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AUGUST THON
(1839-1912)
Rechtsnorm
und subjektives Recht


"Nicht blind und ziellos erläßt die Rechtsordnung ihre Befehle; und Zweck ist ihr auch nicht, den Gehorsam der Normunterworfenen zu prüfen. Nicht das Gehorchen liegt ihr am Herzen, sondern die Folgen desselben. Sie wünscht das Verbotene fernzuhalten, das Gebotene zu erreichen. Ihre Befehle sind nur ein Mittel zu diesem Zweck. Sie wünscht es: d. h. sie achtet es in ihrem Interesse - das Interesse der Gemeinschaft bestimmt die Rechtssetzung."

"So wenig wie das Gesetz das Verbrechen zu verhindern vermochte, so wenig vermag es an den Mord ohne weiteres den Tod des Täters zu knüpfen. Das Gesetz vermag nur darauf hinzuwirken, daß den Verbrecher die bestimmte Strafe trifft. Die Hinrichtung ist ein tatsächlicher Vorgang, der denkbarerweise auch an einem Unschuldigen vollstreckt werden kann, während der Schuldige sich ihm entzieht. Rechtsfolge des Mordes ist nur, daß der Mörder hingerichtet werden soll, nicht aber, daß er hingerichtet wird."

"Die Rechtsordnung wünscht, daß geschieht, was sie gebietet, sowie daß ungeschehen bleibt, was sie verbietet. Ihre Imperative sind ihr nur Mittel zum Zweck, ein Versuch, das Befohlene zu erreichen. Und unvollkommen sind diese Mittel deswegen, weil der Wille der Normunterworfenen frei bleibt und den Befehlen Ungehorsam entgegensetzen kann."


Vorwort

Den nachfolgenden Untersuchungen ist vornehmlich die Aufgabe gestellt, den Begriff des subjektiven Rechts einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Ausgehend von dem Satz, daß alles Recht einer Gemeinschaft in deren Normen besteht, suchte ich den Punkt zu bestimmen, in welchem das objektive Recht zugleich zum Recht des Einzelnen wird. Nach einer Erörterung über das Wesen der Norm und der Rechtsfolgen ihrer Übertretung (Abschnitt I und II) war hierzu vor allem erforderlich, das Verhältnis des Einzelnen zum Inhalt der Normen einer genauen Analyse zu unterwerfen. Das Ergebnis derselben war eine Differenzierung dessen, was wir heute mit der gemeinsamen Bezeichnung eines subjektiven Rechts umfassen. Ich versuche den Nachweis, daß wir mit diesem einen Ausdruck heute vier verschiedene und scharf zu trennende Begriffe verbinden, von denen nur der eine, die Anwartschaft auf Ansprüche, die Bezeichnung als "Recht" in Wahrheit verdient (Abschnitt III und IV) - wogegen der Normenschutz für sich allein kein subjektives Recht begründet, der Genuß der normgeschützten Güter aber dem Recht überhaupt nicht angehört (Abschnitt VI) und die Befugnis schließlich, als rechtliches Können, vom Begriff des subjektiven Rechts zu scheiden ist (Abschnitt VII). War aber das letztere als die Anwartschaft auf Ansprüche zu bestimmen, so mußte weiter noch der Begriff des Anspruchs selbst (Abschnitt V) einer Erörterung unterzogen werden.

Daß eine derartige Differenzierung der heutigen Anschauung entspricht, behaupte ich nicht. Im Gegenteil werde ich mich nur zu oft gegen allgemein herrschende Ansichten wenden müssen. Noch weniger unternehme ich den Nachweis, daß sich die gedachten Begriffe in der Umgrenzung, die ich ihnen geben möchte, allezeit auch in der römischen Auffassung abgespiegelt haben. Was ich darzutun suche und was ich glücklich wäre, dartun zu können, ist allein, daß die Erscheinungen unseres heutigen Lebens zu einer Konstruktion des Rechts in der Art, wie ich sie versuche, mit Notwendigkeit drängen. Meine Arbeit gilt dem Recht der Gegenwart. Fast ausschließlich halte ich mich daher an das heute geltende Recht, wie ich auch Beispiele und Belege mit Vorliebe den Gesetzen des Deutschen Reichs entlehne. Daß ich schon jetzt auf die neuen Justizgesetze Bezug nehmen, wird mir wohl niemand zum Vorwurf machen.

Wenn auch die nachstehend behandelten Fragen von allgemeiner Natur sind, so wird doch die Art, wie man dieselben beantworten will, auch für die Rechtssprechung im einzelnen Fall vielfach von präjudizieller und entscheidender Bedeutung sein. So führten diese Untersuchungen oft zu bekannten forensischen Streitfragen, deren Beantwortung sodann vom gewonnenen Boden aus versucht worden ist. Dagegen habe ich mir aus äußeren Gründen für jetzt versagen müssen, die Unterscheidung von Normenschutz, Recht, Anspruch, Befugnis und Genuß speziell an einigen Lehren durchzuführen, wie z. B. an der vom Verzicht oder an der Lehre der Rechtsübertragung. Auch habe ich im Laufe der Darstellung sorglich vermieden, das Problem der juristischen Person zu berühren. Ich tat dies, um nicht die Lösung meiner nächsten Aufgabe durch das Herbeiziehen einer zweiten vielumstrittenen Materie zu erschweren - obschon sich gerade am komplizierteren Mechanismus der juristischen Person das Auseinanderfallen von normgeschütztem Interesse, Genuß, Anspruch und Befugnis erproben müßte.

Die Anregung zu diesen Untersuchungen verdanke ich hauptsächlich dem Werk BINDINGs (Die Normen, Bd. I, 1872; Bd. II, 1877), dessen Ergebnisse ich bestrebt war, für das zivilistische Gebiet zu verwerten. Es drängt mich umso mehr, dies offen und freudig zu bekennen, als ich mich im Laufe der Darstellung vielfach gegen BINDING zu wenden habe und der Zustimmung naturgemäß ein engerer Raum als der Polemik zufällt. Auch ist noch während der Ausarbeitung dieser Untersuchungen eine Anzahl von Werken erschienen, welche zum Teil dieselben Fragen behandeln und von denen einzelne bald in dem einen und bald in einem anderen Punkt zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. Ich habe mich bemüht, überall, wo ich Anklänge und verwandte Anschauungen vorfand, solche getreulich zu verzeichnen und aufzunehmen. Denn wenn die herrschende Auffassung vom Recht, wie ich dies glaube, einer Revision in vielen Stücken bedarf, so wird doch dem vereinzelten und darum einseitigen Angriff wohl eine Verschiebung der Lehre, aber kaum eine Förderung derselben gelingen. Um sie wahrhaft vorwärts zu bewegen, wird es auch fernerhin noch der Bemühungen verschiedener Kräfte bedürfen und namentlich des gleichzeitigen Hebens von mehreren Seiten aus.

