Albert SchäffleHeinrich Cohnvon EhrenfelsFriedrich von Wieser | ||||
Zur Lehre vom Wert [ 1 / 2 ]
I. Der Begriff des gemeinen (ursprünglichen) Wertes Zur Erkenntnis der Natur dieses Verhältnisses und daraufhin zum Begriff des Wertes gelangt man leicht durch eine Auseinanderlegung der notwendigen Stadien einer Gedankenreihe, welche zum Wert führt. Wir versuchen die Darlegung einer solchen im nachstehenden Beispiel:
Unmittelbare Folge dieses (passiven) Gefühls des Mangels ist der (aktive) Drang, für seine Beseitigung tätig zu sein. (2) Wir sagen dementsprechend 2. Ich habe den Drang, zur Beseitigung des Durstes tätig zu sein. Nun finde ich aber: 3. Das Wasser kommt dem Drang entgegen. Ich setze diese Wahrnehmung als Attribut des Objektes: 4. Das Wasser hat die Eignung, dem Drang zur Beseitigung meines Durstes entgegenzukommen, kurz: meinen Durst zu stillen. Die Gesamtpersönlichkeit des "Ich" gesetzt, heißt es: 5. Das Wasser hat die Eignung, mir zu dienen. Sodann: 6. Das Wasser hat Wert für mich. Der Wert ist jene Stellung (jenes Attribut) eines Objektes gegenüber der Gesamtpersönlichkeit des Menschen, welche hervorgeht (abstrahiert ist) aus der Erkenntnis der Eignung des Objektes Begehrungen zu dienen. Aber dieser Begriff hat noch eine Lücke. Eingesehen mag sie dadurch werden, daß es von unserem Begriff noch eines Schrittes bis zur Zuerkennung des Wertes bedarf. Der Wert ist jene Stellung etc., welche "hervorgeht". Vielleicht wird die Lücke auch "empfunden". Der Begriff des Wertes atmet eine gewisse Lebenswärme. Durch die "Erkenntnis der Eignung" etc. kann diese nicht gegeben sein. Worin liegt nun das unsere Erklärung vervollständigende und unserem Empfinden gerecht werdende Moment? Wir wollen es in der Anerkennung finden, die ich dem Objekt zolle, weil es Bedürfnisse etc. befriedigt. Es mag hier erinnert werden, daß alles Wahrnehmen und Denken von Lust- und Unlustgefühlen begleitet ist. SCHÄFFLE (3) zitiert nach LOTZE (Mikrokosmus V, Kap. 5): "Ist es eine ursprüngliche Eigentümlichkeit des Geistes, Veränderungen nicht bloß zu erfahren, sondern vorstellend wahrzunehmen, so ist es ein ebenso ursprünglicher Zug desselben, sie nicht bloß vorzustellen, sondern in Lust und Unlust auch des Wertes inne zu werden, die sie für ihn haben, d. h. zu fühlen und sie in Neigung und Abneigung beherrschend für den Willen werden zu lassen." - Ähnlich scheint sich uns an die Feststellung der Grundlagen des Wertes die Anerkennung des Objektes zu knüpfen. Aus der Zusammenwirkung beider erwächst der "Wert". Vielleicht wird eine Analogie den Gegenstand klarer machen. JOHN STUART MILL führt an: "Das Wort Großmut drückt einen gewissen Zustand des Geistes aus, da es aber ein Lob enthält, so drückt es auch aus, daß dieser Zustand des Geistes in uns einen anderen geistigen Zustand erregt, welcher Beifall genannt wird. Die Aussage ist daher eine doppelte und hat folgenden Sinn: Gewisse Gefühle bilden gewöhnlich einen Teil der empfindenden Existenz eines Menschen und der Gedanke an diese seine Gefühle erregt in uns oder andern das Gefühl des Beifalls." (4) Für unseren Fall: Wenn ich sage, das Objekt hat Wert, so will ich damit nicht nur sagen, es hat die Eignung Bedürfnisse usw. zu befriedigen, sondern auch: die Erkenntnis dieser Eignung weckt in mir das Gefühl der Anerkennung, der besonderen Schätzung für das Objekt. In diesem psychischen Vorgang handelt es sich um eine wohl nicht ursprüngliche, aber angewöhnte, derart wohl schwierig zu erkennende (5), aber eben deswegen desto schärfer hervorzuhebende Funktion (6). Daß sie hypothetischer Imperativ ist, hindert selbstverständlich nicht, daß sie in der Wertbildung wesentlich ist. 'DIOGENES hatte angesichts des eingetretenen Verfalls seiner Kräfte ein Interesse daran, Wein zu genießen. Er mißachtete aber die Befriedigung der - ihm bewußten - Forderungen seines Organismus. Ihm hatte der Wein infolge dessen keinen Wert. Die Funktion der Anerkennung hat also ein reelle Bedeutung im Prozeß der Wertbildung. Zur näheren Analyse dieser Bedeutung gelangen wir in den zwei nächsten Abschnitten. Mit jenen Wertbildungen, welche von einer "Erkenntnis" ausgehen, ist die Reihe der tatsächlichen Wertbildungen nicht abgeschlossen. Wir sprechen von einer "Erkenntnis" nur dann, wenn wir glauben, daß sich ein Urteil in Übereinstimmung mit den Tatsachen befindet. Es kann ein Wert gebildet werden aber auch aufgrund eines Urteils, welches dem Urteilenden Erkenntnis, d. h. mit den Tatsachen übereinstimmend scheint, von dem wir aber wissen, oder von dem eine spätere Zeit erweist, daß es irrig ist. Dies ist eine vermeintliche Erkenntnis. Und es kann ein Wert nicht aufgrund einer - wahren oder vermeintlichen - Erkenntnis des Schätzenden, sondern nur der Annahme desselben von einer