ra-3K. KautskyG. LandauerP. SzendeA. LiebertF. SanderLenin    
 
HANNAH ARENDT
Über die Revolution
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"Wir waren mit der Möglichkeit einer hypothetischen Kriegsführung bereits konfrontiert, als die erste atomare Bombe auf einem Kriegsschauplatz erschien. Damals meinten viele, was heute erwiesen ist, daß es, um die japanische Regierung zur bedingungslosen Kapitulation zu veranlassen, völlig genügt hätte, die neue Waffe vor einer ausgewählten Gruppe japanischer Wissenschaftler zu demonstrieren; denn für diejenigen, die Bescheid wußten, hätte die bloße Demonstration eine absolute Überlegenheit jenseits des Kriegsglücks zwingend erwiesen."

"Die Sprache ist hilflos, wenn ihr die Gewalt gegenübertritt, weil die Gewalt selbst stumm ist, unfähig nämlich, sich im Wort wirklich adäquat zu äußern. Weil die Gewalt ihrem Wesen nach stumm ist, kann auch die politische Theorie wenig über sie aussagen, und eine Diskussion der Gewaltmittel überläßt sie besser den technischen Experten."

Einleitung
Krieg und Revolution

Kriege und Revolutionen, so meinte LENIN vor etwa fünfzig Jahren, würden das Gesicht des zwanzigsten Jahrhunderts bestimmen. Seither ist es, als hätten die Ereignisse nichts Eiligeres zu tun gehabt, als diese Voraussage zu bestätigen. Und im Unterschied zu den Ideologien des 19. Jahrhunderts - Nationalismus und Internationalismus, Kapitalismus und Imperialismus oder Sozialismus und Kommunismus, die nur noch im rechtfertigenden Gerede eine Rolle spielen, aber ihre einstige substantielle Bezogenheit zu politischer Wirklichkeit verloren haben - stehen Krieg und Revolution immer noch im Zentrum politischen Geschehens. Sie haben alle ideologischen Rechtfertigungen überlebt. Politisch stehen wir in einer Konstellation, in der wir auf der einen Seite von einer totalen Vernichtung durch einen etwa ausbrechenden Krieg bedroht sind und in der wir doch andererseits beinahe täglich erfahren, wie sich die Hoffnung auf eine Emanzipation der gesamten Menschheit durch Revolution erfüllt. Was die amerikanische Revolution in der Unabhängigkeitserklärung vor bald zweihundert Jahren proklamierte, daß ein Volk nach dem andern "unter den Mächten der Erde den unabhängigen und gleichen Rang erlangen würde, auf den ein jedes gemäß den Gesetzen der Natur und ihres Gottes Anspruch habe", ist mit einer manchmal fast beängstigenden Geschwindigkeit wahr geworden. Und in einer solchen sich über die ganze Erde erstreckenden Situation gibt es nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnte, als das, was das Älteste ist und von allem Anfang an, jedenfalls im Abendland, das eigentliche Wesen von Politik bestimmt hat - nämlich die Sache der Freiheit gegen das Unheil der Zwangsherrschaft jeglicher Art.

Dieser Tatbestand ist bemerkenswert und versteht sich keineswegs von selbst. Unter dem Kreuzfeuer jener Zweige der Psychologie und der Gesellschaftswissenschaften, deren Sinn und Ziel die Entlarvung ist, konnte es wohl scheinen, als sei dem Begriff der Freiheit nun wirklich der Garaus gemacht worden. Selbst die Revolutionäre, von denen man doch eigentlich hätte annehmen dürfen, daß sie unausrottbar in einer Tradition verwurzelt sind, von der man noch nicht einmal sprechen kann, ohne das Wort  Freiheit  in den Mund zu nehmen, sind bekanntlich nur zu bereit, Freiheit zu den "kleinbürgerlichen Vorurteilen" zu rechnen; gerade sie haben vergessen, daß das Ziel der Revolution heute wie seit eh und je nichts anderes sein kann als eben Freiheit. Aber nicht weniger verblüffend als dieses Verschwinden der Freiheit aus dem revolutionären Vokabular dürfte wirken, daß Wort und Begriff plötzlich wieder aufgetaucht sind, um die ernsteste aller gegenwärtigen politischen Diskussionen zu ordnen und zu artikulieren, nämlich die Debatte über die Kriegsfrage, d. h. über die Berechtigung der Gewalt in der Politik. Geschichtlich gesehen, gehört der Krieg zu den ältesten Phänomenen der aufgezeichneten Vergangenheit, während es Revolutionen im eigentlichen Sinn nicht vor der Neuzeit gibt, die Revolution als politisches Phänomen also zu den modernsten Gegegebenheiten gehört.

