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Ertrag und Einkommen
Vorwort Daß ich mich erst nach mehr als zehn Jahren entschloß, diese Ideen zu veröffentlichen, hat einesteils darin seinen Grund, daß ich mir der außerordentlich weittragenden Konsequenzen derselben, wenn sie richtig sind, nur zu gut bewußt war und daher immer wieder zögerte, damit hervorzutreten, um noch eine erneute Prüfung ihrer Richtigkeit vorzunehmen; andererseits darin, daß ich der Meinung war, sie nur veröffentlichen zu dürfen mit einer eingehenden Kritik der bisherigen Anschauungen. Nachdem sich mir jedoch die Richtigkeit der hier ausgesprochenen Gedanken, namentlich auch durch meine Vorlesungen, immer überzeugender erwiesen hat, habe ich geglaubt, das zweite Bedenken zurücktreten lassen zu sollen, da diese Ausführungen, wenn sie richtig sind, für sich selbst sprechen und eine Kritik der bisherigen Anschauungen, die die verschiedenen Autoren ja auch meist schon gegenseitig vorgenommen haben, unnötig machen. Ja, es schien mir wichtiger, meine Anschauungen in einem möglichst engen Zusammenhang vorzutragen, als die Darstellung mit einer Kritik der vorhandenen Theorien zu belasten, die, sollte sie einigermaßen vollständig sein, einen ungeheuren Umfang annehmen würde. So beabsichtigte ich, meine Theorie der wirtschaftlichen Ertragserzielung in möglichst kurzer und einfacher Form in einem Aufsatz darzulegen in der Annahme, daß ja doch mindestens den akademischen Nationalökonomen die herrschenden Lehren über diese Dinge geläufig sind und es keinem schwerfallen könnte, die fast selbstverständlichen Grundsätze meiner Theorie anhand der Tatsachen des wirtschaftlichen Lebens zu prüfen. Doch ich erkannte bald, als ich Fachgenossen meine Anschauungen entwickelte, daß es ihnen, denen nicht wie mir durch die jahrelange Beschäftigung mit diesen Problemen die Dinge geläufig und selbstverständlich geworden waren, schwer wurde, sich in meinen Gedankengang hineinzuversetzen, daß vielmehr die herrschende Theorie der Ertrags- und Einkommenserzielung - von mir als Zurechnungs- und Proportionalitätstheorie bezeichnet - allen so in Fleisch und Blut übergegangen ist, daß es notwendig erschien, sie eingehender zu kritisieren als ich ursprünglich beabsichtigt hatte. Und so konnte ich es nicht umgehen, auch meine Stellung zur heutigen Wertlehre in ihren Grundzügen hier zu entwickeln, was ich ursprünglich mir für eine spätere Arbeit vorbehalten wollte. Die rein subjektive Wertlehre, die im letzten Kapitel dieser Arbeit entwickelt ist, ist in der Tat die eigentliche Grundlage auch für meine Ertrags- und Einkommenstheorie, die damit erst in ihrer letzten Begründung verständlich wird. Zwar ist auch vom Standpunkt der heutigen Wertlehre die herrschende Zurechnungstheorie in der Einkommens- und Ertragslehre nicht zu halten, sie beruth meines Erachtens auf einer, die ganze heutige Nationalökonomie durchziehende Verwechslung von Wirtschaft und Technik; aber wenn gleichzeitig auch die Anschauungen der heutigen Wertlehre hinsichtlich des Wertes der Produktivgüter und der beliebig vermehrbaren Güter als unrichtig nachgewiesen werden - ich bezeichne diese Anschauungen als einen Rückfall in die objektive Wertlehre und stelle ihnen eine rein subjektive Werttheorie gegenüber - dann erscheint die hier vorgetragene Wert- und Ertragstheorie zusammen als ein geschlossenes Ganzes, und der theoretisch gebildete Nationalökonom wird unschwer erkennen, wie sich auf dieser Grundlage eine ganze theoretische Volkswirtschaftslehre systematisch aufbauen läßt. Nur die Grundgedanken dieser Ertrags- und Werttheorie sind in der folgenden Skizze entwickelt. Die Erörterung mancher weiterer Ergebnisse und die nähere Ausführung des hier Gegebenen ist nur möglich in Verbindung