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Anmerkungen über die Philosophie des Hobbes [3/4]
Dritter Artikel 1. Die ethische und die mit derselben eng verknüpfte politische Philosophie des HOBBES liegt in drei verschiedenen Fassungen vor, welche der Zeit ihres öffentlichen Erscheinens nach so aufeinander folgen:
2) De cive 1642, neue Ausgabe mit Noten 1647. 3) Leviathan 1651, lateinische Ausgabe 1668. 2. Ich hege nun die Meinung und habe sie schon früher angedeutet, daß HOBBES die Grundlagen dieser ethisch-politische Theorie schon für sich festgestellt hatte, ehe die mechanistische Betrachtung zur herrschenden Macht seines Denkens wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Denkarbeit, welche jene Grundlagen hervorgebracht hat, eng mit den Studien über THUKYDIDES zusammenhing und schon zu einiger Vollendung gekommen war, als die Übersetzung dieses Schriftstellers herausgegeben wurde (1628); was man auch aus der Einleitung, welche derselben vorangeht, herausfühlen kann. Und nicht ist zu vermuten, daß jene ganze Arbeit in das folgende Jahrzehnt gefallen ist, welches den Autor mit größtem Eifer in mathematische und physikalische Forschungen sich vertiefen ließ; außer der Zeit, welche ihm durch Berufspflichten, durch Reisen und überhaupt durch das Leben, dessen er ungern vergaß, in Anspruch genommen wurde. So daß für die Tatsache, daß er gerade das Buch Über den Bürger zuerst durch den Druck öffentlich machte, zwar die Zeitverhältnisse den äußeren Anlaß gaben, aber der innere Grund doch in dem Umstand lag, daß eben dieser Teil seines Systems das am meisten Durch- und zu Ende Gedachte war von dem, was er bieten konnte. Dementsprechend führt sich auch das Buch, obwohl äußerlich auf den Zusammenhang des Ganzen hinweisend, mit einer Rechtfertigung seiner Selbständigkeit ein. Es bedürfte nicht der Deduktion aus den Ergebnissen der beiden im System vorangehenden Stücke, sondern beruth auf seinen eigenen durch Erfahrung bekannten Prinzipien. Der Inhalt geht demjenigen der Elements of Law, von deren 14. Kapitel ab, parallel; voraus sich die spätere Publikation dieses Abschnitts unter eigenem Titel und die gesonderte der 13 vorangehenden Kapitel erklären läßt. Diese Umstände aber unterstützen jene anderen Erwägungen, um die Annahme zu tragen, es sei der Gedankengang dieser Abteilung seinem wesentliche Bestand nach am frühesten von unserem Philosophen konzipiert und zur Reife gebracht worden; ferner die sich anschließende Vermutung wahrscheinlich zu machen, daß derselbe ursprünglich von den naturwissenschaftlichen Prinzipien unabhängig gewesen ist; demnach auch der von uns (zuerst in den erwähnten 13 Kapiteln) vorliegenden Auffassung der menschlichen Natur, soweit dieselbe in jenen Prinzipien ihren Boden gewonnen hat. 3. Aus mehreren Stellen dieser ersten Schriften läßt sich nun einigermaßen sein anfänglicher Plan entnehmen. Er will die Begriffe der Moralphilosophie der Vernunft gemäß bestimmen und ihr Verhältnis zueinander ordnen; daß das bisher nicht geschehen ist, liegt daran, daß auf diesem Gebiet Wahrheit und Interesse einander entgegenstehen;
Aus dem offensiven Willen auf allen Seiten - so geht der Gedanke weiter - kombiniert mit dem Recht, das jeder hat auf alle Dinge, ergibt sich ein Zustand, der ein allgemeiner Krieg zu nennen ist. Indem nun dieser Krieg aller gegen alle wegen der Gleichheit der Streitenden durch keinen Sieg beendet werden kann und daher seiner Natur nach ein ewiger ist; und aber im Krieg jeder einen gewaltsamen Tod fürchten muß, so widerspricht, wer einen solchen Zustand wünscht, sich selber, denn jeder wünscht, was ihm gut ist (bonum sibi), und die Zerstörung der eigenen Natur ist keinem Wesen gut. Also - da ja der Widerspruch unvernünftig ist - ist es zunächst vernünftiger, denn als Einzelner den Krieg gegen alle zu führen, die Gleichheit aufzuheben, wo man kann; folglich hat jeder das Recht, wenn er einen anderen Menschen zeitweilig in seiner Macht hat, ihm Gutes und Böses zu tun, sich nach Belieben die eigene zukünftige Sicherheit von diesem verbürgen zu lassen; daraus läßt sich der allgemeine Schlußsatz folgern, als im Naturzustand gültig: unwiderstehliche Macht (auch über Personen) ist Recht. Jedoch, da eben wegen der wesentlichen Gleichheit an Kraft und anderen natürlichen Fähigkeiten vorauszusetzen ist, daß niemand hinreichende Macht haben kann, um sich dadurch für irgendeine längere Zeit zu erhalten, solange er in einem Zustand der Feindseligkeit und des Krieges verbleibt, so gebietet deswegen die Vernunft jedem Menschen zu seinem eigenen Wohl, Frieden zu suchen, soweit eine Hoffnung vorhanden ist, denselben zu erlangen, und sich anzustrengen mit aller Hilfe die er sich verschaffen kann, zu seiner eigenen Verteidigung gegen diejenigen, von welchen ein solcher Friede nicht erreicht werden kann; und alle Dinge zu tun, welche als notwendige Mittel dazu dienen. Diese Mittel aber sind enthalten in den einzelnen Gesetzen der Natur, welche aus jenem Fundamentalgesetz abgeleitet werden müssen. Das Hauptstück derselben gebietet, daß Verträge gehalten werden sollen. Durch Verträge entsteht das Gemeinwesen. 