tb-3ThieleBaumannMachLuckaPlanckBaumannSternHallesby    
 
VIKTOR STERN
Die logischen Mängel
der Machschen Antimetaphysik

[und die realistische Ergänzung seines Positivismus]
[2/2]

"Ich erlebe z. B. jetzt die Empfindung rot. Nach Mach sind dieser Empfindung Reizprozesse vorangegangen, aber in diesem Fall ist nicht einmal die logische Möglichkeit vorhanden, daß jene ergänzten Prozesse eine gegebene Wirklichkeit sein könnten. Denn sie sind bereits vorüber, und selbst wenn ich die feinsten Hilfsmittel hätte, sie vielleicht aus ihren Wirkungen zu rekonstruieren, so wäre das doch nur ihre gedankliche Ergänzung und nicht ihre Verwirklichung."

"In der Behauptung, das Gegebene sei das wahrhaft Reale, begegnet sich Mach mit dem naiven Realismus, hingegen in der Erkenntnis, daß alle Elemente auch vom sogenannten Ich abhängig sind, mit dem kritischen Idealismus. Dadurch, daß er durch einen Analogieschluß die den Empfindungen vorangehenden Reizvorgänge ergänzt, erinnert er an Locke, in seiner Leugnung des Dings-ansich an Berkeley und da er auch das Ich und die Kausalität negiert noch mehr an Hume. So scheint er allen Schwierigkeiten entgehen zu können, indem er immer in der Lage ist, die Seite hervorzukehren, die der betreffenden Schwierigkeit gegenüber die günstigste ist."

"Alles Erklären - dabei muß es bleiben - ist nur ein Einordnen in ein allgemeines System der Beschreibung, ein Zurückführen einzelner Tatsachen oder Tatsachenkomplexe auf bereits festggestellte Tatsachen allgemeiner Natur."

II. MACH selbst hat einmal gemeint, man möge nicht darauf ausgehen, irgendeine Weltanschauung zu widerlegen, sondern trachten, sie zu verstehen (43). Ein philosophisches System ist ja schließlich immer auch ein Versuch, mit bestimmten Problemen fertig zu werden. Jede Hilfe kann und soll einem da willkommen sein. Eine eigenartigen System gegenüber ist es daher nicht am Platz, was doch so häufig geschieht, nämlich so lange zu suchen, bis man endlich doch einen Fehler entdeckt, der einem scheinbar das Recht gibt, das ganze System abzulehnen, sondern zu sehen, wie weit und wie gut es einem über jene Probleme hinweghilft. Die völlige Ablehnung eines Systems wäre dann gleichbedeutend mit der Erkenntnis, daß es einem gar nichts geholfen hat. Das wird nun bei den wenigsten Systemen großer Denker der Fall sein, so viele Irrtümer sie auch enthalten mögen.

Auch die MACHsche Philosophie will über gewisse und zwar ganz besonders schwierige Probleme hinwegkommen. Aber sie ist beinahe mehr ein Ausfluß der Furcht vor diesen Problemen als des Willens, sie zu lösen. Sie sucht mehr einen Standpunkt, von dem aus jene Probleme gar nicht existieren, als eine klare Antwort auf die in ihnen steckenden Fragen. Die Probleme werden einem gleichsam nur ausgeredet; ein Standpunkt wird gefunden, für den sie nur so versteckt bleiben, daß sie nicht auffallen. Die Probleme, die hier gemeint sind, beruhen vor allem auf den Schwierigkeiten und Widersprüchen, zu denen das Ding-ansich vom kantischen Standpunkt aus führt.

MACH erzählt bekanntlich selbst (44), welch gewaltigen Eindruck die kantische Lehre auf ihn machte, wie er aber eines Tages beinahe intuitiv die überflüssige Rolle des Dings-ansich in dieser Philosophie erkannte. Daß er vor allen Schwierigkeiten, die mit diesem Ding-ansich zusammenhängen, beinahe Angst hat, zeigt er oft und oft. Von KANT hat er gelernt, daß die gegebene Welt nicht Welt ansich ist. Für einen, der dies einmal erkannt hat, könnte die Welt ansich nur mehr eine hinter den Erscheinungen verborgene Ursache oder Grundlage der Erscheinungen sind. Von KANT hat MACH aber auch gelernt, daß in diesem Fall alles, was wir von den Erscheinungen wissen, Empfindungsqualitäten ebenso wie räumliche, zeitlich und kategoriale Bestimmungen aus der Welt ansich weggedacht werden müßten, so daß, wenn man selbst von dem inneren Widerspruch absieht, das Ding-ansich doch als Ursache der Erscheinungswelt zu denken (45), für die Welt ansich nichts Vorstellbares übrig bleibt und wir vor die Aufgabe gestellt werden, das Unvorstellbare vorzustellen, wenn wir auch nur den Gedanken eines Dings-ansich fassen wollen. Nun ist aber für MACH, wie auch ein Darsteller in dieser Zeitschrift treffend ausgeführt hat (46), ein starker Trieb zur Anschaulickeit charakteristisch. MACH will sich bei allem, was er sagt, und bei allem, was die Wissenschaften ihm sagen, sei es noch so abstrakter Natur, doch etwas Bestimmtes, Konkretes denken können. Die Philosophie bliebe vor manchen Verirrungen bewahrt, wäre dieser Trieb bei allen Philosophen so stark entwickelt wie bei MACH. Man darf ihm also glauben, daß er die Entdeckung, daß das Ding-ansich überflüssig ist, als eine Art Erlösung empfand. Sein ganzes Weltbild gewinnt nun wieder die frühere Anschaulichkeit, die es für den naiven Realisten hatte. Sein Gewinn aus dem Kantianismus ist nur, daß er die anschaulich gegebene Welt nicht mehr für die Welt ansich hält (d. h. für etwas vom Ich Unabhängiges), sondern nunmehr die gegenseitige Abhängigkeit aller Elemente erkannt hat. Nun brauch er nicht mehr zu fragen: Wie sind die Dinge ansich; kann es eine Vermittlung zwischen Außenwelt und Ich geben, da doch die Außenwelt nicht in das Ich hineinwandern kann; wie läßt sich das Unvorstellbare vorstellen, wie kann Materie denken usw.?

Könnte nun wirklich, von allen anderen Leistungen abgesehen, der Standpunkt MACHs auch nur das allein leisten, alle diese Probleme wirklich auszuschalten, so wäre er schon eine befreiende und in sich unterschütterliche Philosophie. Denn so schwierige Probleme abzutung und sich doch nur auf gegebene oder analog erschlossene Tatsachen, also auf Evidentes oder höchst Gewisses berufen müssen, heißt doppelt wertvoll sein. Der endgültige Sieg von MACHs Philosophie, die Entscheidung darüber, ob nicht schließlich jedes vernünftige Philosophie zu ihr wird führen müssen, ihr Bestand und ihre dauernde Herrschaft hängen davon ab, ob jene Probleme für den, der sich ganz auf ihren Standpunkt stellt, wirklich verschwinden.