Leider war es mir nicht vergönnt, das Werk RUDOLF von JHERINGs, "Der Zweck im Recht" (Bd. I, 1877) bei meiner Arbeit noch zu benutzen. Es kam mir erst zu, nachdem der Druck dieses Buchs bereits bis auf wenige Bogen beendet war. Die Aufgabe, welche ich mir gestellt habe, ist eine wesentlich andere, als die des zitierten Werkes. Mir kam es darauf an, den logischen Aufbau und Zusammenhang des Rechtssystems aufzuweisen, wenn auch immer mit Rücksicht auf Zweck und Bestimmung der einzelnen Glieder. JHERING aber wendet sich sofort und hauptsächlich diesen Zwecken zu. War es meine Aufgabe, das feste Knochengerüst des Rechts bloßzulegen und daneben nur die Bewegungsfähigkeit der einzelnen Teile zu erörtern, so gilt JHERINGs Werk den Muskeln und Nerven, dem bewegenden Apparat selbst. Allein trotz dieser verschiedenen Umgrenzung begegnen sich doch auf den anliegenden Gebieten unsere Ausführungen vielfach. Und da war es mir beim Lesen JHERINGs oftmals, als habe ich lange und mühsam im Geiste nach einer halb verlorenen Melodie gesucht, die nun plötzlich rein und voll und gewaltig durchgeführt vor meinem Ohr ertönt. Aber freilich regte sich auch bei manchem Punkt der Widerspruch. Und namentlich sind es drei Sätze, gegen die ich mich sogleich noch hier in aller Kürze erklären möchte.

Der erste Satz betrifft eine Frage, welche für den Zusammenhang meiner Ausführungen allerdings nur von untergeordneter Bedeutung ist: die Frage nach dem Zweck und nach dem sogenannten Rechtsgrund der Strafe. Nach JHERING (Seite 480, 81) hat die Strafandrohung überall da einzutreten, "wo die Gesellschaft ohne sie nicht auskommen kann ... Die Bestrafung der einzelnen Handlung ist nur die notwendige Folge der einmal geschehenen Strafandrohung, ohne sie würde letztere wirkungslos sein". Beides sei zugegeben: die Strafandrohung hat den Zweck (wenn auch nicht den alleinigen Zweck), von der Normübertretung zurückzuhalten - und dieser Versuch wäre ein vergeblicher, falls der Androhung niemals eine Vollstreckung folgen würde. Allein mir will scheinen, als ob damit noch nicht die ethische Berechtigung des Mittels dargetan ist, dessen sich die Rechtsordnung in der Strafe zur Wahrung ihrer Interessen bedient. Das Interesse der Gemeinschaft als Zweck der Strafandrohung kann die Bestrafung des begangenen Verbrechens vor unserem Gewissen nicht rechtfertigen. Warum soll der Delinquent der Gesellschaft verfallen sein, so daß diese sein Leiden dazu benutzen darf, um ihren Strafandrohungen für die Zukunft einen größeren Nachdruck zu geben? Um dies zu rechtfertigen, ist erforderlich, daß uns auch der Verbrecher wegen seiner Begangenschaft selbst als strafwürdig erscheint. Wie wenig dies JHERING in Wahrheit verkennt, geht aus seiner eigenen früheren Darstellung (Seite 420f) hervor. Für außergewöhnliche verbrecherische Taten, deren Möglichkeit der Katalog unserer Strafgesetze nicht genügen vorgesehen hat, wird hier die Zulässigkeit einer außerordentlichen, über die Schranken des Gesetzes hinausgehenden Strafe begehrt, zu deren Verhängung sich die Einsetzung eines besonderen "Gerechtigkeitshofes" empfiehlt. Eine solche Ahndung übersteigt jedoch offenbar den Zweck, die Güter der Gemeinschaft gegen künftige Angriffe zu sichern. Dieser Aufgabe würde der schleunige Erlaß eines neuen, ergänzenden Strafgesetzes vollkommen genügen. Wenn trotzdem auch hier die härtere Bestrafung des einzelnen Schuldigen verlangt wird, so kann dies lediglich den Zweck haben, den JHERING hier auch ausdrücklich hervorhebt: "ihn zur verdienten Strafe zu ziehen".

Von ungleich höherer Bedeutung für den Grundgedanken meiner Deduktionen sind die beiden anderen Sätze. JHERING behält auch in diesem neuen Werk die herrschende Auffassung bei, wonach der Genuß rechtlich geschützter Güter selbst eine Rechtsausübung ist. Gegen sie ist die ganze Beweisführung meines VI. Abschnitts gerichtet. Beruth die herrschende Lehre, wie ich annehme, auf einem Irrtum, so ist dieser Irrtum folgenschwer genug. Er gerade ist es, welcher wiederum die nämlichen Schwankungen in der Begriffsbestimmung des Rechts zur Folge hat, auf die ich bereits am Schluß meiner vierten Untersuchung hinweisen mußte. So definiert JHERING nunmehr das Recht (Seite 434) als "die Sicherung der Lebensbedingungen der Gesellschaft in Form von Zwang" und weiter unten (Seite 499): "Recht ist der Inbegriff der durch äußeren Zwang, d. h. durch die Staatsgewalt gesicherten Lebensbedingungen der Gesellschaft." Die  Sicherung  der Lebensbedingungen aber ist begrifflich etwas anderes als der  Inbegriff der Lebensbedingungen  selbst. Meinerseits würde ich nur die erstere Fassung als zutreffend ansehen - ohne freilich auch hier dem Zusatz: "in Form von Zwang" zustimmen zu können.

Dies führt zu dem dritten und wichtigsten Punkt. Die Differenz der Anschauungen ist hier so groß, daß sie an dieser Stelle nur betont, nicht aber des Näheren ausgeführt werden kann. JHERING erblickt das Wesen des Rechts im Zwang (Seite 318f). Und da der Staat "der einzige Inhaber der sozialen Zwangsgewlt" ist, wird auch der Staat als "die einzige Quelle des Rechts" bezeichnet (Seite 316, 317). Ja, selbst im Staat gibt es für den Juristen "kein anderes Kriterium (des Rechts) als die Anerkennung und Verwirklichung desselben durch den Richter" (Seite 320).

Mir dagegen erscheint zunächst jede Norm, welche eine menschliche Gemeinschaft als bindend für das gegenseitige Verhalten der Genossen anerkennt, als Rechtsnorm und der Staat also nicht als der einzige Schöpfer des Rechts. Allerdings muß man dann auch, wie JHERING treffend bemerkt, vom Recht eines staatlich verbotenen Vereins sprechen. Aber ich scheue auch nicht vor dieser Konsequenz zurück. Jedes Lehrbuch des Kirchenrechts bespricht die Verfassung der ersten christlichen Kirche und setzt damit deren Recht in eine Zeit hinein, in welcher sie vom staatlichen Standpunkt aus noch eine verbotene Vereinigung war. Selbstverständlich wird der Staat das Recht verpönter Vereine nicht achten - und weder sich selbst zum Vollstrecker ihrer Normen hergeben, noch auch nur die Zwangsmittel und Strafen innerhalb der Vereinigung als Rechtsausübung gelten lassen. Die Todesstrafe, vom Mitglied eines Geheimbundes statutenmäßig am verräterischen Genossen vollstreckt, wird in den Augen des Staates ein einfacher strafbarer Mord sein. Dies alles schließt aber nicht aus, daß man vom Standpunkt der einzelnen Vereinigung aus von einem Recht derselben sprechen muß. Daß es lebt, zeigt sich in seiner Wirkung: in seiner Macht über die Gemüter.

