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Über den Gegenstand des Erkennens
Inhalt und Gegenstand der Vorstellungen sollen nach dem Verfasser voneinander und auch vom Vorstellen verschieden sein (Seite 4), Inhalt und Gegenstand sind nach ihm nicht bloß logisch verschieden (Seite 29). Es besteht unter den Forschern der Gegenwart eine weit verbreitete und, soviel ich sehe, immer zunehmende Strömung, welche nicht bloß allen Unterschied zwischen Inhalt und Gegenstand leugnet und den Inhalt einfach für den Gegenstand erklärt, sondern auch (entgegen BRENTANO, Seite 3 und LIEBMANN, Seite 31) allen Unterschied zwischen Vorstellen und Inhalt auszumerzen sucht, das Vorstellen etwa als bewußtes Etwas und umgekehrt das bewußte Etwas als Vorstellen erklärt. Ich kann mich für meine Ansicht auf eine Reihe von Forschern berufen, auf HÖFLER, HILLEBRAND, BOLZANO, ZIMMERMANN, KERRY, ARISTOTELES und die Scholastiker, DESCARTES (Seite 4, 17, 10, 3, 26), sogar auch auf MILL (Seite 10, aber wenn die Dinge bloße permanent possibilities of sensation sind, so fällt, wie es scheint, nicht bloß der Unterschied von Inhalt und Gegenstand, sondern auch der von Vorstellen und Inhalt). KANT und ERDMANN (Seite 84 und 85), ebenso SIGWART und LIEBMANN (Seite 4, 16, 31), ja einmal auch HÖFLER (Seite 27) verwechseln Inhalt und Gegenstand. Vor allem ist die Frage zu beantworten: Was ist Gegenstand im Gegensatz zum Inhalt? Es genügt nicht, wenn man sagt: "Gegenstand ist das als unabhängig vom Denken Angenommene." (Seite 4). Vielmehr ist Gegenstand des Vorstellens das vom betreffenden Vorstellen und seinem Inhalt als unabhängig Betrachtete, Gegenstand des Urteils das vom betreffenden Urteil und seinem Inhalt als unabhängig Betrachtete, sofern darauf das Vorstellen und Urteilen gerichtet ist. (TWARDOWSKI sagt mit HÖFLER gleichsam "gerichtet ist", Seite 4). Auch das Vorstellen und der Vorstellungsinhalt (Seite 63, 82, 100), das Urteil und sein Inhalt wie alle Bewußtseinsvorgänge können Gegenstand des Vorstellens und Urteilens sein. Aber kein Vorstellen, kein Urteilen ist sich selbst Gegenstand, Vorstellungs- und Urteilsgegenstand, sondern höchstens Gegenstand eines anderen zweiten Vorstellens und Urteilens, von dem es selbst unabhängig ist. (WILLIAM JAMES, Psychologie, Bd. 1, Seite 189, 190, 218, 219, 223, 271, 274, 471). Gegen den Verfasser (Seite 36 und 35) muß ich bemerken, daß das, was von uns selbst in der Phantasie gebildet wird, für das Vorstellen, durch das es gebildet wird, nicht Gegenstand, sondern nur Inhalt sein kann; ebenso sind die von den Dingen in uns erzeugten Empfindungen, "ihre Erscheinung", in denen der Verfasser Akt und Inhalt unterscheidet (Seite 3), sich weder selbst Gegenstand, noch haben sie an diesem Inhalt einen Gegenstand im eigentlichen Sinne; hingegen sind Gegenstände im eigentlichen Sinn die nach BERKELEY von Gott in den endlichen Geistern erzeugten Ideen, die nach REHMKE ebenso wie unsere eigenen Bewußtseinsvorgänge vom Bewußtsein überhaupt abhängigen fremden Bewußtseinsvorgänge und äußeren Dinge - sie sind Gegenstände unser eigenes Bewußtsein, für das Bewußtsein überhaupt können sie natürlich nur Inhalt sein -; endlich auch das Ding-ansich oder die Dinge ansich KANTs, sofern darunter nur nicht etwas ganz und gar Unerkennbares verstanden wird (auch die permanent possibilities of sensation MILLs, sofern sie nicht etwa bloß in der sensation [Empfindung - wp] mit dem begleitenden Nebengedanken ihrer Wiederkehr bestehen sollen, sondern den