4. Eine kurze historische Erläuterung wird hier das Verständnis fördern. Das Dogma, welches in Bezug auf jene Begriffe in der umfangreichen politischen Literatur jener Zeit herrschend war, ist dieses: daß im Naturzustand der Menschen natürliches Recht gültig ist, im zivilen Zustand aber neben diesem auch ein positives Recht, das jedoch seine verpflichtende Kraft lediglich aus dem natürlichen bezieht, also ihm untergeordnet ist. Diese Vorstellungen und ihre Bezeichnung waren aus der aristotelischen Ethik in die scholastische Philosophie, aus dem justitianischen Kodex, dessen letzte Quelle dafür wiederum die Stoa war, in die scholastische Jurisprudenz übergegangen. Der Begriff des Naturrechts hatte in jener einen sehr weiten Sinn und bedeutete bald den Inbegriff aller Moral, bald wenigstens aller auf menschliches Zusammenleben bezüglichen Grundsätze. Als solcher wurde er von den verschiedenen politischen Parteien, insbesondere aber von den Vertretern der kirchlichen Idee und Macht für ihre Zwecke ausgebeutet; das natürliche Recht sei göttliches Recht, dessen Auslegung und Vertretung daher den geweihten Dienern Gottes zukommt. Das Grundgesetz desselben ist zwar Allen ins Herz geschrieben, durch den Fall Adams aber verdunkelt, und deshalb von Neuem durch Gott offenbart worden im Dekalog [zehn Gebote - wp] Auf diese ganz theologische Fassung hatte sich namentlich die neuere protestantische Lehre immer mehr beschränkt; während sich die katholische zugleich ihren Zusammenhang mit der aristotelischen Philosophie enger bewahrte. Dadurch blieb sie auch die herrschende, denn nicht weniger in protestantischen als in katholischen Ländern gewann der Thomismus in der schicklichen Neuformung, welche ihm der Jesuit SUAREZ gegeben hatte, noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts eine neue und große Autorität; von ihrem Einfluß hat sich auch das Denken des HOBBES befreien müssen. Es lehrt aber der Thomismus in diesen Dingen so: der Mensch vermagt das Gute zu erkennen, insofern als seine Natur an der göttlichen Vernunft Anteil hat; die allgemeinen Obersätze hinsichtlich des Guten sind der Inbegriff der lex naturae. Ihre Erkenntnis ist eine unmittelbare durch die praktische Vernunft, wie die der undemonstrierbaren theoretischen Wahrheiten unmittelbar durch die spekulative Vernunft erfaßt wird. Die Erkenntnis aber, oder das erkannte Gute, bewegt den Willen; in der Art einer Finalursache; so zwar daß der Wille sich frei entscheidet, ob er nach der Erkenntnis handeln will oder nicht; die Kraft, nach ihr zu handeln, allen Impulsen konkupiszibler [begehrlicher - wp] und iraszibler [leidenschaftlicher - wp] Passionen gegenüber, hat er beständig; und es schließt sich an die unmittelbare Erkenntnis eine natürliche Neigung zum Guten; das höchste Gute für die Menschen ist aber das Gute nach der Vernunft, als welche ihm eigentümlich ist; seine Neigung zu diesem entspricht der Bewegungstendenz alles Stofflichen nach der ihm eigentümlichen Form; es gehört aber dazu außer dem Streben nach der Erkenntnis Gottes usw. auch die Liebe zum gesellschaftlichen Leben; die rationale Natur des Menschen ist zugleich seine soziale Natur. Aus ihr entspringt die weltliche oder staatliche Gemeinschaft. - Soviel über diese Dogmatik. Der große Streit zwischen Realismus und Nominalismus drehte sich in Bezug darauf um die Frage ob das Gute von Natur aus ist also auch von Gott nicht verändert werden kann oder ob es - wie OCKHAM und seine Nachfolger behaupteten - nur durch den Willen Gottes gut ist und durch diesen auch in sein Gegenteil verwandelt werden kann; daß aber ein "innerer Unterschied" zwischen dem Guten und Bösen besteht und daß auch das Bewußtsein davon jedem Menschen von Natur aus innewohnt, das durfte nicht bezweifelt werden. - HOBBES hat sich sicherlich von Anfang an, seit sich seine Gedanken auf diese Dinge richteten, zugleich der kirchlichen Tendenz und der theologische Argumentation jener und der daraus abgeleiteten Doktrinen verneinend entgegengestellt. Darum hat er vor allem den Begriff der unmittelbaren Erkenntnis als einen absurden verworfen. Vernünftige Erkenntnis wird gewonnen durch