Die eigentliche Wurzel all jener Probleme, die Erkenntnis von der Subjektivität der Empfindungen oder genauer: die Gegenüberstellung von Empfindung und Ursache der Empfindung, fehlt auch in der MACHschen Weltanschauung nicht ganz. Natürlich tritt sie hier nur in gänzlich anderer Form auf, weil sie sich wegen ihres Gegensatzes zum ganzen System der Gleichwertigkeit aller Elemente nicht offen darstellen kann. Auch für MACH (47) ist die Empfindung das Endglied einer Kette von Nervenprozessen, denen noch andere Prozesse vorangehen. Ins Konkrete übersetzt heißt das mindestens: könnten wir das Nervensystem mit genügend feinen Instrumenten beobachten, so würden wir dort, unmittelbar bevor eine Empfindung gegeben ist, gewisse Vorgänge wahrnehmen, was natürlich selbst wiederum nichts anderes heißt, als gewisse Empfindungen haben, erleben. Da das zu umständlich klingt, kann man kürzer sagen, den Empfindungen gehen Nervenprozesse voraus, wenn man sich nur dessen bewußt bleibt, was das bedeutet, daß nämlich damit noch keine Vorgänge ansich, sondern wiederum nur Elemente von derselben Art wie die uns gegebenen statuiert sind. In diesem Sinn kann man auch konstatieren, daß den betreffenden Nervenprozessen äußere, physikalische Reizprozesse vorangehen. Wo alle diese Vorläufer einer Empfindung fehlen, liegt auch nach MACH eine bloße Halluzination vor (48). Damit ist gleichzeitig einem besonders in Laienkreisen häufigen Argument vorgebeugt, daß nämlich MACH keinen Unterschied zwischen Traum und Wachen kennt. MACH leugnet nur den wesentlichen Unterschied zwischen den Elementen der Wirklichkeit und des Traumes, natürlich nicht den Unterschied in der Beziehung zum allgemeinen Zusammenhang des Geschehens, also den Unterschied in der Bedeutung von Traum und Wacherlebnis, wie sie sich etwa im Vorhersagen künftiger Vorgänge ausdrückt (49).

Die hier erwähnte Erkenntnis zieht nun auch in der verhüllten Form, in der sie bei MACH auftritt, all jene Probleme nach sich, deren Wurzel sie sonst ist. Das zunächst eine ganz merkwürdige Wirkung. Gerade hier, im allerwichtigsten Punkt, fehlt nämlich bei MACH eine eindeutige Klarstellung und Konretisierung seiner Behauptungen, vielleicht aus instinktiver Problemfurcht, so sehr er sonst über alle Puknte, in denen Mißverständnisse möglich wären, oft und oft unzweideutige Aufklärungen gegeben hat. Hier aber würde Klarheit gerade jene Probleme heraufbeschwören, die MACH vermeiden will, und hier fehlt die Klarheit. Darüber nämlich, ob jene der Empfindung vorangehenden Vorgänge, richtiger Elementenkomplexe, auch wirklich existieren, oder ob ihre Annahme, ihre Vermutung nur bedeutet, daß sie unter günstigen Umständen existieren würden, darüber spricht sich MACH meines Wissens zumindest nirgends vollkommen klar aus. Das gilt nicht bloß von den Reizvorgängen, die jeder nicht halluzinatorischen Empfindung vorangehen sollen, sondern überhaupt von allen irgendwie erschlossenen, aber nicht direkt gegebenen Elementen, die bekanntlich bei MACH eine wichtige Rolle spielen. Da existieren ganz bestimmte Gesichtsempfindungen wirklich. Wenn ich aber in einem Haus Zimmer, Türen, Betten, Tische usw., also eine ganze Unmenge von Elementenkomplexe vermute, dann muß ich mich fragen, ob diese Elemente auch existieren, wenn kein lebendes Wesen im Haus ist. MACH sagt, wir können die Existenz dieser Elemente, die wir nicht wahrnehmen, Analogieschlüssen entnehmen (50). Was bedeutet aber dieser Satz? Derselbe MACH, der sonst so sehr darauf dringt, auch dem abstraktesten Satz eine konkrete Bedeutung abzugewinnen, bleibt uns hier die Antwort schuldig. Manchmal scheint es, als wären nach MACH bloß vermutete Elemente genau so existierend wie wirklich wahrgenommene, meistens aber und viel wahrscheinlicher scheint MACH die Ansicht zu vertreten, daß die erschlossene Ergänzung solcher Elemente nur ein Ausdruck ist für ihre Verwirklichungsmöglichkeit unter günstigen Umständen. Vielleicht äußert sich MACH noch einmal darüber, vielleicht hat er sich schon an einer Stelle, die mir entgangen ist, klarer entschieden. Höchst wahrscheinlich teilt MACH die erste Ansicht nur in BEzug auf all jene Elemente, die ein Dualist als Bewußtseinsinhalt irgendeines fremden Bewußtseins bezeichnen würde (51), während er in Bezug auf alle anderen bloß ergänzten Elemente wohl die zweite Anschauung vertritt. Ich vermute, daß MACH also folgendermaßen über diese Frage denkt: Nicht wirklich gegeben Elemente ergänzen heißt nur annehmen, daß diese Elemente unter gewissen Bedingungen existieren würden. Dabei sind aber als wirklich gegeben auch diejenigen Elemente anzusehen, die um ein sogenanntes Ich gruppiert sind (52). Nachdem ich aber, wie ich schon gesagt habe, nicht sicher wissen kann, ob das auch wirklich der MACHsche Standpunkt ist, muß ich auch die andere Eventualität berücksichtigen.

Danach wären die Elemente beinahe selbst Dinge-ansich, metaphysische Wesenheiten, was ja MACH auch schon zum Vorwurf gemacht wurde. Diesem Vorwurf gegenüber könnte MACH nun freilich sagen, daß jene Elemente, selbst wenn sie nicht gegeben und doch wirklich existieren, noch keine Dinge-ansich sind, d. h. etwas vom sogenannten Ich Unabhängiges, denn sie sind wie alle anderen Elemente von allem anderen abhängig. Auch sind sie, und das ist das Wichtigste, keine "metaphysische", gänzlich unfaßbare und unvorstellbare, übernatürliche und überempirische "Teufelei", sondern von derselben wohlvertrauten Art wie alles Gegebene, Wohlbekannte, nur eben nicht direkt gegeben, sondern durch Analogie erschlossen, nichts Transzendentes, sondern dem Gegebenen vollständig wesensgleich (53). Den Vorwurf, nur ein anderes Ding-ansich zu postulieren, könnte also MACH auch auf diesem Standpunkt noch zur Not entkräften, nicht vermeiden aber könnte er den ganzen Rattenschwanz all jener Widersprüche, die mit dem Ding-ansich immer dort verknüpft waren, wo man das Gegebene selbst für ein Ding-ansich hielt. Wie sind denn jene ergänzten Elemente beschaffen, wenn sie niemand wahrnimmt? Wie schauen z. B. die Zimmer in jenem unbewohnten Haus aus? Etwa so, wie sie ein in der Mitte oder am Rand stehender, ein Blinder oder ein Tauber oder aber ein Wesen mit ganz anderen Sinnen wahrnehmen würde oder gar alles in allem zugleich? Auch die Schwierigkeit, die dem naiven Realismus noch überdies entgegensteht, wie denn eine Wahrnehmungsinhalt existieren soll, ohne wahrgenommen zu werden, entfällt hier nur scheinbar. Sie bekommt nur folgende andere Form: Auch auf MACHs Standpunkt zeigt uns die Erfahrung, daß Elemente überhaupt nur in einer ganz bestimmten Gruppierung um ganz charakteristische Elemente (Leib, Nerven, Seele) vorkommen, daß diese Gruppierung nie fehlt. Keine andere Beziehung läßt sich vielleicht so ohne Ausnahme feststellen. Dadurch werden wir zu einem zwingenden Analogieschluß genötigt, dem die wirkliche (d. h. nicht bloß potentielle) Existenz jener ergänzten Elemente widerspricht.