Gegenstand eines von ihnen verschiedenen Vorstellens bilden, von dem sie natürlich unabhängig sind). Es fragt sich, ob so etwas, wie der Unterschied von Inhalt und Gegenstand, in den Vorstellungen konstatiert werden kann. Nach meinen Erfahrungen fällt es überaus schwer, davon diejenigen zu überzeugen, welche sich einerseits nicht mehr im Bann des naiven Bewußtseins befinden und andererseits auch die Notwendigkeit dieses Unterschieds für die Erkenntnistheorie nicht zugeben zu können glauben. Wenn wir uns ein Haus vorstellen, was können wir konstatieren? Eine Gesichtsempfindung, sei es eine ursprüngliche, sei es eine wiederauflebende, die als ursprüngliche, wie wir sagen, von dem, was wir ein Haus nennen, herbeigeführt wird. Von einem Wir oder Ich ist nichts zu entdecken, auch nicht von einem Bewußtsein um ein Etwas. Ein bewußtes Etwas scheint alles, was vorhanden ist. Von Inhalt und Gegenstand, von einem Unterschied beider ist nichts zu entdecken. Manchmal jedoch, wenn auch verhältnismäßig selten bei der Vorstellung sinnlich wahrnehmbarer Gegenstände, verbindet sich mit dem besprochenen bewußten Etwas ein anderes, das wir Name nennen, eine Gehörsempfindung eines gesprochenen oder die Gesichtsempfindung eines geschriebenen Wortes, beides wiederauflebende Empfindungen. Auch sie sind zunächst nichts anderes als bewußte Etwas. Allein die Namen sind Namen von Gegenständen, nicht von Vorstellungsinhalten, sie benennen Gegenstände, und das ist ihre erste Funktion; sie wecken im Hörenden außerdem den entsprechenden Vorstellungsinhalt und geben endlich kund, daß der Sprechende etwas vorstellt - das ist ihre zweite und dritte Funktion (Seite 10-12) Das Wort Sonne, sagt MILL, ist der Name der Sonne und nicht der Name unserer Vorstellung der Sonne (Seite 10). Dasselbe gilt natürlich vom Namen Haus. Durch den Namen die Gehörsempfindung eines gesprochenen oder die Gesichtsempfindung eines geschriebenen Wortes, beide ansich genommen nichts als bewußte Etwas, hat demnach die Vorstellung eine Beziehung auf einen Gegenstand, die Vorstellung des Hauses die Beziehung auf den Gegenstand Haus, die ihr ohne den Namen fehlt. Diesem Gegenstand gegenüber müssen wir dann die ursprüngliche oder wiederauflebende Empfindung, das bewußte Etwas, das wir zunächst allein in der Vorstellung entdecken, als Vorstellungsinhalt bezeichnen. Der Verfasser erklärt uns nicht näher, wie Vorstellungen einen Gegenstand haben können. Hoffentlich findet diese im Anschluß an seine Erörterung über die Namen gegebene Erklärung seine Zustimmung. Er erklärt uns auch nicht, woher es kommt, daß die Namen Namen von Gegenständen und nicht von Vorstellungsinhalten sind; ich bin nicht so zuversichtlich in der Erwartung, daß er der Erklärung, die ich hierfür geben möchte, seine Anerkennung nicht versagt. Namen haben sich für uns mit den Empfindungen, von denen wir sagen, daß sie von den Dingen herrühren, assoziiert; wir haben darum von ihnen ein assoziatives Wissen (vgl. meine "Psychologie des Erkennens", Seite 169). Aber streng genommen funktionieren sie als Namen nur im Urteil, nur durch das Urteil können sie auf Gegenstände bezogen werden. Namen von Gegenständen werden sie erst im Satz, wie es ja auch Sprache eigentlich nur im Satz, dem Ausdruck des Urteils, gibt, obgleich oft Teile des Satzes (wie das Subjekt) durch die Haltung, den Blick, den Fingerzeig des Redenden ergänzt werden müssen. Das Urteil besteht nun seinem Wesen nach in einem Bewußtsein der Wahrheit, obgleich das Wort und der