p-4W. Jerusalemvon der PfordtenLippsW. JerusalemE. Eberhard    
 
ALBERT GOEDECKEMEYER
Das Wesen des Urteils
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"Zunächst ist zuzugeben, daß die Entscheidung jedenfalls etwas anderes, als die Synthese; und wir wollen auch gern zugestehen, daß man das Anerkennen und Verwerfen oder das Bejahen und Verneinen, wegen der in ihm enthaltenen Gegensätzlichkeit mit dem ebenfalls gegensätzlich Phänomenen von Liebe und Haß oder allgemeiner mit den Funktionen des Wollens vergleichen kann."


Es handelt sich im folgenden um die Bestimmung des Wesens des Urteils. Gehen wir dabei, das Systematische mit dem Historischen verbindend, von WUNDTs Definition des Urteils aus, so erfahren wir, daß es aufgrund der "Voraussetzung, daß der Inhalt des Urteiles, wenn auch in unbestimmter Form, als Ganzes gegeben ist, ehe er sich in seine Teile trennt", als analytische Funktion aufzufassen und zu definieren sei als "die Zerlegung eines Gedankens (Gesamtvorstellung oder Begriffs) in seine begrifflichen Bestandteile." (1)

Aber diese Definition ist schwerlich annehmbar. Denn sie würde nur dann zutreffen, wenn im Urteil außer der Analyse weiter nichts enthalten wäre. Das ist aber keineswegs der Fall; vielmehr involviert jedes Urteil außer der analytischen noch eine synthetische Funktion. Und das ist so, weil  keine  logische Analyse ohne Synthese vor sich geht. Analysiert man z. B. den Begriff des Wassers und findet in ihm die Merkmale der Flüssigkeit, der außerordentlichen Löslichkeit für andere Stoffe, der weder sauren noch basischen Reaktion u. a., so sind die Denkakte, die sich hierbei vollziehen, nicht bloße Analysen des Begriffs, durch die derselbe lediglich in die in ihm enthaltenen Elemente zerlegt würde, wie etwa in der Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird, sondern es wird durch sie gleichzeitig jedes gefundene Merkmal auf den Begriff zurückbezogen. Sie zerlegen also einen Begriff nicht bloß in die in ihm enthaltenen Elemente, zählen diese nicht bloß nebeneinander auf, sondern verknüpfen mit diesem Vorgang jederzeit das Bewußtsein, daß diese Elemente Elemente des analysierten Begriffes sind, beziehen sie also stets auf den analysierten Begriff zurück. Kurz: jeder derartige Prozeß enthält neben dem analytischen ein synthetisches Element, ist nicht bloß Analyse, sondern zugleich Synthese.

Und es muß so sein. Denn ohne diese stete Zurückbeziehung der analytisch gefundenen Prädikate  auf  oder ihre Verbindung  mit  dem zu analysierenden Begriff würde der durch die Analyse beabsichtigte Zweck überhaupt nicht erreicht werden. Man hätte eine Sammlung von Merkmalen, aber keine Begriffsbestimmung. Ja, ohne jede Zurückbeziehung wäre eine regelrechte und vernünftige Analyse nicht einmal möglich, weil man nie wüßtem welche Teilvorstellungen oder Merkmale man bereits aufgezählt hätte und welche nicht.

Ähnliches gilt aber auch für das auf einer Analyse beruhende Urteilen. Bildet man das Urteil: "ich gehe" (2), so entsteht dasselbe nicht dadurch, daß man eine gegebene Gesamtvorstellung einfach in ihre Bestandteile zerlegt, sondern nur dadurch, daß man diese Bestandteile, sämtlich oder nur zum Teil, auch wieder miteinander verbindet. (3) Tut man das nicht - wenn man z. B. die Funktion des Gehens untersuchen will und deshalb nur auf das Gehen reflektiert - dann entsteht niemals das Urteil: "ich gehe". Erst die Synthese ist somit diejenige Tätigkeit, durch welche das Urteil vollendet wird und ihr gegenüber erscheint die Analyse lediglich als vorbereitende Funktion. Dann aber ist es jedenfalls unrichtig, das Urteil als analytische Funktion aufzufassen; zumindest wird man in ihm eine analytisch-synthetische Tätigkeit zu sehen haben.

