegrifflichen Vorstellungen in scharfsinniger Weise nachgewiesen.

Was zunächst die Präpositionen betrifft, so liegt die Entwicklung doch offenbar ähnlich so wie bei der Verbindung des Pronomens mit der entsprechenden Form des Verbums. Wenn ich sage "du schreibst", so war ursprünglich die zweite Person schon in der Endung "st" ausgedrückt; die Voraussetzung des "du" war ursprünglich eine Wiederholung des Zeichens für die zweite Person, bis in den chinaisierenden neueren Sprachen der Sinn der Endsilbe verloren ging und das Zeichen für die zweite Person allein im "du" haften blieb. Ebenso gab sicherlich zuerst die Kasusendung eine Richtung und dgl. an, und diese Angabe wurde durch ein stärkeres Wort verdoppelt. Als die Sprachen die Gewohnheit annahmen, diese Wiederholung zum alleinigen Ausdruck des Verhältnisses zu machen, wurde auch das Verhältniswort zur Präposition, während zuerst der Sinn der Kasusform verblaßte und schließlich, wie im Englischen und Französischen die Kasusform selbst.

Es ist ein vergebliches Bemühen, in den alten oder neuen Kasusformen eine einzige Bedeutung entdecken zu wollen. Was durch die ganze Sprache hindurchgeht, werden wir auch hier nachweisen können. Die Umstände lenken die Aufmerksamkeit dahin oder dorthin. Im sprachlichen Ausdruck werden die einzelnen Vorstellungen nacheinander wachgerufen, um wieder durch die Erinnerung der begleitenden Umstände aufeinander bezogen zu werden. Im Laufe der Zeit haben sich nun Kasusformen entwickelt, welche die Hauptvorstellung von den Nebenvorstellungen scheiden, aber diese Scheidung bleibt immer schwankend, die Beziehung der Nebenvorstellungen bleibt immer unbestimmt. Wenn ich ohne Kasusform die beiden Worte Komet und Jahr nebeneinander setze, so kann das sowohl heißen "das Jahr eines bestimmten Kometen" als auch "der Komet eines bestimmten Jahres". In der ausgebildeten Sprache wird nun die Nebenvorstellung im Genitiv ausgedrückt. Der Genitiv bezeichnet in dem einen Fall den umfassenden Begriff, im anderen den umfaßten. Man hat die Bedeutung des Genitivs sehr sauber logisch eingeteilt. In unseren Schulgrammatiken heißt der Genitiv der Besitzfall (was gar nicht aufrecht zu erhalten ist); dann teilt man ihn in einen besitzanzeigenden Genitiv, in einen Genitiv der Teilung, des Stoffs, der Eigenschaft, in einen subjektiven und objektiven Genitiv, in einen hervorrufenden und abzielenden Genitiv und muß am Ende noch einen absoluten Genitiv hinzufügen, um solche Anwendungen zusammenzufassen, die sich dem Schema nicht fügen wollen. Aus diesem Wirrwarr hat schon HERMANN PAUL dadurch sich zu retten gesucht, daß er sagte,
    "in den indogermanischen Sprachen werde der Genitiv zum Ausdruck jeder beliebigen Beziehung zwischen zwei Substantiven verwandt" (Prinzipien der Sprachgeschichte, Seite 126),
wobei er von dem mit Verben verbundenen Genitiv absah. Wenn wir aber bedenken, daß alle grammatischen Sprachformen ebenso zum Ausdruck von Beziehungen der Vorstellungen verwandt werden, so ist die verzweifelte Erklärung Pauls noch ärmer, als sie ihm selbst erschien. In Wahrheit sagt sie nur, daß der Genitiv eine Sprachform ist, was doch eigentlich noch unter dem Nullwert einer Tautologie steht. Wir können nicht darüber hinaus, im Genitiv die Form eines Wortes zu sehen, welche uns auffordert, unsere Aufmerksamkeit von einer Vorstellung auf eine assoziierte Vorstellung zu lenken; oder vielmehr, da die Assoziation unbewußt erfolgt, so ist der Genitiv die Ausdrucksform für die unbewußte Assoziationstätigkeit. Man könnte einwenden, daß diese Erklärung auf jede andere Kasusform (um nur beim Nomen zu bleiben) ebenso gut passen würde. Sie paßt auch auf jede. Und alle Bemühungen, in den Gebrauch der verschiedenen Kasusformen einen logischen Sinn hineinzubringen, scheitern an der Tatsache, daß in den verschiedenen Sprachen jede Beziehung durch jede Kasusform ausgedrückt werden kann.

Im Lateinischen kann amor patris noch beides bedeuten: die Liebe des Vaters und die Liebe zum Vater. Je nach den begleitenden Umständen wird der Hörer die beiden Worte im Sinne des Sprechers richtig verstehen, ohne dabei auch nur im Entferntesten einen Unterschied im Sinne der Genitivform zu empfinden. Es kann uns gleichgültig sein, durch welchen Zufall der Analogiebildung die Unbestimmtheit der Bedeutung in diesem Fall so groß werden konnte, daß sie Gegensätze umfaßt. Man glaube nicht, daß solche Fälle vereinzelt sind. Im Deutschen bedeutet Vaterliebe allerdings nur die Liebe des Vaters; aber schon das nahverwandte Wort Elternliebe kann nach unserem Sprachgefühl sowohl die Liebe der Eltern als auch die Liebe zu den Eltern bedeuten, und Vaterlandsliebe ist ganz eindeutig doch nur darum, weil das Vaterland seinerseits nicht liebt. Die begleitenden Umstände entscheiden.

Die berühmte besitzanzeigende Bedeutung des Genitivs, welche doch eine Zahl von Beispielen auswählt, in welchen ohne diese Kasusform einen bestimmten Sinn zu haben scheint, ist viel unklarer, als unsere Grammatiken glauben machen. Wo steckt die besitzanzeigende Bedeutung eigentlich: in "der Fürst des Landes" oder in "das Land des Fürsten"? Gehört der Fürst dem Land oder gehört das Land dem Fürsten? In Wirklichkeit gehört nur eines zum andern, in unseren Vorstellungen nämlich. Der Genitiv bezeichnet beidemal nur eine Assoziation. Aber selbst in ganz einfach ausgewählten Beispielen des deutlichsten besitzanzeigenden Sinnes wird die Vorstellung je nach den Umständen noch schwanken. Wenn ich sage "der Rock des Vaters", so kann ich damit immer noch verschiedene Beziehungen ausdrücken wollen, z. B. zuerst natürlich "das ist der Rock, der dem Vater gehört", aber auch "das ist der Rock der dem Vater gestohlen worden ist", oder auch "das ist der Rock, den ich dem Vater zu Weihnachten schenken will".

Eine besitzanzeigende Verwendung scheint es durchaus zu sein, wenn wir den Sonntag den "Tag des Herrn" nennen. Dem Sinn nach erfordert das Verhältnis aber offenbar den Dativ. Es ist der Tag, der dem Herrn geweiht ist. Ebenso scheint "das Werk des Dichters" eminent besitzanzeigend. Die Beziehung ist aber eine ganz andere; es soll gesagt werden, das Werk, welches der Dichter der Welt geschenkt hat. Und in der Umkehrung "der Dichter des Werkes" sagt der Genitiv wieder, der Dichter habe das Werk (Akkusativ) verfaßt. Der Genitiv ist nichts weiter als das Mädchen für alles und hat jedwede Beziehung einer substantivischen Vorstellung kurz auszudrücken. Eine andere Analogie hat ihn nicht gebildet. Nur kleine Bezirke innerhalb seines Gebrauchs lassen etwas bestimmtere, aber niemals ganz fest definierbare Analogien erkennen.

In derselben Unbestimmtheit bezeichnet der Akkusativ jede Beziehung irgendeines Substantivs zu irgendeinem Verbum. Man wird einwenden, daß die Hauptbeziehung zwischen Substantiv und Verbum (im einfachsten Satz nämlich) durch den Nominativ ausgedrückt wird. Wir müssen uns unserer Auffassung vom Satz erinnern, um diesen natürlichen Unterschied zwischen Nominativ und Akkusativ zu begreifen und abzutun. Der einfachste Satz, der nur aus Subjekt und Prädikat besteht, kann und muß darum auf jede Kasusform verzichten, weil er ja noch gar nicht zwei Vorstellungen in Verbindung bringt, sondern nur eine Vorstellung auseinanderlegt. "Die Sonne leuchtet" ist nur eine einzige Vorstellung; "die Sonne" allein gibt den gleichen Gedanken. In der ausgebildeten Sprache, die sich von der Anschauung emanzipiert hat, scheint allerdings der Prädikatbegriff zum Subjektbegriff erst hinzu zu treten; aber er ist immer aus dem Subjektbegriff herausgenommen. Es gehört zum Begriff der Sonne, daß sie leuchtet. "Der Baum blüht" scheint schon mehr zu sagen, weil der Baum doch nicht immer blüht. Aber in allen individuellen Fällen kann ich, wenn ich nämlich den blühenden Baum vor mir sehe, die Vorstellung des Baums ohne sein Blühen gar nicht fassen. Zeige ich mit meinem Finger auf die Sonne, auf den blühenden Baum, auf das schlafende Kind, auf den strömenden Fluß, auf den heranrückenden Feind, so weise ich jedesmal untrennbar auf Subjekt und Prädikat zugleich hin. Ich kann das Prädikat so wenig vom Subjekt trennen wie in dem Satz "der Schnee ist weiß". Es wäre gar kein Schnee, wenn er nicht weiß wäre. Es wäre zumindest nicht dieser Baum, wenn er nicht blühte, es wäre nicht dieses Kind in diesem Augenblick, wenn es nicht schliefe usw. Die abendländische Grammatik unterscheidet das Adjektiv "weiß" und das Verbum "schlafen" durch den Unterschied von Eigenschaft und Tätigkeit. Dieser Unterschied besteht bereits nicht mehr für unsere naturwissenschaftliche Psychologie; um wieviel weniger sollte er für die Logik bestehen, die nur mit den Merkmalen der Begriffe zu tun hat. Ob wir im einfachsten Satz einen konkreten Begriff in Nomen und Adjektiv oder in Nomen und Verbum auseinanderlegen, das hängt doch eigentlich nur von unserer Naturerkenntnis ab oder vielmehr von der ererbten Gewohnheit, uralte Naturanschauungen sprachlich wiederzugeben. Ob ich sage wie alle Welt "der Himmel ist blau" oder "der Himmel blaut", ob ich sage "die Rose ist duftig" oder "die Rose duftet", das vorläufig nichts weiter als verschiedene Sprachgewohnheit und ist immer nur ein Ausbreiten eines Begriffs, nicht ein Zusammenfassen zweier Begriffe. Es ist teils eine falsche Vorstellung gewesen, teils reiner Zufall, daß die Merkmale eines Begriffs bald durch Adjektive, bald durch intransitive Verben ausgedrückt werden. Man hätte sämtliche Adjektive wegdenken und an ihrer Stelle intransitive Verben setzen können. Sämtliche intransitive Verben aber sind es in unserer Vorstellung nur darum, weil wir uns sprachlich und gedanklich gewöhnt haben, ihr alleiniges und gemeinsames Objekt nicht zu beachten, das Ich. Der sprechende Mensch ist das gemeinsame Objekt aller intransitiven Verben. Deutlich ist das an denjenigen zu erkennen, die eine unmittelbare Beziehung zu unseren Sinnen haben. Wir haben dieses Verhältnis nur darum nicht in einer Sprachgewohnheit auszudrücken begonnen, weil das gemeinsame Objekt aller Sinneseindrücke der Welt uns gar zu wohl bekannt ist. Aber in Wahrheit bin ich es, den der Baum grünt.

