p-4F. Mauthner H. SteinthalA. StöhrB. Russel    
 
CONRAD HERMANN
(1819 - 1897)
Die grammatischen Wortklassen
und ihre Bedeutung für die
Lehre vom Denken


"Das Substantiv ist diejenige Kategorie der Sprache, welche ihrer allgemeinen Stellung und Bedeutung nach der Funktion des logischen Subjekts im Denken adäquat ist. Alle anderen Begriffe nehmen als solche im Satz die Stellung von Prädikaten oder von Momenten der logischen Aussage ein. Das Substantiv allein aber nimmt im Satz die Funktion oder Stellung des logischen Subjekts ein."

"Die Wirklichkeit oder die Welt überhaupt besteht zunächst nur in einer unendlichen Menge einzelner realer Dinge oder sinnlicher Existenzen. Diese werden von uns zunächst in den substantivischen Art- oder Gattungsbegriffen zu höheren typischen Allgemeinheiten oder geistigen Gesamtbildern zusammengefaßt und verdichtet. Alles eigentlich Wirkliche ist überall nur das Individuelle; in den Substantivbegriffen aber wird an und für sich die Gesamtheit aller einzelnen oder individuellen Existenzen für unser Denken vertreten."

"Die dritte grammatische Wortklasse ist die der Verbalbegriffe, welche die allgemeinen Momente der Bewegung, der Lebenstätigkeit, überhaupt der Beziehung zwischen den einzelnen Dingen der Wirklichkeit in sich begreift. Der Inhalt eines Verbalbegriffs ist an und für sich immer etwas, was zwischen einer Einzelheit und der anderen in der Mitte liegt oder eine zeitliche Bewegung, die von der einen von ihnen auf die andere übergeht. Die allgemeinen Momente des Daseins bilden dann den Inhalt der Adjektiv-, die der Beziehung aber den der Verbalbegriffe der Sprache."

Ein jeder Begriff des Denkens wird für uns vertreten durch ein bestimmtes Wort der Sprache. Die grammatischen Arten oder Klassen der Worte aber sind in einem gewissen Sinn zugleich auch diejenigen der logischen Begriffe des Denkens. Allerdings findet bei den Worten zugleich auch immer eine gewisse Wanderung aus der einen dieser Klassen in die andere statt, indem wir z. B. aus einem substantivischen Wort ein adjektivisches bilden oder umgekehrt und in dem wir ein Verbum im Infinitiv und Partizip mit dem Charakter eines Nomens umkleiden usw. Aber es gehört doch ansich jedes Wort seiner ursprünglichen Stellung nach immer einer bestimmten unter diesen Klassen an und es schließt eine jede von diesen ansich eine andere Art oder Beschaffenheit des allgemeinen logischen Abstraktionsgehaltes in sich ein. Für eine systematische Bearbeitung des Inhaltes der Begriffe aber gibt es ansich keinen anderen sicheren und positiven Anhaltspunkt als die Gliederung der Sprache in ihre einzelnen Wortklassen. Auch für ARISTOTELES im Altertum war das grammatische Element der Führer und die Basis für die Bearbeitung des Logischen. Die Abtrennung oder Isolierung dieser beiden Elemente voneinander ist ein entschiedener Mangel oder Fehler in der ganzen neueren Wissenschaft gewesen. Die ganze Wirklichkeit des Denkens ist durchaus keine andere als diejenige in den Formen und Bedingungen der Sprache. Die Anschauung HEGELs vom Denken insbesondere aber ist eine in ähnlicher Weise abstrakte und rein idealistische wie diejenige PLATOs im Altertum. Die ganze Logik HEGELs ist im Grunde nur der Versuch einer Ausführung oder Verwirklichung des platonischen Postulates einer Welt der abstranten geistig jenseitigen Wesenheiten oder Ideen. HEGEL sieht ebenso wie PLATO bei der Bearbeitung des Denkprinzips vollständig ab von einem natürlichen und notwendigen Zusammenhang desselben mit der Sprache. Auch für HEGEL sind alle Begriffe wesentlich noch von ein und derselben Art; schon ARISTOTELES aber versuchte dieselben im Altertum nach ihren einzelnen Art und Klassen voneinander zu unterscheiden und es wird auch in der neueren Zeit eine umfassende Bearbeitung der Erscheinungen und des Inhaltes des Denkprinzips nur von einem Anschluß an die natürlich gegebene Gliederung desselben in der Sprache ihren Ausgang nehmen können. Es gibt eine solche umfassende Wissenschaft vom Inhalt und den Verhältnissen der Begriffe des Denkens, wie sie durch HEGEL erfaßt und hingestellt worden war; aber das Fundament dieser Wissenschaft kann zunächst nur ein empirisch-realistisches oder ein in der Beobachtung der wirklichen Verschiedenheiten der Begriffe des Denkens in den Formen der Sprache bestehendes sein. Auch die Theorie der gewöhnlichen Logik von den Verhältnissen der Begriffe aber ist eine durchaus abstrakte und unvollkommene, da sich auch diese überall nur auf den Begriff im Allgemeinen und abgesehen von seinen speziellen oder konkreten Artunterschieden bezieht.

