R. WillyA. DrewsL PongratzW. Resl | |||||||
Das Ich und die Außenwelt [2/2]
III. Der kritische Standpunkt Der einzige Weg, der zur Lösung unseres Problems noch eingeschlagen werden kann, besteht in einer sachlichen Revision der ursprünglichen Fragestellung. Es liegt die Möglichkeit vor, daß die beiden einander widersprechenden Reflexionen, welche den Ausgangspunkt unserer Untersuchung gebildet haben, durch die Wahl der angewandten Begriffe oder Begriffssymbole unsere Auffassung des durch sie darzustellenden Inhalts irreleiten. Unter solchen Umständen wird eine Rückgang auf die eigentliche Bedeutung des letzteren unvermeidlich. Zwar bleibt die psychologische oder naturwissenschaftliche Einzelarbeit unberührt von etwaigen Änderungen in der allgemeinen Begriffssymbolik. Für die Schilderung besonderer Tatsachen und Gesetze ist es gleichgültig, welche erkenntnistheoretische Grundlage vorausgesetzt werden muß. Aber soll die Abbildung des Erlebten auch philosophisch eine treue und widerspruchslose sein, so müssen gerade die abstraktesten Merkmale einen in sich einheitlichen, völlig zutreffenden Ausdruck erhalten. Unsere Reflexion über die Wirklichkeit nähert sich langsam dem Ziel, welches LEIBNIZ vermutlich bei seinem Projekt einer allgemeinen Begriffssprache, der characteristica universalis, vorschwebte und dem HEGEL in seinem logischen System gerecht zu werden versucht hat. Wie das räumlich Gegebene eine ausreichende Bezeichnungsweise in den bestimmten und unbestimmten Zahlen und in den Infinitesimalgrößen gefunden hat, eine systematische Reflexion, welche im Prinzip gefunden hat, eine systematische Reflexion, welche im Prinzip gestattet jedes Raumgebilde zu einer erschöpfenden Darstellung zu bringen, so wird auch für den übrigen Inhalt der Erfahrung eine Begriffssprache zu gewinnen sein, welche eine analoge Sicherheit und Vollständigkeit der Beschreibung ermöglicht. Nur die stetige kritische Besinnung auf das einzig und allein Tatsächliche kann einer solchen Bemühung wahrhaft förderlich sein. Ein logische Drehen und Wenden der einmal gebildeten Begriffe und Symbole mag sich dort als ungefährlich erweisen, wo eine feste und eindeutige Beziehung der Zeichen zum Bezeichneten schon erreicht ist. Aber in keiner Wissenschaft, ausgenommen vielleicht die Mathematik, ist dieser glückliche Zustand durchgehend verwirklicht. Eine Prüfung der Begriffe unter Vergleichung derselben mit den durch sie angedeuteten Erlebnissen sit also nunmehr unsere Aufgabe. Derselbe Tatbestand sollte gleichzeitig eine Vorstellung in mir und ein Objekt außerhalb von mir sein. Die logischen Versuche diesen Widerspruch zu heben waren gescheitert, obwohl sie an Mannigfaltigkeit der Operationen nichts zu wünschen übrig ließen. Da die Ausdrücke "Vorstellung" und "Objekt" nur sekundär in Betracht kommen, weil sie sich wesentlich auf den Gegensatz des "in mir" und des "außerhalb von mir" beziehen, so kann es sich bei jener Prüfung nur um den letzteren oder um die Einfachheit des doppelt benannten Tatbestandes handeln. Schon früher haben wir jedoch an dieser mit Berufung auf den Charakter des unmittelbar Gegebenen festgehalten und auf eine spätere experimentelle Bestätigung dieser Behauptung verwiesen. Vielleicht mag es ihr noch zur Empfehlung gereichen, wenn ich hierher gehörige Äußerungen von JEAN PAUL mitteile, die den Vorzug einer gewissen Unbefangenheit zu besitzen scheinen, aber die Verwirrung des populären Sprachgebrauchs zugleich nicht weniger deutlich offenbaren. Wir lesen in "Siebenkäs" (Ausgabe Reclam, Seite 127):
Es kann somit kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Behauptung einer Einheitlichkeit der erlebten Tatbestände keiner Berichtigung durch unsere kritische Betrachtung bedarf. Der Widerspruch, den wir beseitigen wollen, muß also durch eine Prüfung der Begriffe des "in mir" und des "außer mir" allein zu heben sein. Aber noch ein Ergebnis dürfen wir den soeben angestellten Erwägungen entnehmen. Gibt es Fälle, in denen man von einer Subjektivierung oder Objektivierung nichts erfährt, so können diese Akte und die ihnen entsprechenden Beziehungen den Erlebnissen nicht immanent sein. Den Gegenständen unserer Gesichtswahrnehmung ist die räumliche Form immanent, wir können uns kein helles oder farbiges Etwas vorstellen, das nicht irgendeine Gestalt hätte; den Tönen ist in gleicher Weise die Stärke und die Tonhöhe immanent. Aber wir können ein Nebeneinander von Farben und eine Abfolge von Tönen erfahren, von denen weder eine subjektive noch eine objektive Beschaffenheit ausgesagt zu werden braucht. Dieses wichtige Resultat folgt auch aus einer anderen Überlegung. Was an den Tönen und Farben das Räumliche, Intensive oder Qualitative ist, darf, sofern nur die gewählten Symbole verständlich sein, allgemeingültig heißen: wie wir sie auch bezeichnen mögen, es existieren jedenfalls an den Erlebnissen die Merkmale, welche in jenen Worten einen vielleicht nicht ganz treffenden Ausdruck erhalten. Aber über das, was subjektiv, was objektiv sein soll, herrscht ungeschlichteter Streit, und es ist kein Wortstreit, sondern eine Meinungsverschiedenheit über das zu Benennende selbst. Während die populäre Ansicht und manche deskriptive Psychologen die sinnlichen Qualitäten objektivieren, werden diese von der Naturphilosophie schon des Altertums und von der modernen Naturwissenschaft in das Subjekt verwiesen. Und auch im Einzelnen erscheinen die Kriterien für die Subjektivierung oder Objektivierung vielfach schwankend und unzureichend. Jeder wird bei aufmerksamer Beobachtung entdecken, daß er häufig an der Anwendung dieser Begriffe nachträgliche Korrekturen anbringen muß, daß er nicht zu oft die vollständige Sicherheit über den Charakter seiner Erlebnisse nach der besprochenen Seite hin erwerben kann. Ein solcher Unterschied in der Verwertung durchaus gleichartiger Begriffe wäre undenkbar, wenn der Gegenstand unserer Reflexion eine immanente Beziehung auf das Ich und die Außenwelt in sich trüge. Es wird kaum erforderlich sein, den logisch oder psychologisch möglichen Rechtfertigungsversprechen des hervorgehobenen Wechsels in der Bestimmung von Subjektivem und Objektivem eine Widerlegung zu widmen. Im Bisherigen sind zwei Begriffspaare für einander gebraucht worden, die keine vollständige Gleichsetzung zu erlauben scheinen. Das Subjektive und Objektive darf nicht ohne Weiteres dem "in mir" und "außer mir" substituiert werden. Während in jenen Ausdrücken jede Beziehung auf ein Ich oder einen Gegenstand angedeutet werden kann, liegt in den an zweiter Stelle erwähnten Bezeichnungen zunächst eine ganz bestimmte, die örtliche Beziehung vor. Eine Lokalisation wird, wie es scheint, durch die Angabe eines "in mir" oder eines "außer mir" vollzogen. Nun kann eine Lokalisation im eigentliche Sinne nur die Anweisung einer Raumlage innerhalb anderer räumlicher Gebilde bedeuten. Etwas derartiges darf aber füglich nur von demjenigen ausgesagt werden, was selbst räumlichen Charakter an sich trägt. Sicherlich hat vieles von dem nach außen Verlegten diese Eigenschaft: von allen Gesichtsbildern darf sie ohne Bedenken behauptet werden. Und so hat das Äußere hier einen ganz einwandfreien örtlichen Sinn, es erhält seinen Platz unter den mannigfaltigen räumlichen Erlebnissen, welche außerhalb eines bestimmten solchen Gebildes wahrgenommen werden. Aber nicht alle nach außen projizierten Tatbestände besitzen räumliche Eigenschaften. Töne, Gerüche können z. B. nur in einem uneigentlichen Sinn lokalisiert werden, vollends aber alle sogenannten inneren Zustände. Von einem Willensakt, von einem Bewußtseinsvorgang, von der Seele einen Ort, an dem sie sich befinden, anzugeben kann nur ein metaphorischer Ausdruck für irgendeine unräumliche Beziehung sein. Und so führt uns schon diese einfache Überlegung zu der Frage nach verschiedenen Bedeutungen, welche in den Bestimmungen des "in mir" und des "außer mir" verborgen sein müssen. Zwar eines bekannten Einwandes haben wir uns noch zu entledigen. Nach LOTZE ist die Angabe des Ortes eines immateriellen Wesens genau ebenso berechtigt, wie die Lokalisation eines sichtbaren Gegenstandes. Denn in beiden Fällen kann der Ort nur den Punkt bezeichnen,