Wahrscheinlichkeit, selbst nur einer Möglichkeit (der Eignung des Objekts, von Bedürfnissen etc.) Jemand verkaufe mir ein Stück Glas als Diamant. So lange ich nicht weiß, daß ich bloß ein Stück Glas besitze, hat das Objekt für mich den Wert eines Diamanten. Jene Wertbildung vorerst am vielleicht unrechten Platz ist deshalb nicht anders geartet als jede andere, weil der Wert von meiner Meinung über die Dinge seinen Ausgang nimmt und mit dieser meiner Meinung bereits der notwendige Unterbau für seine Aufstellung gegeben ist. Der Wert stellt ein privates Verhältnis fest und keine Tat. Wenn jemand später findet, daß dieses Verhältnis nicht berechtigt war, so ist damit das Verhältnis nicht geleugnet. Der Leugnung dessen aber würde es bedürfen, um sagen zu können, x habe für N keinen Wert gehabt. Die Realität des Wertes ist nicht die Realität des durch die Wertschätzung vorausgesetzten Verhältnisses zwischen Objekt und Subjekt, sondern die Realität meiner Anschauung von demselben. Wir bezeichneten auch die Annahme einer Wahrscheinlichkeit und selbst nur einer Möglichkeit der Eignung des Objektes als die Wertbildung nicht ausschließend. Wir führen hierzu einige Fälle an. Die Wahrscheinlichkeit der Eignung besteht Arzneien gegenüber oder: Ich kaufe ein Stück Land, weil die oberflächliche Kenntnis der geologischen Beschaffenheit es mir möglich erscheinen läßt, daß es Kohlenflöze deckt. Wo ich einen Gegenstand erwerbe, um seine Wirksamkeit zum Gegenstand eines Versuches zu machen (nicht des Versuches, sondern der Wirkung wegen) liegt die Wertzuerkennung aufgrund der Annahme der Wahrscheinlichkeit oder der Möglichkeit einer Eignung immer vor. Wie ist nun diese Wertzuerkennung zu rechtfertigen? Das Objekt wird, wie wir gleich zu Anfang gesehen haben, in Beziehung gesetzt zu dem - übrigens vom Willen noch unbeeinflußten, rein aus dem Mangel entspringenden, gewöhnlich mit demselben in das "Bedürfnis" gefaßten Drang, für die Beseitigung des Bedürfnisses tätig zu sein. Dieser Drang ist aber zur Ruhe gesetzt, so lange aufgrund der Annahme einer Wahrscheinlichkeit "versucht" wird. Es ist übrigens festzustellen, daß der weitaus größte Teil der Werturteile in der Gesellschaft nach wahren Einsichten in die notwendige Wirksamkeit des Objekts erfolgt. Es hängt dies damit zusammen, daß innerhalb der zusammengehörigen Gesellschaft die Tendenz gleichartiger Werturteile besteht, indem die Meisten sich die Erkenntnis der anderen aneignen oder sie doch aus eigener Erfahrung bestätigen. LOTZ äußert hierüber ganz trefflich (7): "Es ist nicht gerade notwendig, daß, weil das Urteil seiner Form nach individuell ist, es auch individuell sei seiner Materie anch. Der Fall, daß mehrere Urteilend beim Fällen dieser Urteile von einer und derselben Prämisse ausgehen und weil sie von ein und derselben Prämisse ausgehen, auch in ihrem Urteil selbst zusammentreffen - dieser Fall ist nicht nur sehr wohl möglich, sonder er erscheint auch sehr häufig als wirklich". (8) - Von dieser Erscheinung ausgehend, kommt LOTZ indessen zu seinem - nicht zu genehmigenden - "gemeinen" (gegenüber dem "individuellen") Wert, wie RAU zu seinem "Gattungswert". Der Begriff des (ursprünglichen) Werts für die Volkswirtschaftslehre Der gemeine Wertbegriff ist viel zu umfassend, um nicht über die Grenzen der Aufgabe der Volkswirtschaftslehre hinauszureichen, zu umfassend insbesondere durch das weite Gesichtsfeld, welche Bedürfnisse, Neigungen etc. des Menschen bieten. Nur Bedürfnisse etc. einer bestimmten Art (9) werden im wirtschaftlichen Wert "Anerkennung" finden. Das Kriterium und der Maßstab für die Zuweisung der Anerkennung kann aber nur aus Aufgabe und Zweck der Wirtschaft zu holen sein. Wir müssen uns hier des Näheren über das Wesen der Begriffsdefinition verbreiten. Als drastische und deshalb auch für die Demonstration unseres gegensätzlichen Standpunktes wohl geeignete Jllustration der bis vor ganz kurzer Zeit herrschenden Auffassung vom Wesen der Grundbegriffe mag die folgende Ausführung FRIEDLÄNDERs in seiner Theorie des Werts (Seite 4) gelten:
Nach dem Gesagten haben wir nun, bevor wir die Definition des wirtschaftlichen Wertes liefern können, uns über die Aufgabe der Volkswirtschaft klar zu werden. Man könnte sich hierbei vor eine Frage von Bedeutung gestellt sehen. Die Aufgabe der Volkswirtschaft kann nämlich zweifach begriffen werden; sie kann den sozusagen letzten praktischen Zweck der Wirtschaft anzeigen (nach SCHÄFFLE, Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd. 3, Seite 287): "Volle Entfaltung der Zivilisation durch reichliche und verhältnismäßige materielle Versorgung aller Glieder der Gesellschaft nach Maßgabe der historisch gegebenen Berufsleistungen aller, d. h. Reichtum und Wohlstand, gutes und verhältnismäßiges Fortkommen des ganzen Volkes"), der in der Frage formuliert ist, "was ist provokatorisches Ziel der Volkswirtschaft?", sie kann aber auch nur das Objekt anzeigen wollen, das Feld, den spezifischen Charakter, kurz den Begriff der Volkswirtschaft. Wir verweisen mit MENGER (11), SAX (12) u. a. die Grundbegriffe an die in zweiter Linie skizzierte "Aufgabe" und sehen es als "argen Verstoß" an, "Grundbegriffe" und "Prinzipien des Handelns" zu konfundieren [vermischen - wp]. (13) Wenn es sich nun um die Feststellung der näher bezeichneten Aufgabe der Volkswirtschaft handelt, so liegt ein Gegenstand des Zweifels bei der Auffassung des "Wirtschaftens", der "wirtschaftlichen Handlung", der "wirtschaftlichen Dinge". Unsere Auffassung des "wirtschaftlichen" geht in die Erklärung desselben als des "in letzter Linie auf die Willensherrschaft über begrenzte Teile der in der Außenwelt vorhandenen Dinge (Teile des uns umgebenden Stoffes) gerichteten". (14) Wir sind jetzt also so weit, den wirtschaftlichen Wert definieren zu können. Aber der Begriff fordert noch eine Prüfung nach der formalen Seite. NEUMANN formuliert die nach dieser Richtung geltenden Erfordernisse wie nachstehend: "Das Interesse der Wissenschaft gebietet, das mit dem bezüglichen Ausdruck zu bezeichnende Vorstellungsobjekt so zu gestalten, daß es sich als gutes Hilfsmittel zum Ausbau unserer Erkenntnis, zur Feststellung anderer Begriffe usw. bewährt und zu diesem Zweck insbesondere einer logischen Gliederung verwandter Vorstellungsobjekte nach ihren wesentlichen Eigentümlichkeiten entspricht." In einem Stück ist auch die formale "Richtigkeit" unserer Definition bereits gesichert, in jenem, der sich an das "Wirtschaftliche" des Werts knüpft. Denn haben wir den Sinn des Wirtschaftlichen im Einklang mit dem Sinn der Wirtschaft bestimmt, so könnte eine Ungleichartigkeit, eine den logischen Faden verletzende Anreihung an andere Grundbegriffe nur die Mangelhaftigkeit dieser letzteren, aber nicht jene unseres Begriffs erweisen. Anders stellt sich unsere Definition in jenem Teil, in dem sie vom "gemeinen" Wert ausgehend nichts wiedergibt, als den sprachgebräuchlichen Begriff. Nun kann dieser freilich ebensogut mit dem in der Volkswirtschaftslehre zweckmäßigen Begriff zusammenfallen, wie von ihm abweichen, und nur im letzten Fall haben wir einen selbständigen Begriff zu formulieren. Nach dem Gesagten müssen wir, wenn wir die Zweckmäßigkeit des Begriffs untersuchen wollen, fragen, welche Begriffe bauen sich auf den Wert auf oder haben neben ihm zu stehen? Die Zahl dieser Begriffe ist meines Erachtens größer als in der Regel angenommen wird. Man hat dem Wert eine Stelle unter den elementaren Begriffen der Volkswirtschaftslehre angewiesen. Wir gehen weiter. Wie wir sogleich des Näheren zu begründen versuchen werden, ist der Wert nicht als einer der elementaren Begriffe, sondern geradezu als "de r Grundbegriff" der Volkswirtschaftslehre anzusehen. Grundbegriff ist - man hat dies zu erörtern bisher verabsäumt - der Begriff, der als erster das Bewußtsein des Zwecks an sich trägt. Als Grundbegriff oder doch dem Wert vorangehende Begriffe stehen nach dem Stand der gegenwärtigen Forschung in Frage: "Wirtschaftliche Handlung" und "Gut". "Wirtschaftliche Handlung" ist der Grundbegriff DIETZELs (a. a. O.), welcher unter eingehender Kritik der sonst geläufigen "Grundbegriffe" aufgestellt wurde und der zunächst auch den Begriff der "Wirtschaft" als Grundbegriff abweist ("Wirtschaft" nach DIETZEL der "Inbegriff" der wirtschaftlichen Handlungen eines Subjekts). Den Begriff des "Gutes" als Grundbegriff hat nun freilich DIETZEL auch schon abgewiesen, aber er ist ihm doch gegenüber dem Wert der frühere Begriff; und deshalb haben wir unsere Untersuchung auch auf den Guts-Begriff auszudehnen. DIETZEL nennt Gut als den dem Wert vorangehenden Begriff, indem er gegen eine Äußerung LINDWURMs in seiner Staats- und Privat-Wirtschaftslehre (Seite 38) polemisiert, welche lautet: "Der Grundbegriff des "Gutes" hat den des Werts zur Voraussetzung. Ein Gut ist nämlich ein jedes Ding, welches Wert hat." DIETZEL hat hiergegen zwei Einwände, den ersten gegen die Priorität des "abstrakten" Wertbegriffs, den zweiten gegen jene des "konkreten", des verglichenen Werts. Der Einwand gegen den ersten ist folgendermaßen formuliert: "Im abstrakten Sinn" sind "Gut" und "Wert" nur zwei verschiedene Bezeichnungen dafür, daß ein "Etwas" die Eigenschaft besitzt, eines meiner Bedürfnisse zu befriedigen. Der Begriff von "Gut" enthält dabei die objektive, der Begriff "Wert" die subjektive Seite des Verhältnisses von Objekt und Subjekt. In diesem allgemeinsten Sinn ist LINDWURMs Definition des "Gutes" richtig, daß "Gut ein jedes Ding ist, welches Wert hat". Damit Wertschätzung entsteht, ist stets