ra-2R. StolzmannR. LiefmannN. BucharinH. CohnA. Lindwurm    
 
ROBERT LIEFMANN
Wirtschaft und Technik
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"Ich betone, daß alle wirtschaftlichen Grundbegriffe Schätzungsbegriffe sind, während die bisherige Theorie sie, wenn auch nicht konsequent, so doch in der Hauptsache materialistisch-quantitativ auffaßte. Die bisherige Theorie betrachtete daher, wenn auch wiederum nicht konsequent, so doch weit überwiegend, namentlich in der Preis- und Einkommenslehre, als das Ziel der Wirtschaft eine Produktmenge, sie identifizierte wirtschaften und produzieren, verwechselte Wirtschaft und Technik, war sich zumindest des Gegensatzes beider und der von ihr vorgenommenen Vermischung keineswegs bewußt."

"Es ist eben die typische heutige Verkennung des Wesens der Wirtschaft, die übliche materialistische Auffassung, wenn man Natur (Boden), Arbeit und Kapital im Sinne von Werkzeug, Produktionsmittel als wirtschaftliche Begriffe auffaßt. Sie bleiben technische Begriffe, auch wenn man nicht vom Weizenboden, sondern vom Boden schlechthin, nicht von Minenarbeitern, sondern von der Arbeit schlechthin, nicht vom Pflug, sondern von den Produktionsmitteln, den Gütern entfernter Ordnung schlechthin spricht. Ja, die Betrachtungsweise bleibt eine technische selbst dann, wenn als Mittel eine Geldsumme angesehen wird. Einfach deswegen, weil die Wirtschaft von der Technik sich durch die Art des Ziels unterscheidet, das bei jener Genuß, Bedarfsbefriedigung ist. Sobald das nicht der Fall ist, sobald kein solcher innerer, sondern nur ein äußerer quantitativer Erfolg in Betracht kommt, liegt keine Wirtschaft vor."

"Man war so durch die Betrachtung der Erwerbswirtschaft, wo auch das Ziel, der Erfolg zunächst als Geldsumme erscheint, geblendet, daß man die quantitativ-materialistische Auffassung der Kosten auch in der Konsumwirtschaft beibehielt, wo doch der Nutzen, der Erfolg, die Bedarfsbefriedigung, d. h. ein Schätzungsbegriff maßgeblich ist. Daß das hundert Jahre lang in unserer Wissenschaft möglich war, wird man meines Erachtens in wenigen Jahrzehnten als unbegreiflich und als Hauptkennzeichen des tiefen Verfalls der ökonomischen Theorie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ansehen."

"Wenn wir hier von Teilquantitäten von Lustgefühlen reden, ist dies in wesentlich anderem Sinn gemeint als wenn ich der herrschenden Lehre ihren quantitativ-materialistischen Charakter vorwerfe. Denn hier handelt es sich um subjektiv bestimmte Schätzungs quanten, wobei die Höhe der Schätzung sich nicht durch die Multiplikation mit einer Einheit feststellen läßt. Die bisherige Theorie operiert aber mit objektiven Quantitätsziffern; eine Geldmenge, eine Gütermenge wird als ein objektiver allgemeiner Ziffernausdruck dem subjektiven Ntuzen gegenübergestellt."


Einleitung

Im November 1913 habe ich in dieser Zeitschrift einen Aufsatz "Das Wesen der Wirtschaft und der Ausgangspunkt der Nationalökonomie" veröffentlicht, der in vieler Hinsicht die Grundlage für das theoretische System bildet, mit dessen Abfassung ich beschäftigt bin. Ich versuchte darin zu zeigen, daß das Wirtschaften nicht, wie die bisherige Theorie immer lehrte, charakterisiert wird durch die Beziehung des Menschen zu den Gegenständen der äußeren Natur, und veranlaßt wird durch deren beschränkte Verfügbarkeit, sondern daß das Wirtschaften etwas Psychisches  ist, eine besondere Art rationaler Erwägungen, wobei es ganz gleich ist, auf was für ein Objekt sie sich beziehen, ob auf Gegenstände der Außenwelt oder auf menschliche Leistungen. Ich betonte, was schon der Hauptinhalt meiner ersten rein theoretischen Schrift gewesen war (1), daß alle wirtschaftlichen Grundbegriffe Schätzungsbegriffe sind, während die bisherige Theorie sie, wenn auch nicht konsequent, so doch in der Hauptsache materialistisch-quantitativ auffaßte. Die bisherige Theorie betrachtete daher, wenn auch wiederum nicht konsequent, so doch weit überwiegend, namentlich in der Preis- und Einkommenslehre, als das Ziel der Wirtschaft eine Produktmenge, sie identifizierte wirtschaften und produzieren, verwechselte Wirtschaft und Technik, war sich zumindest des Gegensatzes beider und der von ihr vorgenommenen Vermischung keineswegs bewußt.

Inzwischen hat nun von ZWIEDINECK in seiner Kritik meiner Preistheorie (2) den Vorwurf, den ich den bisherigen Theorien mache, daß sie technische Vorstellungen und ökonomische verwechseln (3), mir zurückgegeben und behauptet, daß  meine "Charakterisierung des Wesens der wirtschaftlichen Handlung ein Festhalten des Unterschiedes zwischen wirtschaftlichem und technischem Handeln nicht ermöglicht".  Auch sei  "Liefmann  die Antwort darauf, was er als technisches Handeln zum Unterschied vom wirtschaftlichen verstanden wissen will, streng genommen, schuldig geblieben". Ich bestreite nun nicht nur das erstere, und denke hier den Beweis dafür zu erbringen, sondern glaube mich auch berechtigt, ganz abgesehen vom vorliegenden Aufsatz, zu behaupten, daß ich die Unterscheidung von Wirtschaft und Technik in ihren Hauptgesichtspunkten, sowohl in dem schon erwähnten Aufsatz über das Wesen der Wirtschaft als auch besonders in der 1912 ebenfalls in dieser Zeitschrift erschienenen Abhandlung:  Grundlagen einer ökonomischen Produktivitätstheorie  (III. Folge, Bd. 93, Seite 273f), zum Ausdruck gebracht habe. ZWIEDINECK hat die erste Arbeit bei der Abfassung seiner Kritik noch nicht gekannt, die zweite leider nicht berücksichtigt. Daß ich das, was ich unter  Wirtschaft  verstehe, scharf abgegrenzt habe, gibt er selbst zu.

Hier nun soll der Versuch gemacht werden, schärfer als das bisher geschehen ist, das Wesen der  Technik  zu erfassen, und von dem schon erläuterten der Wirtschaft abzugrenzen. Meine drei in dieser Zeitschrift veröffentlichten theoretischen Aufsätze gehören also eng zusammen: der hier vorliegende schlägt die Verbindung zwischen dem grundlegenden über das Wesen der Wirtschaft und dem über die Produktivitätstheorie, der ein Problem behandelt, dessen Entwirrung aus seinem bisherigen Zustand und Lösung nur auf der Grundlage einer klaren Unterscheidung von Wirtschaft und Technik möglich war.


I. Wirtschaft und Technik nach der
bisherigen Unterscheidung

Beginnen wir mit einer kurzen Schilderung dessen, was die bisherige Wissenschaft über den Unterschied von Wirtschaft und Technik zu sagen weiß. Es kann hier nur das Wichtigste hervorgehoben werden, und insbesondere muß ich es mir leider versagen, auf die Unterscheidung einzelner wirtschaftlicher und technischer Begriffe einzugehen, obgleich es sich da um Probleme handelt, die in der technischen Literatur, z. B. der agrarwissenschaftlichen und forstwirtschaftlichen, eine sehr große Rolle spielen. Ich glaube aber, daß die folgenden Erörterungen gerade für diese agrag- und forsttechnischen Fragen eine große Bedeutung haben, und da in dieser Literatur meine Theorien bisher schon vielfach herangezogen und erörtert worden sind und auch, wo das nicht geschehen ist, meinen Ideen nahekommende Ansichten nicht selten vertreten worden sind, so möchte ich meine diesbezüglichen Gedanken hier schon vor der Veröffentlichung meines theoretischen Systems bekannt geben.


1. Die bisherige Auffassung der Technik

Der erste, der, soweit ich sehen kann, eine Unterscheidung von "Technik" und "Ökonomik" versucht, ist von HERMANN, "Staatswirtschaftliche Untersuchungen", zweite Auflage, 1874. Er sagt (Seite 67f): "Technik ist die tausendfältige Bemühung für die Herstellung der Güter selbst." Darin hat er zweifellos recht, wenn es auch keine Definition, keine Abgrenzung von der Wirtschaft ist. Aber vollkommen irre geht er, wenn er fortfährt: die Bemühung, "die Güter in entsprechender Qualität ... am rechten Ort, zur rechten Zeit darzubieten." Letzteres ist offenbar viel eher eine Charakteristik der Wirtschaft, es fehlt dabei aber, wie ADOLF WAGNER mit Recht bemerkt, der Zusatz: in entsprechender  Menge.  HERMANN kommt es aber gerade auf den Gegensatz zwischen Qualität und Quantität für die Unterscheidung von Wirtschaft und Technik an.  "Wirtschaf t - sagt er Seite 11 -  ist die quantitative Überwachung der Herstellung und Verwendung der Güter  in einem gesonderten Kreis von Bedürfnissen." Das würde wiederum nach unserer Auffassung viel eher dem Wesen der Technik entsprechen. An anderer Stelle (Seite 67) sagt er:
    "Wirtschaft ist die quantitative Kontrolle der Verwendung von Arbeit und Vorräten bei dieser technischen Bemühung mit der Absicht, die zum Leben disponiblen Mittel ... quantitativ zu Rat zu halten, um so im ganzen mit denselben für das Bedürfnis möglichst viel zu leisten."
HERMANN ist also ein typischer Vertreter der bisherigen quantitativen Auffassung der Wirtschaftslehre, die er auch an derselben Stelle als die  "Größenlehre der Güter"  bezeichnet, jener Auffassung, die Wirtschaften mit "haushalten", "sparen", "nach dem Prinzip des kleinsten Mittels handeln", definiert. Da er das Wesen der Wirtschaft wie der Technik und ihre Unterscheidung an ihre Objekte, die "Güter", knüpft, ist eine Abgrenzung nicht möglich. Die Gegenüberstellung von Quantität und Qualität der Güter trifft weder das Wesen der Technik noch der Ökonomik. Qualitätsvorstellungen würden eher das Wesen der Ökonomik als der Technik kennzeichnen, wenn sie nicht an die Güter geknüpft, sondern  rein subjektiv  als  Wertvorstellung  gefaßt würden. Eine klare Erkenntnis und Abgrenzung beider Erscheinungen ist mit all dem nicht zu gewinnen.