Jene Eventualität würde also ohne Zweifel zu ganz unhaltbaren Weiterungen führen. Es ist aber auch, wie schon erwähnt wurde, viel eher anzunehmen, daß MACH die andere, von seinem Standpunkt aus viel konsequentere Anschauung teilt, daß Elemente nur dann wirklich existieren, wenn sie wahrgenommen werden, d. h. gegeben sind oder konkreter gesprochen nur um ein freilich selbst fast nie gegebenes Nervensystem gruppiert, also nur um ganz bestimmte Elemente in eigenartiger Weise angeordnet, während alle anderen nur in Gedanken ergänzten Elemente, so z. B. in den meisten Fällen eben das Nervensystem selbst, eigentlich nur vermutete Möglichkeiten der Wahrnehmung von Elementen sind. Damit ist dann allerdings alles, was mit einer Welt ansich auch nur verwechselt werden könnte, radikal ausgemerzt, damit sind aber auch sofort die Schwierigkeiten da, die sich aus einer solchen Leugnung ergeben. Die in Gedanken ergänzten Elemente sind dann, wenn nicht etwa ein anderes wahrnehmendes Individuum zu ergänzen ist, nicht etwas wirklich Existierendes, sondern nur der Ausdruck für einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen den gegebenen Elementen, oder besser für die Möglichkeit gewisser Wahrnehmungen. Nun bezeichnen aber, und darin dürften alle mit MACH übereinstimmen, Begriffe wie: Gesetzmäßigkeit, funktionaler Zusammenhang, Möglichkeit, nur im Denken gebildete Hilfsmittel der Beschreibung von Tatsachen, aber nichts Wirkliches etwa außerhalb der beschriebenen Tatsachen.

Sofern sie also nicht etwas in den wirklichen Elementen bezeichnen, so bezeichnen sie überhaupt nichts. In all jenen Fällen also, und das sind die zahlreichsten, in welchen die Bedingungen der Wahrnehmung jener ergänzten Elemente nicht erfüllt sind, ist die Wahrnehmungsmöglichkeit jener Elemente ein bloßes Wort, keine Wirklichkeit, auch nicht einmal die Beschreibung eines wirklichen Zusammenhangs, denn sie enthält nur den Ausdruck für Tatsachen, die sein würden unter Bedingungen, die eben nicht stattfinden. Elemente ergänzen, das hat nur dann einen realen Sinn, wenn ich damit meine, ich könnte oder werde sogar die betreffenden Elemente wahrnehmen. Welchen Sinn soll aber diese Ergänzung dort haben, wo selbst die Möglichkeit ausgeschlossen ist? Ich erlebe z. B. jetzt die Empfindung rot. Nach MACH sind dieser Empfindung Reizprozesse vorangegangen, aber in diesem Fall ist nicht einmal die logische Möglichkeit vorhanden, daß jene ergänzten Prozesse eine gegebene Wirklichkeit sein könnten. Denn sie sind bereits vorüber, und selbst wenn ich die feinsten Hilfsmittel hätte, sie vielleicht aus ihren Wirkungen zu rekonstruieren, so wäre das doch nur ihre gedankliche Ergänzung und nicht ihre Verwirklichung. In diesem Fall von zugrunde liegenden Reiz- und Nervenprozessen zu reden, also von eventuell erlebbaren Elementen, heißt daoch, von einer unmöglichen Möglichkeit zu sprechen.

In Wahrheit kann auch in solchen Fällen die Ergänzung vom MACHschen Standpunkt aus nichts anderes bedeuten, als eine Lehre aus Erfahrungen. Wir haben schon oft unter bestimmten Bedingungen irgendetwas erlebt, nun glauben wir auch, wenn diese Bedingungen nicht alle erfüllt waren, daß wir dasselbe erlebt haben würden, wenn sie nur alle erfüllt gewesen wären. Ich hätte etwa α, β, γ, δ immer verknüpft gefunden mit A, nun finde ich α, β und γ und schließe, wäre nun auch noch δ, so würde auch A auftreten. Das ist das Schema der Ergänzung von Elementen. Es zeigt deutlich, daß in Fällen, wo δ aus irgendeinem Grund unmöglich ist, diese Ergänzung nichts weiter besagt, als daß bisher immer α, β und δ mit A verbunden waren. Das alles ginge ja noch an, wenn nicht MACH jene ergänzten Elemente brauchen würde. Die von ergänzten Elementen funktional abhängigen Elemente existieren nämlich oft wirklich, so als ob jene auch wirklich wären. Die funktionale Abhängigkeit, welche MACH an die Stelle aller Kausalbeziehung setzen will, enthüllt sich uns in der beobachteten und beschriebenen Koexistenz von Elementen, etwa α und β durch Analogieschluß (54) auf das bloß ergänzte α zurückführen, daß heißt doch eigentlich, die funktionale Verknüpfung von α mit β leugnen, nicht α sondern die bloße Möglichkeit, daß α unter nicht gegebenen Umständen sein würde, also etwas bloß Hinzuedachtes für β verantwortlich machen. Die Magnetnadel kehrt z. B. für kurze Zeit in die Ruhelage zurück. Ich schließe, daß der Strom während dieser Zeit irgendwo unterbrochen war. Ich habe die Unterbrechung (das ist gewisse Tast- oder Gesichts- oder andere Empfindungen) nicht bemerkt, kann sie auch nie mehr bemerken, da alles schon vorüber ist.

Die Unterbrechung ist also weder wirklich noch verwirklichbar, selbst wenn ich später sichere Spuren finden sollte, und doch erkläre ich mir die Bewegung der Magnetnadel durch eine funktionale Abhängigkeit von jener gar nicht wirklichen Unterbrechung. Nehmen wir einmal an, daß auf A immer B, auf B immer C, auf C immer D und ebenso auf D erfahrungsgemäß immer E folgt. Nun sollen die Umstände im gegebenen Fall so sein, daß B und D unwahrnehmbar sind. Ich beobachte A, ergänze in Gedanken B, von dem ich aus anderen Analogien die Unwahrnehmbarkeit erschließe, kann aus dem ergänzten B das C voraussagen, daraus das unwahrnehmbare B ergänzen und so auch E vorhersagen. Alles trifft ein. Ich beobachte tatsächlich die Reihe A, C, E. Das scheint nun alles in Ordnung zu sein, solange man sich nicht darüber klar wird, was es heißt: die Unwahrnehmbarkeit von B und D aus irgendwelchen Analogien zu erschließen. Das heißt nämlich Umstände bemerken, mit denen das Nichtsein von B und D funktional verbunden ist (z. B. Dunkelheit-Farben). Ich hatte also in unserem Fall B und D als nicht seiend anzunehmen, was ja auch eintraf. Wie aber konnte ich dann aus den nicht vorhandenen B und D die doch eintreffenden C und E erschließen? Freilich zeigt mir die Erfahrung, d. h. eine Analogie, wann ich ergänzte Elemente als Träger von Abhängigkeitsbeziehungen zur berücksichtigen habe und wann nicht, daß z. B. ein chemisch zerlegter Körper gewisse Wirkungen nicht weiter ausübt, ein aufgelöster schon.