die vorgehende Erkenntnis des Subjekts notwendig, daß ein "Etwas" objektiv ein Gut sei, objektiv geeignet sei, einem bestimmtem Bedürfnis des Subjekts zu dienen. Ist einmal dieser Prozeß des Erkennens beendet, so lassen sich die Eigenschaften eines "Etwas" als Wert und Gut überhaupt nicht mehr trennen. Sie bleiben solange beeinander, bis entweder das Bedürfnis aufhört, - dann ist das "Etwas" kein Gut mehr, weil es kein Wert mehr ist - oder die Eigenschaften des Gutes ändern sich, dann ist das "Etwas" kein Wert mehr, weil es kein Gut mehr ist." - Gleich zu Anfang muß es gegenüber dieser Erklärung Bedenken einflößen, Gut und Wert einmal als zwei für den logischen Schluß gleichstufige Begriffe, dann aber den einen als vorangehenden Begriff bezeichnen zu sehen. DIETZELs Meinung ist hierbei, daß sich erst an das Bemerken der Tauglichkeit die Zuerkennung der Gut-Eigenschaft knüpfe, daß sich dann erst durch Reflexion auf das subjektive Bedürfnis der Wertbegriff konstituiert, daß aber sobald die Erkenntnis des Bedürfnisses feststehe, durch die Gleichzeitigkeit des Innewerdens der Tauglichkeit und des Bedürfnisses Gut und Wert als gleichstufige Begriffe erscheinen. Kann aber wirklich das Bemerken der Tauglichkeit dem Sichbewußtwerden des Bedürfnisses vorangehen?! Offenbar ist das nicht denkbar. Das nach DIETZEL für den "Wert", nicht das für das "Gut" entscheidende Moment ist als das erste! Die klare Einsicht in diese Sachlage gewinnt dadurch an Bedeutung, daß DIETZEL seine Auffassung mit einer großen Reihe scharfsinniger Denker unserer Wissenschaft teilt. Bereits HUFELAND (Neue Grundlegung der Staatswirtschaftskunst, Bd. 1, 1807, Seite 18) rät: "Man nenne jedes Mittel zu einem Zweck eines Menschen ein Gut und setze den Wert immer in die Eigenschaft einer Sache, ein Mittel zu einem menschlichen Zweck (ein Gut) sein zu können, bestimme ihn also durch die Tauglichkeit zu einem Zweck von Menschen, so daß man auch von ihm wieder zurückblicken, und ein Gut durch alles, was einen Wert hat, erklären kann." Des weiteren LOTZ (Staatswirtschaftslehre, Bd. 1, 1837, Seite 21): "Die Begriffe von Wert und der Begriff von Gut und Gütern gehen auseinander wechselseitig hervor, und Dinge von Wert und Güter sind eigentlich identische Begriffe". SCHMITTHENNER (12 Bücher vom Staate, Bd. 1, 1839, Seite 331): "Die Eigenschaft einer Sache, ein Gut zu sein ... heißt Wert". ROSSI (Cours d'éc. pol. Bd. 1, 1843, Lektion 4), nachdem er erklärt hat: "Ein Ding von Wert ist ein Gut", läßt die Erklärung folgen: "Gut und Wert sind also, ohne Synonyme zu sein, zwei notwendig korrelative Begriffe". GARNIER in seinen 1845 erschienenen "Elements de l'éc. pol." hat diese Stelle abgeschrieben. Verwandt auch SCHÄFFLE, "Die ethische Seite der nationalökonomischen Lehre vom Wert", Seite 14: "Erwirtschaftet werden die Güter, weil sie Wert haben, und sie haben Wert, weil sie erwirtschaftet werden." DIETZEL bekämpft auch noch aus einem zweiten Grund die Auffassung des Wertes als des dem Gut gegenüber primären Begriffs. "Die Erkenntnis eines Etwas als wirtschaftlichen Wertdinges" führt er aus, "enthält bereits ein Urteil über seine Tauglichkeit für ein bestimmtes Bedürfnis, für das Bedürfnis der Herrschaft über stoffliche Dinge oder deren Kräfte. Nun aber muß die Höhe dieses Werts, dieser Guts-Eigenschaft dem Wirtschaftssubjekt zu Bewußtsein kommen, da seinem unendlichen Begehren nur eine beschränkte Kraft zur Verfügung steht. Unter den tausenden von als Gütern erkannten Dingen wird es denjenigen als erstrebenswert auswählen, deren Besitz ihm für ein Minimum von Kraftäußerung ein Maximum von Willensbefriedigung gewähren wird. Zu diesem Zweck aber muß er die Güter untereinander vergleichen." Die Vergleichung sei aber wieder gebunden an die voraufgehende Erkenntnis, daß etwas objektiv ein Gut sei. Hier will also DIETZEL sagen: Anhand der Vergleichung der Güter spreche ich diesem höheren, jenem geringeren Wert zu. Bevor ich vergleiche, muß ich aber dessen inne werden, daß ich Güter vor mir habe. Die Konstatierung des Objekts als Gut geht also voran. - Nun, auch hier scheint uns das Argument DIETZELs nicht nur stichhaltig, sondern es bereitet seiner Auffassung bei näherer Betrachtung geradezu eine Falle. Indem wir es entkräften, ist es uns nicht mehr nötig, den speziellen Beweis für unsere Auffassung anzutreten. Wir entgegnen nämlich: Damit ich vergleichen kann, muß das gegen den Maßstab gelegte Moment bereits in den zu vergleichenden Objekten enthalten sein. Ich kann die Höhe zweier Berge nur vergleichen, wenn sie beide eine Höhe haben. Ich kann "Güter" kurzweg nach ihrem Wert nur messen, wenn ich überzeugt bin, daß mit dem Guts-Begriff das Vorhandensein eines Wertes bereits angezeigt ist, kurz, wenn ich weiß, daß ein Gut - ein Ding von