Denken; Denken ist Zusammensetzung von Urteilen; Urteile bestehen aus Namen; Namen sind Zeichen von Vorstellungen; Vorstellungen bilden sich durch Einwirkung der Dinge - dieser Gedankengang gehört vermutlich zu den frühesten die sich HOBBES gestaltete. Also ist jene Erkenntnis durch viele Zwischenglieder vermittelt. Mithin gehört sie nicht zur Natur und zum natürlichen Zustand der Menschen; eine Folgerung welche freilich nur durch die merkwürdige Geschichte dieser Begriffe gehörig erklärt werden könnt. Daß die Vernunft selber, das Organ jener Erkenntnis, ein wesentliches Stück im Begriff des Menschen ausmacht, will der Autor damit keineswegs bestreiten, vielmehr erklärt er ausdrücklich in der ersten Schrift: "sie gehört dazu nicht weniger als Affekt (passion) und ist dieselbige bei allen Menschen, weil alle Menschen übereinkommen in dem Willen geleitet und gelenkt zu werden auf dem Weg zu demjenigen was sie zu erreichen wünschen, nämlich ihr eigenes Wohl und dieses soll das Werk der Vernunft sein" (de corp. pol. I, 2, 1; auch de civ. c. II, 1, aber abgekürzt und in Parenthese [Klammern - wp]). Wenn nun aber die Vernunft ihre eigentümliche Erkenntnisweise als eine unmittelbare verlieren muß, so ist damit auch der vernünftige Wille, als unmittelbar auf gewisse Objekte gerichtet, ausgeschlossen. Die unvernünftige animalische Natur der Menschen wird als das Gegebene und Natürliche vorausgesetzt. Ihre Erhaltung ist daher der allein natürliche Zweck und auf Mittel zu denselben bezieht sich alles was vernünftig ist, d. h. wie HOBBES sagen will, was wissenschaftlich-moralische Billigung verdient; demnach ist es einerseits nicht wider die Vernunft, und darum natürliches Recht, daß ein jeder die ihm gutdünkenden Mittel wählt; andererseits aber "Gebot der Vernunft" also "natürliches Gesetz" daß jeder die wirklich zweckmäßigen Mittel wählt. Diese ganze moralisch beurteilende Fassung ist aber nur eine scholastische Schale. Der wirkliche Gedanke will bloß die Begriffe der tatsächlichen Verhältnisse darstellen; er will logisch deduzieren, was dem Autor als historische Wahrheit feststeht: daß der natürliche oder ursprüngliche Zustand der Menschen durch eine rücksichtslose Feindschaft charakterisiert ist; und er will den tatsächlich vollzogenen Übergang zur friedlichen Zivilisation logisch erklären. Die begrifflich vermittelnde Stellung jener natürlichen Grenze bedeutet, daß eine vernünftige Einsicht, gewonnen durch Erfahrung der üblen Folgen jenes kriegerischen Zustandes, also etwas das nicht der menschlichen Natur als solcher angehört, die Menschen bewogen hat, das gemeinschaftliche Leben zu wollen, d. h. Verträge miteinander zu schließen und zu deren Sicherung eine souveräne Gewalt über sich zu setzen. Daß eine solche Einsicht als etwas allen Menschen Erreichbares und daher die Kraft dazu als eine allgemein wirkende vorausgesetzt werden soll, war durch den oben angeführten Satz, der die Vernunft als in allen Menschen dieselbige bezeichnet, sichtbar angedeutet worden; und daß sie, wenn nur der frei sich entscheidende Wille mit ihr zusammentrifft, in jedem Augenblick zur Tat führen kann: diese Auffassung hatte als die des naiven Verstandes ARISTOTELES vorgetragen; als theologisch unerläßliche hatte die mittelalterliche Doktrin sie festgehalten; sie war so tiefgewurzelt, daß wir füglich annehmen mögen, sie sei auch aus dem Denken des HOBBES, als er diese Theorie konzipierte, wenigstens noch nicht ausgerottet gewesen. Nunmehr aber will ich zu zeigen versuchen wodurch und wiefern sich dieses Denken in seiner Entwicklung verändert hat. 5. Es wurde (im ersten Artikel unter 8) mitgeteilt, daß sich im Laufe des Jahrzehnts von 1630 - 1640 die Ansicht im Denken des HOBBES befestigte, daß alle Dinge bloße Erscheinungen oder Vorstellungen sind und daß es nur ein Reales gibt, nämlich Bewegung, und daß diese Bewegung rein mechanischer Natur ist. Schon in jener ersten unveröffentlicht gebliebenen Abhandlung dringt der Philosoph vermöge dieses Axioms von den Problemen der Wahrnehmung zu denen der moralischen Begriffe durch. Nämlich als erste Schlußfolgerung des 3. Abschnitts tritt hier der Satz auf: "Gut ist, für jedes Ding, dasjenige was aktive Kraft hat, es räumlich anzuziehen;" welcher in folgender etwas schwerfälliger Art bewiesen wird:
"diese Definition", heißt es dann weiter, "stimmt wohl überein mit Aristoteles, welcher gut definiert als dasjenige, zu welchem hin alle Dinge bewegt werden, was metaphorisch aufgefaßt worden ist, als ob wir den Gegenstand zu uns zögen, während es im eigentlichen Sinne wahr ist, da vielmehr der Gegenstand uns zu sich zieht durch räumliche Bewegung".
