ra-2R. StolzmannR. LiefmannN. BucharinH. CohnA. Lindwurm    
 
ROBERT LIEFMANN
Wirtschaft und Technik
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"Vom Standpunkt der Wirtschaft sind auch die  Mittel  stets ein  Schätzungsbegriff,  und wir haben so auf einem anderen Weg gefunden, daß die Mittel, wirtschaftlich Kosten genannt, nie als eine  Gütermenge  aufgefaßt werden dürfen, daß vielmehr dieser  psychische  Kostenbegriff streng festzuhalten ist. Für die Wirtschaft sind daher Mittel keine Gütermenge und daher auch keine Geldmenge, quantitativ betrachtet, sondern die  Schätzung  dieser Güter- oder Geldmenge. Das ist, so regelmäßig es auch bisher verkannt wurde, für die Güter ganz selbstverständlich. Für das Geld wird es nur dadurch verdunkelt, daß die Erwerbswirtschaften heute von einem Geldkapital ausgehen und einen Geldbetrag erstreben, und damit anscheinend die wirtschaftlichen Erwägungen abgeschlossen sind. Aber eben nur scheinbar."


3. Die Mittel der Wirtschaft

Ich möchte mich hier auch gegen einen Punkt der herrschenden Theorien wenden, den deren Anhänger mit großer Zähigkeit verteidigen, weil sie bemerken, daß die Leistungen dieser Theorien in ein noch viel schlechteres Licht treten, wenn man ihn nicht aufrechterhalten kann. Es ist die Voraussetzung, die die herrschenden Theorien immer machen, bei der Erklärung wirtschaftlicher Erscheinungen  von einem gegebenen Gütervorrat auszugehen.  Könnte man die Aufgabe der Wirtschaft in dieser Weise begrenzen, so würde das die Aufgabe der Theorie wesentlich vereinfachen. Da man aber auch unter dieser Voraussetzung noch nicht damit fertig wurde, so dachte mach überhaupt nicht an die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Probleme lösen zu können, ohne daß eine bestimmte Gütermenge als gegeben vorausgesetzt wird.

Es ist aber kein Zweifel und ergibt sich durch die einfachste Beobachtung, daß das bei der eigentlichen Aufgabe der Wirtschaft nicht der Fall ist, daß es sich hier um die Frage handelt:  wieviel Kosten werden aufgewendet?  wobei allerdings Kosten keine Gütermenge, sondern höchstens die  Schätzung  einer solchen, im letzten Grund aber Arbeitsmühen sind, die zwar nicht unbeschränkt vorhanden, aber eigentlich überhaupt nicht schon "vorhanden", jedenfalls nicht  in bestimmter Menge gegeben  sind. Es scheint mir einer der Grundfehler der bisherigen Theorien, daß sie das verkennen, daß sie glauben, bei der Erklärung der wirtschaftlichen Erscheinungen von  gegebenen Mitteln,  einem  gegebenen Gütervorrat  ausgehen zu dürfen. So beruth die ganze Grenznutzenlehre mit ihrer "subjektiven Wert"-Auffassung darauf, daß der Wirtschafter sich im Besitz eines bestimmten Güterquantums befindet, dessen Einheit er nach dem "Grenznutzen", dem Nutzen der letzten Einheit bewertet. Ginge man hier nicht von einer gegebenen Gütermenge aus, so wäre die ganze Bestimmung eines solchen "Wertes" durch den Grenznutzen nicht möglich. Das geht durch die ganze österreichische Theorie hindurch: beim Tausch und bei der Preisbildung werden Anbieter und Nachfragende mit gegenseitig genau bekannten gegebenen Gütermengen einander gegenübergestellt, und die österreichische sogenannte Preistheorie ist nichts anderes als die Feststellung der Grenzen, innerhalb deren so bei gegebenen Gütermengen und gegebenen Wertschätzungen für die Güter auf beiden Seiten ein Tausch möglich ist.

Dieses Ausgehen von gegebenen Gütermengen bei der Erklärung der wirtschaftlichen Erscheinungen ist aber nicht etwas der Grenznutzenlehre Eigentümliches. Es findet sich vielmehr in der ganzen bisherigen Nationalökonomie. Hunderte von Stellen könnten angeführt werden. Die Grenznutzenlehre hätte nur mit ihrem Anspruch: eine "subjektive" Theorie zu sein, viel mehr Veranlassung aufzugeben. Dagegen ist er neuerdings noch von den typischen Quantitätsnationalökonomen, CLARK, SCHUMPETER ins Extrem getrieben worden, die überhaupt die Volkswirtschaft nur als ein System voneinander unabhängiger Güterquantitäten auffassen.

Der Ausgangspunkt von einem gegebenen Gütervorrat oder überhaupt gegebenen Mitteln bei der Erklärung der wirtschaftlichen Erscheinungen ist aber auch noch nie bestritten worden; daß hier ein Problem vorliegt, über das man verschiedener Meinung sein könnte, ist noch nie erkannt worden. Das ist die Folge der bisherigen materialistisch-quantitativen Auffassung, die gar nicht auf den Gedanken kam, daß die wirtschaftliche Aufgabe ja gerade darin besteht, zu erklären,  unter welchem Gesichtspunkt und in welchem Umfang der Wirtschafter Mittel aufwendet und sich Güter beschafft,  in welcher Weise er mit anderen Worten  Kosten  auf die Befriedigung seiner verschiedenen Bedürfnisse verwendet. Daß darin die Aufgabe der Wirtschaft besteht, wurde erst klar vom Standpunkt meiner psychischen Auffassung der Wirtschaft, welche ihr Wesen in einem Vergleich verschiedener Nutzen an den Kosten erblickt. Diese Kosten sind nun aber keine Gütermenge - das ist eben der Unterschied von der bisherigen Auffassung - sondern diese Kosten sind Unlustgefühle, Anstrengungen, Arbeitsmühe, oder wie man das bezeichnen will, kurz, ebenfalls ein  Schätzungsbegriff.  Und bei dieser Zurückführung des Wirtschaftlichen auf solche psychische Erwägungen ergibt sich, daß diese Unlustgefühle, Arbeitsmühe nicht  gegeben  sind, sondern daß, während der Nutzen, Genuß mit wachsender Befriedigung an Stärke abnimmt, mit wachsenden Aufwendungen  an Stärke zunehmen.  Daß die Wirtschaft es mit Nutzen und Kosten zu tun hat, ist ja auch schon früher gelegentlich, insbesondere von DIETZEL, erkannt, aber nie konsequent festgehalten worden. Man hätte sonst erkennen müssen, daß für die wirtschaftliche Aufgabe eine bestimmte Menge weder an Gebrauchsgütern noch an Gütern entfernterer Ordnung (Kostengüter) als gegeben angenommen werden darf, sondern daß bei jeder Wirtschaft die erste Aufgabe darin besteht, zu erwägen: Wieviel Kostengüter beschaffe ich mir zur bestmöglichen Befriedigung meiner Bedürfnisse? d. h. nichts anderes als, wieviel Arbeitsmühe und Opfer an Sachgütern kann ich dafür aufwenden? Das gilt selbst für diejenigen heutigen Erwerbswirtschaften, die mit einem großen stehenden Kapital arbeiten. Hierbei ist allerdings in der Fabrik eine bestimmte Menge an Kostengütern gegeben, aber der Wirtschafter hat immer noch zu erwägen, ob er neue Maschinen aufstellen, wieviele Arbeiter er einstellen, wieviele Rohstoffe er einkaufen soll.

Jedenfalls besteht die primäre Aufgabe der Wirtschaft, die nicht, wie die moderne selbständige Erwerbswirtschaft, bei der Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten bei Geldausdrücken stehen bleibt, darin, zu erwägen, wieviele ansich nicht gegebene Kosten, im letzten Grund Arbeitsmühe, auf die Befriedigung ansich unbeschränkter Bedürfnisse, die aber an Stärke immer mehr abnehmen, verwandt werden sollen. Das ist das letzte, eigentliche Problem der Wirtschaft, ein Problem, dessen mathematische Erfassung außerordentlich schwierig, wenn nicht unmöglich ist, ein Problem, das die bisherigen Theoretiker für unlösbar erklärten, und sich daher gar nicht stellten, und dessen Lösung auch nur mit einer  psychischen  Auffassung der Wirtschaft und mit dem so aufgefaßten Ertragsbegriff möglich ist. Denn  die Lösung beruth letzten Endes nur darauf, daß nicht befriedigte Nutzen als Unlustgefühl,  oder umgekehrt  aufgewendete Kosten als entgangener Nutzen aufgefaßt und dadurch direkt miteinander verglichen werden können. 

Hat man dieses Problem und seine Lösung durch das Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge einmal erkannt, dann kann man auch berücksichtigen, daß im Wirtschaftsleben auch Fälle vorkommen, wo mit gegebenen Kostengütern gewirtschaftet werden muß (18). Die Erkenntnis des Grundproblems, wie bei  nicht gegebenen Kosten,  also bei der Frage, wieviel Arbeitsmühe, Opfer aufgewendet werden sollen, das wirtschaftliche Handeln sich vollzieht, ist eben deswegen von so fundamentaler Bedeutung,  weil das gleiche Problem auch im Tauschverkehr bei der Preisbildung wiederkehrt.  Es ist eines der wichtigsten, offenbar aber bisher nur von wenigen verstandenen Ergebnisse meiner Theorie, daß sie zeigt,  wie das Organisationsprinzip der Einzelwirtschaft, das das wirtschaftliche Handeln des Einzelnen regelt, und das des Tauschverkehrs ganz dasselbe sind.  Auch beim Tausch, auch bei der Preisbildung sind Nutzen, hier Nachfrage genannt, und Kosten, hier Angebot,  nicht gegebene Größen,  sondern das Problem ist,  wie es bei einer ansich unbegrenzten, an Stärke aber immer mehr abnehmenden Nachfrage zu einem Angebot, d. h. zu Kostenaufwendungen kommt. 