Da also nur in bestimmten Fällen die einander widersprechenden Begriffe des "in mir" und des "außerhalb von mir" eine lokale Bedeutung besitzen können, so ist schon damit ein Weg zur Lösung unseres Problems aufgezeigt. Zugleich wird aber auch die Ausdrucksweise "Subjektivierung" und "Objektivierung dadurch gerechtfertigt. Jede Beziehung auf das Subjekt und auf ein Objekt darf mit diesen Namen angedeutet werden, die räumliche so gut, wie eine unräumliche, die sichere neben der unsicheren, die mittelbare außerhalb der unmittelbaren. Darf man jene Ortsbestimmung bei fester Wahl eines die Grenze bildenden ausgedehnten Erlebnisses noch als immanent kennzeichnen, so ist schon die Subjektivierung von Inhalten, wie blau, kalt, bitter, eine schwankende und unnötige Zutat komplexer Reflexion. Und vollends die Subjektivierung von Vorgängen, die Lust, Schmerz, Wahl, die mit jener räumlichen Bedeutung nichts mehr zu tun hat, wird als eine diesen Erlebnissen nicht immanente Beziehung auf möglicherweise selbst unräumlich gedachtes Ich aufzufassen sein. Nur eine klare Einsicht in die Bedeutung des Bezogenen und der Beziehungsobjekte kann die möglichen Anwendungsformen des "in mir" und des "außerhalb von mir" feststellen helfen. Indem wir im Folgenden diesem Bedürfnis nachgeben, verzichten wir auf eine eingehendere Beschreibung aller hierher gehörigen Tatsachen. Nur die allgemeinen Züge wollen wir hervorheben und, soweit es erforderlich scheint, begründen, im Übrigen jedoch verweise ich insbesondere auf das System der Philosophie von WILHELM WUNDT, in welchem der Kundige ohnedies die Anschauungen entwickelt findet, welche der vorliegenden Arbeit als Basis gediehnt haben. Dem, wie ich glaube, bleibenden Wahrheitsgehalt der dort vorgetragenen Lehre vom Vorstellungsverbot habe ich hier nur eine veränderte Form und eine spezielle Anwendung geben wollen. Was die nächste und natürlichste Bedeutung des "außer mir" für den Sehenden ist, dürfte selbstverständlich genannt werden, wenn nicht in neuester Zeit Tast- oder Widerstandsempfindungen dafür in Anspruch genommen wären. In Bezug auf die letztere von GOLDSCHEIDER untersuchte Klasse von Empfindungen lassen sich in gewisse logische Erwägungen nicht unterdrücken. Der nicht gerade glücklich gewählte Name trägt wieder einmal die Schuld an einem verfehlten Gedankengang. Die Empfindungen können sehr verschieden bezeichnet werden, die gegenwärtig meistens gebrauchten Ausdrücke enthalten einen Hinweis auf das sie bedingende Sinnesorgan oder auf das sie erregende Objekt. Man redet demnach von Gesichts- oder Lichtempfindungen, von Gehörs- oder Schallempfindungen usw. In keinem dieser Fälle wird die betreffende Klasse von Empfindungen als Erkenntnisgrund für das Vorhandensein irgendwelcher Gegenstände oder Vorgänge betrachtet. Gerade diese letztere Bedeutung ist es nun aber, welche man der Widerstandsempfindung (und der Bewegungs-, Schwereempfindung) fälschlich untergeschoben hat. Vernünftigerweise kann der Name Widerstandsempfindung nur die Klasse derjenigen Empfindungen angeben wollen, welche durch mechanische Widerstände erregt werden. Denn solche Widerstände erkennbar zu machen ist kein Privileg der durch die sensiblen Gelenknerven vermittelten Empfindungen (1). Zumindest müßten dann Haut-, Muskel-, Sehnensensationen und optische Eindrücke gleichfalls unter Umständen Widerstandsempfindungen genannt werden. Umgekehrt sollte das optische Bild, welches ein bestimmter Quecksilberstand im Thermomenter hervorruft, als Temperaturempfindung bezeichnet werden dürfen, weil wir daraus auf das Vorhandensein einer gewissen Temperatur schließen. Man übersieht leicht, daß hier ein der Verwechslung des Erkenntnis- und Realgrundes analoger Irrtum vorliegt, und wird sicherlich mit dem Vorschlag einverstanden sein, die Empfindungen möglichst bloß nach dem peripherischen Sinnesorgan, das ihrer Entstehung zugrunde liegt, zu benennen. Die Bedeutung, welche sie für eine Erkenntnis äußerer Vorgänge haben mögen, kann nebenher zum Ausdruck gebracht werden. Dasselbe gilt, wie nur kurz bemerkt sein mag, für den Begriff der "Bewegungsempfindung" und es erklärt sich hieraus, wie wir glauben, die schwankende Beziehung, in welche derselben zu besonderen Organen gesetzt wird. Bezeichnet man mit diesem Namen diejenigen Empfindungen, welche durch die Bewegungen der Glieder adäquat erregt werden, so ist sicherlich neben der Gelenksensibilität auch der Muskel- und Sehneneindrücke zu gedenken. Soll dagegen nur die Klasse derjenigen Empfindungen angedeutet werden, welche ohne direkte Mitwirkung des Gesichtssinns das Stattfinden und die Größe von Gliederbewegungen zu beurteilen, abzuschätzen ermöglichen, so muß zweifellos von Gelenkempfindungen jene Aussage gelten. Es empfiehlt sich deshalb wohl auch hier den Namen "Bewegungsempfindung" durch eine eindeutige Bezeichnung nach den Organen zu ersetzen (2). Noch schlimmere Blüten treibt die gerügte Tendenz moderner Wortbildung in Ausdrücken wie Raumempfindung oder Zeitempfindung. Es ist klar, daß ein Erkenntnistheoretiker, welcher aus der Widerstandsempfindung die Außenwelt ableitet, ebenso verfährt, wie jemand, der aus der Raumempfindung den Raum zu konstruieren versucht. Das Qualitative dieser Empfindungen hat im Allgemeinen mit jenen dadurch erkennbar gewordenen objektiven Erscheinungen nichts zu tun, es dient nur als ein mehr oder weniger zweckmäßiges Symbol für die Tatsächlichkeit der letzteren, schon vorher bestimmten und erkannten. So wenig sich aus den Sprachsymbolen ansich eine Wirklichkeit, die sonst verborgen wäre, herauslesen ließe, so wenig dürfen gleiche Dienste verrichtende Empfindungen als die erkenntnistheoretische Grundlage für eine vorher nicht in das Bewußtsein getretene äußere Welt angesehen werden. Die Tastempfindungen haben beim Sehenden gleichfalls keine unmtittelbare Bedeutung für solche Vorstellungen objektiver Existenzen. Denn ihr Quale dient auch nur als Symbol für das Gesehene oder als sichtbar Eingebildete. Jede Druckempfindung pflegt ein optisches Bild zu reproduzieren und unsere Urteile über die räumliche Beschaffenheit berührender Gegenstände werden sicherlich in diesen reproduzierten Vorstellungen eine wesentliche Basis besitzen. Man hat zwar den Versuch gemacht, die Tastvorkommnisse als die eigentliche Grundlage der mechanischen Naturauffassung zu erweisen. Aber die Rauheit und Glätte, Härte und Weichheit, die wir empfinden, sind doch nicht identisch mit den Begriffen, welche die Physik solchen Unterschieden substituiert. Abgesehen von den räumlichen und zeitlichen Änderungen, die sie untersucht und die sie gewiß nicht nach den Eindrücken des Tastsinns in erster Linie beurteilt, pflegt sie von Stoffen zu reden, an denen sich jene Vorgänge ereignen, und von Kräften, welche die letzteren bedingen. Weder in der Materie, noch in den anziehenden und abstoßenden Kräften findet sich nun irgendetwas von sinnlicher Qualität aufgehoben und der Feststellung räumlicher oder zeitlicher Änderungen die nächste Abhängigkeit vom Wechsel der Hautempfindungen zuzugestehen wird schwerlich einem Naturforscher passend vorkommen. Es ist kein Zufall, daß die moderne Naturwissenschaft sich gerade am Studium solcher Erscheinungen entwickelt hat, welche gar nicht Gegenstände der Tastwahrnehmung werden können, wie die Bewegungen der Himmelskörper. Sehr viel mühsamer, als der Sehende, erwirbt sich der Blindgeborene Vorstellungen äußerer Objekte. Wir wollen dieser Entwicklung nicht näher treten, sondern verweisen auf die feine Darstellung in LOTZEs "Medizinischer Psychologie". Nur zweierlei möchten wir hervorheben. Erstens müßte sich, wenn Tastempfindungen überhaupt den Anschauungen von einer Außenwelt ausschließlich zugrunde lägen, der Blindgeborene bei seinem feineren Tastsinn mindestens mit gleicher Sicherheit und Schnelligkeit, wie der Sehende, über Objektives und Subjektives zu orientieren imstande sein. Von besonderem Interesse ist zweitens die Tatsache, daß er verhältnismäßig bald nach einer die Sehkraft herstellenden Operation, wenn das notwendige, der Verbindung der neuen mit den alten Erfahrungen gewidmete Übergangsstadium überwunden ist, zu einem überwiegenden Vertrauen auf die Realität des Sichtbaren, zu einer unmittelbaren Benutzung der optischen Qualitäten für die Beurteilung äußerer Ereignisse gelangt (3). So hat