Für die Modernität der Revolution ist vermutlich nichts so charakteristisch, als daß sie von vornherein beanspruchte, die Sache der Menschheit zu vertreten, und zwar gerade weil die Menschheit im 18. Jahrhundert nicht mehr als eine "Idee" war. Es handelte sich nicht nur um Freiheit, sondern um Freiheit  für alle,  und dies mag der Grund sein, warum die Revolution selbst, im Unterschied zu den revolutionären Ideologien, umso moderner und zeitgemäßer geworden ist, je mehr die "Idee" der Menschheit sich durch die moderne Technik zu einer handgreiflichen Realität entwickelt hat. Will man dies auf eine Formel bringen, so kann man auch heute noch auf THOMAS PAINE zurückgreifen, der aufgrund seiner Erfahrungen in der amerikanischen und französischen Revolution meinte: "Die Revolutionen, die vorher in der Welt stattgefunden haben, hatten nichts in sich, was die Masse der Menschheit interessierte. Sie umfaßten nur den Wechseln von Personen oder einzelner Vorschriften, aber keine Prinzipien und griffen um sich oder fielen unter die allgemeinen Verkehrsbeziehungen der Zeit." (1) Was aber nun den Freiheitsbegriff anlangt, so ist er zwar mit dem Wesen der Revolution von Anfang an verbunden, hat aber ursprünglich mit Krieg und Kriegszielen kaum etwas zu tun. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Befreiungskriege in der historischen Erinnerung der Völker oft mit einem besonderen Nimbus umgeben worden sind oder daß in der Kriegspropaganda, die von den "heiligsten Gütern der Nation" spricht, die Freiheit als Schlagwort immer wieder auftaucht. Denn all dies besagt keineswegs, daß darum die Befreiungskriege in Theorie und Praxis als die einzigen "gerechten Kriege" galten.

Rechtfertigungen des Krieges auch auf dem Niveau politischer Theorie sind sehr alt, wiewohl natürlich nicht so alt wie die organisierte Kriegsführung. Sie setzen offenbar voraus, daß politische Überzeugungen normalerweise nicht im Zeichen von Gewalt stehen, und diese Überzeugung von der wesentlichen Gewaltlosigkeit der Politik finden wir zum erstenmal im griechischen Altertum. Die griechische Polis verstand sich ausdrücklich als eine Staats- und Gesellschaftsverfassung, die nicht auf der Gewalt, sondern auf dem gegenseitigen Sich-Überzeugen, dem  peithein,  beruth. Daß es sich bei diesem Selbstverständnis keineswegs um leeres Gerede oder Selbsttäuschung handelte, die man heute "entlarven" könnte, zeigt sich vielleich am sinnfälligsten in dem athenischen Brauch, die zum Tode Verurteilten nicht hinzurichten, sondern sie zu "überreden", den Schierlingsbecher selbst an die Lippen zu setzen; physische Gewaltanwendung war unter allen Umständen mit der Würde des athenischen Bürgers unvereinbar. Da aber für die Griechen das Politische, nämlich die Polis, schon dem Wortsinn nach sich unter keinen Umständen über die Grenzen der Stadtmauer erstrecken konnte, bedurfte die Gewalt in dem Berei, den wir heute Außenpolitik oder internationale Beziehungen nennen, auch gar keiner Rechtfertigung; obwohl griechische Außenpolitik (abgesehen von den Perserkriegen, in denen ganz Hellas vereint war) sich nur zwischen griechischen Stadtstaaten abspielte, galt sie nicht als eigentlich politisch. Außerhalb der Stadtmauern, nämlich außerhalb des Bereichs des Politischen im griechischen Sinne, galt das Wort des THUKYDIDES: "Die Mächtigen tun, was sie können, und die Schwachen leiden, was sie müssen."

Die ersten Rechtfertigungen des Krieges und damit den ersten Unterschied zwischen gerechten und ungerechten Kriegen kennen wir aus dem römischen Altertum. Aber diese römischen Unterscheidungen und Rechtfertigungen handeln nicht von Freiheit, und wir finden in ihnen nirgends den Unterschied zwischen Angriffs- und Verteidigungskrieg "Denn gerecht ist ein Krieg für diejenigen, für die er notwendig ist, und heilig sind die Waffen, wo nur in den Waffen noch Hoffnung ist", meint LIVIUS (2). Seit den Tagen des LIVIUS und durch die Jahrhunderte hat man die Notwendigkeit für vieles angerufen, das uns heute sehr viel mehr für einen ungerechten als für einen gerechten Krieg zu sprechen scheint. Der Drang nach Eroberung und Expansion, die Verteidigung bestimmter Interessensphären, die Erhaltung der Macht gegen einen neuen, bedrohlichen Machtzuwachs eines Nachbarn oder die Aufrechterhaltung eines bestimmten Mächtegleichgewichts - all diese nur zu bekannten Inventarstücke der Machtpolitik sind ja nicht nur die Ursachen der meisten uns bekannten Kriege in der Geschichte, sie wurden vor allem auch immer als "Notwendigkeiten" empfunden, welche den Ausbruch eines Krieges voll rechtfertigten. Die Vorstellung, daß der Angriffskrieg ein Verbrechen ist und daß Kriege nur als Verteidigungs- oder Präventivkriege gerechtfertigt werden können, hat eine praktische und selbst theoretische Bedeutung überhaupt erst nach dem Ersten Weltkrieg gewonnen, als das furchtbare Vernichtungspotential moderner Waffen zum erstenmal voll in Erscheinung getreten war.