Nun gibt es unzählige andere Beziehungen in der Natur, wo die hervorgerufene und wahrnehmbare Veränderung nicht unmittelbar in unseren Sinnesorganen vorgeht, sondern außerhalb derselben an anderen Objekten. Wir drücken die eine Gruppe entweder durch ein Adjektiv oder durch intransitive Verben aus, die andere Gruppe durch die sogenannten transitiven Verben. Eine genaue Beobachtung, die sich allerdings über unsere Sprachgewohnheiten hinwegsetzen muß, wird uns lehren, daß der Unterschied zwischen intransitiven und transitiven Verben nur auf einer ungenauen Psychologie beruth und überdies keine bestimmten Grenzen hat. Die englische Grammatik müßte sich von der lateinischen usw. Grammatik stärker unterscheiden, weil das englische Verbum in unzähligen Fällen transitiv und intransitiv sein kann und dieser Unterschied oft erst in der Übersetzung deutlich wird.

Ich nehme es als zugestanden an, daß die Merkmale der Dinge, die wir durch Adjektive ausdrücken, ebenso gut durch intransitive Verben hätten ausgedrückt werden können. Wir wissen, daß die Empfindung der grünen Farbe erst durch eine Wirkung auf unsere Netzhaut hervorgerufen wird, daß wir das Objekt des scheinbar intransitiven Verbums "grünen" sind. Der Satz "der Baum grünt mich" ist noch ganz und gar gegen unser historisch gewordenes Sprachgefühl gebildet. Aber unser Sprachgefühl gestattet doch schon anstatt "der Baum ist grün" wenigstens zu sagen "der Baum grünt". Dasselbe Sprachgefühl gestattet aber nicht das Adjektiv "weiß" in das intransitive Verbum "weißen" zu verwandeln, vielleicht nur, weil es ein transitives Verbum "weißen" gibt. Das Sprachgefühl verfährt dabei ganz unlogisch. Die Tatsache, daß Ich das Objekt aller Sinneseindrücke bin, daß Ich also als Objekt zu allen intransitiven Verben hinzugefügt werden müßte, ist dem Sprachgefühl nicht ganz fremd. Wenn mein eigenes Sprachgefühl mich nicht täuscht, so sucht die Sprache diesen Umstand durch den sogenannten dativus ethicus häufig auszudrücken. In Prosa und Poesie können wir sagen: Der Apfel schmeckt mir (süß), die Rose duftet mir, der Baum grünt mir. Versenken wir uns in den Sinn dieses Dativs, so werden wir erkennen, daß er eigentlich wirklich das Objekt des Schmeckens und Duftens ausspricht; nur weil das gewohnte äußere Objekt nach unseren Sprachgewohnheiten im Akkusativ ausgesprochen zu werden pflegt, nehmen wir für das innere Objekt den intimeren Dativ zu Hilfe. Ich kann mich nicht anders ausdrücken und vertraue auf das Sprachgefühl des Lesers.

Nun achte man auf den Übergang vom intransitiven Verbum zum transitiven bei denjenigen Wahrnehmungen, die unmittelbar unsere Sinne betreffen. Als vermittelndes Beispiel wähle ich das Wort "rufen". Wollen wir damit nur die Klangerregung ausdrücken, die sich damit begnügt, in unserem Gehörgang einen Klang empfinden zu lassen, so fassen wir das Wort als intransitiv. "Der Kuckuck ruft". Empfinden wir dabei eine gewisse Aufforderung, zuzuhören, so setzen wir wohl den Dativ dahinter. Faust sagt ergriffen: "Wer ruft mir?" (Der Dativ hinter "rufen" war von alters her und bis auf die neueste Zeit sehr verbreitet, wie man im Deutschen Wörterbuch nachlesen kann.) Soll aber mein Ich das äußere Objekt des Rufens werden, soll ich daraufhin eine Veränderung mit mir vornehmen, dem Rufenden antworten oder zum Rufenden hingehen, so wird das Wort transitiv und ich frage "wer ruft mich?"

Ich hoffe, die Sache nun im Bereich anderer Sinne noch deutlicher zu machen, wenn mir auch kein so gutes Beispiel mehr einfällt, wo das Verbum beim Übergang vom inneren zum äußeren Objekt dasselbe bleiben kann. Höchstens der Geschmackssinn gibt noch Gelegenheit dazu. Wir sagen "der Pfeffer brennt", "die gepfefferte Speise brennt mich"; der Unterschied ist kaum wahrnehmbar; ich glaube aber doch, daß mit dem "mich" die Erklärung für eine Reaktion angedeutet wird. Ich meine das so. Wir sagen "der Schnee ist weiß" oder "der Schnee leuchtet", solange die Weißwirkung auf mein Sehorgan die normale Stärke nicht überschreitet, solange ich unbewußt das Objekt der Tätigkeit des Leuchtens oder Weißseins bin. Ich kann dann auch sagen "der Schnee leuchtet mir", was freilich auch noch einen anderen Sinn erhielte. Sowie aber die Einwirkung des Leuchtens oder Weißseins auf meine Netzhaut so stark wird (die gepfefferte Speise brennt mich), daß ich gezwungen bin, eine Veränderung wenn auch nur durch eine Reflexbewegung vorzunehmen, die Augen zu schließen, den Kopf abzuwenden, Tränen zu vergießen und dergleichen, dann werde ich sofort aus dem inneren Objekt des Leuchtens ein äußeres Objekt und ich sage "der Schnee blendet mich". Damit glaube ich ein gutes Beispiel geliefert zu haben für die psychologische Tatsache, daß ein bloßer Gradunterschied einer Naturtätigkeit aus dem intransitiven Verbum ein transitives machen kann. Daß wir im Deutschen zwei verschiedene Verben brauchen, ist ein bloßer Zufall.

Diese scheinbare Abschweifung wäre nicht fruchtlos gewesen, wenn sie uns auch nur dazu geführt hätte, daß eine ungenaue Psychologie unklar bald den Akkusativ bald den Dativ für das gleicherweise "leidende" Objekt stellen läßt. Die Abschweifung war aber notwendig, um das Wesen des Akkusativs besser als bisher zu erklären und daran fügen zu können, warum sein Sinn unbestimmt bleiben mußte. Wir haben gesehen, daß der einfache Satz (Subjekt und Prädikat) nicht eine Assoziation von zwei Begriffen ist, sondern nur die Auseinanderbreitung eines Begriffs. Mit einem Blick lassen sich beide Begriffe umfassen,, weil der eine im andern enthalten ist. Das Auge braucht sich gewissermaßen beim einfachen Satz noch nicht zu bewegen. Mit dem einzigen Hinweis des Zeigefingers deuten wir auf das Kind, das schläft, auf den Bau, der blüht usw. Auf das Objekt brauchen wir nicht hinzuweisen, weil das Objekt selbst dem Finger die Richtung gab. Ich deute mit dem Finger auf den Baum, der blüht. Vollzieht sich die Veränderung aber nicht in mir selbst, sondern in der Außenwelt, so muß ich allerdings das Auge bewegen, den Finger hin und her führen, zwei Begriffe assoziieren. "Der Fischer fischt den Fisch", "der Schlächter schlachtet das Schlachtvieh". Ich wähle absichtlich etymologisch verwandte Worte. Die einfachen Sätze "der Fischer fisch", "der Schlächter schlachtet" deuten noch auf keine Veränderung in der Außenwelt extra hin; erst wenn eine solche Veränderung hervorgerufen wird, assoziieren wir einen neuen Begriff. Und die Sprachen haben sich gewöhnt, diejenigen Begriffe, an denen die durch eine Tätigkeit hervorgerufene Veränderung wahrnehmbar wird, in der Kasusform des Akkusativs auszudrücken.

Welches soll nun der gemeinsame Sinn dieses Akkusativs sein? Solange wir uns im Bann der Sprache befinden, werden wir ganz einfach sagen: er bedeutet, daß der Gegenstand eine Veränderung erleidet, daß er das Ziel einer Tätigkeit ist und dgl. mehr. Ein genaues Hinhorchen auf unsere eigene Sprache muß uns aber darüber belehren, daß das nur bildliche Worte für durchaus unvergleichbare und unzusammenhängende Verhältnisse sind. Nur unter dem Bann der Sprache, die sich eine Analogie aller Akkusative eingeredet hat, um den Akkusativ analogisch auf alle Objekte anwenden zu können, werden wir den Akkusativen: der Schlächter schlachtet das Rind, ich liebe die Arbeit, ich schreibe einen Brief, ich nenne dich mein Heimchen, Gelegenheit macht Diebe usw. einen gemeinsamen Sinn unterlegen können.

Man hat ebenso wie beim Genitiv auch beim Akkusativ eine logische Einteilung in verschiedene Bedeutungen herauszufinden gesucht. Ich habe vorhin beim Genitiv den Punkt nicht erwähnt, auf den ich jetzt hinweisen muß. Angenommen auch, es sei eine solche logische Einteilung da oder dort möglich, will dann irgendein Grammatiker der Welt behaupten, daß beim lebendigen Gebrauch der Kasusformen irgendein Bewußtsein oder auch nur die dunkelste Ahnung der logischen Einteilung vorhanden ist? Für das Sprachgefühl des Nichtgeschulten gibt es nur einen Genitiv, nur einen Akkusativ. Die Unbestimmtheit des Sinnes jeder einzelnen Kasusform ist so groß, daß nichts weiter übrig bleibt, als von ihnen zu sagen: sie deuten Beziehungen an. Die umgebende Wirklichkeit, respektive die wachgerufene Erinnerung an sie gibt den Kasusformen in der jeweiligen Anwendung erst ihren besonderen Sinn. Ich brauche für Fachleute nicht erst hinzuzufügen, daß für die übrigen der Kasus noch in höherem Maße gilt, was ich für den Genitiv und Akkusativ nachgewiesen habe.

Übrigens ist die Tatsache, daß wir in unseren neueren Kultursprachen mit vier Kasus auskommen, während anderswo (nach der Angabe der Sprachwissenschaft auch in der sogenannten Ursprache der Indo-Germanen) acht Kasus nötig sind, nur ein Beweis dafür, daß die Sprache in ihrer Entwicklung allmählich darauf Verzicht geleistet hat, für unbestimmte und unklare Unterscheidungen besondere Kategorien fest zu halten. Und ich bin fest überzeugt davon: wenn wir nicht die vier Kasus von den griechischen Schulmeistern übernommen hätten und die Sprache und die Grammatik der neueren Sprachen sich nicht hier und überall wechselseitig beeinflußt hätten, man würde im Französischen und Englischen längst nicht mehr von diesen Kasusformen sprechen. Ein grammatisches Genie, meine ich, das ohne Kenntnis der alten Sprachen und der ererbten Grammatik einzig und allein auf das Englische oder Französische angewiesen wäre und eine Grammatik einer dieser Sprachen schreiben würde, käme gar nicht auf den Gedanken, unsere Kasusformen aufzustellen. Höchstens würde es sich über einzelne seltsame Wortveränderungen (wie den sächsischen Genitiv) verwundern.

Damit auch hier die Lächerlichkeit der Pedanten nicht fehlt, lernen unsere Schüler als eine grammatische Weisheit, daß die Kasusformen die Antworten sind auf die Fragen: Wer? wessen? wem? wen? Und Kinder und Grammatiker glauben mitunter die Bedeutung oder den Sinn der einzelnen Kasusformen in diesen Fragen zu besitzen. Ich brauche kaum hervorzuheben, daß diese Fragen nichts sind als die allgemeinsten und abstraktesten Wiederholungen eben der Kasusformen. Nur weil wir uns in dem Irrtum befinden, daß jede Kasusform einen bestimmten Sinn hat, darum bilden wir uns ein, die allgemeine Kasusform (die Frage: Wer? wessen? wem? wen?) erklärt uns irgendetwas.

