p-4ra-1U. Diemvon HartmannH. BergmannHegelB. Croce    
 
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL
Bewußtsein

"Was wir sagen, ist: Dieses, d. h. das allgemeine Diese, oder: es ist; d. h. das Sein überhaupt. Wir stellen uns dabei freilich nicht das allgemeine Diese oder das Sein überhaupt vor, aber wir sprechen das Allgemeine aus; oder wir sprechen schlechthin nicht, wie wir es in dieser sinnlichen Gewißheit meinen. Die Sprache aber ist, wie wir sehen, das wahrhaftere: in ihr widerlegen wir selbst unmittelbar unsere Meinung; und da das Allgemeine das Wahre der sinnlichen Gewißheit ist und die Sprache nur dieses Wahre ausdrückt, so ist es gar nicht möglich, daß wir ein sinnliches Sein, das wir meinen je sagen können."

"Dieses Ding ist also in der Tat nur weiß, an unser Auge gebracht, scharf auch, an unsere Zunge, auch kubisch, an unser Gefühl usw. Die gänzliche Verschiedenheit dieser Seiten nehmen wir nicht aus dem Ding, sondern aus uns; sie fallen uns an unserem von der Zunge ganz unterschiedenen Auge usw. so auseinander. Wir sind somit das allgemeine Medium, worin solche Momente sich absondern und für sich sind. Hierdurch also, daß wir die Bestimmtheit allgemeines Medium zu sein als unsere Reflexion betrachten, erhalten wir die Sichselbstgleichheit und Wahrheit des Dings, Eins zu sein."



Die sinnliche Gewißheit oder das
Dieses und das Meinen


1. Der Gegenstand dieser Gewißheit

Das Wissen, welches zuerst oder unmittelbar unser Gegenstand ist, kann kein anderes sein als dasjenige, welches selbst unmittelbares Wissen, Wissen des Unmittelbaren oder Seienden ist. Wir haben uns ebenso unmittelbar oder aufnehmend zu verhalten, also nichts an ihm, wie es sich darbietet, zu veränder und vom Auffassen das Begreifen abzuhalten.

Der konkrete Inhalt der sinnlichen Gewißheit läßt sie unmittelbar als die reichste Erkenntnis, ja als eine Erkenntnis von unendlichem Reichtum erscheinen, für welchen ebensowohl, wenn wir im Raum und in der Zeit, als worin er sich ausbreitet, hinaus-, als wenn wir uns ein Stück aus dieser Fülle nehmen und durch Teilung in dasselben hineingehen, keine Grenze zu finden ist. Sie erscheint außerdem als die wahrhafteste; denn sie hat vom Gegenstand noch nichts weggelassen, sondern ihn in seiner ganzen Vollständigkeit vor sich. Diese Gewißheit aber gibt in der Tat sich selbst für die abstrakteste und ärmste Wahrheit aus. Sie sagt von dem, was sie weiß, nur dies aus: es ist; und ihre Wahrheit enthält allein das Sein der Sache. Das Bewußtsein seinerseits ist in dieser Gewißheit nur als reines Ich; oder ich bin darin nur als reiner Dieser und der Gegenstand ebenso nur als reines Dieses. Ich, dieser, bin dieser Sache nicht darum gewiß, weil ich als Bewußtsein hierbei mich entwickelte und mannigfaltig den Gedanken bewegte. Auch nicht darum, weil die Sache, deren ich gewiß bin, nach einer Menge unterschiedener Beschaffenheiten, eine reiche Beziehung an ihr selbst oder ein vielfaches Verhalten zu anderen wäre. Beides geht die Wahrheit der sinnlichen Gewißheit nichts an; weder Ich noch die Sache hat darin die Bedeutung einer mannigfaltigen Vermitllung, Ich nicht die Bedeutung eines mannigfaltigen Vorstellens oder Denkens, noch die Sache die Bedeutung mannigfaltiger Beschaffenheiten: sondern die Sache ist, und sie ist, nur weil sie ist; sie ist, - dies ist dem sinnlichen Wissen das Wesentliche, und dieses reine Sein oder diese einfache Unmittelbarkeit macht ihre Wahrheit aus. Ebenso ist die Gewißheit als Beziehung eine unmittelbare reine Beziehung: das Bewußtsein ist Ich, weiter nichts, ein reiner Dieser; der einzelne weiß reines Dieses, oder das Einzelne.

Am reinen Sein aber, welches das Wesen dieser Gewißheit ausmacht und welches sie als ihre Wahrheit aussagt, spielt, wenn wir zusehen, noch vieles andere dazu. Eine wirkliche sinnliche Gewißheit ist nicht nur diese reine Unmittelbarkeit, sondern ein Beispiel derselben. Unter den unzähligen dabei vorkommenden Unterschieden finden wir allenthalben die Hauptverschiedenheit, daß nämlich in ihr sogleich aus dem reinen Sein die beiden schon genannten Diese, ein Dieser als Ich und ein Dieses als Gegenstand, herausfallen (1). Reflektieren wir (2) über diesen Unterschied, so ergibt sich, daß weder das eine noch das andere nur unmittelbar, in der sinnlichen Gewißheit ist, sondern zugleich als vermittelt; Ich habe die Gewißheit durch ein anderes, nämlich die Sache: und diese ist ebenso in der Gewißheit durch ein anderes, nämlich durch Ich.

1. Diesen Unterschied des Wesens und des Beispiels, der Unmittelbarkeit und der Vermittlung, machen nicht nur wir, sondern wir finden ihn an der sinnlichen Gewißheit selbst; und in der Form, wie er an ihr ist, nicht wie wir ihn soeben bestimmten, ist er aufzunehmen. Es ist in ihr eines als das einfache unmittelbar Seiende oder als das Wesen gesetzt, der Gegenstand, das andere aber als das Unwesentliche und Vermittelte, welches darin nicht ansich, sondern durch ein anderes ist, Ich ein Wissen, das den Gegenstand nur darum weiß, weil er ist, und das sein oder auch nicht sein kann. Der Gegenstand aber ist das Wahre und das Wesen; er ist, gleichgültig dagegen, ob er gewußt wird oder nicht; er bleibt, wenn er auch nicht gewußt wird.

Der Gegenstand ist also zu betrachten, ob er in der Tat, in der sinnlichen Gewißheit selbst, als solches Wesen ist, für welches er von ihr ausgegeben wird; ober dieser sein Begriff, Wesen zu sein, dem entspricht, wie er in ihr vorhanden ist. Wir haben am Ende nicht über ihn zu reflektieren und nachzudenken, was er in Wahrheit sein möchte, sondern ihn nur zu betrachten, wie ihn die sinnliche Gewißheit an ihr hat.

Sie ist also selbst zu fragen: Was ist das Dieses? Nehmen wir es in der doppelten Gestalt seines Seins als das Jetzt und als das Hier, so wird die Dialektik, die es an ihm hat, eine so verständliche Form erhalten, als es selbst. Auf die Frage: was ist das Jetzt? antworten wir also zum Beispiel: das Jetzt ist die Nacht. Um die Wahrheit dieser sinnlichen Gewißheit zu prüfen, ist ein einfacher Versuch hinreichend. Wir schreiben diese Wahrheit auf; eine Wahrheit kann durch Aufschreiben nicht verlieren; ebensowenig dadurch, daß wir sie aufbewahren. Sehen wir jetzt, diesen Mittag, die aufgeschriebene Wahrheit wieder an, so werden wir sagen müssen, daß sie schal geworden ist.