Aber da zwingt mich eben die Erfahrung, wenn ich auf MACHs Standpunkt bleibe, zwischen bloß ergänzten also nicht seienden Elementen Unterschiede gelten zu lassen, obwohl diese Elemente in gleicher Weise unter günstigen Umständen wahrnehmbar sein würden, und darin liegt ein unüberbrückbarer Widerspruch. Ich verknüpfe mit gewissen Gesichtsempfindungen und Tastempfindungen (Salz) einen bestimmten Geschmack. Der zeigt sich aber auch beim aufgelösten Salz, welches mit jenen Epfindungen wenig gemein hat. Die Analogie nötigt mich nicht, sie verbietet mir sogar im aufgelösten Salz die Gesichtsempfindungen des Salzes zu suchen, verbindet aber gleichwohl den Geschmack damit. Nun will ich mir helfen und denke mir die betreffende Geschmacksempfindung nicht an die betreffenden Gesichts- und Tastempfindungen funktional gebunden, sondern an einen ganzen Empfindungskomplex. Damit hören aber die Schwierigkeiten nicht auf. An den Komplex in seiner Gesamtheit kann der Geschmack nicht funktional gebunden sein, weil dieser Komplex nie vollständig ist, an einzelne Teile des Komplexes nicht, weil man von jedem beliebigen Teil zeigen kann, daß er ohne die Geschmacksempfindung, die Geschmacksempfindung auch ohne ihn auftreten kann, daß der Salzgeschmack z. B. auch auftreten kann, wo alle Teile des Komplexes fehlen.

Es geht uns, wenn wir den Träger der funktionalen Abhängigkeit suchen, genau so, wie denen, die suchen, was für das Ding-ansich übrig bleibt, wenn man alles Subjektive abzieht. MACH wird freilich sagen, das eben ist der Sinn der Ergänzung von Elementen, daß die an manche bloß ergänzten Elemente geknüpften Analogien doch anwendbar sind. Dann aber verliert die Analogie ihre reale Grundlage, wenn sie auf Nichtseiendes gestützt wird, dessen ganze Realität darin besteht, daß etwas darauf gestützt wird, was doch nicht angeht, solange man noch nicht die Kunst erfunden hat, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Daß uns aber in der wirklichen Naturwissenschaft Analogien doch richtig führen und leiten, beruth darauf, daß die physikalischen Begriffe nicht bloß Empfindungsmöglichkeiten bezeichnen, sondern auch Ausdruck einer ergänzten Wirklichkeit sind. MACH müßte also sein wichtigstes Forschungsmittel, den Analogieschluß, aufgeben, wollte er klipp und klar die Anschauung vertreten, daß nur wahrgenommene Elemente wirklich sind.

Dazu kommen die Schwierigkeiten, die etwa den Standpunkt LOCKEs unhaltbar machen. MACH tut so (55), als ob Begriffe wie Atome, Schwingungen und dgl. nur Ausdrücke für gewisse Zusammenhänge wären, nur Hilfsmittel der Beschreibung, was sie ja sicher auch sind. Sie sind aber nicht lediglich Hilfsbegriffe in dem Sinn, daß es viele Beziehungen in den Elementen gibt, die sich einfacher beschreiben lassen, wenn man bei der Beschreibung so tut, als ob es Atome, Schwingungen usw. gäbe. Sie sind vielmehr auch für einen, der auf MACHs Standpunkt steht, zwingende Konsequenzen aus Analogien, natürlich nicht als metaphysische Wesenheiten, sondern als Ausdruck für Wahrnehmungsmöglichkeiten. Wir sind durch nicht zu umgehende Analogien genötigt, auch auf MACHs Standpunkt derartige Wahrnehmungsmöglichkeiten zu ergänzen, in denen alle sogenannten sekundären Qualitäten fehlen. Andererseits nötigen uns ebenso zwingende Analogien, anzunehmen, daß Komplexe, in denen lediglich primäre Qualitäten enthalten sind, unwahrnehmbar sind, niemals gegeben sein können. Raumempfindung ohne Qualitätsempfindung widerspricht allen Erfahrungstatsachen. Wir kämen also wieder dazu, die Möglichkeit der Wahrnehmung von Unwahrnehmbarem annehmen zu müssen.

Einer Schwierigkeit, mit welcher man auf einem metaphysischen Standpunkt zu kämpfen hat, glaubt MACH sicher entgangen zu sein (56). Die unbewußte Materie, die sonst nie denkt, fängt auf einmal an, wenn sie eine gewisse hohe Organisationsstufe erreicht hat, zu denken. Wie kommt dieses tote, starre Dinge den so plötzlich dazu, Gedanken, Empfindungen, Gefühle usw. zu erleben, nur weil seine Teile etwas komplizierter schwingen? Dieses Problem entfällt ganz, meint MACH (57), wenn man einmal einsieht, daß dasjenige, was wir Materie nennen, nur ein Komplex von Elementen, wenn man so will, von Empfindungen ist. Damit ist aber das Problem nicht aus der Welt geschafft, es bekommt nur eine andere Form. Dem Satz, der jener Schwierigkeit zugrunde liegt: "mit Materie ist auf hoher Entwicklungsstufe plötzlich eine Seele verbunden", diesem Satz bleibt auch auf MACHs Standpunkt ein Sinn, wenn man die Worte "Materie" und "Seele" nicht metaphysisch deutet. Wir finden Elementenkomplexe mannigfaltigster Art. Niemals sonst haben wir Anlaß, an diese uns gegebenen Elemente noch andere nicht uns aber doch gegebene, jenem Komplex gleichsam gegebene Elemente zu vermuten, nur wenn jene Elementenkomplexe (Materie) eine gewisse Komplikation ziemlich unwesentlicher Art (denn wo liegt auch für MACH ein so wesentlicher Unterschied zwischen einem Sandhaufen und einem Gehirn) erreichen, daß stoßen wir auf einmal auf die ganz neue und eigenartige Situation, daß jener uns gegebene Komplex selbst gleichsam der Mittelpunkt einer ganzen Welt von Komplexen ist. Wollte sich MACH auf die Möglichkeit berufen, daß in diesem Sinn vielleicht auch der Baum, ja vielleicht der Stein empfindet, so bleibt ja auch dem Metaphysiker derselbe Ausweg bis herab zur Postulierung einer Atomseele. Die ganze Schwierigkeit des Gegensatzes: Materie - Seele wird nicht im Geringsten kleiner oder größer, wenn man jenen Begriffen eine metaphysische oder nur positivistische Bedeutung beilegt.