Aber auch LEHR und DIETZEL, die von HERMANN kritisieren, kommen zu keinem klaren Resultat. DIETZELs Hauptergebnis ist folgendes (Theoretische Sozialökonomik, Seite 189):
    "Jene  wirtschaftstechnischen  Sozialwissenschaften - die Geschichte und die Politik in der Technik - ... handeln von den  speziellen  Formen des Reichtums und den  speziellen  "Verfahrensarten" oder Mitteln, welche dem Menschen dienen, diese bestimmten Gattungen von Sachgütern der  Natur  abzugewinnen. Die theoretische Sozialökonomik dagegen ist die Wissenschaft vom Reichtum in abstracto. Sie handelt von dessen  allgemeinen  Formen - von den "Sachgütern", nicht von speziellen Gattungen derselben - und von den  allgemeinen  Mitteln, welche dazu dienen, die Sachgüter jeder Gattung der  Natur  abzugewinnen und sie, wenn der Natur abgewonnen, von  Individuum zu Individuum  zu führen. Sie exemplifiziert von den Spezies: Brot, Fleisch, Kohlen, Erzen usw.; aber ihr Interesse gilt den "Sachgütern" schlechthin. Sie exemplifiziert an den Spezies: Weizenboden, Bergwerk - Pflug, Kohlenhacke - Ackerknecht, Minenarbeiter; aber ihr Interesse gilt den allgemeinen Mitteln: Boden, Kapital, Arbeit, welche den Menschen unter jeder Bedingung zu Gebote stehen müssen, wollen sie diese oder jene Sachgüterspezies erlangen."
Von der Technik hat DIETZEL hier einen wesentlichen Gesichtspunkt richtig erkannt, daß nämlich ihr Zweck ein  äußerer  ist. Die Beschränkung auf Sachgüter ist aber natürlich auch hier zu eng und es fehlt vor allem hier die Beziehung auf das ökonomische Prinzip, die formale Seite der Techik, die zusammen mit dem äußeren Zweck ihr Wesen ausmacht. Das Wesen der Wirtschaft aber ist mit der üblichen materialistischen Auffassung, der DIETZEL ja in extremer Form huldigt, vollkommen verkannt und damit auch der eigentliche Gegensatz zur Technik. Es ist eben die typische heutige Verkennung des Wesens der Wirtschaft, die übliche materialistische Auffassung, wenn DIETZEL auch hier Natur (Boden), Arbeit und Kapital im Sinne von Werkzeug, Produktionsmittel als  wirtschaftliche Begriffe  auffaßt. Sie bleiben  technische  Begriffe, auch wenn man nicht vom Weizenboden, sondern vom Boden schlechthin, nicht von Minenarbeitern, sondern von der Arbeit schlechthin, nicht vom Pflug, sondern von den Produktionsmitteln, den "Gütern entfernter Ordnung" schlechthin spricht. Ja, die Betrachtungsweise bleibt eine technische (Ökonomische Technik, siehe darüber unten) selbst dann, wenn als Mittel eine Geldsumme angesehen wird. Einfach deswegen, weil die Wirtschaft von der Technik sich  durch die Art des Ziels  unterscheidet, das bei jener Genuß, Bedarfsbefriedigung ist. Sobald das nicht der Fall ist, sobald kein solcher innerer, sondern nur ein äußerer quantitativer Erfolg in Betracht kommt, liegt keine Wirtschaft vor. Wenn man, wie DIETZEL, das Wesen der Wirtschaft von vornherein auf Sachgüterbeschaffung beschränkt, ist es eben unmöglich, zu ihrem richtigen Verständnis und zur Unterscheidung von der Technik zu gelangen.

trenner taufkirchen

Die bequemste Unterscheidung von Wirtschaft und Technik, mit der sich heute vielleicht die meisten Nationalökonomen begnügen, ist wohl, wenn man sagt, daß  Technik Naturwissenschaft, Wirtschaft Kulturwissenschaft, d. h. Sozialwissenschaft  ist. Es ist die Auffassung, die wir unten noch mehrfach erwähnen werden, daß nur die  tauschwirtschaftlichen  Erscheinungen "Wirtschaft" sind. Lassen wir das zunächst dahingestellt, so ist doch eine  Definition  der Technik damit nicht im geringsten gegeben. Denn erstens ist ja überhaupt die Frage der Abgrenzung von Natur- und Kulturwissenschaft gerade gegenüber den Wirtschaftswissenschaften noch streitig, zweitens ist aber sicher, daß  Technik  mit Naturwissenschaft in irgendeinem Sinn weder im Ganzen noch mit irgendeiner bestimmten Naturwissenschaft identisch ist. Ebensowenig kann man von dieser "sozialen" Auffassung der Wirtschaft aus sagen, daß Wirtschaft nur die  Beziehung zwischen Personen  ist, deren Ziel die Bedarfsbefriedigung ist, Technik aber die  Beziehungen des Menschen zur Außenwelt.  Denn
    1) sehen die meisten gerade in dieser Beziehung des Menschen zu den Gegenständen der äußeren Natur das Wesen der Wirtschaft, leiten es ab aus dem beschränkten Vorhandensein der Gegenstände der äußeren Natur; diese Auffassung ist aber ebenso falsch wie jene (4);

    2) ist "Bedarfsbefriedigung" ein sehr weiter Begriff, und es gibt zahlreiche Beziehungen zwischen Menschen, die zweifellos Bedarfsbefriedigung bezwecken, aber doch nicht Wirtschaft sind;

    3) es gibt zahlreiche Beziehungen zu den Gegenständen der Außenwelt, die keineswegs technische, aber  wirtschaftliche  Handlungen sind, und schließlich

    4) gibt es Beziehungen zwischen Menschen, die zweifellos rein  technisch  sind, wie das Weitergeben der Steine von einem Maurer oder Handlanger zum anderen oder das Zusammenwirken von Trambahnschaffner und -Kondukteur, Leute, die in gar keiner wirtschaftlichen, sondern nur in einer technischen Beziehung zueinander stehen.
Mit derartigen Abgrenzungen kann man also die Unterscheidung von Wirtschaft und Technik nicht vornehmen, ganz abgesehen davon, daß überhaupt die zugrunde gelegte Auffassung den Tatsachen des wirtschaftlichen Lebens nicht entspricht. Die Hauswirtschaft, ganz ohne Rücksicht auf ihre Beziehungen zum Tauschverkehr, die Tätigkeit eines naturalwirtschaftlichen Bauern ist auch Wirtschaft. Man zerreißt willkürlich offenbar zusammengehörige Erscheinungen, wenn man das nicht wirtschaften nennt.

trenner taufkirchen

Am eingehendsten hat sich neuerdings ANDREAS VOIGT mit der Unterscheidung von Wirtschaft und Technik beschäftigt, besonders in dem Artikel:  Technische Ökonomik  in von WIESEs Sammelwerk, "Wirtschaft und Recht der Gegenwart", Tübingen 1912, Bd. 2, Seite 222).

Ich habe schon in meinem Aufsatz über das Wesen der Wirtschaft betont, daß VOIGT dies nicht richtig erkannt hat, weil er, ebenso wie DIETZEL, bald die Zwecke, bald die Mittel  als gegeben  ansieht. Bei der Erklärung des wirtschaftlichen Handelns darf man aber nicht von  gegebenen Mitteln  ausgehen, denn die Höhe des letzten Mittels, der aufzuwendenden Arbeitsmühe, ist eben nicht gegeben, sondern die eigentliche wirtschaftliche Aufgabe besteht gerade darin, festzustellen,  wieviele  Mittel aufgewendet werden.

Aufgrund dieser falschen Auffassung der Wirtschaft ist dann auch VOIGTs Versuch ihrer Abgrenzung von der Technik mißglückt, obleicht er der Lösung näher kommt als irgendein anderer Nationalökonom. Seine Argumentation ist sehr charakteristisch, um daran die Fehler der bisherigen Theorie und den Unterschied von meiner eigenen aufzuzeigen. Er geht typisch materialistisch von rein technischen Erörterungen aus (a. a. O., Seite 222):
    "Die meisten Rohstoffe lassen sich zu den verschiedensten Gegenständen verarbeiten, die meisten Werkzeuge lassen sich zur Herstellung sehr verschiedener Gegenstände verwenden. Ebenso kann man auch umgekehrt denselben Gegenstand auf sehr verschiedenen Wegen herstellen. Sind also Mittel gegeben, so ist damit für deren Verwenung im allgemeinen nichts bestimmt, und sind Zwecke gegeben, so ist damit im allgemeinen nichts bezüglich der zu ihrer Erreichung zu verwendenden Mittel entschieden. Aus der Wahlfreiheit in jedem Fall entspringen daher zwei Aufgaben, nämlich:

      1) über  gegebene Mittel  verfügen, d. h. über deren Verwendung entscheiden. Wir nennen sie eine (im engeren Sinne)  wirtschaftliche  Aufgabe;

      2) einen  gegebenen Zweck  zu erreichen, ohne daß die Mittel vorgeschrieben sind, also die zur Erreichung des Zweckes geeigneten Mittel und Wege zu finden oder zu wählen. Wir nennen sie eine technische Aufgabe."


    "Im weiteren sind beide Aufgaben wirtschaftlich, wenn wir unter wirtschaftlicher Tätigkeit allgemein die auf eine Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gerichtete verstehen, die das Endziel beider Aufgaben ist."
Dann wird gesagt, daß
    "die wirtschaftliche Tätigkeit ihren vollen Inhalt und eigenartigen Charakter erst durch den Umstand erhält, daß die für sie in Betracht kommenden Mittel in beschränkter Zahl oder Menge vorhanden sind."
Daraus ergibt sich die wirtschaftliche Aufgabe als eine Maximumaufgabe: eine möglichst vollkommene Befriedigung der Bedürfnisse.
    "Der Grundsatz, mit den vorhandenen Mitteln (!) ein Maximum hinsichtlich des Zweckes zu erreichen, heißt nun das ökonomische Prinzip. Wirtschaften im besonderen Sinn des Wortes bedeutet darum nicht, überhaupt über Mittel verfügen, sondern über sie nach dem ökonomischen Prinzip zu verfügen."
VOIGT kommt also in der Auffassung der Wirtschaft nur insofern über DIETZEL mit seinem Sparprinzip hinaus, daß er konsequent (5) ein  Maximum  von Zwecken als Ziel der Wirtschaft bezeichnet. Im übrigen ist über seine Auffassung von Wirtschaft und Technik folgendes zu sagen:

Über  gegebene  Mittel verfügen, ist sicherlich noch keine  wirtschaftliche  Aufgabe. Die Frage, wie gewinne ich aus eine Tonne Pechblende eine Quantum Radium? ist sicher noch keine wirtschaftliche Aufgabe, obgleich sie natürlich auch wirtschaftlich betrachtet und bei wirtschaftlichen Erwägungen gestellt sein kann. Sie ist zunächst eine Frage der Naturwissenschaft, der Chemie. Und auch, wenn ich frage: wie stelle ich aus der Tonne Pechblende  möglichst viel  Radium her? ist die Aufgabe nur eine technische. Ja, selbst wenn ich frage: wie stelle ich  möglichst billig  Radium her? ist die Frage wohl aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus gestellt, aber ihre Lösung ist nicht wirtschaften. Dazu wäre eine Überlegung erforderlich, wie ich dieses Radium  "verwerten"  kann, wie es direkt durch den Gebrauch oder indirekt durch den Verkauf  meiner Bedarfsbefriedigung  dient. Solange ich  diese  Frage  nicht  stelle, liegt kein Wirtschaften vor. Denn erst  diese  Überlegung veranlaßt mich ja auch zu der Entscheidung,  wieviel  Radium ich nun  tatsächlich herstelle.  Erst hierin bestehen also die wirtschaftlichen Erwägungen, die zum wirtschaftlichen Handeln führen.

Ist so die Definition der wirtschaftlichen Aufgabe: über gegebene Mittel verfügen, zweifellos zu weit, so gilt dasselbe auch für VOIGTs Auffassung der  technischen  Aufgabe. "Einen gegebenen Zweck zu erreichen, ohne daß die Mittel vorgeschrieben sind", liegt bei allen menschlichen Handlungen vor, ist weit entfernt, eine speziell technische Aufgabe zu sein. Es  kann  so auch eine  wirtschaftliche  Aufgabe sein, etwa die Errichtung einer Eisenbahn; ja, es kann eine wirtschaftliche Aufgabe sein, ohne gleichzeitig eine technische zu sein, z. B. mein Wunsch, eine Reise nach Berlin zu machen (wenn nämlich dieser Zweck mit anderen Zwecken und den für sie aufzuwendenden Mitteln verglichen wird).

Und schließlich: wie aus dem letzten Absatz hervorgeht, hat auch VOIGT eigentlich keine Abgrenzung von Wirtschaft und Technik gegeben, denn jener "weitere Sinn", in dem  beide  Aufgaben  wirtschaftliche  sind: die auf eine Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gerichtete Tätigkeit, das ist eben die allgemeine Auffassung von "Wirtschaft".

