ra-2HöffdingP. EltzbacherMüller-ErzbachAffolter    
 
ALFRED LÖWENSTEIN
Der Rechtsbegriff als
Relationsbegriff

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"Der Philosophie fällt die bewertende, d. h. die Auslesetätigkeit im Rahmen der historischen Wissenschaften zu. Nur ist die endliche Problemstellung eine durchaus andere in der Jurisprudenz wie in der Philosophie. Letztere fragt: was ist Recht? und: wozu, woher und warum ist Recht? Dagegen fragt die Jurisprudenz: wenn Recht ist, wie ist Wissenschaft vom Recht möglich? Kurz: wie ist Recht?"

"Auch die Rechtswirklichkeit ist nur ein Erzeugnis kategorischer Synthesen, d. h. auch der Jurist muß anfangen sich der Kopernikustat Kants bewußt zu werden und sie benutzen. Der Methodologe gewinnt nicht die Naturgesetze aus der Natur, noch lassen sich aus irgendwelchen Kulturvorgängen Kulturnormen herausdestillieren, als welche man bisweilen auch die Rechtsnormen angesprochen hat. Die Naturgesetze sind vielmehr erst Produkte der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, (die Kulturrealbeziehungen finden sich nicht in den Kulturvorgängen vor, sondern es ist erst die wertbeziehende Begriffsbildung, die einen Vorgang zum Kulturvorgang stempelt."


Einleitung

Die Rechtswissenschaft ist eine Kulturwissenschaft, eine Wissenschaft, die sich mit dem Kulturfaktor "Recht" beschäftigt. (1)

Was ist "Kultur"? Was ist ein "Kulturbegriff"? (2) "Kultur" ist, wenn wir die RICKERTsche Einteilung zugrunde legen, nichts anderes als der Gegensatz zur "Natur" (3). "Natur" ist unverarbeitete Wirklichkeit, "Sein" schlechthin. Wird aber nun diese bloß stofflich recht differenzierte Wirklichkeit auf einen allgemeinen Wertnenner gebracht, d. h. wird sie unter bestimmten Voraussetzungen mit einem apriorischen Maßstab gemessen, so wird diese Wirklichkeit zur Philosophie im weitesten Sinne, zur  allgemeinen Kulturwissenschaft.  Kulturbegriffe selbst werden zunächst durch Induktion gefunden, der "induktive" Begriff sodann aber nicht als solcher benutzt, sondern kritisiert und bewertet, durch eine eigene Denktätigkeit um- und ausgestaltet, bis er zum  "fertigen Kulturbegriff"  wird.

Dieser Kulturbegriff steht im Gegensatz zum Natur begriff.  Selbstverständlich hat auch er seinen Ausgangspunkt an der "Realität" genommen (4). Der "Prozeß" vollzog sich nun dadurch, daß diese "Realität" in ein gewisses "Wertkleid" gehüllt (5) wurde und insofern er schon auf diesen Prozeß vorbereitet war, ist der Realbegriff ein Vor-Kulturbegriff und der Lebens-(Real-)Faktor ein Kulturfaktor.

 Eines  ist nun von Anfang an im Auge zu behalten: alle einzelnen Kulturfaktoren tragen prinzipiell das Kulturwertmerkmal nur insoweit und solange, als sie es gegensätzlich zur  "Natur"  behaupten müssen;  unter sich  werfen sie es ab, die einzelnen Kulturbegriffe oder -Halbbegriffe nehmen zueinander vielleicht nicht stets eine methodisch gegensätzliche Bedeutung an, jedenfalls aber differenzieren sie sich, sie werden "anders". (6)

Mit anderen Worten: der kulturwissenschaftlichen Begriffsbildung kann es nicht genügen, eine  historische  (im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen) zu sein. Auch im engeren Rahmen der "Kulturwissenschaft" ist eine verschiedenartige methodische Besinnung möglich und notwendig.

Dabei fallen eine ganze Gruppe von Kulturfaktoren, wenn sie Wissenschaft werden wollen oder sollen, zu einer bestimmten Vereinigung zusammen, es sind dies die einzelnen philosophischen Disziplinen im engeren Sinne, wie Logik, Ethik und Ästhetik; diese gleichen insofern der "Kulturwissenschaft", als ihr gemeinsamens Kriterium ein werthaftes Apriori ist, welches jedoch zunächst nur ganz allgemein bestimmt werden kann.

Nicht so andere Faktoren, wie z. B. Religion, Geschichte, Recht. (7) Diese führen niemals zu  Wertwissenschaften  im einem singulären Sinn. Die Wertwissenschaften haben vielmehr, wenn man dieses Bild gebrauchen darf, mit ihnen nur ein Kompromiß geschlossen dahin, so lange zusammen und vereinigt zu bleiben, bis die gemeinschaftliche Mission der Kulturwissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften erfüllt ist. -

Jeder  Art von wissenschaftlicher Betrachtung ist das gemeinsam, daß sie sich am Leben, am Tatsächlichen orientiert. Nach dieser Orientierung erfolgt die  Begriffsbildung Und es ist nun zu sagen, daß die gesamte kulturwissenschaftliche Begriffsbildung sich auf logisch-kritische Weise vollzieht (8). Wir wissen ferner, daß die Kulturwissenschaft die Wirklichkeit in einer ganz  bestimmten  logischen Weise zu bearbeiten hat, daß sie das "Gegebene" (9) nicht als bloße  Substanz,  als Stoff oder Ding zu betrachten hat, sondern sich alsbald zu diesem  Gegebenen  in eine bestimmte Relation setzen muß, was in dreifacher Beziehung wichtig wird:
    1. Damit verliert das Gegebene seinen spezifischen Seinscharakter, die nackte oder bloße Realität wird zur Kulturrealität. (10)

    2. damit gelingt es, den logischen (bloß induktivt gewonnenen) Begriff auf individuelle Weise zu einem philosophischen, geschichtlichen, religiösen,  juristischen  Begriff fortzubilden;

    3. von diesem Standpunkt aus wird also erst  Wissenschaft möglich. 
Wenn wir uns nun zunächst an und mit der Philosophie informieren, so wird es sich sehr bald zeigen, daß die philosophische Behandlung eines Kulturfaktors etwas ganz anderes ist und will als "eine kulturwissenschaftliche im engeren Sinne". Der Philosophie kann es um nichts anderes als um den Rechts wert  zu tun sein; (11) ihr Endziel ist es, einen Begriff zu erhalten, der gegenüber anderen Begriffen aus Lebensfaktoren einen abgrenzenden Wert besitzt, gleichviel ob dieser Wert "Kulturwert", ob er logischer, ethischer oder ästhetischer oder "Wert als Wissenschaft" bedeutet. Um zu diesem Wert zu kommen, muß die Philosophie tief in das Stoffliche der Rechtswirklichkeit untertauchen und das Gefundene in einem logischen Prozeß auf das allgemeine Wertniveau bringen, so daß die "Erscheinung" der Wirklichkeit  (Faktizität)  (12) der  Idee  gegenübertritt. Sicherlich verläuft dieser eben angedeutete logische Prozeß, durch welchen der philosophische Rechtsbegriff entsteht, nicht anders wie der früher geschilderte Prozeß bei der Bildung des "Kulturbegriffs". Das "induktiv gewonnene" Halbfabrikat (13) wird in den Bogen einer Relation gespannt und zwar einer ganz bestimmten, einer  Modalrelation,  worauf ich in der Abhandlung nachdrücklich hingewiesen habe.