Vielleicht hängt damit, daß nicht Freiheit, sondern die Notwendigkeit der Rechtfertigung des Krieges in unserer Überlieferung diente, zusammen, daß uns unabweisbar ein Gefühl des Unbehagens überkommt, wenn das Argument der Freiheit heute in die Debatte der Kriegsfrage geworfen wird. Sich angesichts des unvergleichlichen und unvorstellbaren Vernichtungspotentials eines Atomkrieges frisch-fröhlich, als sei nichts geschehen, auf das uralte "lieber tot als Sklave" zu berufen, ist nicht nur gefährlich, es ist auch grotesk. Daß es einen erheblichen Unterschied bedeutet, ob man sein eigenes Leben für Leben und Freiheit des Vaterlandes aufs Spiel setzt oder ob man die Existenz des Menschengeschlechts im Ganzen für die gleichen Zwecke riskiert, ist so offenbar, daß es schwer fällt, den Verfechtern des Lieber-tot-als-rot auch nur den guten Glauben zuzubilligen. Was natürlich nicht besagt, daß die Umkehrung, das Lieber-rot-als-tot, weniger lächerlich wäre. Wenn eine alte Lebensweisheit den faktischen Verhältnissen nicht mehr entspricht, wird sie nicht dadurch wahrer, daß man sie kurzerhand auf den Kopf stellt. In Wirklichkeit ist es doch so, daß man unschwer beiden Seiten in dieser Diskussion einen geheimen Vorbehalt nachweisen kann. Diejenigen, die sagen: lieber tot als rot, meinen in Wahrheit: es wird schon nicht so schlimm sein, und die Verluste, die man heute theoretisch errechnet, sind vermutlich übertrieben; während diejenigen, die sagen: lieber rot als tot, in Wahrheit der Meinung sind, daß man die Unterdrückung des Menschen in den modernen Gewaltherrschaften sehr übertrieben hat, daß der Mensch seine Natur nicht ändern wird und daß Freiheit nicht für immer aus der Menschenwelt verschwinden kann. Dies aber besagt, daß beide Seiten sich schließlich vor den Konsequenzen der Alternative drücken, die sie doch selbst vorgeschlagen haben (3).

Nun darf man nicht vergessen, daß der Freiheitsbegriff sich in der Debatte der Kriegsfrage überhaupt erst gemeldet hat, nachdem ganz offenbar ein Stadium in der technischen Entwicklung erreicht war, in welchem ein zweckmäßiger Einsatz der Gewalt- und Vernichtungsmittel nicht mehr möglich ist. Dadurch ist es, als habe man das Freiheitsargument wie einen  deus ex machina  [Gott aus der Schachtel - wp] in die Kriegsdebatte geworfen, um zu rechtfertigen, was rational nicht mehr zu rechtfertigen ist. Vielleicht ist es nicht zu gewagt, in der derzeitigen hoffnungslosen Verwirrung der Fragen und Argumente ein erstes Anzeichen dafür zu erblicken, daß sich eine außerordentlich tiefgreifende, Prinzipielle Veränderung aller Außenpolitik vorbereitet, nämlich das allmähliche Verschwinden des Krieges überhapt von der Bühne der Politik, und zwar ohne eine zwangsläufige radikale Wandlung im internationalen Verhalten der Mächte zueinander oder eine innere Wandlung des Menschen überhaupt. Könnte es nicht sein, daß unsere gegenwärtige Unfähigkeit, mit der Kriegsfrage fertig zu werden, nur besagt, daß wir aufgrund unserer Überlieferung noch schlechterdings außerstande sind, außenpolitisch auch nur zu  denken,  ohne das Hilfsmittel einer "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" als die  ultima ratio  allen Handelns in Betracht zu ziehen?