Auch wenn wir uns auf staatliches Recht beschränken wollen, scheint es mir zu eng, als "das absolute Kriterium eines jeden wahren Rechtssatzes" zu erfordern, "daß in letzter Instanz stets eine Behörde hinter ihm steht, die ihn nötigenfalls erzwingt" (Seite 337). Hiergegen scheinen mir die Imperative zu sprechen, welche sich in monarchischen Staaten an das oberste Organ der Staatsgewalt wenden und deren Übertragung prinzipiell folgenlos bleibt - hiergegen, daß man die Strafe, welche der Übertretung einer Norm folgt, nicht als Erzwingung der letzteren ansehen kann - hiergegen schließlich und vor allem, daß auch der Zwang, soweit er dem Recht angehört, selbst wieder in Normen aufzulösen ist. Nicht das Zwingen ist Sache des Rechts, sondern das Zwingendürfen und Zwingensollen.

Weiter aber würde es mir wiederum zu eng scheinen, von einem Recht nur da zu sprechen, wo ein  Richter  zu seiner Erzwingung gesetzt ist. Die Gebote, welche JHERING Seite 451 anführt: "Du sollst dem Staat Steuern und Kriegsdienste leisten" sind staatliche, auch zwangsweise zu realisierende Normen - aber nicht das Gericht ist berufen, sie zu vollziehen.

Von dem soeben erschienenen Werk DEGENKOLBs "Einlassungszwang und Urteilsnorm", 1877, habe ich die ersten vierzehn Bogen noch während des Drucks meines Buches einsehen und von Seite 235 an wenigstens einigermaßen benutzen können - Dank der großen Freundlichkeit des Herrn Verfassers, welcher mir, dem ihm persönlich unbekannten Kollegen, auf meine Anfrage nach dem Erscheinen seines, von SOHM bereits zitierten Werkes das damals (Mitte November) Gedruckte in liebenswürdiger Weise zur Verfügung stellte.

Ebenso sei meinem Freund und hiesigen Kollegen Herrn Professor SIEGFRIED BRIE, für vielfache freundliche Förderung meiner Arbeit auch an dieser Stelle herzlicher Dank gesagt.




I.
Die Norm und die
Rechtsfolgen ihrer Übertretung

§ 1. Seit HEGEL (1) ist es üblich, das Recht im objektiven Sinn als den allgemeinen Willen zu bestimmen. Und in der Tat gibt diese Bezeichnung "in formaler Beziehung das Wesen desselben in einer Weise wieder, wie sie nicht treffender und kürzer gedacht werden kann". (2) Mag das Recht einer Gemeinschaft und vornehmlich das des Staates (3) im Gesetz seinen Ausdruck gefunden haben oder sich im Leben der Gemeinschaft offenbaren, immer drückt es den Willen dieser letzteren aus (4). Und zwar richtet sich dieser Wille der Gemeinschaft wieder an das Wollen der Einzelnen (5). Im Recht sucht die Rechtsordnung (im Sinne von den das Recht erzeugenden Faktoren) den ihren Satzungen Unterworfenen einen Impuls zu einem bestimmten Verhalten zu geben, mag nun das gewünschte Verhalten in einem Tun oder Unterlassen bestehen. Dieser Impuls erfolgt durch Befehle bald positiven bald negativen Inhalts. Gebote und Verbote belassen die natürliche Freiheit dessen, an den sie sich richten (6). Tatsächlich können beide unbefolgt bleiben: allein Unterlassen und Tun ist dann dem Recht zuwider, ist Normwidrigkeit oder Unrecht (7). Einem (jeden selbständigen) Rechtssatz liegt ein "Du sollst" oder "Du sollst nicht" (im Sinne von "Du darfst nicht") zugrunde - ein  iubere  [gebieten - wp] oder  vetare  [verbieten - wp], wie CICERO bereits treffend bemerkt (8). Mögen auch oftmals die Gebote und Verbote des Rechts äußerlich nicht als solche erscheinen und sich erst mittelbar aus den Folgen bestimmen lassen, die ihrer Übertretung gedroht sind (9): begrifflich liegt doch jedem Rechtssatz ein Imperativ, ein  praeceptum legis  [gesetzlicher Befehl - wp], (10) oder, wie wir heute zu sagen pflegen, eine Norm.

Mit ihren Imperativen wendet sich die Rechtsordnung lediglich an Menschen. Wie alles Recht von Menschen ausgeht (11), so werden auch seinen Satzungen nur Menschen unterworfen (12) Auch sind es die Interessen der Gemeinschaft und mithin menschliche Interessen, deren Schutz die Verboten, deren Förderung die Gebote bezwecken. Nicht blind und ziellos erläßt die Rechtsordnung ihre Befehle; und Zweck ist ihr auch nicht (13), den Gehorsam der Normunterworfenen zu prüfen. Nicht das Gehorchen liegt ihr am Herzen, sondern die Folgen desselben. Sie wünscht das Verbotene fernzuhalten, das Gebotene zu erreichen. Ihre Befehle sind nur ein Mittel zu diesem Zweck. Sie wünscht es: d. h. sie achtet es in ihrem Interesse - das Interesse der Gemeinschaft bestimmt die Rechtssetzung (14). Dies schließt nicht aus, daß es häufig besondere Interessen Einzelner sind, die zunächst Schutz und Förderung finden sollen; so daß hier das Interesse der Gesamtheit tatsächlich nur mittelbar in Betracht kommt (15). Ja, es ist nicht ausgeschlossen, daß die menschliche Gemeinschaft aus tierfreundlicher Gesinnung auch den Schutz der Tiere in gewisser Weise übernimmt und damit dem Wohl derselben absichtlich und bewußterweise zu Hilfe kommt (16). Dies aber zeigt weiter, daß die Interessen der Gemeinschaft, denen das Recht dient, nicht immer als materielle Interessen aufzufassen sind. Wie jede Norm der in der Gemeinschaft lebenden Idee von dem, was gerecht ist, entspringen soll, so kann auch denkbarerweise das ganze Interesse, welches die Gesamtheit an der Ausführung ihrer Befehle hat, lediglich in der Befriedigung des Gerechtigkeitstriebes beruhen, der jene Befehle entstehen ließ (17).

§ 2. Von den Imperativen selbst sind begrifflich die Folgen zu scheiden, welche seitens der Rechtsordnung einer Übertretung der ersteren gedroht sind. Ehe aber noch die verschiedenen Rechtsfolgen der Normwidrigkeit in das Auge gefaßt werden können, scheint es ratsam, sofort einigen möglichen Mißverständnissen vorzubeugen. Einmal der Annahme, als ob das Wesen des Rechts oder doch der alleinige praktische Wert desselben in den Rechtsfolgen zu finden ist, welche das Unrecht nach sich zieht. Weiter der Auffassung, als ob diese Rechtsfolgen in etwas anderem bestehen könnten, als entweder wiederum nur in einem Neueintritt, oder in der Zurücknahme von Imperativen. Und schließlich dem Schein, als ob sich die Rechtsordnung damit begnügen muß, ihre Befehle zu geben und alsdann bis zu einer Übertretung derselben zu warten, um neuerdings gegen die begangene Normwidrigkeit zu reagieren.

Hin und wieder findet sich die Behauptung (18), daß die Imperative, welche das Verhalten der Menschen in gewisser Weise bestimmen sollen, überhaupt nicht dem Recht, sondern lediglich der Moral angehören. Die Norm "Du sollst nicht stehlen" z. B. ist kein Verbot des Rechts, sondern ein "Gebot der Moral". Erst die Strafe, die den Dieb trifft, erst der Zwang, der gegen ihn zwecks Rückgabe des Entwendeten oder wenn der Ersatz der Schädigung eintritt, ist Sache des Rechts. Diese Auffassung fällt in sich zusammen, sobald der Nachweis erbracht wird, daß ja auch diese dem Recht zugesprochenen Folgen der Normübertretung lediglich im Eintritt neuer und in der Zurücknahme bisheriger Imperative bestehen. Die Normen aus dem Gebiet des Rechts verbannen heißt mithin das Dasein eines solchen überhaupt in Abrede stellen.