6. Diese Thesen bezeichnen den ersten Versuch, jenen Gegensatz gegen die teleologische Dogmatik, welcher die rationale Physik möglich gemacht hatte, auf das moralische Gebiet zu übertragen. Um nun aber zu untersuchen, welche Folgen dieser Schritt für die Behandlung derjenigen Probleme, die wir oben in einer früheren Phase zu erkennen glaubten, gehabt haben mag, ist es nötig, ein wenig weiter auszuholen. Ich erwähnte (im ersten Artikel 8), daß sich dem Autor um diese Zeit der Plan eines einheitlichen demonstrierten Systems gestaltete, welches auf der Grundlage der allgemeinsten Begriffe: von einem Körper, von Bewegung, von Raum und Zeit usw. bis zu der besondersten Erscheinung, einem politischen Körper und den Pflichten eines dazu gehörigen Menschen sich erheben sollte. Nun begann aber auf dem Boden Englands um dieselbe Zeit das Getöse der politischen Meinungen, welche noch die ausschließliche Herrschaft der scholastischen Philosophie, nicht nur in ihrem Gehalt, sondern in allen ihren Voraussetzungen verrieten, lauter und lauter zu werden; so daß HOBBES glaubte, er werde seinem Volk einen großen Dienst erweisen, wenn er jenen, welche von inneren und äußern Widersprüchen erfüllt sind, eine politische Wissenschaft entgegensetzen wird. Wenn er nun aber auch den Grundstock seiner Gedanken über diese Gegenstände schon um ihrer inneren Konsequenz willen, sofern sie aus einzelnen auf Erfahrung beruhenden, aber wegen ihrer formalen Richtigkeit wahren Sätzen durch durch kunstgerechte Syllogismen zusammengesetzt sind, für eine "uneinnehmbare" Veste (Hum. Nat. Ep. ded.) halten mochte, so glaubte er doch, daß dieselbe einer Deckung durch seine neugewonnene materiale Einsicht, das mechanistische Prinzip, bedürfen wird. Und wenn auch nicht die gesamte Deduktion allgemeinsten Elementen der Metaphysik (philosophia prima) durch die Physik hindurch dazu nötig wäre, so doch wenigstens eine Behandlung der menschlichen Natur nach ihren geistigen Erscheinungen, als worauf die Lehren von den menschlichen Handlungen unmittelbar beruhen muß. Diese Erwägung führte zu einer Ausarbeitung der ersten dreizehn Kapitel der "Elements of law" (welche später unter dem Titel "Human Nature" gedruckt wurden); und deren erstes beginnt demgemäß mit dem Satz: die wahre und durchsichtige Erklärung der Elemente eines natürlichen und politischen Gesetzes hängt von der Erkenntnis der menschlichen Natur ab; diese aber (so setzt sich der Gedankengang fort) ist die Summe aller natürlichen Kräfte des Menschen; die Anatomie der körperlichen Kräfte jedoch ist nicht notwendig für den gegenwärtigen Zweck; diejenigen des Geistes wolle er einteilen in Vorstellungs- und Bewegungskräfte. Es folgt dann die phänonemalistische Theorie der Vorstellung; mit der Annahme, daß ein im (hypothetisch gesetzten) Gegenstand vorhandene Bewegung Ursache der Erscheinungen ist; und zwar erläutert er die am Beispiel des Feuers, als des einzigen leuchtenden Körpers hier auf Erden; es ist aber kein Grund zu zweifeln, daß auch die Quelle des Lichts, die Sonne, feuriger Natur ist, und ohne Licht gibt es kein Sehen; nun wirkt das Feuer nur durch Bewegung; denn sobald seine Bewegung aufgehalten oder erstickt wird, so verlöscht es; diese Bewegung ist ein abwechselndes Sich-Ausbreiten und Sich-Zusammenziehen (dilation und contraction), wie durch Erfahrung zu beweisen; von einer solchen Bewegung aus muß nun durchaus ein Zurückwerfen desjenigen Teils des Mediums, welcher an das Feuer anstößt, erfolgen, dieser Teil wirft den nächsten zurück, und so fort, bis zum Auge; und ebenso drükct der äußere Teil des Auges den inneren, jedoch gemäß den Gesetzen der Brechung; nun ist die innere Haut des Auges nichts anderes als ein Stück des optischen Nerven, daher setzt sich die Bewegung noch weiter fort in das Gehirn; und durch den Widerstand oder die Reaktion des Gehirns erfolgt auch ein Rückprall im optischen Nerven; indem wir diesen nun nicht als eine Bewegung von innen wahrnehmen, denken wir er sei außerhalb, und nennen ihn Licht; wie denn eine Art von Lichterscheinung auch infolge anderer Erschütterungen des Gehirns, durch welche der optische Nerv stark miterregt wird, z. B. eines Schlags auf das Auge, einzutreten pflegt. Ähnlich sucht er dann die Wahrnehmungen der anderen Sinne zu erklären; es schließt sich daran die Behandlung der Einbildungsvorstellungen, des Verlaufs und der Assoziation der Vorstellungen, ihrer Reproduktion, der