Ganz abgesehen von der Gefahr totaler Vernichtung, die sich prinzipiell auch wieder ändern könnte durch neue technische Erfindungen wie die "saubere" Bombe oder eine Verteidigung gegen Raketenbeschuß, lassen sich dafür immerhin einige Anzeichen geltend machen. Da ist  erstens  die Tatsache, daß die totale Kriegsführung praktisch mit dem ersten Weltkrieg begann, insofern damals bereits die Unterscheidung von Militär und Zivilbevölkerung nicht mehr respektiert wurde, und zwar nur aus technischen, nicht aus ideologischen Gründen. Nun ist dieser Unterschied selbst relativ modern, und seine Aufhebung besagt nicht mehr, aber auch nicht weniger, als daß wir nun glücklich wieder da angelangt sind, wo Rom Karthago dem Erdboden gleichmachte. Aber unter modernen Verhältnissen kommt dieser Wiederkehr des totalen Krieges, wie wir ihn aus dem Altertum kennen, doch eine erhebliche politische Bedeutung zu; sie steht nämlich in einem offenbaren Widerspruch zu der Grundannahme, auf der in allen modernen Staaten das Verhältnis von Armee und zivilem Staatsapparat beruth: daß es nämlich die Aufgabe der Armee ist, die Zivilbevölkerung zu schützen und zu verteidigen. Innenpolitisch gesehen könnte man durchaus die Geschichte des Krieges in unserem Jahrhundert als die immer deutlicher in Erscheinung tretende Unfähigkeit der Armee darstellen, diese ihr ursprünglich zukommende Funktion zu erfüllen. Jedermann weiß, daß in einem künftigen Krieg die Wehrmacht vermutlich weniger Verluste erleiden wird als die Bevölkerung, und die Strategie der Abschreckung setzt ganz offen voraus, daß das Militär nicht so sehr die Aufgabe hat, das Land gegen den Feind zu schützen, als sich an ihm für die bereits stattgehabte Vernichtung zu rächen.

Eng verwandt mit dieser Perversion im Verhältnis von Zivil und Militär ist  zweitens  die kaum beachtete, aber sehr bemerkenswerte Tatsache, daß wir es eigentlich bereits seit Ende des Ersten Weltkrieges für selbstverständlich halten, daß keine Regierung und keine Staatsform stark genug sind, eine Niederlage im Krieg zu überleben. Man könnte diese Entwicklung bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen, bis zu dem Augenblick jedenfalls, als der Deutsch-Französische Krieg in Frankreich die Transformation des Zweiten Kaiserreiches in die Dritte Republik erzwang; und die Russische Revolution von 1905, die unmittelbar auf die Niederlage im Russisch-Japanischen Krieg folgte, war sicher nicht geeignet, die Staaten in der Zuversicht in die eigene Lebensfähigkeit im Fall einer Niederlage zu stärken. Jedenfalls dürfte heute feststehen, daß revolutionäre Umwälzungen, sei es von innen wie nach dem Ersten Weltkrieg, sei es von außen wie nach dem Zweiten Weltkrieg, nebst Forderungen nach einer bedingungslosen Kapitulation und der Errichtung von Kriegsgerichten durch den Sieger die sicherste Konsequenz jeder militärischen Niederlage sind, die nicht mit völliger Zerstörung geendet hat. Dabei dürfen wir hier die Frage außer Betracht lassen, ob dieser unheimliche Tatbestand einer so entscheidenden Schwächung des Staates dem allgemeinen Autoritätsverlust der Neuzeit zuzuschreiben ist oder ob es eben keinen Staat und keine Regierung geben kann, und seien sie noch so fest verankert im Vertrauen der Bürger, die dem furchtbaren Gewaltstrom einer modernen Kriegsführung standzuhalten vermögen. Auf jeden Fall lohnt sich festzuhalten, daß es in Kriegen politisch bereits um die nackte Existenz ging, als noch niemand etwas von den neuen entsetzlichen Entwicklungen des Atomkrieges ahnte, die auch das biologische Leben in Frage stellen. Dies aber heißt, daß der Krieg überhaupt die Existenz aller Staaten und aller Regierungen in Frage stellt.

Ein  dritter  Punkt betrifft die radikale Veränderung im Wesen des Krieges selbst, die sich daraus ergibt, daß das Prinzip der Abschreckung maßgebend für das Wettrüsten geworden ist. Denn es ist in der Tat richtig, daß die Abschreckungsstrategie "auf den Effekt der Vermeidung abzielt und nicht auf den Sieg in einem Krieg, der gerade vorbereitet wird. Sie tendiert dazu ihre Ziele durch Einschüchterung zu erreichen, die niemals zur Ausführung kommt, sondern durch den Einschüchterungsakt selbst wirkt." (4) Und dies ist keineswegs eine Konsequenz, die sich nur dem Theoretiker aufdrängt, sondern eine Einsicht, der sich die militärischen Instanzen voll bewußt sein. So meinte etwa ein höherer Offizier der amerikanischen Luftwaffe angesichts der großen Anzal von Soldaten im aktiven Dienst, daß "ein jeder von ihnen seine eigentliche Aufgabe nur erfüllen kann, wenn er niemals wirklich tut, wozu man ihn ausgebildet hat." (5) Zwar ist die Einsicht, daß der Friede das dem Krieg inhärente Ziel ist und daß daher jeder Krieg der Vorbereitung des Friedens dient, zumindest so alt wie ARISTOTELES, und die Vorgabe, daß im Wettrüsten die beste Garantie des Friedens liegt, ist vermutlich sogar älter, nämlich so alt wie die Propaganda-Lüge. Aber hier liegt die Sache doch anders. Heute nämlich ist die Vermeidung des Krieges nicht nur das ehrliche oder lügenhaft behauptete Ziel einer gesamtpolitischen Konzeption, sondern das maßgebliche Prinzip der militärischen Veranstaltungen und Vorbereitungen selbst. Das Militär bereitet sich nicht mehr auf einen Krieg vor, von dem eine staatsmännisch geleitete Regierung hofft, daß er nie ausbrechen wird: Ihr eigenes Ziel ist vielmehr die Entwicklung von Waffen, die den Krieg unmöglich machen sollen. Sie selber arbeiten unter dem Motto: "Der Frieden ist unser Beruf." (6)