Wert sei. Man könnte vielleicht einwenden, die Auffindung einer dem Objekt zugehörigen Eigenschaft berechtige nicht schlechthin zur Definition dieses Objekts als "eines Dings mit dieser Eigenschaft". Die Spitze eines solchen Einwandes richtet sich gegen die mögliche Unvollständigkeit eines derartigen Urteils, gegen die Hervorhebung eines möglicherweise nicht charakteristischen Details. Aber fragen wir nur, worin denn das Kriterium für das Charakteristische und Vollständige des Urteils gegeben ist. Wir erhalten zur Antwort: Im Zweck, für welchen es definiert wird. Der Jurist, der Psychologe, der Physiologe - jeder von ihnen muß eine bestimmte Tat anders definieren; denn für die Wahl der Definition ist das Wissensgebiet, für welches definiert wird, maßgebend. Kann aber unter solchen Umständen die Auffindung des Werts als einer Substanz im Gut unwesentlich genannt werden? Sicherlich nicht. Als unvollständig, "nicht genug sagend" wird sie aber schon deswegen nicht gelten, weil man bisher dem Inhalt des Guts-Begriffes sogar noch engere Grenzen als die eines Wertobjekts zu stecken für gut fand. Wir haben nun zu der Frage überzugehen, ob nicht vielleicht mit DIETZEL in der "wirtschaftlichen der Grundbegriff der Volkswirtschaftslehre zu suchen sei. DIETZELs Begründung lautet (a. a. O. Seite 18):
Es bleibt demnach noch zu beweisen, daß der Wert der Grundbegriff ist. Daß sich in ihm das Zweckbewußtsein äußert, ist offenbar. Wenn ich einem Objekt Wert beilege, weil ich anerkenne, daß es wirtschaftlichen Bedürfnissen und dgl. entspricht, so muß mir die Befriedigung des wirtschaftlichen Bedürfnisses etc. als Zweck (der Wirtschaft) gegenwärtig sein. Aber vielleicht äußert sich das Zweckbewußtsein bereits in einem der Urteile, aus denen heraus der Wert erwächst und die dem Wert gegenüber die früheren sind?! Das Urteil, welches der Aufstellung des Wertes unmittelbar vorangeht, ist die Annahme, bzw. die Erkenntnis, daß das Objekt geeignet sei, der Gesamtpersönlichkeit von jemandem zu dienen. In dieser Annahme oder Erkenntnis liegt ersichtlich noch kein Bewußtsein des Zwecks. Liegt im Wertbegriff ein solches, und das ist, wie wir wissen, der Fall, so muß es sich also in der Anerkennung äußern, welche die letzte Teilaktion der zusammengesetzten Aktion der Wertschätzung ist. Ist diese Teilaktion vollzogen, so ist der Wert vollzogen. Damit ist aber dargetan, daß sich das Zweckbewußtsein erst im Vollbegriff des Wertes findet. Danach steht es schließlich weiter fest - im Hinblick auf die vorhin geführte Untersuchung, daß wir im Wert den Grundbegriff der Volkswirtschaftslehre zu erkennen haben. (15) Haben wir aber in jenem Begriff des Wertes, wie er sich uns aus der Klarlegung der ihn begründenden Urteilsreihe bietet, den Grundbegriff der Volkswirtschaft, also jenen Begriff erkannt, auf den sich die weiteren Begriffe unserer Wissenschaft aufzubauen vermögen, so haben wir damit auch seine Zweckmäßigkeit ausgesprochen. Der von der Volkswirtschaftslehre aufzunehmende Wertbegriff sagt also - in kurzer Form - : Wert ist jene Stellung eines Objekts gegenüber der Gesamtpersönlichkeit des Menschen, welche gegeben ist durch die im Glauben an die Eignung des Objekts, wirtschaftlichen Begehrungen zu dienen, gegründete Anerkennung des Objekts. Dieser Begriff kann für die Volkswirtschaftslehre aber noch eine Vereinfachung erfahren. Die Feststellung, daß in der Wertzusprechung eine Anerkennung liege, war von Wichtigkeit, einmal um für den endgültigen Abschluß der Diskussion über den Unterschied von Nützlichkeit und Wert die Basis zu gewinnen, dann um für die Wertdefinition selbst insofern den Schluß der Debatte herbeizuführen, als diese letztere genährt war durch das Gefühl, daß im Wertbegriff ein "Etwas" an lebender Kraft enthalten sei, welches in den bisherigen Definitionen nicht zum Ausdruck kommt. Durch die Hinwegräumung dieses einen Hindernisses, an welches sich die meisten stießen, könnte nun für eine fruchtbare Diskussion des Wertes und der abhängigen Begriffe der Weg geöffnet sein. Fragen wir uns nun aber, welche Bedeutung wohl die Feststellung des Moments der Anerkennung, abgesehen davon, daß sie einen bisher die Diskussion zum Schaden der Wertlehre beeinflussenden Streitpunkt beiseite stellt, für die Weiterbildung der auf dem Wert stehenden Grundbegriffe und danach in zweiter Linie für das eigentliche Gebiet der Volkswirtschaftslehre hat! Daß die Anerkennung das Zweckbewußtsein als Kern in sich schließt, ist uns bereits bekannt. Dieses Moment des Zweckbewußtseins in der Anerkennung ist nicht nur ein wesentliches, sondern geradezu das wesentlichste Moment im Wert. Sind wir so weit im Klaren, so beschränkt sich unsere Untersuchung darauf, was denn das Additionelle in der Anerkennung für den ökonomischen