VOIGTs Versuch der Abgrenzung von Wirtschaft und Technik hat nicht viel Beachtung gefunden, wohl deshalb, weil es ohne weiteres klar ist, daß er das Problem nicht löst. Die meisten aber machen heute gar nicht den Versuch einer Lösung - würde man die verschiedensten Nationalökonomen fragen, worin sie den Unterschied von Wirtschaft und Technik erblicken, so würde man die unklarsten Antworten erhalten. Konsequenterweise aber müßte die heutige Nationalökonomie erklären, daß das Problem überhaupt nicht lösbar ist, denn vom Standpunkt der heutigen ökonomischen Theorie ist es auch nicht lösbar, die heutige Auffassung der Wirtschaft ist eben eine technische, beruth auf einer Vermischung technischer und eigentlich wirtschaftlicher Gesichtspunkte. Und doch liegt hier zweifellos eine der wichtigsten Aufgaben der ökonomischen Theorie vor, weshalb die Lösung auch schon so oft versucht wurde. Also auch daraus ergibt sich die Notwendigkeit, von einer anderen Auffassung der Wirtschaft auszugehen; dann wird sich zeigen, daß sich die Unterscheidung von der Technik ganz von selbst ergibt.


2. Die bisherige Auffassung der Wirtschaft

Ich habe die Grundfehler der herrschenden ökonomischen Theorie schon in meinen früheren Aufsätzen, zuletzt in dieser Zeitschrift in meinem Aufsatz über das "Wesen der Wirtschaft", kritisiert, und ihr meine neue  psychische  Auffassung der Wirtschaft gegenübergestellt. Hier sei nur das Wichtigste kurz zusammengefaßt. Alle bisherige Nationalökonomie sieht das Wesen der Wirtschaft in der Beziehung der Menschen zu den Gegenständen der äußeren Natur und definiert sie daher auch durch das  Objekt:  die  Güter.  Einerlei ob man nun, wie die konsequenten Materialisten, z. B. DIETZEL, diesen Gutsbegriff ausschließlich materialistisch auffaßt, und die wirtschaftliche Tätigkeit damit auf die Beschaffung von  Sach gütern beschränkt, oder ob mein einen "erweiterten Gutsbegriff" vertritt, und immaterielle Güter, Rechte und Verhältnisse mit dazurechnet. Diese Verschiedenheiten verschwinden bei den späteren Erörterungen ganz, denn alle ökonomischen Grundbegriffe werden technisch-materialistisch aufgefaßt, einerlei ob ein Schriftsteller diesen oder jenen Gutsbegriff vertritt, ob er Anhänger einer subjektiven oder objektiven Wertlehre ist. Auch die Vertreter der subjektiven Wertlehre leiten die Wirtschaft her aus dem beschränkten Vorhandensein der Gegenstände der äußeren Natur, behaupten, daß der  "Wert"  der Güter, den sie zum Grundbegriff ihrer Theorie machen, außer durch den Nutzen durch die Seltenheit bestimmt wird.

Vor allem aber: man ist sich nie darüber klar geworden,  was denn eigentlich das Ziel der Wirtschaft ist.  Selbstverständlich behaupte ich nicht, etwas Neues zu sagen, wenn ich betone, daß das Ziel der Wirtschaft  Bedarfsbefriedigung  ist. Man wird mir sofort einwenden, daß das schon immer erkannt worden ist; aber es ist ganz unzweifelhaft, daß man sich nie darüber klar geworden ist, ob diese Bedarfsbefriedigung  psychisch  als  Lustgefühl,  oder ob sie  materialistisch-quantitativ  als eine  Gütermenge  zu verstehen ist. Offenbar glaubte man, sofern man diesen Unterschied überhaupt beachtete, bei der Betrachtung der  beschafften Gütermenge  stehen bleiben zu können, und daß es genügt, im Anfang des Systems gelegentlich als selbstverständlich zu erwähnen, daß diese Gütermengen der Bedarfsbefriedigung dienen müssen. Jedenfalls kann nicht bestritten werden, daß die ganze bisherige Theorie, wenn man auch gelegentlich betont, daß der Zweck der Wirtschaft die Bedarfsbefriedigung ist, immer nur quantitativ die Gütermengen betrachtet, und noch neuerdings ist diese Auffassung ins Extreme getrieben worden durch Nationalökonomen wie CLARK, SCHUMPETER u. a., die die wirtschaftlichen Erscheinungen in einem Verhältnis der Güterquantitäten zueinander erblicken.

Zu dieser ganzen quantitativ-materialistischen Entwicklung der Nationalökonomie hat sehr viel der Umstand beigetragen, daß die ökonomische Theorie von der Frage nach dem  Volksreichtum  ausgegangen ist, und man, wenn man überhaupt dafür einen Maßstab haben wollte, nur die beschafften  Gütermengen  darunter verstehen konnte (vgl. meinen Aufsatz "Grundlagen einer ökonomischen Produktivitätstheorie"). An diese Frage hat sich dann die nach der  Verteilung  des Volksreichtums angeschlossen, die noch heute in der englisch-amerikanischen Theorie im Mittelpunkt steht. Auch hier betrachtete man rein quantitativ die  Gütermengen,  oder als deren Äquivalent die  Geldmengen,  und das Zentralproblem der Verteilungslehre ist daher die sogenannte  Zurechnungstheorie.  Sie versucht, die Produkte oder den Wert der Produkte - das geht in der Literatur durcheinander - auf die verschiedenen Produktionsfaktoren zuzurechnen. Diese Lehre von den Produktionsfaktoren bildet dann weiter den Hauptinhalt der heutigen technisch-materialistischen Wirtschaftstheorie. Als solche Produktionsfaktoren gelten: Grund und Boden, Arbeit und Kapital (produzierte Produktions- und Erwerbsmittel), alle rein technisch-quantitativ aufgefaßt. An sie wird die Einkommenslehre angeknüpft.

Zu dieser materialistisch-quantitativen Auffassung der Wirtschaft hat außer der Frage nach dem Volksreichtum und im Zusammenhang mit ihr die Erscheinung des  Geldes  am meisten beigetragen. Nachdem man erkannt hatte, daß der Reichtum nicht in der Geldmenge besteht, sah man ihn ebenso quantitativ in der Gütermenge, die das Geld erkauft. Aber selbst die neueren sogenannten subjektiven Theorien, die erkennen oder zumindest eingangs betonen, daß das Ziel der Wirtschaft: Bedarfsbefriedigung ein Schätzungsbegriff ist, vergessen doch diesen Ausgangspunkt, sobald sie bei den wirtschaftlichen Erscheinungen auf  Geldausdrücke  kommen, bzw. sie erkennen nicht, daß die Geldeinkommen, die Geldsummen (als Kosten) auch, und zwar von jedem Wirtschafter verschieden  bewertet  werden. Dazu haben natürlich die heutigen reinen Erwerbswirtschaften viel beigetragen, die von einem Geldvermögen ausgehen, als Ziel der Wirtschaft auch wieder eine Geldsumme erscheinen lassen und beides miteinander vergleichen. Man erkannte nicht oder glaubte übersehen zu dürfen, daß diese Geldeinkommen der Erwerbswirtschaften und ebenso die Geldsummen, die als ihr Grundkapital für sie aufgewendet werden, doch auch wieder  geschätzt  werden von den einzelnen Wirtschaftern, die sie zur Verfügung stellen bzw. denen die Gelderträge zufließen. Man glaubte im Geldausdruck, im Preis, eine wirkliche  Objektivierung des "Wertes"  vor sich zu haben, und so kommt es, daß auch die Vertreter der subjektivistischen Wertlehre neben ihrem subjektiven Gebrauchswert noch einen objektiven  Tauschwert  kennen. Man verkannte, daß, wenn ein Rock 50 Mark kostet, dieser Preis doch kein Ausdruck eines subjektiven Wertes ist, daß jeder den Geldausdruck, der den Preis bildet, verschieden schätzt, und daß man das wirtschaftliche Handeln und die Art, wie die wirtschaftlichen Erwägungen der Einzelnen den tauschwirtschaftlichen Mechanismus in Gang setzen, nicht verstehen kann, wenn man den Preis, d. h. die Kosten, objektiv-quantitativ auffaßt.

Diese quantitative Betrachtung der Geldausdrücke vereinigte sich dann mit der quantitativ-technischen, die von den Gütern und den Produktionsfaktoren ausging, und so schien es nur konsequent, Güter- oder Geldmengen als das Ziel der Wirtschaft anzusehen. Dazu kam, daß in der sozialpolitischen Periode, welche mit der Herrschaft der historischen Schule identisch ist, alle Augen auf die Arbeiterverhältnisse gerichtet waren. Hier hatte man Wirtschaftspersonen, bei denen die eigene Bedarfsbefriedigung ganz zurücktrat hinter ihrer technischen Tätigkeit in fremden Betrieben. Man betrachtete nur sie und ihre Bedingungen, und mit all dem kam man schließlich dazu, Wirtschaft und Produktion überhaupt zu verwechseln, bzw., wenn man auch eingangs gelegentlich den Unterschied erkannte, arbeitete man doch in dem weitaus größten Teil der ökonomischen Theorie mit rein technisch-quantitativen Begriffen. Die Klassiker waren noch konsequent "objektiv", sie abstrahierten vom "Gebrauchswert", und in welcher Weise er hinter den wirtschaftlichen Vorgängen steht, bleibt bei 'RICARDO dunkel. Konsequent objektiv, aber auch in extremer Weise technisch-materialistisch, ist dann auf Grundlage der Klassiker der sogenannte wissenschaftliche Sozialismus, der aus der Verwechslung von Wirtschaft und Technik jene bedeutsamen Konsequenzen zieht, die man nur von der psychischen Auffassung des Wirtschaftlichen aus in ihren Grundlagen bekämpfen kann. MARX  Kapital  ist der großartigste Versuch, auf rein quantitativ-materialistischer Grundlage (daher z. B. der Ausgang vom Äquivalententausch) eine Wirtschaftstheorie zu entwickeln. (6)

Demgegenüber ist es nun ganz besonders charakteristisch, daß  alle  neueren Nationalökonomen, selbst die reinen Quantitätsnationalökonomen, die sich prinzipiell nur die Beschreibung der Veränderungen in den Güterquantitäten zum Ziel setzen, von einem "subjektiven" Wertbegriff ausgehen, mit anderen Worten die Notwendigkeit empfinden, die Wirtschaftstheorie  psychisch  zu fundamentieren. Das gilt sogar für DIETZEL, der als extremer Materialist und in der Hauptsache Anhänger der klassischen Kostentheorie, das wirtschaftliche Handeln auf die Beschaffung von Sachgütern beschränkt. Auch er erörtert in einem Kapitel seiner theoretischen Sozialökonomik eingehend den  Vergleich von Nutzen und Kosten.  Allerdings kann man bei ihm zweifelhaft sein, ob er nicht unter Nutzen wie unter Kosten einfach ein Güterquantum versteht (siehe unten). Wie dem auch sein mag, jedenfalls gibt er diesen Erörterungen über den Nutzen- und Kostenvergleich gar keine weiteren Folgen, sondern wendet sich alsobald, wie alle übrigen Nationalökonomen, dem  Wert begriff zu, und darüber hinaus zur Erklärung tauschwirtschaftlicher Vorgänge ist seine Theorie wie die so vieler anderer überhaupt nicht gekommen.