Es steht fernerhin ganz im Einklang mit diesen gleichsam paradoxenen Kriegsvorbereitungen, daß sich am Horizont internationaler Politik eine ernsthafte Möglichkeit abzeichnet, "heiße" Kriege durch "kalte" zu ersetzen. Natürlich handelt es sich bei einem Wettrüsten der großen Mächte im wesentlichen vor allem um die Erfindung neuer technischer "Verbesserungen" des Waffenarsenals, während nur die Herstellung von Atombomben in Ländern, die nicht oder noch nicht zu den Großmächten zählen, primär politisch motiviert ist. Dennoch scheint es mir nahezu unleugbar, daß sich in einem Rüstungswettrennen der Großmächte neuerdings eine ausgesprochen politische Tendenz geltend gemacht hat; es ist, als handle es sich hier um eine ganz neue Art von Friedensmanövern, deren Abhaltung nicht das vorgebliche Feindespaar normaler Manöver in Friedenszeiten involviert, sondern diejenigen, zwischen denen der Krieg möglicherweise wirklich ausbrechen kann. Hierfür spricht auch, daß die alte Politik der Geheimhaltung aller militärischen Entwicklungen sich in den letzten Jahren wesentlich geändert hat.
    "Indem wir unsere militärische Stärke konkret darlegen, können wir nach Ansicht unserer Politiker dazu beitragen, einen möglichen Gegner von einem unüberlegten Angriff zurückzuhalten. Es handelt sich hier um einen neuen Sicherheitsbegriff ... Sicherheit und Geheimhaltung pflegten synonyme Begriffe zu sein, während heute umgekehrt die Sicherheit in Formen offener Kommunikation gesucht wird." (7)
Es ist, als ob das atomare Wettrüsten in eine Art hypothetischer Kriegsführung führt, in der die Gegner einander das Zerstörungspotential ihrer Waffen vorführen; und wiewohl es natürlich immer möglich ist, daß dieses tödlich gefährliche Spiel im Hypothetischen plötzlich in die Wirklichkeit einbricht, so ist es doch auch durchaus denkbar, daß ein "kalter" Krieg, nämlich ein Krieg, der  de facto  niemals ausgebrochen ist, eines Tages durch den Sieg des einen und die Niederlage des andern beendet wird. Sind dies Phantasien? Dagegen spricht, daß wir mit dieser Möglichkeit einer hypothetischen Kriegsführung eigentlich bereits konfrontiert waren, als die erste atomare Bombe auf einem Kriegsschauplatz erschien. Damals meinten viele, was heute erwiesen ist, daß es, um die japanische Regierung zur bedingungslosen Kapitulation zu veranlassen, völlig genügt hätte, die neue Waffe vor einer ausgewählten Gruppe japanischer Wissenschaftler zu demonstrieren; denn für diejenigen, die Bescheid wußten, hätte die bloße Demonstration eine absolute Überlegenheit jenseits des Kriegsglücks zwingend erwiesen. (8) Zwanzig Jahre nach Hiroshima hat die technische Entwicklung gerade auf dem Gebiet der Zerstörung eine Meisterschaft erreicht, bei der alle nicht-technischen Faktoren in der Kriegsführung wie Truppenmoral, Strategie, Tüchtigkeit und selbst das Schlachtenglück, so sehr in den Hintergrund treten, daß die Endresultate im vorhinein mit nahezu perfekter Präzision errechnet werden können. Ist der Punkt perfekter Kalkulation erst einmal erreicht, so dürften die Resultate von Versuchen und Demonstrationen für die Sachkundigen Sieg und Niederlage mit gleicher endgültiger Evidenz beweisen, wie ehedem das Schlachtfeld, die Eroberung und Besetzung von Gebieten, der Zusammenbruch des Nachrichten- und Versorgungsapparates und was sonst für die militärischen Experten ausschlaggebend war.