Kürzer kann ich bei derjenigen Sprachform sein, die das Geschlecht heißt und bei der Erlernung fremder Sprachen eine fast unüberwindliche Schwierigkeit bietet. Man sollte daraus, daß verschiedene Sprachen und selbst verschiedene Dialekte der gleichen Sprache nicht übereinstimmen im Geschlecht, welches sie den Dingen beilegen, die Lehre ziehen, daß Logik und Philosophie mit dieser Kategorie wenig zu schaffen haben. Was ist über die Bedeutung des Geschlechts nicht alles zusammengefabelt worden! Sicherlich ist ursprünglich die Unterscheidung zwischen den getrennten Geschlechtern der wirklichen Natur (Hengst und Stute, Mann und Frau) der Anlaß gewesen, daß man bildlich den Geschlechtsunterschied auch auf die übrigen Dinge übertragen hat. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß dabei eine üppige Phantasie tätig war. Jede geschlechtliche Bezeichnung eines Dings ist metaphorisch. Während aber alle Metaphern, durch welche die Sprache sich sonst bereichert, notwendig und nützlich waren und die neue Beobachtung mit Verwendung des alten Wortvorrats in die Sprache aufnahmen, mußte die Einteilung der Dinge nach Geschlechtern von jeher ein Luxus sein, ein Ballast.

Zur Mythologie der Sprache gehört also das Geschlecht der Substantive. Es ist natürlich und darum nicht mythologisch, wenn das dritte persönliche Fürwort für die beiden Geschlechter verschiedene Formen besitzt; auch hat die englische Sprache, nachdem sie den Ballast des Geschlechts sonst fast vollständig abgeworfen hat, die Trennung von "er" und "sie" beibehalten. In irgendeiner Urzeit der Sprache mag es auch natürlich gewesen sein, die beiden Geschlechter einer Tierart mit verschiedenen Worten zu bezeichnen, das heißt nicht mit verschiedenen Geschlechtsformen desselben Wortes. Es ist bezeichnend, daß diese verschiedenen Worte Tiere betrafen, welche als Haustiere dem menschlichen Interesse am nächsten standen. Die eierlegende "Henne" war von anderem Nutzen als der Hahn, die "melkende Kuh" von anderem Nutzen als der Stier usw. Immerhin mag es noch nicht Mythologie, sondern falsche Naturerkenntnis gewesen sein, wenn sodann weniger intime Tiere bald dem männlichen, bald dem weiblichen Geschlecht zugeteilt wurden, wie bei uns der Spatz, die Meise. Natürlich war es wieder, wenn in einer späteren Sprachzeit nach der Analogie männlicher und weiblicher Endungssilben aus der Spatz "die Spätzin" gemacht wurde, was wohl zuerst dem Sprachgefühl als ein Scherz erscheinen mochte. Wir kennen jedoch die Phantasie alter Zeiten zu wenig, um ebenso einfach erklären zu können, wie es zu der Aufstellung des schematischen und unnatürlichen dritten Geschlechts kam, des sächlichen, und warum schließlich in vielen Sprachen die Einordnung jedes Substantivs unter diese drei Klassen notwendig wurde. Es ist aber ein Gesetz des Sprachgebrauchs geworden, dem sich z. B. die Griechen, die Lateiner und die Deutschen unweigerlich fügen mußten. Dieses phantastische Gesetz erinnert an die Gewohnheit altmodischer Künstler und Dichter, Dutzende von abstrakten Worten wie Treue, Liebe und Hoffnung zu Gottheiten zu erheben, trotzdem sie in der reichhaltigen Mythologie der Alten nicht vorkamen. Im Fränzösischen wird die Göttlichkeit solcher Abstraktionen durch einen großen Anfangsbuchstaben angezeigt. Und dieser Vorgang berührt sich noch näher mit dem Aufkommen der sprachlichen Geschlechtskategorie, wenn wir erwägen, daß so ein abstrakter Begriff zu einem männlichen Gott und zu einer weiblichen Göttin gemacht wird, je nachdem der Zufall der Sprachgeschichte ihn zugeteilt hat; ein deutscher Bildhauer wird den "Fleiß" als einen Jüngling darstellen, ein französischer als eine Jungfrau.

Unter den neueren Kultursprachen hat, wie gesagt, das Englische die Geschlechter bis auf wenige Reste hinausgeworfen. Das Französische hat wenigstens das dritte Geschlecht entfernt. Wir Deutsche aber quälen nicht nur fremde Völker, die unsere Sprache erlernen wollen, mit unseren drei Geschlechtern, sondern auch uns selbst. Man kann zuverlässig behaupten, daß es keinen Deutschen gibt, der von jedem Substantiv mit Sicherheit anzugeben wüßte, welchen Geschlechts es ist. Das gilt nicht nur für Fremdwörter, wo der und das Zölibat, der Magistrat, das Rektorat, der Hexameter, das Barometer, der Likör, die Coleur, das Douceur gesagt wird. Auch bei deutschen Worten schwanken die Gelehrten und die besten Schriftsteller ebenso wie das Volk. Selbst JAKOB GRIMM weiß nicht, ob man der Euter oder das Euter sagen soll. In solchen Fällen ist auch auf GOETHE, LESSING und andere kein Verlaß, weil der Sprachgebrauch sich verändert hat (mitunter auf die Autorität eines Wörterbuchs hin) und z. B. der Ungestüm verlangt, wo SCHILLER noch das Ungestüm schrieb. Ganz willkürlich hat der Sprachgebrauch dann mitunter die Geschlechtsbezeichnung zu einer Änderung der Bedeutung benützt wie bei der Band und das Band, der Verdienst und das Verdienst, der Chor und das Chor. Wieder in anderen Fällen gilt das eine Geschlecht für poetischer als das andere; der Quell ist poetischer als die Quelle, aber in der bildlichen Darstellung ist die Gottheit des poetischen Quells wieder ein Frauenzimmer, in Anlehnung an die Antik. Doch auch hier ist die Phantasie nicht konsequent. Die Donau ist ein Weibchen, der Rhein ist ein alter Herr, trotzdem beide Flüsse im Lateinischen männlich waren. Es ist überflüssig, die Beispiele zu häufen; man kann sie bei ANDRESEN (Sprachgebrauch, Seite 40 und folgende) hübsch beeinander finden. Wie sehr aber unsere Phantasie von der Geschlechtsmythologie unserer Sprache abhängt, das erfahren wir aus der Schwierigkeit, die uns das veränderte Geschlecht anderer Sprachen macht, und aus unserem albernen Lachen, wenn ein Ausländer gegen die Genusregeln unserer Sprache sündigt. Wir sind in diesem mythologischen Punkt, wie immer in Religionssachen, empfindlicher als sonst.

Wenn wir nicht die besitzenden Sklaven einer solchen geschlechtsfrohen Kultursprache wären, wenn wir außerhalb stünden und nun hören würden, daß unsere Geschlechtsklassifikation eine Ausnahme bildet unter den Sprachen der Erde, daß die meisten Sprachen das Geschlecht gar nicht kennen, daß z. B. die Eskimo die Dingwörter in belebte und unbelebte einteilen: so müßten wir wohl unbefangen die Sprachphantasie der Eskimo bewundern und unsere eigene Geschlechtsphantasie barbarisch finden.

Die genauere Sprachgeschichte der Geschlechtskategorie ist in ein Dunkel gehüllt. Aber auch die Kasusformen der verschiedenen Geschlechter in den alten Sprachen führen historisch zu einem ähnlichen Ergebnis, wie die ungelehrte Betrachtung der Tatsache selbst. Nach der Analogie natürlicher Bezeichnungen weiblicher Tiere mag sich in einigen Sprachen eine weibliche Deklination von der männlichen deutlich unterschieden abgezweigt haben und diese Analogie mag dann verallgemeinert worden sein wie andere Analogien. Das sächliche Geschlecht, das auf Lateinisch so ehrlich das genus neutrum heißt, sieht verzweifelt der Schrulle irgendeines vorzeitlichen Grammatikers ähnlich, die dann durch irgendeine geistige Mode zu einem Sprachgesetz wurde. Es spricht viel dafür, daß sich diese Geschlechtskategorie auf solche Weise entwickelt hat. Der natürliche Gegensatz zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht ist in den alten Deklinationen und auch im Deutschen viel deutlicher ausgeprägt als der künstliche Gegensatz zwischen dem männlichen und dem sächlichen Geschlecht. Vielleicht waren in irgendeiner vorhistorischen Zeit die Dingwörter der bereits mit Dingwörtern versehenen Sprachen ganz anders eingeteilt, vielleicht galt der Unterschied der beiden Geschlechter nur den belebten Dingen und das Sprachgefühl kannte, wie noch heute bei den nordamerikanischen Stämmen, daneben die Einteilung in eine belebte und eine unbelebte Klasse. Es war dann, wenn diese "Hypothese" richtig ist, die Kategorie der Unbelebtheit oder Sächlichkeit später als drittes Geschlecht zu den beiden natürlichen hinzugetreten. Alten Grammatikern ist so etwas zuzutrauen und niemand wird leugnen, daß unser Sprachgefühl mit dem dritten Geschlecht, dem genus neutrum, den Begriff der unbelebten Sächlichkeit verbindet, wie es dann auch im Deutschen jetzt das sächliche Geschlecht genannt wird, während "neutre" im Französischen negativ ist und auch "geschlechtslos" bedeutet.

Für diese Annahme würde auch die Beobachtung sprechen, daß sehr häufig das dritte Geschlecht gar keine Geschlechtssendung hat, sondern sich zu der männlichen Form etwa so verhält wie der Wortstamm zum Nominativ z. B. in den griechischen Endungen -ys, -eia, -y. Es konnte darum das dritte Geschlecht, welches die semitischen Sprachen gar nicht kennen, in den romanischen Sprachen, wie im Französischen, so leicht wegfallen. Dahin mag es auch gehören, daß im Deutschen ein weibliches Wort zum sächlichen werden kann, wenn es seine Endsilbe verloren hat; aus "die Ecke" wird so "das Eck".

Wir können vermuten, daß auch bei dieser allgemeinen Uniformierungsmode die grammatische Regel einen unheilvollen Einfluß auf die lebendige Sprache gewann. Wir können uns recht gut eine alte Zeit vorstellen, in welcher die Phantasie des Volkes das heißt die damalige wissenschaftliche Überzeugung, in vielen Dingen außer den Tieren, in Bäumen, Flüssen und dergleichen menschenähnliche Wesen sah, wie sich das ja auch noch in der niederen griechischen Mythologie ausspricht. Wir brauchen nur noch etwas weiter hinter die naturwissenschaftlichen Irrtümer des ARISTOTELES zurückgehen, etwa in eine Zeit, wo die Fabeln des AESOP noch nicht eigentlich als Märchen wirkten, sondern der gleichzeitigen wissenschaftlichen Weltanschauung entsprachen, um uns auszudenken, wie zahlreiche Dinge geschlechtlich vorgestellt wurden, wie man in gutem Glauben etwa sagte: der Rhein-Mann, die Eich-Frau. Wo die Phantasie einen solchen Zusatz nicht verlangte, gab es eben kein Geschlecht. Es ist wohl kein Zweifel, daß in ähnlicher Weise einmal auch die Deklination der Substantive, die Konjugation der Verben und die Steigerung der Adjektive unvollständig waren. Erst als all diese Kategorien den redenden Menschen so weit zu Bewußtsein kamen, daß die Ahnung einer gewissen Gleichmäßigkeit wirksam wurde, da wurde die Uniform der Deklination, der Konjugation und der Steigerung allen Substantiven, Verben und Adjektiven aufgenötigt und die Sprachen bereicherten sich so durch eine Analogie, die ursprünglich falsch genannt werden mußte, billig und schlecht, mit einer Unzahl neuer Wortformen (vgl. "Beiträge", Bd. 2, Seite 89f). Was aber in diesem neuen Gebrauch schematisch vollständiger Deklinationen und Konjugationen immerhin eine größere Gelenkigkeit der Sprache bedeutete, das wurde im allgemeinen Gebrauch der Geschlechtsbeziehung zu einem Hemmnis der Sprachen, zu einem phantastischen Spiel, dessen sich die Indianersprachen schämen würden. Mich gemahnen die Geschlechtsbezeichnungen der Sprachen leicht an die obszönen Kritzeleien, mit denen unnütze Bubenhände alle Wände beschmieren.