Aber auch das ist noch bedenklich, da es psychische Prozesse gibt, die man mit vollem Recht als Urteile auffassen kann und die doch nur eine synthetische Funktion enthalten. Das sind alle diejenigen Vorstellungsverbindungen, zu deren Vollzug jemand von anderer Seite aufgefordert wird, sei es nun, daß ihm eine im eigentlichen Sinne sogenannte Belehrung gegeben oder aber nur irgendeine Mitteilung gemacht werden soll. (4) Wer z. B. lernt, daß sich die Erde bewegt, für den tritt zu der ihm schon bekannten Vorstellung der Erde die ihr völlig neue Bestimmung der Bewegung hinzu und er ist aufgefordert, Subjekt und Prädikat in eine Verbindung zu bringen, die ganz gegen seine gewohnte Ansicht geht. Er besitzt also nicht  erst  das aus beiden Vorstellungen bestehende Ganze, das er in seine Teile zerlegen könnte, sondern hat vielmehr zuerst die einzelnen Vorstellungen, die er aufgrund der an ihn ergehenden Aufforderung miteinander verbindet. Derartige Denkprozesse beruhen aber nicht auf einer Analyse, sondern bloß auf Synthese und wenn man nun, wogegen nichts einzuwenden ist, auch in ihnen Urteile sieht, (5) so muß man nicht nur die Auffassung des Urteils als Analyse fallen lassen, sondern auch seine Bestimmung als analytisch-synthetische Funktion aufgegeben und kann in ihm nichts weiter sehen, als eine Synthese. (6)

Dieser Ausdruck bedarf nun aber noch einer etwas genaueren Bestimmung, um vor jedem Mißverständnis sicher zu sein. Denn von Synthese oder Verknüpfung spricht man auch bei Vorstellungen, die nach den sog. Assoziationsgesetzen zusammenhängen. Trotzdem liegt hier ein ganz anderer Vorgang vor als bei der Verknüpfung der Vorstellungen oder Begriffe im Urteil. Und zwar ist dieser Unterschied ein doppelter. Denn einmal liegt in der assoziativen Verknüpfung ein passives, der Willkür des Subjekts durchaus entzogenes Erlebnis vor, während die Verknüpfung der Vorstellungen im Urteil von dem für den Willen charakteristischen Tätigkeitsgefühl begleitet ist, sich somit als willkürlich erweist; und zweitens steht es mit den assoziativen Vorstellungen so, daß sie im Bewußtsein aufeinander folgen, während die im Urteil miteinander verknüpften Elemente von vornherein gleichzeitig im Bewußtsein vorhanden sind und vorhanden sein müssen, um überhaupt miteinander verknüpft werden zu können. -

Aber mit der Abgrenzung der Urteilssynthese gegen die Synthese in der Assoziation haben wir zwar wichtige Eigenschaften derselben hervorgehoben, jedoch immer noch nicht ihr eigentliches Wesen angegeben, müssen daher auch dieser Aufgabe noch gerecht zu werden suchen.

Dabei wollen wir uns indessen nicht weiter bei der Widerlegung der aristotelischen Auffassung dieser Synthese aufhalten, die in ihr eine Zusammenfassung von Vorstellungen zu einer komplexen Vorstellung sieht (7) und die bereits an Urteilen wie:  A  ist größer als  B,  oder:  √-1 = i  und anderen scheitert, wollen auch nicht näher auf die Auffassung der Synthese als Subsumtion (8) eingehen, die auf einer durchaus einseitigen Betrachtung des Urteils beruth (9) und schon für ein Urteil wie  A = A  nicht mehr ausreicht, sondern wollen gleich sagen, was wir unter der Urteilssynthese verstehen, das ist aber nichts anderes, als eine willkürliche Beziehung der Urteilselemente aufeinander. Zwei Urteilselemente werden miteinander verknüpft, bedeutet also nur: sie laufen im Bewußtsein nicht mehr gleichgültig nebeneinander oder hintereinander her, sondern werden zueinander in eine absichtliche Beziehung gesetzt, es wird zwischen ihnen eine logische Beziehung hergestellt.