Derselbe Nachweis wird aber auch zur Korrektur einer anderen weitverbreiteten Anschauung dienen. Oft werden zwar die Normen als solche des Rechts anerkannt - allein ihr praktischer Wert, ihre Macht und Bedeutung werden für den Fall in Zweifel gezogen, daß ihre Übertretung rechtlich folgenlos bleibt. Man lächelt dann über das ohnmächtige Recht, das in nichts anderem als einem Befehl beruth. Nun wird sogleich ausgeführt werden, daß eine jede Berechtigung, selbst diejenige, die im Fall der Verletzung mit dem schneidigsten Straf- und Erfüllungszwang ausgestattet ist, doch nur in einem Komplex von Imperativen besteht, von denen der folgende stets durch die Nichterfüllung des vorangehenden bedingt ist, deren letzter aber im Fall der Übertretung jedenfalls folgenlos bleibt. Das ganze Rechtssystem besteht hiernach aus Normen. Will man die Norm als solche gering achten, nun gut: dann spricht man eben dem gesamten Recht nur eine geringe Bedeutung zu. Denn unmöglich kann eine ansich ohnmächtige Norm dadurch zu einer vollkräftigen werden, daß sich im Falle ihrer Übertretung eine andere ohnmächtige Norm an sie anschließt.

Die Geringachtung der nackten Norm beruth indessen auf einer Unterschätzung der idealen Macht, die der Wille der Gemeinschaft auf jenen in ihr Lebenden ausübt. Knüpft sich auch keine Rechtsfolge an die Übertretung der Norm, schon die Tatsache ihres Bestehens ist oftmals praktische unschätzbar. Zum Beweis sollen nicht die Sätze des Völkerrechts angeführt werden. Denn diese sind heute allerdings noch unvollkommen genug. Allein nicht sowohl deswegen, weil hier weder eine Folge ihrer Übertretung bestimmt ist, noch auch eine Instanz, welche etwaige Folgen vollziehen könnte. Die Schwäche des Völkerrechts liegt vor allem darin, daß das Gemeingefühlt der Staaten auch nicht annähernd derart erstarkt ist, wie das Gemeingefühl der Einzelnen im Staat - und daß mithin eine Nichtbefolgung des allgemeinen Willens hier weder so sicher noch so intensiv den allgemeinen Unwillen hervorruft. Wohl aber mögen die Normen des Staatsrechts zum Beweis dienen, von denen oft gerade die fundamentalsten im Falle der Übertretung ohne Rechtsfolge bleiben. Ja, in monarchischen Staaten ist das oberste Organ der Staatsgewalt prinzipiell unverantwortlich. Sämtliche Normen, die ihm Verpflichtungen auferlegen, können daher nichts anderes als nackte Normen sein (19). Deswegen allein wird ihnen aber nicht der Wert abgesprochen werden dürfen. Er besteht in der ganzen Wucht des allgemeinen Willens, der sich in der Norm an den Willen des ihr Unterworfenen wendet (20).  Der Zwang ist kein wesentlicher Bestandteil im Begriff des Rechts.(21)

§ 3. Von Rechtsfolgen der Normwidrigkeit wird zumeist in einer Art gesprochen, welche eine gewisse Geneigtheit erkennen läßt, diese Rechtsfolgen selbst nicht auch zu den Normen zu zählen, sondern sie begrifflich von diesen zu scheiden.  Dem gegenüber muß mit aller Entschiedenheit betont werden, daß auch die Rechtsfolgen der Normübertretung, mögen sie nun der Bestrafung des Übertreters oder anderen Zwecken dienen, wiederum nur im Lebendigwerden neuer oder im Wegfall bisherige Imperative bestehen. Das gesamte Recht einer Gemeinschaft ist nichts als ein Komplex von Imperativen, welche insofern miteinander verknüpft und verbunden sind, als die Nichtbefolgung der einen für andere häufig die Voraussetzung des Befohlenen bildet. 

Ein Beispiel soll dies erläutern: Das Verbot: "Du sollst nicht töten!" wendet sich an alle der Norm Unterworfenen. Wird es von einem der Letzteren vorsätzlich verletzt, so verlang die Rechtsanschauung, die sich zur Zeit noch in Geltung erhalten hat, daß der Mörder um seiner Tat willen mit dem eigenen Leben büßen soll. Allein die Hinrichtung des Mörders ist keineswegs die Rechtsfolge des Mordes (22). So wenig wie das Gesetz das Verbrechen zu verhindern vermochte, so wenig vermag es an den Mord ohne weiteres den Tod des Täters zu knüpfen. Das Gesetz vermag nur darauf hinzuwirken, daß den Verbrecher die bestimmte Strafe trifft. Hierzu bieten sich der Rechtsordnung zwei Wege dar. Sie kann zunächst dem Verbrecher allgemein den Schutz entziehen, den sie bisher seiner Person zuteil werden ließ. Die Imperative, welche bis dahin sein Leben so gut wie das der Übrigen beschirmten, fallen nunmehr um seiner Tat willen weg. Sein Leben wird der Willkür eines Jeden preisgegeben: wer ihn erschlägt, handelt keinem Verbot zuwider. In dieser Weise war im alten Rom der  homo sacer  (23), im altdeutschen Recht der Friedlose (24), im Mittelalter der der Oberacht Verfallene (25) eines jeden Rechtsschutzes bar. Aber dem entwickelteren Rechtsgefühl widerstrebt es, den Verbrecher um irgendeiner Tat willen einem Jeden preizugeben. Andererseits soll die Strafe des Todes den Mörder sicher ereilen und nicht vom Belieben der Einzelnen abhängig sein. Darum werden einmal die den Verbrecher schützenden Imperative nicht Jedermann gegenüber aufgehoben; nur bestimmten staatlichen Organen gegenüber zessieren [wegfallen - wp] sie heute. Diesen letzteren aberb wird zugleich mit dem Dürfen auch die Pflicht auferlegt, gegen den Mörder einzuschreiten: den Verdächtigen zu verhaften, den Schuldigbefundenen zu verurteilen, am Verurteilten die Strafe zu vollstrecken. Ein begangener Mord ruft also heutzutage die Imperative wach, welche sich an die mit der Strafjustiz betrauten Organe richten (26) und die Verfolgung und Bestrafung des Mörders zum Zweck haben. Dem pflichtmäßigen Vorgehen dieser Organe gegenüber fallen zugleich die Imperative hinweg, welche Freiheit und Leben des Mörders vor seiner Tat gegen Jedermann und nach derselben noch gegen jeden Unbefugten schützen.  Dieses Dürfen und Sollen der staatlichen Organe ist die Rechtsfolge des Mordes.  Befolgen die jeweiligen Behörden die an sie ergangenen Gebote nicht, so läßt auch diese Normwidrigkeit wiederum nur neue Imperative lebendig werden: insbesondere (27) Gebote an die vorgesetzte Behörde, gegen den pflichtwidrigen Beamten disziplinarisch einzuschreiten. Und zuletzt schließt sich die Kette mit einem Imperativ (28), dessen Nichtbefolung ohne eine weitere rechtliche Folge bleibt. Die erste Normübertretung ist sonach die Bedingung, auf deren Eintritt hin die Rechtsordnung einmal weitere Befehle erlassen, dann aber auch die Zurücknahme bisher gegebener ausgesprochen hat.