Wie aber diese Kritzeleien in ihrer Hauptmasse einer sexuell männlichen Phantasie angehören, so ist unsere ganze Sprache - will man sie einmal daraufhin betrachten - eine Männersprache, nicht anders als unser Recht ein Männerrecht ist. Nicht nur, wenn sie Bücher schreiben wollen, verkleiden sich Frauen zu Männern. Die Frau sagt: "Ich bin der Herr im Haus"; und hat sie damit Unheil angerichtet, so findet sie nachher, sie sei ein Esel gewesen."Eselin" wäre ein ganz falsches Bild (vgl. POLLE, "Wie denkt das Volk usw.", zweite Auflage, Seite 105). Der lustigste Beleg für meine Anschauung ist bei POLLE nicht zu finden. Pankraz der Schmoller (in KELLERs Novelle) sagt zu seiner Schönen, die doch eigentlich nur eine Gans ist: "O Fräulein! Sie sind ja der größte Esel, den ich je gesehen habe." Und er fügt sprachphilosophisch hinzu: "Nur wir Männer können sonst Esel sein, dies ist unser Vorrecht" (weil auch kluge Leute Eseleien begehen können), "und wenn ich Sie auch so nenne, so ist es noch eine Art Auszeichnung oder Ehre für Sie."

Man kann sagen, daß beim bildlichen Gebrauch solcher Worte, auch bei einer Übertragung von Berufsworten auf Frauen (Arzt und dgl.) das männliche Geschlecht neutral ist.

Die Erfindung des dritten Geschlechts, des Neutrums, erscheint mir, trotzdem ich in meiner Muttersprache unter dem Bann dieses dritten Geschlechts rede, eine der abgeschmacktesten und albernsten Erfindungen des Sprachgeistes zu sein. Freilich gehe ich so weit, in der Einteilung der Substantive nach Geschlechtern eine vorübergehende Mode zu sehen, die allerdings ein bißchen lange gedauert hat, nämlich seit Jahrtausenden. Aber es kann kein Zweifel daran sein, daß in Urzeiten die Worte noch kein Geschlecht hatten und es ist eine Tatsache, daß die modernste Weltsprache der Gegenwart, das Englische, den Geschlechtsunterschied bis auf wenige Spuren getilgt hat. Wir können uns also den Anfang dieser besonderen Metapher vorstellen und ihr Ende bereits voraus ahnen. Haben einst unsere Sprachen erst den Luxus, jedem Ding ein Geschlecht beizulegen, wieder abgelegt, dann werden sie vielleicht auf den früheren Zustand zurückblicken, wie wir etwa auf den Euphuismus [Schwulst - wp], den luxurierenden Bilderreichtum, wie er leider immer noch bei SHAKESPEARE bewundert wird.

Die Sprachform der Geschlechtsbezeichnung gibt also überhaupt kein bestimmtes Bild. Irgendein Zufall der Endsilbe hat in den alten Sprachen die Phantasie analogisch gelenkt, als es einmal Regel geworden war, den einzelnen Worten ein Geschlecht beizulegen. Selten nur hat das Bild überhaupt einen Sinn gehabt; es ist meist reine Sprachverzierung gewesen. Der Gebrauch des nach Geschlechtern getrennten Artikels in neueren Sprachen hat den Geschlechtsunterschied womöglich noch äußerlicher gemacht. Der Geschlechtswandel ist darum eine sehr häufige Erscheinung, auch innerhalb ein und derselben Sprache. Es ist eine hübsche Beobachtung, daß im Deutschen besonders solche Worte, welche am häufigsten im geschlechtslosen Plural gebraucht werden, bei denen also die Geschlechtsbezeichnung des Singulars weniger eingeübt war, ihr Geschlecht am leichtesten verändert haben. "Woge", "Träne" waren im Mittelhochdeutschen männlich; "Wolke", "Waffe" waren im Mittelhochdeutschen sächlich.

Selbst die Sprachform der Mehrzahl, die doch eine viel klarere Bedeutung hat als Kasus oder gar Geschlecht, ist nicht so bestimmt wie man glauben sollte. Alte Mehrheitsangaben wie "Schock", "Mandel", "Dutzend" werden in vielen Sprachen singularisch gebraucht. Unser "Geschwister" war noch bis ins 18. Jahrhundert hinein der Singular "das Geschwister". Die Bezeichnung der christlichen Feste: Ostern, Pfingsten, Weihnachten sind Singulare geworden, ebenso das Wort "Buch", das Althochdeutsch (Buchstaben) ein Plural war. Umgekehrt wird im Englischen "people" als Plural gebraucht, und das gleichbedeutende altdeutsche "liut" hat sich auch formell in den Plural "Leute" verwandelt. Wir empfinden eine ganze Anzahl sehr häufig gebrauchter Worte wie: "Drei Fuß", "zehn Mark", "20 Pfund", "tausend Mann" als Singulare, wenn auch einzelne davon ehemalige Plurale sein mögen. Und gerade in diesen Fällen ist doch die Vorstellung der Mehrzahl durch das vorangestellte Zahlwort am deutlichsten gemacht, ohne daß die Sprachform der Mehrzahl nötig wäre.

Der Sinn dieser Sprachform wird auch dadurch unbestimmt, daß sie zwei ganz verschiedene Mehrheiten des Begriffs bezeichnen kann, nämlich entweder mehrere Dinge derselben Art oder mehrere Arten desselben Dings. Sind mehrere Dinge derselben Art gemeint, so liegt die Mehrzahl eigentlich schon im Begriff selbst. Es ist auch im Gedanken vollkommen gleich ob ich sage: "Der Mensch ist sterblich" oder "die Menschen sind sterblich". Es ist darum eine verkehrte Ausdrucksweise, wenn man ewig die Regel wiederholt, daß Stoffnamen keine Mehrzahl haben. "Der Sand" ist dem Sinn nach eine Mehrzahl. Umgekehrt empfinden wir die Namen von Krankheiten wie "Blattern", "Masern" usw. als eine Einzahl. Wo wir aber Stoffe nach Arten unterscheiden, da können wir auch sprachlich eine Mehrzahl bilden z. B. "die Weine seines Kellers".

Nicht ganz so offen auf der Hand liegt die Unbestimmtheit des Sinnes bei den Sprachformen des Verbums. Wer seinen robusten Glauben an sein Verhältnis zur Wirklichkeitswelt nicht durch Nachdenken verloren hat, der wird besonders die Zeitformen des Verbums für außerordentlich logische Bestimmungen halten; ebenso den Unterschied zwischen Aktivum und Passivum. Wir sind so unüberwindlich daran gewöhnt, unseren Worten den Sinn zu geben, den unsere Vorstellungen durch die begleitenden Umstände erhalten, daß wir natürlich - und vom Standpunkt der Wirklichkeit mit Recht - einen großen Unterschied sehen zwischen "ich schlage meinen Bruder" und "ich werden von meinem Bruder geschlagen". Nun kann aber kein Zweifel daran sein, daß die Sprache in Urzeiten, ebenso wie heute die Sprache eines zweijährigen Kindes, keinen Unterschied macht zwischen Aktivum und Passivum. "Bruder schlagen" ruft das Kind und die Mutter erfährt mit voller Deutlichkeit aus den begleitenden Umständen (dem weinerlichen oder triumphierenden Ton, der Stärkere und der Gewohnheit der Kinder und dgl.) was gemeint ist. Wenn wir uns erinnern, was eben über das Wesen des Akkusativs gesagt worden ist, so werden wir das Passivum nicht näher erklären können als durch die Tatsache, daß es Veränderungen in der Außenwelt bezeichnet. Der Unterschied vom Aktivum besteht nur darin, daß die Aufmerksamkeit zunächst und mit vollem Licht auf den Gegenstand gelenkt wird, an dem die Veränderung sichtbar wird. Das Kind ruft z. B. ausnahmsweise einmal so tonlos "Bruder schlagen", daß die Mutter meint, es habe den Bruder geschlagen. Sie zankt. Darauf kann das Kind ohne Kenntnis des Passivums ganz gut so sich ausdrücken: "Ich ... schlagen ... Bruder", wenn es nur durch Ton oder Geste den Bruder als die handelnde Person hinstellt.

Der aufmerksame Leser wird schon bemerkt haben, daß diese Erklärung von Aktivum und Passivum so ziemlich zusammenfällt mit meiner Erklärung der transitiven und intransitiven Verben. "Ich fälle die Bäume" ist Transitivum und Aktivum; "die Bäume fallen" läßt sich aber ebenso gut als Passivum wie als Intransitivum auffassen. "Die Bäume fallen" unterscheidet sich - wenn ich es allgemein als ein Beispiel ausspreche - ganz und gar nicht von "die Bäume werden gefällt". Nach meinem Sprachgefühl ist aber in der wirklichen Sprache eine Nuance zwischen "die Bäume fallen" (unter dem Beil des Holzhauers)" und "die Bäume fallen" (durch den Sturmwind). Den zweiten Satz empfinde ich als einen bildlichen, einen poetischen Ausdruck. Das wäre ebenso, wie wenn ich gesagt hätte, "die Bäumer werden vom Holzhauer, sie werden vom Sturmwind gefällt". Das eine Mal ist die handelnde Person wesentlich, welche die Veränderung am Außending hervorbringt, das andere Mal ist sie mehr eine beschreibende Zutat.

Aber die Unbestimmtheit erstreckt sich noch weiter als auf so feine Empfindungen des Sprachgefühls. Wir können das an den modernen Sprachen deutlich zeigen.

Das Passivum wird ausgedrückt durch ein Hilfszeitwort und das Partizip Perfekt des Verbums. Im Englischen und Französischen dient dazu das Hilfszeitwort "sein": I am loved, je suis aimé. Darin liegt - nebenbei bemerkt - deutlich ausgedrückt wie das äußere Objekt zum inneren Objekt wird. Der Vorgang ist das, was uns klar ist. War die Aufmerksamkeit mehr auf den Schnee gerichtet, so lautet der Ausdruck: "Der Schnee blendet mich." War die Aufmerksamkeit mehr auf mich selbst gerichtet, so lautet der Ausdruck: "Ich bin geblendet" (das deutsche Hilfszeitwort "werden" gibt nur mit intimerer Beschreibung noch die Nuance, daß eben eine Veränderung vor sich geht).

Wenn ich nun behauptet habe, es sei ein sprachgeschichtlicher Zufall, daß Eigenschaften der Dinge bald durch Adjektive, bald durch Verben ausgedrückt werden (ist grün - grünt) so scheint mir im sogenannten Passivum das transitive Verbum zum Eigenschaftswort zurückzukehren. "Der Baum ist grün" und "der Baum ist (wird) gefällt" unterscheiden sich ja nur darin, daß das erste Mal die Eigenschaft, das Merkmal, der Sinneseindruck von mir bereits vorgefunden wird, so daß ich ohne besonderen Anlaß nicht nach der Ursache frage; das ganze Werk der Naturwissenschaft besteht vielleicht darin, daß von übermütig wissensdurstigen Menschen dennoch nach der Ursache von Eigenschaften gefragt worden ist, die durch Adjektive und intransitive Verben bezeichnet werden und die wir vorfinden ohne eine Veränderung wahrgenommen zu haben. Das zweite mal (der Baum ist, bzw. wird gefällt) sehe ich die Eigenschaft vor meinen Augen entstehen, "werden"; ich fühle mich daher aufgefordert nach der gewöhnlich sehr handgreiflichen Ursache, z. B. nach der handelnden Person zu fragen. Beidemal aber bemerke ich eine Eigenschaft. Das Partizip Perfekt ist ein Eigenschaftswort. Im Passivum ist das Zeitwort zu einem Eigenschaftswort geworden, wie es vielleicht in Urzeiten der Sprache ganz und gar mit dem Eigenschaftswort zusammenfiel.