So oft ich dies auch schon betont habe, daß wirtschaften nicht über gegebene Mittel zu disponieren bedeutet, sondern daß die "Mittel", über die disponiert wird, die letzten Kosten: Arbeitsmühe, Opfer, kurz ein Schätzungsbegriff sind, von denen kein gegebener Vorrat vorhanden ist, so wird dies von den Vertretern der herrschenden materialistischen Auffassung doch immer wieder verkannt. Das gilt auch von den Kritikern meiner Theorie; keiner von ihnen hat es vermocht, wie die verschiedensten Stellen beweisen, sich auf meinen Ausgangspunkt zu stellen. Es liegt dies offenbar daran, daß es ihnen allen mehr darum zu tun ist, ihre eigenen Schriften gegenüber meinen Theorien zu verteidigen, als sich in meinen Ideenkreis hineinzuversetzen. Deshalb kommen sie eben von dem ihrigen - und das ist die herrschende materialistische Auffassung mit ihrer Konsequenz, den gegebenen Mitteln - nicht los. Es ist hier einer der Gründe, weshalb ein großer Teil der gegen meine Theorie erhobenen Einwände vorbeitrifft. Sie haben weder das Problem, das ich als das wirtschaftliche erkenne, geschweige denn den Gedanken seiner Lösung richtig erfaßt. Dafür will ich einige Beispiele anführen, wobei ich mich auf diesen einzigen Punkt:  gegebene Mittel  beschränke, dessen Annahme das Wesen der wirtschaftlichen Aufgabe, wie ich sie auffasse und wie sie auch zweifellos vorliegt, verkennt. So sagt von ZWIEDINECK a. a. O., Seite 35:
    "Übrigens verliert die rein privatwirtschaftlich orientiert sein wollende Betrachtungsweise ein wichtiges Element ihrer Unterlage, wenn man wie  Liefmann  vom Vorhandensein von Güterquantitäten bei den Wirtschaftssubjekten absehen zu können glaubt. Die verkehrswirtschaftlichen Vorgänge ... sind doch wohl nicht zu erfassen ohne die Voraussetzung, daß die Wirtschaftssubjekte über Güter verfügen, die sie ihrerseits in den Verkehrsprozeß einwerden.  Liefmanns  Polemik gegen  Schumpeter  ist nach dieser Seite meines Erachtens verfehlt."
Darauf ist zu sagen: Wenn man vom Vorhandensein von Güterquantitäten bei der einzelnen Ware "absieht", so vereinfacht das nicht das Problem, wie ZWIEDINECK zu meinen scheint, sondern erschwert es ganz außerordentlich, so sehr, daß sich die bisherige Theorie, die eben immer nach den Güterquantitäten fragte, es sich gar nicht zu stellen wagte. Denn von der materialistisch-quantitativen Auffassung aus ist es in der Tat unlösbar. Wir brauchen aber auch gar nicht von diesen im Besitz der Wirtschafter befindlichen Güterquantitäten abzusehen. Wir können ruhig annehmen, wie ich es auch tue, daß die tauschwirtschaftlichen Subjekte während ihrer Tätigkeit schon Mittel zum Lebensunterhalt haben. Wir brauchen mit anderen Worten nicht anzunehmen, daß der Wirtschafter seine gesamte Tätigkeit gerade erst jetzt beginnt. Aber dieser Lebensmittelvorrat ist nicht Gegenstand unserer Betrachtung. Wir haben es eben überhaupt nicht mit Güterquantitäten, sondern mit Schätzungsbegriffen zu tun, und das Problem ist, wie disponiert man über Kostenaufwendungen, d. h. Arbeitsmühe und eventuell Opfer von Sachgütern, um sich möglichst viel Genuß zu verschaffen. Da dürfen wir nicht mit schon im Besitz der Wirtschafter befindlichen Güterquantitäten, vor allem auch natürlich nicht mit Tauschgüterquantitäten operieren. Denn: wo bleibt das Wirtschaften und was bleibt dann eigentlich noch zu erklären, wenn in der Einzelwirtschaft jeder, wenn er zu wirtschaften beginnt, die Güter, die er braucht, schon hat, und in der Tauschwirtschaft jeder schon mit produzierten Gütern dasteht? Dann kommt man zu jener zahlenmäßigen Feststellung von Preisgrenzen, die die Österreicher "Preistheorie" zu nennen belieben und die ich schon in meinem Aufsatz über die Entstehung des Preises charakterisiert habe (19).

Das Ausgehen von einer gegebenen Gütermenge in der Einzelwirtschaft sowohl wie im Tauschverkehrt widerspricht nicht nur dem Wesen der Wirtschaft, die es eben nicht mit Gütermengen, sondern mit  Schätzungen  von Gütern und Arbeitsleistungen zu tun hat, sondern es verkennt auch die fundamentale wirtschaftliche Aufgabe, die in der Einzel- und in der Tauschwirtschaft zu erklären ist, unter welchen Gesichtspunkten und bis zu welcher Grenze Kosten auf ein Gut, besser: auf die Befriedigung eines Bedürfnisses aufgewandt werden. Daß die bisherige Theorie das ignorierte, ist auch ganz einfach nichts anderes als eine Ausflucht. Von der materialistischen Auffassung der Wirtschaft aus konnte man natürlich zu jenen Erwägungen kommen, die eben die Wirtschaft ausmachen und einen Menschen bestimmen, Kosten, Arbeitsmühe, auf dieses oder jenes Gut zu verwenden. Daher mußte sie jeden Menschen im Besitz bestimmter Güterquantitäten sehen und von da war es nur ein konsequenter Schritt, mit den Klassikern und dem Sozialismus zur Lehre vom Äquivalententausch zu kommen oder mit CLARK und SCHUMPETER die ökonomische Theorie als die Lehre von den Veränderungen in den Güterquantitäten anzusehen. Wie die Tauschvorgänge sich vollziehen, ohne daß die Angebots- und Nachfragemengen gegeben sind, dieses Problem konnte die quantitativ-materialistische Theorie mit Recht gar nicht zu stellen wagen, und so faßte man auch den Begriff des Wirtschaftens selbst auf als "einen begrenzten Mittelvorrat verwenden".

Bei der Erklärung der wirtschaftlichen Erscheinungen von gegebenen Mitteln ausgehen, bedeutet aber im letzten Grund nichts anderes als den fundamentalen logischen Fehler, die Kosten statt als Schätzungsbegriff als  Quantitätsbegriff  anzusehen, einen Fehler, den, wie gesagt, alle Theorien, ob objektiv oder subjektiv, in gleicher Weise teilen. Ich könnte natürlich, will mich aber hier auf meine Kritiker beschränken, um an ihnen zu zeigen, daß dieser Fehler so eingewurzelt ist, daß auch sie trotz meiner verschiedenen Hinweise auf meinen anderen Standpunkt, sich von jenem nicht zu befreien und auf den meinigen zu stellen vermochten.

So sagt z. B. von ZWIEDINECK gleich zu Beginn der Wiedergabe meiner Ideen (Seite 5):
    "Der Hauptinhalt der  Liefmannschen  Preistheorie gipfelt darin: ... das Individuum läßt sich bei seinen verkehrswirtschaftlichen Entschließungen (nur dabei!?) nicht von einem absoluten Nutzen bestimmen, sondern vom Nutzen verglichen mit den Kosten, und der Wirtschafter wird danach mit  gegebenen Mitteln  (!) die größte Bedarfsbefriedigung dann erlangen, wenn der Erfolg der letzten Teilquantität eines jeden Gutes, d. h. sein Grenzertrag, bei allen ungefähr gleichgroß ist."
Dann weiter, wenn er Seite 9 und Seite 38 nachzuweisen versucht, was er inzwischen durch meinen Aufsatz über das "Wesen der Wirtschaft" schon selbst als ganz verfehlt erkennen wird, daß DIETZEL und HERMANN das Wesen der Wirtschaft auch schon so aufgefaßt haben wie ich. Ich brauche dem in jenem Aufsatz Gesagten kein Wort mehr hinzuzufügen, um das zu bestreiten, hier sei nur erwähnt, daß beide Schriftsteller auch gerade an den von ZWIEDINECK zitierten Stellen ausdrücklich von einem "vorhandenen Mittelvorrat" und einem "gegebenen Quantum wirtschaftlicher Mittel" sprechen (20). Dieser Irrtum über meine Auffassung des Wirtschaftlichen und die wirtschaftliche Aufgabe ist auch die Grundlage für seine Polemik gegen meine Behauptung, es sei keine Nutzen- sondern eine Kostenschätzung, wenn ich erkläre, den ersten Apfel, den ich esse, schätze ich am wenigsten. Da die wirtschaftliche Aufgabe nicht darin besteht, über ein gegebenes Quantum Äpfel zu disponieren, sondern in der Frage,  wieviele Äpfel ich mir beschaffe,  wieviel  Kosten  ich auf die Erzielung dieses Genusses verwende, kann man niemals von einem absoluten Genuß und dem Gesetz des abnehmenden Genusses (Gossensches Gesetz) abstrahieren. Weiter Seite 13: "Der Wirtschafter ist der Haushalter, der über die  verfügbaren Mittel  disponiert." Und schließlich beruth auf der so eingewurzelten Auffassung, daß bei der Wirtschaft die Mittel gegeben sind, auch jene Verkennung des Zwecks meiner Preistheorie, die ich von niemandem, insbesondere aber nicht von einem Autor wie ZWIEDINECK für möglich gehalten hätte (Seite 52):
    "Liefmanns Theorie ist nicht, was er in ihr sieht (!), eine Preistheorie im Sinne des statistischen Problems, aus  gegebenen Daten  auf Angebot- und Nachfrageseite den Schlüssel für die Ermittlung des künftigen Preises zu gewinnen" usw.
Dabei hat ZWIEDINECK selbst . a. O. (z. B. Seite 46: richtig betont, worauf ich immer auf das Nachdrücklichste hinweise, daß das Problem der Entstehung des Preises darin besteht, wie gegenüber einer nicht genauer bekannten Nachfrage  es zu einem Angebot kommt! 

Auch OSWALT hindert die übliche quantitative Auffassung der Wirtschaft, einen Vorrat an Mitteln als gegeben anzusehen, sowohl in seiner Schrift als auch in der Kritik meines "Ertragsgedankens" an der richtigen Erfassung der wirtschaftlichen Aufgabe und meiner Grundgedanken. Er sagt z. B. in seiner Kritik (Seite 384):
    "Der objektive Zweck jeder Wirtschaft besteht darin, daß die Konsumenten das höchste Maß an Bedarfsbefriedigung erreichen, das sie nach Maßgabe der objektiv gegebenen Verhältnisse überhaupt erreichen können."
Ebenso am Schluß (Seite 392):
    "Die verschiedenen Nutzen, die ein Gut leisten kann, in einer Skala anzuordnen, ist Sache der Subjekte; aber wie weit sie auf dieser Skala hinunterzusteigen haben, darüber entscheidet die Größe  des verfügbaren Vorrats an solchen Gütern!" 
Nun habe ich selbst schon zugegeben, daß die Wirtschaftstheorie auch, aber erst in zweiter Linie, einmal eine Gütermenge oder eine Angebotsmenge als gegeben ansehen kann. Wie dann das wirtschaftliche Handeln erfolgt, ist aber eine sehr einfache Sache, nachde, man das viel schwierigere, aber für das Wesen der Wirtschaft sowohl innerhalb der Einzelwirtschaft als auch im Tauschverkehr grundlegende Probleme gelöst hat, in welchem Umfang ihrer Menge nach nicht gegebene Kosten aufgewandt werden. Dieses Problem vermeidet trotz meines ständigen Hinweises darauf OSWALT ebenso, wie es die ganze bisherige Nationalökonomie mit ihrer materialistischen Auffassung außer acht gelassen hat (21). Hätte OSWALT sich dieses Problem vorgelegt, dann hätte er, der im Gegensatz zu ZWIEDINECK den "Ertragsgedanken" ganz abgelehnt hat, aber sonst in vielen meiner Ergebnisse übereinstimmt, bei weiterem Nachdenken erkennen müssen, daß die so gefaßte wirtschaftliche Aufgabe logischerweise nur mit der Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten, d. h. dem Ertragsbegriff, dem Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge, gelöst werden kann.