Nicht anders liegt die Sache da, wo die Normwidrigkeit nicht öffentliche Strafe, sondern nur einen Privatanspruch auf deren Beseitigung hervorruft. Auch der Privatanspruch besteht, wie unten gezeigt werden soll (29), einmal darin, daß dem Berechtigten nunmehr erlaubt ist, was ihm vorher verboten war, mithin in der Zurücknahme von Imperativen. Sodann aber vor allem im Erwachen neuer Imperative an die mit der Zivilrechtspflege betrauten staatlichen Organe, dem Verlangen des Berechtigten innerhalbt bestimmter Grenzen zu Hilfe zu kommen.

§ 4. Die Rechtsordnung wünscht, daß geschieht, was sie gebietet, sowie daß ungeschehen bleibt, was sie verbietet. Ihre Imperative sind ihr nur Mittel zum Zweck, ein Versuch, das Befohlene zu erreichen. Und unvollkommen sind diese Mittel deswegen, weil der Wille der Normunterworfenen frei bleibt und den Befehlen Ungehorsam entgegensetzen kann. Wo die Rechtsordnung mithin das gewünschte Ergebnis auf andere Weise ohne Beschwerde und mit voller Sicherheit zu erreichen vermag, wird sie alle Veranlassung haben, diesen anderen, bequem und sicher führenden Weg vorzuziehen.

In einer solchen glücklichen Lage befindet sich die Rechtsordnung in allen Fällen, wo es sich lediglich darum handelt, den Eintritt gewisser  Rechtswirkungen  zu verhindern. Wie im letzten Abschnitt gezeigt werden soll, ist das Rechtsgeschäft als Geschäft des Rechts aufzufassen: als diejenige menschliche Handlung, an deren Vornahme die Rechtsordnung den Eintritt oer das Aufhören bestimmter Imperative im Voraus geknüpft hat - und welche damit als das Mittel zur Hervorrufung jener Rechtsfolgen bezeichnet und den Geschäftsfähigen zu beliebiger Benutzung überlassen wird. Wünscht die Rechtsordnung nun, daß unter gewissen weiteren Voraussetzungen trotz Vornahme der Handlung, die mit dieser für gewöhnlich verknüpfte rechtliche Wirkung nicht eintreten soll, so braucht sie dies nur auszusprechen. Der Eintritt rechtlicher Wirkungen ist dann eine Unmöglichkeit. Eines Verbotes bedarf es dann nicht. Ein "Du sollst nicht" ist da nicht erforderlich, wo die Rechtsordnung mit eine "Du kannst nicht" das Nämliche und nor noch sicherer erreicht. Mit letzterem Ausspruch ist die Fähigkeit zur Hervorbringung des unerwünschten Erfolges von vornherein genommen.

Wählen wir Beispiele - und zwar solche, in denen bleibende, für die Sinne wahrnehmbare Veränderung überhaupt nicht eingetreten sind (30). Der Ehemann hat ein Dotalgrundstück [aus der Mitgift - wp] durch  pactum hypothecarium  verpfändet. Ein Frauenzimmer übernimmt die Bürgschaft für eine fremde Schuld. Der Mann erläßt schenkungshalber seiner Ehefrau eine Forderung. Ein nicht aufzulösender Anspruch wird aufgelöst. In allen diesen Fällen bleiben die Erklärungen ohne jede rechtliche Wirkung. Es liegt nicht nur ein verbotenes, sondern auch ein nichtiges Rechtsgeschäft vor: eine Handlung, die nur den Schein eines Rechtsgeschäfts an sich trägt, weil sie unter anderen Voraussetzungen rechtliche Wirkungen hervorzurufen allerdings geeignet ist, unter den konkreten Voraussetzungen aber nicht. Die Befugnis zur Verpfändung ist dem Ehemann, die zur Verbürgung der Frauen, die zu Schenkungen den Gatten, die zur Auflösung dem Gläubiger entzogen.

Der Ausspruch "Du kannst nicht" genügt vollkommen, wenn es sich lediglich um eine Verinderung der rechtlichen Wirkung eines Geschäftes handelt. Er enthält keinen Imperativ und ist mithin kein selbständiger Rechtssatz (31). Nur wenn es aus irgendeinem Grund (32) der Rechtsordnung daran liegt, nicht bloß die Rechtswirkung einer Handlung zu verneinen, sondern auch die Handlung selbst zu verhüten, ist ein Verbot der letzteren nötig. Das "Du sollst nicht" bezieht sich dann auf die physische Handlung, die ohne das "Du kannst nicht" zugleich ein Rechtsgeschäft wäre. Dieses Verbot kann übertreten werden und an die Übertretung geknüpft können rechtliche Folgen und insbesondere Strafen (33) geknüpft sein.

Umgekehrt vermag die Rechtsordnung die Handlung, die sie als Rechtsgeschäft bezeichnet hat, für gewisse Fälle zu verbieten und derselben trotzdem, falls sie normwidrig vorgenommen werden sollte, den Charakter als Rechtsgeschäft und damit die Wirksamkeit zu belassen. Die Formel lautet dann: "Du kannst, aber Du darfst nicht" (34). Die Übertretung dieses letzteren Verbotes kann Rechtsfolgen der verschiedensten Art nach sich ziehen - z. B. Strafen (35) oder einen Anspruch des Verletzten auf die Annulation der rechtlichen Wirkungen des Rechtsgeschäfts durch den Richter (36).

§ 5. Hat es die Rechtsordnung in ihrer Hand, innerhalb der ideellen Sphäre des Rechts unwillkommene Verrückungen schlechthin unmöglich zu machen, so fehlt ihr eine gleiche Macht gegenüber unerwünschten Veränderungen in der materiellen Welt. Sie kann den Mord verbieten, aber sie macht ihn damit nicht unmöglich. Dennoch begnügt sich die Gemeinschaft nicht, ihre Normen zu erlassen und erst im Fall der Nichtbefolgung gegen den Pflichtvergessenen zu reagiern. Wo sie es vermag, sucht sie dem etwaigen Ungehorsam im Voraus entgegenzuwirken. Zunächst schon in der Art, welche nach PLATO und ARISTOTELES die alleinige Aufgabe des Staates ist: durch Belehrung und Erziehung der Einzelnen und Weckung des Sinns für Recht und Gesetzlichkeit. Dann aber auch dadurch, daß sie verbotswidrigem Tun direkt entgegentritt. Gewissen staatlichen Organen legt sie die Pflicht auf, das Normwidrige nicht geschehen zu lassen und dem Versuch der Normübertretung, sofern es nötig sein sollte, Gewalt entgegenzustellen. So haben die Polizeiorgane strafbare Normwidrigkeiten jeder Art, die Zollbeamten speziell Kontraventionen [Gesetzesbrüche - wp] gegen die Zollgesetze (37), die Feldhüter Übertretungen der feldpolizeilichen Normen, die "Wächter" und "Wachen" (38) die Durchbrechung der Absperrung möglichst zu verhindern. Diese Gebote an die staatlichen Organe, das Verbotene nicht zu dulden, dienen dem nämlichen Zweck wie letztere Verbote selbst: dem Zweck nämlich, das Unerwünschte nicht eintreten zu lassen.