Wenn wir uns einen Begriff rein als solchen oder abgesehen von allen seinen besonderen syntaktischen Beziehungsverhältnissen zu anderen Begriffen vorstellen, so wird derselbe von uns immer aufgefaßt und gedacht in der grammatischen Form oder Kategorie des Substantivs. Wir sagen: das Sein, das Rot, das Entweder-Oder usw., d. h. wir verwandeln hier zunächst durch den hinzutritt des Artikels einen anderen Begriff, der ein Verbum, ein Adjektiv oder eine Partikel ist, in den Zustand eines Substantivs oder stellen ihn uns im Licht der besonderen Charaktereigentümlichkeit eines solchen vor. Jeder Begriff der Sprache ohne Unterschied aber hat es an sich, daß er in dieser Weise in die Form eines Substantivs umgewandelt oder nach der Analogie eines solchen von uns aufgefaßt oder gedacht werden kann. Es geschieht dies aber zunächst überall dann, wenn ein jeder solcher andere Begriff von uns zu einem selbständigen Gegenstand des Denkens oder einem logisch-grammatischen Subjekt erhoben werden soll. Das Substantiv ist diejenige Kategorie der Sprache, welche ihrer allgemeinen Stellung und Bedeutung nach der Funktion des logischen Subjekts im Denken adäquat ist. Alle anderen Begriffe nehmen als solche im Satz die Stellung von Prädikaten oder von Momenten der logischen Aussage ein. Das Substantiv allein aber nimmt im Satz die Funktion oder Stellung des logischen Subjekts ein. Das regelmäßige Prädikat im Satz aber ist entweder ein Adjektiv- oder ein Verbal- oder auch ein anderweitiger Substantivbegriff; auch die Partikeln aber dürfen ihrer allgemeinen syntaktischen Stellung nach als Erweiterungen und ergänzende Hilfsmittel für die Gliederung des Prädikates oder der logischen Aussage angesehen werden. Jedes Glied in der Rede ist an und für sich immer nur ein Subjekt oder ein Prädikat oder der Teil eines solchen. Auch die Kopula aber, welche gemeinhin als ein drittes selbständiges logisches Glied im Urteil oder Satz neben den beiden des Subjekts und Prädikates aufgefaßt wird, kann doch näher vielmehr als ein bloßer Teil dieses letztern im weiteren Sinne des Wortes angesehen werden. Sie ist ansich weder in grammatischer noch in logischer Beziehung ein notwendiges und unentbehrliches Glied des Satzes und des Urteils.

Ein Urteil ist ansich vollendet durch die bloße Nebeneinanderstellung oder Gleichsetzung zweier Begriffe und im Satz verlangt in der Regel nur das nominale, nicht aber das verbale Prädikat das Hinzutreten der Kopula zu seiner Verbindung mit dem Subjekt. Über die ganze Natur und Stellung der Kopula habe ich mich näher ausgesprochen in meiner "Philosophischen Grammatik" (1859, Abschnitt IV, Syntax). Alles was zu einer geordneten Rede oder zum Denken gehört, wird ansich beherrscht durch die beiden höchsten und umfassenden Kategorien des Subjektes und des Prädikats und es kann selbst das Objekt einer Handlung immer aufgefaßt werden als der Teil einer sich mit einem Subjekt verbindenden Aussage oder eines Prädikates im weiteren Sinn des Wortes. Man unterschied zuerst im Altertum die Rede oder den logos überhaupt in die beiden allgemeinen Glieder des onoma und des rhema oder des Subjekts und des Prädikates schlechthin und es sind hierin zunächst alle weiteren Ordnungen der Rede als bloße nähere Unterabteilungen enthalten.

Wir denken bei einem Substantivbegriff zunächst immer an einen solchen Begriff, der eine bestimmte Klasse oder Gattung realer konkreter Einzelwesen in sich umschließt, wie Mensch, Pferd, Pflanze usw. Ein solcher Begriff erscheint uns selbst immer im Licht oder nach der Analogie einer wirklichen konkreten Einzelheit. Wir stellen ihn uns vor als ein typisches Gesamtindividuum, welches der vereinigte Ausdruck der sämtlichen allgemeinen und notwendigen Eigenschaften ist, die sich in den wirklichen Einzelheiten einer solchen Gattung vorfinden. Zunächst aber fallen alle wirklichen oder konkreten Einzelheiten unter bestimmte solche typische Allgemeinheiten oder Gattungsbegriffe, die sich selbst dem Grad ihrer Stellung nach in niedrigere und höhere unterscheiden. Das einzelne Ding als solches aber ist an und für sich immer die erste gegebene Basis, von der alle Bildung der Begriffe ihren Ausgang nimmt. Die Wirklichkeit oder die Welt überhaupt besteht zunächst nur in einer unendlichen Menge einzelner realer Dinge oder sinnlicher Existenzen. Diese werden von uns zunächst in den substantivischen Art- oder Gattungsbegriffen zu höheren typischen Allgemeinheiten oder geistigen Gesamtbildern zusammengefaßt und verdichtet und es ist insofern die Menge dieser substantivischen Gattungsbegriffe ihrem Inhalt oder Wert nach gleich der Menge jener realen oder konkreten Einzelheiten selbst. Alles eigentlich Wirkliche ist überall nur das Individuelle; in den Substantivbegriffen aber wird an und für sich die Gesamtheit aller einzelnen oder individuellen Existenzen für unser Denken vertreten.