dann das "außer mir" zunächst eine klare und eindeutige Beziehung zum Gesehenen. Es umfaßt alle räumlichen Erlebnisse außer einem, dem Ich. Auch das letztere muß hiernach eine räumliche Bedeutung haben, wenn es die Grenze für jene Lokalisation, den konstanten Orientierungspunkt in der Bestimmung von Äußerem bilden soll. Offenbar ist der Körper des Sehenden, des Erlebenden, sofern er ein sichtbares Objekt neben anderen ist, dazu berufen jenes Ich zu repräsentieren. Ohne genauer zu untersuchen, wie wir zur Zusammenfassung und Unterscheidung von Einzeldingen im Raum gelangen, dürfen wir also behaupten, daß die Außenwelt in erster Instanz als die Summe aller außerhalb des eigenen Körpers gesehenen oder sichtbaren Objekte zu betrachten ist. Damit haben wir eine vorläufige sichere und deutliche Begriffsbestimmung gewonnen. Das Äußere zumindest läßt sich in diesem Sinne mit einer Genauigkeit, welche überhaupt optischen Lokalisationen eigen ist, jederzeit angeben. Aber nicht in gleicher Weise der natürliche Gegensatz zum Äußeren, das Innere. Freilich sofern die einzelnen räumlichen Bestandteile des körperlichen Ich, die Glieder und Eingeweide des Leibes, als Inneres bezeichnet werden, wozu dasselbe Recht vorliegt, wie zur Anerkennung des eigenen Körpers als eines Trägers des Selbstbewußtseins, besteht kein Grund zu einer besonderen Untersuchung des Subjektivierten. Aber unter dem letzteren treffen wir auch diejenigen Erlebnisse wieder an, welche bereits in einfacher Weise als äußere bezeichnet wurden. Auch das neben dem eigenen Körper im Raum Gesehene unterliegt einer Verweisung in oder an das Subjekt. Welche Bedeutung kann da das Subjekt und welchen Sinn die Subjektivierung haben? Noch immer kann dem Ich jene ursprüngliche lokale Funktion erhalten bleiben, aber die Beziehung zwischen ihm und den subjektivierten Tatbeständen muß eine unräumliche geworden sein. Wenn ich von der Vorstellung des Baumes in mir rede, so meine ich nicht, daß das sogenannte Erlebnis im körperlichen Ich einen Sitz hat. Ich will und kann vielmehr damit nur angeben, daß sie, abgesehen von der räumlichen Trennung beider, ein Abhängigkeitsverhältnis aneinander knüpft. Die Erfahrungen, welche der Feststellung einer kausalen Abhängigkeit zugrunde liegen, sind zeitliche Sukzession und Äquivalenz von Bedingung und Bedingtem. Beides trifft hier zu. Der Entstehung bestimmter Erlebnisse gehen bestimmte Prozesse am körperlichen Ich voraus, und die Beschaffenheit jener ändert sich in einem gesetzmäßigen Verhältnis mit den Änderungen, welche diese erleiden. Vollends seit durch die Physiologie der Sinnesorgane und durch die experimentelle Psychologie diese Äquivalenzbeziehung auf einen quantitativen Ausdruck zu bringen versucht ist, wird am Vorhandensein einer Abhängigkeitsbeziehung zwischen Erlebnissen und dem körperlichen Subjekt nicht gezweifelt werden dürfen. Aber schon früher (4) konnte darauf hingewiesen werden, daß die Begriffe des Wahrnehmens, Hörens usw. auch im populären Sprachgebrauch das Bewußtsein einer solchen Beziehung verraten. Indem die moderne Naturwissenschaft ferner die Töne, Farben als sinnliche Qualitäten in das Subjekt verlegt, erklärt sie alle diese Bestandteile des Erlebten für die Wirkungen irgendwelcher Zustände des Ich. Der scheinbare Widerspruch zwischen dieser mechanischen Auffassung der äußeren Welt und der lebensvolleren Objektivierung des gemeinen Bewußtseins ist nicht schwer zu erklären. Will man die räumliche Bedeutung des "außerhalb von mir", also dessen ursprünglichen Sinn vor allem hervorheben, so liegt nicht der mindeste Grund vor, den sichtbaren Körpern Farbe und Helligkeit abzusprechen. Auch für die entwickeltere Erkenntnis der Wissenschaft bleibte es möglich die sinnlichen Qualitäten (zunächst des Gesichtssinns) als Eigenschaften der Gegenstände in der erwähnten Auffassung zu betrachten. Wird dagegen der kausalen Untersuchung die maßgebliche Rolle in der Bestimmung von Subjektivem und Objektivem zugewiesen, so tritt natürlich der räumliche Gesichtspunkt zurück, und auch äußerlich Wahrgenommenes kann als ein Zustand des Ich bezeichnet werden. So löst sich schon hier ein wesentlicher Bestandteil unseres Problems in eine widerspruchslose Durchkreuzung verschiedener Betrachtungsweisen auf. Was verbleibt aber nach Abzug der sinnlichen Qualitäten, des unter der Herrschaft des kausalen Gedankens Subjektivierten in der objektiven Welt? Offenbar dasjenige, was unabhängig vom Ich Bestand hat. Es gibt eine Anzahl räumlicher und zeitlicher Eigenschaften und Vorgänge an den Erlebnissen, welche sich, wie die genauere Forschung gezeigt hat, durch subjektive Zustände unbeeinflußt erweisen. Alle Veränderungen an den Erlebnissen, welche bei merklich unverändertem Ich auftreten, veranlassen uns zu der Annahme eines objektiven Bestandteils in jenen. Es scheint sich demnach irgendein Erlebnis w in einem Faktor s, welcher vom Subjekt, und einen anderen Faktor o, der nicht vom Subjekt abhängig ist, zerlegen zu lassen. Man würde also die Sonderung von dem zum Ich und dem zur Außenwelt Gehörigen in ganz ähnlicher Bestimmtheit zu vollziehen imstande sein, wie sie gegenüber den räumlichen Bildern des eigenen Körpers und äußerer Gegenstände möglich wurde. Diese Erwartung bestätigt sich zunächst nicht. Der Bestandteil o hat sein kausales Antezedens [Vorhergehendes - wp] in der neben dem Ich sichtbar werdenden Welt, der Bestandteil s im eigenen Körper. An einem Erlebnis, welches ich als einen braunen viereckigen Tisch zu bezeichnen gewohnt bin, finde ich, daß die braune Färbung zum Faktor s, die Form, Größe und Schwere zum Faktor o gerechnet werden muß. Aber auch für jene besteht eine Bedingung in der Außenwelt, spricht doch der Physiker von der Beschaffenheit des Lichts, von Geschwindigkeit, Amplitude und Reflexion der Ätherwellen. Danach scheint auch die Abhängigkeit vom Ich auf eine solche vom Charakter o zurückführbar zu sein. Nicht weniger aber ist tatsächlich die Form und Größe, die wir vorhin unbedenklich als den o-Bestandteil bezeichnen zu müssen glaubten, veränderlich je nach der Entfernung meines Körpers vom Tisch, nach der Richtung und Bewegung des Blickes usw., also nach Umständen, welche auf das Ich als ihren Ursprung deutlich hinweisen. So würden auch diese sogenannten objektiven Eigenschaften vom Subjekt abhängig und demnach als Zustände desselben aufzufassen sein. Den Widerspruch, der uns beschäftigt, sehen wir hier in aller Schärfe wiederkehren. Ein und dasselbe Erlebnis soll zwei entgegengesetzte Prädikate vertragen. Man könnte zunächst meinen, es handle sich in beiden Fällen gar nicht um eine Abhängigkeitsbeziehung, sondern um eine mehr oder weniger fest gewordene Assoziation. Die Verbindung von Tönen mit sichtbaren Gegenständen der Außenwelt soll also eine so regelmäßige sein, daß aufgrund davon eine Objektivierung jener Qualitäten erfolgen kann. Ebenso soll die Assziation der Schmerzen mit dem Bild des eigenen Körpers die Basis für die Subjektivierung solcher Erlebnisse sein. Diese Ansicht ist ein berechtigter Ausdruck für das Verfahren des common sense, genügt aber nicht für eine erkenntnistheoretische Würdigung der wissenschaftlichen Aufgaben. Insbesondere ist die Assoziation als ein subjektiver, psychologischer Tatbestand durchaus ungeeignet einer Objektivierung zur Grundlage zu dienen und erklärt sie uns den eben hervortgetretenen Widerspruch nicht. Es kann in der Tat nicht daran gezweifelt werden, daß es Abhängigkeitsbeziehungen sind, welche in der Subjektivierung und Objektivierung zweiter Ordnung (eine solche erster Ordnung bestand in der räumlichen Sonderung der Gesichtsbilder) den erlebten Tatbeständen zuerkannt werden. Und dann gibt sich überhaupt keine einfache Trennung einzelner Faktoren an den letzteren durch solche Beziehungen kund. Was wir objektiv in diesem Sinne nennen, ist nicht für sich erfahrbar neben demjenigen, was subjektiv im Gegensatz dazu erscheint, sondern dieselbe unteilbare Wirklichkeit erhält eine doppelte Bedeutung, je nach dem sie durch äußerlich Sichtbares oder durch den eigenen Körper bedingt gedacht wird. Wenn in der Mathematik die Gleichung x = ƒ (y, z) eine doppelte Funktion für dieselbe Größe x andeutet, so soll in der näheren Bestimmung einer solchen Funktion weder