Für einzelne staatliche Organe besteht geradezu die Pflicht, der versuchten Übertretung gewisser Verbote entgegenzusteuern. Weiter ist es aber Jedermann wenigstens nicht verboten, einer rechtswidrigen Veränderung des tatsächlichen Zustandes entgegenzutreten.  Die Verhinderung einer Normwidrigkeit kann nicht selbst eine Normwidrigkeit sein. 

Allgemein ist in unseren Quellen das "vim vi repellere licere" [Gewalt darf mit Gewalt erwidert werden. - wp] anerkannt (39). Nich demjenigen allein ist Abwehr gestattet, der einen Angriff auf seinen eigenen Güterkreis erfährt (40). Auch jeder dritte ansich Unbeteiligte darf den normwidrigen Angriff auf das Gut eines Anderen abwenden. Daß eins solche Verhinderung selbst dann nicht strafbar werde, wenn in der Notwehr ein rechtlich geschütztes Gut des Angreifers verletzt wird, sagt unser Strafgesetzbuch ausdrücklich (41). Aber es kann auch weiter behauptet werden, daß die bloße Verhinderung von etwas Verbotenem (42) nicht nur nicht strafbar, sondern überhaupt nicht normwidrig ist und mithin auch keine zivilrechtliche Haftpflicht begründet. (43)

Indessen, eine gewisse Einschränkung ist sheinbar dem Satz zu geben. Diejenigen Rechtsnormen, welche Spezialgüter (44) Einzelner zu schützen bestimmt sind, verbieten eine Verletzung der letzteren zumeist nur für den Fall, daß der Interessent nicht selbst in die verletzende Handlung einwilligt. Die Zustimmung des Geschützten nimmt sonach regelmäßig der Handlung den Charakter der Normwidrigkeit (45). Würde ein Dritter die Verletzung eines Gutes abwehren, welches der Geschützte selbst preisgegeben hat, so würde nicht einem normwidrigen, sondern einem erlaubten Tun entgegengetreten. Eine solche Verhinderung könnte objektiv überhaupt nicht als Notwehr erscheinen (46).

Eine wirkliche Modifikation erfährt jedoch der oben aufgestellte Satz von einer anderen Seite her. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit hat unser Recht auch einen provisorischen Normenschutz eingeführt. Damit ist freilich auch die Möglichkeit gegeben, daß dieser proviorische Normenschutz einem schließlich Unberechtigten zuteil wird. So wird der Besitzer einer Sache interimistisch gegen jede Störung seines Besitzes geschützt, mag der letztere auch vom Eigentümer ausgehen, dem der Besitzer die Sache normwidrid vorenthält. Es genügt, daß er Besitzer ist; dieser Umstand gewährt ihm bis auf weiteres ein Recht gegen jedermann (47). Wer sich in einem solchen geschützten Verhältnis befindet, ist einstweilen frei in seinen Handlungen. Kann es sich schließlich auch herausstellen, daß er eine fremde Sache normwidrig vorenthalten und normwidrig benutzt hat, so ist doch einstweilen jede eigenmächtige Beeinträchtigung seiner Handlungsfreiheit betreffs der Sache verboten.