Hilfsmittel dazu (Merkmale, Namen), der Begriffe, des Denkens usw., endlich der verschiedenen Arten von Wissen. Damit will er dann die Tätigkeiten des Erkenntnisvermögens abgeschlossen haben, und zur Betrachtung derjenigen Kraft übergehen, vermöge welcher die Seele dem Körper eine animalische Bewegung mitteilt; die Tätigkeiten dieser Kraft sind unsere Affekte. Das folgende Kapitel geht zunächst auf die einfachen Gefühle, für welche HOBBES nun auch eine physiologische Erklärung zu besitzen glaubt; es ist ein bemerkenswerter Fortschritt, daß ihm nicht mehr die Begriffe des Guten und Üblen, wie im Traktat, sondern eben die Gefühle das nächste Problem geworden sind. Er meint nun, die Bewegung, welche im Gehirn die Vorstellung verursacht, kommt dort nicht zur Ruhe, sondern setzt sich fort bis zum Herzen, und hier wird sie - eine Mutmaßung, die offenbar an die Entdeckung HARVEYs anknüpft (1) - die vitale Bewegung des Blutes entweder fördern oder hemmen: im ersten Fall erzeugt sie das Gefühl der Lust, im andern das der Unlust. Jede Bewegung aber ist zugleich eine Reizung (der animalischen "Geister" ist gemeint) zum Ding hin oder von ihm weg, und erregt die kleinsten Anfänge oder Keime (endeavours) der animalischen oder willkürlichen Bewegung (voluntary motion); welche uns ins Bewußtsein kommen als Begehrung und Widerstreben; das Begehrte wird "gut" genannt; das Gegenteil übel. So ist hier die Ordnung des Traktats zugunsten der nominalistischen Konsequenz umgekehrt worden. - Was aber den Gedanken anlangt, so darf wohl für einen kurzen Rückblick Halt gemacht werden. Das mechanistische Prinzip in der Naturwissenschaft hatte den bisherigen Trägern der Veränderungen, den Qualitäten, ihre Funktionen und ihre Bedeutung für die Erklärung der Erscheinungen genommen; HOBBES und DESCARTES waren gleichzeitig dazu fortgeschritten, denselben ihr gegenständliches Dasein überhaupt abzusprechen und sie gänzlich in die Empfindung des Subjekts zu verlegen; was für DESCARTES die Unterlage zu seiner psychologischen Metaphysik abgegeben hat; während HOBBES nicht zu einer vollen Ausprägung seiner Konsequenzen gelangt ist. Dies gilt von den sinnlichen Qualitäten; eine gegebene Konsequenz, aber ein viel tieferer Schnitt in die mittelalterliche Weltanschauung ist es, wenn nun HOBBES die objektive Realität der moralischen Qualitäten beseitigen will; denn jene stellen nur das Hauptstück der naiven, diese aber zugleich das der religiösen Auffassung dar. HOBBES macht den Versuch, seinem Grundsatz getreu, als das in der äußeren Welt ihnen allein Entsprechende, verschiedene räumliche Bewegung aufzuzeigen; ihr Wesen aber macht er zu einem rein psychischen und setzt es in das sinnliche Gefühl. Hier aber prägt sich ferner ein bedeutender Gegensatz gegen die bisher herrschende Ansicht darin aus: während die aristotelisch - scholastische Psychologie das Gefühl als eine logische Funktion darstellte, also vom Gebiet der Vorstellung aus (oder wie es hier heißt, der Erkenntniskräfte) erklärte, so will HOBBES es von diesem gänzlich trennen und rückt es vielmehr unmittelbar mit dem Willen (den Bewegungskräften zusammen; so daß der Inhalt dieser Neuerung auch so formuliert werden kann: der menschliche Wille ist seiner Natur nach unabhängig vom Intellekt. Erst von hier aus ergibt sich die volle Ausschließlichkeit des Nützlichkeitsprinzips für die Moral. Die frühere Argumentation war von dem Axiom ausgegangen, daß jeder notwendig das begehrt, was ihm gut erscheint; der andere Satz: daß zunächst und vor allem die leibliche Selbsterhaltung das allen erwünschte Gut ist, war nur äußerlich wie eine Folgerung aus dem Begriff des Guten damit verbunden. Jetzt wird auf deduktivem Weg bewiesen, daß jeder nur begehen kann, was ihm das Gefühl der Lust erregt oder wovon die Vorstellung mit diesem Gefühl gesellt ist; und scheuen muß, was in derselben Weise das Gefühl des Schmerzes ansich trägt. So wird ihm Überlegung, auf das Handeln bezüglich, anstatt einer planmäßig gelenkten Folge von Gedanken, also eines spezifisch menschlichen, wesentlich intellektuellen oder vernünftigen Vorgangs, vielmehr ein dem animalischen Leben als solchem angehöriger oder reiner Willens - Prozeß: ein wechselndes Spiel der Affekte. Dies ist der Schwerpunkt der folgenden Gedankenentwicklung. 