Das Jetzt, welches Nacht ist, wird aufbewahrt, d. h. es wird behandelt als das, für was es ausgegeben wird, als ein Seiendes; es erweist sich aber vielmehr als ein Nichtseiendes. Das Jetzt selbst erhält sich wohl, aber als ein solches, das nicht Nacht ist; ebenso erhält es sich gegen den Tag, der es jetzt ist, als ein solches, das auch nicht Tag ist, oder als ein Negatives überhaupt. Dieses sich erhaltende Jetzt ist dadher kein unmittelbares, sondern ein vermitteltes; denn es ist als ein bleibendes und sich erhaltendes dadurch bestimmt, daß anderes, nämlich der Tag und die Nacht, nicht ist. Dabei ist es eben noch so einfach wie zuvor, Jetzt, und in dieser Einfachheit gleichgültig gegen das, was noch bei ihm herspielt; so wenig die Nacht und der Tag sein Sein ist, ebensowohl ist es auch Tag und Nacht; es ist durch dies sein Anderssein gar nicht affiziert [gereizt - wp]. Ein solches Einfaches, das durch Negation ist, weder Dieses noch Jenes, ein Nichtdieses, und ebenso gleichgültig, auch Dieses wie Jenes zu sein, nennen wir ein Allgemeines; das Allgemeine ist also in der Tat das Wahre der sinnlichen Gewißheit.

Als ein Allgemeines sprechen wir (3) auch das Sinnliche aus; was wir sagen, ist: Dieses, d. h. das allgemeine Diese, oder: es ist; d. h. das Sein überhaupt. Wir stellen uns dabei freilich nicht das allgemeine Diese oder das Sein überhaupt vor, aber wir sprechen das Allgemeine aus; oder wir sprechen schlechthin nicht, wie wir es in dieser sinnlichen Gewißheit meinen. Die Sprache aber ist, wie wir sehen, das wahrhaftere: in ihr widerlegen wir selbst unmittelbar unsere Meinung; und da das Allgemeine das Wahre der sinnlichen Gewißheit ist und die Sprache nur dieses Wahre ausdrückt, so ist es gar nicht möglich, daß wir ein sinnliches Sein, das wir meinen je sagen können.

Es wird derselbe Fall sein mit der anderen Form des Dieses, mit dem Hier. Das Hier ist z. B. der Baum. Ich wende mich um, so ist diese Wahrheit verschwunden und hat sich in die entgegengesetzte verkehrt: das Hier ist nicht ein Baum, sondern vielmehr ein Haus. Das Hier selbst verschwindet nicht, sondern es ist bleibend im Verschwinden des Hauses, Baumes usw., und gleichgültig Haus, Baum zu sein. Das Dieses zeigt sich also wieder als vermittelte Einfachheit oder Allgemeinheit.

Dieser sinnlichen Gewißheit, indem sie an ihr selbst das Allgemeine als die Wahrheit ihres Gegenstandes erweist, bleibt also das reine Sein als ihr Wesen, aber nicht als Unmittelbares, sondern als ein solches, dem die Negation und Vermittlung wesentlich ist, hiermit nicht als das, was wir unter einem Sein meinen, sondern das Sein mit der Bestimmung, daß es die Abstraktion oder das rein Allgemeine ist; und unsere Meinung, für welche das Wahre der sinnlichen Gewißheit nicht das Allgemeine ist, bleibt allein diesem leeren oder gleichgültigen Jetzt und Hier gegenüber noch übrig.

Vergleichen wir das Verhältnis, in welchem das Wissen und der Gegenstand zuerst auftrat, mit dem Verhältnis derselben, wie sie in diesem Resultat zu stehen kommen, so hat es sich umgekehrt. Der Gegenstand, der das Wesentliche sein sollte, ist nun das Unwesentliche der sinnlichen Gewißheit; denn das Allgemeine, zu dem er geworden ist, ist kein solches mehr, wie er für sie wesentlich sein sollten, sondern sie ist jetzt im Entgegengesetzten, nämlich in dem Wissen, das vorher das Unwesentliche war, vorhanden. Ihre Wahrheit ist im Gegenstand, als meinem Gegenstand, oder im Meinen: er ist, weil ich von ihm weiß. Die sinnliche Gewißheit ist also zwar aus dem Gegenstand vertrieben, aber dadurch doch nicht aufgehoben, sondern nur in das Ich zurückgedrängt; es ist zu sehen, was uns die Erfahrung über diese ihre Realität zeigt.

2. Die Kraft ihrer Wahrheit liegt also nun im Ich, in der Unmittelbarkeit meines Sehens, Hörens usw.; das Verschwinden des einzelnen Jetzt und Hier, das wir meinen, wird dadurch abgehalten, daß ich sie festhalte. Das Jetzt ist Tag, weil ich ihn sehe; das hier ein Baum, eben darum. Die sinnliche Gewißheit erfährt aber in diesem Verhältnis dieselbe Dialektik an ihr als in dem Vorigen. Ich, diser, sehe, den Baum, und behaupte den Baum als das Hier; ein anderer Ich sieht aber das Haus und behauptet, das Hier sei nicht ein Baum, sondern vielmehr ein Haus. Beide Wahrheiten haben dieselbe Beglaubigung, nämlich die Unmittelbarkeit des Sehen und die Sicherheit und Versicherung beider über ihr Wissen; die eine verschwindet aber in der anderen.

Was darin nicht verschwindet, ist Ich, als Allgemeines, dessen Sehen weder ein Sehen des Baumes noch dieses Hauses, sondern ein einfaches Sehen ist, das durch die Negation dieses Hauses usw. vermittelt, darin ebenso einfach und gleichgültig gegen das, was noch beiher spielt, gegen das Haus, den Baum ist. Ich ist nur allgemeines, wie Jetzt, Hier oder Dieses überhaupt; ich meine wohl einen einzelnen Ich, aber so wenig ich das, was ich bei Jetzt, Hier meine, sagen kann, so wenig bei Ich. Indem ich sage, dieses Hier, Jetzt oder ein Einzelnes, sage ich alle Diese, alle Hier, Jetzt, Einzelne; ebenso, indem ich sage, Ich, dieser einzelne Ich, sage ich überhaupt, alle Ich; jeder ist das, was ich sage: Ich, dieser einzelne Ich. Wenn der Wisenschaft diese Forderung als ihr Probierstein, auf dem sie schlechthin nicht aushalten könnte, vorgelegt wird, ein sogenanntes dieses Ding (4), oder einen diesen Menschen zu deduzieren, konstruieren, a priori zu finden, oder wie man dies ausdrücken will, so ist billig, daß die Forderung sage, welches dieses Ding oder welchen diesen Ich sie meint; aber dies zu sagen ist unmöglich.

3. Die sinnliche Gewißheit erfährt also, daß ihr Wesen weder im Gegenstand noch im Ich, und die Unmittelbarkeit weder eine Unmittelbarkeit des einen noch des anderen ist; denn an beiden ist das, was ich meine, vielmehr ein Unwesentliches, und der Gegenstand und Ich sind Allgemeine, in welchen dasjenige Jetzt und Hier und Ich, das ich meine, nicht bestehen bleibt oder ist. Wir kommen hierdurch dahin, das Ganze der sinnlichen Gewißheit selbst als ihr Wesen zu setzen, nicht mehr nur ein Moment derselben, wie in den beiden Fällen geschehen ist, worin zuerst der dem Ich entgegengesetzte Gegenstand, dann Ich ihre Realität sein sollte. Es ist also nur die ganze sinnliche Gewißheit selbst, welche an ihr als Unmittelbarkeit festhält und hierdurch alle Entgegensetzung, die im vorherigen stattfand, aus sich ausschließt.