Begriff der Wahrheit nur in Urteilen über Urteile (z. B.: Es ist wahr, daß usw.) eine Stelle findet. Vorstellungen sind wahr und falsch, wenn sie einen Gegenstand haben, wie schon DESCARTES mit Recht betont (Seite 26), aber ein Bewußtsein der Wahrheit (einschließlich implizit vorhanden) gibt es nur im Urteil. Das setzt abe voraus, daß in ihm Inhalt und Gegenstand unterschieden wird, denn die Wahrheit besteht in der Übereinstimung oder Korrespondenz der Vorstellungsinhalte, welche im Urteil eine Rolle spielen, mit dem Gegenstand. Der Unterschied von Inhalt und Gegenstand, der für die Vorstellung schwer zu konstatieren ist und zweifelhaft erscheinen kann, ist für das Urteil zweifellos vorhanden und leicht zu entdecken. Durch den mit ihr verbundenen Namen und weiterhin durch das Urteil ist auch die Vorstellung auf einen Gegenstand gerichtet und auch für sie der Unterschied von Inhalt und Gegenstand gültig. Das ist unsere Meinung. In doppelter Hinsicht weicht der Verfasser von dieser unserer Meinung ab. Selbstverständlich kann nach unserer Auffassung bei den Bewußtseinsvorgängen von einem Inhalt nur die Rede sein, wenn sie auf einen Gegenstand gerichtet sind. Ist dies nicht der Fall, so sind sie nichts weiter als bewußte Etwas, die weder als Inhalt noch als Gegenstand charakterisiert werden können. Der Verfasser ist nun mit BRENTANO und seinen Schülern der Ansicht (Seite 3), daß allen Bewußtseinsvorgängen die Beziehung auf einen Inhalt, ein immanentes intentionales Objekt eignet, und daß sie eben dadurch von physischen Vorgängen unterschieden werden. Ich unterscheide Empfindungen und Gefühle als ursprüngliche Bewußtseinsvorgänge, die unter Umständen in neuen Bewußtseinsvorgängen (Psychologie des Erkennens, Seite 111) wiederaufleben können, in jedem Fall aber durch nichts als ihre Bewußtheit, oder dadurch, daß sie durch sich selbst bewußt sind und in diesem Sinne als Bewußtsein von sich bezeichnet werden können, charakterisiert sind. Bezüglich der Gefühle habe ich das ausführlich gezeigt (Psy. d. Erk. Seite 143-144). Daß es Empfindungen gibt, die zur Kenntnis der Außenwelt nichts beitragen und nur sich selbst kund tun, wozu auch wohl die Spannungsempfindungen der Sehnen, nicht die Gelenk- und Muskelempfindungen, die sich als Druckempfindungen erwiesen haben, zu rechnen sind (KÜLPE, Grundriß der experimentellen Psychologie, Seite 23 und Seite 148; Psy. d. Erk., Seite 166), bedarf keiner weiteren Erörterung. Wie der Verfasser in dieser Hinsicht BRENTANO folgt, so auch in der anderen Hinsicht, in welcher er von unserer Meinung abweicht. Er schließt sich nämlich auch der Urteilslehre BRENTANOs an, nach der das Wesen des Urteils im Anerkennen und Verwerfen des Urteilsgegenstandes liegt (Seite 8, 28, 36, 99; Inhalt des Urteils ist nach dem Verfasser die Existenz, Seite 9). Ich halte demgegenüber in Übereinstimmung mit ÜBERWEG, MILL ("Logik", übersetzt von SCHIEL, Bd. 1, Seite 107, Examination of Sir William Hamiltons Philosophy, Seite 421), mit BERGMANN, mit THOMAS von AQUIN (siehe theol. p. I q. XVI. a. 2), mutatis mutandis [vergleichbar - wp] mit SIGWART (vgl. "Rickaby First Principles, London 1890, Seite 24-26) an meiner Definition fest. Was HILLEBRAND (Die neuen Theorien der kategorischen Schlüsse, Seite 19f) gegen SIGWART, ÜBERWEG, MILL sagt, hat, sofern es diese meine Definition mit betrifft, nichts auf sich. Anerkennung und Verwerfung sind Willens-, nicht Erkenntnisvorgänge, so schon nach den Stoikern, welche zuerst von ihnen reden, und dann