mit einem systematischen Aufbau der ganzen Wirtschaftstheorie von unten an, weil die Fassung der dabei zu verwendenden Begriffe nach Zweckmäßigkeitsgründen nur innerhalb eines Systems vorgenommen werden kann. Ein solches hier zu liefern, würde bedeutet haben, ein Lehrbuch der theoretischen Nationalökonomie zu schreiben, und dabei würde der enge Zusammenhang der hier entwickelten Theorien durch die Notwendigkeit, auch andere wirtschaftliche Begriffe zu erörtern, gelockert worden sein. So habe ich meine Gedanken hier nur in der Reihenfolge entwickelt, wie ich sie selbst, von einer Kritik der herrschenden Ertragslehre ausgehend, allmählich gefaßt habe. Ich erkenne sehr wohll die Unvollkommenheit dieser Darstellung, namentlich auch den Mangel, daß jetzt das, was die letzte Grundlage meiner ganzen Kritik der herrschenden Ertragslehre und meiner eigenen positiven Theorie darüber bildet, die Wertlehre, erst am Schluß kommt und möchte den Leser bitten, sich nach der Lektüre des letzten Kapitels noch einmal die beiden ersten vorzunehmen, weil er sich dann vielleicht vom Bann der herrschenden Theorie soweit befreit hat, um sich ganz auf den Boden meines Ausgangspunktes stellen zu können. Ich bitte auch manche Wiederholungen zu entschuldigen, die mit Absicht stehen gelassen wurden, um demselben Gedanken noch einmal in einem anderen Zusammenhang Ausdruck zu geben. Sehr wohl weiß ich auch, daß die hier vertretenen Anschauungen noch sehr viel eingehender entwickelt werden könnten. Ich beanspruche natürlich auch keineswegs, damit Vollkommenes geleistet, in diesen Fragen das letzte Wort gesprochen zu haben, glaube aber, daß es ein unbilliges Verlangen wäre, in dieser schwierigen Materie gleich Vollendetes zu liefern. Es ist selbstverständlich, daß über die Theorien, die hier entwickelt sind - und ich bestreite mit denselben ja so ziemlich alles, was bisher über einige der wichtigsten Grunderscheinungen des Wirtschaftslebens gelehrt wurde, die ganze Ertrags- und Einkommenstheorie und den größten Teil der Wertlehre - sich noch viel mehr sagen läßt, es ist wahrscheinlich, daß meine Formulierungen noch nicht überall die zweckmäßigsten sind, meine Begründung und Kritik noch nicht überall die treffendste Form gefunden haben wird. Aber es schien mir das Wichtigste, einmal die unzweifelhaft neuen Gedanken den Fachgenossen in einer möglichst kurzen und einfachen Darstellung bekannt zu machen und auf ihrer Grundlage die erneute Behandlung wichtiger wirtschaftstheoretischer Probleme anzuregen, die, wie niemand bestreiten wird, trotz allem, was darüber geschrieben wurde, noch lange nicht befriedigend gelöst sind. So viel an meinen Formulierungen im einzelnen zu bessern sein mag, die Grundgedanken halte ich für unanfechtbar. Von diesen wird die rein subjektive Wertlehre, die die heutigen Anschauungen über den Wert der Produktivgüter verwirft und zeigt, daß im letzten Grund nur Wertschätzungen der Konsumenten den Wert und Preis bestimmen und auch die Kosten nur auf Wertschätzungen der Konsumenten zurückgehen, vielleicht eher Zustimmung finden, als emeine Ertrags- und Einkommenslehre und die Abweisung der bisherigen Zurechnungs- und Propotionalitätstheorie, die als Jahrhunderte altes Dogma so eingewurzelt ist, daß es vielen ungeheuer schwer fallen wird, den bisherigen Standpunkt zu verlassen. Ich möchte daher die Bitte aussprechen, wenn man nicht nur einzelne Formulierungen zu verbessern wünscht, sondern wenn es jemand unternehmen sollte, die leitenden Grundgedanken zu kritisieren, daß er sich nicht nur auf allgemeine abstrakte Erwägungen beschränkt, sondern, wie es hier geschehen ist, an Beispielen aus dem praktischen Leben, und zwar jeweils an einem solchen aus der tauschlosen Wirtschaft, aus dem Zustand des Naturaltausches