Dieser  Wertbegriff  steht im Mittelpunkt der ganzen neueren ökonomischen Theorie. Statt von den Begriffen Nutzen und Kosten auszugehen, mit denen man, psychisch aufgefaßt, zweifellos viel eher zum Verständnis der Wirtschaft und zur Erkenntnis von wirtschaftlichen Vorgängen gelangt, hat man stets die Frage: wie der Wert der Güter bestimmt oder gemessen wird, für das Grundproblem der Wissenschaft gehalten. Der Gedanke, einen individuellen, subjektiven Wert der Güter irgendwie objektiv, z. B. im Geld, ausdrücken oder bestimmen zu wollen, ist aber eine logische Absurdität, hervorgegangen aus der Verwechslung mit dem Preis oder mit erwarteten, erhofften Preisen. Man glaubt, wie gesagt, im Preis einen objektiven Tauschwert zu haben, während er in Wahrheit eine komplizierte Komponente sehr verschiedener Nutzen- und Kostenschätzungen, ausgedrückt im allgemeinen Kostenausdrucksmittel  Geld,  ist. Und ebenso verkehrt war es, den "Wert" der Güter durch den individuellen Ntuzen einerseits, die "Seltenheit" andererseits bestimmen zu wollen. Man verkannte, daß niemand ein Gut höher schätzt, weil es selten ist, daß kein Gut uns deswegen einen größeren Genuß bereitet (7), sondern daß die Seltenheit im Rahmen der individuellen Nutzenschätzungen nur für die  Kosten aufwendungen des einzelnen Wirtschafters in Betracht kommt (8). Es ist eben einer der Grundfehler der heutigen Theorie und eine Konsequenz ihrer ausschließlichen Einstellung auf den  Wert gedanken, daß sie den  Kosten begriff - in gewisser Hinsicht den wichtigsten und schwierigsten Begriff der ökonomischen Theorie (9) - fast gar nicht verwendet und näher untersucht. Wo er vorkommt, wird er aber rein quantitativ-materialistisch gebraucht als eine Arbeits-, Güter- oder Geld menge,  während er in Wahrheit ebenso ein  Schätzungsbegriff  ist wie der Nutzen, dem er gegenüberzustellen ist. An seine Stelle tritt eben in der bisherigen Theorie die Lehre von den  Produktionsfaktoren,  an die sich dann all die technisch-quantitativen Erörterungen über eine Verteilung usw. anschließen, die man heute als ökonomische Theorie bezeichnet. Die ganze "subjektive Wertlehre" der beiden letzten Menschenalter ist zwar nichts weiter als der Versuch, über den Materialismus der Klassiker, zu dem der Ausgang vom Volksreichtumg den Grund gelegt hatte, hinauszukommen; man empfand die Notwendigkeit, die Erklärung der wirtschaftlichen Vorgänge psychisch zu fundamentieren, blieb aber im Großen und Ganzen im früheren Materialismus befangen. Man erblickte das Wesen der Wirtschaft in der Überwindung der Abhängigkeit von den Gegenständen der äußeren Natur, kam so zum Gutsbegriff und zur Frage nach dem Wert der Güter. Dann machte man aber, ohne es zu merken,  den fundamentalen logischen Fehler, dem subjektiven Nutzen oder "Wert" die Kosten quantitativ-materialistisch als eine Güter- oder Geldmenge gegenüberzustellen.  Bei allen weiteren Theorien, der Lehre von den Produktionsfaktoren, vom Kapital, vom Preis, von der Einkommens- und Verteilungslehre hat man dann nicht einmal den Versuch gemacht, über die alte technisch-materialistische Auffassung hinauszukommen. Man behielt die technisch-materialistische Auffassung dieser Begriffe und Lehren unbesehen bei, weil man überhaupt den Gegensatz, den Zwiespalt, der durch die subjektive Wertlehre in den konsequent objektiven Bau der Klassiker hineingetragen war, nicht erkannte.

Trotzdem heute schon jeder Student der Nationalökonomie weiß, daß 10 Mark von  Jedem  verschieden geschätzt werden, erkannte niemand den logischen Fehler, der darin liegt, daß man einerseits von Nutzen- und subjektivem Wert ausgehen will, andererseits aber ihm die Kosten stets rein quantitativ-materialistisch, als Güter- oder Geld menge  aufgefaßt, gegenüberstellt. Man war so durch die Betrachtung der  Erwerbswirtschaft,  wo auch das Ziel, der Erfolg zunächst als Geldsumme erscheint, geblendet, daß man die quantitativ-materialistische Auffassung der Kosten auch in der  Konsumwirtschaft  beibehielt, wo doch der Nutzen, der Erfolg, die Bedarfsbefriedigung, d. h. ein  Schätzungsbegriff  maßgeblich ist. Daß das hundert Jahre lang in unserer Wissenschaft möglich war, wird man meines Erachtens in wenigen Jahrzehnten als unbegreiflich und als Hauptkennzeichen des tiefen Verfalls der ökonomischen Theorie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ansehen.


II. Das Wesen der Wirtschaft

Ich kann hier darauf verzichten, weiter den technisch-materialistischen Charakter der bisherigen ökonomischen Theorie aufzuzeigen, und darf auf meine früheren Arbeiten, insbesondere auf "Ertrag und Einkommen" verweisen, in denen allen zahlreiche Belege dafür angeführt sind, die natürlich noch enorm vermehrt werden könnten. All dem setze ich nun eine Auffassung der Wirtschaft entgegen, die ich als  psychische  bezeichne. Sie geht davon aus, daß das Wesen der Wirtschaft weder durch ihre Objekte, die Beziehungen zu den Gegenständen der äußeren Natur, noch auch durch Handlungen bestimmt werden kann, sondern im letzten Grund etwas  Psychisches  ist, eine ganz besondere Art von Erwägungen (10), die man ganz unbestimmt als ein  Disponieren  bezeichnen kann. Aber ich betone, daß ich das nicht nur am Eingang erkenne und dann doch, wie die bisherige Theorie, alsbald in das bisherige technisch-materialistische Fahrwasser einlenke und die übrigen ökonomischen Grundbegriffe rein quantitativ auffasse. Sondern in meiner Theorie wird der psychische Charakter des Wirtschaftlichen konsequent festgehalten,  alle wirtschaftlichen Grundbegriffe,  nicht nur Nutzen, sondern vor allem auch  Kosten,  dann der Ertrag in jeder Erscheinung, nicht nur der Konsumertrag, sondern auch der Geldertrag und alle sogenannten  Einkommensarten,  sind nicht Güter- oder Geldmengen, wie die bisherige Theorie, ohne sich darüber klar zu werden, sie auch immer auffaßte, sondern sind  Schätzungsbegriffe.  Für eine ökonomische Theorie gibt es daher keine "Produktionsfaktoren, sondern nur Kostenfaktoren, keine Arbeit, technisch-quantitativ aufgefaßt und nach Arbeitsstunden berechnet, sondern Arbeitsmühe, d. h. eine Art der Kosten, kurz, alle Grundbegriffe mußten anders, d. h. psychisch gefaßt werden, wenn ich auch leider die alten Ausdrücke beibehalten mußte und damit bei oberflächlichen Beurteilern den Anschein erwecke, daß an meinen Theorien eigentlich nichts neu ist. Sie sind aber im Gegenteil so neu, jeder Grundbegriff ist so anders, d. h. konsequent psychisch aufgefaßt, daß es den Vertretern der bisherigen Theorie sehr schwer, den älteren offenbar ganz unmöglich wird, sich auf meinen Ausgangspunkt zu stellen und ihn konsequent festzuhalten. Die Kritiken von OSWALT (11) und ZWIEDINECK mit ihren fundamentalen Mißverständnissen zeigen das zur Genüge (12). Es ist aber auch in gewisser Hinsicht erklärlich, solange ich noch keine zusammenfassende Darstellung meines theoretischen Systems geboten habe. Immerhin hat man es doch vielfach auch an gutem Willen zum Verständnis fehlen lassen, und allein die neuen Resultate, zu denen ich, ganz abgesehen von den Grundproblemen, gelangt bin: Produktivitätstheorie, Kapitalbildung, Krisentheorie, sollten meines Erachtens die Theoretiker, die nich nicht ganz in der hergebrachten Auffassung verknöchert sind, veranlassen, sich etwas am Ausbau meiner Ideen zu beteiligen.


1. Allgemeines

Wenn wir nun daran gehen, unsere psychische Auffassung der Wirtschaft in möglichst gedrängter Form zu entwickeln, so sei gleich eingangs betont, daß gewisse Ansätze zu dieser Auffassung natürlich schon vorhanden waren. Schon früher ist betont worden, daß Wirtschaften ein  Disponieren  ist, und Disponieren ist zweifellos etwas Psychisches. Außer ANDREAS VOIGT, den ich schon in meinem Aufsatz über das Wesen der Wirtschaft erwähnte, ist noch und vor ihm OTTO HEYN zu nennen, der in seiner Kritik meiner Theorie (13) darauf aufmerksam macht, daß er schon 1897 in seiner Werttheorie wirtschaften mit: über die vorhandenen Mittel disponieren definiert hat.

Aber zunächst fehlt in dieser Definition der Hauptpunkt, ohne den die Wirtschaft sich nicht von der Technik unterscheiden läßt: die  Angabe des Zwecks,  zweitens ist es ein Fehler und entspricht nicht der eigentlichen wirtschaftlichen Aufgabe, die  Mittel  als  "vorhanden"  anzunehmen. Der Satz HEYNs ist eine in mancher Hinsicht zutreffende Charakterisierung der Wirtschaft, aber keine Definition, und schließlich gibt ihm HEYN auch gar keine weiteren Folgen, sondern kommt mit seiner Theorie überhaupt nicht über den "Begriff des Wertes" hinaus und nicht zu irgendeiner Erklärung volkswirtschaftlicher Erscheinungen. Über die vorhandenen Mittel  disponieren  ist ganz ebenso auch Inhalt der  Technik,  und in ähnlicher Weise wird übrigens das psychische Moment auch schon angedeutet, wenn von alters her in der Definition der Wirtschaft das  "Planmäßige, Vorsorgliche"  betont wird oder wenn andere das Wesen der Wirtschaft im  "Haushalten"  finden. Alle derartigen gelegentlichen Erwähnungen psychischer Momente beim Begriff der Wirtschaft sind aber von einer wirklich konsequenten psychischen Grundlegung der ökonomischen Theorie himmelweit entfernt. Sie schließen nicht aus, daß die materialistische Auffassung bem selben Begriff oder beim nächsten zu erörternden doch wieder hervortritt. Und das ist bei VOIGT wie bei HEYN schon beim Begriff der Wirtschaft selbst der Fall, indem sie nichts über das Ziel der Wirtschaft sagen und eine Gütermenge als vorhanden annehmen. Überhaupt kommt es weniger darauf an, daß gelegentlich einmal dieser oder jener Grundgedanke meines Systems von einem Schriftsteller schon früher in mehr oder weniger ähnlicher Form ausgesprochen oder angedeutet wurde - und meine Kritiker bemühen sich, alle solche Ähnlichkeiten zu registrieren, wobei sie sich gern an die Wortbezeichnung halten (z. B. "Ertrag") und die ganz verschiedene Grundauffassung, den anderen Ausgangspunkt bei mir meist übersehen - als daß ein Gedanke auch wirklich konsequent festgehalten und zur Grundlage eines Systems gemacht wird. Das ist aber bei der psychischen Auffassung des Wirtschaftlichen und überhaupt bei den Andeutungen einer nicht-materialistischen Auffassung, die sich hier und da finden, niemals geschehen.