die einheitliche Beschaffenheit des x, noch die eigentümliche Beziehung zu den unabhängigen Variablen y und z angetastet werden. Was hier keinen Widerspruch, sondern nur eine Aufgabe für eine genauere Untersuchung bildet, kann auch in einer speziellen Anwendung, wie wir sie vor uns haben, keine unlösbare Schwierigkeit sein. Finden wir beispielsweise für jenen allgemeinen Ausdruck die besondere Form x = ay² + bz + c, so ist nicht nur für jeden Wert von y und z und unter einer Voraussetzung über die Größe der Konstanten a, b und c ein bestimmtes x anzugeben, sondern auch die Kombination der Einflüsse, von denen der Gang von x abhängig ist, ersichtlich gemacht. Insbesondere ist zwischen den Veränderlichen y und z selbst eine Beziehung entstanden, die in der allgemeinen Funktionsgleichung keinen Ausdruck erhalten konnte. Eine solche Beziehung haben wir offenbar auch zwischen den Bedingungen zu erwarten, welche dem erlebten Tatbestand eine subjektive oder objektive Bedeutung verleihen. Nennen wir jene Bedingungen S und O und die ihnen entsprechenden Eigenschaften des Subjektiven und Objektiven wie vorher s und o, so muß also w, sofern es s ist, von S, sofern es o ist, von O abhängig gedacht werden. Nun findet sich, daß auch S und O bedingt ist, und es entsteht dadurch das Dilemma, daß O direct o und indirekt s veranlaßt. Es ist wünschenswert, sich hier des Tatbestandes vollkommen bewußt zu werden. Wir führen hierzu den Namen des Vorstellungsobjekts ein, der sehr anschaulich diejenige Klasse von Erlebnissen bezeichnet, welche eine gleichzeitige Objektivierung und Subjektivierung erfahren. Es sei uns wieder das Vorstellungsobjekt Tisch gegeben. Wir nennen dasselbe objektiv, sofern es in Gestalt, Lage, Konstanz in der Zeit nicht vom Ich abhängig erscheint, subjektiv, sofern es eine gewisse Helligkeit und Farbe, eine gewisse Härte und Glätte besitzt. Diese Eigenschaften sind zunächst durch Prozesse des eigenen Körpers bedingt, die letzteren ihrerseits aber führen ebenso, wie jene objektiven Merkmale, auf äußere Ursachen zurück. Ist nun das O in beiden Fällen dasselbe? Keineswegs: während wir die Gestalt und Lage, die zeitliche Konstanz auf der Begrenzung und Anziehung durch andere Körper, auf den ungeänderten äußeren und inneren Verhältnissen des Tisches selbst beruhen lassen, wird die Helligkeit und Farbe aus der Einwirkung reflektiert Lichtstrahlen, die Härte und Glätte aus der Einwirkung der materiellen Oberfläche auf die entsprechenden reizbaren Körperteile des Ich erklärt. Wir haben also zwei Arten von O zu unterscheiden, einmal die Bedingung für dasjenige, was wir objektiv an jenem Erlebnis nennen, sodann die Veranlassung derjenigen Veränderungen unseres Leibes, welche die subjektive Beschaffenheit des Vorstellungsobjekts begründen. Das eine Dilemma ist, wie es scheint, mit dieser Erkenntnis gehoben. Es besteht keine Schwierigkeit in dem Gedanken, das y in der Gleichung x = ƒ (y, z) als eine Funktion φ (ξ) auffassen zu sollen. Der Widerspruch, welcher darin zu liegen schien, daß auch die subjektiven Merkmale von w auf O als Entstehungsursache hinweisen, erledigt sich teils durch die Tatsache, daß direkt niemals O, sondern S als Bedingung für sie gilt, teils durch das soeben gewonnene Ergebnis, daß O als Veranlassung für S nicht zugleich die Ursache von o ist. Es bleibt nur noch auf jene andere vollständige Abhängigkeit von w von S einzugehen. Erstens würde, selbst wenn sie bestände, ein O, welches die entsprechenden Änderungen in S hervorruft, angenommen werden müssen. Aber auch abgesehen davon, ist jene vollständig subjektive Beschaffenheit der Erlebnisse nicht wirklich vorhanden. Unter geeigneten Umständen läßt sich stets erkennen, daß sie nicht lediglich vom Ich abhängig sind. Wir wissen die scheinbare Form, Größe und Bewegung von der wirklichen zu unterscheiden, weil es sich bei jener stets um eine Beziehung zum eigenen Körper, bei dieser um eine solche zu anderen Objekten im Raum handelt. Das ist ja gerade die Aufgabe der exakten Untersuchung, in jedem Fall den objektiven Zusammenhang von subjektiven Einflüssen befreit darzustellen und dadurch zu einem allgemeingültigen zu erheben. In der Mathematik ist diese Objektivität am vollkommensten verwirklicht und je mehr die Naturwissenschaft sich diesem Ziel annähert, umso mathematischer wird sie. Aber eine solche vollständige Befreiung von subjektiven Einflüssen gelingt dem Naturforscher empirisch in der Tat niemals. Unter dem unschuldigen Namen der "Beobachtungsfehler" werden sie auch allgemein zugestanden und mit mehr oder weniger Mühe zu eliminieren versucht. Darum läßt sich a priori über dasjenige, was an einem Tatbestand objektiv ("real", wie man sich gern ausdrückt) ist, nichts ausmachen, und darum bedarf man so komplizierter Methoden und Hilfsmittel zur Feststellung desselben. Zugleich liegt darin eine deutliche Bestätigung für die erkenntnistheoretische Behauptung, daß die Vorstellungsobjekte und nicht etwa eine von vornherein gedoppelte Welt den Tatbestand, um den es sich bei aller naturwissenschaftlichen und zum Teil bei der psychologischen Erkenntnis handelt, schlechthin bilden. Daher bleibt es dabei, daß das Objektive an den Vorstellungsobjekten nicht neben dem Subjektiven als besonderer Faktor des Ganzen erlebt wird, vielmehr ist die sogenannte objektive Welt eine lediglich erschlossene, konstruierte. Von geometrischen Raumgebilden, absoluten Maßen, von anziehenden und abstoßenden Kräften erleben wir nichts, alle diese Erscheinungen sind nur begrifflich fixierbar. Aber die Erlebnisse selbst dürfen wir objektiv oder subjektiv nennen, sofern wir bloß die Abhängigkeitsbeziehungen der Vorstellungsobjekte zueinander oder zum Ich feststellen wollen. Demnach ist die Vorstellung das Objekt und Objekt die Vorstellung. Diese Erörterungen finden, wie es scheint, eine doppelte Bestätigung. Der subjektive Idealismus, der es versucht hat, die Abhängigkeit der Erlebnisse vom Ich zur einzig vorhandenen zu verallgemeinern, ist entweder ein Standpunkt vorläufiger Orientierung geblieben, also als undurchführbar alsbald aufgegeben worden, oder hat nach transzendenten Ursachen für die aus dem Ich allein nicht ableitbare Gesetzmäßigkeit und Tatsächlichkeit an den Erlebnissen gegriffen. Darin finden wir das natürliche Geständnis, daß die Erlebnisse nicht lediglich als subjektiv betrachtet werden dürfen. Und die neuere Physik ist bei ihrer Konstruktion der objektiven Welt von zwei deutlich unterscheidbaren Aufgaben ausgegangen. Die eine bestand im Nachweis der Bedingungen für jenen Faktor o an den Vorstellungsobjekten; die Mechanik des Himmels und der Erde hat hierin ihre Grundlagen. Die andere war in der Frage nach den Ursachen der Sinneseindrücke geboten, also nach der indirekten Veranlassung für den Faktor s; die atomistische Konstruktion der Materie, der Wärmestoff, der Lichtstoff finden in diesem Problem ihren Ursprung. Nur allmählich hat eine Reduktion der beiden Begriffe von Objekten aufeinander stattgefunden, ist also, wie in der expliziten Form der Funktion x = ƒ (y, z) auch zwischen y und z, so zwischen Subjekt und Objekt oder den objektiven Einflüssen auf S und O eine bestimmtere Beziehung nachgewiesen worden, für den Lichtstoff ist sie noch heute nicht geliefert. Daß es sich also beim O, welches die Objektivierung der Erlebnisse ermöglicht, und der äußeren Bedingung für die dem Subjektiven zur Erklärung dienenden Vorgänge in S um Verschiedenes handelt, wird durch diesen Entwicklungsgang der physikalischen Arbeit erhärtet. Auch die Lebenskraft der älteren Physiologie wird uns aus diesen Verhältnissen verständlich, ihre Annahme wurzelt in der Bemühung, den Bedingungskomplex S selbständig zu gestalten. Die bisherigen Erörterungen finden ihre notwendige Ergänzung in der Einführung derjenigen Erlebnisse, welche lediglich subjektiviert werden. Vom Denken, Fühlen und Wollen wird höchstens im Zusammenhang mit einer metaphysischen Weltanschauung behauptet, daß sie auch als Eigenschaften äußerer Objekte anzusehen sind. Aber so wenig wir uns hier mit der Frage nach der Erkenntnis eines fremden Ich beschäftigen, so wenig kann uns die transzendente Umbildung und Erweiterung der empirischen Erkenntnisdata zu einer eingehenderen Prüfung ihres Wesens und