wieder bei DESCARTES. Oft kommt es vor, daß uns das Bewußtsein der Wahrheit nicht in der Form der blinden Überzeugung, sondern der Einsicht in die Sache wirklich aufgeht, plötzlich in uns aufblitzt, daß wir aber nicht dabei verweilen, es nicht festhalten, wohl gar es absichtlich in den Hintergrund drängen, weil es unseren Neigungen nicht entspricht, daß wir es mit anderen Worten: nicht anerkennen, weil wir es nicht wollen. Der Verfasser meint (Seite 67), eine primitive Psychologie habe die Inhalte einfach für ein psychisches Abbild der Gegenstände erklärt, daß von photographischer Ähnlichkeit keine Rede sein kann, scheint heute eine allgemein im negativen Sinn gelöste Frage zu sein (Seite 68). Wir erinnern uns des Wortes MILLs, daß der Name freilich den Gegenstand bezeichnet, aber doch nur den entsprechenden Vorstellungsinhalt im Hörenden weckt (Seite 10), des Wortes HÖFLERs, daß sich die Vorstellung nur gleichsam auf den Gegenstand richtet (Seite 4). Uns trifft jedenfalls ein von der heutzutage allgemein in einem negativen Sinn beantworteten Frage hergenommener Einwand nicht. Wir haben mit Absicht bei der Erläuterung des Bewußtseins der Wahrheit dem Wort Übereinstimmung das andere Korrespondenz zur Seite gestellt. Daß wir von den Gegenständen nichts wissen außer in den Vorstellungsinhalten, daß sie uns nur in der Umhüllung und Verkleidung der Vorstellungsinhalte erscheinen, von denen sie trotz ihrer Unabhängigkeit von ihnen für unser Bewußtsein unabtrennbar sind, was ich in meiner "Psychologie des Erkennens" wiederholt nachdrücklichste einschärfe (Seite 56, 76, 221), scheint von denen, welche Inhalt und Gegenstand unterscheiden, nicht immer streng festgehalten zu werden, auch vom Verfasser nicht (Seite 70). ERDMANN nimmt Übergangsformen zwischen Vorstellen und Urteilen an, einmal in der Beziehung der sukzessiv auftauchenden Merkmale auf den Gegenstand, wobei der Gegenstand als Subjekt und die Merkmale als seine Prädikate gedacht werden, sodann in der Zusammenfassung von Urteilen in einem Wort. Der Verfasser zeigt, daß es sich im ersten Fall nicht um Urteile, sondern nur um das Vorstellen von Urteilen handelt, daß im zweiten Fall etwa Definitionen in ein Wort zusammengefaßt werden, die für den Definierenden allerdings Urteile sind, solange sie in Sätzen ihren Ausdruck finden, hinsichtlich des Definierten aber auch unter dieser Voraussetzung immer nur als vorgestellte Urteile betrachtet werden können (Seite 5 und 8). Die Ausführungen des Verfassers sind in diesem Punkt so schlagend, daß man den Versuch, den Gegensatz von Vorstellen und Urteilen zu beseitigen, wohl als endgültig abgetan betrachten kann. Vorstellungsinhalt und Vorstellungsgegenstand werden dem Verfasser nach (Seite 12 und 20) beide vorgestellt, sind also beide ein Vorgestelltes, aber in verschiedener Weise, für den Vorstellungsinhalt hat das Merkmal vorgestellt, wenn man es als Inhalt betrachtet, eine determinierende Bedeutung, ebenso, wenn auch in einem anderen Sinn, für den Gegenstand, wie wir ja auch von einem Bild und von einer Landschaft in freilich verschiedenem, aber doch eigentlichen Sinn sagen können, daß sie gemalt sind. Betrachten wir aber den Vorstellungsinhalt als Vorstellungsgegenstand oder als vorgestellten Gegenstand, nennen wir analogerweise das Bild Landschaft, so erhält dort das Wort vorgestellt, hier das Wort gemalt einen ganz anderen uneigentlichen Sinn, es hat wie wir sagen eine modifizierende Bedeutung. Ähnlich muß auch der Ausdruck Existenz nicht