Wir können den so gefundenen philosophischen Begriff (auch den  Rechtsbegriff der Philosophie)  mit gewissem Vorbehalt einen "inhaltlichen" oder stofflichen nennen. Dies kann freilich zu Mißdeutungen führen, insofern die philosophische Methode aus einer Realität nur die  allgemeinen  "formalen" Bestandteile oder Merkmale zusammenträgt, auf welche es ihr später für das notwendige "Abgrenzungsverfahren" ankommt. Das Recht interessiert ja die Philosophie nur insofern, als es Bedeutung für die Norm hat und sich der Überführung in allgemeine Wertprinzipien als tauglich erweist. Aber dieser Rechtsbegriff ist doch in dem Sinne  stofflich,  als er durchaus am Wesen des Kulturfaktors gebildet wurde, als die induktive, freilich nachher kritisch beleuchtete Synthese, auch die Auffindung der  differentia specifica  einen  Rechtsgehalt  geliefert hat; denn wie ließe sich sonst das "abgrenzende" Moment finden und die Frage,  was  Recht ist,  wozu  Recht ist?  warum  Recht ist? beantworten? (14)

Die philosophische Begriffsbildung muß aber nicht nur von dem Gesichtspunkt aus zur Betrachtung herangezogen werden, wie sie sich tatsächlich vollzieht, d. h. wie sie logisch-technisch zu einem Begriff kommt, sondern vor allem muß auch das Endziel, das erreicht werden kann, im Auge behalten werden. Die Philosophie hat auf dem Weg des Bewertens festzustellen, ja zu beweisen, daß Recht ist und wozu Recht ist, (15) mit anderen Worten, den Sinn, die Idee des Rechts darzutun ... dies muß die Jurisprudenz  voraussetzen!  Ich meine das nicht etwa so, daß die spezifisch juristische  Begriffsbildung  den ganzen philosophischen Begriffsbildungsprozeß mit zu durchlaufen hätte, und daß ihre eigentliche Tätigkeit und Bedeutung erst da anfängt, wo die philosophische aufhört; nein, gerade die einzelwissenschaftliche Begriffsbildung unterscheidet sich sehr wesentlich von der philosophischen, wovon sogleich gesprochen werden wird. Aber gewiß müssen Fach- und Gesamtwissenschaft, über deren Beziehungen zueinander ja von berufener philosophischer Seite schon genug gesagt worden ist, einen Beziehungspunkt haben, der in unserem Vorstellungsvermögen existiert, damit wir überhaupt von einer Fachwissenschaft reden können,, von dem aus wir wie von einem Berg in zwei getrennte Täler nach hüben und drüben zu sehen imstande sind. Die Entdeckung und stoffliche Erforschung dieses "Beziehungspunktes" ist, wie bislang dargetan, alleinige Aufgabe der Philosophie, welcher die  bewertende,  d. h. die Auslesetätigkeit im Rahmen der historischen Wissenschaften zufällt. (16) Nur ist die endliche Problemstellung eine durchaus  andere  in der Jurisprudenz wie in der Philosophie (auch in der  Rechts philosophie). Letztere fragt: was ist Recht? und: wozu, woher und warum ist Recht? Dagegen fragt die Jurisprudenz: wenn Recht ist, (17)  wie ist Wissenschaft vom Recht möglich?  Kurz:  wie  ist Recht? Unser Problem lauet also nicht: wie Rechtswirklichkeiten zu Rechtswerten werden (philosophische Arbeit!) oder Rechtswerte zu Rechtswirklichkeiten (das war die Problemstellung des Naturrechts!), (18) sondern wie Rechtswirklichkeiten zu Jurisprudenz werden!

Bei dieser Fragestellung ist zweierlei sozusagen vorausgesetzt oder gegeben: nämlich eine tatsächliche "reale", "empirische"  Rechtswirklichkeit  und eine  metaphysische  Rechtswirklichkeit; das Endziel aber ist ein Begriff, der  nicht  Wirklichkeit, aber auch nicht bloße  philosophische  Abstraktion bedeutet, der eigenwissenschaftlich, der  juristisch  ist. Wenden wir uns nunmehr der  juristischen Begriffsbildung  zu, so dürfte es, wenn wir Voraussetzung und Endziel einer  juristischen  Methode nicht aus dem Auge verlieren, ohne weiteres feststehen, daß eine empirische oder metaphysische Konstruktion nur einen  circulus vitiosus  [Teufelskreis - wp] bilden möchte , der uns niemals dem  neuen  Begriff nahe brächte. Derartige Konstruktionen scheiden also aus, auch hier wird uns eine eigentümliche, zunächst  logische  Methode zum Ziel führen, mit anderen Worten:  die Jurisprudenz muß in ihrer eigenartigen logischen Struktur verstanden werden.  (19) Damit ist das Problem zwar bereits bis zu einem erheblichen Punkt gediehen, aber hier beginnt erst, was kaum zuviel behauptet sein dürfte, (2) gerade die Hauptschwierigkeit: gut, auch der Rechtsbegriff der Fachwissenschaft ist ein logischer, aber  wie logisch?  (21) Sahen wir doch, daß uns die Logik auch den philosophischen Rechtsbegriff lieferte!

Dies ist der Punkt, an dem meine Abhandlung einsetzt. Wenn der Rechtsbegriff (auch der der Fachwissenschaft) als ein logischer erkannt ist, so muß in der Verwendung des logischen Rüstzeugs, des Materials der Erkenntniskritik, der  Kategorien  eine präzise Auswahl getroffen werden. Würden wir auf dieser Stufe des Begriffsbildungsprozesses einfach stehen bleiben und, wie es einige getan haben, die Rechtssätze "als Urteile im Sinne der Logik" auffassen, so wäre der Rechtsbegriff, den wir für die Fachwissenschaft erstreben, nicht viel weiter als über den Boden der "Faktizität" hinausgewachsen. Und der nur auf diese Stufe gelangte Begriff wäre einem Instrument vergleichbar, das zwar für gewisse Zwecke (eben die der Logik und bis zu einem gewissen Grad auch zu den Zwecken der Rechtsphilosophie!) genügend und brauchbar ist, allein das seiner feinsten und letzten Ziselierung doch ermangelte! Die Jurisprudenz muß zwar den logischen Begriff rezipieren und ist also in einem weiteren Sinne "unselbständig", aber das bedeutet ja noch nicht alles, denn es gilt, wie gesat, den "logischen" Begriff zu einem  juristischen  fortzubilden, so daß der fertige juristische Begriff schließlich mehr als ein nur logischer, etwas ganz anderes als ein logisch richtiger ist. (22)