Wertbegriff bedeute. Es muß nämlich festgehalten werden, daß wir nicht den Sprachbegriff zu erklären, sondern uns einen Begriff zu bilden haben. Wären wir im ersteren Fall, so würde die Antwort lauten: Jenes Additionelle bedeutet eben den Sprachbegriff und in der Feststellung des Sprachbegriffs liegt unser Zweck. Für unseren Fall dagegen scheint jenes psychologische Moment nichts wesentlich Neues sagen zu können, wenn es auch andererseits, wie wir gesehen haben, dem Aufbau anderer Begriffe auf den Wertbegriff kein Hindernis entgegenstellt. Im Interesse der Vereinfachung allein führt also die Erwägung, daß durch die Hinwegnahme des Additionellen in der "Anerkennung" der ökonomische Wertbegriff keine virtuelle Modifikation erleide, zu dem Schluß, das Additionelle der Anerkennung gegen den Zweckbegriff sei für den ökonomischen Wert zu entfernen und es sei an die Stelle jenes konstitutiven Elements im Wert, welches wir bisher als die Disposition, dem betreffenden Objekt für seine Dienstleistung Anerkennung zu zollen, kennzeichneten, ein anderes zu setzen, lautend: "Die Disposition in der Befriedigung der Begehrungen einen Zweck zu sehen". Sodann lautet die endgültige Definition des ökonomischen Wertes: Wert ist jene Stellung (Attribut) eines Objektes gegenüber dem Einzelnen, welche gegeben ist durch Reflexion auf das Objekt als eines, welches geeignet sei, wirtschaftlichen Begehrungen, in deren Befriedigung ein Zweck ersehen wird, zu dienen.' (16)
1) Wir denken, indem wir von Begehrungen sprechen, hierbei immer an aus dem Empfinden unabhängig vom fließende Begehren ("Begehrungs-Gefühle"). 2) Die Zusammenfassung beider nennt man Bedürfnis. HERMANN ("Staatswissenschaftliche Unteruchungen, 2. Auflage, Seite 5) definiert letzteres als "Gefühl des Mangels mit dem Streben, diesen Mangel zu beseitigen." LAVELEYE (Eléments d'écon. pol., 1882) unterscheidet Seite 20: "Le besoin est le manque d'une chose nécessaire, utile ou agréable. Du besoin nait le désir, et du désir, l'action." Die Auseinanderhaltung der zwei im Bedürfnis begriffenen Urteile ist auch praktisch von Bedeutung, vgl. später die Erklärung des Wertes im Falle einer Wahrscheinlichkeit der Eignung etc. 3) ALBERT SCHÄFFLE, Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd. 1, 1881, Seite 129 4) JOHN STUART MILL, System der deduktiven und induktiven Logik, Bd. 1, Übersetzung SCHIEL, Seite 89 5) Daher die in der Volkswirtschaftslehre nie zu einem gedeihlichen Abschluß gelangte Diskussion über Vorhandensein und Natur des Unterschiedes zwischen Nützlichkeit (Brauchbarkeit) und Wert. Eine Anzahl Schriftsteller negiert jeden solchen Unterschied, unter diese HERMANN (Staatswirtschaftliche Untersuchungen, 1. Auflage, Seite 4). Eine zweite Reihe umgeht die Auseinandersetzung über den Unterschied. S. STORCH (Cours d'éc. pol., Bd. 1, Seite 36): Das Urteil unseres Verstandes über die Nützlichkeit der Dinge bildet den Wert derselben; J. B. SAY (Cours d'éc. pol., 1882, Seite 163): Or, cette qualité, qui fait qu'une chose a de la valeur, il est évident, que c'est son utilité; LAVALEYE (Elém. d'éc. pol., 1882, Seite 27): La valeur des choses est fondée sur leur utilité. - Eine dritte Reihe sucht in der Definition des Wertes als des Grades der Brauchbarkeit einen Ausweg aus der ihnen evidenten Nicht- Übereinstimmung von Brauchbarkeit und Wert. S. SODEN, LOTZ, RAU, UMPFENBACH, KNIES, früher auch ROSCHER, "genau genommen", wie SCHÄFFLE konstatiert, LORENZ von STEIN und auch der Jurist GOLDSCHMIDT. Für die Unmöglichkeit, aufgrund dieser Auffassung Nützlichkeit und Wert auseinanderzuhalten, hat bereits LINDWURM (Hildebrandts Jahrbücher IV, Seite 167) den Beweis erbracht und NEUMANN hat (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1869, Seite 513f und 1882, Seite 270) RAU die wiederholte Verwechslung von Wert und Nützlichkeit trotz der für ersteren gegebenen Definition nachgewiesen. Schlagend ist HASNERs Bemerkung (System der politischen Ökonomie, 1860, Seite 7) gegen die Erklärung des Wertes als des Grades: "Was wäre dann das Maß, der Grad des Wertes selbst? Etwa das Maß des Maßes?" LINDWURM selbst gelangt aus seiner Abweisung der "Grad-Theorien" nicht weiter als zu folgender These (a. a. O. Seite 179: "Wert ist das Produkt der von einem Individuum vorgenommenen Schätzung des Verhältnisses, worin ein Ding zu ihm steht im Vergleich zu anderen." Gegen die Auffassung des "komparativen" Elements als wesentlich im Wert ist geltend zu machen, daß ich einmal den Wert ansich konstatieren, ihn aber auch "groß" und "klein" nennen kann, ohne auf andere "Werte" zu reflektieren, sondern lediglich aus dem Verhältnis meiner Bedürfnisse zu den im Objekt liegenden Befriedigungsmitteln. - Bereits HERMANN (a. a. O. Seite 4): "Wert setzt keine Vergleichung