Diese reine Unmittelbarkeit geht also das Anderssein des Hier als eines Baums, welches in ein Hier, das ein Nichtbaum ist, das Anderssein des Jetzt als Tages, das in ein Jetzt, das Nacht ist, übergeht, oder ein anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist, nichts mehr an. Ihre Wahrheit erhält sich als sich selbst gleichbleibende Beziehung, die zwischen dem Ich und dem Gegenstand keinen Unterschied der Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit macht und in die daher auch überhaupt kein Unterschied eindringen kann. Ich, dieser, behaupte also das Hier als Baum und wende mich nicht um, so daß mir das Hier zu einem Nichtbaum führen würde; ich nehme auch keine Notiz davon, daß ein anderer Ich das Hier als Nichtbaum sieht, oder daß ich selbst ein anderes Mal das Hier als Nichtbaum, das Jetzt als Nichttag nehme; sondern ich bin reines Anschauen: Ich für mich bleibe dabei, das Jetzt ist Tag, oder auch dabei, das Hier ist Baum, vergleiche auch nicht das Hier und Jetzt selbst miteinander, sondern ich halte an einer unmittelbaren Beziehung fest: das Jetzt ist Tag.

Da hiermit diese Gewißheit nicht mehr herzutreten will, wenn wir sie auf ein Jetzt, das Nacht ist, oder auf ein Ich, dem es Nacht ist, aufmerksam machen, so treten wir zu ihr hinzu und lassen uns das Jetzt zeigen, das behauptet wird. Zeigen müssen wir es uns lassen; denn die Wahrheit dieser unmittelbaren Beziehung ist die Wahrheit dieses Ich, der sich auf ein Jetzt oder ein Hier einschränkt. Würden wir nachher diese Wahrheit vornehmen oder entfernt davon stehen, so hätte sie gar keine Bedeutung; denn wir höben die Unmittelbarkeit auf, die ihr wesentlich ist. Wir müssen daher in denselben Punkt der Zeit oder des Raums eintreten, sie uns zeigen, d. h. uns zu demselben diesen Ich, welches das gewiß Wissende ist, machen lassen. Sehen wir also, wie das Unmittelbare beschaffen ist, das uns aufgezeigt wird.

Es wird das Jetzt gezeigt; dieses Jetzt. Jetzt; es hat schon aufgefhört zu sein, indem es gezeigt wird; das Jetzt, das ist, ist ein anderes als das gezeigte, und wir sehen, daß das Jetzt eben dieses ist, indem es ist, schon nicht mehr zu sein. Das Jetzt, wie es uns gezeigt wird, ist es ein gewesenes; und dies ist seine Wahrheit; es hat nicht die Wahrheit des Seins. Es ist also doch gewiß dies wahr, daß es gewesen ist. Aber was gewesen ist, ist in der Tat kein Wesen; es ist nicht, und um das Sein war es zu tun.

Wir sehen also in diesem Aufzeigen nur eine Bewegung und folgenden Verlauf derselben:
    1. Ich zeige das Jetzt auf, es ist als das Wahre behauptet; ich zeige es aber als Gewesenes oder als ein Aufgehobenes, hebe die erste Wahrheit auf, und

    2. Jetzt behaupte ich als die zweite Wahrheit, daß es gewesen, aufgehoben ist.

    3. Aber das Gewesene ist nicht; ich hebe das Gewesen- oder Aufgehobensein, die zweite Wahrheit auf, negiere damit die Negation des Jtzt, und kehre so zur ersten Behauptung zurück, daß Jetzt ist.
Das Jetzt und das Aufzeigen des Jetzt ist also so beschaffen, daß weder das Jetzt, noch das Aufzeigen des Jetzt ein unmittelbares Einfaches ist, sondern eine Bewegung, welche verschiedene Momente an ihr hat; es wird dieses gesetzt, es wird aber vielmehr ein anderes gesetzt, oder das Dieses wird aufgehoben: und dieses Anderssein oder Aufheben des ersten wird selbst wieder aufgehoben und so zum ersten zurückgekehrt. Aber dieses in sich reflektierte erste ist nicht ganz genau dasselbe, was es zuerst, nämlich ein Unmittelbares, war; sondern es ist eben ein in sich Reflektiertes oder Einfaches, welches im Anderssein bleibt, was es ist: ein Jetzt, welches absolut viele Jetzt ist; und dies ist das wahrhafte Jetzt, das Jetzt als einfacher Tag, das viele Jetzt in sich hat, Stunden; ein solches Jetzt, eine Stunde, ist ebenso viele Minuten, und diese Jetzt gleichfalls viele Jetzt usw. - Das Aufzeigen ist also selbst die Bewegung, welche es ausspricht, was das Jetzt in Wahrheit ist, nämlich ein Resultat oder eine Vielheit von Jetzt zusammengefaßt; und das Aufzeigen ist das Erfahren, daß das Jetzt ein Allgemeines ist.

Das aufgezeigte Hier, das ich festhalte, ist ebenso ein dieses Hier, das in der Tat nicht dieses Hier, sondern ein Vorn und Hinten, ein Oben und Unten, ein Rechts und ein Links ist. Das Oben ist selbst ebenso dieses vielfache Anderssein in oben, unten usw. Das Hier, welches aufgezeigt werden sollte, verschwindet in anderen Hier, aber diese verschwinden ebenso; das aufgezeigte, festgehaltene und bleibende ist ein negatives Dieses, das nur so ist, indem die Hier, wie sie sollen, genommen werden, aber darin sich aufheben; es ist eine einfache Komplexion vieler Hier. Das Hier, das gemeint wird, wäre der Punkt; er ist aber nicht: sondern, indem er als seiend aufgezeigt wird, zeigt sich das Aufzeigen, nicht unmittelbares Wissen, sondern eine Bewegung vom gemeinten Hier aus durch viele Hier in das allgemeine Hier zu sein, welches, wie der Tag, eine einfache Vielheit der Jetzt, so eine einfache Vielheit der Hier ist.

Es erhellt sich, daß die Dialektik der sinnlichen Gewißheit nichts anderes als die einfache Geschichte ihrer Bewegung oder ihrer Erfahrung und die sinnliche Gewißheit selbst nichts anderes als nur diese Geschichte ist. Das natürliche Bewußtsein geht deswegen auch zu diesem Resultat, was an ihr das Wahre ist, immer selbst fort und macht die Erfahrung darüber; aber vergißt es nur ebenso immer wieder und fängt die Bewegung von vorne an. Es ist daher zu verwundern, wenn gegen diese Erfahrung als allgemeine Erfahrung, (auch als philosophische Behauptung und gar als Resultat des Skeptizismus) aufgestellt wird: die Realität oder das Sein von äußeren Dingen als diesen oder sinnlichen, habe absolute Wahrheit für das Bewußtsein. Eine solche Behauptung weiß zugleich nicht, was sie spricht, weiß nicht, daß sie das Gegenteil von dem sagt, was sie sagen will. Die Wahrheit des sinnlichen Diesen für das Bewußtsein soll allgemeine Erfahrung sein; aber vielmehr ist das Gegenteil allgemeine Erfahrung; jedes Bewußtsein hebt eine solche Wahrheit, wie z. B. das Hier ist ein Baum, oder das Jetzt ist Mittag, selbst wieder auf, und spricht das Gegenteil aus: das Hier ist kein Baum, sondern ein Haus; und was in dieser, die erste aufhebenden Behauptung wieder eine ebensolche Behauptung eines sinnlichen Diesen ist, hebt es sofort ebenso auf und wird in aller sinnlichen Gewißheit in Wahrheit nur dies erfahren, was wir gesehen haben, das Dieses nämlich als ein Allgemeines, das Gegenteil dessen, was jene Behauptung allgemeine Erfahrung zu sein versichert. - Bei dieser Berufung auf die allgemeine Erfahrung kann es erlaubt sein, die Rücksicht auf das Praktische zu antizipieren (5). In dieser Hinsicht kann denjenigen, welche jene Wahrheit und Gewißheit der Realität der sinnlichen Gegenstände behaupten, gesagt werden, daß sie in die unterste Schule der Weisheit nämlich in die alten eleusinischen Mysterien der Ceres und des Bacchus zurückzuweisen sind und das Geheimnis des Essens des Brotes und des Trinkens des Weines erst zu lernen haben; denn der in diese Geheimnisse Eingeweihte gelangt nicht nur zum Zweifel am Sein der sinnlichen Dinge, sondern zur Verzweiflung an ihm und vollbringt in ihnen teils selbst ihre Nichtigkeit, teils sieht er sie vollbringen. Auch die Tiere sind nicht von dieser Weisheit ausgeschlossen, sondern erweisen sich vielmehr am tiefsten in sie eingeweiht zu sein; denn sie bleiben nicht vor den sinnlichen Dingen als ansich seienden stehen, sondern, verzweifelnd an dieser Realität und in der völligen Gewißheit ihrer Nichtigkeit, langen sie ohne weiteres zu und zehren sie auf; und die ganze Natur feiert wie sie diese offenbaren Mysterien, welche es lehren, was die Wahrheit der sinnlichen Dinge ist.