In ähnlicher Weise kann MACH auch den Schwierigkeiten, die das Kausalprinzip in sich birgt, nicht entgehen, auch wenn er den Kausalbegriff durch den Funktionsbegriff ersetzt. Das ist zunächst schon deshalb gefährlich und zu Fehlern verleitend, weil der mathematische Funktionsbegriff eine Abhängigkeit analytischer Natur zum Ausdruck bringt, dort aber, wo ihn MACH anwenden will, Abhängigkeiten synthetischer Natur vorliegen. x3 + x2 = f(x), das bedeutet, wenn ich im Ausdruck x · x · x + x · x alle x ändere, so habe ich damit auch den ganzen Ausdruck geändert. Zum Beispiel: 3 · 3 · 3 + 3 · 3 hat bestimmt einen anderen Wert als 5 · 5 · 5 + 5 · 5. Nun aber zu sagen, ebenso ändere sich das Element α, wenn sich das Element β ändert, z. B. das Spektrum, wenn sich die Probe ändert, geht dort nicht an, wo nicht β ein Bestandteil von Komplex α ist. Bezeichne ich gleichwohl ein gesetzmäßiges Verknüpftsein verschiedener Elemente als funktionale Abhängigkeit, dann muß ich mir darüber klar sein, darin viel mehr gedacht zu haben, als etwa in der Abhängigkeit x3 von x, die ohne Weiteres analytisch einleuchtet, während das notwendige Zusammensein von α und β, das ich einfach hinnehmen muß, weil die Erfahrung es mich lehrt, mich immer nötigen wird, einen inneren Zusammenhang zu vermuten, gerade das also, was MACH vermeiden wollte, worauf alle Schwierigkeit des Kausalproblems beruth, welche Nötigung auch deutlich zum Ausdruck kommt im Aufsuchen von räumlichen und zeitlichen Zwischengliedern bis zur Herstelung vollständiger räumlicher und zeitlicher Kontinuität in der Abhängigkeitskette, was übrigens schlecht zusammenstimmt mit der Auffassung, den Räumen und Zeiten entsprächen eigene Nervenprozesse und sie seien Empfindungsinhalte wie andere (58).

Damit hängt auch die andere Schwierigkeit zusammen. Empfindungen sollen von Nervenprozessen abhängig sein. Während es sonst aber immer gelingt, die ganze Kette der räumlichen Kontinuität herzustellen, oder zumindest hergestellt zu denken (Äther), hängt hier das Blattgrün draußen unmittelbar von einem nervösen Endprozeß im Gehirn ab, ohne daß die Herstellung einer räumlichen Kontinuität auch nur denkbar wäre. In dieser Form tritt hier die Schwierigkeit des Projektionsproblems auf, von dem MACH ebenfalls glaubt, daß schon sein Standpunkt allein genügt, es beiseite zu schieben (59).

So kehren alle Probleme wieder, die MACH verschwunden glaubt. Selbst das uralte Problem der Wechselwirkung [Dialektik - wp] von Außenwelt und Innenwelt, auf dessen Ausschaltung sich MACH besonders viel zugute hält (60), ist bei ihm nicht zurückdrängbar, obgleich er doch nur eine Welt gelten läßt. MACH hat nur kein Auge dafür. Auch er unterscheidet ja zwischen Empfindungen und vorangehenden wenn auch nur in Gedanken ergänzten Reizprozessen. Diese sind aber außerordentlich wichtig, weil nur sie allein den Empfindungen den Halluzinationscharakter nehmen. Sie spielen also für den Realitätswert unserer gegebenen Welt dieselbe Rolle wie Dinge-ansich. Mit diesen Dingen ansich teilen sie aber die Unnahbarkeit, die Unmöglichkeit einer Erreichbarkeit, einer Vermittlung, denn wo immer wir ihnen nahe kommen wollen, müssen immer erst neue, wiederum selbst nicht erkennbare Reizprozesse vermitteln, deren Resultate oder Endglieder uns immer nur gegeben sind. MACH übersetzt das gewöhnliche Weltbild nur in eine andere Sprache. Wird die Übersetzung exakt durchgeführt, so findet man darin alles, was im Urtext unangenehm war, wieder.

Der Standpunkt MACHs umfaßt, wie man sieht, in genialer Weise Bestandteile entgegengesetztester erkenntniskritischer und damit zusammenhängender metaphysischer und anti-metaphysischer Anschauungen. In der Behauptung, das Gegebene sei das wahrhaft Reale, begegnet er sich mit dem naiven Realismus, hingegen in der Erkenntnis, daß alle Elemente auch vom sogenannten Ich abhängig sind, mit dem kritischen Idealismus. Dadurch, daß er durch einen Analogieschluß die den Empfindungen vorangehenden Reizvorgänge ergänzt, erinnert er an LOCKE, in seiner Leugnung des Dings-ansich an BERKELEY und da er auch das Ich und die Kausalität negiert noch mehr an HUME. So scheint er allen Schwierigkeiten entgehen zu können, indem er immer in der Lage ist, die Seite hervorzukehren, die der betreffenden Schwierigkeit gegenüber die günstigste ist. Versteht einer nicht, wie Gehirnschwingungen zu Empfindungen wie rot, grün usw. führen können, so antwortet der Idealist MACH, Gehirnschwingungen sind auch nur Komplexe solcher Elemente wie Farben, Räume, Zeiten usw. Macht dann jemand auf die Konsequenz des radikalen Idealismus aufmerksam, daß nämlich der Unterschied zwischen Wahrnehmung und Traum oder Halluzination verloren zu gehen droht, so zeigt MACH-LOCKE, daß ersteren Reizvorgänge vorangehen, letzterer nicht. In Wirklichkeit hat aber MACH mit allen Schwierigkeiten all dieser Standpunkte zu kämpfen.

III. Die Bedeutung der angeführten Schwierigkeiten ist nicht immer so groß, daß sie innere Widersprüche im MACHschen System bedingen müßten, sie ist aber auch nicht kleiner als in metaphysischen Systemen. Nur eine von diesen Schwierigkeiten ist für MACH unüberwindlich: das Dilemma, entweder auf sein wichtigstes Forschungsmittel, den Analogieschluß, zu verzichten, oder in den meisten Fällen Elemente zu seiner Grundlage machen zu müssen, deren Nichtexistenz sich aus anderen sicheren Analogien ergibt. Zwingende Analogien zeigen, daß Elemente nur vorhanden sind, wo aufnehmende Nerven sind, die meisten Analogien beruhen aber auf einer Ergänzung von Elementen, die zu keinem aufnehmenden Nervensystem in jener Beziehung stehen, die Bedingung ihrer Existenz ist.

Dieses Dilemma, aus welchem es keinen mit der tatsächlichen Existenz von Wissenschaften vereinbaren Ausweg gibt, existiert aber nur solange, als man mit MACH annimmt, daß all die Abhängigkeiten, deren Beschreibung Aufgabe der Wissenschaften ist, in letzter Linie Abhängigkeiten zwischen den Elementen selbst sind. Nur dann bleibt es ein Widerspruch, daß die Abhängigkeit von einem Element wirksam bleibt, auch wenn das Element nicht ist. Da nun aber die Analogieschlüsse der verschiedenen Wissenschaften doch im Allgemeinen durch die Erfahrung bestätigt werden, sich als brauchbare Führer durch die Erscheinungswelt erweisen, vernünftigerweise also nicht fallen zu lassen sind, so muß in MACHs Beschreibung der Tatsachen, von einer Erklärung ist hier nicht die Rede, ein Fehler stecken, weil nach jener Beschreibung Analogieschlüsse etwas in sich Widerspruchsvolles wären.