Ungenau würde es jedoch sein, von einem  Recht  der Notwehr zu sprechen. Wo immer diese gestattet wird, ist damit nur dem Abwehrenden die natürliche Freiheit seines Handelns zurückgegeben (48). Das Verbot, welches sonst die Behinderung zu einer normwidrigen machen würde, wird im der Qualität des Behinderten willen zurückgenommen. Die abwehrende Handlung ist nicht widerrechtlich. Will man sie in diesem Sinne eine berechtigte nennen, so ist hiergegen freilich nichts einzuwenden. Allein das "berechtigt" bedeutet dann nur das Unverbotene oder Erlaubte. Und nicht alles, was erlaubt ist, kann auf ein Recht zurückgeführt werden. Zum Recht würde die Notwehr erst werden, wenn dieselbe durch die Rechtsordnung nicht bloß gestattet, sondern gewährleistet würde: wenn der allgemeine Wille die Abwehr des Einzelnen noch damit unterstützte, daß dem Angreifer besonders befohlen wäre, die Notwehr zu dulden. Ein solcher Imperativ aber wird nirgends zu finden sein. Und wollte man die Notwehr als ein Recht auffassen, so würde sie den rechtlosen Sklaven nicht zugestanden haben. Daß diesen aber Notwehr zu ihrer eigenen sowohl wie zu fremder Sicherung freistand, ist nicht bloß aus der Natur der Sache zu folgern. Es geht positiv auch daraus hervor, daß die Notwehr den Sklaven für gewisse Fälle geradezu zur Rechtspflicht gemacht wird (49). Auch ist es unzulässig, das Recht der Notwehr etwa dem Herrn und nur die Ausübung desselben den Sklaven zuzusprechen. Abgesehen von den inneren Schwächen dieser Konstruktion scheitert dieselbe schon daran, daß den Sklaven ausnahmsweise sogar die Pflicht auferlegt wird, den Angegriffenen gegen ihren eigenen Herrn zu verteidigen (50). In diesem Fall muß einerseits die gebotene Abwehr ihnen erlaubt und kann doch andererseits ihr Recht nicht gewesen sein: nicht ihr eigenes, denn sie hatten überhaupt kein solches, und nicht das ihres Herrn, da sich dieses doch unmöglich in seiner Ausübung gegen seinen Träger richten könnte.
LITERATUR August Thon, Rechtsnorm und subjektives Recht, Weimar 1878
    Anmerkungen
    1) HEGEL, Philosophie des Rechts, § 82, Zusatz. Ich lasse übrigens dahingestellt, ob wirklich der "allgemeine Wille" HEGELs als Wille der Gemeinschaft zu denken ist; vgl. § 29. 34. 81 ebenda.
    2) JHERING, Geist des römischen Rechts III, 3. Auflage, Seite 318
    3) Aus praktischen Gründen werde ich mich in diesen Untersuchungen auf das Recht der obersten Rechtsgemeinschaft, des Staates, beschränken.
    4) Im Gesetz den Willen derjenigen Personen, deren Willen (in gewisser Art gefaßt und verkündet) nach dem Recht des einzelnen Staates als Wille dieses Staates zu gelten hat. Die Befugnis der legislativen Organe, ihren Willen als Willen des Staates zu setzen, wird freilich in letzter Instanz immer nur auf eine gewohnheitsrechliche Satzung zurückzuführen sein. Insofern ist das Gesetz nur eine abgeleitete Rechtsquelle. Vgl. jetzt auch BIERLING, "Zur Kritik der juristischen Grundbegriffe", Bd. 1, 1877, Seite 96
    5) Mögen diese Einzelnen Privatpersonen sein oder andere staatliche Organe außer der Legislative. Inwieweit auch die Willensäußerung der Gemeinschaft betreffs ihres eigenen künftigen Verhaltens nicht bloß als Verkündigung ihres Entschlusses erscheint, sondern ihr eine Verpflichtung auferlegt und damit Recht erzeugt, muß hier noch unerörtert bleiben.
    6) Anders wie das Naturgesetz, dessen "Verwirklichung in Notwendigkeit beruth." BRINZ, Pandekten, 2. Auflage, Bd. 1, Seite 91
    7) Vorbehaltlich der Frage, ob zum Begriff des Unrechts ein Verschulden auf Seiten des Verpflichteten gehört, - was im zweiten Abschnitt untersucht werden soll.
    8) pro FLACCO VII, § 5. Wenn MODESTIN in 1. 7 de legibus 1, 3 zu den Funktionen des Gesetzes außer dem Gebieten und Verbieten auch Gewährung und Bestrafung zählt, so ist dies ungenau. Denn das  punire  [bestrafen - wp] bezeichnet nur den Zweck gewisser Rechtssätze, nicht ihren Inhalt - abgesehen davon, daß die Bestrafung doch bereits eine Normwidrigkeit, mithin ein vorausgegangenes Gebot oder Verbot voraussetzt. Betreffs des  permittere  [erlauben - wp] vgl. Abschnitt VII, § 9. Richtiger bezeichnet derselbe MODESTIN in l. 52 § 6 de obl. et. act. 44, 7 den Gegensatz der rechtlichen Verpflichtungen dahin: "quae fieri praecipiuntur vel fieri prohibentur." [die getan werden sollen oder verboten sind - wp]
    9) So bei den  actiones honorariae  durch deren Aufstellung erst mittelbar ein Recht und eine demselben entsprechende Verpflichtung geschaffen wurde; so bei unseren heutigen Strafgesetzen, welche gleichfalls die Norm, gegen deren Übertretung sie sich richten, in ihrem ersten, den Tatbestand bestimmenden Teil enthalten. Vgl. BINDING, Die Normen und ihre Übertretung, Bd. 1, 1872, Seite 29f. BRINZ, a. a. O., Seite 209.
    10) MODESTIN, l. 37 § 1 de minoribus 4, 4 1. 52 § 5 de obl. et. act. 44, 7 l. 41 de poenis 48, 19, c 9 C. de legibus 1, 14.
    11) Es kann dahingestellt bleiben, ob sich nicht auch in tierischen Gemeinschaften Gewohnheiten finden, die eine gewisse rechtliche (d. h. auf einem Verpflichtungsgefühl beruhende) Ordnung verraten. Gewisse Anzeichen hierfür geben uns namentlich einzelne Gemeinwesen der Insekten, am Auffälligsten wohl das der Sklaven machenden Ameisen. Indessen besteht jedenfalls zwischen Mensch und Tier keine Rechtsgemeinschaft, so daß etwaige Spuren von tierischem Recht auf sich beruhen können.
    12) EDUARD HÖLDER, Tübinger "Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft", Bd. 26, 1870, Seite 663: "Ist der Staat Macht und zwar eine Macht, der es wesentlich ist, auf den Willen zu wirken, so sind Objekt dieser Macht die Menschen im Staat und nur sie."
    13) Wenigstens nicht regelmäßig. Einem einzelnen Gesetze kann denkbarerweise, wie in der Sage von GESSLERs Hut, lediglich der Zweck zugrunde liegen, den Gehorsam zu prüfen und zu stärken.
    14) Oder es sollte sie doch allein bestimmen. Tatsächlich freilich kann ein Gesetz die Interessen der Gemeinschaft erheblich schädigen und es kann dies sogar beabsichtigt sein, falls die legislativen Faktoren ihre Pflichten vergaßen.
    15) Über die Wechselbeziehungen zwischen den Interessen des Gemeinwesens und der Einzelnen vgl Abschnitt III, § 3.
    16) So beim Verbot der Tierqälerei. Der Ausspruch von BRINZ, a. a. O., Seite 90: "Das Recht ist ein Gesetz, welches den Menschen zum Anlaß, Gegenstand, Zweck und Urheber hat" ist mithin einigermaßen einzuschränken. Freilich wird den Tieren der Schutz nicht in Gestalt eines ihnen gewährten Rechts zuteil; vgl. Abschnitt IV, § 7.
    17) So bei den Imperativen an die mit der Strafjustiz betrauten Behörden, gegen den Verbrecher einzuschreiten.
    18) Vornehmlich bei COHNFELDT, Die Lehre vom Inderesse, 1865, Seite 28. Vgl Abschnitt VII, § 11.
    19) Ebenso verhält es sich im deutschen Reich hinsichtlich des Kaisers. "Das einzige Bundes mitglied,  welches  zugleich Organ  der Reichsgewalt ist" (LABAND, Das Staatsrecht des deutschen Reiches, Seite 214), ist nicht verantwortlich, unterliegt aber nach der Reichsverfassung rechtlichen Verpflichtungen. Vgl. Abschnitt III, Anm.36
    20) Mit Recht macht BEKKER, Aktionen I, Seite 11, darauf aufmerksam, daß auch jedes Gewohnheitsrecht zunächst eine bloße Norm ist.
    21) BIERLING, a. a. O., Seite 140
    22) Die Hinrichtung ist ein tatsächlicher Vorgang, der denkbarerweise auch an einem Unschuldigen vollstreckt werden kann, während der Schuldige sich ihm entzieht.  Rechtsfolge  des Mordes ist nur, daß der Mörder hingerichtet werden  soll,  nicht aber, daß er hingerichtet  wird. 
    23) LIVIUS III, Seite 55: "- eum ius fasque esset occidi, neve ea caedes capitalis noxae habertur."
    24) Welcher darum  wargus  war, d. h. ausgestoßen wie der Wolf.
    25) Proskriptionsform HEINRICHs VII, 1309: "- wir verbieten sie ieren vreunden und erlauben sie ieren veinden."