Um zu erkennen, daß eine verschiedenartige logische Erschaffung auch in den Grenzen der  fachwissenschaftlichen  Begriffsbildung denkbar ist, greifen wir aus der uns problematischen juristischen Begriffsweilt beispielshalber  einen  Begriff, der von Juristen (23) wie auch von Philosophen (24) stets als ein "Fundamentalbegriff" aufgefaßt worden ist, nämlich den des "subjektiven Rechts" herau. Wenn das "subjektive Recht" durch Abstraktion und Synthese, Kombination von Eigentum, Servitut, Erbberechtigung usw. gefolgert und ein allgemeiner Begriff erstrebt wird, so ist hierbei auf dem Weg induktiver Begriffsbildung entweder die Substanzkategorie oder die Qualitätskategorie (logisch) verwendet worden, d. h. der gesuchte Begriff (in seiner differentia specifica) ist lediglich eine aus der Betrachtung der  Art der Gattung  gewonnenen Dingabstraktion oder er stellt sich dar als die  Qualität  einer "Wirklichkeit", so daß das "rechtliche" eben die Eigenschaft einer realen Substanz - Person oder sache - wäre, womit diese Form juristischer Konstruktion beendet sein würde. In ähnlicher Weise hat man auch einen Zentral- oder "Ober"-Begriff zu schaffen versucht, den man auf die gleiche Art aus den "Unterbegriffen" oder "Kategorien" von subjektivem Recht, objektivem Recht, Rechtsperson usw. zusammenfügte, kurzum einen Oberbegriff der  dinghaft  wäre wie alle "Unterbegriffe", der auf jeden Fall im "Stofflichen" versandet, höchstens bis zur "Faktizität", aber niemals bis zur "Wissenschaft" gelangt. Oder es kommt doch zu dieser kombinierenden Operation eine zweite, die kritisch bewertende, hinzu. Diese aber, sie mag geartet sein, wie sie will, führt stets zu philosophischen, nicht zu Rechtsbegriffen im engeeren Sinne, was früher bereits festgestellt worden ist. Man operiert jetzt zwar mit der nach meiner Anschauung  richtigen  Kategorie der  Beziehung,  aber mit der  Wert beziehung, die, wie ich in der Abhandlung aufdecken wollte, nimmermehr als  juristische  angesprochen werden kann.

Gewiß ist es die Kategorie der  Beziehung,  die  Relation,  die uns auch den letzten Schlüssel  fach wissenschaftlicher Begriffsbildung im Rahmen der kulturwissenschaftlichen in die Hand gibt, die nämliche Kategorie, die uns früher die Wirklichkeit, auch die des Rechtslebens, zu einer Realität des Kulturgegebenen, der  Kulturbeziehung  umformen half. Umgekehrt ist aber auch die Rechtswirklichkeit nur ein "Erzeugnis kategorischer Synthesen" (25), d. h. auch der  Jurist muß anfangen  sich der  Kopernikustat  KANTs bewußt zu werden und sie benutzen. (26) Der Methodologe gewinnt nicht die Naturgesetze aus der "Natur", noch lassen sich aus irgendwelchen Kulturvorgängen "Kulturnormen" herausdestillieren, als welche man bisweilen auch die "Rechtsnormen" angesprochen hat. (27) Die Naturgesetze sind vielmehr erst Produkte der "naturwissenschaftlichen Begriffsbildung", (28) die "Kulturrealbeziehungen" finden sich nicht in den Kulturvorgängen vor, sondern es ist erst die "wertbeziehende" Begriffsbildung, die einen Vorgang zum "Kulturvorgang" stempelt. Ganz ebenso wäre es Sisyphusarbeit, aus irgendwelchen "Rechtsvorgängen", positiven Rechtsordnungen usw. "Rechtsnormen" zu schöpfen oder "Rechtskategorien" aufzustellen. Schon zufolge ihres empirischen Charakters, ihrer konkreten wissenschaftlichen Unzulänglichkeit und Unzugänglichkeit, ihrer  Gegenständlichkeit  lassen sie sich nimmermehr aus der Wirklichkeit für die Wissenschaft herausarbeiten und abstrahieren, vielmehr tritt umgekehrt die  Wissenschaft mit Kategorien an die Wirklichkeit heran.  Das "subjektive Recht" als "juristische Kategorie" wird also nicht aus den Rechtssätzen abstrahiert, sondern die Rechtssätze, die Rechtswirklichkeiten werden mit der Kategorie des "subjektiven Rechts" gemessen. Alle juristischen Phänomene sind demnach nicht Produkte der Rechtswirklichkeit, sondern der  Rechtswissenschaft.  Solche Kategorien auf ihren "inhaltlichen" Gehalt hin zu prüfen, sie zu  definieren",  ist nach dem Dargelegten ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Dies wäre ein Mißverständnis des Kopernikusgedankens, eine Mißdeutung des Wesens einer "Kategorie", (29) denn jede der einzenen Rechtskategorien ist nichts anderes als ein Ausmaß der Beziehungen, der - formalen - Beziehungen eben, die es ermöglichen, die einzelnen Kulturtypen  sub specie  [unter dem Gesichtspunkt - wp] ihrer eigenen Methode zu betrachten und zu behandeln.

Und nunmehr wird es dem geschärften Blick nicht schwer fallen zu sehen, daß den Historiker, den Juristen, den "Gläubigen", den Künstler oder den Ethiker ganz verschieden geartete Beziehungen mit seiner "Gegebenheit", seiner "Faktizität" verknüpfen und beschäftigen. Sind dies immer und ausschließlich  Beziehungen des subjektiven Wertens?  Entschieden bejahen können wir diese Frage nur für den Ethiker (30), insofern er, was für ihn wünschenswert ist, der Gesinnungsethik KANTs den Treueeid geleistet hat. Bedenken tragen wir bereits für den Historiker und den Künstler die aufgeworfene Frage zu bejahen,  entschieden verneinen  müssen wir sie für den  Juristen.  Beim Prozeß der  kulturwissenschaftlichen  Begriffsbildung wird freilich auch von der Rechtswissenschaft die Wertrelation verwandt, im Bereich der Fachwissenschaft gibt es jedoch nur  Rechtsbeziehungen  und es werden Begriffe erzeugt, die nichts "Wertliches", aber auch nichts "Naturgesetzliches" an sich haben. (31)

Mit dieser Erkenntnis ist nun allerdings nicht der letzte Schritt getan, denn das Eigenartige der  Rechtsbeziehungen  ist noch nicht bewiesen. Aber es ist sehr zweifelhaft, ob auf methodologischem Weg überhaupt diese Beweisführung gelingen kann? Für die spekulative Philosophie sei sie hier als Problem aufgestellt: die Methode der Kulturwissenschaften, der "historischen" im weiteren Sinne, ist die kritische, die wertbeziehende. Die Methoden der einzelnen kulturwissenschaftlichen Fachdisziplinen beschäftigen sich mit sonderbeziehungen. Vielleicht, daß die Methode von Jurisprudenz, Geschichte, Kunst und Religion wieder unter einen einheitlichen Beziehungsgedanken ihrer Gruppe zusammengefaßt werden können, so wie die "subjektiven Wertbeziehungen" im streng philosophischen Sinne die Gruppe der philosophischen Disziplinen miteinander verknüpfen. Vielleicht, daß auch entgegengesetzt ein künftige Methodologie die Bande unter den einzelnen Kulturwissenschaften, statt sie fester zu knüpfen, noch mehr erweitert und lockert.

In  dieser  Abhandlung soll die Eigenart juristischer Begriffsbildung, der juristischen Methode, der großen Sehnsucht all derer, die in der Jurisprudenz einen selbständig erblühten Zweig, nicht einen dürren, verkümmerten Ast am Baum der Wissenschaft erblicken, nicht positiv begründet und bewiesen werden. Die Abhandlung gibt also mehr darüber Auskunft, was die Jurisprudenz  nicht  ist, als darüber, was sie ist. Zugleich aber wollte sie ein bescheidener Beitrag zur Klarlegung des "Kopernikanischen Berufs" auch der Rechtswissenschaft sein.