Schließlich: auch OTTO HEYN, der mir in der Auffassung der Elementartatsachen in manchen Punkten am nächsten kommt - leider ist er über die Erörterungen über den "Wert" überhaupt nicht hinausgekommen - fällt doch trotz seines subjektiven Ausgangspunktes alsbald wieder unter den Einfluß der bisherigen materialistischen Theorie. So wenn er in seiner Kritik meiner Theorie: Nutzen und Kosten als Ausgangspunkte menschlichen Wirtschaftens (Zeitschrift für Sozialwissenschaft, 1914, Heft 3 und 4) Seite 165: sagt:
    "Wirtschaften heißt, wie ich schon 1899 in emeiner Werttheorie (Seite 5) ausgeführt habe: über die  vorhandenen Mittel,  d. h. über das eigene Vermögen (an Arbeitskraft, Geld oder anderen Besitz) so disponieren, daß der Wirtschafter seinen und jedes Menschen Hauptzweck, möglichst viel Wohlbehagen zu besitzen, möglichst vollkommen erreicht!" (Ähnlich Seite 161)
Es ist eben eine Verkennung des psychischen Charakters der Wirtschaft, von  Mitteln (quantitativ gefaßt) auszugehen statt von  Kosten (Unlustgefühlen) und erst recht, sie als gegeben anzunehmen. Jetzt zeigt es sich, daß HEYN, nachdem er anfangs die Kosten richtig psychisch als Nutzeneinbuße aufgefaßt hat, dann doch wieder in die hergebrachte quantitative Auffassung zurückverfällt, ein typisches Beispiel, das bei allen Nationalökonomen, selbst den "subjektivsten", wiederkehrt.

Am Schluß seiner kritischen Erörterungen wendet sich HEYN besonders ausführlich gerade gegen diesen Punkt, also gegen meine Behauptung, daß man bei der Feststellung des Wesens der Wirtschaft nicht von gegebenen Mitteln ausgehen darf. Seine Argumentationen sind so offensichtlich falsch, daß, um diese ganze Auffasung zu widerlegen, man nichts Besseres tun kann, als an sie anzuknüpfen. Sie seien deshalb im Wortlaut angeführt. HEYN zitiert (Heft 4, Seite 251) meine Bemerkung, man dürfe nicht von gegebenen Mitteln ausgehen, denn die Höhe des letzten Mittels, die aufzuwendende Arbeit sei nicht gegeben, und fährt dann fort:
    "Mittel ist niemals die  Arbeit  des Menschen, sondern seine  Arbeitskraft.  Wewnn der Mensch sich entschließt zu arbeiten, so disponiert er über seine Arbeitskraft, die er in Bewegung setzt. Die Arbeitskraft ist aber bei jedem Wirtschafter eine  gegebene,  wenn auch keine unveränderliche Größe. Ebenso sind die anderen Mittel, welche der Wirtschafter verwendet, um seine Zwecke zu erreichen, gegeben, zumindest in ihrem Maximum (22); denn über etwas anderes, als was seiner Disposition untersteht, kann der Mensch nicht disponieren, und dieses selbst ist in jedem Augenblick eine gegebene Größe (23). Der Wirtschafter muß auch bei seinen Entscheidungen im übrigen mit gegebenen Größen rechnen" usw.

    "Wenn jemand z. B. Hunger empfindet oder Musik zu hören wünscht, oder wenn er sich Geld verdienen will, um später irgendwelche Güter zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zu kaufen, so überlegt er sich zuerst, wieviele Mittel er aufwenden muß, um diese Bedürfnisse zu befriedigen, wieviel Brot oder Fleisch er essen muß, um seinen Hunger zu stillen, wieviele Stunden Musik er hören muß, um seinen Bedürfnissen in dieser Beziehung Rechnung zu tragen; wieviel Geld diese Güter kosten und wieviel Geld er daher verdienen und wie lange er deshalb nach dem Marktpreis für seine Tätigkeit arbeiten muß, um zur gewünschten Bedarfsbefriedigung zu gelangen. Er gelangt dann aber in jedem einzelnen Fall zur Feststellung bestimmter Größen. Abgesehen hiervon, findet er auf dem Markt immer bestimmte Größen vor, die er bei seinem Handeln in Betracht ziehen muß.

    Erst wenn diese Arbeit geleistet ist und er alle in Betracht kommenden Momente quantitativ bestimmt hat,  also erst dann, wenn er lauter gegebene Größen hat,  mit denen er rechnet,  kann er anfangen zu wirtschaften,  d. h. kann er erwägen, ob er mit den ihm gegebenen Mitteln (seinem Vermögen) den größten Nutzen erzielt, wenn er sie so oder anders verwendet. Wieviele Mittel (in Wirklichkeit) aufgewendet werden, ist erst das schließliche Resultat dieser aller Möglichkeiten berücksichtigenden Rechnung mit bestimmten "gegebenen" Größen. Es ist also der Theorie kein Vorwurf zu machen, wenn sie stets mit gegebenen Gütern operiert, sondern es ist bei der wirtschaftlichen Schätzung  gar nicht anders möglich.  Etwas anderes ist es, wenn in der  Preistheorie  stets mit gegebenen Größen gerechnet wird. Das wird von  Liefmann  mit Recht getadelt."
Diese ganze Argumentation scheint mir eine bloße Spielerei einmal mit dem Wort "gegeben", dann mit der Bezeichnung "Mittel". Mittel ist auch nicht, wie HEYN meint, die Arbeits kraft,  sondern, wie ich es oft ausdrücke, die Arbeitsmühe, d. h. die Unlustempfindungen, die in jedem einzelnen Fall und bei jeder einzelnen Arbeitsstunde verschieden sind. Diese sind aber in keinem Fall gegeben, der Wirtschafter weiß gar nicht vorher, welche Unlustempfindungen ihm morgen etwa die 8. Arbeitsstunde machen wird und ob er nicht etwa, in der Eigenwirtschaft oder als Akkordarbeiter, schon nach der 7. aufhören wird. Es ist Wortklauberei, wenn behauptet wird, daß die "Arbeitskraft eine gegebene, wenn auch keine unveränderliche Größe" ist. Aber viel wichtiger ist, daß eben die ganze wirtschaftliche Aufgabe völlig verkannt wird, wenn man die Gütermengen als gegeben ansieht. Und erst jetzt erkennt man, wie fundamental sich auch HEYN, trotzdem auch er das Wirtschaften als ein Disponieren bezeichnet, von unserer Auffassung der Wirtschaft unterscheidet. Nach HEYN ist es kein Wirtschaften, wenn ich frage, wieviele Kosten ich im Rahmen meiner gesamten Bedarfsbefriedigung auf die Beschaffung eines Vorrats, etwa eines Zentners Äpfel anwenden darf. Nach ihm beginnt das Wirtschaften erst, wenn ich mich frage, ob ich aus diesem Vorrat heute  1  oder  2  Äpfel essen soll oder ob ich einen Apfel oder lieber eine Birne essen will. Es leuchtet nach dem früher Gesagten ein und ergibt sich auch schon aus der Beobachtung der Tatsachen, daß dies kein Wirtschaften mehr ist, weil hier nicht die Gesamtheit der zu befriedigenden Bedürfnisse den für sie aufzuwendenden Kosten gegenübergestellt werden. Was sind denn nun das für Erwägungen, mit denen man bestimmt, wie die Kostn, in letzter Linie Arbeitsmühe, auf die verschiedenen Bedürfnisse verteilt werden? Es ist absurd, wie HEYN meint, daß man erst anfängt zu wirtschaften, wenn man alle Güter, für die man Bedürfnisse hat, schon hat. Die wirtschaftliche Aufgabe hat ja vielmehr gerade darin ihren Grund, daß ich den Hunger, meine Bedürfnisse nach Musik und alle anderen Bedürfnisse unter Umständen nicht voll befriedigen kann, daß ich nicht von vornherein sagen kann, ich verwende so viele Mittel, bis mein Bedürfnis nach Fleisch - und zwar esse ich natürlich am liebsten das teuerste -, mein Bedürfnis nach Wein - am stärksten ist es natürlich nach dem besten Wein - voll befriedigt ist, sondern daß ich entscheiden muß, wie ich zwar niemals unbeschränkte, aber nicht  gegebene  Kosten, d. h. Aufwendungen, Unlustgefühle nach dem wirtschaftlichen Prinzip auf die Befriedigung meiner Bedürfnisse verteile.

HEYN macht auch den Fehler, vielleicht ohne es zu merken, mit dem Begriff  Mittel  zu wechseln. Zuerst faßt er ihn, wie ich, als Kosten: Mittel ist die Arbeitskraft, dann sind aber Mittel auch die Genußgüter selbst, mit anderen Worten: er ist sich über Zweck und Mittel der Wirtschaft nicht im Geringsten klar. Und er hat auch wohl gar nicht gemerkt, daß er sich selbst widerspricht, wenn er mir auf der einen Seite zugibt, daß "in der Preistheorie nicht mit gegebenen Größen gerechnet werden darf", während er auf der anderen Seite sagt, daß der Wirtschafter "auf dem Markt immer bestimmte Größen vorfindet".

Es zeigt sich jetzt, daß HEYN auch unter Disponieren doch etwas wesentlich anderes versteht, als wir, indem er es erst da eintreten läßt, wenn der Wirtschafter sich schon im Besitz bestimmter Gütermengen, seien es Produktionsmittel, seien es Genußgüter befindet. Es zeigt sich darin, daß er, was ja aus seiner Schrift auch deutlich genug hervorgeht, wie alle anderen ein Vertreter der materialistisch-quantitativen Auffassung der Wirtschaft ist. Wirtschaften ist ihm, mit PHILIPPOVICH, das Produzieren mit den einmal vorhandenen Produktionsmitteln, und der Verbrauch der einmal vorhandenen Güter. Woher diese Güter und Produktionsmittel kommen, wird nicht untersucht, daß anstelle dieser materialistisch-technischen Begriffe die Begriffe  Nutzen  und  Kosten  als Schätzungsbegriffe treten müssen, wird trotz des Titels seines Aufsatzes hier übersehen. In dieser Frage aber und in der Gegenüberstellung dieser Begriffe liegt das Problem der Wirtschaft, und es ist unmöglich, auf der einen Seite von Nutzen und Kosten psychisch aufgefaßt auszugehen, auf der anderen Seite aber all die Gütermengen als schon vorhanden anzusehen , auf deren Beschaffung sich der Nutzen- und Kostenvergleich der Wirtschaftssubjekte erst beziehen.


III. Die Unterscheidung von Wirtschaft
und Technik

Aus unseren Erörterungen ergibt sich, daß Wirtschaft und Technik beide Erscheinungen rationalen Handelns sind, daß aber die Wirtschaft charakterisiert wird durch die Besonderheit des Ziels, daß aus ihm sich die besonders scharfe Gegenüberstellung von Zweck und Mittel ergibt, die das Wesen der Wirtschaft bildet und daraus eine höhere Potenz rationalen Handelns macht. In der Verschiedenheit des Zwecks muß daher auch der Unterschied Wirtschaft und Technik liegen. Betrachten wir daher zunächst den  Zweck  der Technik.