Und nun achte man darauf, wie unbestimmt dieses Partizip Perfekt ist, wenn man es feinhörig auf einen aktiven und passiven Sinn untersucht. Eigentlich unterscheidet sich dieses Partizip des Perfekts der transitiven Verben gar nicht vom Partizip der Gegenwart der intransitiven Verben. "Der Baum ist gefällt" und "der Baum ist blühend". Ich kann zwischen dem Passivum und dem Aktivum keinen anderen Unterschied sehen als den stärkeren oder geringeren Anreiz, nach der Ursache einer Eigenschaft zu fragen.

Als etwas Bekanntes füge ich hinzu, daß eine ganze Anzahl solcher passiver Partizipien ganz und gar zu Eigenschaftswörtern (in aktiver Bedeutung also) geworden sind: ein erfahrender Mann, ein verdienter, ein (weit) gereister, ein studierter Mann usw. Dazu kommen ähnliche Worte, die sich erst im Sprachgebrauch festzusetzen suchen wie: Stattgefunden, stattgehabt. GOETHE sagt einmal: "Das dem Grafen befallene Unglück."

Ich habe vorhin gesagt, der einfache Mann mit seinem robusten Wirklichkeitsglauben werde namentlich den verschiedenen Zeitformen, die doch zu den wichtigsten Kategorien der Sprache gehören, einen besonders bestimmten Sinn zugestehen. Nichts scheint deutlicher zu sein, als die Stellung des Menschen in der Zeit. So zuverlässig wie die Begriffe von rechts und links scheinen die von Vergangenheit und Zukunft; und der Standpunkt des Menschen zwischen rechts und links ist dann der Zeitpunkt der Gegenwart. Ich will keinen Wert darauf legen, daß der Begriff "Gegenwart" ein recht dehnbarer Begriff ist. Wenn ich sage: "Die Urmenschen kannten kein Feuer, jetzt ist der Gebrauch des Feuers über die ganze Erde verbreitet", so umfaßt dieses "jetzt", diese Gegenwart, ungezählte Jahrtausende. Wenn ich sage: "Jetzt regiert Wilhelm II.", so liegt der Umfang dieser Gegenwart einige Jahre zurück, während ihr Ende unbestimmt ist, aber nur innerhalb einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Jahren. Wenn ich sage: "Jetzt schlägt er zu", so umfaßt die Gegenwart einen sogenannten Augenblick, in Wirklichkeit je nach den Umständen einen nach vielen Sekunden meßbaren Zeitraum. Der Psychologe, der die Schnelligkeit von Sinneseindrücken und Reflexbewegungen studiert, arbeitet mit Apparaten, deren Jetzt sich auf ein Hundertstel einer Sekunde beschränkt. Aber immerhin können solche Differenzen als bloße Gradunterschiede aufgefaßt werden. Es liegt dann die Unbestimmtheit des Ausdrucks in den Begriffen und nicht in der grammatischen Kategorie Gegenwart.

Die Vergleichung zwischen dem Zeitpunkt des Redenden und seinem räumlichen Standpunkt, der ihn in die Mitte von rechts und links, oben und unten, vorn und hinten stellt, bringt mich nun - bevor ich weiter gehe - zu der Beobachtung, daß danach es auch ein Zufall genannt werden muß, wenn gerade die Kategorie der Zeit sich am Verbum so außerordentlich reich entwickelt hat, während die Kategorie des Raums ziemlich formlos durch Adverbien bezeichnet wird. Wir dürfen uns durch den geistigen Zwang nicht irre machen lassen, welchen unsere bekanntesten Sprachen auf uns ausüben; noch weniger dürfen wir es als selbstverständlich hinnehmen, daß man das Verbum um seiner entwickelten Zeitformen willen im Deutschen "Zeitwort" genannt hat. Die Sprachentwicklung hätte ebenso gut den entgegengesetzten Weg nehmen können, nämlich so, daß z. B. die Richtung nach vorn und hinten durch besondere, unseren Zeitformen entsprechende Raumformen des Verbums ausgedrückt worden wäre, daß die Begriffe der Vergangenheit und der Zukunft durch eine genauere Ausbildung der Adverbien "früh" und "spät" bezeichnet wurden. Entspricht doch sogar in den bestehenden Sprachen die Möglichkeit, diese Adverbien zu steigern (früher, später) in mancher Beziehung den komplizierteren Zeitformen von Vergangenheit und Zukunft.

Wenn ich hier wie an vielen anderen Stellen die Ausbildung unserer grammatischen Kategorien als ein Werk des Zufalls hinstelle, so will ich damit natürlich nur sagen, daß die philosophische Begründung unserer Grammatik ein Irrtum ist. Diese philosophische Grammatik denkt ebenso wie HEGEL, der alles Wirkliche vernünftig findet, weil es ist. Etwas anderes ist es, die gegenwärtige Kultur Europas möglichst historisch zu erklären, etwas anderes sie als logisch notwendig beweisen zu wollen. Die Sprache ist ein Teil dieser Kultur. Notwendig im Sinne der Naturwissenschaft ist natürlich auch in meinen Augen jede Sprachform, jedes Wort, jeder Laut; notwendig nur in dem Sinn, daß jede Veränderung eine notwendige Folge vorangegangener Veränderungen war. Wie logische Notwendigkeit überhaupt ein Unsinn ist, so ist auch der Lautwandel, die Wortbildung und die Formenentwicklung nicht logisch notwendig, sie sind alle im Verhältnis zur Welt der Möglichkeiten nur zufällig. Notwendigkeit ist nicht Gesetzmäßigkeit.

In unserem besonderen Fall ist auch der Grund, weshalb gerade die Zeitverhältnisse sich formelhaft gestalten konnten, während die Raumverhältnisse immer besonders angegeben werden müssen, leicht einzusehen. Wir wissen, daß der Raum sich nach drei Dimensionen erstreckt, zu denen dann die Zeit die vierte Dimension darstellt. Die Zeit verläuft in einer einzigen Richtung, und es war sehr viel leichter, diese einzige Richtung nach ihren Verhältnissen durch bloße Verbalformen darzustellen, als die komplizierten Verhältnisse der drei Raumrichtungen. Eine Linie ist leichter zu messen als eine Fläche oder gar ein Körper. In Urzeiten der Sprache, als das Verbum seine Zeitformen zu bilden anfing, konnte ganz gewiß schon jeder Knabe eine einfache Richtung mit deutlichen Zeichen sprachlich ausdrücken, daß z. B. von der Hütte bis zu seinem augenblicklichen Standpunkt zwanzig Schritte sind und daß der Baum vor ihm noch zehn weitere Schritte entfernt ist. Der Vater des Knaben aber, und wenn er ein Gelehrter des Stammes war, hätte damals noch nicht den Kubikinhalt der Hütte oder den des Baumes sprachlich ausdrücken können.

Ich schalte hier ein, daß ich früher den Gedanken verfolgte, die Trennung des Zeitbegriffs vom Raumbegriff für ebenso zufällig zu nehmen wie die Tatsache, daß der Zeitbegriff in Verbalformen ausgedrückt wird und nicht auch der Raumbegriff. Ich hatte mir das ungefähr so zurecht gelegt, daß die vier Dimensionen gleichwertig sind; man hätte dann z. B. Länge, Breite und Zeitrichung gemeinsam umfassen und die vierte Dimension nach Höhe und Tiefe abseits behandeln können, wie nach unserem Sprachgebrauch eben die Zeit. Da ich das Geistreichsein als eine überflüssige Spielerei des Menschengeistes betrachte, so werde ich wohl sagen dürfen, daß dieser Gedanke geistreich ist, umso mehr, da ich hinzufüge, er ist nur scholastisch geistreich, eine Spitzfindigkeit, zu der ich unbewußt den abstrakten Begriff der Dimension mißbraucht hatte. Denn nach unserer unerbittlichen Empfindung und Sprachempfindung gehören die drei Dimensionen des Raums enger zueinander als zur vierten Dimension der Zeit. IN den drei Dimensionen des Raums muß noch keine Bewegung und Veränderung sein; sie bewegen sich aber als Veränderung gemeinsam in der vierten Dimension, in der Zeit. Es liegt etwas Intransitives im Raum, es liegt etwas Transitives in der Zeit. Jener Gedanke leidet darum an einer Unvorstellbarkeit, die übrigens auch da ein starker Mangel ist, wo die Konstruktionen der neuesten Mathematik (mit ihrem Raum von n Dimensionen) zu ähnlichen Spitzfindigkeiten führen.

Wir kehren zu der Behauptung zurück, daß auch der Sinn der verbalen Zeitformen weit unbestimmter ist, als man das gewöhnlich glaubt. Ja, ich behaupte noch mehr: daß nämlich die Raumverhältnisse durch die Adverbien weit bestimmter angegeben werden können als die Zeitverhältnisse durch die Zeitformen des Verbums. Einfach durch eine Steigerung oder Wiederholung der Adverbien. Ich selbst bin immer der Orientierungspunkt, ich selbst bin, möchte ich sagen, der Schnittpunkt des Koordinatensystems. Ich kann dann ganz deutlich nicht nur bezeichnen, oder der Gegenstand vor mir oder hinter mir steht, sondern auch weiter: Ob ein zweiter oder dritter Gegenstand, vom ersten aus gerechnet, vor oder hinter ihm steht, näher zu mir oder entfernter von mir. Die Sprache ist fähig, ohne Zuhilfenahme der Zeichnung, z. B. die Bewegungen auf einem Schlachtfeld, ganz genau zu beschreiben. Die Sprache ist nicht in gleichem Maß befähigt, die relative Vergangenheit und Zukunft eindeutig auszudrücken. Ich werde mich im Folgenden, um ganz klar zu sein, der geläufigsten Bezeichnungen der Grammatik bedienen.

Auch in den Zeitangaben bildet schließlich das Ich des Sprechenden den Ausgangspunkt. Für die Zeit, in welcher er spricht, sei es ein Augenblick oder ein Jahrtausend, besitzen wir die Sprachform der Gegenwart. Ich habe schon gesagt, daß diese Gegenwart recht ungleich sein kann. Gegenwart ist "es blitzt"; Gegenwart ist auch der Satz "die Erde dreht sich um die Sonne", obwohl dieses Drehen (wenn die Astronomen recht haben) uranfänglich nicht stattfand und einmal aufhören wird, obwohl diese Gegenwart also einen Zeitraum von Billionen Jahren umfaßt. Wir haben ferner für die Zeit, die deser Gegenwart vorausliegt, die Form der Vergangenheit: Es donnert, es hat geblitzt; die Masse der Erde hat sich einmal von der Sonnenmasse losgelöst. Wir haben endlich für die Zeit, welche bevorsteht, die Sprachform der Zukunft: es blitzt, es wird donnern; die Erde wird einmal in die Sonne zurückstürzen.