und aus der Geldwirtschaft, die Richtigkeit seiner Behauptung demonstriert. Ich glaube wohl, daß die bisherigen Vertreter der herrschenden Theorien nicht ohne Schwertstreich ihre Anschauungen, die sie in umfangreichen Werken niedergelegt haben, dieser kleinen Schrift gegenüber Preis geben werden und bin bereit, denjenigen gegenüber, die an den herrschenden Theorien festhalten, ihre Anschauungen einer bis ins einzelne gehenden Kritik zu unterwerfen und die meinigen, wenn sie angegriffen werden, sofern es sich um ihre Grundlage und nicht bloß um Formulierungsveränderungen handelt, mit einer eingehenden Begründung zu verteidigen. Ich hoffe aber, daß man es mir nicht verübeln wird, wenn ich hier zunächst meine Gedanken in möglichster Kürze und Geschlossenheit zur Diskussion stelle. I.
Darüber, wie sich nun die wirtschaftliche Tätigkeit vollzieht, gehen die Ansichten schon sehr weit auseinander. Man unterscheidet in der Regel verschiedene Faktoren oder Elemente wirtschaftlicher Tätigkeit, auch Produktionsfaktoren oder Produktionselemente genannt (Produktion ist hier gleichbedeutend mit wirtschaftlicher Tätigkeit). Als solche werden regelmäßig Arbeit, Boden und Kapital genannt. Während aber eine ökonomische Richtung nur den Boden als Produktionselement bezeichnet, eine zweite nur die Arbeit als solches anerkennt, ist heute die Ansicht herrschend, daß Arbeit, Boden und Kapital bei der Produktion zusammenwirken. Die wirtschaftliche Tätigkeit, die Produktion wird vorgenommen zum Zweck der Erzielung von Ertrag oder Gewinn. Wenn nicht die Erwartung besteht, daß das Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit höheren Wert habe, als die aufgewendeten Kosten betragen, wird keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt. Beides, Ertrag und Kosten werden heute in Geld ausgedrückt, ersteres ist der Rohertrag, von dem nach Abzug der Kosten der Reinertrag oder Gewinn in Geld übrig bleibt. In diesem Sinne sagt PHILIPPOVICH (§ 6), dessen Lehrbuch hier wieder statt vieler anderen zitiert sei:
"Das Ergebnis der Produktion (innerhalb einer gegebenen Wirtschaftsperiode) bildet den Ertrag. Jede Produktion, die technisch nicht mißlungen ist, liefert einen Ertrag." (PHILIPPOVICH) "Ertrag ist der Inbegriff dessen, was an Gütern, geldwerten Leistungen oder Nutzungen aus einem Objekt hervorgeht oder auf Berechtigungen an demselben zurückzuführen ist." - "Für den Ertrag ist charakteristisch der Zusammenhang mit einem ursächlich wirkenden Objekt." (NEUMANN) Und doch ist Kapital und Arbeit auf die Herstellung der Produkte und das Vorrathalten derselben verwendet worden. Es ist daher in gleicher Weise falsch, den Ertrag auf den Boden als ursächlich wirkendes Objekt zurückzuführen, wie es die Physiokraten taten, oder auf die Arbeit, wie es die Sozialisten und die Anhänger ihrer theoretischen Grundlehre (z. B. in der Hauptsache SCHÄFFLE, SOMBART und manch andere) tun, oder auf die Verbindung von Arbeit, Boden und Kapital, wie es die übrige heutig Nationalökonomie tut. Daß der Boden gewisse Stoffe und Produkte erzeugt, daß die menschliche Arbeit diese Stoffe umzuwandeln vermag, daß die Benutzung von Kapital die Produktionswirkung beider ergiebiger macht und eventuell menschliche Arbeit ersetzen kann (z. B. ein Knüppel als Hebel benutzt, Arbeit spart), das sind naturgesetzliche Tatsachen, die außerhalb des Rahmens wirtschaftlicher Erscheinungen liegen und die nicht die Ursache einer wirtschaftlichen Bewertung der mittels jener Produktionsfaktoren geschaffenen Produkte sind. Es ist falsch, daß "jede Produktion, die nicht technisch mißlungen ist, einen Ertrag' (im ökonomischen Sinn) liefert", und den Kern des Fehlers erkennt man deutlich in den oben angeführten Sätzen NEUMANNs und WAGNERs. Es gibt kein