1. Der Zweck der Technik

Es ist nicht richtig, wenn VOIGT sagt, daß das Ziel sowohl der Wirtschaft wie der Technik die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ist. Das war richtig nur vom Standpunkt der heutigen materialistischen Auffassung, die aber eben Wirtschaft und Technik nicht zu unterscheiden vermochte. Dann konnte man den Nutzen, die Bedarfsbefriedigung, sich auch in einer Gütermenge verkörpert denken und einfach betonen, daß je größer die Gütermenge, umso größer die Bedarfsbefriedigung ist. Daß das möglich war und heute noch geschieht, ist aber nur durch die Geldwirtschaft herbeigeführt worden. Hier war dieser Satz für den einzelnen Wirtschafter richtig, er hatte die größte Bedarfsbefriedigung, wenn er am meisten Geld hatte. Der Satz versagte aber schon, wenn man ihn auf die ganze Volkswirtschaft übertragen und von Volksreichtum sprechen wollte. Wenn man aber erkennen will, wie die Bestrebungen des einzelnen Menschen nach Bedarfsbefriedigung den ganzen tauschwirtschaftlichen Organismus in Gang setzen, dann kann man eben nicht bei den Geldausdrücken stehen bleiben, sondern muß auf die psychischen Erwägungen, die den Menschen dabei leiten, zurückgehen. Und in diesen eben besteht das Wirtschaften; die materiellen Tätigkeiten, die auf eine Beschaffung der Güter gerichtet sind, sind nur Technik. Ziel der Wirtschaft ist die Erlangung von möglichst viel Lustgefühl, obgleich wirtschaften nicht immer dann vorliegt, wenn Lustgefühle erstrebt werden, sondern nur dann, wenn dabei verschiedene Nutzen an ihren Kosten verglichen werden. Das Ziel der Technik ist aber sicherlich kein Maximum an Lustgefühl, sondern es ist ein äußerer, materieller, quantitativer Erfolg. Allerdings zeigt die einfachste Beobachtung, daß sehr häufig hinter der Technik die Wirtschaft, ein wirtschaftliches Ziel steht. Aber es muß nicht immer der Fall sein und man kann zweifellos von einem selbständigen Ziel der Technik sprechen, es gibt eine Technik, mindestens als selbständiges Objekt menschlichen Erkennens, auch ohne Wirtschaft.

Es ist aber sicher, daß  Technik und Wirtschaft das sogenannte wirtschaftliche Prinzip gemeinsam haben,  d. h. daß  Beide durch die Gegenüberstellung von Zweck und Mittel definiert werden müssen.  Selbst die denkbar weitesten Begriffe genommen, trifft das zu. In diesem weitesten Sinn ist wirtschaften  = haushalten,  d. h. eine Anwendung des Prinzips des kleinsten Mittels, Technik ist aber gleichbedeutend mit  Verwendung der Mittel,  betrachtet die Verwendung der Mittel,  indem sie bewußt ihren eigentlichen Zweck offen läßt.  In diesem Sinne spricht man von dramatischer Technik, musikalischer Technik, Vortragstechni, Reittechnik, Flugtechnik und dgl. Auch in diesem allgemeinsten Sinn der Technik ist schon, genau wie beim Verhältnis von Wirtschaft und Technik,  eine bestimmte Betrachtungsweise  zugrunde gelegt, die die  Mittel  im Auge hat,  während von einer dahinterstehenden, mehr an den Zweck geknüpften Betrachtungsweise bewußt abstrahiert wird.  Das kommt auch im Sprachgebrauch oft zum Ausdruck, wenn man sagt: das ist nur die technische Seite des Problems, oder: das Drama ist technisch vorzüglich aufgebaut, aber ... Man betont damit die Besonderheit seines Standpunktes, der nicht der letzte, entscheidende des urteilenden Menschen, sondern ein bewußt einseitiger ist. Es ist gewissermaßen ein  Zwischenstandpunkt,  der eingenommen wird während der Tätigkeit des Menschen für den eigentlichen, von ihm erstrebten Zweck. Als Richtschnur für diese Tätigkeit wird vorübergehend statt des eigentlichen Zwecks, der zumeist ein  innerer  ist, ein  äußerer  statuiert, der von einem letzten Zweck aus betrachtet nur Mittel ist. Und  statt der eigentlichen letzten Mittel werden bei der Technik als Mittel Zwischenerscheinungen genommen,  Mittel, die nur vorübergehend bei der letzten Zweckbeschaffung in Anwendung kommen,  "Verfahrensweisen",  z. B. für die dramatische  Kunst  ist die Erhebung des Menschen, die das Drama bewirkt,  Zweck,  das Drama selbst  Mittel.  Für die dramatische  Technik  aber ist das Drama selbst, sein Aufbau der  Zweck,  und Mittel sind gewisse dichterische Kunstgriffe und Methoden,' die bei der Abfassung des Dramas in Anwendung kommen. Zweck des Reitens oder des Fliegens kann ein militärischer, ein sportlicher, auch ein wirtschaftlicher sein, wenn man damit die Bedarfsbefriedigung durch Geldeinnehmen bezweckt. Das Pferd, das Flugzeug sind nur  Mittel.  Bei der Reit technik,  der Flug technik  wird  von einem letzten ZWeck abstrahiert, die Lenkung des Pferdes, des Flugzeugs ist Selbstzweck, Mittel sind gewisse Verfahrensweisen, Hilfen, die dem Pferd gegeben werden können,  um seine Kraft auszunutzen, die Art der Steuerung und Benutzung des Flugzeuges und ähnliches. Ebenso bei der Vortragstechnik und anderem.

Man könnte so vielleicht eine philosophische allgemeine Definition der Technik formulieren:  Technik ist diejenige Betrachtungsweise, die ein für den eigentlichen Zweck des Mensch des Menschen nur als Mittel in Betracht kommendes Objekt selbst als Zweck setzt.  Aber ich halte es nicht für die Aufgabe des Nationalökonomen, Philosophie zu treiben, und wir können von diesem allgemeinsten Begriff der Technik aus zu einem engeren gelangen, indem wir an das schon von uns erkannte Wesen der Wirtschaft anknüpfen. Technik im engeren Sinne und Wirtschaft charakterisieren sich dann  beide  dadurch, daß es sich hier nicht um ein bloßes Neben- oder Hintereinander von Zweck und Mitteln handelt, sondern um eine wirkliche  Gegenüberstellung, ein Vergleichen beider.  Dies erst scheint mir die Grundlage des  rationalen Handelns zu sein.  Wir können es aber hier dahingestellt sein lassen, ob man unter rationalem Handeln jede Gegenüberstellung von Zweck und Mitteln oder diese Gegenüberstellung  nur in Verbindung mit dem Maximum- oder Minimumprinzip verstehen will:  Maximum an Erfolg oder (und) Minimum an Mitteln. Oder ob man drei Formen des rationalen Handelns unterscheiden soll:  Prinzip des kleinsten Mittels, Prinzip des größten Erfolges und die Kombination  beider. Wir können dies deswegen dahingestellt sein lassen, weil wohl Übereinstimmung darüber herrscht, daß  nicht nur das Wesen der Wirtschaft, sondern auch das der Technik  im engeren Sinne sich in der dritten Form:  größter Erfolg mit kleinsten Mitteln  auffassen läßt. Es widerstreitet diesem Prinzip nicht, wenn bei vielem rationalen Handeln und insbesondere auch bei technischen Handeln entweder der Erfolg oder die Mittel gegeben sind. Prinzip des kleinsten Mittels, bei welchem der Erfolg gegeben ist, und Prinzip des größten Erfolges, bei welchem die Mittel gegeben sind, sind nur Einschränkungen, Unterabteilungen des allgemeinen sogenannten wirtschaftlichen Prinzips, Spezialfälle desselben, die besonders beim technischen Handeln, aber auch beim wirtschaftlichen Handeln auftreten können. Immerhin ist für das  wirtschaftliche  Handeln entscheidend, daß hier an und für sich weder Mittel noch Erfolg gegeben sind. Die primäre Wirtschaftsaufgabe besteht darin, die  ratio  menschlichen Handelns zu finden,  ohne  daß die Mittel und der Erfolg gegeben und fix sind. Es scheint mir, daß das  nur möglich ist, wo der Erfolg kein äußerer, materiell-quantitativer, sondern ein psychischer Genuß ist. Nur hier wird durch das Gesetz des abnehmenden Genusses einerseits, das Gesetz der zunehmenden Anstrengungen andererseits die Grenze bezeichnet, bis zu welcher die Genußbereitung fortgesetzt wird. Bei der technischen Betrachtung wird immer ein gegebener Erfolg vorausgesetzt werden müssen, um entscheiden zu können, wieviele Mittel aufgewendet werden soll, oder gegebene Mittel vorausgesetzt werden müssen, wenn man rein technisch ein Maximum an Produktion erstrebt.  Wenn bei einer technischen Aufgabe weder MIttel noch Erfolg gegeben sind, so ist das praktisch nur möglich,  weil hier hinter der technischen Aufgabe eine wirtschaftliche steht.  Nur aufgrund  wirtschaftlicher  Erwägungen, d. h. also durch die Inbeziehungsetzung der technischen Aufgabe zu  Lust- und Unlustempfindungen  kommt man dazu,  die Grenze anzugeben,  bis zu der im Einzelfall Mittel aufgewendet, ein technischer Erfolg herbeigeführt werden soll. Vom wirtschaftlichen Zweck, dem inneren Erfolg: Bedarfsbefriedigung wird aber bei der technischen Betrachtung bewußt abstrahiert.

Der Zweck, den sich die technische und den sich die wirtschaftliche Aufgabe setzt, ist also ein anderer. Bei der technischen Betrachtung ist ein  äußerer  Erfolg gegeben, z. B. Zucker.  Wieviel  Zucker gewonnen werden soll, das wird erst durch die dahinter stehenden  wirtschaftlichen  Erwägungen unter dem Einfluß der Bedarfsempfindungen bestimmt. Die technische Auffassung betrachtet aber das Handeln rein quantitativ,  1  Zentner oder beliebig viele Zentner, jeden aber mit dem geringsten Aufwand an Mitteln, oder umgekehrt: eine gegebene Rübenmenge oder eine beliebige Zahl von Zentnern Rüben und daraus möglichst viel Zucker. Das ist das technische Problem.

Beim  wirtschaftlichen  Problem aber wird  die technische Seite der Zuckergewinnung in den Rahmen viel allgemeinerer Erwägungen der Bedarfsbefriedigung gestellt.  Der Mensch im Zustand der Eigenproduktion  wirtschaftet  bei der Zuckerbeschaffung, wenn er erwägt,  wieviele Kosten,  im letzten Grund Arbeitsmühe,  er im Rahmen all seiner übrigen Bedürfnisse auf die Befriedigung seines Bedürfnisses nach diesem Genußmittel verwenden darf.  Und der Zuckerfabrikant im Tauschverkehr  wirtschaftet,  wenn er erwägt:  wieviele  Kosten kann ich auf die Zuckerfabrikation verwenden, um angesichts der Nachfrageverhältnisse einen  möglichst  großen Geldbetrag zu erzielen, der mir eine möglichst vollkommene Bedarfsbefriedigung gewährt?' Der wirkliche  Aufwand  von Mitteln und das  Maß  an Zweckerreichung wird also erst durch die  wirtschaftlichen  Erwägungen bestimmt.