Ausführung

I. Wenn von Begriffen überhaupt gesprochen wird, so kann dies in einem verschiedenen Sinn geschehen. (32) Was die Verwendung empirischer (33) und metaphysischer Begriffe anbelangt, so wird sich ihre Verwendung auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft kaum rechtfertigen lassen, was aus dem in der Einleitung Dargelegten hervorgeht und sich auch aus dem Folgenden ergeben wird. Die äußere und erste Struktur des Rechtsbegriffs ist eine logische. Nun bedürfen aber, worauf ich gleichfalls schon in der Einleitung hingewiesen habe, logische Begriffe selbst hinwiederum einer sinngemäßen Einteilung und die Logiker aller Zeiten, angefangen von den berühmten aristotelischen Kategorien bis auf die Systematisierungen unserer Tage haben es daran nicht fehlen lassen. Doch kann man fragen, ob all die mannigfachen, nach allen möglichen Gesichtspunkten versuchten Einteilungen einen abgrenzenden Wert besitzen, wie ein solcher von jeder guten Einteilung verlangt werden kann. So ist man wunderbarerweise trotz der scharfen von KANT (34) und anderen geübten Kritik an der aristotelischen Kategorienlehre in neuester Zeit auf diese wieder zurückgekommen (35). Insbesondere ist es eine Kategorie, das bei ihrem Schöpfer gegenüber der wichtigeren ousia, der Substanz, zurücktretende pro ti (Beziehung, Relation), welche verschiedene jüngere Forscher auf dem Gebiet der Logik geradezu zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen genommen und vorzüglich der Einteilung gewählt haben (36). Diese Kategorie muß im Laufe der Geschichte der Philosophie ein eigenartiges Schicksal gehabt haben, bis sie sich einen so hervorragenden Platz erringen konnte (37). Noch von ARISTOTELES her datiert eine zu ausschließliche Wertschätzung der logischen Substanzkategorie, wogegen sich allmählich energischer Widerspruch erhoben hat. (38) Schließlich bezeichnete man sogar die Relationen als "Gegenstände höherer Ordnung", als "Gestaltqualitäten" (39). Und somit schienen sie ihrerseits über die Substanzkategorie hinausgewachsen zu sein! Allein der Bedeutung der Kategorie der Substanzialität ist damit kein Abbruch getan, nur hat sich im Laufe der Zeiten die Kategorie der Relation zu einer selbständigen Größe emporgeschwungen, neben den Dingbegriffen sind Relationsbegriffe als die beiden typischen Hauptformen logischer Betrachtungsweise getreten. (40)

Wenn wir nun zusehen, welcher Art von Begriffen der Rechtsbegriff beizugesellen ist, so wird uns die Wahl nicht schwer fallen. Es bedarf keines tiefgründigen philosophischen Studiums, um einzusehen, daß alle Rechtsbegriffe Produkte einer Denkarbeit sind, in welcher die Vorstellung einer Beziehung vollzogen wird (41), vielleicht sogar die Vorstellung einer ganzen Reihe von Beziehungen von verschiedenstem Kolorit, weshalb gerade in Gedanken an rechtliche und ähnliche Verhältnisse von "komplexen Relationsbegriffen" gesprochen wurde (42). Allerdings zeigt sich die Loslösung vom Dingbegriff und die Verwertung der Relation auf dem Rechtsgebiet von ganz anderer praktischer Bedeutung wie in der Erkenntnistheorie. Wir wissen, daß wir bei der Begriffsbildung mit der Logik zu gehen haben. In dem Augenblick aber, wo er juristisches Gebiet betritt, kommt er auf ein spezifisches Anwendungsfeld, das logische Problem wird zu einem juristischen! Dieser Scheidepunkt ist vielfach übergangen worden (43). Aber schon die nächste Konsequenz hieraus wäre eine verhängnisvolle. Die einfachste Verwendung, Trennung oder sonstige Zusammenstellung von Begriffen führt zu Urteilen, wie ja wohl schon der primäre Prozeß der Wahrnehmuns- und der Begriffsbildung elementare Urteilsakte sind . Der sprachliche Ausdruck des Urteils aber ist der Satz. (45) Wenn man nun mehrere logische Begriffe kombiniert und das hieraus gefaßte Urteil gewissermaßen in einem Satz zum Niederschlag bringt, dieses Verfahren auf das Spezialproblem "Recht" anwendet,, so kann man in der Tat rückschließend zu der Ansicht gelangen, daß die Rechtssätze nichts anderes als "Urteile im Sinne der Logik" sind, eine Theorie, die heute namhafte Vertreter gefunden hat (46). Zu einem gleichen Ergebnis zu kommen, ist zumindest naheliegend, wenn man umgekehrt die "Rechtsordnung" Rechtssätze aufstellen läßt und dann nach der logischen Struktur dieser Sätze im Hinblick auf den Rechtsbegriff frägt, wobei es allerdings für die Fixierung des Begriffs "Rechtsordnung" zunächst an einer Denknotwendigkeit und wohl auch Möglichkeit fehlt, diese sich ja erst eigentlich aus der Betrachtung über Rechtsbegriff und Rechtssatz entwickeln läßt! Läßt sich der Jurist aber verführen, den Rechtssatz als Urteil aufzufassen, so ergeben sich für ihn hieraus bindende Folgen für seine Stellung zu den Rechtsbegriffen überhaupt (47), wovon noch im Folgenden zu handeln sein wird. Einstweilen wollen wir beim Rechtsbegriff selbst, d. h. dem als Relationsbegriff erkannten Rechtsbegriff verweilen und die Bedeutung dieser Erkenntnis abschätzen!

Wenn wir von Recht sprechen oder auch nur an Recht denken, so tun wir dies promiscue [gleichermaßen - wp] in rein abstrakter und in sinnlicher Weise. Aber schon die Psychologie des sprachlichen Ausdrucks kann uns lehren, daß wir es im Recht nicht mit Dingen, wohl aber mit Relationen zu tun haben. Daß wir etwas ansich Abstraktes so konkret wie möglich fassen, ist etwas Alltägliches und dem "Recht" nicht besonders Eigenes, für welches ja eine "Verdinglichung" verkehrstechnisch besonders nötig und wertvoll erscheinen kann. Diese Konkretisierung ist aber doch nur ein simpler Notbehelf, zu dem wir um bestimmter Zwecke willen gegriffen haben und den wir von dem Augenblick an ruhig fallen lassen können und müssen, wo wir zu der "reinen", d. h. wissenschaftlichen Form des Rechtsbegriffs zurückzukehren haben.