Nun aber können wir bei der Zeit wie beim Raum den Ausgang von einem Punkt nehmen, der vor oder hinter uns liegt. Messen wir von einem Punkt, der hinter uns liegt, so beziehen wir Vergangenheit und Zukunft auf diesen Punkt, so daß dessen relative Zukunft für unsere persönliche Gegenwart schon Vergangenheit ist. Das ist nicht etwa eine feine Konstruktion, sondern der alltäglichste Sprachgebrauch in der Erzählung. "Nachdem das deutsche Volk Napoleon besiegt hatte, fügte es sich den alten Regierungen." Der Satz hätte ebenso gut oder vielleicht besser lauten können: "Das deutsche Volk besiegte Napoleon und fügte sich dann den alten Regierungen." Man sieht aus diesem Beispiel, daß das Imperfekt wohl seinen offiziellen Sinn haben kann, den nämlich einer hinter uns liegenden Gegenwart, aber auch den des Plusquamperfekts, der Vorvergangenheit. In dem Satz "das deutsche Volk besiegte Napoleon" ist es ganz unbestimmt, ob das Imperfekt oder das Plusquamperfekt gemeint ist. Erinnern wir uns daran, was über die Verwandtschaft zwischen Partizip und Adjektiv gesagt worden ist, so werden wir hier bemerken, daß das Besiegtsein eine Eigenschaft oder ein Zustand ist, den wir einem Ding in der Vergangenheit beilegen. Lassen wir uns durch unsere Sprachformen nicht beirren, so werden wir die vollständige Identität des aktiven Plusquamperfektums und des passiven Imperfektums fröhlich gewahr werden.

Für eine Zukunft, die sich relativ auf eine Mitvergangenheit bezieht, haben wir keinen besonderen sprachlichen Ausdruck; wir haben kein Futurum, welches dem Plusquamperfekt entspricht. Im Raumverhältnis können wir das durch Adverbien sehr gut ausdrücken. Blicken wir von Berlin aus nach Norden, so liegt Italien hinter uns; zwischen und und Italien oder näher an uns heran liegt hinter uns Tirol. In der Erzählung ist das entweder gar nicht oder nur durch eine mangelhafte Umschreibung wiederzugeben. Er schickte sich an, er gedachte usw. sind Imperfekte, die nur ungenau die Bedeutung einer hinter uns liegenden Zukunft haben. Jeder Erzähler weiß, wie schwer es oft ist, diesen einfachen Gedanken auszudrücken. Gewöhnlich hilft man sich mit der gebräuchlichen Zukunftsform und überläßt es dem Leser, herauszufinden, ob ein wirkliches Futurum gemeint ist oder ein relatives Futurum, eine Zeit, die zwischen dem Imperfekt und unserer Gegenwart liegt. Aus der Schwierigkeit des sprachlichen Ausdrucks ist es vielleicht zu erklären, daß die Poeten von diesem schönen und wirkungsvollen Motiv so selten Gebrauch machen. Der Dichter des Nibelungenlieds hat eine Vorliebe für diese nicht vorhandene Sprachform. Gleich in den ersten Versen versucht er zweimal ihren Ausdruck zu finden. Er sagt:

    "Kriemhild war sie geheißen, die war ein schönes Weib,
    Darum mußten noch viele Degen verlieren ihren Leib."
Gemeint ist eine vergangene Zeit, welche für den Beginn des Nibelungenlieds eine Zukunft ist. Und wenige Verse weiter heißt es von der Ritterschaft zu Worms:
    "Sie starben jämmerlich seither von zweier Frauen Neid."
Wieder haben wir also eine in der Vorstellung deutlich ausgeprägte Zeitform, die logisch genau dem Plusquamperfekt entspricht und für welche es trotz des Bedürfnisses keine Sprachform gibt.

Nehmen wir nun aber den Ausgang von einem Punkt in der Zukunft, so steht es noch schlimmer um die Formen und um die Bedeutungen der Zeit. Für den Ausgangspunkt selbst, also für das Geschehen, das wir für diese zukünftige Gegenwart voraussehen, besitzen wir keine andere Ausdrucksform als das sonst übliche Futurum. Es fehlt uns also, was noch niemand bemerkt zu haben scheint, ein Futurum der Prophezeiung, welches dem Imperfekt der Erzählung entspräche. Wir müssen, was doch nach meinem Sprachgefühl eine Unbestimmtheit, eine Verschiebung der Vorstellung ist, z. B. das jüngste Gericht mit Hilfe desselben Futurums beschreiben, mit dem wir aussprechen: "Im Juli werde ich aufs Land fahren." Es fehlt uns eine erzählende Zukunft.

Wir besitzen freilich das Futurum Exaktum, die Vorzukunft, anders als das Plusquamperfekt. Wir besitzen sie, aber wir gebrauchen sie in der lebendigen Rede so gut wie gar nicht, selbst in der künstlichen Schriftsprache nur mit Widerstreben. Dagegen besitzen wir aber nicht die logisch geforderte Zeitform für eine Zukunft, die von uns noch weiter abliegt als der zukünftige Ausgangspunkt. Wir können räumlich ausdrücken, daß ein Vogel höher fliegt als der Gipfel des Baumes über uns, den wir zum Ausgangspunkt nehmen. Wir können dasselbe Verhältnis in der Zeit sprachlich nur wieder durch Adverbien ausdrücken, nicht durch eine Verbalform. Man stelle sich den Gedanken vor: Die Erde wird in sie Sonne zurückstürzen; vorher wird sie ihre eigenen Bewegungskraft einbüßen; nachher einmal wird sich vielleicht eine neue Erdmasse als Nebelball von der Sonne wieder lösen. Wir drücken das durch Adverbien aus, die offenbar etwas wie räumliche Bilder bieten. Den ersten Satz können wir noch zur Not durch eine Verbalform bezeichnen: "Wenn die Erde ihre eigene Bewegungskraft eingebüßt haben wird, dann wird sie in die Sonne zurückstürzen." Für den letzten Gedanken haben wir durchaus keine Zeitform. Wir müssen mit fast kindlicher Sprache wiederholen: "Und noch später wird sich vielleicht eine neue Erdmasse loslösen."

Die Unbestimmtheit der verbale Zeitformen scheint mir als ziffernmäßig bewiesen zu sein. Unsere Stellung in der Zeit nötigt uns, mindestens 9 deutlich ausgeprägte verschiedene Zeitverhältnisse auszudrücken; wie aber besitzen nur 6 Verbalformen, mit deren Hilfe wir ungefähr sagen was wir wollen. Hätte ein Händler 9 verschiedene Sorten Wein und müßte sie in nur 6 verschiedenen Fässern verwahren, so könnte er nicht schlimmer dran sein als die Sprache mit ihren 6 Zeitformen. Daß es auch noch andere Zeiten gibt, wie z. B. im Indischen, Griechischen und Slawischen den Aorist, macht die Sache nur noch verwickelter; denn jeder Fachmann weiß, wie wenig bestimmt der Sinn des Aorist ist. Man hat seine Bedeutungen nach verschiedenen Gesichtspunkten in Klassen geteilt; den Griechen konnte aber die Verschiedenheit der Aoristklassen sicherlich ebensowenig zu Bewußtsein kommen wie uns etwa die angeblichen Klassen der Genitivbedeutung. Es wird sich also wohl nicht anders verhalten, als daß auch die Verbalformen mangelhafte Versuche sind, den Ton und die Geste zu ersetzen, mit denen die Sprechenden einstens die zeitliche Stellung ihrer Vorstellungen ungenau genug ausdrückten. Für die Verhältnisse im Raum konnte die Geste länger ausreichen; sie war und ist leichter abzumalen. Die Gesten der Zeit mochten ursprünglich Metaphern von den Zeichen "hinten, da, vorn" sein. Wann immer sich aus diesen Metaphern die Formen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft entwickelt haben mögen, sie litten an der Unbestimmtheit, wo das "da", die Gegenwart anzunehmen sein soll, und leiden noch heute darunter. Plusquamperfekt und Futurum Exaktum haben immer noch etwas von mathematischen Formeln, sie gehören der lebendigen Sprache kaum an; angesehen davon, daß sie Formeln zu Hilfe nehmen müssen, in denen das Verbum seinen Charakter verloren hat und Adjektiv oder Nomen geworden ist. Wie wenig aber die Zeitformen dem Bedürfnis entsprechen, unsere Vorstellungen dem Hörer anschaulich zu machen, ergibt sich vollends aus der weit verbreiteten Gewohnheit, sämtliche Zeitverhältnisse durch die ursprüngliche Form des Präsens darzustellen sobald die Rede lebhaft genug wird. Die Grammatiker helfen sich damit, daß sie sagen, das Präsens "vertritt" dann das erzählende Imperfekt oder irgendeine Zukunft. Das Präsens kann aber auch für das Plusquamperfekt und für das Futurum Exaktum eintreten. "Blücher rückt heran, Napoleon gibt jede Hoffnung auf;" weniger lebhaft: "als die Armee Blüchers herausgerückt war, gab Napoleon usw." oder "schließe ich das Geschäft ab, so bekommst du ein neues Kleid" anstatt: "Wenn ich das Geschäft abgeschlossen haben werde, wirst dur ein neues Kleid bekommen."

Nur das eigentliche Perfektum läßt sich nicht durch das Präsens ausdrücken, weil es eben ohnehin ein Präsens ist nebst einem adjektivisch gewordnen Verbum.

So lassen sich sämtliche 9 Zeitverhältnisse durch das einzige Präsens ausdrücken und die Unbestimmtheit des Sinns ist nicht größer als bei der Verwendung unserer 6 Formen. Denn - ich muß es wiederholen - die Bestimmtheit der durch die Sprache im Zuhörer erweckten Vorstellungen rührt nicht etwa von den Vorzügen der Sprache her, sondern einzig und allein von der größeren oder geringeren Bestimmtheit in den Vorstellungen des Zuhörers, an die er durch die Lautzeichen des Sprechenden erinnert wird. Die begleitenden Umstände in seiner Erinnerung oder in der Anschauung lassen den Zuhörer ungefähr das Verhältnis der Zeiten herausfinden; ob er durch eine einzige Verbalform oder durch ein halbes Dutzend ungenau orientiert wird, ist für den lebendigen Verkehr der Menschen fast gleichgültig.

Und selbst diese neunfache Unbestimmtheit der Hauptform des Verbums, des Präsens, erschöpft die Unsicherheiten noch nicht. Es ist nicht wahr, daß das Präsens (außer den Fällen wo es eine andere Zeit bedeutet) immer etwas Gegenwärtiges bezeichnet. Die unendliche Menge solcher Sätze wie: "Der Hund ist ein Säugetier, Zeit ist Geld" haben durchaus nicht mit dem Zeitverhältnis des Redenden zu tun. Es ist eine ganz falsche, unserem Sprachgefühl widersprechende Konstruktion, wenn man sagt, solche Sätze gelten immer und für alle Zeit, also auch für die Gegenwart. Solche Sätze, ob sie nun konkrete oder abstrakte Urteile aussprechen, lassen uns durchaus keine Beziehung zur Zeit mitdenken, sie sind zeitlos. Der Unterschied des Sinns wird deutlich, wenn wir die gelegentliche Anwendung von der allgemeinen trennen. Wenn wir im Gegensatz zum Dunkel der Nacht oder zum schlechten Wetter von vorhin sagen: "Die Sonne leuchtet", so ist das eine Gegenwart, weil wir ausdrücklich mitteilen wollen, daß sie jetzt leuchtet; wenn wir nur eine Eigenschaft der Sonne angebend (unser Sprachgefühl sträubt sich gar nicht, das Verbum eine Eigenschaft zu nennen) sagen: "Die Sonne leuchtet", so ist das keine Gegenwart, sondern Zeitlosigkeit. Der Satz hat keine Beziehung zur Zeit. "Der Wein erfreut des Menschen Herz"; wir wollen nicht sagen, er erfreue immer, also auch in der Gegenwart, sondern: Es sei eine zeitlose Eigenschaft des Weins zu erfreuen. "Die Sonne leuchtet" hat für unser ehrliches Sprachgefühl nicht im Geringsten mehr Zeitbestimmung oder Zeitverhältnis als: die leuchtende Sonne (was man freilich noch Partizip der Gegenwart nennt), aber auch nicht mehr als: der weiße Schnee, der blaue Himmel usw.; "der Wein erfreut" hat nicht mehr Verhältnis zur Zeit als "der süße Wein". Wir sehen: die Zeitkategorie, deren Künstlichkeit ein aufmerksames Ohr in den anderen Zeitformen noch heute empfindet, muß sogar zum Präsens erst verhältnismäßig spät hinzugekommen sein; als das Verbum und das Adjektiv noch eine undifferenzierte Bedeutung hatten, da war das Verbum noch kein Zeitwort.