Es bleibt  schließlich  noch die Tatsache, die in unserem Zusammenhang besonders bemerkenswert ist, daß die innere Beziehung von Krieg und Revolution, ihre gegenseitige Abhängigkeit und die Wechselwirkung zwischen ihnen, ständig gewachsen ist und daß der Schwerpunkt in diesem Verhältnis sich mehr und mehr vom Krieg auf die Revolution verlagert hat. Zwar ist diese Wechselwirkung ansich kein neues Phänomen, sie ist sogar genauso alt wie die Revolution selbst, denen entweder ein Befreiungskrieg voranging und sie dann begleitete wie in der amerikanischen Revolution oder die in Verteidigungs- und Angriffskriegen endeten wie die französische Revolution. Aber zu diesen Beispielen hat sich in unserem Jahrhundert ein ganz und gar anders gearteter Ereignistypus gesellt, bei dem es ist, als sei selbst die Kriegswut nur ein Vorspiel, ein vorbereitendes Stadium für den Terror und den Schrecken, den die Revolution auslöst (so jedenfalls hat BORIS PASTERNAK den Zusammenhang von Krieg und Revolution im  Doktor Schiwago  interpretiert), wobei diese Beziehung sich auch umdrehen kann und dann ein Weltkrieg wie die Folge einer Revolution erscheint, als sei er ein Bürgerkrieg, der die ganze Welt in Mitleidenschaft zieht; so ist bekanntlich der Zweite Weltkrieg von einem nicht unbeträchtlichen Teil der öffentlichen Meinung in aller Welt verstanden worden, und keineswegs zu Unrecht. Heute, zwanzig Jahre später, ist es uns schon beinahe selbstverständlich, daß ein Krieg unweigerlich in einer Revolution endet und daß die einzige überhaupt nur denkbare Rechtfertigung eines solchen Krieges die Sache der Freiheit ist. So scheint es mehr als wahrscheinlich, daß, was immer die Zukunft bringen mag, Revolutionen im Gegensatz zu Kriegen nicht so bald von der Bildfläche des politischen Geschehens verschwinden werden, es sei denn, der Atomkrieg bringt den Untergang der gesamten Menschenwelt oder doch zumindest der gesamten und bekannten Zivilisation. Auch wenn es uns gelänge, das Gesicht dieses Jahrhunderts so entscheidend zu verändern, daß man es nicht mehr ein Jahrhundert der furchtbaren Kriege und Weltkriege nennen könnte, so wird es wohl doch bis zu seinem Ende ein Jahrhundert der Revolutionen bleiben.

Sollte sich diese Voraussage bewahrheiten, sollte im Sinne KANTs "was guter Wille hätte tun sollen, aber nicht tat, endlich die Ohnmacht bewirken" (9), so würde daraus folgen, daß im gegenwärtigen Konflikt, die die Welt in zwei feindliche Parteien aufzuspalten droht, diejenigen schließlich die Oberhand behalten werden, die verstehen, was eine Revolution ist, was sie vermag und was sie nicht vermag, während alle die, welche auf die Karte der reinen Machtpolitik setzen und daher auf der Fortexistenz des Krieges als der  ultima ratio  aller Außenpolitik bestehen, in einer nicht zu entfernten Zukunft entdecken dürften, daß ihr Handwerk veraltet ist und daß mit ihrer Meisterschaft niemand mehr etwas Rechtes anzufangen weiß. Und ein solches artikuliertes Verständnis um das, worum es in einer Revolution eigentlich geht, kann weder ersetzt noch widerlegt werden durch vermeintliche Sachverständige der Konterrevolution; die die Konterrevolution - ein Wort, das CONDORCET im Verlauf der französischen Revolution prägte - ist von der Revolution so abhängig und vorbestimmt wie die Reaktion von der Aktion. De MAISTREs berühmtes Wort: "Die aars1.htmlKonterrevolution ist keine  Gegen revolution, sondern das Gegenteil von Revolution", ist heute wie zur Zeit seiner Formulierung im Jahr 1796 nicht mehr als ein geistreicher Einfall. (10)

Die hier namhaft gemachten Unterschiede zwischen Krieg und Revolution - daß der Krieg sich auf die Notwendigkeit und die Revolution sich auf die Freiheit beruft, daß der Akzent des Weltgeschehens sich mehr und mehr vom Ereignis des Krieges auf das der Revolution zu verlagern scheint - dürfen doch nicht verschleiern, daß wir es mit Phänomenen zu tun haben, die historisch in einem sehr engen Zusammenhang stehen. Das sie verbindende Glied ist die Gewalt, und diese Rolle der Gewalt darf umso weniger gering geachtet werden, als sie Krieg und Revolution gleichermachen gerade als politische Phänomene zu disqualifizieren scheint. "Was das Allgemeinwohl schafft ist immer schrecklich", meinte SAINT-JUST. Wer wollte leugnen, daß Kriege auch darum so leicht in Revolutionen umschlagen und daß Revolutionen auch darum eine so verhängnisvolle Neigung zeigen, Kriege zu entfesseln, weil die Gewalt ihr gemeinsamer Nenner ist? So könnte man wohl meinen, der Erste Weltkrieg habe eine so ungeheure Gewalt entfesselt, daß Revolutionen in seinem Gefolge auch dann ausgebrochen wären, wenn es vordem noch nie eine Revolution gegeben hätte und keine mit ihr verbundene revolutionäre Tradition.