    26) BINDING, Normen I, Seite 11 - 14 bestreitet, daß das Strafgesetz - womit ich mit BINDING nicht die Norm, welche nicht übertreten werden soll, sondern nur die Strafandrohung im Falle ihrer Übertretung verstehe - den Richter und Exekutionsbeamten verpflichte; der Staat lege vielmehr mit dem Strafgesetz nur sich selbst eine Verpflichtung zu strafen auf. Dem hiergegen bereits erhobenen Widerspruch (vgl. namentlich BIERLING, Göttingische gelehrte Anzeigen, 1873, Seite 402f, sowie von BAR, Kritische Vierteljahrsschrift 1873, Bd. 15, Seite 562 und WACH, "Der Gerichtssaal" 1873, Bd. 25, Seite 436 muß ich ebenfalls zustimmen. Nach BINDINGs eigener Lehre können Rechtsgebote nur an Menschen ergehen und nur von solchen übertreten werden. Welchem Menschen im Staat gilt nun das Gebot: Der Dieb soll mit Gefängnis bestraft werden? Läge die gesamte staatliche Gewalt, insbesondere die Gesetzgebung, Strafrechtspflege und Strafvollstreckung, in der Hand eines einzigen Menschen: dann würde in der Verkündung eines Strafgesetzes nur der Ausdruck eines Entschlusses liegen, in gewissen Fällen in gewisser Weise zu strafen. Zur Ausführung seines Entschlusses verpflichtet hätte sich aber der Verbrecher ein Recht auf Strafe noch der Verletzte ein Recht auf Bestrafung des Verbrechers gewonnen. Dies wird auch dadurch nicht anders, daß tatsächlich die staatliche Gewalt verschiedenen Organen zusteht. Wohl aber macht es das kompliziertere Verhältnis der staatlichen Organisation möglich, daß die gesetzgebende Gewalt anderen staatlichen Organen Verpflichtungen auferlegt. So können auch betreffs der Strafrechtspflege den verschiedensten Behörden durch die Legislative Verpflichtungen auferlegt werden: der regierenden Gewalt, für die Anstellung von Untersuchungsrichtern, Staatsanwälten, Strafrichtern und Exekutionsbeamten Sorge zu tragen; den Richtern, unter bestimmten Voraussetzungen, deren Vorhandensein sie nach bester Überzeugung zu prüfen haben, einen Menschen zu einer bestimmten Strafe zu verurteilen; dem Exekutionsbeamten, die rechtskräftige Sentenz zu vollstrecken. Diesen sämtlichen staatlichen Organen gilt nun auch das Strafgesetz. Vornehmlich aber dem Strafrichter. Ja, nur dieser ist in der Lage, die eigentliche Strafsatzung befolgen oder übertreten zu können. Denn über Art und Höhe der Strafe hat er allein und unabhängig zu befinden. Nur der Richter kann normwidrig den Dieb zu sechs Jahren Gefängnis, den Mörder zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilen. Nun ist freilich BINDING zuzugeben: "Ein Richter, der ein gültiges Gesetz vorsätzlich seinem Urteil nicht zugrunde legt, verletzt nicht das von ihm vernachlässigte Gesetz, etwa das gegen den Mord oder das gegen den Hochverrat, ... sondern immer ein und dieselbe Pflicht: seinen Urteilen das geltende Recht zugrunde zu legen." Allein das Nämlich gilt, nur noch in höherem Grad, von den "mit der Strafgerichtsbarkeit im weiteren Sinne" (ich würde sagen: mit der Strafjustizverwaltung) betrauten Organen. Wenn diese ihre Pflichten verletzen, wenn der Minister z. B. nicht rechtzeitig für "die Bestellung des öffentlichen Anklägers" Sorge trägt: so übertritt auch er doch wahrlich nicht bald das Strafgesetz gegen den Mord, bald das gegen den Hochverrat, sondern stets nur die Pflichten seiner ministeriellen Stellung. Die Schwierigkeit schwindet, wenn man die Natur der Strafsetzung schärfer bestimmt. Sie sind keine selbständigen Imperative, sondern begriffsentwickelnde Rechtssätze, dazu gegeben, soweit sie dem Richter gelten, die unbekannte Größe des Rechts, nach welchem der Richter erkennen soll, in einzelne bekannte Größen aufzulösen. Der allgemeine Imperativ an den Strafrichter, dem bestehenden Recht gemäß zu urteilen, würde ohne diese einzelnen Strafgesetze inhaltlos sein. Sie erst geben jener allgemeinen Verpflichtung in blanko Fleisch und Blut. Der Richter verletzt seine allgemeine Richterpflicht durch die Mißachtung des ihm durch jedes Strafgesetz gegebenen besonderen, ergänzenden Befehls.
    27) Es kann auch eine schuldvolle Unterlassung strafrechtlicher Verfolgung dem Pflichtvergessenen selbst eine strafrechtliche Verfolgung zuziehen.
    28) Zumeist gerichtet an das oberste Organ der regierenden Gewalt.
    29) Abschnitt V.
    30) Sind aufgrund eines nichtigen Rechtsgeschäfts auch tatsächliche Veränderungen eingetreten - z. B. der Mann hat das Dotal[Mitgift - wp]grundstück dem Gläubiger zu Besitz übergeben - so genügt die Nichtigkeit des Geschäfts freilich nicht. Vielmehr treten dann außerdem diejenigen Rechtsfolgen ein, welche der gegenwärtige Zustand (- der in Ermangelung eines gültige Rechtsgefschöpftes, auf das er gestützt werden könnte, ein rechtswidriger ist -) für sich allein hervorzurufen geeignet ist.
    31) Die Bedeutung solcher Rechtssätze wird im Abschnitt VII, § 9 besprochen werden.
    32) Zum Beispiel um keine Unklarheit und Unsicherheit der Rechtsverhältnisse aufkommen zu lassen.
    33) Hierher gehören sämtliche sogenannte  leges plus quam perfectae  - z. B. das Verbot der Bigamie oder der Zession [Auflösung - wp] einer Forderung an den Vormung des Schuldners etc. etc.
    34) Über diese Kombination von rechtlichem Können und Nichtdürfen vgl. Abschnitt VII, § 8.
    35) Die Bestimmung ist dann eine  lex minus quam perfecta  - z. B. die Strafbestimmung bei einer Verletzung des Trauerjahres durch eine Wiederverehelichung.
    36) d. h. die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts.
    37) § 19. 20 des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869.
    38) § 20. 23 der Instruktion zum Reichsgesetz vom 7. April 1869, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend.
    39) l. 1 § 27 vgl. mit l. 3 § 9 de vi 43, 16 - l. 45 § 3 ad legem Aquiliam 9. 2: vim enim vi defendere omnes leges omniaque iura permittunt." [Gewalt mit Gewalt abzuwenden erlauben alle Gesetze und Rechtssysteme. - wp]
    40) l. 3 de ius. et iure 1, 1: "- ut quod quisque ob tutelam corporis sui fecerit, iure fecisse existimetur." [Für den Schutz des eigenen Körpers ist alles im Sinne des Rechts. - wp]
    41) § 53 des Strafgesetzbuchs
    42) Das heißt lediglich die Abhaltung des Angreifers von der Begehung der Normwidrigkeit ohne eine weitere Verletzung seiner Person oder seiner sonstigen rechtlich geschützten Güter.
    43) Auch die Prädizierung der Notwehr als einer "gebietenden" in § 53 des Strafgesetzbuchs ("- wenn die Handlung durch Notwehr geboten war -") scheint eine Erlaubnis zu enthalten, dem Trieb zur Notwehr zu folgen. - Nicht entgegensteht l. 3 § 7 si servitus vind. 8. 5. Sie handelt von einem Fall, wo ein Unberechtigter ein Verbot eingelegt hatte aufgrund eines angeblichen eigenen Rechts.
    44) In welchem Sinn dieser Ausdruck gebraucht wird, möge aus Abschnitt III § 3 entnommen werden.
    45) Vgl. Abschnitt III § 4.
    46) Wenn MEYER, Strafrecht, § 53, Seite 252 lehrt: "Gerade wie von sich selbst, darf man vielmehr auch von Anderen eine ihnen drohende rechtswidrige Angriffe abwehren, nicht nur also ihnen selbst in der Verteidigung beistehen, sondern selbst ohne ihren Willen, ja genau genommen sogar  gegen  ihren Willen die Verteidigung übernehmen", so ist letzteres hiernach auf Fälle zu beschränken, wo  entweder  der Angriff trotz Zustimmung des Geschützten ausnahmsweise normwidrig bleibt (so der Angriff auf das Leben, § 216 des Strafgesetzbuchs)  oder  wo der Angegriffene  weder  dem Angriff zustimmt  noch  seiner Verteidigung.
    47) Demgemäß kann auch zum Schutz des  Besitzes  Notwehr geübt werden: OPPENHOFF, Strafgesetzbuch, 6. Auflage § 53, Nr. 8
    48) l. 1 § 27 de vi 43, 16: "idque ius  natura comparatur." 
    49) l. 1 § 18 de S Co. Siliano 29, 5. - l. 1 § 28 l. 19 eodem. Vgl. auch l. 17 § 8 de iniuriis 47, 10.
    50) l. 3 § 2 de S Co. Siliano 29, 5.