der Dinge untereinander voraus." - Einen Fortschritt von Erheblichkeit in die Lehre vom Unterschied des Wertes und der Brauchbarkeit bringt SCHÄFFLE, nach welchem nicht mehr die Brauchbarkeit als solche, auch nicht der Grad derselben, sondern die Bedeutung des Gutes für das wirtschaftende Subjekt das Wesen des Güterwertes ausmacht. Diese Auffassung haben insbesondere ROSCHER, von seiner früheren Auffassung abgehend, dann MANGOLDT und WAGBER, auch MENGER in etwas modifizierter Form akzeptiert. - Außerhalb der genannten vier Reihen stehend, verdienen folgende Definitionen Erwähnung. RIEDEL findet den Unterschied zwischen Wert und Nützlichkeit in dem zu ersterem gehörigen "Nebenbegriff einer damit verbundenen Schätzung", HASNER (System der politischen Ökonomie, Bd. 1, Seite 7) nennt Wert "die Tauglichkeit eines Dings, einem in sich selbst berechtigten, einem Lebenszweck zu dienen." 6) WIGAND, Deutsches Wörterbuch, 1876, Seite 1097, führt an: "Im Altnordischen: das verd = Preis, Kaufpreis, mit Wahrscheinlichkeit ursprünglich so viel wie der Loskaufpreis, das Lösegeld für Totschlag oder schwere Beleidung, das im Verhältnis zum Stand des Getöteten oder Geschädigten hinterlegt werden mußte, das Wergeld. Das Wort wäre, wenn diese Ansicht richtig steht, von althochdeutsch: der wer, gothisch: der vair = Mann." Diese Abstammung könnte das persönliche Moment im Wert und jenes der Anerkennung in demselben gut erklären, und insbesondere auch ein Licht darauf werfen, warum das französische Wort "valeur", das normannisch-englische "value" wie das lateinische "valere" und das spätlateinische "valor" weit mehr als das deutsche Wort Wert auf das "Gelten" (Geld), den Preis im Verkehr gehen und die "Anerkennung" nicht in sich begreifen. "Wert", bemerkt RAU (Volkswirtschaftslehre, Bd. 1, 1868, Seite 88) "wird auch nicht körperlichen Dingen und Personen beigelegt, valeur niemals; merkwürdigerweise spricht man in Frankreich bei diesen eher von prix, z. B. der Freundschaft, der Zeit." Zum Begriff des lateinischen Wortes vgl. inbesondere SCHEEL, Die wirtschaftlichen Grundbegriffe im corpus jur. civ., in HILDEBRANDTs Jahrbüchern, Bd. VI, Seite 334f. Die Tatsache, daß das Wergeld nach den deutschen Volksrechten den angenommenen Gebrauchswert, wo ein solcher überhaupt festgestellt werden konnte und festgestellt wurde, erheblich überstieg (siehe INAMA-STERNEGG, Wert und Preis in der ältesten Periode deutscher Volkswirtschaft, Conrads Jahrbücher, Bd. 30, 1878), scheint uns nicht gegen die Annahme WIGANDs sprechen zu müssen. 7) LOTZ, Revision der Grundbegriffe, Bd. 1, 1811, Seite 40 8) Siehe hierzu inbesondere auch SCHÄFFLE, Die ethische Seite der nationalökonomischen Lehre vom Wert, 1862, Seite 15 und 16; Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd. 1, 1881, Seite 543f: "Nicht jeder hat auch nur die Lust, geschweige denn die geistige Fähigkeit und Zeit, den Wert aller Güter selbst zu prüfen und festzustellen." In hohem Grad interessant ist die von INAMA-STERNEGG a. a. O. konstatierte Übereinstimmung in den Wertschätzungen der verschiedenen deutschen Volksrechte. INAMA kommt zu dem Schluß eines "nationalen" Werturteils in der von ihm behandelten Periode (von Beginn der urkundlichen Zeit bis gegen Ende des 9. Jahrhunderts). 9) MOLL, Der Wert - eine neue Theorie desselben, 1877, tritt für die Aufnahme eines weiter greifenden Wertbegriffes in die Volkswirtschaftslehre ein, ohne aber seine - isoliert stehende - Auffassung stichhaltig begründen zu können. 10) Siehe insbesondere NEUMANN, Grundsätze für die Definition, in SCHÖNBERGs Handbuch für politische Ökonomie, Bd. 1, früher in der Tübinger Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1869, Seite 493f. 11) KARL MENGER, Methode der Sozialwissenschaften, 1883. Übrigens äußert MENGER schon in seiner Volkswirtschaftslehre (1872, Seite 80: "Der Wert der Güter ist, gleichwie der ökonomische Charakter derselben, unabhängig von der menschlichen Wirtschaft in ihrer sozialen Erscheinung, unabhängig auch von der Rechtsordnung, ja vom Bestand der Gesellschaft." 