Rechts veranlassen. Unsere Aufgabe ist bisher ohne Metaphysik lösbar gewesen und unser Ziel, eine genügende Grenzbestimmung für die Naturwissenschaft und die Psychologie zu liefern, wird sich wohl auch ohne die Hilfe transzendenter Faktoren erreichen lassen. Daß am Ende auch diesen ausschließlich subjektivierten Erlebnissen im weiteren Verlauf der Abhängigkeitskette gewisse Einflüsse objektiver Natur zugrunde gelegt werden, hindert hier ebenso wenig, wie bei der Subjektivierung der Vorstellungsobjekte, die Anerkennung ihrer subjektiven Beschaffenheit. Worauf beruth nun die letztere? Zwei Antworten auf diese Frage können schon den bisherigen Erörterungen entnommen werden. Ich subjektiviere die erlebten Gefühle z. B. nach der einen Ansicht aufgrund der festen Assoziation mit dem Gesichtsbild des eigenen Körpers, nach der anderen, weil ich sie abhängig denke lediglich von Vorgängen und Zuständen des letzteren. Eine räumliche Bedeutung der Subjektivierung ist wiederum ausgeschlossen, weil alle hier gemeinten Erlebnisse unräumlicher Art sind. Solange der eigene Körper den Subjektbegriff ausschließlich deckt, mag eine jener beiden Auffassungen als genügend angesehen werden. Nur würde auch hier die erste deshalb zu beanstanden sein, weil sie das subjektive Phänomen der Assoziation zur Veranlassung einer Subjektivierung erhebt. Und eine Abhängigkeit der Gefühle von objektiven Bedingungen wird in einem analogen Sinn, wie bei den Vorstellungsobjekten, doch insofern anzuerkennen sein, als vielfach eine äußere Veranlassung für das Eintreten jener leiblichen Veränderungen, von denen man sich die Gefühle verursacht denken mag, besteht. Gewiß verhalten sich die zentral erregten Gefühle zu den peripherisch erregten wesentlich anders, als die zentral erregten Empfindungen zu den peripherisch erregten. Während dort die relative Stärke der zentralen Erregungen so groß ist, daß eine experimentelle Erkenntnis der gesetzmäßigen Beziehungen zwischen äußerem Reiz und Gefühl geradezu ausgeschlossen erscheint, stützt sich die Möglichkeit und der Erfolg einer solchen Untersuchung der Empfindungen vornehmlich auf die Tatsache einer relativ geringen Bedeutung der zentral erregten unter ihnen. Aber diese zweckmäßige Ordnung, welche für die objektive Erkenntnis und für die sittliche Erziehung von äußerster Wichtigkeit ist, ändert doch nichts an der Erscheinung eines objektiven Einflusses auf die erlebten Gefühle. Und es könnte demnach auch der Tatbestand dieser letzteren einen Schluß auf eine Objektivierung gestatten. Wir würden eine solche jedoch nur dann im eigentlichen Sinne vornehmen müssen, wenn sich im Verhalten der Gefühle selbst eine Gesetzmäßigkeit kundgäbe, die vom Ich unabhängig zu denken wäre, also etwas Analoges, wie die raum-zeitlichen Beziehungen der Vorstellungsobjekte zueinander. Aber hiervon scheint freilich jede Spur zu fehlen, so daß selbst die populäre Reflexion, die doch noch unbedenklich von farbigen und tönenden Gegenständen redet, die Erfahrungen von Lust und Leid auf das fühlende Ich zu beschränken pflegt. Demnach würde die Subjektivierung bei all diesen Erlebnissen eine eindeutige Bestimmtheit allerdings durch die Beziehung auf das körperliche Subjekt erhalten können. Die Fälle, in denen eine derartige Beziehung nicht direkt nachweisbar ist, würden keine Gegeninstanz bilden. Denn es würde sich doch nur darum handeln eine Abhängigkeit vom Leib stets voraussetzen zu können. Deshalb hat es einen berechtigten und klaren Sinn, wenn in einer psychophysischen Theorie die subjektive Beschaffenheit solcher Erlebnisse in gewissen körperlichen Vorgängen gesucht wird. So wenig sich die ganze Reihe qualitativ verschiedener Empfindungen aus dem Begriff der Seele und den ihr etwa zugeschriebenen Vermögen ableiten und begreifen läßt, so wenig kann auch in Dispositionen oder Stimmungen der Seele oder Verhältnissen ihrer Vorstellungen für die qualitativ eigenartigen Vorgänge des Fühlens oder Wollens eine zureichende Erklärung gefunden werden. Der Nachweis der Subjektivität kann also bei diesen Erlebnissen so lange in einer Aufzeigung von Abhängigkeitsbeziehungen zwischen ihnen und dem eigenen Körper (bzw. sichtbaren oder als sichtbar vorzustellenden Bestandteilen oder Prozessen im letzteren) bestehen, als die ursprüngliche Bedeutung des Gegensatzes von Ich und Außenwelt, Subjekt und Objekt festgehalten wird. Aber es liegt nahe diese Bedeutung aufzugeben. Früh genug stellt sich der eindringenderen Reflexion das Problem einer Überweisung auch des eigenen Körpers an die objektive Welt. Denn auch er darf als ein Vorstellungsobjekt angesehen werden, als ein Erlebnis, das der subjektiven und der objektiven Beurteiltung unterliegt. Zweifellos bestehen zu einer Anwendung beider Begriffe auf das Erlebnis des eigenen Körpers dieselben Motive, wie bei den im engeren Sinne zur Erörterung gelangten Vorstellungsobjekten. Und die Objektivierung hat hierbei ganz die gleiche Bedeutung, wie bei diesen, sie drückt die Abhängigkeitsbeziehung aus, in welcher der erwähnte Tatbestand von anderen Objekten steht. Aber die Subjektivierung scheint jetzt eine andere Basis erhalten zu müssen. Der Erlebnis des eigenen Körpers kann man nicht mehr in dem Sinne subjektiv nennen, daß man es vom eigenen Körper abhängig denkt, denn eine solche Behauptung würde jetzt gerade eine Objektivierung bedeuten. Es muß demnach nicht nur für die lediglich subjektivierten Erlebnisse, sondern auch für die Vorstellungsobjekte, sofern sie Vorstellungen sind, nach einer neuen Grundlage gesucht werden. Hier stoßen wir auf den unvergänglichen Kern aller psychologischen Metaphysik. Gibt es subjektive Zustände, die nicht zugleich objektiviert werden, und ist der eigene Körper selbst in gewissem Sinne ein Objekt neben anderen Objekten, so kann offenbar das Subjekt, auf welches jene Zustände bezogen werden, nicht körperlicher Natur sein. Wie nahe scheint es zu liegen ein geistiges Wesen, eine immaterielle Substanz zu fordern, die als eigentliche Trägerin solcher Vorgänge anzusehen ist. Im Unterschied der Vorstellungsobjekte und der lediglich subjektivierten Zustände wurzelt wohl auch die Trennung des unsterblichen nous [Geist - wp] von der sterblichen Seele. Versuchen wir dieser metaphysischen Konstruktion zu entgehen, so bleibt nichts anderes übrig, als die ausschließlich subjektivierten Fakta zu einem neuen Ichbegriff zusammenzufassen. Diese Fakta sind nach verbreiteter Ansicht Erinnerungs- und Phantasievorstellungen, Gefühle und Willensakte. Einen Bestandteil dieser Gruppe subjektivieren heißt demnach ihn in sie einordnen, als solchen Bestandteil auffassen. Die gleiche Bedeutung aber erhält nun auch die Subjektivierung der Vorstellungsobjekte. Einen Tisch als Vorstellung des Ich betrachten und ihn dem Zusammenhang der lediglich subjektivierten Erlebnisse eingliedern ist das gleiche Verfahren. Eine Schwierigkeit liegt darin umso weniger, als ein solcher Zusammenhang auch der regelmäßig gegebene ist. Die Vorstellungsobjekte werden in Verbindung mit Gefühlen und Willensakten tatsächlich erlebt und nur zum Zweck einer Feststellung ihrer objektiven Bedeutung oder einer psychologischen Analyse aus dieser Verbindung gelöst. Auch Bestandteile von Erinnerungs- oder Phantasievorstellungen pflegen nie zu fehlen, sind aber schwerer zu erkennen und noch schwerer vom Wahrgenommenen abzutrennen. Die Vereinigung kann aber weder hier noch dort in demselben Sinn eine Abhängigkeitsbeziehung genannt werden, wie wir eine solche in der Subjektivierung der früheren Stufe oder in den objektiven Verhältnissen angenommen haben. Eine vollständige Kausalreihe der subjektivierten Erlebnisse besteht nicht, sie müßte durch die Einführung fragwürdiger Glieder, unbewußter Vorstellungen z. B., also nicht erlebter Erlebnisse erst geschaffen werden. Ebenso vermissen wir eine quantitative Äquivalenz, dieses wichtige empirische Kriterium eines Abhängigkeitszusammenhangs. Denn ein Analogon des Satzes von der Erhaltung der Materie fehlt uns hier nicht weniger, als ein entsprechendes Gesetz von der Erhaltung der Kraft. Die Summe subjektivierter Zustände vermehrt und verringert sich allerdings, und die Energie, welche sie etwa darstellen sollen, kann keineswegs sich selbst gleich bleiben. Aber auch die für die