Wir lesen mit albernem Lächeln bei den Forschern, welche asiatische Sprachen untersucht haben, welch seltsame Kategorien die Zeitwörter vieler dieser Sprachen zu bilden vermögen. Die Höflichkeit dieser Völker ist so groß, daß sie Kategorien erfinden, welche in unseren Schulgrammatiken nicht ihresgleichen finden. Zu den höflichsten Völkern gehören die Japaner, welche, soweit ihre Sprache in Betracht kommt, keinem vornehmen Mann zumuten, selber etwas zu tun, aktiv zu sein. Der Japaner wird von einem hohem Beamten nicht einmal sagen, daß er selber essen soll; selbst das Essen und die Tätigkeit, die sogar der Kaiser von China selber tun muß, wird durch ein Wort, das "tun lassen" bedeutet oder durch ein Passivum ausgedrückt. Für die Sprache der Koreaner hat man ausgerechnet, daß sie für die Rangordnung zwischen Höher-, Nieder- und Gleichgestellten einerseits und für den Ton der höheren oder der niederen Ehrerbietung andererseits 27 verschiedene Formen hätte.

Man achte aber einmal auf unseren Briefstil und auf den Ton amtlicher Schriftstücke vom Flurschütz [historische Feldhüter - wp] bis hinauf zum Kaiser und vom Kaiser hinunter bis zum Flurschütz. Man wird in amtlichen Mitteilungen sofort auch ohne Nennung der Personen erkennen, ob vom Kaiser, von einem Minister, von einem Oberpräsidenten, von einem Landrat oder einem Ortsvorsteher die Rede ist; sogar der fast blasphemische Stil der Japaner, der einen vornehmen Mann nicht selber essen läßt, ist uns vollkommen geläufig in dem entsetzlichen "geruhen", wenn z. B. von einem Kaiser blödsinnig ausgesagt wird, er geruhe auszufahren und ungeübtere Leute, welche mit so einem Kaiser reden, helfen sich dann auch, indem sie das Passivum anwenden.

Überall da, wo Hoheit, Durchlaucht, Exzellenz in die Satzverbindung hineingearbeitet werden soll, hat der Amtsstil bei uns hinterindische Formen und die 27 Ausdrucksweisen der koreanischen Höflichkeit, welche für Korea nur ausgerechnet, nicht aber im Einzelnen nachgewiesen sind, dürften sich im deutschen Schreibwerk sicherlich nachweisen lassen. Man brauchte nur eine Probe darauf zu machen, ob nicht aus einem amtlichen Aktenstück - ohne Adresse, ohne Unterschrift und ohne sonstige Andeutungen - der hierarchische Grad des Schreibers, wie auch des Adressaten sich erkennen läßt.


Die Pariser sprachwissenschaftliche Gesellschaft zwei Ziele der Untersuchung von ihrem Programm ausgeschlossen: Das Streben nach einer Universalsprache und die Frage nach dem Ursprung der Sprache. Die erste Bestimmung ist selbstverständlich für kluge Männer; auch die zweite erscheint praktisch, wenn man erwägt, was für unhaltbares Zeug namentlich in Frankreich das 18. Jahrhundert zutage gebracht hat. Auch heute noch sind die Gelehrten, welche sich mit dem Ursprung der Sprache beschäftigen, der gleichen Gefahr ausgesetzt. Grau, Freund, ist alle Theorie, das wußte schon Mephisto; wir sind geneigt, in jeder Theorie Wortmacherei zu vermuten.

Keine Theorie über den Sprachursprung kann sich völlig davon befreien, erstens die Sprache auf die einzelnen Worte zurückzuführen, sodann die einzelnen Worte in die sogenannten Wurzeln und die Bildungssilben auseinander zu hacken, wie man einen geschlachteten Ochsen in Fleischteile zerhackt, die dann erst - für den Schlächter und für die Köchin ihre besonderen Namen erhalten. Am lebendigen Ochsen gibt es keinen edlen Lendenbraten und keine schlechteren Teile. So wird es auch in der lebendigen Sprache keine Wurzeln und keine Flexionen, ja eigentlich auch keine einzelnen Worte geben. Hätten wir unsere künstliche Grammatik nicht, so besäßen wir nur Sätze, die durch eigentümliche Betonungen gegliedert sind, nicht Worte. Es ist grammatische Willkür, daß wir z. B. "der Vater" und "des Vaters" schreiben und es darum getrennt empfinden; in der vorschriftlichen Zeit hätte man die entsprechenden Formen "dervater" und "desvaters" gehört und empfunden. Es kann mir nur Mut machen, daß so jede historische Untersuchung mit meiner Kritik der Logik zusammentrifft, in der ich zu beweisen hoffe, daß psychologisch der Schluß das Erste ist, der Satz das Zweite, das Wort das Dritte, oder daß - anders ausgedrückt - aus dem Wort nichts entwickelt werden kann, was nicht schon drin war. Die grammatische Betrachtung lehrt ebenso, daß in irgendeiner Urzeit es immer schon Sätze, niemals bloße Worte gegeben hat, daß der erste Sprachschrei schon einen Satz ausdrückte.

Ist das nun richtig, so wird die Zerhackung des Wortes in Wurzeln und Bildungssilben zu einem bloß berufstechnischen Vergnügen der Grammatiker. Die Bildungssilben durch welche doch erst die Wurzeln zu einem harmonischen Satz vereinigt werden sollen, erscheinen als reine Gewohnheiten der jüngeren Analogie, wenn schon der älteste Sprachschrei den Wert eines Satzes oder eines Urteils besaß. Um mich nicht selbst in graue Theorie zu verlieren, will ich das durch einige Bemerkungen erläutern und als Motto die bekannten Verse vorausschicken, mit denen GOETHE freilich wohl keine sprachphilosophische Abhandlung beabsichtigt hat. Faust will die Bibel übersetzen und stockt schon bei der ersten Zeile: "Im Anfang war das Wort."
    "Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen.
    Ich muß es anders übersetzen,
    Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
    Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn."
Unzufrieden versucht er es noch anders. "Im Anfang war die Kraft", dann hilft ihm der Geist und er bleibt schließlich stehen bei "im Anfang war die Tat".

Hätte der Teuel ihn nicht durch sein Heulen und Bellen gestört, Faust wäre vielleicht von der Bibelübersetzung zur Bibelkritik übergegangen und hätte den Anfang des Johannes-Evangeliums einfach für falsch erklärt. Im Anfang war gar nicht das Wort, mag man es nun als Adjektiv oder als Substantiv oder als Verbum (Tat) auffassen; im Anfang war der Satz. GOETHEs Faust hat sich schon so viel gefallen lassen müssen, daß ich ihn wohl auch einmal im Scherz so benützen darf.

Als einen ältesten Satz stellen wir uns den Ruf des Staunens oder der Überraschung vor, der möglicherweise noch in einem entfernten sprachlichen und logischen Zusammenhang mit unserem "da!" stehen mag, den wir künstlich meinetwegen als das Demonstrativpronomen "das" deuten mögen und der innerhalb einer bestimmten gegenwärtigen Situation irgendeinen Gegenstand, eine Eigenschaft, eine Tätigkeit oder was auch immer bezeichnen konnte. Die Sprachforscher sind übrigens einig darüber, daß die meisten anderen Pronomina auf das alte Demonstrativpronomen zurückzuführen sind, daß das Demonstrativpronomen ein uralter Besitz der "indoeuropäischen" Sprachen ist, weil es den einzelnen Sprachen gemeinsam ist und überdies eine sehr altertümliche Flexion hat. Der Eindruck hohen Alters ist also allgemein. Nach der soweit annehmbaren Theorie von REGNAUD ist dieses alte Demonstrativpronomen überhaupt der oberste und umfassendste Begriff, das genus generalissimum. Es entspricht vollkommen unserer Erkenntnistheorie, wenn REGNAUD annimmt, die nächsten, ebenfalls äußerst allgemeinen Begriffe, hätten unserem Adjektiv entsprochen. Ursprünglich konnte z. B. das Demonstrativum allein sowohl den Blitz als auch den Donner, sowohl die weiße Blüte als auch die rote Frucht bezeichnen, was - die gegenwärtige und gemeinsame Situation vorausgesetzt - gar keine unvollkommenere Sprache war als die unsere. Nachher bildeten sich (es geht uns nichts an, ob aus dem Demonstrativpronomen heraus oder aus neuen Sprachquellen) die Begriffe des Leuchtenden und des Rollenden, des Weißen und des Roten usw. Man kann diese Entwicklung noch weiter verfolgen - in der Phantasie, eine historische Darlegung wird nie möglich sein - bis zur Entstehung des Substantivs, bis zur Verbindung von Substantiv und Personalpronomen, ohne in dieser Ursprache auch nur die Möglichkeit, auch nur eine Stelle für die Flexion zu entdecken. Der Satz konnte einsilbig oder vielsilbig sein, seine Harmonie wurde - wenn ich so sagen darf - durch die Wirklichkeit, durch die Situation hergestellt. Es war ja der Sprachschöpfung keine Grammatik vorausgegangen, welche eine harmonische Koordination der Satzglieder nach Geschlecht, Zeit, Zahl usw. gefordert hätte, welche überhaupt den Satz in Glieder zerhackte. Erst viel später, man kann die Zeit unbedenklich sehr lang nehmen, erst bei einem sehr großen Reichtum von Sätzen, wohlgemerkt nicht von Worten, konnte das Vorhandensein unbewußt gebliebener Analogiebildungen die sprechenden Menschen dazu führen, durch eine Weiterbildung der Analogie zu Flexionen zu gelangen. Unter Flexionen verstehe ich selbstverständlich alle Deklinations-, Konjugations- und alle anderen Bildungssilben. Ich meine in irgendeiner Urzeit müssen die Analogien, die uns als die notwendigen Flexionen erscheinen, wie Sprachwitze, wie Wortspiele herausgekommen sein. Noch in historischer Zeit gibt es solche Analogiebildungen, so wenn die Lateiner die Endung -ia häufig an Partizipien, die auf -ent ausgingen, anhingen (prudentia, sapentia, clementia) und so die Vorstellung faßten, die Endsilbe laute -tia und darum amicitia (von amicus) sagten. Beispiele aus der gegenwärtigen Sprachentwicklung fehlen an anderer Stelle auch nicht. Ich bemerke nebenbei, wie gefährlich es sein muß, in die Flexionen der vorhistorischen Zeit in System zu bringen, wenn wir solche irreführende Wortspiele fast unter unseren Augen Sprachkraft gewinnen sehen (vgl. "Beiträge", Bd. 2, Seite 133f).