Niemandem ist bisher der Gedanke gekommen, daß die Unvollkommenheiten der bisherigen ökonomischen Theorie, die doch wohl jeder empfindet, daher rühren, daß das Wesen der Wirtschaft nicht richtig erkannt wird, daß man durch eine hochentwickelte Arbeitsteilung und das Geld als anscheinend objektiven Wertmesser verführt, die technische Tätigkeit des Produzierens mit den dabei anzustellenden prinzipiellen Erwägungen, dem eigentlichen Wirtschaften verwechselte. Ich behaupte diese Erkenntnis der unrichtigen, d. h. technisch-materialistischen Auffassung der Wirtschaft als mein ausschließliches geistiges Eigentum und damit auch - gegenüber den Versuchen meiner Kritik, alles als "schon dagewesen" zu behaupten, muß ich das betonen - die darauf aufgebaute Theorie, von der ich große Teile schon veröffentlicht habe. Denn wenn ich auch manche der überkommenen Begriffe und Gedanken verwenden muß, so haben sie doch bei mir aufgrund der anderen psychischen Auffassung eine andere Bedeutung (z. B. Kosten, Ertrag, ganz andere Verwendung des Grenz- und des Ausgleichsgedankens usw.). Der Gegensatz zwischen der psychischen Auffassung des Wirtschaftlichen und der herrschenden materialistisch-quantitativen ist ein fundamentaler, er ist zweifellos das Grundproblem der theoretischen Nationalökonomie, von dem die Lösung aller ihrer zahllosen, heute vielerörterten Streitfragen abhängt. Es gibt dabei kein "sowohl - als auch", mit dem ZWIEDINECK die heutige Theorie verteidigen möchte - und es werden sicher bald noch mehrere solcher Vermittler kommen - sondern nur ein "entweder - oder". Entweder man betrachtet die Güter- und Geldmenge als das Ziel der Wirtschaft, dann baue man darauf eine konsequent  quantitative  Theorie auf, die von allen subjektiven Schätzungsbegriffen abstrahiert: das ist bisher nicht gelungen. Oder man bleibt bei dem Problem, das sich die Wissenschaft mit Recht seit Jahrzehnten als Aufgabe der Theorie gesetzt hat: die wirtschaftlichen Erscheinungen auf die Bedarfsempfindungen der einzelnen Menschen zurückzuführen, auf die sie ja zweifellos auch zurückgehen. Dann muß man  alle  die Grundbegriffe, die heute noch materialistisch-quantitativ aufgefaßt werden - und das sind fast alle - über Bord werfen, dann muß man sie, wenn man auch die Worte leider meist beibehalten muß, durch  eine konsequent festgehaltene psychische Auffassung ersetzen,  muß insbesondere auch erkennen, daß es auch bei den  Geldausdrücken  nicht auf die  Menge,  sondern auf ihre  Schätzung  ankommt. Dadurch bekommt die ganze Wirtschaftstheorie einen ganz anderen Charakter. Große Probleme, die sich nur aufgrund jener Verkennung des Wesens der Wirtschaft entwickeln konnten, verlieren ihre Bedeutung, insbesondere wird die ganze Einkommens- und sogenannte Verteilungslehre nicht mehr mit den "Produktionsfaktoren", sondern mit der Preistheorie in Verbindung gebracht.

Wenn ich also berechtigt bin, alle bisherigen Nationalökonomen als Vertreter einer quantitativ-materialistischen Auffassung meiner Lehre gegenüberzustellen, so muß doch anerkannt werden, daß solche Schriftsteller, die wie HEYN unter Wirtschaften ein Disponieren verstehen, oder wie ANDREAS VOIGT, der sogar betont, daß es sich dabei um eine Maximumaufgabe handelt, mir in den Grundgedanken - später geraten sie ja doch wieder in ein materialistisches Fahrwasser - wesentlich näher stehen (14) als die Vertreter einer extrem materialistischen Auffassung, die mit PHILIPPOVICH unter Wirtschaft "alle jene Vorgänge und Einrichtungen verstehen, welche auf die dauernde Versorgung der Menschen mit Sachgütern gerichtet sind", oder mit DIETZEL: "Handlungen, welche unter dem Antrieb des Bedürfnisses nach Sachen erfolgen" (Seite 136), oder wenn LEXIS die der Volkswirtschaft gestellte Aufgabe definiert:
    "Wie kommt bei einer gegebenen Gesellschaftsordnung die Güterproduktion als ein gesellschaftlicher Vorgang zustande, und wie erhalten die in verschiedener Art an ihr beteiligten Einzelnen aus diesem gesellschaftlichen Prozeß ihren Anteil an den erzeugten Gütern?"
Es besteht kein Zweifel, daß es demgegenüber ein Fortschritt ist, wenn VOIGT versucht, die Wirtschaft durch das Gegenüberstellen von Zweck und Mittel zu charakterisieren. Er erkennt hier auch, was auch ich schon in meinem Aufsatz über die Produktivitätstheorie betont hatte, daß die wirtschaftliche Aufgabe ein  Maximumproblem  ist: Maximum an Erfolg mit dem geringsten Aufwand an Mitteln. Dieses Prinzip pflegt man gewöhnlich als das  wirtschaftliche  Prinzip zu bezeichnen, also ein Prinzip, das schon durch seinen Namen auf eine enge Beziehung zur Wirtschaft hinweist. Man hat auch mehrfach versucht, es für die Definition der Wirtschaft nutzbar zu machen (vgl. meinen Aufsatz über das "Wesen der Wirtschaft"), andere haben dagegen darauf hingewiesen, daß das wirtschaftliche Prinzip weit über den Rahmen der Wirtschaft hinausgeht und die Grundlage jedes rationalen Handelns ist. Doch hat VOIGT, wie das obige Zitat zeigt, und ganz besonders auch in seinem Vortrag auf dem ersten Soziologentag (Seite 229f), sich dadurch nicht abschrecken lassen und wieder versucht, die Wirtschaft durch das wirtschaftliche Prinzip, die Gegenüberstellung von Zweck und Mittel, zu definieren. Er macht dabei aber zwei Fehler, die auch ihn, wie alle anderen, als einen Vertreter der bisherigen materialistisch-quantitativen Auffassung der Wirtschaft charakterisieren. Er sagt nämlich
    1) über den Zweck der Wirtschaft nichts weiter, als daß es sich um ein Maximum an Bedarfsbefriedigung handelt,

    2) nimmt er die Mittel als gegeben an, wirtschaften heißt: über gegebene Mittel verfügen.
Nach diesen beiden Seiten wollen wir nun unsere Auffassung der Wirtschaft entwickeln und kommen damit zugleich zur Unterscheidung von der Technik.


2. Der Zweck der Wirtschaft

Es herrscht wohl allgemeine Übereinstimmung darüber, daß der Zweck der Wirtschaft Bedarfsbefriedigung ist. Aber schon was darunter zu verstehen ist, könnte zweifelhaft sein. Die meisten werden mir wohl zugeben, daß es bedeutet, ein möglichst großes Maß an Genuß, von Lustgefühlen zu erzielen. Aber andere könnten einwenden, daß darin das Ziel des Menschen weit über den Kreis des wirtschaftlichen Handelns hinaus besteht. Das ist zweifellos richtig, und daher erklären dann auch die Vertreter einer streng  sachlichen, objektiven  Abgrenzung der Wirtschaft, wie DIETZEL, PHILIPPOVICH usw., eine Bedarfsbefriedigung nur, sofern sie auf  Sachgüter  gerichtet ist, als Wirtschaft. Das ist aber eine ganz unmögliche Auffasung angesichts der Tatsache, daß sich ein großer Teil von Handlungen, die zweifellos Wirtschaft sind, auf persönliche Leistungen und immaterielle Güter der verschiedensten Art bezieht. Da kommen nun andere, wie ich schon eingangs erwähnte, mit dem Verlegenheitsmittel, nur die  tauschwirtschaftlichen  Erscheinungen als Wirtschaft zu erklären. In verschiedener Weise wird das ausgedrückt, und namentlich das Wort  sozial  (soziale Verkehrsvorgänge:  Ammon spielt dabei eine große Rolle, um diese Bankrotterkärung der Definition der Wirtschaft zu verschleiern.

Denn, zu welchen Konsequenzen kommt man mit dieser Auffassung? Ein naturalwissenschaftlicher Bauer wirtschaftet danach nicht; wie dessen Tätigkeit aber aufzufassen ist, darauf bleiben die Anhänger dieser Auffassung (15) die Antwort schuldig. Und nun gar der Bauer, der sich entschließt, einen Teil seines Getreides zu verkaufen, während er in der Hauptsache seine Produkte in der eigenen Wirtschaft konsumiert? Fängt er erst mit diesem Verkauf an zuz wirtschaften oder wirtschaftet er nur soweit, als er Getreide verkauft? Ebenso eine Hauswirtschaft, die, wie es früher in so großem Umfang geschah, einen Teil ihrer Güter selbst erzeugt! Sie ist soweit überhaupt keine Wirtschaft. Es ist klar, daß diese Abgrenzung unhaltbar ist, es kann nicht bestritten werden, daß ein naturalwirtschaftlicher Bauer und auch ein  Robinson  nach denselben  Prinzipien  handeln, wie ein in den Tauschverkehr verflochtener Mensch, und auch sie wirtschaften. Wohlgemerkt: ich sage, daß sie nach denselben Prinzipien handeln, was nicht ausschließt, daß ihre Wirtschaft von der in den Tauschverkehr verflochtener Menschen sehr verschieden ist. Aber das zweifellos und auch dem Sprachgebrauch nach vorhandene  Gemeinsame  hat die Theorie zuerst festzustellen.

Wollen wir also jenes Verlegenheitsmittel, das manche Neuere für unvermeidbar erklären, weil sie sich nicht die Mühe machen, das Wesen der Wirtschaft schärfer zu analysieren, nicht mitmachen, so ergibt sich für uns die Aufgabe, das Kriterium zu finden, in dem das Wesen der Wirtschaft besteht.

Zu diesem Zweck wollen wir vom  wirtschaftlichen  Prinzip auszugehen versuchen, das, mag es auch weit über den Rahmen des Wirtschaftlichen hinaus Geltung haben, doch zweifellos mit ihm in besonders enger Verbindung steht. Wir wollen versuchen, ob sich nicht doch eine Begrenzung desselben finden läßt, die speziell das wirtschaftliche Handeln charakterisiert. Schon in meinem Aufsatz über das "Wesen der Wirtschaft" habe ich gezeigt, daß man vom wirtschaftlichen Prinzip sehr verschiedene Auffassungen haben kann, die sich nebeneinander finden:  Prinzip des kleinsten Mittels, Prinzip des größten Erfolges  und die Kombination beider:  größter Erfolg mit möglichst geringem Aufwand von Mitteln.  Daß die letztere Formulierung die Grundlage der Wirtschaft ist, ist nach unseren früheren Erörterungen klar, aber eine Definition der Wirtschaft, eine Abgrenzung von der Technik ist damit noch nicht gefunden.

Ferner aber müssen wir beachten, daß sich das wirtschaftliche Prinzip in dieser Form: als Maximum- und Minimumprinzip zugleich, in verschiedener Weise ausdrücken läßt, und darin liegt eben seine allgemeine Bedeutung. Es läßt sich zunächst rein  logisch  ausdrücken:  möglichst vollkommene Zweckerreichung mit möglichst geringem Aufwand von Mitteln,  wobei ganz offen gelassen wird, was als Zweck und als Mittel anzusehen ist. In dieser rein logischen Einkleidung ist das Prinzip auch von AVENARIUS zur Grundlage der Logik gemacht worden. Ferner ist eine  psychologische  Formulierung möglich:  möglichst viel Genuß, Lustgefühl, mit möglichst geringem Unlustgefühl,  und schließlich gibt es noch eine Formulierung mit spezifisch  wirtschaftlichen  Ausdrücken:  möglichst viel Nutzen mit möglichst wenig Kosten.  Die letzte Formulierung ist mehrfach von Nationalökonomen erörtert worden, aber hier macht sich nun jener Grundfehler geltend, der die ganze bisherige Nationalökonomie durchzieht: die technisch-materialistische Auffassung der Wirtschaft. Man kann als Nutzen statt psychisch: Genuß auch eine  Gütermenge  auffassen, einfach bei der quantitativen Betrachtung der Gütermenge, die uns Nutzen gewährt, stehen bleiben. Insbesondere bei DIETZEL ist nicht klar, ob er nicht, von seinem materialistischen Standpunkt aus allein konsequent, unter Nutzen rein quantitativ die beschaffte Gütermenge versteht. Er meint zwar (Seite 191), daß "jedes Wort über das Wesen des Nutzens unnütz wäre - was, wie man sieht, keineswegs zutrifft -, aber kurz vorher bezeichnet er als Nutzen "die guten Dinge". "wenn die guten Dinge, auf welche sich menschliche Begehren richtet, ohne Kosten feil wären ..." Wir können es nun ganz dahingestellt sein lassen, ob hier eine Bedarfsbefriedigung, der Nutzen quantitativ-materialistisch aufgefaßt sind - jedenfalls  können  sie so aufgefaßt werden und müßten es vom Standpunkt einer konsequenten materialistischen Theorie. In den meisten Fällen wird aber wohl der Nutzen  psychisch  aufgefaßt werden, doch sind sich eben alle Nationalökonomen über diesen Gegensatz nicht klar, und wenn auch zuerst der Nutzen psychisch aufgefaßt wird, so gelangt man doch bald unversehens in die rein quantitative Auffassung hinein, namentlich bei den geldwirtschaftlichen Erscheinungen, wo dann als Nutzen und Ertrag eine  Geldmenge,  rein quantitativ, angesehen wird.