bloß, wie der Verfasser ausführt (Seite 25), auf den vorgestellten Gegenstand, d. h. auf den Inhalt, der als Gegenstand vorgestellt wird, angewandt, eine modifizierende, sondern auch auf den Inhalt als Erzeugnis des Vorstellens und auf den eigentliche Gegenstand angewandt, eine determinierende Bedeutung haben. Ausführlich wird die Frage behandelt (Seite 20, 29), ob es gegenstandslose Vorstellungen gibt, und in einem verneinenden Sinn beantwortet. Hier (Seite 21, 23) und später (Seite 35) wird dann auch die Bedeutung des Nichts besprochen. Es soll nicht Gegenstand einer Vorstellung sein können, sondern nur ein sogenannter mitbezeichnender synkategorematischer d. h. für sich bedeutungsloser Ausdruck sein wie und, zu, nicht usw. In dem Satz: "Ich sehe Nichts", hat der Ausdruck Nichts keine andere Bedeutung als "nicht", "kein". Er ist gleichbedeutend mit: "Ich sehe nicht den Gegenstand", von dem geredet wird, den andere sehen wollen, oder: "Ich sehe dort nicht etwas, kein etwas"; oder "Ich sehe überhaupt nicht". Aber anders ist es doch mit dem Satz: "Ich stelle Nichts vor", der freilich auch heißen kann: "Ich stelle gar nicht vor"; aber auch: "ich stelle Nichts" d. h. was das Wort Nichts bedeutet, "vor", wo Nichts etwas weder immanent noch transzendent Seiendes, weder Bewußtsein, sei es Vorgang oder Inhalt, noch Nichtbewußtsein, sei es Vorgang oder Ding, ist. Gewiß ist dieses Etwas in sich widersprechend; aber warum soll das Widersprechende nicht Gegenstand sein können, warum sollte nicht etwa die Wirklichkeit aus lauter Widersprüchen bestehen? Zu behaupten: "Nichts existiert" ist freilich in sich selbst widersprechend, aber ich kann doch behaupten: "Nichts existiert nicht", und hier ist das Nichts doch Gegenstand eines Urteils, obgleich es niemals Gegenstand eines Wollens (die Vernichtung ist natürlich etwas Anderes als das Nichts) werden kann (Seite 35). Gewiß ist, daß die Vorstellung "Nichtraucher" nicht alles umfaßt, was außer den Rauchern noch vorhanden sein kann, sondern teil einen übergeordneten Begriff, etwa Menschen oder Männer, in Raucher und Nichtraucher, und ein solcher übergeordneter Begriff läßt sich für das Nichts nicht finden (Seite 22). Aber daraus folgt doch nur, daß dem Nichts nicht eine ähnliche Bedeutung eignen kann, wie dem Ausdruck Nichtraucher und ähnlichen, keineswegs aber, daß ihm gar keine Bedeutung eignet. Ich muß deshalb an meinen Ausführungen über das Nichts (Psy. d. Erk. Seite 50-51) festhalten, nehme im Übrigen mit dem Verfasser an, daß es gegenstandslose Vorstellungen nicht gibt. Der Verfasser ist der Meinung, daß die Allgemeinvorstellungen, wie sie nur einen Inhalt haben, so auch nicht eine Mehrzahl von Gegenständen, sondern nur einen Gegenstand haben können (Seite 35, 102-111). Man muß unterscheiden zwischen Allgemeinvorstellungen mit dem Bewußtsein ihrer Allgemeinheit (universalia reflexa) und Allgemeinvorstellungen ohne dieses Bewußtsein (universalia directa). Was die letzteren angeht, so kommen sie zustand und bestehen lediglich in einem Absehen von den individuellen Merkmalen, da die gemeinsamen dem allgemeinen Namen entsprechenden Merkmale für sich allein nicht vorgestellt werden können. Dieses Absehen ist nur in negativen Urteilen möglich, deren Gegenstand dann die für sich nicht vorstellbaren gemeinsamen Merkmale bilden. Ohne dieses Urteil kommen wir über bloße Gemeinbilder und allgemeine Namen nicht hinaus, durch dasselbe erhalten die allgemeinen Namen einen Gegenstand, den Gegenstand nämlich des