Da die scheinbare Abhängigkeit zwischen Elementen auch besteht, wenn einzelne der Elemente nicht sind, so kann sie keine direkt zwischen den Elementen bestehende sein, sondern muß auf etwas den Elementen zugrunde liegendem Anderen beruhen, was auch existieren können muß, wenn keine Nerven dazu aufnehmend in Beziehung stehen, also auf etwas ansich Existierendem. Mit den gegebenen Elementen sehr gleichartig wird dieses Etwas kaum sein können, weil uns Analogieschlüsse anzunehmen nötigen, daß alles derartige nur als Wahrnehmungsinhalt existieren kann. Aber was auch immer und wie immer es auch sein mag, das ist nicht so wichtig; notwendig zur Eliminierung gewisser scheinbarer Inkonsequenzen in der Erfahrung ist nur, daß es unwahrgenommen, nicht gegeben und doch sein können muß. Wesentlich ist ferner, daß man, um MACH gegenüber Recht zu behalten, die Annahme des Dings-ansich nicht daraus ableiten darf, daß sie zur Erklärung der Welt und ihrer Gesetzmäßigkeit notwendig ist, denn jene Tatsachen könnten schließlich auch ohne Erklärung als letzte Tatsachen genommen werden, sondern daß das Ding-ansich als notwendige Konsequenz aus Erfahrungstatsachen zu erkennen ist.

Die Lehre vom Ding-ansich ist eine notwendige Ergänzung der MACHschen Philosophie. Mit dieser Ergänzung hilft der MACHsche Positivismus tatsächlich über viele Schwierigkeiten hinweg. Alle Furcht, die MACH vor dem Ding-ansich hat, stellt sich als unbegründet heraus, wenn man nur im Übrigen, so weit dies mit der Setzung des Dings-ansich vereinbar ist, konsequent auf Machs Standpunkt stehen bleibt. Vor allem verliert die Welt der gegebenen Elemente nicht das Geringste von ihrer Realität und das hatte MACH wohl am meisten gefürchtet, denn der angebliche Realitätsunterschied zwischen Dingen-ansich und gegebenen Elementen, ist kein Unterschied im Realitätsgrad, was es wohl gar nicht gibt, hat mit Realität fast überhaupt nichts zu tun, ist nur ein Unterschied in der Abhängigkeitsart. Darin hat MACH sicher Recht (61), daß kein richtiger Gedankengang dazu führen kann, die Realität wahrhaftig erlebter Elemente zu erschüttern. Die ganze Realität der Dinge ansich kann gar nicht von der der gegebenen Elemente unterschieden oder gar größer sein, sie besteht ja nur in dem, was die Dinge ansich mit den Elementen gemeinsam haben und was deshalb auch das einzige ist, was wir von jenen konkret vorstellbar wissen können, in der Existenz, in der es keine Abstufungen gibt. Auch wird nun nicht das Gegebene, Bekannte, durch etwas ganze Unbekanntes, Hypothetisches erklärt, was freilich eine überflüssige Mühe wäre, sondern es wird ein noch nicht Bekanntes aus dem schon Bekannten erschlossen, was ja in allen Wissenschaften allgemein üblich ist. Alles Erklären - dabei muß es bleiben - ist nur ein Einordnen in ein allgemeines System der Beschreibung, ein Zurückführen einzelner Tatsachen oder Tatsachenkomplexe auf bereits festggestellte Tatsachen allgemeiner Natur; aber dieses Feststellungssystem braucht nicht auf Gegebenes beschränkt zu bleiben, es wird bei MACH selbst durch eine Ergänzung von Nichtgegebenem aber mit dem gegebenen Gleichartigen erweitert und darf sich schließlich auch, wenn sich die Notwendigkeit dazu ergibt, auf Ergänztes von anderer Art erstrecken. Nur ist eines dabei festzuhalten: Wirklich vorstellbar und erfaßbar sind für uns nur Inhalte von der Art schon erlebter. Für den Blindgeborenen sind Farben etwas ganz Unfaßbares. Wären nun die Dinge-ansich gänzlich unvergleichbar mit allem von uns Erlebten, so bliebe auch der Begriff von ihnen gänzlich leer. Dem ist aber nicht so. Gerade in dem Umstand, der uns von den Dingen-ansich der wichtigste, ja der uns allein interessierende ist, besteht ihre Übereinstimmung mit dem Erlebten, nämlich im Sein (62). Was das heißt, wirklich sein, das erleben wir unaufhörlich, denn alles Erlebte ist wirklich, wenn sich auch dieses "wirklich sein" nicht weiter analysieren läßt. Für die Vorstellbarkeit der Dinge-ansich selbst ist damit freilich noch nicht viel gewonnen, aber das kann uns nicht zwingen, ihre Existenz zu verneinen. Sehr naheliegende Analogien belehren uns darüber, daß es Elemente geben kann, die für uns nicht erfaßbar sind, wie Farben für den Blindgeborenen. Der Satz: "Nur Vorstellbares, nur für uns Erfaßbares, kann existieren" ist sicher falsch. Gleichwohl wäre die Postulierung eines Dings-ansich methodologisch ungerechtfertigt, wenn wir von diesem Ding-ansich gar nichts erfassen könnten, was aber, wie gesagt, gerade im wichtigsten Punkt nicht zutrifft.

Nun ist auch die Aufgabe gelöst, zu zeigen, was denn Vorstellbares oder Bekanntes übrig bleibt, wenn wir alle als abhängig und darum subjektiv erkannten Elemente weglassen. Es ist das tatsächliche Sein, welches als einzige uns erfaßbare Bestimmung für die Dinge ansich übrig bleibt. Denn was man noch hinzufügen könnte, daß die Dinge-ansich nicht nur sein sondern auch so sein müßten, daß sich aus ihrem Sein unsere Phänomenenwelt ergibt, ist wohl richtig, aber keine wirkliche Bestimmung der Dinge-ansich. Der Satz besagt eigentlich nicht mehr, als, die Welt ist so wie sie ist.

Der große Vorteil von MACHs Standpunkt, allen Forschungsgebieten in gleicher Weise angepaßt zu sein, geht durch die Postulierung eines Dings-ansich nicht verloren, wenn man nur das vermeidet, wovon noch gezeigt werden soll, daß es die eigentliche Ursache all der Widersprüche war, für welche man das Ding-ansich verantwortlich machte.