7. Sie schließt aber so an die bisher mitgeteilte an: Da jedes Gefühl mit einem Trieb verbunden gedacht wird, so ist die Einteilung der Gefühle zugleich die der Triebe. Jene aber werden eingeteilt in sinnliche und geistige; indem nämlich ein jedes mit einer Vorstellung gleichzeitig ist, so hängen sicn an die Vorstellungen des Gegenwärtigen oder sinnlichen Wahrnehmungen Lust- und Unlustgefühle, welche sinnliche heißen; an die Vorstellungen des Zukünftigen hingegen oder Erwartungen die geistigen: das Gefühl selber jedoch ist immer ein gegenwärtiges. Und die Vorstellungen des Zukünftigen sind in Wahrheit nur Mutmaßungen, ausgehend von einer Erinnerung des Vergangenen: wir stellen insofern vor, daß etwas zukünftig sein wird, als wir wissen, daß gegenwärtig etwas existiert, das die Kraft oder Macht (power) hat, es hervorzubringen; und daß etwas jetzt Kraft hat, ein anderes in Zukunft hervorzubringen, können wir uns nicht vorstellen, außer durch Erinnerung, daß es das Gleiche zuvor hervorgebracht hat. Wer daher eine zukünftige Lust erwartet, muß eine Kraft in sich selber empfinden, durch welche dieselbe erlangt werden kann. Da nun die Kraft eines Menschen den Wirkungen der Kraft eines anderen widersteht und sie hemmt, gleiche Kräfte aber einander aufheben, so ist Kraft in einem absoluten Sinn nicht mehr als der Überschuß der Kraft des Einen über die des Andern. Die Anerkennung einer solchen Kraft von Seiten anderer heißt Ehre. In der Lust welche Menschen empfinden über die Zeichen von Ehre, die ihnen erwiesen wird, und, entsprechenderweise, der Unlust über die Zeichen von Unehre besteht nun das Wesen der Affekte im engeren Sinn. Solche werden im 9. Kapitel geschildert: Stolz, Eitelkeit, Bescheidenheit, Scham, Mut, Zorn, Rachsucht, Reue, Hoffnung, Verzweiflung, Vertrauen, Mitleid, Hartherzigkeit, Entrüstung, Eifersucht, die unbenannten Affekte, welche Lachen und Weinen erregen, Wollust, Liebe, Carität, Bewunderung, Wißbegierde und dgl. Den Abschluß bildet die Vergleichung des ganzen Lebens mit einem Wettrennen und der Affekte mit den einzelnen Momenten desselben, aber eines Wettrennens, das kein anderes Ziel und keinen anderen Preis hat, als der vorderste darin zu sein. - Die folgenden Kapitel behandeln die Verschiedenheit der Temperamente, und das Wissen um übernatürliche Dinge; das 12. kehrt dann zu den Affekten zurück; es folgt nicht jede Handlung unmittelbar dem ersten Trieb; sondern oft erst nach einer wechselnden Folge von Begierde und Befürchtung (fear, wie hier ungenau steht anstatt Widerstreben, aversion); dieser Wechsel heißt "Überlegung"; und die letzte Begierde oder letzte Befürchtung, welche der Handlung vorangeht, heißt Wille. Begierde und Befürchtung können nicht gewollt werden, und stehen nicht in unserer Macht; also auch der Wille selber nicht; gewollt werden kann nur und in unserer Macht steht nur die Handlung und Unterlassung. - Das 13. Kapitel enthält Bemerkungen über die Wirkungen der Geisteskräfte von einem Menschen auf den anderen; insbesondere über den Gebrauch der Sprache. Dann werden die Kapitel über natürliches Recht und die Gesetze der Vernunft angeknüpft. Aber schon der erste Satz welcher die Fähigkeiten der menschlichen Natur zusammenfassen will unter die 4 Kategorien "Körperkraft, Erfahrung, Vernunft, Affekt" - mit welchem Satz auch die Schrift "de cive" eröffnet wird - ist schwerlich als das Ergebnis der vorangehenden Erörterung gedacht worden; er selber kann vielmehr dienen, die Wahrscheinlichkeit zu fördern, daß die ganze ihm angeschlossene Gedankenfolge ihrem wesentlichen Inhalt nach als ein früheres Produkt anzusehen ist. Ich hatte dieselbe so zu verstehen gesucht, daß sie den natürlichen Zustand als konstituiert durch die angeborenen Leidenschaften, den politischen als durch VERNUNFT konstituiert bezeichnen wollte. Die Einteilung der Seele in eine pars irrationalis und eine pars rationalis, welche dieser Auffassung zugrunde liegt, war der neuen anthropologischen Theorie gegenüber nicht mehr haltbar; es sei denn, daß sie den Sinn erhielt, unter dem Vernünftigen die gesamten Vorstellungs- und Erkenntniskräfte als solche zu begreifen. Auch dann aber blieb der Idee von einer unmittelbaren und den Affekten koordinierten Wirksamkeit derselben in Bezug auf die willkürlichen Handlungen, als klares Ergebnis entgegenstehen, daß alle willkürlichen Handlungen aus Affekten und Trieben hervorgehen, also in diesem Sinne nur einerlei Ursprung haben können. Zugleich mußte aus dem Plan eines systematischen Zusammenhangs der Wissenschaften vom Körper, vom Menschen und vom Bürger die Aufgabe umso stärker hervortreten, aus dem begrifflichen Inhalt der menschlichen Natur den Begriff des politischen Menschen unmittelbar herzuleiten. Da nun die Entstehung desselben in gewissen Handlungen des natürlichen Menschen gelegen war, so mußte also der Affekt aufgezeigt werden, welcher trotz aller entgegenwirkenden Motive stark genug ist, die Menschen zu bewegen, ihr Recht auf alle Dinge aufzugeben und Verträge miteinander zu schließen. 