Diese beiden Bemerkungen helfen uns vielleicht, uns das Entstehen der Flexionen etwas weniger unnatürlich vorzustellen, als es die Grammatik getan hat und von ihrem Standpunkt tun mußte. Ihre Erklärungsversuche enthalten jedesmal die Voraussetzung, daß zu einer richtigen Sprache so und so viele Fälle des Substantivs, so und so viele Personen, Zahlen und Zeiten des Verbums gehören und daß es nur darauf ankommt, alle diese Flexionsformen auf eine bequeme und übersichtliche Weise zu bilden. Auf diesem Weg kann nach mehrtausendjähriger Herrschaft der Grammatik ein Volapük [Weltsprache - wp] hergestellt werden; die Sprache kann nicht so entstanden sein. Es ist doch offenbar, daß der gegenwärtig angenommenen Grammatik eine Zeit vorausgehen mußte, in welcher die Regeln der Grammatik noch latent oder unbewußt waren, und dieser wieder eine ältere Zeit, in welcher sich die grammatischen Gewohnheiten erst entwickelten, dieser wieder eine älteste Zeit, in welcher es noch gar keine Grammatik oder Analogie gab, in welcher aus der Situation heraus jeder Satz seine analogielose Sprachform hatte. Ebenso ist es doch mehr als wahrscheinlich, daß der der Gesetzeszeit vorausgehenden Gewohnheitsepoche, in welcher die Kultur sich unbewußt nach Bräuchen richtete, eine Zeit vorausgehen mußte, wo solche Bräuche sich aus ihren ersten Anfängen entwickelten. Die Sprachgeschichte kommt uns da zu Hilfe, wenn sie uns mitteilt, daß die fünf oder sieben Kasus, die wir jetzt so ordentlich zu unterscheiden glauben, oder die vielen Verbalformen sich aus einer Unzahl von Zufallsformen entwickelt haben. Lassen wir unsere sprachbildende Phantasie ein wenig spielen, so scheint es ganz anschaulich, wie es in einer Urzeit gar keine Flexionen gab, wie irgendwann einmal die Sprachbildung z. B. bei den verschiedenen Kasus desselben Substantivs immer mit neuen Wortbildungen einsetzen konnte. Ich erdichte mir da ganz phantastische Beispiele, weil es mir nur darauf ankommt, die Möglichkeit einer solchen Entwicklung zu zeigen. Hatte der Ruf des Staunens oder das Demonstrativpronomen sich zum Namen für die aufgehende Sonne entwickelt, so konnte sich der Seufzer des Bedauerns zum Namen der untergehenden Sonne entwickeln; es konnte also dieselbe Sonne je nach ihrem Stand zwei verschiedene Eigennamen haben. Ich unterlasse es absichtlich, auf verwandte Tatsachen der Sprache hinzuweisen. Es konnte ebenso die unreife Frucht mit einem anderen Stammwort bezeichnet werden als die reife. Das mußte der naiven Anschauung irgendwelcher Urzeitmenschen so nahe liegen, wie uns die Gewohnheit Kalb, Kuh, Stier usw. zu sagen. In diesen verschiedenen Wortstämmen für verschiedene Standorte, Lebenslagen, Lebensalter, Geschlechter der Gegenstände liegen aber die Kategorien unserer Flexionen verborgen. Die Analogiebildungen Löwe Löwin, Löwe Löwenjunges usw. sind bei den ältesten und gebräuchlichsten Tiereigennamen gar nicht vorhanden. Es sind offenbar jüngere Sprachbildungen. So dürfen wir auch annehmen, daß die Gemeinsamkeit des Wortes Sonne für das aufgehende und das untergehende Gestirn in irgendeiner uralten Zeit eine neue Sprachschöpfung war. Die Bestimmungsworte "aufgehend" und "untergehend" sind nur Orts- oder Richtungsbezeichnungen, wie die Flexionssilben der Kasus.

Im Chinesischen trifft das Pronomen der zweiten Person mit Konjunktionen für örtliche und zeitliche Nähe zusammen, ferner mit Ausdrücken für Ähnlichkeit. Das scheint uns so absurd, daß wir zuerst nach verwandten Erscheinungen vergebens suchen. Es ließe sich aber wohl ein Poet vorstellen, der dichtet: Eine Rose stand der andern so nahe, daß sie ihr Du sagte. Und umgekehrt sagen wir mundartlich von einem schönen Gemälde, einer ausgezeichneten Frucht: Da muß ich Sie sagen.

Mit solchen Erscheinungen und den alten, jeder Analogiebildung vorausgehenden, gewissermaßen ungrammatischen und überreichlichen Worten wie Kalb, Kuh, Stier usw. glaube ich nun die bekannte Tatsache wieder in Zusammenhang bringen zu dürfen, daß die ältesten und eingeübtesten grammatischen Reihen ebenfalls ohne Hilfe von Flexionen durch verschiedene Wortstämme ausgedrückt werden, im Deutschen wie in anderen Sprachen. "Bin - war - gewesen", "gut - besser" frappieren durch die überflüssige Verwendung neuer Stämme; bei "besser" für das alte "bass" ist es besonders deutlich, wie die Komparativflexion nachträglich zu dem unverständlich gewordenen Komparativ des Adverbs "gut" hinzutrat. Es ist dieselbe Erscheinung, wie wenn ehemalige starke Verben im Deutschen die sogenannte schwache Flexion annehmen. Die Analogiebildung rückt siegreich vor. Zu dieser flexionslosen Entwicklung von Begriffsreihen möchte ich auch die Gruppen "ich, du, er", "wir, ihr, sie", ferner die so altertümlichen Zahlwörter von eins bis zehn rechnen. Ein bewußter, auf der Grammatik stehender Sprachschöpfer hätte all das sicherlich mit Hilfe von Flexionen erfunden.

Es war recht unwahrscheinlich, daß uns die historische Sprachwissenschaft die Möglichkeit gewähren würde, die Phantasie von einer Sprachschöpfung zu illustrieren, in die Zeit zurückzuleuchten, in welcher ein unreflektierter Ruf doch den grammatischen Wert eines Satzes haben konnte. Und dennoch finde ich jetzt ein zweites Beispiel so weit vorbereitet, daß ich es vorsichtig beibringen möchte. Es handelt sich um eine auffallende Ähnlichkeit zwischen Vokativkasus des Substantivs und der Imperativform des Verbums. Sie lassen sich beide als die flexionslosen Formen betrachten. Wenn wir uns von unserer Gewohnheit, vom Infinitiv und vom Nominativ auszugehen, ganz befreien könnten, so würden wir einsehen, daß der Vokativ und der Imperativ die ältesten Formen des Substantivs und des Verbums darbieten. Darüber weiß die historische Grammatik hübsche Einzelheiten. In vorhistorischer Zeit nun, als die Kategorien des Substantivs und des Verbums so wenig vorhanden waren als sie es heute im Chinesischen sind, konnte eine und dieselbe Lautgruppe natürlich Vokativ und Imperativ ausdrücken und zwar so, daß der Hörer die Substantiv- und die Verbalform identifizieren mußte. Erinnern wir uns nun gar, daß die Sprache zwischen den Menschen von gar nichts Anderem ausgehen konnte als vom auffordernden Anruf, so besitzen wir in unserem "du" etwas wie eine Seitenform zum genus generalissimum, dem Demonstrativpronomen "da" oder "das", eine Seitenform, welche nicht durch Flexion, sondern durch ein neues Wort zugleich den Vokativ und den Imperativ in die Sprache hineinbrachte.

Halten wir unsere Phantasie von der Entstehung der Sprachformen usw. fest, so sind wir nach dem letzten Beispiel vielleicht in der Lage, uns die Entstehung der Kasusformen doch glaubhafter zu erklären, als es die neue, unter dem Einfluß der Sanskritisten stehende Sprachwissenschaft getan hat. Diese hat bekanntlich die Sprachen in flexionslose, anklebende und flektierte eingeteilt; sie denkt sich die Entstehung unserer flektierten Sprachen so, daß ein chinesischer Zustand der Einsilbigkeit vorausging, daß das Ankleben von Stämmen, die nachher zu Bildungssilben abgeschwächt wurden, folgte. Abgesehen nun davon, daß die Flexionslosigkeit des Chinesischen neuerdings eher wie das Ende als wie der Anfang der Entwicklung aussieht, daß unsere Kultursprachen (besonders das Englische) sich der Flexionslosigkeit nähern, ist auch gar nicht abzusehen, wie Kasus- und Tempusformen künstlich gebildet werden konnten, bevor es eine Grammatik gab. Und eine Grammatik wieder in unserem Sinn konnte es doch ganz gewiß nicht geben, bevor ihre Formen existierten. Aus diesem Dilemma hilft vielleicht eine Vorstellung, die ich mit dem "Mut zu irren", den Sprachphilosophen vorlege. Wie wenn nicht die Substantive durch die Kasusbezeichnungen (mutatis mutandis die Verbalformen) näher bestimmt wurden, sondern die Kasusendungen durch die Substantive? Wie wenn die angeblichen Kasusendungen viel ältere und allgemeinere Worte gewesen wären, als die Menge der Substantive? Ich stelle mir das so vor: War das Demonstrativpronomen "da" oder "das" das genus generalissimum, so konnten die Bezeichnungen für Lokalverhältnisse (metaphorisch auf Zeitverhältnisse angewandt) "hier, hin, zu, fort, oben, unten" usw. sehr allgemeine Begriffe sein, welche in einer Urzeit aus der Situation heraus für die Verständigung zwischen den Menschen genügten. Es konnte - um im Phantasieren zu bleiben - der Generalbegriff der Entfernung im Gegensatz zum Generalbegriff der Annäherung z. B. den Ablativ gegen den Akkusativ, die zweite Person gegen die erste, die Vergangenheit gegen die Zukunft bedeuten. Daß Substantiv- und Verbalformen dabei durcheinander laufen, ist für eine so alte Zeit eher eine Unterstützung der Hypothese als ein Fehler. In dem zum Richtungswort entwickelten Demonstrativprobomen sprach sich die Situation des sprechenden Menschen aus. Als diese arme Sprache dem Reichtum der wachsenden Seelensituation nicht mehr entsprach, als die Richtungsworte durch die inzwischen entstandenen Substantive, Adjektive oder Verben näher bestimmt wurden, analogische Flexionssilben wurden, da wurde die Bedeutung dieser alten Richtungssilben nachträglich durch die Wirklichkeitswelt gegeben und so mußte es freilich kommen, daß unsere in der Grammatik aufgezählten Kasusformen eine so unzusammenhängende Fülle von Bedeutungen aufweisen wie z. B. unser Genitiv. Die Unbestimmtheit aller grammatikalischen Kategorien wäre dann aus ihrem Ursprung erklärt.

Wo sich diese alten Richtungsworte (die meistens durch ihr altertümliches Gepräge auffallen) erhalten haben, da weisen sie die gleiche unzusammenhängende Fülle der Bedeutungen auf wie die Bildungssilben der Kasus. Man denke nur an den fast uneingeschränkten Gebrauch unserer Worte "von" und "vor". Und es ist, als ob die Sprache auf den metaphorischen Gebrauch der Richtungsworte gar nicht verzichten könnte. Im Französischen und gar im Englischen ist die Rückkehr beinahe vollendet; die Richtungsworte, welche einst vielleicht die Sprache ausmachten, welche dann zu Kasusbezeichnungen wurden, sind am Ende der Worte ausgefallen, nach langsamer Abschwächung, und stehen jetzt breit und schwer im gleichen Dienst vor den Worten, als tonlose Kasuszeichen. Und selbst die Jahrtausende alte Trennung von Substantiven und Verben hindert nicht, daß dieselben Richtungsworte, und in der gleichen Bedeutung, mehr und mehr den Verben vorangestellt werden. Ich glaube es deutlich vorstellen zu können, daß der Generalbegriff "in" oder "hin" einmal aus der Situation heraus genügte, um verständlich auszudrücken, daß entweder der Sprecher an einen bestimmten Ort gehen will oder der Hörer hingehen soll. Der größere Reichtum der Situationsbildung mochte dann dazu führen, diesen Generalbegriff, der Verbum, Substantiv und Richtungsinteresse zusammenfaßte, weiter zu erklären. "Gehen - Stadt - hin" besagte nicht mehr als das "hin" allein. Die Sprachen konnten die Begriffe ordnen wie sie wollten (ire urbem, ire in urbem, inire urbem, inire in urbem), das Richtungswort, der Vorläufer der Flexionssilben, war das allein Sagenswerte, fast möchte ich sagen, das allein Sagbare; alle übrigen Satzbestandteile waren nur ein Ersatz für die einst gegenwärtige Situation.

LITERATUR, Fritz Mauthner, Beiträge zu einer Kritik der Sprache, Bd. 3, Zur Grammatik und Logik, Stuttgart und Berlin 1913