Das Ding-ansich ist ein ganz unvermeidlicher Begriff. Jede Philosssophie, die ihn gänzlich ablehnt, muß in dieser Hinsicht scheitern (63). Ansich sein heißt eigentlich nichts anderes als wahrhaft sein, und das überhaupt etwas ist, kann doch nicht gut geleugnet werden. Aber selbst wenn man den Begriff des Dings-ansich etwas oberflächlicher faßt und darunter ein Ding versteht, das unabhängig vom Ich oder allgemeiner unabhängig von irgendetwas anderem existiert, so ist der Begriff ebenso unvermeidlich, denn irgendetwas gibt es sich und das muß zumindest in seiner Totalität von allem anderen unabhängig, als Ding-ansich sein. Daß wir etwa den Begriff der Totalität nicht sollten bilden dürfen ist ein ganz unbeweisbares Märchen. Sicher ist, daß wir ihn sogar unter einem psychologischen Zwang bilden müssen, in der Mathematik etwa sogar mit praktischem Erfolg anwenden. Selbst der Solipsist entgeht also nicht dem Ding-ansich, als welches bei ihm das die Welt erlebende, zum Inhalt habende Ich oder Bewußtsein auftritt. Schließlich hätte auch MACH, wenn er sich konsequent auf das ihm allein wirkliche Gegebene beschränkt hätte, in der Gesamtheit der ihm gegebenen Elemente eine Welt ansich gehabt, auch wenn er es gar nicht bemerkt und noch so sehr dagegen gewettert hätte, und auf einem solchen Standpunkt hätte sich in seinem System so wenig ein innerer Widerspruch finden können wie etwa im Solipsismus. Solche Systeme lassen sich auch nicht durch den Hinweis auf innere Widersprüche abtun, sondern nur, wenn man ihnen gegenüber hervorhebt, daß sich für sie auch nicht ein einziges ernst zu nehmendes Argument vorbringen läßt, wohl aber sehr viele gegen sie. Nun war aber MACH keineswegs so unvernünftig, sich etwa auf den Standpunkt zu stellen, daß nur das ihm persönlich wirklich Gegebene existiert. Er hat erstens auch die Existenz des anderen Individuen Gegebenen und auch sonst eine gewisse Ergänzung von nicht Gegebenem und schließlich, was mindestens ebenso wichtig ist, eine gewisse Gesetzlichkeit der Weltvorgänge anerkannt. Auch er erweitert also sein Weltbild weit über das unmittelbar ihm Gegebene hinaus und nur mit einer solchen Erweiterung werden innere Widersprüche möglich, die ausgeschlossen sind, solange ich nur das gelten lasse, was ich erlebe, es gleichsam gedankenlos als Tatsache hinnehme. Sowie man aber einmal dem wissenschaftlichen Erweiterungstrieb nachgeben will, zeigt sich, daß man nicht bloß das Ding-ansich im allgemeinsten Sinn nicht vermeiden kann, sondern es auch im Sinn einer Wesenheit gelten lassen muß, die den Erscheinungen zugrunde liegt. Logisch zwingend kann man freilich nur zur Anerkennung eines Dings-ansich überhaupt genötigt werden. Das steht nicht im Widerspruch zu der Selbstverständlichkeit, daß rein logische Erwägungen nicht über Existenzfragen Aufschluß geben können, denn allen hier und früher erwähnten zwingenden logischen Beweisen liegt nur die intuitiv erfaßbare aber dennoch evidente Tatsache zugrunde, daß überhaupt etwas existiert.

Warum hat sich nun die Lehre vom Ding-ansich der Widersprüche nicht erwehren können, die man in ihr finden wollte? Weil man diesem Ding-ansich immer in ganz falscher Weise ein metaphysisches Subjekt, einen Intellekt, Geist oder wie man es nennen will, gegenüberstellte. Dieses Subjekt ist in Wahrheit die Wurzel aller Widersprüche, die mit dem Ding-ansich zusammenhängen. Da soll es nun drei Wesenheiten geben. Ein Subjekt-ansich, ein Ding-ansich und eine aus ihrer Beziehung entspringende Erscheinungswelt, wobei dann das Ding-ansich freilich eine höchst überflüssige Rolle spielt, weil dann die ganze Erscheinungswelt im Subjekt gedacht werden muß, von dem die Dinge-ansich gänzlich ausgeschlossen sind. Diese Dreiheit ist unhaltbar. Der eine Teil, die Erscheinungswelt ist unleugbar, höchstens und schlimmstens zur Scheinwelt degradierbar, so bliebe nur die Leugnung des Subjekts oder des Dings-ansich. Psychologisch sehr leicht verständlich ist es, daß man aller Logik zum Hohn eher das unbekannte Ding ansich als das scheinbar so evidente Ich leugnete und erst als der Fehler schon geschehen war, ihn durch die Hinzufügung der Wahrheit, der Leugnung des Ich, nur vergrößerte, denn dann blieb der reine Unsinn, die isolierte Erscheinungswelt, die doch keine Welt-ansich sein soll. Auf den Gedanken aber kam niemand, das Subjekt zu leugnen und doch Dinge-ansich, wie es nicht anders möglich ist, anzunehmen, wodurch wie mit einem Schlag alle Widersprüche, wenn auch natürlich noch nicht alle Schwierigkeiten entfallen.

Danach gibt es nur zweierlei: Erstens eine Welt-ansich, von der wir nur wissen, daß sie ist und daß in ihr zu allen gegebenen Elementen und Beziehungen etwas Entsprechendes existiert, daß in ihr alle Gleichheit und Verschiedenheit, räumliche, zeitliche, kausale usw. Beziehungen unserer gegebenen Welt irgendwie fundiert sind. Zweitens: eine gegebene Welt der Objekte, die bestimmten Teilen der Welt-ansich, aber nicht allen entsprechen und in abgegrenzten Gesamtheiten auftreten, die man als "Ich" bezeichnen kann und darf, wenn man sich nur dessen bewußt bleibt, daß dieses "Ich" nur etwas Hinzugedachtes ist, ein bloßer Ausdruck für das Vorhandensein einer geschlossenen Gesamtheit von Objekten, einer psychischen Mannigfaltikeit in der sogenannten Einheit des Bewußtseins. Alle Elemente dieser Welt der gegebenen Objekte zeigen untereinander Abhängigkeitsbeziehungen. Je nach der Art der Beziehungen, die wir unter Abstraktion von den anderen in Betracht ziehen, also je nach unserem Standpunkt der Betrachtung, bezeichnen wir einen bestimmten Teil von ihnen, nämlich Empfindungskomplexe, bald als physische bald als psychische Erscheinungen, während wir alle anderen Elemente, also etwa Vorstellen, Fühlen, Wollen immer als psychisch auffassen, d. h. so nennen. Die Abhängigkeitsbeziehungen, welche all jene Elemente aufweisen, müssen wir aber, sollte die Annahme von Dingen-ansich in einem weitergehenden Sinn notwendig oder brauchbar ist, auf Abhängigkeiten oder richtiger Tatsachen in einem zugrunde liegenden Sein ansich zurückführen. Diese Beziehungen oder Tatsachen brauchen nur insofern in der Wissenschaft, z. B. in der Physik oder in der Physiologie berücksichtigt zu werden, insofern sie dazu dienen, festgestellte Abhängigkeiten auch dort zu Analogieschlüssen verwerten zu können, wo wir durch andere Analogieschlüsse genötigt sind, Objekte zu leugnen und sind nur ein Ausdruck für eine erfahrungsmäßig begründete Anschauung von höchster Gewißheit, wenn auch nicht völliger Evidenz, nämlich der Anschauung, daß die Gesamtheit des überhaupt Existierenden unbedingt größer ist als die Gesamtheit des als Objekt (d. h. gegeben) Existierenden.