So will es mir scheinen, daß, wenn ich beispielsweise eine der vulgärsten Konkretisierungen - das "Haben" eines oder schließlich auch "des" Rechts - herausgreife, dies doch etwas ganz anderes bedeutet als ein gewöhnliches "Haben mit einem oder seinem Objekt" (48). Wohlgemerkt nur für die begriffliche Erkenntnis, zu welcher wir uns jetzt durchringen wollen und nicht auch für die sinnliche Wahrnehmung, die uns hier nichts angeht! (49) Denn wenn ich mir einen Auszug aus dem Grundbuch verschaffe, kann ich sogar das komplizierteste Grundstücksrecht getrost in meiner Tasche nach Hause tragen. Allein begrifflich heißt "ein Recht haben" etwas ganz anderes. Es bedeutet nämlich lediglich ein "Inbeziehungstehen". Schon das "Haben" kann niemals für sich die Vorstellung von etwas Vereinzeltem bilden. Es setzt vielmehr die Vorstellung von Objekten voraus und trägt schon eine gegenseitige Beziehung in sich (50). Noch klarer tritt die Relationsvorstellung als einzig mögliche beim "Recht" zutage: hier fehlt es schon beim ersten Anblick an der vom "Ding" unweigerlich zu fordernden "Einheit". (51) Niemals tritt uns das Recht als isoliertes Erscheinungsobjekt entgegen, sei es, daß wir das Ganze ins Auge fassen, die Summe all dessen, was wir als Recht zu erkennen vermögen, sei es, daß wir an ein einzelnes "Ding" - eine Person, ein Objekt und seine juristische "Qualität" denken. All dies erfassen wir nicht einheitlich und nicht isoliert, sondern "bezogen", vielleicht knüpfen wir solche Beziehungen zwischen dem juristischen Phänomen und seiner höheren Bestimmung, vielleicht bleiben wir auf einem realeren Boden und denken nur an die Relation von Mensch zu Mensch oder von Mensch zu Objekt (52). Wie wir diese Beziehungen ausdeuten, das ist schließlich Anschauungs-, letzten Endes wohl sogar Weltanschauungssache. Die Hauptsache ist, daß wir sie überhaupt erblicken und dieses Anblicks uns auch dann bewußt bleiben, wenn wir uns mit juristischen Grundbegriffen beschäftigen oder gar solche aufstellen.