Mit dem wirtschaftlichen Prinzip, aber auch rein technisch aufgefaßt, operiert auch JULIUS WOLF, den ich in meinem früheren Aufsatz noch nicht erwähnte. In seiner Schrift "Nationalökonomie als exakte Wissenschaft", 1908, Seite 13, sagt er § 13:
    "Das ökonomische Prinzip ist das Prinzip des Optimums, d. h. die Forderung, den größten Erfolg (als Dauererfolg, nicht "Raubbau" weder an den Dingen - Stoffen - noch an den Menschen - Kräften, Gesamtpersönlichkeiten -) mit dem kleinsten Kostenaufwand anzustreben, mit anderen Worten, die größte Differenz zwischen Erfolg (Leistung) und Kraft-(Güter-)Aufwand zu setzen, und abermals weiter geführt, das größte Einkommen (volkswirtschaftlich gesehen) herauszubringen."
WOLF läßt es also hier, ebenso wie DIETZEL, offen, ob als Ziel der Wirtschaft, als "Erfolg" Lustgefühle oder eine Produktmenge zu verstehen sind, und als Kosten eine Quantitätsvorstellung oder Unlustgefühle. Ebenso wird sein Begriff "Einkommen volkswirtschaftlich gesehen" nirgends definiert, und kann ebenso ein Mehr an Lustempfindungen wie eine Produktenmenge bedeuten. Wenn man aber auch annimmt, daß WOLF hier unter Erfolg, Einkommen, Kosten, Schätzungsbegriffe verstanden hat, so steht er doch viel zu sehr im Bann der allgemeinen materialistischen Auffassung, um die psychische Auffassung der Wirtschaftslehre bei den späteren Erörterungen festhalten zu können (es folgt mit § 15 sofort die "Theorie der Güterproduktion"). Wie alle Schriftsteller, denkt er aber überhaupt nicht an die Möglichkeit einer verschiedenen Auffassung des Wirtschaftlichen, eines Gegensatzes zwischen materialistischer und psychischer Auffassung, er erkennt nicht, daß in seiner Formulierung das Grundproblem aller Wirtschaft offen gelassen ist.

Daß seine Auffassung des Wirtschaftlichen und seine Unterscheidung von der Technik falsch ist, zeigt sich dann sofort in § 14:
    "Das Prinzip des Optimums als Regulativ der Volkswirtschaft. Die Geltendmachung des Optimums wird durch die Tatsache erfordert, daß das Maß der  technischen  und jenes der  ökonomischen,  auf ein  Einkommen  gerichteten Leistungsfähigkeit auseinandergehen, nämlich von einer gewissen Grenze der Leistung an die Kosten größer werden als der Wert der Leistung, und hinter dieser Grenze zurück es eine engere, innere gibt, diesseits derer die Kosten der Leistungseinheit größer sind als die der früheren, jenseits der Grenze gelegenen Leistungseinheiten.  Diese  Grenze bezeichnet das Optimum.

    Das Regulativ dieses Optimums gilt auch für die Konsumtion, insofern von einer gewissen Grenze die Guts-(Leistungs-)Exemplare einen Nutzen stiften, der geringer ist, als der der vorausgegangenen Einheiten."
Aus diesem Regulativ des Optimums ergibt sich nach WOLF der Charakter der Volkswirtschaftslehre als einer "exakten" Wissenschaft in dem Sinn, daß sie "absolute Ergebnisse von einer unbedingten Geltung gestattet". Hier ist auch wieder offen gelassen, ob das Optimum in Bedarfsbefriedigung, in Schätzungen, oder in einer Gütermenge besteht. Und das Wesen des Wirtschaftlichen wird vollkommen verkannt, wenn WOLF meint, die "innere Grenze" bezeichne das Optimum, d. h. sobald die Kosten der Einheit anfangen, größer zu werden, ist die weitere Güterbeschaffung nicht mehr wirtschaftlich. Das ist sowohl in der Einzelwirtschaft wie in der ganzen Volkswirtschaft verkehrt. In der Einzelwirtschaft verursacht jede weitere Einheit größere Kosten, und bis zu welcher Grenze der Wirtschafter solche aufwendet, wird durch das Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge bestimmt. In der Tauschwirtschaft haben die verschiedenen Anbieter verschieden hohe Produktionskosen, und welche die höchsten Produktionskosten sind, die noch aufgewendet werden können, wird auch durch das Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge bestimmt. - Daß es ein Fehler ist, den Unterschied zwischen Wirtschaft und Technik durch die innere oder äußere Grenze bestimmen zu wollen, ist leicht einzusehen.

Selbst wenn wir annehmen, daß "Erfolg" hier psychisch verstanden sein sollte, ergibt sich doch, daß WOLF das Wesen der Wirtschaft nicht erfaßt hat. Jeden Geldausdruck würde er alsbald, wie alle anderen,  quantitativ  verstehen - daher kommt es auch, daß insbesondere der Begriff  Kosten  immer quantitativ verstanden wird, eine Geldmenge oder eine Anzahl Arbeitsstunden. Das gilt auch dann, wenn, wie bei DIETZEL, Kosten als  Nutzeneinbuße  definiert werden. Denn auch hier ist wieder die materialistische Auffassung, die nur die geopferte Güter- oder Arbeitsmenge quantitativ betrachtet, möglich und auch üblich, und wird auch hier besonders nahegelegt durch den Einfluß des Kostenfaktors Geld. Das Schlimme ist aber dann der fundamentale logische Fehler, den sich die neuere subjektive Wertlehre, ohne es zu merken, zuschulden kommen läßt, dem subjektiven Nutzen oder "Wert" die Kosten quantitativ-materialistisch als Gütermenge gegenüberzustellen.

Neuerdings hat sich EDUARD HEIMANN in einem Aufsatz "Methodologisches zu den Problemen des Wertes und des wirtschaftlichen Prinzips", auch mit dem letzteren beschäftigt (Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 37, Seite 758). Er ist durch OPPENHEIMER als dessen Schüler stark beeinflußt, aber offenbar von einem richtigen theoretischen Instinkt in eine Reaktion gegen dessen Theorie hineingedrängt worden, und sucht nun durch die Methodenlehre Aufschluß über den Wert oder Unwert der verschiedenen Theorien zu gewinnen. Seine Ansichten, namentlich über die "soziale" Betrachtungsweise, kann ich fast alle unterschreiben, und ich glaube, daß der Verfasser, wenn er sich näher in mein ökonomisches System vertiefen würde, darin die Grundlagen der individualistischen Theorie finden könnte, die ihm vorschweben. Sein Aufsatz bietet einen guten Einblick in das Streben der jungen, theoretisch stark interessierten Generation, einmal über die methodologischen Fragen hinaus (16) zu einer Weiterbildung der ökonomischen Theorien zu kommen. In der uns hier interessierenden Frage nach der Bedeutung des wirtschaftlichen Prinzips kommt er nicht über die alte Anschauung hinaus, daß das wirtschaftliche Prinzip Grundlage jedes rationalen Handelns und damit für die ökonomische Theorie "erledigt" ist, fährt aber fort:
    "dennoch wird man schwerlich sagen können, daß dies ein sehr befriedigendes Resultat ist und keine logische Erwägung wird das unbestimmte Gefühl überwinden, daß irgendwo in der Nähe des wirtschaftlichen Prinzips ein Wert für unsere Wissenschaft zu finden ist".
Sehr richtig! Dieses Gefühl, das sich jedem aufdrängen muß, habe ich auch gehabt, und deswegen die Wirtschaft als eine höhere Potenz des schärfer als bisher erfaßten Wirtschaftsprinzips zu erkennen versucht. -

trenner taufkirchen

Wie kommt man aber durch das wirtschaftliche Prinzip zur Erkenntnis des Wesens der Wirtschaft? Eben durch die Betonung der Wirtschaft als einer Maximumaufgabe. Möglichst vollkommene Bedarfsbefriedigung, möglichst viel Lustgefühl ist wohl der  allgemeinste  Zweck, den der Mensch sich setzen kann. Er wird, wie gesagt, auch bei Handlungen erstrebt, die nicht unter den Rahmen der Wirtschaft fallen. Er zerfällt jedoch  in eine oft unendlich große Zahl von Einzelzwecken,  die verschiedenen, stets wechselnden Bedürfnisse, die von sehr verschiedener Stärke sind. Ihre Befriedigung erfordert aber bei jedem einzelnen Bedürfnis ein sehr verschiedenes Maß von Aufwendungen, Unlustgefühlen: Kosten, als welche in letzter Linie vor allem die eigene Arbeitsmühe in Betracht kommt. Diese Kosten werden mit dem erstrebten Nutzen verglichen, wie das bei jedem rationalen Handeln der Fall ist, unter dem Gesichtspunkt, ein Mehr von Zweckerreichung über die aufgewendeten Mittel hinaus zu erzielen. Der Unterschied der  wirtschaftlichen  Erwägungen nun und des  wirtschaftlichen  Handelns gegenüber jedem anderen rationalen Handeln besteht, abgesehen davon, daß dort der Zweck die Bedarfsbefriedigung ist, darin, daß  beim wirtschaftlichen Handeln eine sehr große Zahl von Einzelzwecken, zahlreiche zu befriedigende Bedürfnisse miteinander und mit den dafür aufzuwendenden Mitteln unter dem Gesichtspunkt eines möglichst großen Maßes von Genuß verglichen werden.  Man kann daher Wirtschaften in der abstraktesten Weise definieren als:  Verschiedene Nutzen, die Gesamtheit der erstrebten Nutzen an ihren Kosten zu vergleichen.  In der Tat wird das Wirtschaften dadurch charakterisiert, daß hier die  verschiedensten,  Bedarfsbefriedigung erstrebenden Zwecke miteinander verglichen werden. Jetzt wissen wir,  worin  das Disponieren besteht, das man schon früher im Wesen der Wirtschaft erblickte. War es bis dahin nur eine bloße Umschreibung des Wortes, so haben wir es jetzt  definiert

Der allgemeine Ausdruck  Bedarfsbefriedigung  oder Maximum von Bedarfsbefriedigung muß also richtig verstanden werden, auch  nicht jede Aufwendung von Mitteln für die Bedarfsbefriedigung, auch nicht jedes Handeln nach dem wirtschaftlichen Prinzip zum Zweck der Bedarfsbefriedigung,  d. h. größter Erfolg von Bedarfsbefriedigung mit dem kleinsten Aufwand von Mitteln ist wirtschaften. Sondern beim wirtschaften wird der ganz allgemeine Ausdruck Bedarfsbefriedigung, Lustgefühle,  zerlegt in die verschiedenen Arten  von Lustgefühlen, die erstrebt werden, und jede in die  verschiedenen  Teilquantitäten, in die sie zerfällt (17). Diese Zerlegung ist nötig und wird, wie die Beobachtung zeigt, von jedem wirtschaftenden Menschen vorgenommen, weil
    1) jede Teilquantität oder Einheit eines Bedürfnisses oder Lustgefühls verschieden empfunden wird, und