Aber, wie gesagt, nicht das macht den Unterschied zwischen Wirtschaft und Technik aus, daß bei dieser entweder Mittel oder Zweck fest gegeben sind, bei jener nicht - denn auch bei der Wirtschaft können die Mittel gegeben sein, obgleich ihr Grundproblem dann vorliegt, wenn sie nicht gegeben sind. Sondern der Unterschied zwischen Wirtschaft und Technik  liegt in der Verschiedenheit dessen, was beide als Erfolg ansehen oder wie sie den Erfolg betrachten: Wirtschaft ist die psychische, innere, Technik die äußere, materielle Auffassung des Erfolges beim Handeln nach dem wirtschaftlichen Prinzip.  Wirtschaft wie Technik sind beide zunächst nicht Handlungen, sondern sie sind ein rein formales Prinzip, das allen rationalen Erwägungen innewohnt und daher statt wirtschaftliches Prinzip wohl besser  Rationalitätsprinzip  genannt würde: Maximum an Erfolg mit einem Minimum an Mitteln. Dieses Prinzip ist die Grundlage der  Wirtschaft,  wenn das Ziel ein  Maximum an Genuß  ist. In diesem Fall aber macht sich der Maximumsgedanke, der dem wirtschaftlichen Prinzip immer zugrunde liegt, darin geltend, daß dem Ziel der Wirtschaft, Genuß, gegenüber nicht eine einfache Multiplikation des Erfolges möglich ist, wie bei den Quantitätsbegriffen der Technik: Ziel: ein Zentner oder auch 10mal soviel. Sondern hier wird  jedes Mehr an Genuß, an Lustzuwachs geringer geschätzt als der vorhergehende, der Erfolg setzt sich aus zahllosen Einzelgrößen zusammen, die verschieden bewertet werden und die auch verschiedene Kosten verursachen, und daraus entsteht eben jene eigentümliche Form des Disponierens,  die das Wesen der Wirtschaft ausmacht, und die im  Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge  ihre schärfste Formulierung findet. Daher ist Wirtschaften, die  Gesamtheit der erstrebten Nutzen an den Kosten vergleichen. Wirtschaftliche Erwägungen sind die, die von diesem Gesichtspunkt aus erfolgen, wirtschaftliche Handlungen, die unter diesen Erwägungen vorgenommen werden, wirtschaftliche Erscheinungen und Vorgänge, die durch derartige Handlungen hervorgerufen werden. 

Für die  Technik  dagegen ist das Ziel ein  äußerer,  zunächst  rein quantitativer Erfolg.  Es kommt dabei nur auf das Verhältnis von Zweck und Mitteln, nicht auf eine bestimmte Größe des Zwecks an, das technische Problem der Zuckerherstellung gilt für einen Zentner, wie für Tausende von Zentnern. Ist der Zweck gegeben, so bleibt das Prinzip des kleinsten Mittels wirksam. Ist das Quantum von Mitteln gegeben, so bleibt das Prinzip des größten Erfolges, ebenfalls quantitativ aufgefaßt. Sind aber weder Zweck noch Mittel gegeben, so bleibt das Prinzip dennoch in der Form bestehen: größter Erfolg mit dem kleinsten Aufwand an Mitteln, und ist so lange ein technisches, als das Ziel eine Quantitätsvorstellung, ein äußerer Erfolg ist.

Wir kommen also zur Aufstellung folgender drei Kategorien rationalen Handelns:
    I. Rein logische Kategorie
    Möglichst großer Erfolg mit einem möglichst geringem Aufwand an Mitteln [rationales Handeln]

    II. Technische Kategorie
    Möglichst großer, äußerer, quantitativer Erfolg mit möglichst geringem Aufwand an Mitteln [technisches Handeln]

      Unterarten:
      1) Der Erfolg ist gegeben: Prinzip des kleinsten Mittels
      2) Die Mittel sind gegeben: Prinzip des größten Erfolges.


    III. Wirtschaftliche Kategorie
    Möglichst großer, innerer, psychischer Erfolg (Bedarfsbefriedigung) mit möglichst geringem Aufwand an Mitteln [wirtschaftliches Handeln]
Hier können die Mittel quantitativ gegeben sein, für das wirtschaftliche Handeln kommen sie aber nicht quantitativ, sondern immer nur als Schätzung (Kosten) in Betracht, und die fundamentale wirtschaftliche Aufgabe liegt dann vor, wenn die Mittel in einem technischen Sinn (Kostengüter) nicht gegeben sind, sondern die Frage zu entscheiden ist: in welchem Umfang werden sie beschafft?

Die engen Beziehungen zwischen Wirtschaft und Technik ergeben sich nun daraus, daß  hinter den technischen Erwägungen  in den meisten Fällen  wirtschaftliche  stehen. Wir operieren mit Mitteln irgendwelcher Art ja hauptsächlich für die Zwecke unserer Bedarfsbefriedigung. Diese technischen Tätigkeiten treten un heute so in den Vordergrund, die wirtschaftlichen Erwägungen, die sich daran knüpfen und die sie verursachen, so in den Hintergrund, daß dadurch die Verwechslung von Technik und Wirtschaft, die die bisherige Nationalökonomie durchzieht, erklärbar wird. Bei Arbeiter ganz besonders, der von früh morgens bis spät abends in der Fabrik tätig ist, während seine  Bedarfsversorgung,  die Kalkulation der besten Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse, nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, lag es nahe, jene technische Tätigkeit als die wirtschaftliche anzusehen, was bekanntlich für die ökonomische Theorie die unheilvollsten Konsequenzen gehabt hat.

Die Technik ist so vielfach nur eine besondere Betrachtungsweise zugleich wirtschaftlicher Erscheinungen. Sie untersucht den Kausalzusammenhang absichtlich nicht weiter, als bis zu den Gütermengen, verzichtet bewußt auf die weitere Frage nach den psychischen Erwägungen, welche die Aufwendung von Mitteln bestimmen. Diese Betrachtungsweise hat heute im "Zeitalter der Technik" eine so große Bedeutung, daß sie den Inhalt selbständiger Wissenschaften abgeben kann, die man im Gegensatz zur Technik wohl am besten als Technologie bezeichnet. Diese Bedeutung der Technik, die raschen Veränderungen, zahlreichen Bestrebungen auf diesem Gebiet bewirken, daß während im praktischen Leben fast immer hinter der Technik die Wirtschaft, das Ziel der Bedarfsbefriedigung steht, die bewußte Beschränkung auf die quantitativen Gesichtspunkte heute eine so große Rolle spielt.

Aber unsere Auffassung der Technik ist mit der Technologie als Wissenschaft, wie man sie gewöhnlich versteht, nicht ganz identisch, sondern unser Begriff der Technik ist weiter. Er ist mit Absicht einerseits von der Wirtschaft her, andererseits vom allgemeinen rationalen Handeln her bestimmt und abgegrenzt und nicht vom Standpunkt der heutigen technologischen Wissenschaften. Es fallen darunter nicht nur die Produktionstätigkeiten, sondern natürlich auch alle Leistungstätigkeiten, sofern sie ohne Rücksicht auf ihren wirtschaftlichen Zweck, auf die Bedarfsbefriedigung, die der Leistend sich selbst damit zu schaffen bezweckt, betrachtet werden. So ist die Tätigkeit eines Trambahnschaffners ebenso eine technische, wie die eines Holzfällers oder Webers, obgleich natürlich wirtschaftliche Erwägungen der eigenen Bedarfsbefriedigung sie zu diesem technischen Tun veranlassen. Auch die Buchhaltung, Aufsichtstätigkeit, Handlungen des Ordnens, der Bekanntmachung und dgl. sind als solche rein technische Tätigkeiten. Es gibt z. B. eine Technik der Regelung des Straßenverkehrs durch einen Schutzmann, eine Technik des Ordnens einer Bibliothek, eine Technik der Reklame. Überall ist das Streben nach größtem äußeren Erfolg mit dem geringsten Aufwand an Mitteln maßgebend, sei es daß der äußere, wenn auch nicht immer in Sachgütern verkörperte Erfolg gegeben ist, z. B. bei einer Beaufsichtigung, der Übersicht über die Bibliothek, und mit dem geringsten Aufwand von Mitteln erreicht wird, sei es daß das Mittel, z. B. ein Buchhalter mit seinem Material, eine Anzahl Schutzleute, gegeben ist, und die Aufgabe vorliegt, es mit dem größten Erfolg zu verwenden.

Es geht daraus auf das klarste hervor, was zu erkennen für eine richtige Erfassung der wirtschaftlichen Vorgänge und zur Vermeidung der heutigen Verwechslung von Technik und Wirtschaft so wichtig ist, daß die im Tauschverkehr vorkommenden, durch die "Arbeitsteilung" herbeigeführten Leistungen der verschiedensten Art ansich, d. h. isoliert betrachtet,  rein technische  Vorgänge, und wie das Beispiel der Regelung des Straßenverkehrs durch Schutzleute zeigt, oft in keiner Beziehung wirtschaftliche sind.

Ich glaube, daß sich mit dieser Abgrenzung auch die Vertreter der technischen Wissenschaften, die Technologen, befreunden können, obgleich sie, wie gesagt, viel weiter und von einem viel weiteren Gesichtspunkt, eben vom Prinzip des rationalen Handelns her gewonnen worden ist. Es ist aber auf dieser Grundlage nicht schwer, die Abgrenzung dessen, was man heute Technologie nennt, vorzunehmen, etwa in der Weise, daß man sie auf ein  materielles  Ziel beschränkt. Man könnte dieser  materiellen  Technik oder  Technik im engeren Sinne,  dann eine  immaterielle  oder geistige Technik gegenüberstellen. Sie umfaßt all jene Dinge wie Buchhaltung, Bilanzwesen, Aufsichtseinrichtungen, Organisation von Betrieben, die alle auch unter der Herrschaft des sogenannten ökonomischen Prinzips erfolgen, mit der Wirtschaft oft in enger Beziehung stehen, aber zweifellos nicht selbst Wirtschaft sind. Auch bei diesen Handlungen, deren Ausscheidung von der Wirtschaftslehre so viele Schwierigkeiten machte, stehen natürlich wirtschaftliche Gesichtspunkte fast immer im Hintergrund (24). Bei der Betrachtung technischer Erscheinungen abstrahiert man aber bewußt von den dahinterstehenden wirtschaftlichen Erwägungen, es ist ein ganz anderer Gesichtspunkt, auf den hier eingestellt wird. Ganz ebenso, wie bei der Betrachtung der Wirtschaft von den dahinterstehenden  Motiven  abstrahiert wird, deren Erörterung in die Psychologie gehört, oder wie  vor  der Technik noch die Naturwissenschaft steht: Wie kann ich überhaupt Zucker oder Wasserstoff gewinnen, ist eine Frage der Chemie, bei der von einem rationalen Prinzip, dem Prinzip der Technik und der Wirtschaft, bewußt abstrahiert wird. So können verschiedene Wissenschaften gewissermaßen hintereinander geschachtelt sein, ihr Objekt ist dasselbe, aber der Gesichtspunkt, von dem aus sie es betrachten, ist ein anderer, und die eine Wissenschaft abstrahiert bewußt von einem auch möglichen und in der Wirklichkeit meist kombinierten Betrachtungsprinzip der anderen.

Die hier aufgestellte Unterscheidung von Wirtschaft und Technik habe ich in zahllosen Beispielen durchprobiert, und sie hat sich immer als ganz scharf und zugleich der Auffassung des wirtschaftlichen Lebens als entsprechend erwiesen. Es kann auch wohl kaum bezweifelt werden, daß unsere Auffassung der  Wirtschaft,  auf die es uns ja in erster Linie ankam, ihre Entwicklung aus dem rationalen Prinzip überhaupt, das Wesen der Sache trifft. Damit ist dann die Abgrenzung der Technik als ebenfalls rationales Handeln, nur unter einem anderen Gesichtspunkt betrachtet, von selbst gegeben. Andererseits ergibt sich jetzt, daß Wirtschaft und Technik nicht nach dem Objekt der äußeren Handlung unterschieden werden können, und daß solche "Definitionen", wie, die Wirtschaft habe es mit den Beziehungen des Menschen zu den Gegenständen der äußeren Natur, die Technik mit den Beziehungen der letzteren zueinander zu tun, ganz abgesehen davon, daß sie überhaupt viel zu unbestimmt sind, den wahren Unterschied, der im Zweck, im Gesichtspunkt liegt, von dem aus das rationale Handeln erfolgt und beurteilt wird, nicht treffen können.