ursächlich wirkendes Objekt, aus dem Güter "hervorgehen", keine Güter, die ihren Wert aus dem Objekt, aus dem sie hervorgehen, "als seiner Ursache und Bedingung" ableiten. Die Volkswirtschaftslehre ist nicht die Lehre von der technisch gelungenen Produktion, sondern eine Lehre von den Bedürfnissen, und diese, die stets und immer subjektiv sind, bestimmen den Ertrag einer wirtschaftlichen Handlung. Der Ertrag "fließt" also nicht aus der Arbeit, dem Boden, dem Kapital. Er entsteht nicht, wie die Früchte auf den Bäumen wachsen (siehe die späteren Zitate), sondern er ist die Ursache eine Wertschätzung der von jenen Faktoren geschaffenen Produkte durch Menschen, welche dieselben zur Befriedigung von Bedürfnissen benutzen. Daher ist es nicht möglich, der Mitwirkung jedes dieser Faktoren bei der Produktion verschiedene Teile des Ertrages "zuzurechnen", denselben auf die Produktionsfaktoren als "ursächlich wirkende Objekte" zurückzuführen. die "Zurechnungslerhe", welche behauptet, daß die Produktionsfaktoren, Boden, Arbeit, Kapital "als Kosten mit bestimmten Werten in die Produktion eingehen und ihnen daher vom Ertrag ein Wertanteil zugerechnet werden muß" (PHILIPPOVICH), und die "Proportionalitätstheorie" welche behauptet, daß der Ertrag in demselben Verhältnis auf die einzelnen Produktionsfaktoren zurückzuführen ist, in dem dieselben bei der Produktion verwendet werden,' sind meines Erachtens die größten und folgenschwersten Irrtümer, welche die nationalökonomische Wissenschaft bisher aufweist. Daß man diese Anschauungen nicht als falsch erkannt hat, ist umso merkwürdiger, als die neuere Nationalökonomie stets betont, daß die wirtschaftliche Tätigkeit vorgenommen wird zum Zweck der Erzielung von Gewinn, von Ertrag, als allgemein feststeht, daß man eine wirtschaftliche Tätigkeit stets nur dann ausübt, wenn man das Ergebnis höher einschätzt, als die Kosten betragen. In der Erzielung einer möglichst großen Differenz zwischen beiden beruht ja bekanntlich das sogenannte wirschaftliche Prinzip. Zu beachten ist aber, was häufig übersehen wird, daß bei der Wertschätzung und Wertvergleichung nicht nur wirtschaftliche Bedürfnisse, d. h. solche, die auf Gegenstände der äußeren Natur gerichtet sind, in Betracht kommen, sondern auch zahllose andere nicht wirtschaftliche, darunter auch rein negative, z. B. das Bedürfnis nach Ruhe. Alle diese anscheinend inkommensurablen Größen vermag doch der Mensch ganz subjektiv gegeneinander abzuwägen und richtet danach seine wirtschaftliche Tätigkeit, bewertet ihre Ergebnisse, bemißt seinen Ertrag (2). Ein Ertrag wird also erzielt, wenn jemand das fertige Produkt höher schätzt, als die aufgewendeten Kosten betragen. In der tauschlosen Wirtschaft ist dies das wirtschaftliche Subjekt selbst, in der Tauschwirtschaft der Konsument des fertigen Produkts. Natürlich erzielen beim Tausch beide Kontrahenten einen Ertrag und nehmen den Tausch nur vor, wenn eine solche höhere Wertschätzung des im Besitz des anderen befindlichen Tauschgutes vorhanden ist. Wie wird nun aber der Ertrag berechnet? Darüber wäre außerordentlich viel zu sagen, weil die herrschende Theorie über diesen Punkt ganz im Unklaren ist. Hier aber soll das Ergebnis meiner diesbezüglichen Untersuchungen nur insoweit vorgeführt werden, als nötig ist, um klar zu machen, worauf es hier ankommt: daß die allgemeine Anschauung von der "Wertproduktivität" der Produktionsfaktoren, Boden, Arbeit und Kapital, also die Zurechnungslehre, welche die Entstehung des wirtschaftlichen Ertrages ursächlich auf dieselben zurückführen will, unrichtig ist. Die nähere Begründung dieser Anschauungen, die uns auf die Wertlehre zurückführt, folgt im letzten Abschnitt. Auch die Kosten, welche der Ertragsberechnung zugrunde gelegt werden, berechnen