    2) auch die Aufwendungen, Kosten für jede Einheit verschieden geschätzt werden.
Aber einem scharfen Kritiker wird der Ausdruck:  viele  Zwecke der Bedarfsbefriedigung,  viele  erstrebte Nutzen, mit den Kosten vergleichen, zu unbestimmt sein und er wird fragen, wieviele erstrebte Nutzen müssen mit den Kosten verglichen werden, daß man von  wirtschaften  sprechen kann? Wenn sich auch das natürlich nicht zahlenmäßig angeben läßt, so läßt sich doch über jene allgemeinste Definition hinaus das Wesen der Wirtschaft noch schärfer erfassen. Der Umstand nämlich, daß es sich um eine große Zahl verschiedener Zwecke der Bedarfsbefriedigung handelt, die alle verschiedene Kosten erfordern, hat eine Wirkung, die die wirtschaftlichen Erwägungen als eine höhere Form bloß rationaler Erwägungen erscheinen läßt. Beim gewöhnlichen rationalen Handeln wird nämlich  ein  gegebener Zweck verschiedenen Kosten gegenübergestellt: Prinzip des kleinsten Mittels, oder zwei oder doch sehr wenige Zwecke ihren zumeist gegebenen Kosten.  Beim wirtschaftlichen Handeln aber muß, da es sich um eine große Zahl von Zwecken handelt, jeder einzelne Nutzen nicht nur seinen Kosten gegenübergestellt werden, sondern dieser Nutzen- und Kostenvergleich muß wieder sehr viel schärfer,  als das sonst der Fall ist,  miteinander verglichen werden.  Es kommt also mit anderen Worten sehr viel darauf an,  den Überschuß von Nutzen über die Kosten in jedem einzelnen Fall genau festzustellen.  Diesen nennen wir  Ertrag,  und daraus ergibt sich die fundamentale Bedeutung des Ertragsbegriffs in der ökonomischen Theorie. Wirtschaften ist also sozusagen  ein doppeltes Vergleichen: Zuerst vergleicht man jede Einheit jedes erstrebten Nutzens mit den dafür aufzuwendenden Kosten, stellt also für jede den Ertrag fest, und dann vergleicht man die Erträge aller, mit dem Ziel, einen möglichst großen Gesamtertrag zu erhalten.  Man kann also wirtschaften auch dahin definieren:  Erträge, d. h. Überschuß von Nutzen über die Kosten vergleichen.  In der Tat kommt diese genaue Ertragsfeststellung und -vergleichung nur bei denjenigen Erwägungen und Handlungen vor, die wir  wirtschaften  nennen.

Diese genaue Ertragsfeststellung und -vergleichung, die natürlich keine zahlenmäßige ist, sondern eine rein  psychische  bleibt, ist noch aus einem anderen Grund notwendig, der wiederum auf das Engste mit dem Zweck der Wirtschaft: Bedarfsbefriedigung, Lustgefühle zusammenhängt. Unsere Bedürfnisse sind ansich unendlich, aber die Erfahrung lehrt, daß jedes einzelne, je mehr es befriedigt wird,  an Stärke abnimmt,  bis zuletzt Sättigung eintritt (Gossensches Gesetz). Nun kann aber kein Mensch alle seine Bedürfnisse bis zur vollen Sättigung befriedigen, aus dem einfachen Grund schon nicht, weil im Gegensatz zum Genuß, der bei zunehmender Bereitung an Stärke abnimmt, die  Kosten,  die  Unlustempfindungen,  die mit seiner Bereitung verbunden sind,  mit wachsenden Aufwendungen stärker empfunden werden.  So ergibt sich, daß  für alle Bedürfnisse, die durch Teilquantitäten befriedigt werden, für jede Teilquantität der Ertrag, der Überschuß an Nutzen über die speziellen Kosten dieser Teilquantität festgestellt werden und mit allen Erträgen bei allen Teilquantitäten aller anderen Bedürfnisse verglichen werden muß. Die höchste Gesamtbefriedigung, das Ziel der Wirtschaft, wird also dann erreicht, wenn die Summe der Erträge ein größtes ist  und das geschieht dann,  wenn auf jedes Bedürfnis nur bis zu dem Grad Kosten aufgewendet werden, daß der Ertrag, der Überschuß, der bei der letzten Nutzeneinheit,  oder, was dasselbe bedeutet,  bei der letzten aufgewendeten Kosteneinheit erzielt wird, bei allen Bedürfnissen gleich groß ist. Diesen Ertrag nenne ich den Grenzertrag  und das ist das  Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge,  der wichtigste Satz der ökonomischen Theorie. Er enthält in der schärfsten Formulierung die Grundregel allen Wirtschaftens, und man kann daher wirtschaften auch als  Handeln nach dem Prinzip des Ausgleichs der Grenzerträge  definieren.

Mit all dem erklärt es sich auch, weshalb man von einer  einzelnen  Handlung, absolut betrachtet, niemals sagen kann, ob sie wirtschaftlich ist oder nicht. Denn  jede  Handlung charakterisiert sich als  wirtschaftlich  erst  durch die dahinter stehenden Erwägungen,  d. h. eine Betrachtungsweise, welche  verschiedene vorzunehmende Handlungen hinsichtlich der dabei aufzuwendenden Mittel und des dabei zu erzielenden Maximums von Bedarfsbefriedigung vergleicht.  Eine einzelne Handlung wird zu einer wirtschaftlichen, wenn sie unter dem Einfluß dieser, verschiedene Möglichkeiten von Bedarfsbefriedigung und die dafür aufzuwendenden verschiedenen Kosten kalkulierenden Erwägungen folgt.

Diese Erwägungen, diese Betrachtungsweise sind nun ansich etwas rein  Formales,  ein immer in dieser Form wirkendes allgemeines  Prinzip,  das von den bei jedem Menschen verschiedenen  Motiven  wohl zu unterscheiden ist. Das hat man im Sprachgebrauch herausgefühlt, indem man von jeher von einem wirtschaftlichen  Prinzip  gesprochen hat. Aber die Theorie verwechselt meist wirtschaftliches Prinzip und Motive. Das wirtschaftliche Prinzip tritt aber  als ein allgemeines, rein formales Prinzip zwischen die Motive und die Handlungen,  macht aber diese noch nicht zu wirtschaftlichen, weil es eben weit über den Rahmen des Wirtschaftlichen hinaus Geltung hat und daher besser  Rationalitätsprinzip  genannt würde.  Die  Motive sind es, die den Menschen veranlassen, dieses oder jenes Lustgefühl zu erstreben. Sie  veranlassen  die Erwägungen, die der Mensch anstellt und die zum wirtschaftlichen Handeln führen, geben diesen Erwägungen die erste Richtung auf bestimmte Begehrungen. Sie sind also nichts weiter als die  Ursachen  dieser Begehrungen.  Aber zwischen diese Begehrungen und das Tätigwerden für ihre Befriedigung schiebt sich nun ein allgemeines formales Prinzip,  das Rationalprinzip; es geht hervor aus dem Bewußtsein, daß nicht alle Begehrungen bis zur vollen Sättigung befriedigt werden können, daß mit der Bereitung der Befriedigung Unlustgefühle verbunden sind, die mit wachsenden Aufwendungen zunehmen. Es besteht in der allgemeinen Erkenntnis, daß es demnach nötig ist, Zweck und Mittel miteinander zu  vergleichen,  und man könnte das wirtschaftliche Prinzip daher auch statt Rationalitätsprinzip als  Relationsprinzip  bezeichnen. Es kann den einzelnen im Menschen auftauchenden Motiven nicht absolut gefolgt werden, die aufgrund dieser Motive erstrebten Lustgefühle können nicht absolut befriedigt werden, sondern sie sind zu vergleichen mit den bei ihrer Befriedigung in Kauf zu nehmenden Unlustgefühlen. Dafür gibt das Relationsprinzip eine rein formale, allgemeine Grundlage.

Die Motive des Menschen schalten also bei jeder wirtschaftstheoretischen Betrachtung genau so aus wie die Objekte der Begehrungen. Sie stehen hinter den wirtschaftlichen Erwägungen, sie sind es, die den Menschen veranlassen, dieses oder jenes Lustgefühl, zunächst ganz absolut betrachtet, zu erstreben, diesen oder jenen Mangel zu empfinden. Nur ganz allgemein muß zum Unterschied von der Technik angegeben werden, daß das Ziel der Wirtschaft Lustgefühle, Bedarfsbefriedigung ist. Das wirtschaftliche Handeln ist kein Handeln, das durch die Art der Motive, den Inhalt oder das Objekt des Handelns definiert werden kann. Die Motive sind immer außerwirtschaftlich,  vor wirtschaftlich.

Gegen diese Auffassung hat man drei Einwendungen erhoben:

1) Daß dann  jedes  rationale Handeln mit dem Ziel der Bedarfsbefriedigung Wirtschaft ist. Das ist aber, wie nochmals betont sein soll, deswegen nicht richtig, weil ich eben den Begriff der Wirtschaft auf diejenigen Erwägungen und die daraus hervorgehenden Handlungen einschränke, bei welchen  verschiedenen  erstrebten Nutzen, einem erstrebten Höchstmaß an Genu die in verschiedener Höhe dafür aufzuwendenden Kosten gegenübergestellt werden. Das damit notwendige  mehrfache,  aber auf einen Gesamtzweck gerichtete  Vergleichen von Nutzen und Kosten  ist das letzte, entscheidende Merkmal der Wirtschaft gegenüber allen anderen Formen rationalen Handelns, macht es zu einer höheren Potenz, einer besonders rationalen Form desselben. Hätte die Philosophie und Psychologie schon früher die verschiedenen Formen des rationalen Handelns schärfter betrachtet und unterschieden, so wäre uns die Erfassung der Wirtschaft leichter geworden und man wäre ihr auch wohl schon von anderer Seite aus näher gekommen.

2) Gegen die Auffassung, daß die Motive für das Wesen der Wirtschaft nicht in Betracht kommen, kann man weiter einwenden, man komme dadurch zu dem unmöglichen Ergebnis, daß auch der Verschwender wirtschaftet. Denn auch er handelt in diesem psychischen Sinn nach einem wirtschaftlichen Prinzip. Ich halte das aber nicht für richtig. Wenn jemand aus reiner Verschwendung in einem Laden statt des geforderten Preises von 2 Mark 100 Mark gibt, so ist das zweifellos entgegen dem im wirtschaftlichen Prinzip enthaltenen Prinzip des kleinsten Mittels. Die Mittel sind hier nicht kalkuliert worden. Ebenso wenn einer in einem Jahr sein ganzes Vermögen durchbringt, hat er offenbar das Prinzip größten Erfolges nicht berücksichtigt. Denn wenn man auch meint, daß er vielleicht von seiner Verschwendung momentan einen sehr großen Genuß hatte, hat er doch seinen Vergleich von Nutzen und Kosten auf einen  so kurzen Zeitraum  nur erstrekct, daß er bald durch Not und Mangel zu der Empfindung veranlaßt werden wird, er habe doch kein Maximum an Genuß erzielt. Man kann und darf dies aber niemals von einem  von außen hereingetragenen, allgemeinen, normalen  Standpunkt entscheiden wollen. Das hieße Werturteile in die Wirtschaftstheorie hineintragen. Jemand, der äußerlich als Verschwender gilt, weil er in einem Jahr sein ganzes Vermögen durchbringt, kann dabei unter Umständen soch sehr wirtschaftlich handeln, wenn er sich z. B. sagt, daß er wegen einer Krankheit nur noch ein Jahr zu leben hat oder wenn er so lebensmüde ist, daß er nach einem möglichst nützlichen Verbrauch seines Vermögens entschlossen ist, Selbstmord zu begehen. Dieser Mann handelt zweifellos wirtschaftlich, d. h. er vergleicht genau Nutzen und Kosten im Hinblick auf seine gesamte Bedarfsbefriedigung, ebenso der Geizige, der sein größtes Vergnügen darin findet, Geld zu sammeln, während er sich nach allgemeiner Auffassung durch die Ausgabe von Geld eine größere Bedarfsbefriedigung verschaffen könnte.