Die, welche eine solche Behauptung aufstellen, sagen aber, gemäß der vorhergehenden Bemerkungen, auch selbst unmittelbar das Gegenteil dessen, was sie meinen, - eine Erscheinung, die vielleicht am fähigsten ist, zum Nachdenken über die Natur der sinnlichen Gewißheit zu bringen. Sie sprechen von einem Dasein äußerer Gegenstände, welche noch genauer als wirkliche, absolut einzelne, ganz persönliche, individuelle Dinge, deren jedes seines absolut gleichen nicht mehr hat, bestimmt werden zu können; dieses Dasein habe absolute Gewißheit und Wahrheit. Sie meinen dieses Stück Papier, worauf ich dies schreibe oder vielmehr geschrieben habe; aber, was sie meinen, sagen sie nicht. Wenn sie wirklich dieses Stück Papier, das sie meinen, sagen wollten, und sie wollten sagen, so ist dies unmöglich, weil das sinnliche Diese, das gemeint wird, der Sprache, die dem Bewußtsein, dem ansich Allgemeinen angehört, unerreichbar ist. Unter dem wirklichen Versuch, es zu sagen, würde es daher vermodern; die seine Beschreibung angefangen, könnten sie nicht vollenden, sondern müßten sie anderen überlassen, welche von einem Ding zu sprechen, das nicht ist, zuletzt selbst eingestehen würden. Sie meinen also wohl dieses Stück Papier, das hier ein ganz anderes als das obige ist; aber sie sprechen "wirkliche Dinge, äußere oder sinnliche Gegenstände, absolut einzelne Wesen" usw., d. h. sie sagen von ihnen nur das Allgemeine; daher, was das Unaussprechliche genannt wird, nichts anderes ist als das Unwahre, Unvernünftige, bloß Gemeinte. - Wird von etwas weiter nichts gesagt, als daß es ein wirkliches Ding, ein äußerer Gegenstand ist, so ist es nur als das Allerallgemeinste, und damit ist vielmehr seine Gleichheit mit allem als die Unterschiedenheit ausgesprochen. Sage ich: ein einzelnes Ding, so sage ich es vielmehr ebenso als ganz Allgemeines, denn alle sind ein einzelnes Ding; und gleichfalls dieses Ding ist alles, was man will. Genauer bezeichnet, als diese Stück Papier, und ich habe nur immer das Allgemeine gesagt. Will ich aber dem Sprechen, welches die göttliche Natur hat, die Meinung unmittelbar zu verkehren, zu etwas anderem zu machen und so sie gar nicht zu Worte kommen zu lassen, dadurch nachhelfen, daß ich dieses Stück Papier aufzeige, so mache ich die Erfahrung, was die Wahrheit der sinnlichen Gewißheit in der Tat ist; ich zeige es auf als ein Hier, das ein Hier anderer Hier, oder an ihm selbst ein einfaches Zusammen vieler Hier, d. h. ein Allgemeines ist, ich nehme es so auf, wie es in Wahrheit ist, und statt ein Unmittelbares zu wissen, nehme ich wahr.


II. Die Wahrnehmung oder das Ding
und die Täuschung
(6).

Die unmittelbare Gewißheit nimmt sich nicht das Wahre, denn ihre Wahrheit ist das Allgemeine; sie aber will das Dieses nehmen. Die Wahrnehmung nimmt hingegen das, was ihr das Seiende ist, als Allgemeines. Wie die Allgemeinheit ihr Prinzip überhaupt, so sind auch ihre in ihr unmittelbar sich unterscheidende Momente, Ich ein allgemeines und der Gegenstand ein allgemeiner. Jenes Prinzip ist uns entstanden und unser Aufnehmen der Wahrnehmung daher nicht mehr ein erscheinendes Aufnehmen, wie der sinnlichen Gewißheit, sondern ein notwendiges (7). Im Entstehen des Prinzips sind zugleich die beiden Momente, die an ihrer Erscheinung nur herausfallen, geworden; das eine nämlich die Bewegung des Aufzeigens, das andere dieselbe Bewegung, aber als Einfaches; jenes das Wahrnehmen, dies der Gegenstand. Der Gegenstand ist dem Wesen nach dasselbe, was die Bewegung ist, sie die Entfaltung und Unterscheidung der Momente, er das Zusammengefaßtsein derselben. Für uns oder ansich ist das Allgemeine als Prinzip das Wesen der Wahrnehmung, und gegen diese Abstraktion die beiden Unterschiedenen, das Wahrnehmende und das Wahrgenommene, das Unwesentliche. Aber in der Tat, weil beide selbst das Allgemeine oder das Wesen sind, sind sie beide wesentlich; indem sie aber sich als Entgegengesetzte aufeinanderbeziehen, so kann in der Beziehung nur das eine das Wesentliche sein; und der Unterschied des Wesentlichen und Unwesentlichen muß sich an sie verteilen. Das eine als das Einfache bestimmt, der Gegenstand, ist das Wesen, gleichgültig dagegen, ob er wahrgenommen wird oder nicht; das Wahrnehmen aber als die Bewegung ist das Unbeständige, das sein kann oder auch nicht, und das Unwesentliche.

Dieser Gegenstand ist nun näher zu bestimmen und diese Bestimmung aus dem Resultat, das sich ergeben, kurz zu entwickeln; die ausgeführtere Entwicklung gehört nicht hierher. Da sein Prinzip, das Allgemeine, in seiner Einfachheit ein vermitteltes ist, so muß er dies als seine Natur an ihm ausdrücken (8); er zeigt sich dadurch als das Ding von vielen Eigenschaften. Der Reichtum des sinnlichen Wissens gehört der Wahrnehmung, nicht der unmittelbaren Gewißheit an, an der er nur das Beispielende war; denn nur jene hat die Negation, den Unterschied oder die Mannigfaltigkeit an ihrem Wesen.