Konstruktion des objektiven Zusammenhangs erforderlichen Begriffe von Materie oder Energie selbst haben kein Äquivalent auf dem Gebiet der Subjektiva. Denn die letzteren gehen eine Verbindung von unbedingter und individueller Form ein. Die Erlebnisse mit ihrem ganzen unverkürzten Wesen und Inhalt verknüpfen sich subjektiv, während nur gewisse Erlebnisse, und auch diese nur in gewisser Hinsicht sich zu objektiven Beziehungen verwerten lassen. Die Einförmigkeit, welche die letzteren in ihrem allgemeinen (räumlich-zeitlichen) Charakter beherrscht, veranlaßt die Bildung relativ einfacher und allgemeingültiger Begriffe. Aber weder läßt sich ein subjektiver Vorgang auf einen anderen zurückführen, noch der eine zum Maß aller anderen erheben, sie alle haben die gleiche Bedeutung und Selbständigkeit, jeder ist ein individueller Tatbestand. Darum läßt sich auch die Verbindung, in die sie geraten, nicht aus ihnen selbst ableiten, und unter dem Namen einer Assoziation begreift man jedenfalls einen Tatbestand, der mit dem mechanischen Zusammenhang objektiver Prozesse nichts Wesentliches gemein hat. Die Richtigkeit dieser Erörterungen scheint auch die die sogenannten Assoziationsgesetze belegt zu werden. Man mag von einer raumzeitlichen Berührung oder von Gleichzeitigkeit und Sukzession [Aufeinanderfolge - wp] reden, so sind damit nicht Ursachen der Verbindung von subjektivierten Erlebnissen angegeben, sondern nur Einteilungsgründe für die Klassifikation der Verbindungen. Ist die Verknüpfung von a und b das erste Mal, wo sie eintrat, nicht eine kausale gewesen, so ist nicht einzusehen, wie sie es später einmal werden soll. Aber die subjektivierten Erlebnisse sind auch nicht feste, aneinander meßbare Größen, von denen auszusagen wäre, daß sie identisch sind mit irgendwelchen früheren. Darum ist der Begriff der Reproduktion, um den sich die Assoziationspsychologie dreht, ein praktisch, aber nicht erkenntnistheoretisch berechtigter, und die Assoziationsgesetze erhalten, sofern sie, wie bei HERBART und den englischen Psychologen, Reproduktionsgesetze sein sollen, von vornherein einen transzendenten Charakter. Viel fruchtbarer ist eine Schilderung der Beschaffenheit verschiedener Verbindungen, die über die rein äußerlich Angabe einer Gleichzeitigkeit oder Sukzession hinausginge. Zwei Verbindungen subjektivierter Erlebnisse, wie die Tonverschmelzung und der simultane Farbenkontrast, zeigen so charakteristische Unterschiede trotz des gleichen Merkmals der zeitlichen Koexistenz, daß sie zu einer besonderen Einteilung Anlaß zu bieten scheinen. Eine solche Untersuchung aber, praktisch allerdings kaum von Belang, hat bisher nur in geringem Maß stattgefunden. Deshalb läßt sich über die Zuordnung der subjektivierten Tatbestände zueinander auch fast nur negativ Bestimmendes sagen. Daß sie keine Abhängigkeitsbeziehung ist, suchten wir wahrscheinlich zu machen, und daß sie nicht als rein zufälliges Nebeneinander, durch logische Subsumtion unter einen allgemeinen Begriff vermittelt, zu gelten hat, dürfen wir wegen gewisser charakteristischer Differenzen vermuten. Zunächst freilich bedeutet die Subjektivierung nichts anderes. Ihr allgemeiner Sinn erschöpft sich tatsächlich in einer solchen Subsumtion. Da sie für jedes Erlebnis anwendbar ist, wird eine Erkenntnis damit nicht gewonnen. Darum wird eine Beziehung der lediglich subjektivierten Erscheinungen und der ihnen zugeordneten Vorgänge auf Objektiviertes nicht entbehrt werden können. Wir gewinnen dadurch erstens eine genauere Feststellung ihrer Gleichheit oder Verschiedenheit. Es sind nämlich zwei Vorstellungen einander gleich, wenn sie sich auf denselben objektiven Tatbestand beziehen lassen, und um so mehr verschieden voneinander, je mehr die objektiven Vorgänge, denen sie entsprechen, sich voneinander unterscheiden. Dadurch allein wird es möglich, ihre rein individuelle, unmeßbare Beschaffenheit in eine allgemeingültige, meßbare zu verwandeln. Ferner gelangen wir auf diesem Weg zu der Erkenntnis von Abhängigkeitsverhältnissen, d. h. eindeutigen Beziehungen. Diese brauchen wir uns nicht in der Form eines kausalen Geschehens zu denken. Eine bestimmte zeitliche Sukzession, wie sie für die letztere charakteristisch ist, anzunehmen, haben wir in den Erlebnissen selbst keine Veranlassung. Vielmehr wird der allgemeine Charakter einer mathematischen Funktion, bei welcher ja von solchen zeitlichen Bestimmungen der verknüpften Größen völlig abstrahiert werden kann, das Urbild dieses Abhängigkeitsverhältnisses sein. Wir wenden daher den Namen "Parallelismus" zu seiner Bezeichnung an und wollen damit andeuten, daß einer jeden Veränderung auf subjektivem Gebiet eine Veränderung im objektiven entspricht. In einem solchen Abhängigkeitsverhältnis stehen aber die subjektivierten Vorgänge nur zu bestimmten objektivierten. Wüßte man, abgesehen von einer allgemeinen Begrenzung des Ortes, an dem diese stattfinden, auch ihre konkrete Beschaffenheit im Einzelnen, so ließe sich unbedenklich jener Satz auch umkehren und also behaupten, daß eine jede Veränderung, die sie erfahren, eine entsprechende subjektive Änderung nach sich zieht. A priori ist diese Behauptung ebenso richtig, wie ihre Umkehrung. Daß man sie nicht mit gleicher Sicherheit wagt, liegt nur in der Unkenntnis der näheren Qualität parallel verlaufender objektiver Erscheinungen begründet. Man ist deshalb genötigt, entfertere Glieder der objektiven Kausalreihe mit den subjektiven Vorgängen in Beziehung zu setzen. In solchen Fällen ist allerdings die Abhängigkeit eine zeitlich bestimmte, weil jene entfernteren Glieder, seien sie nun Prozesse des eigenen Körpers oder außerhalb desselben sich ereignende, in einer kausalen Verbindung mit den direkten objektiven Bestandteilen unseres Parallelismus gegeben sind. Es hat deshalb einen verständlichen Sinn, nicht nur einen Reiz oder eine peripherische Nervenerregung als Ursache einer Empfindung anzusprechen, sondern auch eine Bewegung durch einen Willensakt veranlaßt zu denken. Eine Frage von geringerer Bedeutung ist es, ob die subjektivierten Erlebnisse durch die Feststellung eines solchen Parallelismus nicht eine Objektivierung erfahren. Setzen wir das Wesen der letzteren in eine Abhängigkeitsbeziehung zu Objektivem, so wird, wenn wir den eigenen Körper auch zur Außenwelt rechnen, eine derartige Bezeichnung für den vorliegenden Fall unvermeidlich sein. Soll aber der Name "Objektivierung" nur das Einordnen von Erlebnissen in die Gruppe derjenigen Beziehungen andeuten, welche unabhängig vom Subjekt (im ursprünglichen und entwickelteren Sinn dieses Wortes) stattfinden, so wird er auf die subjektivierten Erlebnisse keine Anwendung erfahren können. Außerdem aber darf man sich über den eigentlichen Sinn der ausschließlichen Subjektivierung bestimmter Erlebnisse keiner Täuschung hingeben. Wie wir an den Vorstellungsobjekten neben der objektiven eine subjektive Seite deshalb erkennen, weil wir ihre Abhängigkeit vom körperlichen Subjekt bemerken, so objektivieren wir gewisse Erlebnisse deshalb nicht, weil sie in keiner regelmäßigen Beziehung zu äußeren Objekten zu stehen scheinen. Erst einer fortgeschrittenen Reflexion wird auch der eigene Körper zum Vorstellungsobjekt, und ihr kann eine Schwierigkeit in weiteren Berichtigungen der populären Anschauung kaum erwachsen. Es wird Zeit, mit einer kurzen Zusammenfassung einige Ergebnisse unserer Betrachtungen zum Abschluß zu vereinigen. Ich und Außenwelt, Subjekt und Objekt, "in mir" und "außerhalb von mir" haben der Hauptsache nach eine doppelte Bedeutung. Im nächsten und einfachsten Wortverstand ist der Gegensatz ein optisch-räumlicher, als solcher einer Aufhebung nicht fähig und deshalb trotz aller Wissenschaft und Kultur ein bleibender. Aber mit unserem Problem hat er auch in dieser Gestalt nicht zu tun. Wir haben hier nur einen Spezialfall räumlicher Unterscheidung von Erlebnissen vor uns, und ein erkenntnistheoretisches Problem ist damit nicht gegeben. Dieses entsteht erst, sobald derselbe Tatbestand, den wir außerhalb des Ich lokalisieren, zugleich dem Ich zugeschrieben, als sein Inhalt oder Zustand bezeichnet wird. Die Tatsache des Vorstellungsobjekts bildet also den Kern unserer erkenntnistheoretischen Erwägungen. Dadurch bahnt sich eine