Jeder Substantivbegriff läßt sich an und für sich auflösen in eine bestimmte Menge an adjektivischen Eigenschaftsbegriffen, welche sich zu ihm als die seinen logischen Inhalt ausmachenden Merkmale verhalten. Ein Adjektivbegriff hat an und für sich seinen logischen Inhalt immer an einem bestimmten allgemeinen Moment des Daseins oder der integrierenden existentiellen Bestimmtheit, welches sich in den einzelnen wirklichen Dingen vorfindet, wie des Großen, Grünen, Runden usw. Ein jedes solches Moment kommt immer einer ganzen Menge verschiedener Einzelheiten zu und es repräsentiern insofern die Adjektivbegriffe überhaupt die Gesamtheit der einzelnen allgemeinen Daseinsmomente, aus deren verschiedenartiger Verbindung die Masse der wirklichen individuellen Existenzen selbst besteht. Der Abstraktionsgehalt der beiden Klasen der substantivischen Gattungs- und der adjektivischen Eigenschaftsbegriffe aber ist insofern ein verschiedener, als jene ersteren die konkreten Einzelheiten als solche oder ihrer Totalität nach, diese letzteren nach den allgemeinen in ihnen enthaltenen Daseinsmomenten betreffen oder in sich umschließen. Jeder Substantivbegriff aber als der Vertreter einer bestimmten Art oder Klasse konkreter Einzelheiten enthält selbst immer eine bestimmte Menge oder Summe adjektivischer Eigenschaftsbegriffe in sich, in die er aufgelöst oder welche nach dem Gesetz der logischen Äquivalenz für ihn selbst gesetzt werden kann. Hiernach ist die Masse der Adjektivbegriffe an und für sich im Hinblick auf den ganzen in ihnen gedachten Inhalt der Masse der Substantivbegriffe gleich, indem ein jeder der letzteren aus der Vereinigung einer bestimmten Anzahl jener ersteren besteht und ein jeder von diesen wiederum sich in einer bestimmten Anzahl der anderen als ein Merkmal vorfindet. Jeder Substantivbegriffe hat einen Inhalt, der aus einer bestimmten Menge von Adjektivbegriffen besteht und jeder Adjektivbegriff wiederum schließt in seinem Umfang oder in der Sphäre seines Vorkommens eine bestimmte Menge an Substantivbegriffen in sich ein. Es treten also aus den konkreten Einzelheiten zunächst zwei besondere Klassen von logischen Abstraktionen hervor, die einen, welche dieselben nach ihren Gattungen, die anderen welche sie nach ihren Eigenschaften in sich umschließen und es besteht all unser urteilendes Denken zunächst in einer Verknüpfung dieser beiden Arten der substantivischen Gattungs- und der adjektivischen Eigenschaftsbegriffe miteinander.

Die dritte grammatische Wortklasse ist die der Verbalbegriffe, welche die allgemeinen Momente der Bewegung, der Lebenstätigkeit, überhaupt der Beziehung zwischen den einzelnen Dingen der Wirklichkeit in sich begreift. Der Inhalt eines Verbalbegriffs ist an und für sich immer etwas, was zwischen einer Einzelheit und der anderen in der Mitte liegt oder eine zeitliche Bewegung, die von der einen von ihnen auf die andere übergeht. Die allgemeinen Momente des Daseins bilden dann den Inhalt der Adjektiv-, die der Beziehung aber den der Verbalbegriffe der Sprache. Jene ersteren aber sind ansich von dauernder, diese letzteren dagegen von vorübergehender oder in der Zeit begrenzter Natur. Was von einem Subjekt ausgesagt werden kann, ist ansich entweder ein adjektivischer Eigenschafts-, oder ein verbaler Beziehungsbegriff. Der letztere aber bildet nach der charakteristischen Auffassung der Sprache an und für sich immer das nächste und eigentliche Prädikat eines jeden grammatischen Subjekts. Die Natur eines Prädikates im logischen Sinne dagegen wird an uns für sich immer in erster Linie durch Adjektivbegriff vertreten, oder zur Geltung gebracht. Nur dieser entspricht seinem Inhalt nach wesentlich der Idee eines logischen Merkmals, während der Verbalbegriff vielmehr die Natur einer bloß vorübergehenden Erscheinung an einem Begriff besitzt. Die Sprache dagegen faßt das Prädikat eines Begriffs vielmehr im Sinne einer von diesem ausgehenden lebendigen Beziehung oder Tathandlung auf und es ist insofern zunächst immer nur der Verbalbegriff, welcher die Stelle dieses sprachlichen oder grammatischen Prädikates einzunehmen vermag. Auch das Verhältnis des Subjekts zu seinem adjektivischen oder nominalen Prädikat aber erscheint für die Auffassung der Sprache im Licht einer Beziehung, welche im verbalen Begriff der Kopula ihren Ausdruck findet. Für den logischen Standpunkt ist dieses Glieder der Kopula an und für sich entbehrlich, während seine ganze Funktion und Bedeutung vielmehr aus einem sprachlichen oder grammatischen Bedürfnis entspringt.