12) EMIL SAX, Das Wesen und die Aufgaben der Nationalökonomie, 1884 13) SCHÄFFLE ist von der Geltendmachung seines ethischen Standpunkts für die Grundbegriffe sehr bemerkenswerterweise zurückgekommen. Während er noch 1862 eine spezielle Arbeit der "ethischen Seite der nationalökonomischen Lehre vom Wert" widmen konnte (speziell gegen die Verbindung des ethischen Gedankens mit der grundbegrifflichen Forschung siehe insbes. MENGER, Methode, Seite 262 - 264), bringt das gesellschaftliche System 1867 bereits von der ethischen Idee durchaus abstrahierende Begriffe, und im "Bau und Leben des sozialen Körpers" (1881) geht SCHÄFFLE so weit ausdrücklich zu erklären (Bd. 3, Seite 245): "Als Grundbegriffe dürfen wir aber nicht Vorstellungen von geschichtlich vergänglichen, sondern nur von grundwesentlichen, dem Stoffwechsel stets angehörigen Beziehungen, - nicht historische, sondern absolute Kategorien ins Auge fassen." Vgl. dagegen noch SCHEEL (Conrad-Hildebrands Jahrbücher, 1877, Seite 31): "Wie der einzelneMensch, wie der Staat (!) der Volkswirtschaft gegenüber sich verhält und zu verhalten hat (1), wie das Recht in dieselbe eingreift (!) usw. - zur Beantwortung solcher fragen kann man nicht kommen, wenn man nicht nach richtigen (!), sondern nur nach zweckmäßigen Begriffen sucht, die man sich für seinen Hausgebrauch (!) zurecht gelegt hat." 14) Diese unsere Bestimmung des "Wirtschaftlichen" ist aus der von DIETZEL (Der Ausgangspunkt der Sozialwirtschaftslehre und ihr Grundbegriff, Tübinger Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1883) gegebenen Definition unter Benützung der NEUMANNschen Ausführungen hierzu in SCHÖNBERGs Handbuch, 2. Auflage, Bd. 1, Seite 141 - 144) entstanden. Wir haben aber noch manches an ihr zu rechtfertigen. Nach DIETZEL wäre zu sagen gewesen, wirtschaftlicher Natur, d. h. "auf die Willensherrschaft über einen begrenzten Teil des Stoffes gerichtet." NEUMANN dagegen definiert wirtschaftliche Dinge als "diejenigen nicht im Überfluß vorhandenen äußeren Dinge, welche ihrer Natur nach geeignet sind, Objekte entgeltlichen Austauschs oder anderer Willensbetätigung aus Gründen des Selbstinteresses von jemandem zu werden." NEUMANN spricht sich gegen die Formulierung "begrenzte Teile des uns umgebenden Stoffes" aus, da diese Formulierung eine Reihe offenbar wirtschaftlicher Vorgänge als nicht wirtschaftlich qualifiziere, so den Eintausch von Arbeitsleistungen, den Erwerb wirtschaftlicher Rechte usw. Indem wir in unserer Begriffsbestimmung "in letzter Linie" sagten, glaubten wir dem NEUMANNschen Einwand gerecht zu werden, andererseits aber gegen die NEUMANNsche Formulierung zu gewinnen, erstens durch die Kürze und größere Prägnanz des Ausdrucks, zweitens, weil uns die Formulierung "oder einer anderen Willensbetätigung aus Gründen des Selbstinteresse von jemandem" auch nicht wirtschaftlichen Aktionen die Aufnahme zu ermöglichen schien. - Überdies glaubten wir, "begrenzte Teile" des Stoffs besser sagen zu können als "nicht im Überfluß vorhandene" äußere Dinge, weil ich auch im Überfluß vorhandene Dinge (z. B. Wasser) mit einem Teil derselben wirtschaftlich in meine Dienste nehmen kann. 15) Wir können nur wenige Stimmen als Stütze unserer Auffassung des Wertes als des Grundbegriffs der Nationalökonomie anführen. MANGOLDT, (Grundriß der Volkswirtschaftslehre, 1871, Seite 2): "Güter ... Gegenstände, welchen wir Wert beilegen." HASNER (System der politischen Ökonomie, 1860, Seite 8): "Ein Ding, welches Wert hat, nennen wir Gut." LINDWURM (Staats- und Privatwirtschaftslehre, Seite 38): "Ein Gut ist ein jedes Ding, welches Wert hat." SCHÄFFLE (Die ethische Seite der nationalökonomischen etc., 1862, Seite 11) sagt: "Der Wert ist mit innerer Notwendigkeit das bewegende Prinzip, Seele und Geist aller Ökonomie" - aber er setzt hinzu: "wenn diese (die Ökonomie) als ethischer Vorgang aufgefaßt wird." Nach meinem Standpunkt ist diese Beschränkung unzulässig. Übrigens äußert SCHÄFFLE an anderer Stelle rückhaltlos (Seite 10): "Wirtschaften" ist Wert schaffen; Seite 14: "Der Wert als der Charakter jeden Gutes." In der Einleitung zum "Gesellschaftlichen System der menschlichen Wirtschaft 1867, Seite 8 bezeichnet SCHÄFFLE wohl den Wert als "die Triebfeder und den Regulator des ganzen wirtschaftlichen Güterlebens". Seite 5 sagt er: "die nicht freien Güter regen eine wirtschaftliche Tätigkeit des Menschen an, sind ökonomische Güter und wert (Werte)"; Seite 6: "die Schaffung von Gütern mit ökonomischem Wert ist die Produktion (wirtschaftliche Wert erzeugung)"; Seite 8: "Wert ... die Bedeutung der Güter für das wirtschaftliche Bewußtsein." Trotzdem handelt er im weiteren Verlauf Bedürfnis und Gut als dem Wert voranstehende "Grundbegriffe" ab. Im 12. Hauptabschnitt (Spezielle Volkswirtschaft) von "Bau und Leben des sozialen Körpers", Bd. 3, läßt SCHÄFFLE den Wertbegriff gegen die übrigen "Haupt"- oder "Grundbegriffe noch mehr in den Hintergrund treten, trotzdem er im ersten Band (Seite 129f) seines Werkes in ihm als dem Ausfluß des Gefühls ein Bestimmungszentrum des gesamten geistigen Lebens sieht. 16) Der Gewinn, der in dieser Definition gegen die bisher geläufigen liegt, soll in einer folgenden Arbeit, welche sich mit den auf den Wertbegriff aufzubauenden Begriffen beschäftigt, erörtert werden. Den Definitionen, welche den Wert als "Bedeutung" eines Gutes für das Subjekt nahmen, war insbesondere die Unaufgelöstheit des Begriffs "Bedeutung" vorzuwerfen. Vgl. im übrigen Anmerkung 3. |