8. Die Schrift "Über den Bürger" beginnt demnach mit einer besonderen Untersuchung der Frage. Wenn denn nun auf einen Affekt die Bildung von Gemeinwesen als auf ihre Ursache zurückgeführt werden sollte, so lag es nahe zu denken, wie Essen aus Hunger, Trinken aus Durst geschieht usw. so ist auch die Vereinigung der Menschen aus einem besonderen Trieb, der Neigung oder Liebe zur Geselligkeit, hervorgegangen. Diese Vorstellung war (wie wir sahen) ein Stück der scholastischen Lehre und wurde von derselben regelmäßig an den aristotelischen Ausspruch zoon politikon angeknüpft; sie war noch neuerdings durch HUGO GROTIUS ausführlich behauptet und begründet worden. HOBBES weist den Gedanken mit Entschiedenheit zurück. Wenn er schon von vornherein demselben entgegen gewesen war, so glaubte er ihn jetzt, gestützt auf seine psychologische Theorie, als eine Absurdität verwerfen zu können. Jedoch beruft er sich zunächst nur auf die allgemeine Erfahrung; und sagt dann, es komme damit überein, was sich rational erschließen läßt aus den Definitionen der Begriffe: Willen, Gut, Ehre, Nutzen. Beide Argumentationen sollen jener "oberflächlichen Kenntnis der menschlichen Natur" gegenüber, den notwendigen und allgemeinen Egoismus der Menschen darlegen. Kein Mensch liebt den anderen Menschen als solchen; wäre dem so, es würde folgen, daß jeder jeden in gleicher Weise liebt und sich der Gesellschaft eines jeden erfreut; die wirkliche Erfahrung zeigt aber, daß man nur diejenigen aufsucht, in deren Gesellschaft einem Ehre oder Vorteil gewährt werden; und wissenschaftliches Denken lehrt, daß darunter in der Tat alle mögliche Lust begriffen ist, nämlich alle geistige unter Ehre, alle körperliche und sinnliche unter Nutzen oder Interesse. Demnach sind dies die Dinge, welche unmittelbar und als Zwecke erstrebt werden, die Menschen aber und ihre Geselligkeit sind nur in zweiter Linie ein Mittel zu diesen Zwecken. Folglich sind die Motive welche Menschen zusammenführen, entweder Not oder Eitelkeit. - Im weiteren Verlauf des Gedankens begegnet nun dem Verfasser eine eigentümliche Verwirrung. Man erwartet die Schlußfolgerung, daß aus einem von beiden Motiven, also aus dem natürlichen Egoismus, wie andere gesellige Zusammenkunft, so auch die politische Vereinigung der Menschen zu erklären ist. Aber im Gegenteil: eben dies wird nun ausdrücklich geleugnet.
10. HOBBES macht noch in der Dedications-Epistel (die wie ich annehme, später geschrieben wurde als der Text) einen neuen Versuch, den Gegensatz auszugleichen. Kühn setzt er hier die Vernunft identisch mit der natürlichen Furcht vor dem Tod. Er sagt, daß er auf dem Weg der Analyse dahin gelangt ist, zwei vollkommen sichere Postulate der menschlichen Natur zu finden: einmal die natürliche Begierde, kraft deren jeder einen eigentümlichen Gebrauch der ansich gemeinschaftlichen Sachen fordert; sodann aber die natürliche Vernunft, vermöge welcher (qua) ein jeder bemüht ist, den gewaltsamen Tod als das höchste Übel der Natur zu vermeiden. Offenbar führt diese Wendung den schroffsten Widerspruch gegen die Begriffsbestimmungen herbei, welche der Autor selber in den "Elements of Law" dargelegt hatte. Die Position ist unhaltbar. Wie stark HOBBES die Schwierigkeit fühlte, geht daraus hervor, daß er sich in der Vorrede und den Noten welche der Ausgabe von 1647 hinzugefügt wurden, zu wiederholten Malen an einer neuen Umformung des Gedankens versucht. In der Vorrede (2) betont er nachdrücklich, daß die Menschen den "Gebrauch und die Disziplin der Vernunft nicht von Natur haben". Und in der ersten Note zu jener Stelle, welche die Motive des geselligen Lebens erörterte (Kap. I, 2) gesteht er zwar ein, daß dem Menschen durch (seine) Natur oder sofern er Mensch ist, d. h. gleich mit seiner Geburt die dauernde Einsamkeit unerträglich wird; daß er also die Zusammenkunft (congressum) mit anderen einem Naturzwang gemäß anstrebt; aber (hier wird ihm klar was dieser Unterschied auch für die psychologische