Auch die Wortklasse der Partikeln aber schließt einen ganz bestimmten und eigentümlichen Abstraktionsgehalt in sich. Hier sind es die allgemeinen und abstrakten Verhältnisse der Begriffe und sonstigen Teile der REde, welche in dieser Wortklasse ihre Vertretung finden. Der Verbalbegriff und der Partikelbegriff haben beide an einem solchen Moment ihren logischen Inhalt, welcher zwischen zwei gegebenen Begriffen oder Einzelheiten in der Mitte liegt. Dieses Moment ist beim Verbalbegriff eine Beziehung, beim Partikelbegriff aber eine bloß äußere Situation oder ein Verhältnis. Der Inhalt des Verbalbegriffs wird immer aufgefaßt oder gedacht als in einem bestimmten logischen Subjekt entspringend und zu einem anderen hingehend; derselbe ist also immmer ein eigentliches Prädikat eines bestimmten Subjekts. Der Partikelbegriff dagegen steht an und für sich außerhalb alles eigentlich logisch-syntaktischen Verbandes, indem er gleichsam bloß wie ein einzeln dastehender Wegweiser das Verhältnis des einen Teils der Rede zum anderen bezeichnet. Alle Begriffe der Sprache zerfallen hiernach überhaupt in die vier Arten der Gattungs-, Eigenschafts, Beziehungs- und Verhältnisbegriffe unter Anschluß an die vier Wortklassen des Substantivs, Adjektivs, Verbums und der Partikel. Als eine fünfte Begriffsklasse endlich darf angesehen werden die des Pronomens, des Dieses, Jenes, des Zahlwortes usw. Alle solche Worte gehören an und für sich mit zum Noemen und zum Substantiv; sie unterscheiden sich aber von den eigentlichen Substantivbegriffen dadurch, daß sie keine bestimmte Gattung von Einzelwesen, sondern jedes beliebige gerade gegebene Einzelweisen unter der Gesichtspunkt irgendeiner bestimmten äußeren Stellung und Relation, auch der bloßen Zahl und der Aufeinanderfolge bezeichnen oder für das Denken vertreten. Es ist insofern die ganze abstrakte oder jedes näheren Inhaltes entledigte Einzelheit als solche, auf die sie sich beziehen; das Pronomen ist gleichsam ein unbestimmtes Gattungswort für alle möglichen oder denkbaren Einzelheiten überhaupt und bildet hierdurch das natürliche Gegenteil des Eigennamens als desjenigen Wortes, welches eine bestimmte Einzelheit allein oder als solche in sich vertritt.

Die Sprache geht bei ihrer ersten Entstehung vorzugsweise von den verbalen und den pronominalen Momenten des Denkens aus oder es sind dieses in gewissem Sinne die ersten und ältesten Wortklassen der Sprache, insofern überhaupt auf die Stufe der ursprünglichen Wurzelbildung diese späteren grammatischen Kategorien in Anwendung gebracht werden dürfen. Die Erscheinungen der Bewegung in den Dingen und die subjektive Vorstellung des Dieses oder des bestimmten gezeigten Etwas sind an und für sich die ersten Elemente und Ausgangspunkt aller Entstehung der Sprache gewesen. Ein bestimmtes Ding ist bezeichnet oder charakterisiert worden durch die lautliche Nachahmung einer sich mit demselben verknüpfenden Bewegung, wie der Vogel durch die des Fliegens: durch den Hinzutritt eines allgemeinen subjektiven Pronominalmomentes ist diese Erscheinung mit ihm zu einer Einheit verbunden worden; dieses Fliegende = der Vogel. Die Sprache ist der Bezeichnung der wirklichen Dinge naturgemäß zuerst von der Seite ihrer zeitlichen oder in der Bewegung bestehenden Phänomene nahe getreten. Die Begriffsklasse des Nomens ist daher an und für sich die spätere als diejenige des Verbums. Für die Lehre vom Denken selbst ist es irrelevant, auf welchem Weg die Sprache zu ihrer Bezeichnung der einzelnen Begriffsklassen gelangt ist. Hier ist ansich das einzelne konkrete oder räumliche Ding als solches der erste gegebene Anfang aller Bildung der Begriffe. Nur aus der Auflösung desselben in seine einzelnen Momente werden hier ansich alle weiteren Begriffe gewonnen oder gebildet. Der Substantivbegriff aber ist ansich oder zunächst immer der Vertreter einer bestimmten Gattung konkreter oder einzelner Dinge und er wird von uns selbst überall im Licht einer solchen Einzelheit aufgefaßt oder erblickt. Alle anderen Begriffe sind ansich als Momente und nähere Bestimmungen in den Substantivbegriffen enthalten und werden von uns durch Auflöstung oder Aussonderung aus diesen gewonnen. Die Substantivbegriffe sind also ansich die konkretesten aller Begriffe oder es ist ein jeder von ihnen zunächst eine bloße Benennung für eine Gattung einzelner Existenzen, welche dann durch unser Denken weiter in ihre allgemeinen Momente oder Beschaffenheiten aufgelöst wird.