sich nach der subjektiven Schätzung des produzierenden Subjekts, und zwar liegt ihnen zugrunde die Wertschätzung des geringst geschätzten Genußgutes, welches das Wirtschaftssubjekt mit den aufgewendeten Produktions- bzw. Erwerbsmittel (sachliche und Arbeit) sich hätte beschaffen können. Wir wollen dieses geringst geschätzte Gut, welches dem Wirtschaftssubjekt also gerade eben noch einen Ertrag liefert, Grenzgenußgut oder Grenzertragsgut nennen. Die Ausdrücke kommen auf dasselbe hinaus. Um was das Wirtschaftssubjekt das hergestellte oder das eingetauschte Genußgut höher bewertet als dieses nur gedachte, nicht tatsächlich vorhandene Grenzgenußgut, das ist sein Ertrag. Kann das Wirtschaftssubjekt mit den aufgewendeten sachlichen Produktionsmitteln kein sonstiges Bedürfnis befriedigen, so kommen dieselben auch für die Kostenrechnung nicht in Betracht, haben keinen Wert. Dann kommt nur die aufgewendete Arbeit in Betracht, die bemessen wird nach dem geringsten Bedürfnis, zu dessen Befriedigung man noch eine gleiche Anstrengung aufwenden würde. Das gilt für alle Arten der Wirtschaft und für alle Arten von Gütern. Die Kosten werden gemessen am Bedürfnis, das dem wirtschaftenden Subjekt, ein mit jenen Kosten herzustellendes Genußgut, das Grenzgenußgut, mindestens befriedigt. Also auch bei der Kostenberechnung eine unbedingte Beziehung auf subjektive Wertschätzungen! Bei Naturaltausch muß man sich davor hüten, den "Wert" des hingegebenen Gutes mit dem Wert des erhaltenen vergleichen zu wollen und in der Differenz den Ertrag zu erblicken; denn einen selbständigen Wert des hingegebenen Gutes gibt es nicht. Es wird vom Verkäufer nur nach dem Ertrag, den er damit erzielt, geschätzt, eine Schätzung, die z. B. bei dauernd brauchbaren Kapitalgütern beim Verkauf derselben, so auch z. B. bei Aktien, die einen Anteil an einer Unternehmung repräsentieren, zum Ausdruck kommt. Für den Gewinn oder den Ertrag ist auch hier maßgebend einerseits die Wertschätzung des erhaltenen Gutes, andererseits die Wertschätzung des Grenzgenußgutes, welches das wirtschaftende Subjekt mit den aufgewendeten Kosten (Produktionsmitteln) sich hätte beschaffen können. Hat das Wirtschaftssubjekt sich die hierbei benutzten Rohstoffe selbst wieder eingetauscht, so ist die Grundlage der Kostenberechnung einmal die Wertschätzung des Grenzgenußgutes, das man sich mit dem zur Erlangung des Rohstoffs hingebenden Produkt hätte verschaffen können, zweitens die Wertschätzung des Grenzgenußgutes, das man sich mit der aufgewendeten Arbeit hätte verschaffen können. In der auf Geld beruhenden Tauschwirtschaft ist die Ertragsberechnung durch diesen allgemeinen Wertmaßstab sehr erleichtert, und daher hat sich erst hier Arbeitsteilung und Tausch in einem größeren Umfang entwickeln können. Man vergleicht hier einfach das Geldergebnis aus dem Tausch mit den Geldaufwendungen für den Tausch und bezeichnet die Differenz als Gewinn oder Ertrag. In Wahrheit aber verdunkelt diese Art der Ertragsberechnung den wirklichen Tatbestand, die stets vorhandene Beziehung auf die Bedarfsbefriedigung der wirtschaftenden Subjekt. Man muß sich eben vorstellen, daß der Tausch eigentlich erst vollendet ist und das wirtschaftende Subjekt einen Ertrag erzielt hat, wenn es für das beim Verkauf einer Ware empfangene Geld ein anderes Gut angeschafft hat, auf das sein Bedürfnis gerichtet war. Da dies nicht immer mit der gleichen Geldsumme geschieht, die man beim Verkauf eines Tauschgutes erzielt hat, also die durch das Geld getrennten beiden Tauschakte nicht immer zusammenfallen, verliert das Geld im Bewußtsein der großen Menge seinen Charakter als bloßes Tauschmittel und wird selbst zum Tauschgut. Das Wirtschaftssubjekt sollte eigentlich rechnen: die bei der Herstellung des Tauschgutes