2. Die Mittel der Technik.
Ökonomische Technik.

Unsere Gegenüberstellung von Wirtschaft und Technik zeigt nun auch deutlich, wo die Übergangserscheinungen sind, in denen beide sich am engsten berühren. Sie stehen ja so schon in enger Beziehung, weil hinter dem technischen Zweck meist ein wirtschaftlicher steht, die Bedarfsbefriedigung; aber die technische Betrachtung ist doch von der wirtschaftlichen etwas prinzipiell Verschiedenes, und es sind besonders zu beobachtende Erscheinungen, in denen sich beide am nächsten kommen. Diese Beziehungen ergeben sich daraus, daß wir ja über die verwendeten  Mittel  weder bei der Wirtschaft noch bei der Technik bisher etwas gesagt haben. In der Tat ergibt sich für die Wirtschaft die Charakterisierung der Mittel von selbst, einerseits aus ihrem Zweck, Bedarfsbefriedigung, Lustgefühle, andererseits aus dem wirtschaftlichen Prinzip: höchstes Maß von Lustgefühlen mit dem geringsten Aufwand von Mitteln. Daraus ergibt sich nämlich, daß die einzelnen Mittel, die uns Lustgefühle verschaffen, gegeneinander abgewogen werden müssen, worin ja, wie wir wissen, die wirtschaftliche Aufgabe besteht. Mit anderen Worten: das Maximumprinzip angewendet auf etwas Psychisches, Lustgefühle erfordert bei jeder einzelnen Handlung nicht nur einen Vergleich zwischen dem gerade hier verwendeten Mittel und dem Erfolg, in der Wirtschaft Nutzen und Kosten genannt, sondern ein Vergleichen des  Überschusses des  reinen Erfolges,  in der Wirtschaft  Ertrag  genannt, mit dem Erfolg, dem Ertrag aller anderen Handlungen. Nur so kann das wirtschaftliche Prinzip: Maximum an Erfolg mit einem Minimum an Mitteln dazu führen, daß die Summe des Genusses ein Größtes wird; deswegen haben wir früher Wirtschaften als ein doppeltes Vergleichen bezeichnet.

Daraus ergibt sich, daß vom Standpunkt der Wirtschaft auch die  Mittel stets ein Schätzungsbegriff  sind, und wir haben so auf einem anderen Weg gefunden, daß die Mittel, wirtschaftlich Kosten genannt, nie als eine  Gütermenge  aufgefaßt werden dürfen, daß vielmehr dieser  psychische  Kostenbegriff streng festzuhalten ist. Für die Wirtschaft sind daher Mittel keine Gütermenge und daher auch keine Geldmenge, quantitativ betrachtet, sondern die  Schätzung  dieser Güter- oder Geldmenge. Das ist, so regelmäßig es auch bisher verkannt wurde, für die Güter ganz selbstverständlich. Für das Geld wird es nur dadurch verdunkelt, daß die Erwerbswirtschaften heute von einem Geldkapital ausgehen und einen Geldbetrag erstreben, und damit anscheinend die wirtschaftlichen Erwägungen abgeschlossen sind. Aber eben nur scheinbar. In Wirklichkeit werden alle Gelderträge der Erwerbswirtschaften, mag es selbst eine Aktiengesellschaft sein,  bewertet  von den Personen, denen sie zufließen, die sie für ihre Bedarfsbefriedigung benutzen, und die sich nur dazu an der Erwerbswirtschaft mit Kapital beteiligen. Eine Schuhfabrik hat - wie SOMBART einmal ganz richtig betonte, ohne doch damit meines Erachtens etwas Neues zu sagen, ich habe vielmehr diese Auffassung immer als selbstverständlich angesehen - nicht den wirtschaftlichen Zweck, Stiefel zu produzieren, das ist vielmehr, wie wir jetzt wissen, ihr  technischer  Zweck. Sondern  die wirtschaftliche Aufgabe einer Schuhfabrik - und, nebenbei gesagt,  nicht etwa nur ihre privatwirtschaftliche, sondern auch ihre volkswirtschaftliche Aufgabe - besteht darin, Profit zu erzielen, und sie erfüllt ihren privat- wie volkswirtschaftlichen Zweck nicht, ist privat- und volkswirtschaftlich "unproduktiv", wenn sie ihn nicht erzielt.  Mit anderen Worten: die  Bedarfsbefriedigung  derjenigen, die die Erwerbsunternehmungen ins Leben rufen und ihre Erträge beziehen, nicht nur derjenigen, für die "produziert" wird und die ihre Produkte kaufen, steht auch bei den Erwerbsunternehmungen immer im Hintergrund und macht sie aus bloß technischen "Betrieben" zu  Wirtschaften.  Auch die Erwerbswirtschaften, bei denen man sich scheinbar mit der Veranschlagung von Nutzen und Kosten in Geldsummen begnügt, können doch in ihrer Stellung im tauschwirtschaftlichen Organismus, zumindest für die theoretische Erfassung desselben, nur richtig verstanden werden, wenn man auch hier auf die hinter ihrer rein technischen Funktion stehenden subjektiven, auf eine eigene Bedarfsbefriedigung durch Gelderwerb gerichteten wirtschaftlichen Erwägungen derjenigen zurückgeht, welche sie ins Leben rufen und betreiben.

Es mußte dies hier wieder einmal betont werden, weil, wie die ganze bisherige Wissenschaft und z. B. auch die Kritik meiner Theorien durch von ZWIEDINECK auf das Deutlichste zeigt, ein außerordentlich starkes, kaum auszurottendes Bestreben besteht, die Beobachtungen der wirtschaftlichen Erscheinungen rein quantitativ auf die Geldausdrücke zu beschränken. Demgegenüber muß auf das Strengste festgehalten werden: Wenn das Ziel der Wirtschaft etwas Psychisches: die Bedarfsbefriedigung und Lustgefühle sind, so sind auch die Mittel, Kosten unter allen Umständen ein Schätzungsbegriff. Es braucht das gar nicht besonders betont zu werden, es ergibt sich logisch von selbst, daß man beim Vergleichen, das den Inhalt der Wirtschaft ausmacht, dem Ziel: Genuß die Mittel auch nur als einen Schätzungsbegriff gegenüberstellen kann.

Und damit kommen wir zu dem Punkt, wo Wirtschaft und Technik sich berühren. Die Technik sagt über die Art der Mittel gar nichts.  Sobald nur das Ziel etwas Materielles im weitesten Sinn, Quantitatives, ein äußerer Erfolg im Gegensatz zum Genuß ist, liegt technisches Handeln vor.  Die Mittel können dann alles sein, also auch Arbeit und Geld. Das sind aber die beiden Faktoren,  die auch bei der Wirtschaft als Kostenfaktoren eine Rolle spielen,  hier jedoch  bewertet,  als Schätzungsbegriffe aufgefaßt, die Kosten bilden. Damit ergibt sich ein Gebiet der Technik, das zwar nicht zugleich Wirtschaft ist, das aber in die reine Technik einen  ökonomischen Faktor hineinträgt,  der sonst nicht darin zu sein braucht, den ökonomischen Faktor  Kosten.  Man kann dieses Gebiet der Technik im Gegensatz zur reinen Technik die ökonomische Technik nennen.'

Die reine Technik  liegt vor, wenn auch die  Mittel ebenso wie das Ziel rein quantitativ aufgefaßt werden, die ökonomische Technik, wenn als Mittel Schätzungsbegriffe, Kosten in Betracht kommen, die Arbeit oder Geld sein können.  Zur reinen Technik gehören all die zahllosen Fälle und Probleme, in denen es sich darum handelt, einen gegebenen Erfolg mit einem möglichst geringen  Quantum  an Mitteln zu erreichen, oder mit einen gegebenen Quantum an Mitteln einen möglichst großen quantitativen Erfolg. Also die Frage, wie ich am wenigsten Rüben verbrauche, um ein Quantum Zucker herzustellen, oder die Frage, wie ich ein gegebenes Haus, eine bestimmte Brücke mit einem möglichst geringen Aufwand an Holz oder Steinen herstelle. Ebenso gehört dahin die Frage, wie ich aus einer gegebenen Menge Rüben eine möglichst große Menge Zucker, aus einem Steinbruch eine möglichst große Menge Steine, aus einem Acker eine möglichst große Menge Getreide gewinne.  Hier kommen weder auf der Seite des Zwecks noch auf der Seite der Mittel wirtschaftliche Gesichtspunkte in Betracht.  Wenn sie auch natürlich in den meisten Fällen dahinterstehen werden, abstrahiert doch die technische Betrachtung bewußt von ihnen.

In der  ökonomischen Technik  aber sind die Mittel  Kosten,  ein ökonomischer Begriff, und zwar Arbeitsmühe oder Geld. Hier handelt es sich um Fragen: wie stelle ich mit dem geringsten Arbeits- oder Geldaufwand ein Haus, ein Boot her, wie produziere ich am billigsten Zucker, oder wie gewinne ich mit einem gegebenen Arbeits- oder Geldaufwand eine möglichst große Menge Holz oder Zucker und dgl. Es wird hier also ein ökonomischer, ein Schätzungsbegriff in die technischen Erwägungen hineingetragen.  Diese bleiben aber dennoch technisch quantitativ, solange eben das Ziel, der Erfolg ein äußerer und quantitativer bleibt.  Diese Gegenüberstellung und Vergleichung eines technischen Erfolges mit Unlustgefühlen als Mitteln ist natürlich nur möglich, wo ein  tertium comparationis  [ein Drittes zum Vergleich - wp] vorliegt, also wenn man einem gegebenen äußeren Erfolg  verschiedene Arbeitsanstrengungen als Mittel gegenüberstellt  und dann vergleicht, oder wenn  einem  gegebenen Unlustgefühl, Arbeitsmühe,  entweder dieser oder jener Erfolg gegenübergestellt  und  beide miteinander verglichen werden.  Natürlich aber  können  diese technischen Erwägungen ökonomisch relevant werden und  sie werden es sofort, sobald die Betrachtung nicht mehr bei einem äußeren, quantitativen Erfolg halt macht, sondern als Ziel den Genuß, die Bedarfsbefriedigung des Handelnden im Auge hat.  Solange das aber nicht geschieht, solange als Zweck ein äußerer quantitativer ins Auge gefaßt wird, liegen keine wirtschaftlichen Erwägungen, liegt keine Wirtschaft vor. Wirtschaftliche Erwägungen und ein Objekt der Wirtschaftstheorie liegen erst dann vor, wenn man nach der  Bedarfsbefriedigung,  die mit einem Güterquantum erzielt werden kann und in der Tauschwirtschaft nach dem  Preis,  zu dem es verkauft werden kann, fragt. Denn dieser Preis, den Kosten in Geld gegenübergestellt, mit anderen Worten der Geldertrag, wird dann auch nur als Mittel der Bedarfsbefriedigung, des Genusses betrachtet.