Alle Begriffe bilden ansich miteinander ein System, welches die Gesamtheit der allgemeinen Bestimmungsmomente des Daseins in sich umschließt. Es war ein Irrtum HEGELs, aus einem bestimmten höchsten Begriff, dem des Seins, alle weiteren Begriffe ableiten und entwickeln zu wollen. Dieser Begriff ist allerdings wohl einer der höchsten und abstraktesten Begriffe; aber es ist an und für sich unmöglich ihn zu denken außerhalb seiner Verbindung mit bestimmten anderen Begriffen. Der Begriff des Seins vollzieht nach seiner Stellung in der Sprache die Funktion der Kopula, deren logischer Inhalt in der verknüpfenden Gleichsetzung des Subjekts mit dem Prädikat besteht. Zwischen dem Subjekt und einem bestimmten Prädikat ist ansich nur ein doppeltes Verhältnis denkbar, einmal dasjenige der Zusammengehörigkeit oder Identität, andererseits das der Nichtzusammengehörigkeit oder Unterschiedenheit beider Begriffe. Das erstere dieser beiden Verhältnisse wird ausgedrückt durch den Begriff des Seins, das letztere durch den des Nichtseins. Jeder Subjektsbegriff steht zu einer bestimmten Menge von Prädikatsbegriffen im Verhältnis des Seins, zu allen anderen aber in dem des Nichtseins, je nachdem er dieselben als Merkmale in seinem Inhalt entweder enthält oder nicht enthält. Es wird im ersteren Fall das Sein, im letzteren aber das Nichtsein dieser anderen Begriffe von ihm ausgesagt. Sein und Nichtsein sind insofern die beiden ersten allgemeinen und notwendigen Gesamtprädikate eines jeden Begriffs, in deren erstem das Verhältnis der Identität, im letzteren das der Unterschiedenheit gegenüber allen einzelnen eigentlichen Merkmalsbegriffen von ihm ausgesagt wird. Eben dieses doppelte ganz allgemeine und abstrakte Verhältnis aber nimmt in den beiden Verbalbegriffen des Seins und des Nichtseins die Gestalt einer in einem Substantivbegriff wurzelnden oder von diesem ausgehenden Beziehung an. Der Unterschied dieses doppelten Begriffspaares ist sonach an sich nur ein äußerlicher oder formeller; was in den beiden Begriffen des Sein und des Nichtseins von uns gedacht wird, ist in der Tat nichts als das doppelte allgemeine Verhältnis der Identität und der Unterschiedenheit, nur in der Gestalt einer dem grammatischen Subjekt innewohnenden und von ihm ausgehenden verbalen Beziehung. In der Klasse der Verbalbegriffe aber sind unbedingt diejenigen des Seins und des Nichtseins die höchsten oder abstraktesten. Überall aber sind sie doch immer nur Prädikatsbegriffe, die also gewisse andere Begriffe voraussetzen, in deren Inhalt sie sich vorfinden oder von denen sie ausgesagt werden können.