aufgewandten Mittel haben mich in Geld x Mark gekostet. Ich hätte mir dafür bestimmte Bedürfnisse befriedigen können, von denen das geringste, das mir gerade noch einen Vorteil gewährt, für dessen Erlangung ich eben noch die Beschaffung des Tauschgutes verwandten Mittel aufgewendet haben würde, mir ein Bedürfnis von der Stärke x1 befriedigt haben würde. Der Verkauf brachte mit y Mark, ich kann mir dafür Bedürfnisse von so viel größerer Intensität befriedigen. Die Differenz der beiden Bedürfnisgrade und der darauf beruhenden Wertschätzung der Güter ist der Ertrag. Tatsächlich aber geht die Bezugnahme auf die eigenen Bedürfnisse ganz verloren, da mit dem Besitz einer bestimmten Geldsumme die Befriedigung einer genau bekannten Summe von Bedürfnissen sicher gestellt ist; der Ertrag wird einfach in der Geldsumme, die zur Befriedigung von Bedürfnissen verwandt werden kann, ausgedrückt. Vom Rohertrag in Geld bleibt nach Abzug des für Produktionskosten zu zahlenden Geldes der Reinertrag in Geld übrig. Das ändert aber nichts daran, daß auch hier die Ertragsberechnung vollkommen subjektiv mit Rücksicht auf die Bedürfnisse erfolgt, die sich das wirtschaftende Subjekt einerseits mit demselben Aufwand an Kosten, der zur Beschaffung seines Tauschgutes erforderlich war, mindestens hätte befriedigen können, andererseits mit der erhaltenen Geldsumme tatsächlich befriedigt hat. Daß in der entwickelten Geldwirtschaft die Berechnung der Kosten der Herstellung und Beschaffung von Produkten verhältnismäßig leicht ist, hat offenbar viel zu der irrtümlichen Auffassung beigetragen, daß jede Verwendung von Kapital und Arbeit von sich aus einen wirtschaftlichen Ertrag liefert.' Denn tatsächlich irren sich ja die im Wirtschaftsleben stehenden Personen nur selten, weder über ihre Produktionskosten noch über die durchschnittlichen den Preis bestimmenden Wertschätzungen der Käufer. Immerhin bleibt die Verwechslung von technischer und wirtschaftlicher Produktivität der Arbeit und des Kapitals und die Verkennung der Tatsache, daß, wie der Wert eines jeden Gutes, so auch der Gewinn oder Ertrag, der damit erzielt wird, von der Wertschätzung dessen abhängt, der damit ein Bedürfnis befriedigt, eine merkwürdige Erscheinung, die nur dann gewissermaßen erklärbar wird, wenn man daran denkt, daß auch ein so selbstverständlicher Irrtum, wie die Vorstellung des Äquivalententauschs, bis in die neueste Zeit hinein ein allgemeines Dogma bleiben konnte. In der entwickelten Verkehrswirtschaft tritt nun der Zustand ein, der am meisten dazu beigetragen hat, das Wesen der Ertragserzielung zu verschleiern, daß nämlich jederzeit viele Anbieter eines Produktes vielen Nachfragenden gegenüberstehen' und daß sich feste Marktpreise bilden. Dann zahlt nämlich nicht mehr jeder Käufer einen seiner subjektiven Wertschätzung entsprechenden Preis, sondern nach den bekannten von MENGER in klassischer Weise entwickelten Grundsätzen der Preisbildung wird bei freier Konkurrenz der Preis für alle Käufer begrenzt durch die Wertschätzung des letzten noch zum Tausch kommenden Käufers und die Kosten (3) des tauschfähigsten unter den vom Verkauf bereits ausgeschlossenen Verkäufern. Dies beeinflußt aber in keiner Weise die Tatsache, daß auch hier der Ertrag eines Produkte verkaufenden Subjekts nie ursächlich auf die verwendeten Produktionsfaktoren zurückgeht, sondern daß er sich aus der höheren Wertschätzung der Produkte seitens der Käufer gegenüber der durch die Produktionskosten bestimmten unteren Tauschgrenze des Verkäufers erklärt. Daß man stets geglaubt hat, den Ertrag der wirtschaftlichen Tätigkeit auf die verwandten Produktionsmittel ursächlich und proportional zurückführen zu können, beruth also auf einer Verwechslung von Technik und Wirtschaft. Auf die