Außer den Dingen ansich und außer den Objekten gibt es aber dann nichts mehr. Wenigstens haben wir keinen Anlaß, noch irgendetwas existierendes anzunehmen. Das Subjekt ist eine Jllusion; der Satz: kein Objekt ohne Subjekt, ist falsch. Das Subjekt kann (in der Bedeutung eines Gesamtbewußtseins) ein Ausdruck dafür sein, daß die Objekte in einer beziehungsreichen abgegrenzten Gemeinschaft gegeben sind. Dann ist der Satz: kein Subjekt ohne Objekt und kein Objekt ohne Subjekt wohl richtig, bedeutet aber dann nur, daß Objekte nur möglich sind, wenn sich viele in ganz bestimmter Weise gegenseitig stützen, tragen, ergänzen und verdeutlichen, womit schließlich doch nicht mehr gesagt ist, als daß Objekte sind und nur in einer bestimmten Art sein können. Mit dem Wort "Subjekt" können wir auch einen bestimmten Teil der Objekte bezeichnen, das sogenannte Ich, dessen Grenze sich nicht einmal genau bestimmen läßt. In beiden Fällen sind aber eben nur Objekte da und der Begriff Subjekt nur ein Beschreibungs- oder Einteilungsprinzip, nicht aber die Bezeichnung eines am Ende gar substantiellen Trägers der Objekte. Die Annahme eines solchen Subjektes ist ganz überflüssig und schädlich. Sie erklärt nichts, räumt keine Schwierigkeiten aus dem Weg, kann sich auf keine Erfahrungstatsache berufen, ist nur Ursache unzähliger Schwierigkeiten, hat sogar bei MACH, der doch ein solches Subjekt richtig leugnetf, den Hauptfehler verschuldet, denn wohl nur, um dem Unsinn zu entgehen, die gegebene reale Welt als Inhalt in einem Subjekt, d. h. als bloßen Schein auffassen zu müssen, hat er das Ding-ansich geleugnet, wodurch er allerdings der Welt ihre Realität wiedergibt, aber sich jede Erweiterung des Weltbildes ohne Widersprüche unmöglich macht, während er sein Hauptziel, die Sicherung der Welt auch erreicht hätte, durch die Aufdeckung der Jllusion, die in der Annahme eines Subjekts liegt. Es sind immer nur Objekte gegeben, wohl in einem innigen Zusammenhang, in einer bestimmten Gruppierung, immer um ein sogenanntes leibliches und seelisches Ich, aber niemals in irgendeinem Subjekt. Genau so, wie etwa für einen naiven Materialisten die Gesamtheit aller Körper schon die Welt selbst wäre, nicht erst der Welt als eines eigenen Substrates oder Trägers bedarf, um in der Welt zu sein, genau so bedarf die Gesamtheit der sogenannten Bewußtseinsinhalte, richtiger der Bewußtseinstatsachen keines Trägers, keines Substrates, in welchem sie sind. Es sind diese Inhalte keine bloßen Änderungen, denn Änderung ist nur dort möglich, wo sich etwas ändert, auch keine bloßen Zustände oder Vorgänge, die gewiß logisch ein Substrat erfordern würden. "Rot", "Grün" und dgl. sind kein bloßes Geschehen oder derartiges, sondern Elemente, d. h. Bestandteile des Gegebenen, die sich wohl ändern aber auch beharren können. Auf diesem Gebiet gibt es noch viel Ballast an Vorurteilen, überkommenen falschen Auffassungen, die das Klarsehen sehr erschweren, Problemschwierigkeiten ganz unnütz verschulden.

Durch eine solche Leugnung des selbständigen Subjekts und gleichzeitige Postulierung des Dings-ansich entfällt vor allem das Problem der Wechselwirkung zwischen Leib und Seele, denn Physisches und Psychisches sind wie bei MACH im Wesen gleichartiger Elemente und die wahre Wechselwirkung, deren Resultat gleichsam nur alles Objektive ist, besteht gar nicht zwischen den Elementen, sondern zwischen den Dingen ansich. Ferner entfällt die Schwierigkeit, die Welt in das Subjekt hineinschmuggeln zu müssen und doch objektiv sein zu lassen, denn es gibt gar kein Subjekt und eben nur Objekte, welche fast alle räumlich geordnet sind, also nicht erst aus dem Subjekt hinausprojiziert werden müssen, wenn auch ihre räumliche Anordnung erst erlernt werden muß, von Anfang an wahrscheinlich nur in primitivster Anlage gegeben ist.

Zu einer wirklichen Lösung all dieser und vieler anderer Schwierigkeiten kann der hier angedeutete Standpunkt allerdings erst führen, wenn er durch eine sorgfältige Analyse des Kausalprinzips ergänzt und vertieft worden ist. Dabei würde sich herausstellen, wie in unserem Kausalprinzip eigentlich zwei ziemlich verschiedene Kausalprinzipien enthalten sind, ein analytisches und ein synthetisches. So manches Rätsel, das der Kausalnexus noch bietet, entfällt dann wohl.

Man denkt wohl heute, wenn man von Positivismus spricht, fast immer an eine Ablehung des Begriffs Ding-ansich. Versteht man jedoch unter Positivismus eine Weltanschauung, die keine Begriffe gelten läßt, denen eine erfahrungsmäßige Grundlage und Erfaßbarkeit fehlt, und nur solche sollte man eigentlich transzendent nennen, dann bleibt die Weltanschauung MACHs auch mit der hier angedeuteten Ergänzung noch immer ein Positivismus.
LITERATUR: Viktor Stern, Die logischen Mängel der Machschen Antimetaphysik und die realistische Ergänzung seines Positivismus, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie, Bd. 38, Neue Folge Bd. 13, Leipzig 1914
    Anmerkungen
    43) In einem Brief.
    44) Analyse der Empfindungen, Seite 24, Anm. (auch Seite 280)
    45) Daß dies im kantischen System keinen wirklichen Widerspruch bedeutet, zeigte ich in dieser Zeitschrift, Bd. 33, Seite 431 (Die Erneuerung des kantischen Kritizismus durch Otto Liebmann).
    46) Gerhards, a. a. O., Seite 30f.
    47) Analyse Seite 49.
    48) Analyse Seite 49.
    49) Analyse Seite 9.
    50) Analyse Seite 14.
    51) In Bezug auf diese teilt er sie sicher (Erkenntnis und Irrtum, Seite 6).
    52) Karl Gerhards hat wohl in dieser Zeitschrift (Bd. 36) Stellen aus Mach zitiert, die beweisen sollen, daß Mach gleichsam Elemente ansich, unbewußte Empfindungen postuliert. Eine solche Setzung soll z. B. nach Gerhards vollzogen sein im Passus: "An der physikalischen Unterlage des Ichs ist aber gewiß noch beinahe alles zu erforschen. Dies ist keineswegs nichts neben dem augenblicklich lebendigen Inhalt des Bewußtseins, der ja immer nur einen winzigen Teil ihres Reichtums vorstellt." (Erkenntnis und Irrtum, Seite 461 - von Gerhards gesperrt gedruckt) Aber diesess Zitat beweist nichts. Die Setzung von unbewußten Empfindungen oder auch nur Elementen muß hier gar nicht vollzogen sein. Es könnten eben auch hier wieder nur unter günstigen Bedingungen verwirklichbare Empfindungen gemeint sein, die natürlich nicht "Nichts" sind, sondern Ausdruck erfahrungsmäßig erkannter Gesetzmäßigkeiten und Beziehungen.
    53) Erkenntnis und Irrtum, Seite 13, Anm.
    54) In "Erkenntnis und Irrtum" (Seite 314f) bezeichnet Mach sein Forschungsmittel nicht als Analogieschluß und beschreibt es als ziemlich kompliziertes Vorgehen. Ich nenne es der Kürze halber Analogieschluß, aber der Name tut ja nichts zur Sache.
    55) Analyse, Seite 242
    56) Analyse, Seite 35
    57) ebd.
    58) Analyse, Seite 51
    59) Analyse, Seite 30/31
    60) Analyse, Seite 24
    61) Analyse Seite 37.
    62) Man vgl. Maximilian L. Stern, Monistische Ethik, Leipzig 1911.
    63) Etwas eingehender führte ich das in dieser Zeitschrift bei anderer Gelegenheit aus (Die Erneuerung des kantischen Kritizismus durch Otto Liebmann, Bd. 33, Seite 428f).