1. Der einfache Begriff des Dinges. Das Dieses ist also gesetzt als nicht dieses oder als aufgehoben, und damit nicht Nichts, sondern ein bestimmtes Nichts oder ein Nichts von einem Inhalt, nämlich Diesen. Das Sinnliche ist hierdurch selbst noch vorhanden, aber nicht, wie es in der unmittelbaren Gewißheit sein sollte, als das gemeinte Einzelne, sondern als Allgemeines oder als das, was sich als Eigenschaft bestimmen wird. Das Aufheben stellt seine wahrhafte doppelte Bedeutung dar, welche wir am Negativen gesehen haben; es ist ein Negieren und ein Aufbewahren zugleich; das Nichts, als Nichts des Diesen, bewahrt die Unmittelbarkeit auf und ist selbst sinnlich, aber eine allgemeine Unmittelbarkeit. - Das Sein aber ist ein Allgemeines dadurch, daß es die Vermittlung oder das Negatie an ihm hat; indem es dies an seiner Unmittelbarkeit ausdrückt, ist es eine unterschiedene, bestimmte Eigenschaft. Damit sind zugleich viele solche Eigenschaften, eine die negative der anderen, gesetzt. Indem sie in der Einfachheit des Allgemeinen ausgedrückt sind, beziehen sich diese Bestimmtheiten, die eigentlich erst durch eine ferner hinzukommende Bestimmung Eigenschaften sind, auf sich selbst, sind gleichgültig gegeneinander, jede für sich, frei von der anderen. Die einfache, sich selbst gleiche Allgemeinheit selbst aber ist wieder von diesen ihren Bestimmtheiten unterschieden und frei; sie ist das reine Sichauchsichbeziehen oder das Medium, worin diese Bestimmtheiten alle sind, sich also in ihr als in einer einfachen Einheit durchdringen, ohne sich aber berühren; denn eben durch die Teilnahme an dieser Allgemeinheit sind sie gleichgültig für sich. - Dieses abstrakte allgemeine Medium, das die Dingheit überhaupt oder das reine Wesen genannt werden kann, ist nichts anderes als das Hier und Jetzt, wie es sich erwiesen hat, nämlich als ein einfaches Zusammen von vielen; aber die vielen sind in ihrer Bestimmtheit selbst einfach Allgemeine. Dieses Salz ist einfaches Hier und zugleich vielfach; es ist weiß und auch scharf, auch kubisch gestaltet, auch von bestimmter Schwere usw. Alle diese vielen Eigenschaften sind in einem einfachen Hier, worin sie sich also durchdringen; keine hat ein anderes Hier als die andere, sondern jede ist allenthalben, in demselben, worin die andere ist; und zugleich ohne durch verschiedene Hier geschieden zu sein, affizieren sie sich in dieser Durchdringung nicht; das Weiße affiziert oder verändert das Kubische nicht, beide nicht das Scharfe usw., sondern da jede selbst ein einfaches Sichaufsichbeziehen ist, läßt sie die anderen ruhig und bezieht sich nur durch das gleichgültige Auch auf sie. Dieses Auch ist also das reine Allgemeine selbst oder das Medium, die sie so zusammenfassende Dingheit.

In diesem Verhältnis, das sich ergeben hat, ist nur erst der Charakter der positiven Allgemeinheit beobachtet und entwickelt; es bietet sich aber noch eine Seite dar, welche auch hereingenommen werden muß. Nämlich wenn die vielen bestimmten Eigenschaften schlechterdings gleichgültig wären und sich durchaus nur auf sich selbst bezögen, so wären sie keine bestimmten; denn sie sind dies nur, insofern sie sich unterscheiden und sich auf andere als entgegengesetzte beziehen. Nach dieser Entgegensetzung aber können sie nicht in der einfachen Einheit ihres Mediums zusammen sein, die ihnen ebenso wesentlich ist als die Negation; die Unterscheidung derselben, insofern sie nicht eine gleichgültige, sondern ausschließende, anderes negierende ist, fällt also außer diesem einfachen Medium; und dieses ist daher nicht nur ein Auch, gleichgültige Einheit, sondern auch Eins, ausschließende Einheit. - Das Eins ist das Moment der Negation, wie es selbst auf eine einfache Weise sich auf sich bezieht und anderes ausschließt, und wodurch die Dingheit als Ding bestimmt ist. An der Eigenschaft ist die Negation als Bestimmtheit, die unmittelbar eins ist mit der Unmittelbarkeit des Seins, welche durch diese Einheit mit der Negation Allgemeinheit ist; als Eins aber ist sie, wie sie von dieser Einheit mit dem Gegenstand befreit und an und für sich ist.

In diesen Momenten zusammen ist das Ding als das Wahre der Wahrnehmung vollendet, soweit es nötig ist, es hier zu entwickeln. Es ist
    α) die gleichgültige passive Allgemeinheit, das Auch der vielen Eigenschaften oder vielmehr Materien,

    β die Negation ebenso als einfach, oder das Eins, das Ausschließen entgegengesetzter Eigenschaften, und

    γ) die vielen Eigenschaften selbst, die Beziehung der zwei ersten Momente, die Negation, wie sie sich auf das gleichgültige Element bezieht und sich darin als eine Menge von Unterschieden ausbreitet, der Punkt der Einzelheit im Medium des Bestehens in die Vielheit ausstrahlend.
Nach der Seite, daß diese Unterschiede dem gleichgültigen Medium angehören, sind sie selbst allgemein, beziehen sich nur auf sich und affizieren sich nicht; nach der Seite aber, daß sie der negativen Einheit angehören, sind sie zugleich ausschließend, haben aber diese entgegengesetzte Beziehung notwendig an Eigenschaften, die aus ihrem Auch entfernt sind. Die sinnliche Allgemeinheit oder die unmittelbare Einheit des Seins und des Negativven ist erst so Eigenschaft, insofern das Eins und die reine Allgemeinheit aus ihr entwickelt und voneinander unterschieden sind und sie diese miteinander zusammenschließt; diese Beziehung derselben auf die reinen wesentlichen Momente vollendet erst das Ding.

2. Die widerspruchsvolle Wahrnehmung des Dinges. So ist nun das Ding der Wahrnehmung beschaffen; und das Bewußtsein ist als Wahrnehmendes bestimmt, insofern dieses Ding sein Gegenstand ist; es hat ihn nur zu nehmen und sich als reines Auffassen zu verhalten; was sich ihm dadurch ergibt, ist das Wahre. Wenn es selbst bei diesem Nehmen etwas täte, würde es durch ein solches Hinzusetzen oder Weglassen die Wahrheit verändern. Indem der Gegenstand das Wahre und Allgemeine, sich selbst Gleiche, das Bewußtsein sich aber das Veränderliche und Unwesentliche ist, kann es ihm geschehen, daß es den Gegenstand unrichtig auffaßt und sich täuscht. Das Wahrnehmende hat das Bewußtsein der Möglichkeit der Täuschung; denn in der Allgemeinheit, welche das Prinzip ist, ist das Anderssein selbst unmittelbar für es, aber als das Nichtige, Aufgehobene. Sein Kriterium der Wahrheit ist daher die Sichselbstgleichheit, und sein Verhalten, als sich selbst gleiches aufzufassen (9). Indem zugleich das Verschiedene für es ist, ist es ein Beziehen der verschiedenen Momente seines Auffassens aufeinander; wenn sich aber in dieser Vergleichung eine Ungleichheit hervortut, so ist dies keine Unwahrheit des Gegenstandes, (denn er ist das sich selbst Gleiche), sondern des Wahrnehmens.

Sehen wir nun zu, welche Erfahrung das Bewußtsein in seinem wirklichen Wahrnehmen macht. Sie ist für uns in der soeben gegebenen Entwicklung des Gegenstandes und des Verhaltens des Bewußtseins zu ihm schon enthalten und wird nur die Entwicklung der darin vorhandenen Widersprüche sein. - Der Gegenstand, den ich aufnehme, bietet sich als rein Einer dar; auch werde ich die Eigenschaft an ihm gewahr, die allgemein ist, dadurch aber über die Einzelheit hinausgeht. Das erste Sein des gegenständlichen Wesens als eines Einen war also nicht sein wahres Sein; da er (10) das Wahre ist, fällt die Unwahrheit in mich, und das Auffassen war nicht richtig. Ich muß um der Allgemeinheit der Eigenschaft willen das gegenständliche Wesen vielmehr als eine Gemeinschaft überhaupt nehmen. Ich nehme nun ferner die Eigenschaft wahr als bestimmte, anderem entgegengesetzte und es ausschließende. Ich faßte das gegenständliche Wesen also in der Tat nicht richtig auf, als ich es als eine Gemeinschaft mit anderen oder als die Kontinuität bestimmte, und muß vielmehr um der Bestimmtheit der Eigenschaft willen die Kontinuität trennen und es als ausschließendes Eins setzen. Am getrennten Eins finde ich viele solche Eigenschaften, die einander nicht affizieren, sondern gleichgültig gegeneinander sind; ich nahm den Gegenstand also nicht richtig wahr, als ich ihn als ein Ausschließendes auffaßte, sondern er ist, wie vorhin nur Kontinuität überhaupt, so jetzt ein allgemeines gemeinschaftliches Medium, worin viele Eigenschaften als sinnliche Allgemeinheiten, jede für sich ist und als bestimmte die anderen ausschließt. Das Einfache und Wahre, das ich wahrnehme, ist aber hiermit auch kein allgemeines Medium, sondern die einzelne Eigenschaft für sich, die aber so weder Eigenschaft, noch ein bestimmtes Sein ist; denn sie ist nun weder an einem Eins, noch in Beziehung auf andere. Eigenschaft ist sie aber nur am Eins und bestimmt nur in Beziehung auf andere. Sie bleibt als dieses reine Sichaufsichselbstbeziehen nur sinnliches Sein überhaupt, da sie den Charakter der Negativität nicht mehr an ihr hat und das Bewußtsein, für welches jetzt ein sinnliches Sein ist, ist nur ein Meinen, d. h. es ist aus dem Wahrnehmen ganz heraus und in sich zurückgegangen. Allein das sinnliche Sein und Meinen geht selbst in das Wahrnehmen über; ich bin zum Anfang zurückgeworfen und wieder in denselben, sich in jedem Moment als Ganzes aufhebenden Kreislauf hineingerissen.