zweite, für die Wissenschaft ungleich wichtigere Bedeutung von dem, was im Ich, und dem, was außerhalb des Ich liegt, an. Zunächst sei die räumliche Trennung des körperlichen Subjekts und der daneben sichtbaren Objekte beibehalten. Es gründet sich dann die Subjektivierung jener Erlebnisse auf die Erfahrung einer Abhängigkeitsbeziehung zwischen ihnen und dem eigenen Körper, die Objektivierung auf eine entsprechende Erfahrung von Abhängigkeitsbeziehungen zwischen ihnen und anderem räumlich Gegebenen. Da jedes Einzelne von den Außendeingen eine solche doppelte Bestimmung erhalten kann, entsteht eine in sich geschlossene Reihe objektiver und eine analoge subjektiver Beziehungen, deren vollständige und exakte Scheidung nur mit einer hinter dem Ideal zurückbleibenden Annäherung möglich wird. Ein Widerspruch zwischen den Behauptungen, daß ein Erlebnis außerhalb des Ichs und daß es zugleich im Ich sein kann, ist ausgeschlossen, sobald wir mit der ersteren die optisch-räumliche, mit der zweiten die Abhängigkeitsbeziehung zum eigenen Körper meinen. Die Bedeutung des Ich ist in beiden Urteilen dieselbe geblieben, aber Subjektivierung und Objektivierung stellen hier schon Relationen verschiedener Ordnung dar. Doch der Gegensatz des Subjektivierten und Objektivierten involviert auch dann keinen Widerspruch, wenn wir der Abhängigkeitsbeziehung zum eigenen Körper eine solche zu außerhalb gegebenen Erlebnissen für dasselbe Vorstellungsobjekt gegenüberstellen. Die scheinbare Größe widerspricht nicht der gemessenen, Farbe und Helligkeit nicht den lichtreflektierenden und -absorbierenden Eigenschaften der Körper, die Druckempfindung nicht dem Gewicht und der Ton nicht den durch die Luft fortgepflanzten Schwingungen. Eine weitere Scheidung von Ich und Nicht-Ich entsteht aber mit der Anerkennung des eigenen Körpers als eines Vorstellungsobjekts. Es gibt eine Klasse von Erlebnissen, die überhaupt nicht in jenem früheren Sinn objektiviert werden. Diese Klasse wird zur Trägerin des Ichbegriffs, und alle Subjektivierung enthält nunmehr die Beziehung auf sie. Dadurch ergibt sich wiederum eine doppelte Bedeutung des Gegensatzes von "in mir" und "außerhalb von mir". Es läßt sich die Zugehörigkeit zu den lediglich subjektivierten Erlebnissen auf der einen Seite zunächst der optisch-räumlichen, sodann der Abhängigkeitsbeziehung äußerer Erlebnisse auf der anderen Seite gegenüberstellen. Auch diese beiden Relationen entbehren offenbar des Widerspruchs. Wir können danach in einer tabellarischen Zusammenfassung die einzelnen Fälle von Subjektivierung und Objektivierung namhaft machen. Diejenigen unter ihnen, welche eine widerspruchslose Vereinigung beider Bestimmungen in Bezug auf dasselbe Erlebnis ausdrücken können, also direkt eine Lösung unseres ursprünglichen Problems sein wollen, zeichnen wir mit einem Sternchen aus:
Nur der erste dieser Gegensätz kann überhaupt nicht auf dasselbe Erlebnis Anwendung finden, alle übrigen dagegen lassen eine solche Anwendung zu, ohne daß sie natürlich notwendig wäre. Ein Widerspruch besteht in keinem Fall. Der wissenschaftlichen Untersuchung erstehen gesonderte Aufgaben aus dieser entgegengesetzten Betrachtung der Erlebnisse. Psychologie und Naturwissenschaft haben es zum Teil mit der gleichen Welt von Tatsachen zu tun, die Vorstellungsobjekte gehören ihnen beiden an. Vom scheinbaren Streit ihrer Ansprüche hob unsere Untersuchung an. Es wird nun angemessen sein der reinlichen Scheidung ihrer Gebiete im Sinne des kritischen Standpunkts ein begründendes Wort zu reden. Es liegt nahe zu erklären, daß die Psychologie eine Wissenschaft von den subjektivierten, die Naturwissenschaft diejenige von den objektivierten Erlebnissen ist. So richtig diese Behauptung im Allgemeinen den Gegensatz oder Unterschied der Gegenstände bezeichnet, so wenig genügt sie in Anbetracht der mannigfaltigen Bedeutungen, welche der Beziehung auf ein Ich und auf die Außenwelt zukommen können. Naturwissenschaft gibt es nicht von den Erlebnissen, sofern sie zur Raumwelt außerhalb des eigenen Körpers gehören, sonst wäre die populäre Objektivierung die eigentliche Naturwissenschaft. Und Psychologie hat es nicht mit den räumlichen Bestandteilen des eigenen Körpers zu tun, und es ist eine Wissenschaft von den Erlebnissen, sofern sie lediglich subjektivierten Vorgängen zugerechnet werden, nicht durchzuführen. Gewiß darf man sagen, daß von der Psychologie die Vorstellungsobjekte in ihrer Verbindung mit Gefühlen und Willensakten, von der Naturwissenschaft dagegen in ihren Beziehungen zueinander behandelt werden. Aber nicht dadurch allein ist schon der Charakter der wissenschaftlichen Aufgabe festgestellt. Das zufällige, wechselnde räumliche Nebeneinander der Vorstellungsobjekte begründet ebensowenig eine Naturwissenschaft, wie die bloße Koexistenz oder Sukzession der psychischen Akte, von denen man, um mit WUNDT zu reden, einen Maßstab nicht aufbewahren kann, eine Psychologie als Wissenschaft. Danach bleibt nur eine solche Subjektivierung und Objektivierung für die Zwecke allgemeingültiger Forschung übrig, bei der es sich um Abhängigkeitsbeziehungen handelt, zum eigenen Körper hier, zu den Außendingen dort. Die Naturwissenschaft ist also die Wissenschaft von den Erlebnissen in ihrer Abhängigkeit von der Raumwelt außerhalb des eigenen Körpers, und die Psychologie ist die Wissenschaft von den Erlebnissen in ihrer Abhängigkeit vom eigenen Körper. Jene sind die physischen, diese die psychischen Tatsachen, offenbar nicht überall realiter trennbare Gegenstände. Der Naturwissenschaft fällt überhaupt kein Erlebnis zu, das nicht gleichzeitig von der Psychologie zu beanspruchen wäre. Eben deshalb kann sie der Wirklichkeit nur in einseitiger, beschränkter Weise gerecht werden und erhalten ihre Beschreibungen den Charakter einer Konstruktion. Die Psychologie kann gewisse Erlebnisse vollständig beschreiben, wird aber mit Rücksicht auf die Vorstellungsobjekte vom gleichen Vorwurf der Einseitigkeit getroffen. Die Erlebnisse selbst aber sind weder physisch noch psychisch, weder objektiv noch subjektiv, die Eigenschaften, aufgrund derer diese Benennungen über sie ergehen, sind ihnen nicht immanent. Die Scheidung von Ich und Nicht-Ich ist daher keine theoretisch zwingende, sondern vielmehr eine praktisch-fundierte. Im wollenden und handelnden Ich finden wir nach FICHTEs bahnbrechender Einsicht das Motiv zu einer prinzipiellen Trennung der beiden Erkenntnisgebiete. Der Parallelismus psychischer und physischer Vorgänge ist also die Lebensbedingung einer wissenschaftlichen Psychologie. Der Versuch, diesen Parallelismus, das Funktionsverhältnis in eine kausale Beziehung umzuwandeln, scheitert nicht am Satz von der Erhaltung der Energie. Denn nimmt man eine funktionale Äquivalenz zwischen psychischen und physischen Prozessen an, so muß die Summe physischer Energie, wie leicht zu zeigen ist, auch dann konstant bleiben, wenn sich äquivalente Größen einer geistigen Energie in ihren Austausch einschieben. Ist x ein Quantum physischer, y ein solches geistiger Enerige und ist y = ƒ (x), so läßt sich ebenso denken, daß ein Quantum z physischer Energie in einem entsprechenden Verhältnis zu y steht, so daß z = φ (y) ist. Es muß dann selbstverständlich auch ein Funktionsverhältnis zwischen x und z bestehen, dessen Gültigkeit durch den vermittelnden Eintritt von y in keiner Weise beeinträchtigt werden kann. Von dieser Seite her ist also ein ernsthafter Einspruch gegen die Annahme einer Wechselwirkung zwischen psychischen und physischen Erscheinungen nicht zu befürchten (wohl aber gegen die materialistische oder einseitig psychophysische Kausalität). Durchschlagend ist vielmehr die Tatsache, daß uns jeder Anhalt für die Voraussetzung einer zeitlichen Folge von Gehirnprozessen und den ihnen parallel gehenden Bewußtseinsvorgängen fehlt und nicht abzusehen ist, wie der Nachweis ihrer Tatsächlichkeit jemals gelingen soll. Man darf es auch für durchaus unwahrscheinlich halten, daß ein teilweises Aussetzen der physischen Energie stattfindet, wenn sie sich auf kürzere oder längere Zeit in psychische transformiert. Für die Psychologie als Wissenschaft genügt der Parallelismus, die Abhängigkeitsbeziehung. Als FECHNER eine mathematische Feststellung der letzteren anstrebte, da