An dieses In-Beziehung-Setzen von Anschauungen oder Begriffen knüpft sich nun aber sogleich ein Weiteres an. Denn sobald man zwei Urteilselemente in der angegebenen Weise aufeinander bezogen hat, wird sich, wenn es überhaupt zu einem Urteil kommt und man nicht genötigt ist, beim bloßen Versuch stehen zu bleiben, nach kürzerem oder längerem Besinnen - manchmal auch unmittelbar - aus der Synthese ein Beziehungsbegriff ergeben. (10) Wenn man z. B. zwischen den Begriffen Autor und Verfasser eine logische Beziehung herstellt, so wird alsbald der Beziehungsbegriff der Identität im Bewußtsein auftauchen; stellt man eine solche her zwischen einer roten Rose und dem Merkmal Rot, so wird der Beziehungsbegriff der Zusammengehörigkeit das Resultat dieser Synthese sein; setzt mant die Begriffe "Katze" und "Hund" in Beziehung, so wird sich daraus entweder der Beziehungsbegriff der Verschiedenheit oder aber der der Koordination ergeben und so fort. Ob sich aber im Einzelfall ein solcher Beziehungsbegriff im Bewußtsein geltend macht oder nicht, das hängt größtenteils von den Kenntnissen des einzelnen ab, d. h. von dem ihm zur Verfügung stehenden Assoziationsmaterial, aus dem er entweder direkt oder indirekt durch irgendwelche Schlüsse den Beziehungsbegriff zu gewinnen vermag - und darum ist es durchaus nicht nötig, daß  jede  Beziehung wirklich zu einem Beziehungsbegriff führt;  welcher  Beziehungsbegriff aber auftaucht, das wird entschieden sowohl durch die Beschaffenheit der aufeinander bezogenen Urteilselemente, als auch durch die Richtung des ganzen Gedankenverlaufs - und darum braucht keineswegs die  gleiche  Synthese stets zum gleichen Beziehungsbegriff zu führen. -

So weit ist nun das Wesen des Urteils klar. Aber nun erhebt sich die Frage, ob wir in den bisher erwähnten Momenten das ganze Urteil haben oder ob wir noch etwas weiteres in ihm annehmen müssen. Auf diese Frage kann, wenn man nicht einfach die Willkür entscheiden lassen will, nur der Sprachgebrauch eine Antwort geben. Und der drängt ganz entschieden dazu, in den bisher erwähnten Momenten noch nicht das ganze Urteil zu sehen, sondern noch ein weiteres Moment in ihm anzuerkennen. (11) Denn der Sprachgebrauch sieht in der Frage kein Urteil, (12) die Frage aber enthält ganz genau dieselben Momente, die wir bisher im Urteil unterschieden haben. Wer nämlich frägt: ist die Erde rund? stellt zwischen der Vorstellung der Erde und dem Begriff "rund" ganz genau dieselbe Beziehung her, wie der Urteilende und denkt zugleich mit der Beziehung genau denselben Beziehungsbegriff der Zusammengehörigkeit. Wäre das nicht der Fall, so würde die Frage nicht nur für den Hörenden, sondern auch für den Fragenden selbst sinnlos sein, weil dann eine bloß sprachliche Aufeinanderfolge von Worten vorhanden wäre. Halten wir aber trotz dieser Übereinstimmung an der Verschiedenheit zwischen Frage und Urteil fest, so muß im Urteil noch ein Moment vorhanden sein, das der Frage fehlt. Und auf dieses Moment hat nun unter den modernen Logikern zuerst BRENTANO (13) aufmerksam gemacht, dem dann andere gefolgt sind, die ebenfalls im Urteil nicht eine bloße Synthese sehen wollten, sondern auch noch etwas anderes in ihm enthalten glaubten (14). Daraus aber ergab sich nun für sie ebenso wie für uns, wenn wir uns dieser Auffassung anschließen, die Aufgabe, anzugeben, was dieses neue im Urteil außer der Synthese enthaltene Element ist.