Jeder Begriff ohne Unterschied ist aber an und für sich nichts als eine Prädikatsbestimmung oder eine Inhärenz, die sich in einer gewissen Menge konkreter Einzelheiten vorfindet. Auch der substantivische Gattungsbegriff ist an und für sich der konkreten Einzelheit gegenüber nichts als der kollektive Vertreter all derjenigen allgemeinen Momente oder Beschaffenheiten, aus denen sie besteht und die ihr mit den anderen Individuen ihrer Klasse gemein sind. Der Substantivbegriff Rose ist der einheitliche Vertreter all derjenigen allgemeinen Eigenschaften, die sich in allen einzelnen oder wirklichen Rosen vorfinden. Das tatsächlich Existierende ist überalle nur die wirkliche Einzelheit selbst und alle Begriffe sind Inhärenzen oder Beschaffenheiten, die sichm im Inhalt dieser Einzelheiten befinden. Wir denken uns einen Substantivbegriff nach der Analogie einer Einzelheit, aber es ist seinem Inhalt nach nur die Gesamtheit der allgemeinen Merkmale oder Beschaffenheiten einer solchen. Wir legen daher auch nur diese letzteren selbst einer Einzelheit bei, indem wir von ihr aussagen, sie sei eine Rose usw. Aber es ist zugleich ein Bedürfnis für uns oder für die Sprache, jeden Begriff insofern er Subjekt oder Gegenstand des Denkens ist, nach der Analogie einer Einzelheit aufzufassen oder zu denken. Das Verhältnis des Subjekts und des Prädikats in der Rede hat an und für sich immer eine gewisse Ähnlichkeit mit demjenigen der konkreten Einzelheit und des ihr als ein Bestimmungsmoment inhärierenden allgemeinen Begriffs. Wir streifen auch in der Region des begrifflichen Denkens in unserem Vorstellen das Element der Einzelheit, aus welchem an und für sich alle Begriffe herkommen, nie vollständig von uns ab. In der Form des Substantivs wird ein jeder Begriff immer im Licht einer Einzelheit von uns aufgefaßt oder gedacht. Die Sprache verbindet sogar mit dem Substantivbegriff überall die Bezeichnung eines bestimmten Geschlechts und es liegt dieser Einrichtung ansich das Bestreben zugrunde, den Substantivbegriff, der als grammatisches Subjekt zugleich Ursprung und Quelle einer von ihm ausgehenden Handlung oder verbalen Beziehung ist, im Licht einer menschlichen Person, d. h. als Mann oder Frau, erblicken zu wollen. Die dritte Kategorie, die der Sache oder des Neutrums aber hat erst später in der Sprache ihre Ausbildung und weitere Verbreitung gefunden. Das Substantiv ist also näher für die Sprache nicht bloß Einzelheit, sondern auch lebendiger persönlicher Mensch und es hängt hiermit namentlich auch diese Einrichtung zusammen, daß das unmittelbare oder nächste Prädikat des Subjekts im Sinne der Sprache immer nur ein Verbal-, nicht aber ein Adjektiv- oder Nominalbegriff sein kann. Ich habe auf die Bedeutung dieser Erscheinung wie in meiner "philosophischen Grammatik", so auch in der Schrift "Das Problem der Sprache und seine Entwicklung in der Geschichte (1865) hingewiesen. Alle Begriffe kommen zuerster aus den Einzelheiten her und ein Substantiv ist ein solcher Begriff, welcher auch jetzt noch nach der Analogie einer Einzelheit von uns aufgefaßt oder gedacht wird. HEGEL aber sah mit Unrecht in den Begriffen allgemeine Wesenheiten oder ansichseiende Substanzen, während dieselben unmittelbar genommen bloße Inhärenzen oder Beschaffenheitsmomente in den einzelnen wirklichen Dingen sind. Es ist ansich ein Postulat aus der allgemeinen Theorie der begrifflichen Verhältnisse, daß es einen bestimmten schlechthin höchsten oder einfachsten Begriff mit einem absolut geringen Inhalt und einem ebenso großen Umfang geben muß. Als ein solcher Begriff wird von HEGEL ohne Weiteres derjenige des Seins angesehen. Die einzelnen Begriffe gehen überhaupt nach HEGEL ebenso in einer ganz einfachen Reihe hintereinander her als die einzelnen Zahlen. Der Begriff des Seins nimmt hier so gleichsam die Stelle der logischen 1 ein, aus welcher in zusammenhängender Folge alle weiteren an Bestimmungen reicheren Begriffe entspringen. Diese ganze Analogie der Zahlenverhältnisse aber ist wenigstens zum Teil eine entschieden falsche. Jede einzelne Zahl ist ihrem Wert nach absolut und schlechthin verschieden von der anderen. Dieses ist bei den Begriffen nicht in der gleichen Weise der Fall. Allerdings ist der Bestimmungsinhalt des Begriffes des Seins z. B. ein schlechthin einfacher, weil derselbe das ganze allgemeine Verhältnis der Identität des Subjekts mit dem Prädikat in sich vertritt. Die Begriffe des Seins und des Nichtseins aber