Dies soll natürlich nicht heißen, daß Kriege von Revolutionen ganz zu schweigen, ja ausschließlich von Gewalt bestimmt wären. Wo die Gewalt absolut herrscht, wie z. B. in den Konzentrationslagern der totalen Herrschaft, da schweigen nicht nur die Gesetze - "les lois se taisent", hieß es in der französischen Revolution -, sondern alles und alle. Umd dieses Schweigens willen ist die Gewalt im politischen Bereicht ein Grenzphänomen, denn der Mensch, sofern er ein politisches Wesen ist, existiert im Miteinandersprechen. Die beiden berühmtesten aristotelischen Definitionen des Menschen, daß er ein politisches und ein mit Sprache begabtes Wesen ist, ergänzen sich gegenseitig und beruhen beide gleichermaßen auf den Erfahrungen des griechischen Lebens in der Polis. Hier handelt es sich nicht einfach darum, daß die Sprache hilflos ist, wenn ihr die Gewalt gegenübertritt (es ist in der Tat wahr, daß man der "geschwätzigen Demokratie" nur den Revolver auf die Brust zu setzen braucht, um sie verstummen zu machen, nur hat man damit eben auch allem politischen Leben den Garaus gemacht), sondern vielmehr darum, daß die Gewalt selbst stumm ist, unfähig nämlich, sich im Wort wirklich adäquat zu äußern. Weil die Gewalt ihrem Wesen nach stumm ist, kann auch die politische Theorie wenig über sie aussagen, und eine Diskussion der Gewaltmittel überläßt sie besser den technischen Experten. Denn das politische Denken ist darauf angewiesen, daß die Phänomene seines Bereichs sich selbst kund tun; es bleibt dem, was von sich her im Bereich menschlicher Angelegenheiten erscheint und sich ausspricht, verbunden. Und diese politischen Phänomene, im Unterschied zu den reinen Naturerscheinungen, bedürfen der Sprache und der sprachlichen Artikulation, um überhaupt in Erscheinung zu treten; sie sind als politische überhaupt erst existent, wenn sie den Bereich des nur sinnfällig Sichtbaren und Hörbaren überschritten haben. Kriegs- oder Revolutionstheorien können es daher nur mit den Rechtfertigungen von Gewalt, aber nicht mit dieser selbst zu tun haben; erst in der Rechtfertigung wird die Gewalt ein eigentlich politisches Phänomen. Sollte aber eine solche Theorie, statt in der Gewalt eine  ultima ratio  der Politik zu sehen, eine Rechtfertigung von Gewalt überhaupt oder ihre Glorifizierung anbieten, so ist sie nicht mehr eine politische, sondern eine im Wesen anti-politische Theorie.

Die Gewalt kann nie mehr, als die Grenzen des politischen Bereichs schützen. Wo die Gewalt in die Politik selbst eindringt, ist es um die Politik geschehen. Unter dem Aspekt des reinen Gewaltprozesses stehen Kriege wie Revolutionen außerhalb des politischen Raumes und dies trotz der ja ungeheuer großen Rolle, welche solche Prozesse in der Geschichte gespielt haben. Diese Tatsache hatte das siebzehnte Jahrhundert, das sich ja gerade in Kriegen und Revolutionen besonders gut auskannte, im Auge, wenn es den sogenannten Naturzustand ("state of nature") als einen präpolitischen Zeitraum hypothetisch ansetzte, der natürlich niemals als ein historisch nachweisbarer Tatbestand gemeint war. Diese Hypothese hat auch heute noch ihre Revelanz, insofern sie die Einsicht ausdrückt, daß es keineswegs immer und überall, wo Menschen zusammenleben, einen politischen Bereich gibt und daß wir von vielen Ereignissen wissen, die prinzipiiell  nicht  politischer Natur sind, ja nicht einmal in irgendeinem Zusammenhang mit dem Politischen und historisch bekannten Verlauf auftreten. Der Begriff des Naturzustandes weist zumindest auf Realitäten hin, welche der Entwicklungsbegriff des 19. Jahrhunderts auf keine Weise begreifen kann, ob er nun den historischen Prozeß in der Kategorie der Kausalität oder der Aktualisierung von Möglichkeiten oder als eine dialektische Bewegung oder auch nur als einen in sich stimmigen Folgezusammenhang denkt. Denn die Hypothese eines Naturzustandes impliziert, daß es so etwas gibt wie einen Anfang, der als solcher von allem, was nach ihm kommt, wie durch einen Abgrund getrennt ist.