Daß auch endlich die Philosophie den Rechtsbegriff als Relationsbegriff aufgefaßt hat, kann nach dem in der Einleitung Erörterten natürlich für den Rechtsbegriff des Juristen nichts beweisen. Immerhin kann bemerkt werden, daß auch die Philosophie den Rechtsbegriff, sei es in seinem logischen "Naturzustande", sei es in einem verarbeiteten "philosophischen" stets als Relationsbegriff gebraucht hat. Nicht sowohl die Rechts-, als vielmehr jede Staats- und Geschichtsphilosophie mußte sich notwendig mit den Beziehungen des Individuums zur Gesellschaft auseinandersetzen und konnte in nichts anderem die Vereinheitlichung und Ordnung dieser Beziehungen erblicken als eben im Recht, wenn man auch über die Entstehung, den Inhalt und die Bedeutung dieser Beziehungen uneinig war. Immer ist das Recht als ein soziales Gebilde von diesen philosophischen Disziplinen angesehen worden, das nicht im Naturzustand, ja nicht einmal bei einer isoliert gedachten Beziehung eines Individuums zu einem andern möglich ist. - Tiefer hat dann die eigentliche Rechtsphilosophie das Problem erfaßt. Natürlich ist die - philosophische - Grundrelation immer wieder diejenige zwischen Mensch und Mensch, zwischen Individuum, Gesellschaft und Staat. Aber die eigentliche Rechtsphilosophie konnte sich nicht mehr damit begnügen, diese Grundrelation als eine Tatsache aufzustellen und dann zu verfolgen, wie und was sich aus ihr zum "Recht" entwickelt hat. Der Rechtsbegriff bedurfte einer wirklich philosophischen Erklärung, die Rechtsphilosophie einer Einstellung unter die allgemeine "praktische Philosophie" (53), speziell ein "Sicheinfinden" in den Schatten des großen Zentralproblems, des Freiheitsproblems, was sich schon aus einer näheren Betrachtung der Grundrelation ergeben mußte. ROUSSEAU, der in seinem "contrat social" das erste moderne rechtsphilosophische Buch geschrieben hat (54), mußte den Freiheitsgedanken zum Ausgangspunkt nehmen (55), KANT und manche anderen taten dasselbe. Damit ist die Grundrelation gleichsam vertieft und philosophisch eingekleidet, aber die äußere Gestalt des Begriffs läßt sich in der Definition von Recht, die die Philosophen, insbesondere KANT und in verschiedener Weise HEGEL, gegeben haben, als Form von Beziehungen erkennen (56).
LITERATUR Alfred Löwenstein, Der Rechtsbegriff als Relationsbegriff, München 1915
    Anmerkungen
    1) Dies ist heute wohl unbestritten, umso verwunderlicher ist es, daß sich immer noch vereinzelte Versuche finden, im Bereich der  Kultur- Rechtswissenschaft mit naturwissenschaftlicher Begriffsbildung zu operieren.
    2) Zu diesem und der in der Einleitung folgenden Erörterung vergleiche vor allem die Schriften von Dilthey, Windelband, Rickert, Münsterber und Lask, insbesondere Rickerts Vortrag "Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft", sowie "Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung", und LASKs "Rechtsphilosophie" in der Festschrift für Kuno Fischer.
    3) Das Wort "Natur" wird im "Kantischen", d. h. in einem logischen Sinn gebraucht, vgl. Rickert, Kulturwissenschaft, erste Auflage, Seite 32. Vgl. neuestens auch Fritz Münch in seinem Aufsatz: "Kultur und Recht", Zeitschrift für Rechtsphilosophie, Bd. 1, Seite 346f.
    4) Was das Naturrecht vollkommen verkannte (siehe Lask, a. a. O., Seite 10). Überhaupt hat die frühere Methodologie; soweit man von einer solchen nur reden kann, die Schwierigkeit nicht überwunden, daß die Rechtswissenschaft nun einmal am  Wirklichen  orientiert ist und die Wirklichkeit benützt, also, wie man früher sagte und öfters noch heute hört, eine  empirische  Wissenschaft ist und daß sich trotzdem naturwissenschaftliche Methoden hier nicht anwenden lassen!? Es ist nun das erste Problem - und hier geht die Jurisprudenz mit allen übrigen "historischen Wissenschaften" - von dieser Empirie "weg" und über dieselbe hinauszukommen. Dies geschieht durch das "Mittel der Logik". Die Realität ist ja nur das "Substrat", die Basis der Kulturvorgänge (vgl. Rickert und Lask). Dieses "Mittel der Logik" ist, präziser gesagt, die "Wertbeziehung", wie ich mit Windelband, Rickert, Lask, Münch u. a. meine. Allein die  einzelwissenschaftliche  Begriffsbildung muß doch eine spezielle und eigenartige Umformung der Wirklichkeit vornehmen, m. a. W.: die Kulturrealität muß ihrerseits wieder in den Bogen einer Beziehung gespannt werden, die aber  durchaus nicht immer eine Wertbeziehung zu sein braucht,  denn die einzelwissenschaftliche Beziehung zum Kulturgegebenen kann wohl ein Werten sein (vgl. die Philosophie im engeren Sinne!), muß es aber durchaus nicht sein. Hier beginnt erst das Problem der kultur- fach wissenschaftlichen Begriffsbildung.- RICKERT ist nicht so weit gegangen. Ihm war es ja auch nur um die strenge Scheidung zwischen allgemein kulturwissenschaftlicher (historischer) und naturwissenschaftlicher Begriffsbildung und Methode zu tun, eine Trennung, die vor ihm schon Dilthey und Windelband, wenn auch noch nicht in so klarer und entschiedener Form erstrebt hatten.  Jetzt  gilt es, innerhalb der  einzelnen  Kulturdisziplinen Methodologie zu treiben, da ja die Begriffsbildung auch noch im Rahmen der Kulturwissenschaft eine verschiedene ist. Dies ist auf der von Dilthey-Windelband-Rickert geschaffenen Basis bisher nur ganz vereinzelt versucht worden, für die Rechtswissenschaft meines Wissens nur von Cohen und in vollendeterer Weise von LASK (für die Geschichtswissenschaft z. B. von Simmel, Eduard Meyer, Max Weber, Münch u. a. Ganz besonders verweise ich auf den Aufsatz Max Webers im "Archiv für Sozialwissenschaft", 1906.
    5) Vgl. RICKERT, Kulturwissenschaft etc., Seite 20f, Grenzen etc. Seite 586f. - In der  kulturwissenschaftlichen  Betrachtungsreihe tragen alle Kulturvorgänge das Wertkleid, auch die mit dem Recht in Verbindung stehenden.
    6) "Man wird somit", sagt LASK, der überhaupt das Problem der fach-kulturwissenschaftlichen Methodik am innigsten erfaßt hat, a. a. O. Seite 28, "die methodologisch-empiristische  "Kulturbedeutung"  und den absoluten  "Kulturwert"  auseinanderhalten müssen."
    7) Der Mangel einer richtigen juristischen Methode hat sich, nachdem die "historische" Rechtsschule in dieser Richtung vollkommen versagen mußte, immer fühlbarer gemacht und ist immer häufiger beklagt worden. So z. B. von JELLINEK, Recht des modernen Staates, Seite 23, BERGBOHM, Jurisprudenz und Rechtsphilosophie I, Seite 90, SOHM, Archiv für bürgerliches Recht, Bd. 28, Seite 173, BINDER, "Der Gegenstand", Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht, Bd. 59, Seite 4f, KELSEN, Hauptprobleme des Staatsrechts etc., Vorrede Seite 4 und von vielen anderen. In den letzten zwanzig Jahren finden sich dann auch schon eine ganze Reihe von allerdings sehr heterogenen Versuchen zu einer selbständigen juristischen Begriffsbildung und Methode. Von den rein empiristisch-naturwissenschaftlichen Auffassungen des Problems (in diesem Sinne "soziologischen", "psychologischen" und gar "biologischen" juristischen Methoden) will ich hier nicht sprechen, da die Vertreter dieser Anschauungen KANTs Transzendentalphilosophie entweder nicht kennen oder nicht verstehen und nachdem hierüber vor allem WINDELBAND und RICKERT das tatsächlich letzte Wort gesprochen haben. (Vgl. auch neuestens von juristischer Seite die treffenden Ausführungen bei BREUER, Der Rechtsbegriff auf Grundlage der Stammlerschen Sozialphilosophie, Ergänzungsheft 27 der Kant-Studien) Aber auch im Rahmen der kritischen Methode ist bis heute keine Einhelligkeit erzielt worden, weil die Voraussetzungen, von denen die einzelnen Forscher ausgehen, zu verschiedenartige sind. Von Einzelheiten wird in der Abhandlung die Rede sein, vgl. aber z. B. zur Orientierung: JELLINEK, a. a. O., Seite 47 und 302, System der subjektiven öffentlichen Rechte, Seite 13f, RÜMELIN, Juristische