sind die beiden ersten elementarischen und ansich notwendigen Prädikatsbestimmungen eines jeden Subjekts. Ein solcher Begriff aber, von dem überhaupt nur der Begriff des Seins schlechthin ausgesagt werden kann, ist derjenige des Etwas, welchem der Begriff des Nichts als derjenige gegenübersteht, dessen einziges Prädikat der Begriff des Nichtseins ist. Die Begriffe des Etwas und des Nichts schließen in einem gewissen Sinn einen ebenso hohen und reinen Abstraktionsgehalt in sich ein als diejenigen des Seins und des Nichtseins. Es wird in beiden Begriffspaaren wesentlich derselbe Inhalt, nur in einer anderen grammatischen Form oder Gestalt von uns gedacht. Jeder andere einzelne Begriff darf an und für sich als eine Art des Etwas angesehen werden oder er hat den Begriff des "Etwas" mit als ein Moment in seinem Inhalt. Der Begriff des Etwas ist insofern der höchste oder umfassendste aller Gattungsbegriffe oder er schließt alle anderen Begriffe als niedrigere Artbegriffe in seinem Umfang ein. Insofern ist das Etwas derjenige Begriff, der den schlechthin geringsten Inhalt und den schlechthin größten Umfang besitzt und der hierdurch auf die Stellung eines absolut höchsten Begriffs Anspruch erheben zu können scheint. Der Begriff des Nichts [nihil] dagegen kann sich im Inhalt keines anderen Begriffs als ein Moment oder Merkmal vorfinden und es ist derselbe daher ein solcher Begriff, der keine Arten oder keinen Umfang besitzt. Ebenso aber schließt derselbe ansich auch alle Merkmale in seinem Inhalt von sich aus oder er ist überhaupt ein solcher Begriff, welcher weder einen Inhalt noch einen Umfang besitzt. Das Verhältnis der beiden Begriffe des Etwas und des Nichts ist insofern analog demjenigen der beiden Zahlenelemente der 1 und der 0, indem auch das erstere von diesen einen schlechthin geringen Inhalt und einen schlechthin großen Umfang besitzt oder teils den ersten und einfachsten arithmetischen Wert hat, sich aber teils als allgemeines Element in allen anderen arithmetischen Werten vorfindet, beim letzteren aber weder das Eine noch auch das Andere von beiden der Fall ist. Es sind aber immerhin auch das Etwas und das Nichts gewissermaßen identische Begriffe oder es ist auch hier zuletzt nur ein und derselbe Inhalt, wenngleich in einer anderen Form und Gestalt, der den Gegenstand unseres Denkens bildet. Was im Begriff des Etwas von uns gedacht wird, ist in der Tat noch nichts Anderes als das Nichts, d. h. die absolute Leerheit jeder näheren Bestimmung. Im Begriff des Etwas ist überhaupt noch gar nichts irgendwie Bestimmtes gesetzt, sondern es bildet derselbe bloß den ersten Anfang oder die ganz abstrakte Möglichkeit einer jeden näheren logischen Bestimmtheit überhaupt. Der Begriff des Etwas hat nur darum einen schlechthin großen Umfang, weil sein Inhalt ein schlechhin leerer oder jeder eigentlichen und näheren Bestimmtheit entbehrender ist. Es kann deswegen an und für sich auch nur gesagt werden, daß allein das Nichts derjenige andere Begriff ist, der im Inhalt des Etwas liegt. Der Begriff des Nichts aber, insofern er von uns gedacht wird, hat doch insofern zugleich selbst die Eigenschaft eines Etwas und liegt hierdurch zugleich mit im Umfang dieses letzteren Begriffs. Der Begriff des Nichts ist dem in ihm gesetzten Inhalt nach allerdings das logische Gegenteil desjenigen des Etwas, während er außerdem oder seiner natürlichen und ansichseienden Unmittelbarkeit nach selbst mit im Umfang dieses Begriffes liegt. Der Begriff des Etwas aber ist ebenso dem in ihm gesetzten Inhalt nach das Gegenteil desjenigen des Nichts, während er außerdem in demjenigen, was er unmittelbar genommen oder ansich ist, diesen Begriff selbst in seinem Inhalt hat. Beide Begriffe bestimmen sich insofern wechselseitig nur durcheinander oer es wird in beiden zuletzt derselbe Inhalt, nur einmal in positiver, dann in negativer Form gedacht. Die Begriffe des Etwas und des Nichts sind ebenso die höchsten aller substantivischen oder Subjektsbegriffe als die des Seins und Nichtseins diejenigen aller inhärierenden Merkmalsbestimmungen oder Prädikatsbegriffe. In diesen vier Begriffen überhaupt aber wird bis auf Weiteres die höchste Spitze des Systems der Begriffe überhaupt erblickt werden dürfen und es sind dieselben alle nicht sowohl ansich oder in ihrem materiellen Inhalt selbst nach als vielmehr nur im Hinblick auf die besondere grammatische Form, in welcher dieser Inhalt gedacht wird, voneinander verschieden.