Produktionsmittel - und alle Produktionsmittel, auch die Arbeit beruhen im letzten Grund auf Naturkräften - gehen nur die Produkte zurück. Ein Gewebe entsteht nur durch die Einwirkung von Kapitalgütern, Spinnmaschinen, Webstuhl usw. und Arbeit auf den von der Natur gelieferten Rohstoff, und auch in diesen Einwirkungen kommen verschiedene Naturkräfte zur Entfaltung. Sie sind die Ursache des Gewebes, aber sie sind nicht die Ursache davon, daß dasselbe ein wirtschaftliches Gut wird. Diese Ursache ist immer die Empfindung eines Bedürfnisse seitens der Menschen, das infolge des Bewußtseins der Abhängigkeit von den Gegenständen der Außenwelt und ihres beschränkten Vorkommens zu Wertvorstellungen führt. Diese Wertvorstellungen und Wertgleichungen sind die eigentlichen wirtschaftlichen Handlungen des Menschen. Sie sind erst wieder die Ursache aller technischen Tätigkeit, die entweder das wirtschaftliche Subjekt selbst vornimmt oder aufgrund der Wertschätzung der Konsumenten andere Personen für die Bedürfnisbefriedigung jener vornehmen. Produktionsmittel sind also wohl die Ursache des Gewebes, aber wirtschaftliche Erwägungen, Wertvergleiche sind wiederum die Ursache davon, daß die Produktionsmittel überhaupt angewendet werden, daß wir dem Gewebe einen Wert zuschreiben und mit demselben einen wirtschaftlichen Erfolg oder Gewinn, einen Vermögenszuwachs erzielen.' Der Wert des Produktes und der mit ihm erzielte Vermögenszuwachs geht ebenso wenig ursächlich auf die Produktionsmittel zurück, wie man etwa einen Knüppel als Ursache eines Mordes bezeichnen kann. Es ist dies nicht etwa eine Wortklauberei, die mit der Bezeichnung Ertrag getrieben wird. Auf das Wort Ertrag kommt es dabei gar nicht an, wenn man dieses Wort gern für den technischen Erfolg allein anwenden will, wie man von einem Ertrag des Bodens spricht, wenn man die Erzeugnisse meint, so möge man für den wirtschaftlichen Ertrag das Wort Gewinn oder Vermögenszuwachs verwenden. Nur ist es nötig, beides auseinanderzuhalten, und mir kam es darauf an, zu zeigen, daß das heute regelmäßig nicht geschieht.(4) Dies beweist auch schon die Anwendung der Bezeichnungen Roh- und Reinertrag. Technisch gibt es keinen Roh- oder Reinertrag, technisch sind Ertrag eben die Produkte, z. B. die Erzeugnisse des Bodens, und wenn wir sie als Rohertrag bezeichnen wollen, als Reinertrag aber das erlöste Geld nach Abzug der Gewinnungskosten in Geld, so verwechseln wir eben Technik und Wirtschaft, Produkt und Wert des Produkts. Wenn wir vom Reinertrag sprechen und damit an Wert und Gewinn denken, also das Wort im wirtschaftlichen Sinn gebrauchen, müssen wir auch unter Rohertrag nicht die Produkte, sondern den Wert der Produkte verstehen, dürfen dann dieses Wort nicht im technischen Sinn verwenden. Das erscheint so selbstverständlich, daß man sich fast scheut, es auszusprechen. Aber leider ist in der Nationalökonomie immer das Selbstverständliche am längsten verkannt worden und ein Blick in jedes nationalökonomische Lehrbuch zeigt, daß diese Verwechslungen ganz allgemein sind. Nur mit Bezug auf Wertvorstellungen kann man also von Rohertrag, Reinertrag und Kosten sprechen und es ist daher ein logischer Fehler, wenn man beim Rohertrag technisch an Produkte, beim Reinertrag wirtschaftlich den den Gewinn, den Wertüberschuß der Genußgüter über die aufgewendeten Kosten denkt. Eine reiche Obsternte ist kein Rohertrag und kein Reinertrag, sondern bloß technischer Ertrag, ein Erzeugnis. (Wirtschaftlicher) Rohertrag sind in der isolierten Wirtschaft die Wertschätzungen der Früchte durch die Konsumenten, in der Geldwirtschaft das aufgrund solcher Wertschätzungen der Konsumenten von ihnen dafür hingegebene Geld. Reinertrag ist in der tauschlosen Wirtschaft eine bloß gedachte Wertgröße, indem