Begriffsbildung, BERGBOHM, Jurisprudenz und Rechtsphilosophie, ELTZBACHER, Über Rechtsbegriffe, SALOMON, Das Problem der Rechtsbegriffe, STERNBERG, Einführung in die Rechtswissenschaft und vor allem STAMMLER, jetzt in seiner "Theorie der Rechtswissenschaft", insbesondere Seite 6f und 263f (womit aber die Literatur keineswegs erschöpft aufgezählt sein soll). - Von den Philosophen hat sich mit der juristischen Methode neuerdings außer COHEN und LASK vor allem SCHUPPE beschäftigt (Ethik und Rechtsphilosophie, Der Begriff des subjektiven Rechts, Aufsätze in der "Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Bd. 5 und in der GRÜNHUTschen "Zeitschrift für das private und öffentliche Recht der Gegenwart in Bd. 10 und 11). - Was die  Geschichte  anbelangt, so scheint mir hier das Problem der Methodologie der Geschichtswissenschaft gegenüber den Naturwissenschaften einerseits, gegenüber der Geschichtsphilosophie andererseits ein noch komplizierteres zu sein (vgl. RICKERT, Geschichtsphilosophie, in: Die Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts, zweite Auflage 1907, SIMMEL, Probleme der Geschichtsphilosophie, MÜNCH im Dezemberheft der Kant-Studien 1912, GÖTZ im Literaturblatt der Frankfurter Zeitung vom 7. April 1912, usw.). Die Geschichtswissenschaft hat ganz ähnliche Kämpfe für ihre Methode durchzufechten wie die Jurisprudenz, nachdem ebenso wie in der letzteren gerade die Größten eine Beschäftigung mit der Methodologie gering schätzten: "Jede Methode der Geschichtswissenschaft muß entweder trivial ausfallen oder transzendental" (gemeint ist "transzendent"), so MOMMSEN in seiner Rektoratsrede 1874, vgl. RIESS, Historik I, Seite 16f.
    8) Das darf wohl heute als Axiom gelten, siehe später!
    9) Siehe zu diesem und dem nächstfolgenden vor allem wieder die Schriften von RICKERT.
    10) Vgl. hier auch LASK, a. a. O., Seite 29 und 38
    11) Bis vor kurzem konnte man behaupten, daß in einer Abhandlung, die über "allgemeine" juristische Dinge berichten wollte, bereits die Aufzeigung des Unterschiedes von Jurisprudenz und Rechtsphilosophie ein Stück Programm bedeutet. Es ist das nicht schmälernde Verdienst BERGBOHMs (Jurisprudenz und Rechtsphilosophie, Leipzig 1892) diesen Unterschied klar und prägnant herausgearbeitet und die Ohnmacht der historischen Schule und ihrer Ausläufer in der Einstellung und Feststellung "juristischer Haupt- und Grund begriff" dargetan zu haben. Im BERGBOHMschen Werk ist auch zweifellos der richtige Kern enthalten, daß die Jurisprudenz von der "wertenden" Philosophie auseinanderzuhalten ist. Aber das, was BERGBOHM klar und richtig erkannt hat, wird dadurch in ein merkwürdiges Licht gerückt, daß BERGBOHM eine "systematische Philosophie des positiven Rechts" geben und damit zugleich positive Rechtswissenschaft treiben will und eine positive Rechtsarbeit zu leisten glaubt. Seine "allgemeine Rechtslehre" als das "höchste Stockwerk der positiven Rechtswissenschaft" (so neuestens sehr treffend RADBRUCH, Grundzüge der Rechtsphilosophie, Seite 14) soll ein Stück Jurisprudenz bilden und soll keineswegs, wie sie müßte, eine "Logik der Rechtswissenschaft" sein. Und so geht die endliche Problemstellung BERGBOHMs nicht erheblich über die von ihm mit Recht gegeißelten bisherigen allgemeinen Rechtslehren hinaus. Auch er gibt nichts anderes als eine "verallgemeinernde Sublimierung empirischer Wissenschaftsergebnisse", wie vor ihm BIERLING, THON, u. a. Ganz ähnlich beanspruchte eine selbständige Bedeutung für die "allgemeine Rechtslehre" (vgl. MERKEL, Rechtsenzyklopädie und den Aufsatz "Über das Verhältnis der Rechtsphilosophie zur "positiven" Rechtswissenschaft" bei GRÜNHUT, Bd. 1, BERGBOHM, a. a. O., Seite 28 Anm.), die bisher nur eine "Ablagerungsstätte für die philosophische Arbeit innerhalb juridischer Partialdisziplinen gewesen sei" (a. a. O. Seite 6). Aber die "juristische Philosophie" des Positivismus kam der eigenartigen Problemstellung der juristischen Begriffsbildung und Methode nicht viel näher als die gebrandmarkte "philosophische Jurisprudenz" der früheren Epoche.
    12) In einem ganz anderen Sinn gebraucht diesen Ausdruck LASK a. a. O. Seite 10, siehe auch die folgende Anmerkung.
    13) LASK, a. a. O., Seite 29: "Zwischen die Wirklickeit und das von der Wissenschaft erstrebte Endziel schiebt sich in den meisten Fällen einem Halbfabrikat vergleichbar eine schon auf Kulturbedeutungen bezogene Welt und diese komplexe Kulturrealität, nicht die ursprüngliche, von jeder Art der Wertbeziehung freie Wirklichkeit, wird zum Material der eigentlichen Kulturwissenschaft."
    14) Auch diese Ausführungen sind natürlich nur logisch-methodisch zu verstehen. Wenn wir sagen, der Rechtsbegriff sei inhaltlich, so bedeutet das natürlich keineswegs, er sei im empiristischen Sinn aus der "Rechtswirklichkeit" zu deduzieren. Es soll aber zugleich darauf hingewiesen werden, daß die Fachwissenschaft eine philosophische Definition des "Fundamentalbegriffs niemals zu geben vermag (vgl. STERNBERG, a. a. O., Bd. 1, zweite Auflage, Seite 136) und daß alle diesbezüglichen Versuche in früheren "allgemeinen Rechtslehren" und "Prinzipienlehren" letztenendes "philosophische Arbeit" leisteten, wie bereits BERGBOHM richtig erkannt hat.
    15) In diesem Sinn sagt RICKERT, Kulturwissenschaft, Seite 64, daß es eine Geschichtswissenschaft ohne Geschichtsphilosophie nicht gibt. Auf Jurisprudenz und Rechtsphilosophie angewandt, würde nach RICKERT die These etwa so lauten: "Die Besinnung auf das, was Recht ist und die Begründung des Rechts als  Kultur wert ist philosophische Arbeit. An dieser ist die Jurisprudenz nur insoweit orientiert, als es ihr selbst unmöglich ist, die individuelle (d. h. im Rahmen aller Kulturvorgänge auswertende) Bedeutung und Feststellung des Rechts als Kulturfaktor zu fixieren." Erst wenn dies geschehen ist, können wir uns dem Problem der  juristischen Begriffsbildung  nähern. (In Anm. 4 ist darauf hingedeutet, wie man auf einem anderen Weg zum nämlichen Ergebnis gelangt.)
    16) Vgl. MÜNCH, Das Problem der Geschichtsphilosophie, in dem zitierten Aufsatz des Dezemberheftes der Kant-Studien, 1912, sowie EMIL LASK, Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre, wo auf die umfangreicheren Aufgaben der Philosophie hingewiesen wird. MÜNCH sagt: "Jede Einzeldisziplin der Transzendentalphilosophie hat nicht nur die Philosophie ihres Gegenstandes, also etwa der Natur oder der Geschichte zu sein, sondern immer auch und zuerst - nicht nur Philosophie der Wissenschaft von diesem Gegenstand, sondern - auch Philosophie der Philosophie dieses Gegenstandes." Daß sich hier "eminent schwierige logische Probleme erheben", erkennen sowohl LASK wie MÜNCH an.
    17) Das ist für die Jurisprudenz a priori (vgl. jetzt auch die trefflichen Ausführungen bei RADBRUCH a. a. O. Seite 30). Der Rechtsbegriff ist nach den obigen Darlegungen etwas durchaus Verschiedenes für den Philosophen und für den Juristen. Daß überhaupt etwas wie "Recht" existiert und warum wir dies erkennen können, mit anderen Worten: die  Idee des Rechts  ist für den Juristen das schlechthin "Gegebene", eine Kategorie. Wie er mit dieser Kategorie operiert, darüber siehe das Folgende. - Jedenfalls gebraucht er sie nur methodisch, d. h.  formal, nicht inhaltlich  wie der Philosoph. (Dabei sind wir uns natürlich bewußt, daß ein  Begriff selbst  weder stofflich noch formal sein kann, so daß es sich hier nur um eine doppelte Art und Weise der Begriffs bildung  handelt!) Vgl. auch die Ausführungen bei STAMMLER, Lehre vom richtigen Recht, Seite 3f und die Einleitung zu seiner "Theorie der Rechtswissenschaft", denen ich aber nicht unbedingt zustimmen möchte.
    18) Vgl. LASK a. a. O.
    19) RICKERT, Grenzen etc., zweite Auflage, Seite 529
    20) Und von RICKERT, LASK u. a. verschiedentlich anerkannt wurde!