Die Dialektik HEGELs beruth zunächst auf dem Prinzip oder dem Grundsatz der Identität aller entgegengesetzten Begriffe. Dieser Grundsatz wird allerdings von der gewöhnlichen Logik nicht anerkannt und er enthält seinem unmittelbaren Wortlaut nach immer eine Undenkbarkeit oder einen Widerspruch in sich. Es ist immer nur eine bestimmte Seite des Verhältnisses aller entgegengesetzten Begriffe, wonach sich dieselben als ihme Inhalt nach einstimmig oder identisch für uns darzustellen scheinen. Jeder unter ihnen ist zunächst in dem was nachdrücklich in ihm gedacht oder gesetzt wird, die Negation oder ausschließende Aufhebung des anderen. Wir unterscheiden überhaupt aber an einem jeden Begriff immer eine doppelte Seite, von denen wir die eine als die seines gesetzten Inhaltes, die andere als dies seiner Unmittelbarkeit bezeichnen zu sollen glauben. Alles Unbestimmte, Zweideutige und Schwankende in den dialektischen Verhältnissen der Begriffe beruth wesentlich auf dem Unterschied des doppelten Gebrauchs oder dieser doppelten Bedeutung, welche sie für uns besitzen. Der Begriff ist hierdurch bestimmt unterschieden von der Zahl, wobei letztere überall einen durchaus einfachen klaren und unzweifelhaften Wertinhalt besitzt. Jede Zahl ist nichts als die bloße Benennung einer bestimmten Summe von Einheiten und es ist überall von selbst klar, wie sich der Wertinhalt der einzelnen Zahlen voneinander unterscheidet. Dieses ist bei den Begriffen keineswegs in der gleichen Weise der Fall. Die ganzen Verhältnisse und der Inhalt der Begriffe müssen vielmehr erst mittelbar von uns eruiert und festgestellt werden und liegen keineswegs so einfach und durchsichtig auf der Hand wie diejenigen der Zahlen. Wir wissen, daß ein Begriff den andern von sich ausschließt oder sich im Verhältnis des Gegensatzes zu ihm befindet. Nichtsdestoweniger haben doch alle entgegengesetzten Begriffe immer etwas Bestimmtes miteinander gemein; ddenn sie begrenzen sich miteinander im Umfang einer gemeinsam höheren Ganzen. Jeder von ihnen ist ansich nur eine andere Gestalt oder Form des Inhalts oder Wesens dieses letzteren selbst. In gewissem Sinne sind sie daher notwendig selbst ihrem Inhalt nach miteinander identisch. Die ganze Begründung und Darstellung dieses ihres Verhältnisses ist in der Dialektik HEGELs allerdings eine sehr mangelhafte. Hier geht der eine Begriff immer als eine Fortsetzung oder Weiterentwicklung aus dem andern hervor. Nach der kunstgerechten dialektischen Formel schlägt jeder Beggrif in sein Gegenteil um. Wir gehen insofern immer zuerst von einem Begriff zum andern fort. Dieses ist aber immerhin eine bloße Fiktion, weil beide Begriffe zugleich für uns gegeben sind und ein jeder von ihnen nur gedacht werden kann im Hinbilck auf den anderen. Wir gehen von der einen Zahl einfach fort zur anderen, nicht aber ebenso von einem Begriff zum anderen. Die ganze Bearbeitung der Begriffe erfordert ein tieferes Eingehen auf ihre allgemeinen natürlichen Gliederungsverhältnisse als es sich bei HEGEL findet, der dieselben einfach so wie die Zahlen in einer einzigen Reihe anzuordnen und auseinander zu entwickeln versucht. Das in verschiedenen Begriffen Gedachte ist materiell genommen oft dasselbe, aber doch die Art oder Form, wie es geschieht, eine andere. Zunächst aber sind die grammatischen Kategorien entscheidend für den Artcharakter oder die besondere Form und Erscheinungsgestalt des Inhalts der Begriffe. Es gibt allerdings eine oberste Einheit und Spitze des ganzen Inhaltes oder Apparates der allgemeinen Begriffe. Aber es ist doch zugleich nicht ein bestimmter Begriff für sich allein, der als diese höchste Einheit angesehen werden kann. Es bildet überhaupt in einem gewissen Sinn eine jede Wortklasse oder eine jede einzelne Art der begrifflichen Abstraktionen ein besonderes logisches System für sich. Die Begriffe des Etwas und Nichts gehören an und für sich der Kategorie der pronominalen Allgemeinheiten oder Bestimmungsmomente an. Jedes denkbare einzelne Ding oder Wesen enthält als höchste Bestimmungsallgemeinheit diejeinge eines Etwas in sich. Der Begriff des Etwas ist also ansich der höchste und umfassendste aller denkbaren Gattungsbegriffe überhaupt. Der Begriff des Nichts aber ist das leere Schema für eine solche Einzelheit, die überhaupt gar keinen Bestimmungsgehalt in sich enthalten würde. Dieser Begriff hat also ansich eine Existenz nur im Gedanken, nicht aber in der Wirklichkeit, oder es gibt keine einzelne Existenz, die unter ihn subsumiert werden könnte oder in der er sich als ein Bestimmungsmoment vorfände. Der Begriff des Nichts hat nichtsdestoweniger die Eigenschaft einer Denknotwendigkeit oder eines von uns selbst erfundenen und festgestellten Gedankendings im Sinn des geforderten Gegenteils für den Begriff des Etwas als den gattungsmäßigen Vertreter aller wirklichen einzelnen Dinge. Von jedem bestimmten Etwas aber kann nur ein Sein, vom Nichts nur das Nichtsein aller anderen möglichen Begriffe oder Bestimmungen ausgesagt werden. - Wir behaupten, daß es eine Wissenschaft der Dialektik oder des Denkens in reinen Begriffen gibt; aber es muß diese Wissenschaft zugleich in einer anderen nüchternen und strengeren Weise aufgefaßt und bearbeitet werden als es durch HEGEL geschehen ist.
LITERATUR - Conrad Hermann, Die grammatischen Wortklassen und ihre Bedeutung für die Lehre vom Denken, Philosophische Monatshefte, Bd. 9, Berlin 1874