Ich habe diesen Unterschied von reiner Technik, ökonomischer Technik und Wirtschaft schon in meinem Aufsatz "Grundlagen einer ökonomischen Produktivitätstheorie" (in dieser Zeitschrift, III. Folge, Bd. 43) klar auseinandergesetzt, und ZWIEDINECK, der meint (Seite 11), daß meine "Charakterisierung des Wesens der wirtschaftlichen Handlung ein Festhalten des Unterschieds zwischen wirtschaftlichem und technischem Handeln nicht ermöglicht", hätte bei der Kritik meiner Theorie viele Mißverständnisse vermeiden können, wenn er die Gedanken jenes Aufsatzes in sich aufgenommen und bei der Lektüre meiner Preistheorie festgehalten hätte. Seine Auffassung und Kritik in diesem Punkt ist aber so überaus charakterisitsch für die bisherige Unklarheit, und gleichzeitig läßt sich an seinem Bespiel so deutlich die Richtigkeit meiner Auffassung demonstrieren, daß es mir gestattet sein soll, auf seine Ausführungen mit einigen Worten einzugehen. Er sagt (a. a. O., Seite 11):
    "Bei allem technischen Handeln liegt ein Sichmühen, ein Opfern vor, um einen bestimmten gewollten Erfolg herbeizuführen, also immer das, was, wie  Liefmann,  jeder denkende Mensch als Kosten auffaßt zur Erreichung eines gewünschten Nutzens. Ja, das ganze Gebiet der reinen Ökonomik ist eine Summe von technischen Überlegungen. Zu welchen Konsequenzen kommt man schließlich mit  Liefmann?  Wenn in isoliert lebender Farmer über einen Bach einen Brücke baut und überlegt, ob er sie aus Holz oder Stein bauen soll, so führt die Entschließung zu einem wirtschaftlichen Handeln, sofern er nur Nutzen und Kosten, beides etwa gemessen an eigenen Arbeitsstunden, verglichen hat. Wenn dagegen eine Gemeinde, mitten in den verkehrswirtschaftlichen Beziehungen vor die gleiche Frage gestellt, einfach ohne eine exakte Ermittlung des schwer ermittelbaren Kollektivnutzens der Brücke für deren Herstellung durch Geschäftsleute 100 000 Mark bewilligt, dann ist trotz Überlegung der Dauerhaftigkeit und des Kostenbetrages (NB. Dauerhaftigkeit ist ein technisches Element!) der Brückenbau keine wirtschaftliche, sondern offenbar nur eine technische Handlung, und ist wohl auch kein Vorgang, der theoretisch relevant ist! Derartige Beispiele ließen sich in großer Zahl aus der Praxis gewinnen, um die Unzulänglichkeit dieses Kriteriums (welchen Kriteriums?) darzutun.  Liefmann  hat also damit keinen Boden gewonnen, um das technische vom ökonomischen Handeln zu trennen."
Darauf ist zu sagen: Der Brückenbau ist als solcher  immer,  sowohl beim Farmer wie bei der Gemeinde,  eine technische Handlung.  Wo aber sage ich, daß er bei der Gemeinde kein wirtschaftlicher Vorgang sein kann?  Er wird bei beiden ein solcher, wenn er als Ausfluß wirtschaftlicher Erwägungen erfolgt, d. h. wenn die Gemeinde erwägt, ob und wieviel tausend Mark, der Farmer wieviel Arbeitsmühe innerhalb ihres Wirtschaftsplanes auf die Brücke verwandt werden dürfen,  mit anderen Worten  wie sich der Nutzen der Brücke zu anderen Nutzen und verglichen mit den Kosten verhält.  Aber nicht, wie ZWIEDINECK sagt: "Die Entschließung  führt  zu einem wirtschaftlichen Handeln," sondern die Entschließung, die  ist  wirtschaften und sie führt zu einem  technischen  Handeln; aber auch nicht die Entschließung, "ob die Brücke aus Holz oder Stein gebaut werden soll", ist wirtschaften. Denn die Entschließung,  ob man sich überhaupt eine Brücke beschaffen soll, der Vergleich ihres Nutzens mit anderen sonst zu erzielenden und die Gegenüberstellung mit ihren verschiedenen Kosten, das war wirtschaftliches Handeln, wobei die Frage, ob Holz oder Stein schon mitgespielt haben kann,  wenn nämlich ihre Kosten und ihr Nutzen (der Dauerhaftigkeit) in beiden Fällen verschieden sind.  Ist aber die Erbauung der Brücke unter diesem Gesichtspunkt beschlossen, so ist alles übrige, auch die Frage, ob sie aus Holz oder Stein gebaut werden soll, rein technisch.  Und zwar eben aus dem Grund,  weil jetzt das Ziel nicht mehr der Nutzen eines Übergangs  von gewisser Dauerhaftigkeit,  also ein rein innerlicher ist;  sondern das  Ziel ist jetzt ein äußerer, rein quantitativ aufgefaßter Erfolg, eine Brücke an der bestimmten Stelle und von bestimmten technischen Eigenschaften. Jetzt  wird über die  Mittel, sie herzustellen, disponiert,  sie die  Brücke,  wird jetzt als Zweck gesetzt und  von einem eigentlich letzten Zweck, ihrem Nutzen, abstrahiert.  Das ist die  Technik. - Daß das für die Gemeinde ebenso gilt, ist selbstverständlich. Nur der  Vergleich von Nutzen und Kosten im Rahmen eines Wirtschaftsplanes ist Wirtschaft,  die  bloße Verwendung der Mittel ist Technik. 

Der Farmer kann einen Nutzen der Brücke natürlich ebensowenig genau ermitteln wie die Gemeinde, aber es genügt für beide, wenn sie im Rahmen ihrer sonstigen Bedürfnisse feststellen, daß die Kosten in gewissem Umfang auf die Befriedigung  dieses  Bedürfnisses verwendet werden können.


Jetzt ergibt sich klar, was davon zu halten ist, wenn ZWIEDINECK (Seite 12) mit AMMON behauptet, daß
    "alle Beziehungen, die in dem, was der Sprachgebrauch mit Wirtschaft und Wirtschaftlichkeit verbindet, zum Ausdruck gebracht sind, natürlich-technischen (und psychologischen) Charakter haben."
Das traf eben nur vom Standpunkt einer falschen materialistischen Auffassung zu, die wirtschaften mit produzieren verwechselte. Ansich aber hat die Wirtschaft  nie  technischen Charakter, denn wirtschaften ist erwägen. Und diese Erwägungen führen zwar meist zu einem technischen Handeln, aber längst nicht immer. Jedenfalls nicht bei dem, der die Erwägungen anstellt und daher wirtschaftet (z. B. einem Kaufmann, der seine Kauf- und Verkaufsorder gibt). Andererseits aber braucht die Technik keineswegs immer wirtschaftlichen Zwecken zu dienen. Es gibt zahllose technische Handlungen, hinter denen keine wirtschaftlichen Erwägungen stehen. Das sind
    1) technische Tätigkeiten, die zu wissenschaftlichen Zwecken unternommen werden, Technik, Technologie als Wissenschaft.  Hier fehlt der Nutzengedanke; 

    2) solche, die nur einem bloßen Interesse an der Tätigkeit selbst, an der Bewegung vorgenommen werden, z. B. die Betätigung des Alpinisten im Gegensatz zu der des Bergführers, Holzfällen zum Vergnügen oder um sich Bewegung zu verschaffen.  Hier fehlt die Kostenvorstellung. 
Ferner ergibt sich, was davon zu halten ist, wenn ZWIEDINECK ebenfalls im Anschluß an AMMON behauptet:
    "Objekte der nationalökonomischen Theorie werden sie erst durch die sozialwirtschaftliche oder verkehrswirtschaftliche Relevanz, erst dadurch, daß sie nur ein Zusammenwirken verkehrsmäßig in Abhängigkeit gestellter Wirtschaftsstrebungen der Wirtschaftssubjekte gedacht werden und zustande kommen können und dadurch, daß sie auf diese Weise für die sozialen Beziehungen eine Bedeutung haben. Eine andere Heraushebung der ökonomischen Erscheinungen und Vorgänge, die gleichzeitig technischen Charakter haben, für die Zwecke der theoretischen Untersuchung ist bisher nicht gelungen und wohl auch nicht zu erreichen, wenn man nicht dem Wesen der Technik Gewalt antun will."
Ich behaupte, sie ist auf die einfachste Weise gelungen, ohne der Technik im mindesten Gewalt anzutun, die man dabei nach Belieben enger oder weiter fassen kann,  nur dadurch, daß wir die falschen, technischen, Elemente aus der Auffassung der Wirtschaft entfernten.  In der klarsten Weise ist damit "der Boden gewonnen, um das technische vom ökonomischen Handeln zu trennen," wenn auch mein Begriff der Wirtschaft ja nicht im Entferntesten zu diesem Zweck aufgestellt worden ist und die ganze Unterscheidung sich nur nebenbei, neben anderen viel wichtigeren Resultaten ergibt.


Auf eines dieser Resultate möchte ich noch kurz verweisen, weil es auch mit der Unterscheidung von Wirtschaft und Technik im engsten Zusammenhang steht. Ich bin aber zu ihm schon viel früher gelangt, bevor ich diese Unterscheidung klar herausgearbeitet hatte, allein aufgrund der allgemeinen Gesichtspunkte meines theoretischen Systems. Es sind die Untersuchungen über das  Produktivitätsproblem.  Sie können direkt als Fortsetzung und weitere Anwendung der hier entwickelten Grundgedanken aufgefaßt werden, bzw. unsere Unterscheidungen von Wirtschaft und Technik geben den dortigen Untersuchungen über die verschiedenen Produktivitätsbegriffe die letzte Fundamentierung. Auf den Inhalt jenes Aufsatzes kann ich daher hier verweisen. Um nur das Wichtigste kurz zusammenzufassen: Man hat bisher entsprechend dem ganzen materialistischen Charakter der bisherigen Nationalökonomie, die verschiedenen Vorstellungen von Produktivität verwechselt. Der  Vergleich  von  Zweck und Mittel,  der ja, wie überhaupt den Inhalt von Technik und Wirtschaft, so auch den des Produktivitätsproblems bildet,  bleibt ein technischer, solange als Erfolg kein Schätzungsbegriff, Bedarfsbefriedigung, sondern etwas Äußeres, Quantitatives angesehen wird. Er bleibt es, auch wenn als Mittel Anstrengungen oder Aufwendungen, also ein Schätzungsbegriff, Kosten, in Betracht kommen.  Es handelt sich regelmäßig um den  Vergleich zweier verschiedener Verfahren,  auf die das Produktivitätsproblem hier hinausläuft, und "dieser Vergleich bleibt ein  technischer,  d. h. ein solcher, der von den Wertschätzungen der gewonnenen Produkte ganz abstrahiert und nur die gewonnenen  Quantitäten  berücksichtigt". Deshalb ist, wie ich ebenfalls schon dort betonte, das  Gesetz des abnehmenden Bodenertrags  ein  technisches,  kein ökonomisches Gesetz. Es sind noch neuerdings zahlreiche Schriften über dieses Gesetz erschienen, die das aber nicht erkannten und zu keinem klaren Resultat kamen, weil ihren Verfassern eben das Wesen und der Unterschied von Wirtschaft und Technik nicht klar war.