    21) Schon in Anm. 4 wurde auf diese wichtigste Fragestellung hingewiesen. Vgl. außer LASK vor allem MÜNCH, a. a. O., insbesondere Seite 371, der sich dort besonders um die Logik der "Geschichtswissenschaft" (im engeren Sinne) bemüht, d. h. diese von der Logik der Geschichts wert wissenschaft trennt. Er erkennt als das "Constituens" der historischen Geschichtswissenschaft (wobei Constituen nur im transzendental philosophischen Sinn gebraucht ist) die "historische Kausalität". Nach dem Gedankengang  meiner  Abhandlung wäre die eigentümliche  Geschichts erkenntnis eine Erkenntnis besonderer kausaler  Relationen.  Ob diese Anschauung richtig ist oder nicht, ist an dieser Stelle gleichgültig. MÜNCH stellt seine Behauptung leider nur als "Problem" auf und verweist auf die "Erörterungen in der Gegenwart", aber diese "Erörterungen" haben das "Problem" überhaupt nur vereinzelt  gesehen;  das Problem der Begriffsbildung einer  Fach -Geschichtswissenschaft ist doch nicht mit dem der Geschichts-Allgemeinen Kulturwissenschaft identisch!
    22) Vgl. LÖWENSTEIN, Abhandlungen, Seite 65
    23) Die näheren Ausführungen siehe im 5. Abschnitt der Abhandlung. Über das subjektive Recht in dieser Auffassung vgl. z. B. MERKEL, Rechtsenzyklopädie, BIERLING, Juristische Prinzipienlehre I, und ganz besonders THON, Subjektives Recht und Rechtsnorm. - Über JELLINEK später!
    24) Vgl. z. B. SCHUPPE, Der Begriff des subjektiven Rechts.
    25) LASK, a. a. O., Seite 28
    26) Vgl. KANT, Kritik der reinen Vernunft, Ausgabe B, Vorrede Seite XVI, LASK a. a. O., Seite 29, MÜNCH a. a. O.
    27) Zum Beispiel M. E. MEYER, Rechtsnormen und Kulturnormen.
    28) LASK, a. a. O. Seite 29
    29) Vgl. KANT, Kr. d. r. V. (Ausgabe von BENNO ERDMANN) Seite 160.
    30) Näheres in der Abhandlung.
    31) RICKERT spricht von "Mittelgebieten" (vgl. Kulturwissenschaft, zweite Auflage), wozu er auch die Jurisprudenz rechnet. An anderer Stelle erkennt er sehr deutlich das Eigenartige der logischen Struktur der Rechtsbegriffe (Vgl. Grenzen Seite 520, 529f, Geschichtsphilosophie Seite 369). Ich glaube, was ich hier nicht näher darlegen kann, nicht, daß die Jurisprudenz ein "Mittelgebiet" ist, sie ist als Kulturwissenschaft von naturwissenschaftlichen Schlacken vollständig frei, sie ist aber andererseits als Partialdisziplin der Kulturwissenschaft auch etwas anderes als bloße Wertwissenschaft!
    32) Siehe hierzu Sigwart, Logik I, Seite 270.
    33) Dies bedeutet es, wenn Kant (vgl. Kr. d. r. V., zweite Auflage, Seite 759 und hierzu Bergbohm, a. a. O., Seite 78 Anm., sowie Kant, Metaphysik der Sitten, Einleitung in die Rechtslehre, § B, Ausgabe der "Philosophischen Bibliothek", Vorländer, Seite 33) meint, daß der Jurist nicht die Fähigkeit hat, die Rechtsbegriffe zu finden, er müßte dazu seine empirischen Theorien verlassen und in der bloßen Vernunft die Quelle des allgemeinen Kriteriums für Recht und Unrecht suchen: Kant hat zunächst bloß das Problem im Auge, die Jurisprudenz von der empirischen Methode zu befreien. Zweifelhaft kann es sein, ob Kant damit sagen wollte, daß die Juristen, wenn sie einmal die empirische Betrachtungsweise verlassen, doch ihrerseits zu einem Rechtsbegriff kommen könnten oder, wie dies Bergbohm und wohl auch Radbruch anzunehmen scheinen, ob Kant überhaupt hier nur an den "philosophischen" Rechtsbegriff gedacht hat, der für ihn im Grunde genommen ein ethischer war, wie ich lieber die zitierten Stellen bei Kant auffassen möchte. Denn wie die Ausführungen Kants zeigen, hat er mit ihnen etwas ganz anderes im Auge wie das "positive Recht", wie Bergbohm meint. Es handelt sich um einen Bewertungsmaßstab, von dem der Philosoph sagt, daß er nicht aus dem "empirischen" Recht herausgeholt werden kann, sondern mit dem an das Recht herangetreten werden muß. Daher ist diesen Maßstab zu finden der Jurist (ein nach Kant empirisch arbeitender Wissenschaftler) nicht geeignet, denn nicht Sache des Juristen ist die normativ-kritische Betrachtung, die "metaphysische" in einem kantischen Sinn!
    34) Kant, Kr. d. r. V., zweite Auflage, Seite 107.
    35) vgl. Wundt, Logik, Bd. 1, Seite 101f; Ernst Cassirer, Substanzbegriff und Funktionsbegriff, Seite 8f und andere mehr.
    36) Wie Kant den Relationsbegriff und Funktionsbegriff in seiner Kr. d. r. V. (übrigens vollkommen getrennt von der Kategorienlehre) behandelt hat, darauf kann ich hier nicht eingehen. - Vgl. aber zu diesen und den folgenden Ausführungen das hier bedeutsame Werk von Cassirer, Seite 10f, 410f, ferner Sigwart, Logik Bd. 1, Seite 36f, 276f, 470f; Bd. 2 Seite 156f, 243f; Heinrich Maier, Psychologie des emotionalen Denkens, Seite 218f; Rickert, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, erste Auflage, Seite 75f.
    37) vgl. hierzu insbesondere Cassirer, a. a. O., Seite 433f; Maier, a. a. O., Seite 220 und die dort angeführte Literatur.
    38) Über die Entwicklung des Substanzbegriffs siehe Wundt, Logik I, Seite 47f; Cassirer, a. a. O. Seite 439.
    39) Vgl. Maier, a. a. O., Seite 221; Cassirer, Seite 441.
    40) Sigwart, a. a. O. II, Seite 243; Cassirer, a. a. O., Seite 11
    41) Maier, a. a. O., Seite 222.
    42) So Sigwart, a. a. O., Seite 243.- Der Art der Beziehungen, aus denen sich nach Sigwart der Rechtsbegriff zusammensetzen soll, kann ich freilich nicht zustimmen, was schon in der Eigenart von Sigwarts Unterscheidung, der "graduierenden und klassifikatorischen" Begriffsbildung seinen Grund hat.
    43) vgl. die Einleitung!
    44) Hierzu Maier, a. a. O., Seite 140f, insbesondere Seite 149 und 166, ferner Seite 268f; Cassirer, Seite 453, auch Wundt, Logik I, Seite 135 u. a. m.
    45) Sigwart, a. a. O., Seite 25.
    46) So z. B. Zitelmann, Gustav Rümelin u. a. (sieh später!)
    47) vgl. Maier, a. a. O., Seite 21.
    48) Hierzu Schuppe, Begriff des subjektiven Rechts, Seite 5f.
    49) Binder, Problem, Seite 53
    50) vgl. Sigwart, a. a. O., Bd. 1, Seite 36; Schuppe, Seite 14.
    51) Was ich hier unter "Einheit" verstehe, kann nach dem vorher Gesagten mit meiner wiederholten Beziehung auf Sigwart keiner falschen Deutung ausgesetzt sein. Auf die "mehrfache" Relation und auf die Begriffe der "Einheit" und "Vielheit" komme ich später nochmals zurück. - Mit der Konstruktion der "Einheits-Apperzeptionen" bei Lipps ("Einheiten und Relation"), Seite 21f und 102) hat diese "Einheit" nichts zu tun.
    52) Binder, a. a. O, Seite 42; Hensel, "Rousseau", erste Auflage, Seite 42.
    53) Vgl. hierzu Windelband, Geschichte der neuen Philosophie, Bd. 2, Seite 145.
    54) Liepmann, Die Rechtsphilosophie des Jean-Jaques Rousseau und Hensel, a. a. O., Seite 38.
    55) Vgl. Rousseau in den berühmten Eingangsworten des Contrat social, Kapitel I: "L'homme est né libre et partout il est dans les ferses." [Der Mensch wird frei geboren und liegt überall in Ketten. - wp]
    56) Auch nach Kant ist Recht ein Verhältnis und zwar in doppelter Hinsicht: Es ist erstens bei gegebener Kausalität der Handlungen das äußere Verhalten einer Person gegen eine andere, da das Recht es nur mit der äußeren Gesetzmäßigkeit, mit der tatsächlichen Gestaltung des Menschenlebens zu tun hat. - Es bedeutet aber zweitens unter Anwendung des Grundsatzes der praktischen Vernunft das "Verhältnis der Willkür des einen gegen die Willkür des anderen". Dieses wechselseitige Willkürverhältnis liefert den Inbegriff der Beziehungen, die Kant "Recht" nennt (vgl. "Metaphysik der Sitten", a. a. O., Seite 34 und 35). - Ebenso denkt sich Hegel das Recht als Relation: "Das Recht ansich, der allgemeine Wille, als wesentlich bestimmt durch den besonderen, ist in Beziehung auf ein Unwesentliches. Es ist das Verhältnis des Wesens zu seiner Erscheinung" usw. (Siehe Hegel, Rechtsphilosophie, Ausgabe von Lasson, Seite 307, Zusatz zu § 93 der "Grundlinien der Philosophie des Rechts".)