Heißt das nun, daß also doch die Motive in Betracht kommen zur Erklärung des Wesens der Wirtschaft? Keineswegs! Es zeigt sich im Gegenteil wieder, daß die Motive ganz verschieden sein können, daß es, ganz unabhängig von den Motiven, ein allgemeines, den Kosten mit dem Maximumziel, das das wirtschaftliche Handeln charakterisiert. Die Wirtschaftstheorie behauptet ja auch keineswegs, daß  jeder  Mensch wirtschaftet, daß jeder bei der Verfolgung seiner Motive diesem formalen Prinzip folgt. Es gibt natürlich sehr viele Menschen, die nicht wirtschaften, z. B. die kleinen Kinder, obgleich auch sie sehr oft, aber immer nur für den einzelnen Fall, nach einem Rationalitätsprinzip handeln. Man kann auch sagen, daß der Verschwender, der statt 2 Mark 100 Mark zahlt, eigentlich ohne Motive handelt, nur aus einer gewissen Gleichgültigkeit an den Mitteln heraus. Hat er aber ein Motiv, z. B. um zu protzen, so wird er auch in den meisten Fällen wirtschaften, es wird ihm dann z. B. doch nicht gleichgültig sein, ob er 100 oder 1000 Mark gibt.

Die Wirtschaftstheorie behandelt aber überhaupt nicht die Besonderheiten der einzelnen Menschen, alle diese psychischen Erörterungen sind ja eigentlich nur Voraussetzungen der Wirtschaftstheorie, Probleme, die aber geklärt sein müssen, um das Wesen der Wirtschaft und die Tauschverkehrsvorgänge in ihrem letzten Grund zu begreifen. Die Wirtschaftstheorie begnügt sich, nachdem man einmal das Wesen der Wirtschaft erkannt hat, mit der Tatsache, daß die meisten Menschen bei den meisten ihrer Handlungen diesem allgemein formalen Prinzip folgen ganz unabhängig von ihren speziellen Motiven, und daß sich daraus Vorgänge sehr verschiedener Art ergeben, die aus diesem Prinzip heraus darzustellen ihre Aufgabe ist.

3) Die dritte Einwendung gegen unsere Auffassung der Wirtschaft geht dahin, daß diese doch eigentlich nur von der modernen kapitalistischen Wirtschaft hergenommen ist, und es nicht ermöglicht, Zuständen früherer Epochen auch als Wirtschaft zu bezeichnen. Der mittelalterliche Handwerker z. B., der Bauer habe jahrhundertelang gewirtschaftet, ohne verschiedene Nutzen an den Kosten zu vergleichen. Diese Behauptung, daß unsere Auffassung der Wirtschaft zu eng ist, trifft aber viel eher auf die heute verbreitete Anschauung zu, nur tauschwirtschaftliche Erscheinungen als Wirtschaft aufzufassen, als auf die unsrige. Es ist nicht richtig, wie SOMBART u. a. behauptet haben, daß der mittelalterliche Handwerker nur seinen  Bedarf  habe decken wollen, aber nicht nach Gewinn gestrebt hat (von Schmoller, Sombart u. a. suchten hierin gelegentlich den Gegensatz zwischen Handwerk und moderner Unternehmung zu finden). Auch der mittelalterliche Handwerker strebte nach größtem Überschuß von Nutzen über die Kosten, suchte sich mit möglichst wenig Arbeitsmühe ein möglichste angenehmes Leben zu verschaffen. Und wenn auch das Streben nach einem möglichst großen  Geld betrag durch die obrigkeitliche Regelung im Gewerbe vielfach eingeschränkt war, das Streben nach möglichst viel Genuß mit möglichst wenig Kosten war doch vorhanden, und führte zu einem Vergleichen der Erträge, die eben wirtschaften ist, wenn auch die Wirtschaft infolge der mehr naturalwirtschaftlichen Verhältnisse vielfach andere Formen aufwies. Alle diese Formen kann aber die Wissenschaft natürlich auch untersuchen. Das gleiche gilt für einen Bauern im Zeitalter der Hörigkeit. Wenn man bestreitet, daß ein solcher in unserem Sinn gewirtschaftet hat, weil er ohne weitere Überlegung die ihm überlieferte Dreifelderwirtschaft betrieben hat, so beruth das eben auf einer Verwechslung von Wirtschaft und Technik. Die sogenannte Dreifelderwirtschaft ist nur Agrar technik,  erst wo sie mit Erwägungen der eigenen Bedarfsbefriedigung, sei es direkt, sei es durch den Tausch, verknüpft wird, liegt Wirtschaft vor, und diese Erwägungen stellte auch der mittelalterliche Bauer an. Das schließt natürlich nicht aus, daß auch die Wirtschaftstheorie und erst recht natürlich die Wirtschaftsgeschichte zeigen kann, daß durch die Naturalleistungen, Frondienste und dgl., zu denen er verpflichtet war, seine Wirtschaft in vielen Punkten einen anderen Charakter hatte. Irgendein Argument gegen die Richtigkeit unserer Auffassung der Wirtschaft liegt aber darin nicht. Ich glaube, daß diese in der schärfsten Weise, die bisher möglich war, das innerste Wesen der Wirtschaft klarlegt, und das ist mir auch aufgrund meines ersten Aufsatzes von verschiedenen Seiten bestätigt worden.
LITERATUR Robert Liefmann, Wirtschaft und Technik, Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 102 [dritte Folge Bd. 47], Jena 1914
    Anmerkungen
    1) LIEFMANN, Ertrag und Einkommen auf der Grundlage einer rein subjektiven Wirtschaftslehre, Jena 1907
    2) Diese im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 34, ZWIEDINECKs Kritik, ebd., Bd. 38, Seite 11f.
    3) Nicht "verquicken", wie  Zwiedineck  sagt, denn "verquickt" sind wirtschaftliche und technische Momente, wie wir unten sehen werden, meistens.
    4) Siehe darüber den Aufsatz: Das Wesen der Wirtschaft usw., a. a. O., Seite 623
    5) In meinem Aufsatz über das "Wesen der Wirtschaft" habe ich gezeigt, daß  Dietzel  zwei bis drei verschiedene Auffassungen des wirtschaftlichen Prinzips durcheinandermengt.
    6) Neuere Versuche, zu beweisen, daß  Marx  weit über den ökonomischen Rahmen hinaus eine allgemeine kulturwissenschaftlich-soziologische Theorie hat aufbauen wollen, scheinen mir doch in  Marx  zu viel hineinzuinterpretieren. Wenn es aber richtig ist, dann ist dies keine ökonomische Theorie in dem Sinne, den man bisher immer darunter verstand und den auch ich damit verbinde: die tauschwirtschaftlichen Erscheinungen zurückzuführen auf die wirtschaftlichen Erwägungen des einzelnen Menschen, sondern es ist eine kulturphilosophisch-soziologische Theorie. Übrigens muß diese Theorie, trotz  Marx,  erst geschaffen werden, und ich glaube, die ökonomische Wissenschaft hat einstweilen noch näher liegende Aufgaben zu lösen als philosophische Erörterungen darüber anzustellen, ob eine solche Theorie möglich ist. Vom Standpunkt dessen, was wir unter Wirtschaft verstehen, kann es jedenfalls nur  eine  ökonomische Theorie geben, jene Theorie wird ihren Begriff der Wirtschaft also erst definieren müssen.
    7) Abgesehen von den Gütern, die  wegen  ihrer Seltenheit geschätzt werden, seltene Briefmarken und dgl.
    8) Vgl. den Aufsatz über das "Wesen der Wirtschaft", Seite 523 und 635.
    9) Was heute technisch-quantitativ als  Produktionsfaktoren:  Arbeit, Kapital und Boden erörtert wird, gehört dahin. Für die  wirtschaftliche  Betrachtung sind sie  Kosten.  Ob das Substrat dieser Kosten eine menschliche Tätigkeit, Arbeit oder ein Sachgut (Kapital) ist, kommt erst in zweiter Linie in Betracht.
    10) Erst wenn sie vorliegen, werden Handlungen, die unter ihrem Einfluß erfolgen, zu wirtschaftlichen Handlungen.
    11) Der "Ertragsgedanke", Zeitschrift für Sozialwissenschaft, 1913, Heft 5 und 6.
    12) Insbesondere gegen  Zwiedineck  (a. a. O., Seite 8) muß ich auch betonen, daß ich durchaus berechtigt bin, die bisherigen Auffassungen über den Begriff des Wirtschaftlichen als "herrschende Lehre" meiner Theorie gegenüberzustellen. Denn wenn sie auch in Einzelheiten, die ich in jenem Aufsatz über das Wesen der Wirtschaft ausführlich behandle, voneinander abweichen, so stehen sie doch alle auf dem Boden der materialistisch-quantitativen Auffassung. Diese ist, wenn man die Theorien jedes einzelnen Nationalökonomen als ein Ganzes nimmt, niemals angezweifelt worden - es spricht also nicht dagegen, daß gelegentlich einmal Wirtschaften mit Disponieren definiert wird - der Charakter aller bisherigen Theorien, mit alleiniger Ausnahme derjenigen  Gossens ist so zweifellos quantitativ-materialistisch, daß ich sie mit diesem Ausdruck alle zusammenfassen und als herrschende Lehre der meinigen gegenüberstellen kann.
    13)  Otto Heyn,  Nutzen und Kosten als Ausgangspunkt des menschlichen Wirtschaftens, Zeitschrift für Sozialwissenschaft, 1914, Heft 3 (siehe aber unten).
    14) Ich bemühe mich auch immer, das hervorzuheben, selbst wenn ich nicht durch derartige Ideen angeregt bin, sondern, was meistens der Fall ist, sie erst nachträglich kennenlerne, nachdem ich meine Auffassung aus der Beobachtung des tatsächlichen Lebens geschöpft habe.
    15) Sie wird gern als "soziale" der meinigen als der "individualistisch-atomistischen" gegenübergestellt. Es ist aber klar, daß man von diesem individualistischen  Ausgangspunkt - denn nur darum handelt es sich - sehr wohl zu einer Erklärung der Tauschvorgänge gelangen kann und diese sogar sehr viel "sozialer" auffassen kann als die bisherige Theorie. Das glaube ich schon in meiner Preistheorie gezeigt zu haben und später noch viel offensichtlicher in der Einkommenslehre zeigen zu können.
    16) Er meint (Seite 807), das Interesse für methodologische Fragen sei wohl schon wieder im Abflauen begriffen.
    17) Es ist vielleicht nicht überflüssig zu betonen, daß wenn wir hier von  Teilquantitäten  von Lustgefühlen reden, dies in wesentlich anderem Sinn gemeint ist als wenn ich der herrschenden Lehre ihren quantitativ-materialistischen Charakter vorwerfe. Denn hier handelt es sich um  subjektiv bestimmte Schätzungs quanten, wobei die Höhe der Schätzung sich nicht durch die Multiplikation mit einer Einheit feststellen läßt. Die bisherige Theorie operiert aber mit  objektiven Quantitätsziffern;  eine Geldmenge, eine Gütermenge wird als ein objektiver allgemeiner Ziffernausdruck dem subjektiven Ntuzen gegenübergestellt. Einem unvoreingenommenen Beurteiler leuchtet der Unterschied von selbst ein, Gegner meiner Theorie haben aber nicht umhin gekonnt, die Behauptung aufzustellen, sie sei  auch  quantitativ. Um diese Verwechslung zu vermeiden, spreche ich gewöhnlich von objektiv- oder materialistisch-quantitativ.