hatte er im Prinzip zur wissenschaftlichen Psychologie den methodologischen Grund gelegt. Von einer kausalen Beziehung zwischen Körper und Seele braucht die Psychologie weder am Anfang noch am Ende zu reden. In doppelter Hinsicht scheint unser kritischer Standpunkt noch einer Erläuterung oder, wenn man so will, einer Rechtfertigung zu bedürfen. Erstens könnte man eine offene Erklärung darüber vermissen, was wir nun eigentlich für das Wirkliche, Reale halten. Zweitens aber möchten wir einer Zuteilung an philosophische Schulen, einer Einreihung in allgemeine Klassenbegriffe durch einige Bemerkungen vorgreifen. Dem vorausgesetzten äußeren Bedürfnis suchen wir durch eine historische Würdigung der metaphysischen Realität und die Abtrennung der erkenntnistheoretischen Wirklichkeit von ihr, dem empfundenen inneren durch das Bekenntnis zu einer Philosophie ohne Beinamen zu entsprechen. Die deutsche Philosophie ist bei ihrer Bestimmung des Realen vom Wert abhängig gewesen, den die Erlebnisse, insbesondere die objektivierten, die Wirklichkeit in erkenntnistheoretischem und populärem Sprachgebrauch in den verschiedenen Zeiten besaßen. Daß die Wirklichkeit nach dem 30-jährigen Krieg bei ihrem ärmlichen, traurigen Charakter allgemeiner Geringschätzung begegnete, daß alles Natürlich verändert und durch eine künstliche Scheinwelt, in der allein man sich befriedigt fühlte, ersetzt wurde, darf nicht verwundern. Dieser kulturgeschichtlich auf allen Gebieten zu verfolgenden Anschauung wird eine rationalistische Metaphysik gerecht, die das Reale auf logischem Weg konstruiert und die erlebte Wirklichkeit nicht nur als zufällig, sondern auch als verworren kennzeichnet. Der wachsenden Bedeutung der Wirklichkeit gehen die kantische und die hegelsche Philosophie parallel. Dort wird zumindest eine Erkennbarkeit der außerhalb der Erfahrung vorausgesetzten Realität bestritten, und dem lebhaften Interesse an subjektivierten Erlebnissen, das seine Zeit beherrschte, hat KANT durch die Anerkennung eines ursprünglichen moralischen Gesetzes Rechnung getragen. HEGEL aber hat mit der Zufälligkeit des Wirklichen gänzlich aufgeräumt und es im Prinzip auf die gleiche Stufe mit dem Notwendigen, Vernünftigen gestellt. Die totale Änderung, welche die Schätzung der Erlebnisse in unserem wirklichkeitsfrohen Zeitalter erfahren hat, spiegelt sich in einer Philosophie wieder, deren Reales nur diese Wirklichkeit sein will und die in den Begriffen, welche die Erkenntnis ausbildet, nur die unentbehrlichen Hilfsmittel sieht, um zu einem allseitigen Verständnis jener zu gelangen. Mit der vom Wechsel der Werturteile abhängigen metaphysischen Realität haben wir es auf unserem kritischen Standpunkt nicht zu tun. Wenn wir erkenntnistheoretisch das Wirkliche mit dem Erlebten identisch setzen, so glauben wir damit eine zu sehr verschiedenen Zeiten angedeutete, von kulturhistorischen Bedingungen unbeeinflußte Auffassung zu vertreten. Für die letztere ist es ferner ebenso, wie für die einzelwissenschaftliche Reflexion, ganz irrelevant, ob sie den Begriff der Existenz auf das Erlebte irgendwie anwendet oder außer Acht läßt. Es besteht die Neigung das durch Objektivierung an den Erlebnissen Festgestellte als ein selbständig Existierendes zu betrachten. Die naturwissenschaftliche Erkenntnis bedarf dessen nicht, und die populäre Objektivierung ist, wie ich früher bemerkt habe, von einer anderen Ordnung als die jener zugrundeliegende. Eine Philosophie ohne Beinamen, von der CARL LEONHARD REINHOLD in seinem Briefwechsel mit dem älteren FICHTE so beweglich redet, ist nach meiner Überzeugung auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie möglich und seit KANTs energischer Abgrenzung dieser Wissenschaft gegen die Psychologie verwirklicht. Wenn trotzdem gewisse Differenzen in ihrer Auffassung und Behandlung durch eine namentliche Unterscheidung hervorgehoben werden, so hat das meines Erachtens keine größere, vor allem keine individuellere Bedeutung, als wenn in der Physik gegenwärtig die elektromagnetische der Elastizitätstheorie des Lichts gegenübergestellt wird. Leider sind nur die Bezeichnungen erkenntnistheoretischer Richtungen so abgegriffen und vieldeutig, daß eine präzise Darstellung durch ihre Anwendung nichts zu gewinnen, eine oberflächliche in ihnen eine schwer zu durchschauende Deckung zu finden pflegt. So können in der Tat die verschiedensten Namen dem Ganzen unserer Überlegungen angeheftet werden. Wir glauben auf den Titel eines Idealisten, eines Realisten und eines Positivisten und, wenn wir in die metaphysische Nomenklatur einzutreten wagen, auf den Titel eines Monisten, Dualisten und Materialisten Anspruch erheben zu dürfen. Denn unleugbar sind gewisse charakteristische Merkmale der durch solche Symbole angedeuteten Richtungen als wesentliche Bestandteile in unsere Schildung aufgenommen worden. Vielleicht ist es unter solchen Umständen doch praktischer auf eine so zweifelhafte Bestimmung zu verzichten und sich im Bewußtsein wissenschaftlicher Gemeinschaft durch die Überzeugung zu stärken, daß die Erlebnisse und die Reflexion über sie allgemeingültige Tatsachen sind, deren Beschreibung in einer von individuellem Meinen und Wollen unabhängigen Form zu liefern gelingen muß.
1) Schon das Phänomen der "paradoxen Widerstandsempfindung" (Archiv für Anatomie und Physiologie, 1889, Physiologische Abteilung, Supplement, Seite 172) hätte diesen Tatbestand klarlegen sollen. GOLDSCHEIDER selbst wird durch diese Bemerkungen übrigens, wie es scheint, nicht getroffen (vgl. a. a. O., Seite 164f). Man vgl. auch HUME, Treatise of human Nature, Bd. 1, Teil 4, § 4. 2) Den Anlaß zur Bildung eines besonderen Begriffs "Bewegungsempfindung" hat man vornehmlich in der Tatsache gefunden, daß kleine oder schnelle Bewegungen als Bewegungen erkannt und beurteilt werden können, ohne daß zugleich die Angabe der Richtung, in welcher sie erfolgen, überhaupt eine nähere Bestimmung ihres Charakters möglich ist. Diese Tatsache, deren Erklärung G. E. MÜLLER und FRIEDRICH SCHUMANN (Pflügers Archiv, Bd. 45, Seite 71f) sehr subtil und doch nicht ausreichende Erwägungen gewidmet haben, hängt, wie man übersehen zu haben scheint, mit einer Fülle ähnlicher Beobachtungen zusammen und läßt sich deshalb einer allgemeineren psychologischen Gesetzmäßigkeit unterordnen. So werden beispielsweise durch die Namen "Unterschiedsempfindung", "Bekanntheitsqualität" die ganz analogen Erfahrungen angedeutet, daß ein Unterschied bemerkt werden kann, ohne daß man zugleich seine Richtung zu bezeichnen imstande ist, oder daß jemand, etwas für bekannt erklärt wird, ohne ein Wissen um die besonderen Umstände, welches diese Behauptung rechtfertigen würde. (Auch das scheinbare Denken ohne Worte, welches R. SOMMER an dem durch GRASHEY mitgeteilten Fall von Sprachstörung (Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd. 2, Seite 143 und Habilitationsschrift, Würzburg 1891) beobachtet hat, gehört mit hierher.) Die psychologische Gesetzmäßigkeit, die sich in diesen Fällen äußert, möchte ich kurz so ausdrücken: die Bezeichnungen für das logisch Allgemeinere werden innerhalb gewisser Grenzen leichter und rascher reproduziert, als diejenigen für das logisch Speziellere. Ich kann hier nicht näher zeigen, in welcher Weise diese Regel in den bisherigen zeitlichen Bestimmungen von Assoziationsreaktionen und in den Erfahrungen über den Nachlaß des Gedächtnisses ihre Bestätigung findet. Nur darauf sei hingewiesen, daß sie selbst auf ein anderes bekanntes Gesetz zurückgeht, nach dem die größere Häufigkeit, mit welcher eine Vorstellung im Bewußtsein auftritt, ihre Reproduzierbarkeit verstärkt. Die Bezeichnungen für das logisch Allgemeinere pflegen in dieser Hinsicht, wie leicht zu beweisen ist, in einem zweifellosen Vorteil gegenüber den Bezeichnungen für das logisch Speziellere zu sein. Wo dieser Vorteil aufhört, muß auch jene Regel ihre Geltung verlieren. Deshalb verschwinden z. B. durch zunehmende Übung die eigentlich zweifelhaften Fälle, die allgemeinen Unterschiedsurteile bei der Anwendung der Methode der r- und f-Fälle. 3) Man vergleiche hierzu die interessanten Bemerkungen des blindgeborenen HITSCHMANN in der Zeitschrift für Psychologie, Bd. 3, Seite 388. 4) Philosophische Studien, Bd. VII, 1892 |