Ein  ökonomisches  Produktivitätsproblem liegt erst dann vor, wenn eben ein  Wirtschaften  vorliegt, d. h. wenn das Ziel ein Schätzungsbegriff,  Genuß,  oder bei den Erwerbswirtschaften ein Geldertrag ist, hinter dem aber auch eine damit zu erzielende  Bedarfsbefriedigung  steht. Wie ich schon in jenem Aufsatz sagte:
    "Wenn man den Gesamtwert (Nutzen) oder Gesamtverkaufspreis der in einer Wirtschaft gewonnenen Produkte ihren Produktionskosten überstellt, und beide mit dem Wert oder Preis der Produkte und den Produktionskosten einer anderen Wirtschaft vergleicht, so kommt man zum Begriff der privatwirtschaftlichen Produktivität."
Der weitere Inhalt des Aufsatzes ist dann dem Nachweis gewidmet, daß es eine besondere  volkswirtschaftliche  Produktivität nicht geben kann: "Zu- oder Abnahme des Volkswohlstandes an einem wirtschaftlichen Maßstab zu messen ist eine Unmöglichkeit", daß aber die Theorie wohl etwas über die  Bedingungen größten  Volkswohlstandes aussagen kann, d. h. des Zustandes, der  tauschwirtschaftlichen Organisation, durch die das größte Maß von Bedarfsbefriedigung erzielt wird.  Dieser Zustand wird herbeigeführt durch die vollkommene Wirksamkeit des Gesetzes des Ausgleichs der Grenzerträge, welches bewirkt, daß  "auf jeden Erwerbszweig so viel Kapital und Arbeitskräfte verwendet werden, daß seine durchschnittliche Rentabilität derjenigen anderer Erwerbszweige ungefähr gleichkommt,  praktisch unter der Berücksichtigung verschiedener Risikos". Es wird dann weiter gezeigt, wie dieses Prinzip größten Volkswohlstandes verletzt wird, wenn die Produktion der Beschaffung eines Produktes zu weit nach diesem Gesichtspunkt, ausgedehnt wird, und daß damit die Lösung des so unendlich oft diskutierten Produktivitätsproblems gegeben ist.

Auf dieser Grundlage habe ich dann in dem Aufsatz "Theorie des Sparesn und der Kapitalbildung" (in Schmollers Jahrbuch, 1912, Seite 1565f, am Schluß) versucht, diese Produktivitätstheorie auf das  Krisenproblem  anzuwenden und bin dabei auf eine bisher noch nicht beobachtete oder doch in ihrer Bedeutung für die Krisentheorie nicht erkannte  Wirkung technischer Momente  gekommen. Ich zeigte, daß das privatwirtschaftliche Rentabilitätsinteresse, welches den Tauschverkehr organisiert und den Ausgleich der Grenzerträge herbeiführt, dann mit dem Prinzip größten Volkswohlstandes in Konflikt kommt, wenn die  Anwendung billigerer Produktionsmethoden,  infolge technischer Fortschritte,  in einem Industriezweig  rentabel wird. Dann ist trotz voller Einsicht der Wirtschafter in die wirtschaftlichen Verhältnisse eine Überkapitalisation möglich, dann können  einem Industriezweig mehr Kapitalien zugeführt werden, als dem Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge entspricht.  In dieser  "Inkongruenz von privatwirtschaftlicher Rentabilität und dem volkswirtschaftlich zweckmäßigen Grad der Kapitalbildung unter dem Einfluß technischer Fortschritte"  liegt meines Erachtens die tiefste Grundlage des Krisenproblems und seine Erklärung. Dies ist der einzigste der zahlreichen Krisengründe, der auch beim denkbar vollkommensten Gang des volkswirtschaftlichen Mechanismus möglich bleibt.

Wir haben damit eines der von den Elementarphänomenen der Wirtschaft entferntesten und kompliziertesten Probleme der Wissenschaft, das Krisenproblem, direkt mit unserer Auffassung der Wirtschaft und mit unserer Erörterungen über die Technik in Beziehung gebracht und gezeigt, daß sie sich auch für anscheinend ganz außerhalb der ökonomischen Theorie liegende Fragen, wie das Produktivitätsproblem, als fruchtbar erweisen. Danach bin ich überzeugt, daß auf Grundlage der vorstehenden Erörterungen sich noch viele andere wichtige Resultate gewinnen ließen, und ich bin mir auch bewußt, daß diese Abgrenzung von Wirtschaft und Technik wohl noch schärfer gefaßt und weiter ausgestaltet werden könnte. Sie soll nur, wie meine anderen theoretischen Aufsätze, meine neuen Gedanken bekannt machen und Anregungen geben, daß andere Nationalökonomen auf ihrer Grundlage weiterzubauen versuchen.
LITERATUR Robert Liefmann, Wirtschaft und Technik, Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 102 [dritte Folge Bd. 47], Jena 1914
    Anmerkungen
    18) In der systematischen Darstellung meiner Theorie, mit der ich beschäftigt bin, wird dieser Fall eingehender erörtert werden.
    19) Wenn daher  Zwiedineck  behauptet (a. a. O., Seite 52: "die bekannte, von der subjektivistischen Lehre gefundenen Formel zur Auffindung des Preises als Mittellinie aus der mehr oder weniger großen Masse von Angebots- und Nachfrageziffern behält auch neben der  Liefmannschen  Theorie ihre Geltung für die volle Lösung des Preisproblems", so hätte er auch zeigen müssen,  wo  denn diese Voraussetzung: gegebene Angebots- und Nachfragemenge,  wirklich zutrifft,  was sich aber natürlich auch  Böhm-Bawerk  niemals klar gemacht hat. Ich habe keinen einzigen Fall der Anwendung finden können, als die Feststellung des Einheitskurses an der Berliner Börse!  Dafür  gilt die österreichische Preistheorie und sonst für nichts! Wenn jemand sonst noch einen Fall weiß, wäre ich für die Mitteilung dankbar. Da dies die einzige Einschränktung ist, welche  Zwiedineck  meiner Behauptung, daß meine Theorie eine ganz neue Lösung des Preisproblems ist, entgegenstellt (die andere, daß auch oft objektive Momente auf den Preis einwirken [Ernte], habe ich natürlich nie verkannt, aber zuerst einmal das allgemeinste und schwierigste Problem der Preisbildung lösen wollen), sehe ich nicht recht ein, zu welchem Zweck er die Bedeutung dieser Lösung durch den Hinweis auf einen Spezialfall zu verkleinern sucht, der im wirtschaftlichen Leben so gut wie gar keine Rolle spielt. Ich kann ruhig behaupten, die Feststellung der  Tauschgrenzen  bei gegebenen Angebots- und Nachfragemengen - weiter kommt die österreichische Theorie überhaupt nicht - ist gar keine Preistheorie. Die Hauptvertreter der österreichischen Theorien haben deren eigentliche Aufgabe überhaupt noch nicht einmal geahnt. Gewisse Ansätze zur  Erkenntnis  des eigentlichen Problems sind allerdings in neuester Zeit bei  Zwiedineck  und  Ammon  zu finden, die aber den Versuch einer  Lösung  nicht machen.
    20) Das allein genügt neben vielem anderen, auf das ich hier verzichten kann, um deutlich zu machen, was von  Zwiedinecks  Behauptung zu halten ist, daß  "Dietzels  Darlegungen im Wesen dem  Liefmannschen  Gedankengang über den Begriff des Konsumertrags geradezu gleichartig zu nennen sind. Jedenfalls so sehr, daß man die Behauptung  Liefmanns  von der Neuheit des Ertragsbegriffs (NB. nicht auch des Grenzertrags) nur mit der Unkenntnis des betreffenden Abschnitts im  Dietzelschen  Buch zu erklären vermag."  Dietzel  stellt diese Untersuchungen über Nutzen und Kosten an, um die Frage zu beantworten, die die bisherige Theorie immer stellte, die aber nach meiner Auffassung gar keinen Sinn hat und gar nicht zu beantworten ist: "Wie wird der Wert der Güter gemessen?" Sehen wir nun ganz davon ab, daß diese Erörterungen  Dietzels  ganz aus dem Rahmen seiner sonstigen materialistischen Betrachtungsweise herausfallen und daß sie später gar keine weitere Anwendung finden, so ist doch noch folgendes zu sagen:  1) Dietzel  hat nicht die geringste Vorstellung davon, daß die psychische Auffassung des Wirtschaftlichen, die er hier streift, im Widerspruch steht zu seiner sonstigen materialistischen.  2)  Es ist auch bei  Dietzel,  wie wir schon oben betonten, ganz offen gelassen, ob er hier wirklich Nutzen und Kosten psychisch oder nicht auch quantitativ versteht: Produktmenge und Einbuße einer Produktmenge. Dies wäre allein konsequent, aber es ist gleichgültig, welche Auffassung  Dietzel  gehabt hat, da er diesen Erörterungen über Nutzen und Kosten gar keine weiteren Folgen gibt.  3) Dietzel  kennt weder den Ertrags-, noch den Grenz- noch den Ausgleichsgedanken, in deren Verbindung meine Ertragstheorie, ganz abgesehen von der verschiedenen Grundauffassung des Wirtschaftlichen, besteht. Der Ertragsbegriff und seine Funktion für das wirtschaftliche Handeln ist daher bei  Dietzel  nicht einmal angedeutet. Ich muß mich dagegen verwahren, wenn meine oft noch nicht einmal richtig erfaßten Gedanken aufgrund gelegentlicher äußerer Analogien mit denen anderer Schriftsteller, ohne Rücksicht auf ihre Verwendung in einem theoretischen System, kurzerhand mit jenen in einen Topf geworfen werden.
    21) Sehr charakteristisch ist z. B. die Anmerkung  Oswalts  (Seite 388):  "Liefmann  rügt es als falsch, wenn man das Angebot als eine feste Größe ansieht.  Liefmann  fällt aber ins andere, ebenso falsche Extrem, indem er meint, das Angebot sei  nie  eine feste Größe!" Das ist erstens nicht wahr, und zweitens, wenn es wahr wäre, entlastete es doch  Oswalt  nicht von dem Vorwurf, daß er diesen zweifellos vorkommenden, und zwar fundementalen Fall, auf dem die ganze Tauschwirtschaft beruth, daß das Angebot nicht gegeben ist, nicht erklärt hat und mit der bisherigen Theorie auch nicht erklären kann.
    22) Die dann folgende Anmerkung  Heyns  ist unverständlich: "Die Erzeugung von Wohlbehagen ist nur Mittel zum Zweck, nämlich zu dem Zweck: größtmögliches Wohlbehagen zu besitzen?" Wenn Wohlbehagen Zweck ist, wie ich auch annehme, kann es doch nicht gleichzeitig Mittel sein!
    23) Was heißt das? Soll das etwa bedeuten, daß das auf der ganzen Erde vorkommende Eisen in der Tat eine "gegebene Größe" ist und durch kein menschliches Zutun vermehrt werden kann?
    24) Aber keineswegs immer. Auch die Organisation einer Staatsverwaltung, eines Krankenhauses, die Aufsicht in einem Museum, der Betrieb eines Theaters, einer Universität, die Regelung des Straßenverkehrs ist Technik in einem weiteren Sinn.