Suchen wir uns darüber zunächst bei denjenigen Logikern zu unterrichten, welche dieser Auffassung vom Urteil zuerst Ausdruck gegeben haben, so ist zwar der Terminus, mit dem sie den zweiten Faktor im Urteil bezeichnen, verschieden, (15) aber trotzdem sind sie alle wenigstens in der negativen Bestimmung desselben einig, darin, daß er etwas anderes sei als der erste Faktor. Und zwar begründet BRENTANO, (16) dem die anderen auch hierin folgen, diese Ansicht damit, daß er sagt: beim bloßen Vorstellen - und dasselbe gilt für die Vorstellungssynthese - sei ein Gegensatz immer nur zwischen den vorgestellten - bzw. verknüpften - Objekten möglich, beim Anerkennen und Verwerfen dagegen liege der Gegensatz im Verhalten des Subjektes selbst. Während also beim bloßen Vorstellen sich unser Verhalten in allen Fällen gleich bleiben und aller Unterschied nur in der Verschiedenheit der Objekte bestehen soll, soll die Verschiedenheit zwischen Anerkennen und Verwerfen nicht in der Verschiedenheit der Objekte liegen, sondern vielmehr in einer Verschiedenheit unseres Verhaltens zu ihnen bestehen. Und aus diesem Grund hält es BRENTANO für angemessen, im Anerkennen und Verwerfen etwas ganz anderes zu sehen, als in der Vorstellung oder - nach unserer Auffassung - der Vorstellungssynthese. Näher aber hat er dieses Element im Urteil nicht bestimmt, denn der Umstand, daß er es mit den Phänomenen von Liebe und Haß in Parallele setzt, so allem Anschein nach wie auch der entsprechende Vergleich, den ARISTOTELES zwischen dem Bejahen und Verneinen zieht, (17) nur eine Analogie für die in ihm enthaltene Gegensätzlichkeit beibringt.

Eine nähere Bestimmung ist der "Entscheidung" vielmehr erst von BERGMANN zuteil geworden. Dieser nämlich will sie für "gar kein lediglich theoretisches Verhalten, keine bloße Funktion der Intelligenz, sofern diese dem Willen entgegengesetzt wird", gelten lassen, sondern sieht in ihr "eine Äußerung der Seele, an welcher ihre praktische Natur, das Begehrungsvermögen, beteiligt ist", ja, er bezeichnet Bejahung und Verneinung geradezu als "Funktionen des Willens" (18). Und ganz ähnlich äußert sich WINDELBAND, der aufgrund der oben gekennzeichneten Gegenstätzlichkeit innerhalb der Entscheidung sich dahin ausspricht, daß "jede Beurteilung die Reaktion eines wollenden und fühlenden Individuums gegen einen bestimmten Vorstellungsinhalt" sei. (19)