Das Bewußtsein durchläuft ihn also notwendig wieder, aber zugleich nicht auf dieselbe Weise wie das erstemal. Es hat nämlich die Erfahrung über das Wahrnehmen gemacht, daß das Resultat und das Wahre desselben seine Auflösung, daß das Resultat und das Wahre desselben seine Auflösung, oder die Reflexion in sich selbst aus dem Wahren ist. Es hat sich hiermit für das Bewußtsein bestimmt, wie sein Wahrnehmen wesentlich beschaffen ist, nämlich nicht ein einfaches reines Auffassen, sondern in seinem Auffassen zugleich aus dem Wahren heraus in sich reflektiert zu sein. Diese Rückkehr des Bewußtseins in sich selbst, die sich in das reine Auffassen unmittelbar gezeigt hat, - einmischt, verändert das Wahre. Das Bewußtsein erkennt diese Seite zugleicht als die seinige und nimmt sie auch sich, wodurch es also den wahren Gegenstand rein erhalten wird. - Es ist hiermit jetzt, wie es bei der sinnlichen Gewißheit geschah, am Wahrnehmen die Seite vorhanden, daß das Bewußtsein in sich zurückgedrängt wird, aber zunächst nicht in dem Sinne, in welchem dies bei jener der Fall war, als ob in es die Wahrheit des Wahrnehmens fiele; sondern vielmehr erkennt es, daß die Unwahrheit, die darin vorkommt, in es fällt. Durch diese Erkenntnis aber ist es zugleich fähig sie aufzuheben; es unterscheidet sein Auffassen des Wahren von der Unwahrheit seines Wahrnehmens, korrigiert diese, und insofern es diese Berichtigung selbst vornimmt, fällt allerdings die Wahrheit, als Wahrheit des Wahrnehmens, in dasselbe. Das Verhalten des Bewußtseins, das nunmehr zu betrachten ist, ist also so beschaffen, daß es nicht mehr bloß wahrnimmt, sondern auch seiner Reflexion in sich bewußt ist, und diese von der einfachen Auffassung selbst abtrennt.

Ich werde also zuerst des Dings als Eines gewahr und habe es in dieser wahren Bestimmung festzuhalten; wenn in der Bewegung des Wahrnehmens etwas dem Widersprechendes vorkommt, so ist dies als meine Reflexion zu erkennen. Es kommen nun in der Wahrnehmung auch verschiedene Eigenschaften vor, welche Eigenschaften des Dings zu sein scheinen; allein das Ding ist Eins, und von dieser Verschiedenheit, wodurch es aufhörte, Eins zu sein, sind wir uns bewußt, daß sie in uns fällt. Dieses Ding ist also in der Tat nur weiß, an unser Auge gebracht, scharf auch, an unsere Zunge, auch kubisch, an unser Gefühl usw. Die gänzliche Verschiedenheit dieser Seiten nehmen wir nicht aus dem Ding, sondern aus uns; sie fallen uns an unserem von der Zunge ganz unterschiedenen Auge usw. so auseinander. Wir sind somit das allgemeine Medium, worin solche Momente sich absondern und für sich sind. Hierdurch also, daß wir die Bestimmtheit allgemeines Medium zu sein als unsere Reflexion betrachten, erhalten wir die Sichselbstgleichheit und Wahrheit des Dings, Eins zu sein.

Diese verschiedenen Seiten, welche das Bewußtsein auf sich nimmt, sind aber, jede so für sich, als in dem allgemeinen Medium sich befindend betrachtet, bestimmt; das Weiße ist nur in Entgegensetzung gegen das Schwarze usw., und das Ding Eins gerade dadurch, daß es andern sich entgegensetzt. Es schließt aber andere nicht, insofern es Eins ist, von sich aus, - denn Eins zu sein ist das allgemeine Aufsichselbstbeziehen, und dadurch, daß es Eins ist, ist es vielmehr allen gleich, - sondern durch die Bestimmtheit. Die Dinge selbst also sind an und für sich bestimmte; sie haben Eigenschaften, wodurch sie sich von anderen unterscheiden. Indem die Eigenschaft die eigene Eigenschaft des Dings oder eine Bestimmtheit an ihm selbst ist, hat es mehrere Eigenschaften. Denn fürs Erste ist das Ding das wahre, es ist ansich; und was an ihm ist, ist an ihm als sein eigenes Wesen, nicht um anderer willen; also sind zweitens die bestimmten Eigenschaften nicht nur um anderer Dinge willen und für andere Dinge, sondern an ihm selbst; sie sind aber bestimmte Eigenschaften an ihm nur, indem sie mehrere sich von einander unterscheidende sind; und drittens, indem sie so in der Dingheit sind, sind sie an und für sich und gleichgültig gegeneinander. Es ist also in Wahrheit das Ding selbst, welches weiiß, und auch kubisch, auch scharf usw. ist, oder das Ding ist das Auch, oder das allgemeine Medium, worin die vielen Eigenschaften außereinander bestehen, ohne sich zu berühren und aufzuheben; und so genommen wird es als das Wahre genommen.

Bei diesem Wahrnehmen nun ist das Bewußtsein zugleich sich bewußt, daß es sich auch in sich selbst reflektiert und im Wahrnehmen, das dem Auch entgegengesetzte Moment vorkommt. Dieses Moment aber ist die Einheit des Dings mit sich selbst, welche den Unterschied aus sich ausschließt. Sie ist es demnach, welche das Bewußtsein auf sich zu nehmen hat; denn das Ding selbst ist das Bestehen der vielen verschiedenen und unabhängigen Eigenschaften. Es wird also vom Ding gesagt, es ist weiß, auch kubisch und auch scharf usw. Aber insofern es weiß ist, ist es nicht kubisch, und insofern es kubisch und auch weiß ist, ist es nicht scharf usw. Das Ineinssetzen dieser Eigenschaften kommt nur dem Bewußtsein zu, welches sie daher am Ding nicht in Eins fallen zu lassen hat. Zum Ende bringt es das Insofern herbei, wodurch es sie auseinander und das Ding als das Auch erhält. Recht eigentlich wird das Einssein vom Bewußtsein erst so auf sich genommen, daß dasjenige, was Eigenschaft genannt wurde, als freie Materie vorgestellt wird. (11) Das Ding ist auf diese Weise zum wahrhaften Auch erhoben, indem es eine Sammlung von Materien, und, statt Eins zu sein, zu einer bloß umschließenden Oberfläche wird.