Frage bedeutet, da ihn der Text der Stelle nicht betrachtet hatte) politische Gesellschaften seien nicht bloße Zusammenkünfte, sondern Bündnisse, zu deren Abschluß Treue und Verträge notwendig sind. Die Erörterung gipfelt in dem Satz, daß der Mensch zur Gesellschaft nicht von Natur, sondern durch Bildung (disciplina) tüchtig geworden ist. Die zweite Note zu derselben Stelle versucht noch, den Begriff der Furcht zu retten, indem sie ihn in das intellektuelle Gebiet hinüberzieht; es war eingewandt worden, wenn die Menschen einander gefürchtet hätten, so würden sie nicht einmal ihren gegenseitigen Anblick haben ertragen können; HOBBES erwidert, die so sprechen, verstehen wohl unter fürchten nichts Anderes als in Schrecken geraten (perterri); er aber begreift darunter jede Voraussicht eines zukünftigen Übels. In der Tat konnte er im Einklang mit seinen Prinzipien sagen, es sei diese Furcht des Einen vor dem Andern (nicht angeboren, sondern) selber ein Produkt der Erfahrung und sei im Bewußtsein mit der Erwartung zukünftiger Leiden verbunden. Aber er durfte diese Erwartung nicht gleichsetzen mit vernünftiger Einsicht. Dennoch tritt auch in dieser Schrift mehrere Male die Tendenz hervor, eine Erkenntnis der Vernunftgesetze als der politischen Vereinigung vorhergehend in den Geist der beteiligten Menschen zu verlegen; so hatte es schon im Text geheißen Kap. III, 31 med.:
11. Zu diesen Umdeutungen der Begriffe stellt sich in einen deutlichen Gegensatz der Leviathan.
2) Mißtrauen, 3) Eitelkeit. 2) Mißtrauen, 3) Eitelkeit. Und gegen Ende desselben Kapitels heißt es dagegen: es sei eine Möglichkeit vorhanden, aus dem Naturzustand herauszukommen, welche teils in den Affekten, teils in der Vernunft besteht; die Affekte welche die Menschen zum Frieden geneigt machen, sind eine Furcht vor dem Tod; das Verlangen nach solchen Dingen als zu einem bequemen Leben notwendig sind; und Hoffnung, durch Arbeit dieselben zu erlangen. Und "Vernunft unterbreitet (suggested) schickliche Friedensartikel, aufgrund deren die Menschen zum Frieden gebracht werden können." Nun muß man sich erinnern: daß HOBBES gerade in diesem Werk aller Wissenschaft eine bloß begriffliche Bedeutung zuschreibt; wodurch er allerdings für den Charakter seiner politischen Doktrin den angemessenen Ausdruck gefunden hat. Durch die klare Entscheidung hierüber wird aber die historische Frage nach der Entstehung der wirklichen Gemeinwesen völlig in den Hintergrund geschoben. HOBBES mußte sagen, daß von einem Staat als etwaigem Naturgebilde eine rationale Wissenschaft unmöglich ist; und daß sich seine Lehre durchaus nur auf ein denkbares Ding bezieht, als wovon allein es eine Demonstration geben kann. Ich zeigte (im zweiten Artikel unter 20), wie sich dieser Gedanke dahin umbildete, daß Demonstration nur da am Platze ist, wo die Ursachen und die Erzeugung eines Körpers in unserer Macht stehen; deshalb nicht von Naturgebilden, sondern nur von Kunstwerken; "politische Philosophie sei demonstrierbar, weil wir das Gemeinwesen selber machen." Aus diesem Gesichtspunkt könnte dann allerdings der Autor behaupten, daß um ein ideelles und richtiges Gemeinwesen zu konstruieren und demnach auch, um es in der wirklichen Welt aufzubauen, vernünftige Einsicht und wissenschaftliche Erkenntnis der Regeln, nach denen es geschehen muß, notwendig ist. In der Tat tritt nun der Begriff des Staates als eines Kunstwerkes in dieser Schrift zum ersten Mal deutlich hervor. Die Einleitung selber beginnt mit den Worten:
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1) auf den er sich auch an einer anderen diese Lehre enthaltenden Stelle ausdrücklich beruft: De corp. P. IV, cap. XXV, 12. Freilich war auch mit der aristototelisch - galenischen Physiologie eine solche Annahme verträglich und findet sich wirklich an dieselbe angeknüpft. 2) praef. ad. lectt.; daß dieselbe zu den Additamenten gehört, ergibt sich schon aus dem Inhalt und aus der Form der Lettern, welche jene miteinander gemein haben. Daß dagegen die Dedications-Epistel schon in der ersten nur als Manuskript gedruckten Ausgabe (Paris 1642, in 4°) enthalten gewesen ist, ließ sich nach den entsprechenden Merkmalen wohl vermuten, obgleich sie das Datum November 1, 1646 trägt. Durch Einsicht in das der Bodleiana zu Oxford gehörige Exemplar jener Ausgabe, eines der wenigen vorhandenen, konnte ich mir die Vermutung bestätigen: das Datum ist dort: November 1, 1641. |