Daß das Problem des Anfangs oder Ursprungs für das Phänomen der Revolution von ausschlaggebener Bedeutung ist, ist offenbar. Daß ein enger Zusammenhang zwischen einem solchen Anfang und der Gewalt besteht, scheint durch die Ursprungslegenden der biblischen wie der klassischen Tradition bezeugt:  Kain  erschlug  Abel, Romulus  erschlug  Remus;  Gewalt stand am Anfang, woraus zu folgen scheint, daß kein Anfang ohne Gewaltsamkeit möglich ist, daß jeder Neubeginn etwas vergewaltigt. Diese ersten Taten unserer Geschichte, die mit Legenden anhebt, haben unzählige Jahrhunderte im Gedächtnis der Menschen überlebt mit jener Kraft, die dem menschlichen Denken in den seltenen Augenblicken eignet, wenn es ihm gelingt, in zwingend überzeugenden Metaphern zu sprechen oder in weithin anwendbaren Geschichten. Die Legende sprach es klar aus: Am Anfang aller Brüderlichkeit steht der Brudermord, am Anfang aller politischen Ordnung steht das Verbrechen. Für diese uralte, durch die Jahrhunderte getragene Überzeugung vom Beginn aller menschlichen Angelegenheiten ist die Annahme eines Naturzustandes nur eine letzte, theoretisch gereinigte Paraphrase, und sie klingt noch deutlich nach in MARX' berühmtem Ausspruch von der Gealt als der mächtigen Geburtshelferin der Geschichte.
LITERATUR - Hannah Arendt, Über die Revolution, München 1963
    Anmerkungen
    1) In  The Rights of Man  (1791), Complete Writings, New York 1945.
    2) MACCHIAVELLI nimmt im  Principe  den Gedanken auf und wandelt ihn ab: "Jeder notwendige Krieg ist gerecht; und die Waffen, welche zur Verteidigung eines hilflosen Volkes ergriffen werden, sind Waffen der Barmherzigkeit."
    3) KARL JASPERs BUCH über  Die Atombombe und die Zukunft der Menschheit  enthält, soviel ich weiß, die einzige Diskussion der Kriegsfrage, die im Ernst sowohl die Vernichtung der gesamten Menschheit in einem Atomkrieg wie die prinzipielle Bedrohung der Freiheit auf der gesamten Erde duch einen totalen Herrschaftsapparat als Möglichkeiten in Rechnung stellt und also ganz frei ist von unausgesprochenen Vorbehalten dieser Art.
    4) So RAYMOND ARON in einem bemerkenswerten Artikel  Political Action in the Shadow of Atomic Apocalyps  in dem 1962 erschienenen, von HAROLD D. LASSWELL und HARLAN CLEVELAND herausgegebenen Buch  The Ethics of Power. 
    5) Ich zitiere aus der ausgezeichneten, reich dokumentierten Reportage von DANIEL LANG,  An Inquiry into Enoughness,  New York 1965.
    6) ebd.
    7) ebd.
    8) Die amerikanische illustrierte Zeitschrift  Look  veröffentlichte im August 1963 (Bd. 27, Nr. 16) die erste auf Dokumenten basierende Reportage von den Diskussionen, die dem Abwurf der A-Bomben in Regierungskreisen vorausgingen. Danach waren es vor allem JAMES B. CONANT, Präsident der Harvard Universität, und VANNEVAR BUSH, Präsident der Carnegie Institution in Washington, die darauf drangen, daß man Japanern die Bombe vordemonstriert, bevor man sie gegen Japan einsetzt.
    9) In "Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis" (1793) III. Absatz.
    10) Ich zitiere im Text die Antwort, die de MAISTRE in den  Considerations sur la France  (1796) CONDORCET gab, der die Konterrevolution als "une revolution au sens contraire" [Umdrehung in die entgegengesetzte Richtung - wp] definiert hatte. Siehe CONDORCET  Sur le Sens du Mot Revolutionaire,  eine kleine Schrift, die 1793 erschien. Heute am besten zugänglich in den  Oeuvres,  1847-49, Bd. XII. - - - Historisch gesprochen, verdanken sowohl der Konservatismus wie die Reaktion nicht nur ihren Elan und ihre besten polemischen Pointen, sondern ihre Existenz der französischen Revolution. Sie sind ihrem Wesen nach polemisch und als eigenständige Gedankensysteme, als die sie sich manchmal ausgeben, gar nicht zu begreifen. Alle ihre wirklichen Einsichten und ihr gesamtes Begriffsgefüge sind abgeleiteter Natur. Dies ist dann auch der Grund, warum das konservative Denken so ausgezeichnete Polemiker hervorgebracht hat und warum die Revolutionäre, sofern sie wie MARX einen echten polemischen Stil entwickelten, gerade diese Seite ihres Handwerks zweifellos von ihren Gegner lernten. Weder liberales noch revolutionäres, wohl aber das konservative Denken, wo es mehr ist als reaktionäres Gerede, ist durch und durch polemisch.