Sehen wir zurück auf dasjenige, was das Bewußtsein vorhin auf sich genommen und jetzt auf sich nimmt; was es vorhin dem Ding zuschrieb und jetzt ihm zuschreibt, so ergibt sich, daß es abwechslungsweise ebensowohl sich selbst als auch das Ding zu beidem macht, zum reinen vielheitslosen Eins wie zu einem in selbständige Materien aufgelösten Auch. Das Bewußtsein findet also durch diese Vergleichung, daß nicht nur sein Nehmen des Wahren die Verschiedenheit des Auffassens und des in sich Zurückgehens an ihm hat, sondern daß vielmehr das Wahre selbst, das Ding, sich auf diese gedoppelte Weise zeigt. Es ist hiermit die Erfahrung vorhanden, daß das Ding sich für das auffassende Bewußtsein auf eine bestimmte Weise darstellt, aber zugleich aus der Weise, in der es sich darbietet, heraus und in sich reflektiert ist, oder an ihm selbst eine entgegengesetzte Wahrheit hat.

3. Die Bewegung zur unbedingten Allgemeinheit und dem Reich des Verstandes. Das Bewußtsein ist also auch aus dieser zweiten Art, sich im Wahrnehmen zu verhalten, nämlich das Ding als das wahre Sichselbstgleiche, sich aber für das Ungleiche, für das aus der Gleichheit heraus in sich Zurückzugehende zu nehmen, selbst heraus, und der Gegenstand ist ihm jetzt diese ganze Bewegung, welche vorher an den Gegenstand und an das Bewußtsein verteilt war. Das Ding ist Eins, in sich reflektiert, es ist für sich: aber es ist auch für ein anderes; und zwar ist es ein Anderes für sich, wie es für anderes ist. Das Ding ist hiernach für sich und auch für ein Anderes, ein gedoppeltes verschiedenes Sein, aber es ist auch Eins; das Einssein aber widerspricht dieser seiner Verschiedenheit; das Bewußtsein hätte hiernach dieses Ineinsetzen wieder auf sich zu nehmen und vom Ding abzuhalten. Es müßte also sagen, daß das Ding, insofern es für sich ist, nicht für anderes ist. Allein dem Ding selbst kommt auch das Einssein zu, wie das Bewußtsein erfahren hat; das Ding ist wesentlich in sich reflektiert. Das Auch oder der gleichgültige Unterschied fällt also wohl ebenso in das Ding als das Einssein, aber da beides verschieden, nicht in dasselbe, sondern in verschiedene Dinge; der Widerspruch, der am gegenständlichen Wesen überhaupt ist, verteilt sich an zwei Gegenstände. Das Ding ist also wohl an und für sich, sich selbst gleich, aber diese Einheit mit sich selbst wird durch andere Dinge gestört; so ist die Einheit des Dings erhalten und zugleich das Anderssein außerhalb von ihm, sowie außerhalb des Bewußtseins.

Ob nun zwar so der Widerspruch des gegenständlichen Wesens an verschiedene Dinge vertreilt ist, so wird darum doch an das abgesonderte einzelne Ding selbst der Unterschied kommen. - Die verschiedenen Dinge sind also vom anderen verschieden. Jedes ist aber hiermit selbst als ein Unterschiedenes bestimmt und hat den wesentlichen Unterschied von den anderen an ihm; aber zugleich nicht so, daß dies eine Entgegensetzung an ihm selbst wäre, sondern es ist für sich eine einfache Bestimmtheit, welche seinen wesentlichen, es von anderen unterscheidenden Charakter ausmacht. In der Tat ist zwar, da die Verschiedenheit an ihm ist, dieselbe notwendig als wirklicher Unterschied mannigfaltiger Beschaffenheit an ihm. Allein weil die Bestimmtheit das Wesen des Dings ausmach, wodurch es sich von anderen unterscheidet und für sich ist, so ist diese sonstige mannigfaltige Beschaffenheit das Unwesentliche. Das Ding hat hiermit zwar in seiner Einheit das gedoppelte Insofern an ihm, aber mit ungleichem Wert, woduch dieses Entgegengesetztsein also nicht zur wirklichen Entgegensetzung des Dings selbst wird; sondern insofern dies durch seinen absoluten Unterschied in Entgegensetzung kommt, hat es sie gegen ein anderes Ding außer ihm. Die sonstige Mannigfaltigkeit ist zwar auch notwendig am Ding, so daß sie nicht von ihm wegbleiben kann, aber sie ist ihm unwesentlich.

Diese Bestimmtheit, welche den wesentlichen Charakter des Dings ausmacht, und es von allen anderen unterscheidet, ist nun so bestimmt, daß das Ding dadurch im Gegensatz mit anderen ist, aber sich darin für sich erhalten soll. Ding aber, oder für sich seiendes Eins ist es nur, insofern es nicht in dieser Beziehung auf andere steht; denn in dieser Beziehung ist vielmehr der Zusammenhang mit anderem gesetzt und Zusammenhang mit anderem ist das Aufhören des Fürsichseins. Durch den absoluten Charakter gerade und seine Entgegensetzung verhält es sich zu anderen und ist wesentlich nur dieses Verhalten; das Verhältnis aber ist die Negation seiner Selbständigkeit, und das Ding geht vielmehr durch seine wesentliche Eigenschaft zugrunde.

Die Notwendigkeit der Erfahrung für das Bewußtsein, daß das Ding eben durch die Bestimmtheit, welche sein Wesen und sein Fürsichsein ausmacht, zugrunde geht, kann kurz dem einfachen Begriff nach so betrachtet werden. Das Ding ist gesetzt als Fürsichsein oder als absolute Negation allen Andersseins, daher absolute, nur sich auf sich beziehende Negation; aber die sich auf sich beziehende Negation ist ein Aufheben seiner selbst, oder sein Wesen in einem anderen zu haben.

In der Tat enthält die Bestimmung des Gegenstandes, wie er sich ergeben hat, nichts anderes; er soll eine wesentliche Eigenschaft, welche sein einfaches Fürsichsein ausmacht, bei dieser Einfachheit aber auch die Verschiedenheit an ihm selbst haben, welche zwar notwendig sein, aber nicht die wesentliche Bestimmtheit ausmachen soll. Aber dies ist eine Unterscheidung, welche nur noch in den Worten liegt; das Unwesentliche, welches doch zugleich notwendig sein soll, hebt sich selbst auf oder ist dasjenige, was soeben die Negation seiner selbst genannt wurde.

Es fällt hiermit das letzte Insofern hinweg, welches das Fürsichtsein und da Sein für ein anderes trennte; der Gegenstand ist vielmehr in ein und derselben Rücksicht das Gegenteil seiner selbst: für sich, insofern er für anderes, und für anderes, insofern er für sich ist. Er ist für sich, in sich reflektiert, Eins; aber dies für sich, in sich reflektiert, Eins sein ist mit seinem Gegenteil, dem Sein für Anderes, in einer Einheit und darum nur als Aufgehobenes gesetzt; oder dieses Fürsichsein ist ebenso unwesentlich als dasjenige, was allein das Unwesentliche sein sollte, nämlich das Verhältnis zu anderem.

Der Gegenstand ist hierdurch in seinen reinen Bestimmtheiten oder in den Bestimmtheiten, welche seine Wesenheit ausmachen sollten, ebenso aufgehoben, als er in seinem sinnlichen Sein zu einem Aufgehobenen wurde. Aus dem sinnlichen Sein wird er ein Allgemeines; aber dieses Allgemeine ist, da es aus dem Sinnlichen herkommt, wesentlich durch dasselbe bedingt und daher überhaupt nicht wahrhaft sichselbstgleiche, sondern mit einem Gegensatz affizierte [beeinträchtigte - wp] Allgemeinheit, welche sich darum in die Extreme der Einzelheit und Allgemeinheit, des Eins der Eigenschaften und des Auchs der freien Materien trennt. Diese reinen Bestimmtheiten scheinen die Wesenheit selbst auszudrücken, aber sie sind nur ein Fürsichsein, welches mit dem Sein für ein Anderes behaftet ist; indem aber beide wesentlich in einer Einheit sind, so ist jetzt die unbedingte absolute Allgemeinheit vorhanden, und das Bewußtsein tritt hier erst wahrhaft in das Reich des Verstandes ein.