man nämlich den Wert, den man den tatsächlich geernteten Früchten beilegt, mit dem Wert eines Grenzertragsgutes vergleicht, d. h. eines Gutes, für dessen Erlangung das Wirtschaftssubjekt noch gerade die Anstrengungen oder Aufwendungen vornehmen würde, die es für die Gewinnung der geernteten Früchte tatsächlich aufgewendet hat, also die Differenz zwischen dem Wert der tatsächlich erzielten Güter und dem Wert des gedachten Grenzertragsgutes. In der Geldwirtschaft ist dieser Reinertrag einfach zu bemessen, weil nicht nur der Wert der Früchte für den Konsumenten bzw. der durch diesen Wert bestimmte Preis in Geld seinen Ausdruck findet, sondern auch die Produktionskosten bzw. der Wert eines ihnen entsprechenden Grenzertragsgutes in Geld leicht ausgedrückt und aus der Differenz dieser Geldsummen der Reinertrag festgestellt werden kann. Auch der Begriff der Kosten ist also, wie dieses Beispiel deutlich zeigt, ein Wertbegriff. Kosten sind niemals Produkte oder Produktionsmittel, auch nicht die Arbeit, sondern der Wert der Produktionsmittel oder der Wert der Arbeit.' Daher ist es zumindest irreführend und leistes der Verwechslung von Wirtschaft und Technik Vorschub, wenn PHILIPPOVICH, der herrschenden Anschauung folgend, sagt: "Das Ziel der Wirtschaft ist: Produktion mit den geringsten Kosten zu Zweck des größten Ertrags und Einkommens". Produktion ist nie Ziel der wirtschaftlichen Tätigkeit, auch nicht wenn man darunter wie PHILIPPOVICH die "Herstellung von Brauchbarkeiten" versteht. Denn brauchbar sind, um ein späteres Beispiel schon hier zu verwenden, auch 100 000 Winterröcke, und es ist möglich, daß 100 000 Winterröcke auch mit viel geringeren Kosten per Einheit hergestellt werden können als z. b. 1000. Und doch kann es wirtschaftlich höchst unrationell sein, 100 000 Winterröcke herzustellen, und trotz geringerer Kosten per Einheit wird das Wirtschaftssubjekt, das so viel produziert, vielleicht gar keinen wirtschaftlichen Erfolg, keinen Gewinn erzielen. Sondern es kann wirtschaftlich zweckmäßig sein, nur 1000 Winterröcke herzustellen und zwar deswegen, weil zwar 100 000 Menschen einen Bedarf an Winterröcken haben und auch so viele brauchbar sind, aber von 99 000 Menschen die Wertschätzungen so niedrig sind, daß es vorteilhafter ist, nur 1000 herzustellen und statt dessen Arbeit und Kapital, also Kosten, auf die Herstellung anderer Produkte zu verwenden, für die höhere Wertschätzungen vorhanden sind. Die wichtigen Konsequenzen, welche sich daraus hinsichtlich der Bedeutung der Kosten für Wert und Preis der Produkte ergeben, sollen im letzten Abschnitt erörtert werden. Hier kam es nur darauf an, zu zeigen, daß wirtschaftliche und technische Begriffe weit auseinanderfallen, daß die Volkswirtschaftslehre es nur mit den wirtschaftlichen Erscheinungen zu tun hat, die immer die Ursache aller technischen Tätigkeiten sind, daß daher ein wirtschaftlicher Erfolg nie ursächlich auf technische Vorgänge, auf Produkte und Produktionsmittel einschließlich der Arbeit zurückgehen kann, sondern daß die Ursache allen wirtschaftlichen Erfolges und allen wirtschaftlichen Handelns Wertvorstellungen sind, mit denen die Menschen die zur Befriedigung ihres Bedarfs dienenden Gegenstände ihrer Bedeutung nach abwägen. ![]() ![]()
1) DIETZELs theoretische Sozialökonomik, wohl die eindringendste Untersuchung der sogenannten Grundbegriffe, ist leider überhaupt nicht bis zur Lehre vom Ertrag und Einkommen gediehen. 2) Näheres darüber in Abschnitt IV. 3) Wie aber diese Kosten selbst wieder auf Wertschätzungen anderer Konsumenten zurückgehen, wird in Abschnitt IV gezeigt werden. 4) Wir werden unten näher sehen, daß und warum diese Verwechslung von Wirtschaft und Technik alle Grundbegriffe der Nationalökonomie durchzieht. |