Urteils, der damit auch Gegenstand der Allgemeinvorstellung ist, in der ja der allgemeine Name immer und notwendig eine Rolle spielt. So hat die Allgemeinvorstellung ohne Bewußtsein ihrer Allgemeinheit in der Tat nur einen Gegenstand. Anders ist es mit der Allgemeinvorstellung, wenn sie vom Bewußtsein ihrer Allgemeinheit, d. h. ihrer Anwendbarkeit auf mehrere Gegenstände begleitet wird. Die Anwendung der Allgemeinvorstellung auf viele Gegenstände ist natürlich nur möglich in einer Reihe von bejahenden Urteilen, deren jedes einen besonderen Gegenstand hat und die alle zusammen eine Vielheit von Gegenständen haben, die damit auch Gegenstände des in all diesen Urteilen wiederkehrenden allgemeinen Namens und damit auch der allgemeinen Vorstellungen werden. Es zeigt sich hier wie überall: Worte erhalten durch Urteile ihre Beziehung auf Gegenstände und dadurch werden die letzteren zu Gegenständen der Vorstellungen, in denen die Worte eine Rolle spielen. Das tritt besonders deutlich hervor bei den Vorstellungen der Zahl und des Kontinuums (Seite 76). Urteile, in denen wir die niederen Einheiten unterscheiden und zu einer höheren Einheit zusammenfassen, die gleichartigen Teile jeweils für sich ins Auge fassen und als zusammenhängend erkennen, ermöglichen die Definitionen: "Zahl ist" usw., "Kontinuum" ist usw. Der zusammengesetzte Gegenstand jener Urteile ist auch der dieser Definitionen, er wird durch die Worte Zahl und Kontinuum benannt und dadurch auch zum Gegenstand der Vorstellungen. Womöglich noch deutlicher ergibt sich das Gleiche bei den indirekten Vorstellungen (Seite 92-100), deren Gegenstände mittels Relationen zu anderen Gegenständen vorgestellt werden (Seite 94); Beispiele: "Land ohne Berge", "Auge des Menschen". Hier treten vorgestellte Urteile (oder das Vorstellen der Urteile) vermittelnd ein: Land (als Subjekt gedacht), das keine Berge hat oder der Berge ermangelnd (als Prädikat gedacht); ebenso Auge, das einem Menschen gehört oder einem Menschen eigentümlich. Der einheitliche Gegenstand dieser Urteile ist auch der von den zusammengesetzten Namen benannte Gegenstand und wird dadurch zum Gegenstand der indirekten Vorstellungen. Der Verfasser greift in seiner umständlichen Erörterung auf die innere Sprachform zurück (Seite 97), aber auch er kann die Urteilsvermittlung nicht entbehren (Seite 98 unten, Seite 99 unten), wenn er sie auch nicht in gleicher Weise wie ich geltend gemacht hat. Merkmal ist nach dem Verfasser ein vorgestellter Bestandteil des Gegenstands, nicht des Inhalts (also vorgestellt in einem determinierenden Sinn) (Seite 40-48, 82-92 insbesondere Seite 86). Ein vorgestellter Bestandteil der Vorstellungsgegenstände ist aber nicht ihre Identität mit sich, obwohl ein Bestandteil derselben, er ist auch kein grundlegender Bestandteil von ihnen, weshalb das Gesetz der Identität als allgemeine Bedingung alles uns möglichen Vorstellens, "als Grundgesetz des Vorstellens" nicht betrachtet werden kann (Seite 90). Sehr ausführlich wird die Verschiedenheit (Seite 29-40) und das Verhältnis (Seite 67-82) von Vorstellungsinhalt und Vorstellungsgegenstand besprochen. Ich mache aufmerksam auf die schwierige Untersuchung, die Seite 51, wozu Seite 65 zu vergleichen, angedeutet, Seite 64 und 66 durchgeführt ist, und auf die sehr einleuchtende Auseinandersetzung mit KERRY (Seite 100, wozu Seite 82 zu vergleichen ist).
1) Ich setze voraus, daß der Leser, der die nachfolgende Besprechung verstehen will, auch das Buch gelesen hat oder liest. |