Suchen wir nun aufgrund der hier in aller Kürze charakterisierten Auffassung eine definitive Bestimmung des im Urteil vorhandenen zweiten Faktor zu gewinnen, so ist zunächst und zwar aus dem schon von BRENTANO geltend gemachten Grunde zuzugeben, daß die "Entscheidung" jedenfalls etwas anderes ist, als die Synthese; (20) und wir wollen auch gern zugestehen, daß man das Anerkennen und Verwerfen oder das Bejahen und Verneinen, wegen der in ihm enthaltenen Gegensätzlichkeit mit dem ebenfalls gegensätzlich Phänomenen von Liebe und Haß oder allgemeiner mit den Funktionen des  Wollens  vergleichen kann. Weiter aber vermögen wir diesen Ausführungen nicht beizupflichten. In der Entscheidung ein praktisches Verhalten, die Reaktion eines wollenden und fühlenden Wesens zu sehen, dazu sind wir nicht imstande. Indessen können wir uns eine ausführlichere Widerlegung der Auffassung umso mehr erfahren, als dieselbe einerseits bereits von SIGWART (21) in durchaus zureichender Weise explizit gegeben und andererseits implizit in unseren nunmehr folgenden Eröffnungen enthalten ist. Denn wir können natürlich bei dieser Abweisung nicht stehen blieben, sondern müssen den Versuch machen, sie durch eine uns annehmbar erscheindende Bestimmung der Entscheidung zu ergänzen.
LITERATUR - Albert Goedeckemeyer, Das Wesen des Urteils, Archiv für systematische Philosophie, Bd. IX, Berlin 1903
    Anmerkungen
    1) WILHELM WUNDT, Logik I, Seite 158, vgl. auch Seite 156
    2) WUNDT, a. a. O., Seite 155f
    3) Vgl. SIGWART, Logik I, Seite 130, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, Bd. V, Seite 98 und WUNDT, a. a. O., Seite 49 und 214
    4) Vgl. SIGWART, a. a. O., § 19, insbes. Seite 142f, ferner Seite 36
    5) KARL MARBE, Experimentell-psychologische Untersuchungen über das Urteil, Seite 84
    6) BRENTANOs Auffassung, nach der es auch Urteile gibt, in denen eine solche Synthese nicht vorhanden ist, nämlich die Existenzialsätze und die Wahrnehmungen (Psychologie Seite 276f), erweist sich hinsichtlich der Existenzialsätze sofort als irrig, sobald man um den Grund dieser Auffassung, nämlich die von BRENTANO behauptete Bedeutungslosigkeit des Existenzbegriffes, als unhaltbar erkennt. Hinsichtlich der Wahrnehmungen dagegen, die auch von RIEHL als sinnliche Urteile im Gegensatz zu den sekundären begrifflichen bezeichnet werden (Kritizismus II, Seite 41) und die CORNELIUS (Versuch einer Theorie der Existenzialurteile, Seite 22f) im Gegensatz zu BRENTANO für zweigliedrig erklärt und als Existenzialurteile der einfachsten Art auffaßt, teilen wir den von SIGWART (Impersonalien, Seite 63, Anmerk.) eingenommenen Standpunkt und weisen ihre Auffassung als Urteile ab.
    7) ARISTOTELES, de anima III, 430a 27; b5. Auch englische Philosophen teilen diese Ansicht, die bereits CORNELIUS a. a. O. Seite 67 abweist.
    8) Vgl. dazu WUNDT, a. a. O., Seite 172f
    9) Vgl. JOHN STUART MILL, System of Logic I, Seite 104. Dasselbe gilt auch für ihre Auffassung als Gleichsetzung, mit der die Bezeichnung aller Urteile als Gleichungen verbunden ist, wie sie sich bei einigen neueren englischen Logikern findet (vgl. LIARD, Les logiciens anglais contemporains, Seiten 78 und 154).
    10) Vgl. THEODOR ZIEHEN, Psychophysische Erkenntnistheorie, Seite 85. Auch SIGWART und SCHUPPE haben gelegentlich ähnliche Ansichten ausgesprochen (Impersonalien, Seite 59, bzw. "Das menschliche Denken", Seite 50f, Erkenntnistheoretische Logik, Seite 147f). - Durch das im Text folgende glaube ich übrigens ZIEHENs Erklärung, daß dieser Beziehungsbegriff in "einer nicht weiter erklär- oder definierbaren Weise" zu zwei Vorstellungen hinzutrete (a. a. O., Seite 74) überwunden zu haben. Außerdem vermisse ich in ZIEHENs Ausführungen die Betonung des In-Beziehung-Setzens, das doch allemal, zum wenigsten aber im bewußten, d. h. aber im wissenschaftlich allein brauchbaren Urteilen dem Auftreten des Beziehungsbegriffs vorangehen muß. Zu ganz beliebigen Vorstellungen, die gerade einmal im Bewußtsein vorhanden sind, wird sicherlich nicht ohne weiteres ein Beziehungsbegriff hinzutreten. Dazu wird erst dann die Möglichkeit gegeben, wenn sie einander bezogen werden, was im wissenschaftlichen Denken immer mit Absicht geschieht.
    11) Vgl. BRENTANO, Psychologie, Seite 289
    12) Vgl. SIGWART, Impersonalien, Seite59; RICKERT, Gegenstand der Erkenntnis, Seite 54. Dagegen bezeichnet LOTZE, Logik, Seite 61, bereits die Frage als Urteil.
    13) BRENTANO, Psychologie, Seite 266. Übrigens erneuert er damit die aristotelische Lehre.
    14) Vgl. BERGMANN, Reine Logik, Seite 30 und 37; WINDELBAND, Präludien, Seite 31; Straßburger Abhandlungen, Seite 188; RIEHL, Beiträge zur Logik, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie Bd. XVI, Seite 15; RICKERT, Gegenstand der Erkenntnis, Seite 57
    15) BRENTANO z. B. sagt: Anerkennen und Verwerfen; BERGMANN: Kritisches Verhalten; WINDELBAND Beurteilung und Entscheidung.
    16) BRENTANO, a. a. O.
    17) ARISTOTELES, Nikomachische Ethik, 1139a21; De Anima 431a9
    18) JULIUS BERGMANN, Reine Logik, Seite 46
    19) WINDELBAND, Präludien, Seite 34, vgl. Straßburger Abhandlungen Seite 172f; RICKERT, Gegenstand der Erkenntnis, Seite 57
    20) Vgl. SIGWART, Impersonalien, Seite 59
    21) Vgl. SIGWART, Logik I, Seite 154, Anm.; vgl. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, Bd. V, Seite 101; Impersonalien Seite 59