Die sinnliche Einzelheit also verschwindet zwar in der dialektischen Bewegung der unmittelbaren Gewißheit und wird Allgemeinheit, aber nur sinnliche Allgemeinheit. Das Meinen ist verschwunden, und das Wahrnehmen nimmt den Gegenstand, wie er ansich ist oder als Allgemeines überhaupt; die Einzelheit tritt daher an ihm als wahre Einzelheit, als Ansichsein des Eins hervor oder als Reflektiertsein in sich selbst. Es ist aber noch ein bedingtes Fürsichsein, neben welchem ein anderes Fürsichsein, die der Einzelheit entgegengesetzte und durch sie bedingte Allgemeinheit vorkommt; aber diese beiden widersprechenden Extreme sind nicht nur nebeneinander, sondern in einer Einheit; oder, was dasselbe ist, das Gemeinschaftliche beider, das Fürsichsein, ist mit dem Gegensatz überhaupt behaftet, d. h. es ist zugleich nicht ein Fürsichsein. Diese Momente sucht die Sophisterei des Wahrnehmens von ihrem Widerspruch zu retten und durch die Unterscheidung der Rücksichten, durch das Auch und Insofern festzuhalten, sowie endlich durch die Unterscheidung des Unwesentlichen und eines ihm entgegengesetzten Wesens das Wahre zu ergreifen. Allein diese Auskunftsmittel, statt die Täuschung im Auffassen abzuhalten, erweisen sich vielmehr selbst als nichtig; und das Wahre, das durch diese Logik des Wahrnehmens gewonnen werden soll, erweist sich in ein und derselben Rücksicht das Gegenteil zu sein und hiermit zu seinem Wesen die unterscheidungs- und bestimmungslose Allgemeinheit zu haben.

Diese leeren Abstraktionen der Einzelheit und der ihr entgegengesetzten Allgemeinheit, sowie des Wesens, das mit einem Unwesentlichen verknüpft, eines Unwesentlichen, das doch zugleich notwendig ist, sind die Mächte, deren Spiel der wahrnehmende, oft sogenannte gesunde Menschenverstand ist: er, der sich für das gediegene reale Bewußtsein nimmt, ist im Wahrnehmen nur das Spiel dieser Abstraktionen; er ist überhaupt immer da am ärmsten, wo er am reichsten zu sein meint. Indem er von diesen nichtigen Wesen herumgetrieben, von dem einen dem anderen in die Arme geworfen wird und, durch seine Sophisterei abwechslungsweise jetzt das eine, dann das gerade Entgegengesetzte festzuhalten und zu behaupten bemüht, sich der Wahrheit widersetzt, meint er von der Philosophie, sie habe es nur mit Gedankendingen zu tun. Sie hat in der Tat auch damit zu tun und erkennt sie für die reinen Wesen, für die absoluten Elemente und Mächte; aber damit erkennt sie dieselben zugleich in ihrer Bestimmtheit und ist darum Meister über sie, während jener wahrnehmende Verstand sie für das Wahre nimmt, und von ihnen aus einer Irre in die andere geschickt wird. Er selbst kommt nicht zu dem Bewußtsein, daß es solche einfache Wesenheiten sind, die in ihm walten, sondern er meint es immer mit ganz gediegenem Stoff und Inhalt zu tun zu haben, so wie die sinnliche Gewißheit nicht weiß, daß die leere Abstraktion des reinen Seins ihr Wesen ist; aber in der Tat sind sie es, an welchen er durch allen Stoff und Inhalt hindurch und hin und her läuft; sie sind der Zusammenhalt und die Herrschaft desselben, und allein dasjenige, was das Sinnliche als Wesen für das Bewußtsein ist, was seine Verhältnisse zu ihm bestimmt und woran die Bewegung des Wahrnehmens und seines Wahren abläuft. Dieser Verlauf, ein beständig abwechselndes Bestimmen des Wahren und Aufheben dieses Bestimmens, macht eigentlich das tägliche und beständige Leben und Treiben des wahrnehmenden und in der Wahrheit sich zu bewegen meinenden Bewußtseins aus. Es geht darin unaufhaltsam zu dem Resultat des gleichen Aufhebens aller dieser wesentlichen Wesenheiten oder Bestimmungen fort, ist aber in jedem einzelnen Moment nur dieser einen Bestimmtheit als des Wahren sich bewußt und dann wieder der entgegengesetzten. Es wittert wohl ihre Unwesenheit; sie gegen die drohende Gefahr zu retten, geht es zur Sophisterei über, das, was es selbst soeben als das Nichtwahre behauptete, jetzt als das Wahre zu behaupten. - Wozu diesen Verstand eigentlich die Natur dieser unwahren Wesen treiben will, die Gedanken von jener Allgemeinheit und Einzelheit, vom Auch und Eins, von jener Wesentlichkeit, die mit einer Unwesentlichkeit notwendig verknüpft ist, und von einem Unwesentlichen, das doch notwendig ist, - die Gedanken von diesen Unwesen zusammenzubringen und sie dadurch aufzuheben, dagegen sträubt er sich durch die Stützen des Insofern und der verschiedenen Rücksichten, oder dadurch, den einen Gedanken auf sich zu nehmen, um den andern getrennt und als den wahren zu erhalten. Aber die Natur dieser Abstraktionen bringt sie an und für sich zusammen; der gesunde Verstand ist der Raub derselben, die ihn in ihrem wirbelnden Kreis umhertreiben. Indem er ihnen die Wahrheit dadurch geben will, daß er bald die Unwahrheit derselben auf sich nimmt, bald aber auch die Täuschung einen Schein der unzuverlässigen Dinge nennt und das Wesentlich von einem ihnen Notwendigen und doch Unwesentlichseinsollenden abtrennt und jenes als ihre Wahrheit gegen dieses festhält, erhält er ihnen nicht ihre Wahrheit, sich aber gibt er die Unwahrheit.
LITERATUR - Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, Leipzig 1907
    Anmerkungen
    1) d. h. daß sie ansich notwendige Momente, für das Bewußtsein aber als unmittelbare Bestimmungen sind.
    2) Das "wir" bezeichnet hier und ferner das philosophierende Subjekt; es ist vom Ich des Bewußtseins, das hier philosophisch betrahtet wird, streng zu unterscheiden.
    3) Hier wieder ist unter "wir" das Subjekt des naiven Bewußtseins zu verstehen, wie später das des wahrnehmenden.
    4) siehe HEGEL, Enzyklopädie, § 250 die Bemerkung über die Schreibfeder des Herrn KRUG (Philosophische Bibliothek, Bd. 33, Seite 211).
    5) Das praktische Verhalten, aus das hier vorausgewiesen wird, ist das der Begierde.
    6) Man vergleiche zu diesem Abschnitt HEGELs "Wissenschaft der Logik", 2. Buch, 2. Abschnitt, 1. Kapitel: Die Existenz. (A. Das Ding und seine Eigenschaften. B. Das Bestehen des Dings aus Materien. C. Die Auflösung des Dings.) Es ist bemerkenswert, daß dort noch die Grundzüge der Entwicklung genau diesem Kapitel der Phänomenologie entsprechen, währen in der sogenannten "Kleinen Logik", Enzyklopädie 1. Teil, das betreffende Kapitel gänzlich anders gestaltet ist.
    7) Hier also tritt der Unterschied ein, der zwischen der "Phänomenologie des Geistes" als Wissenschaft und der wirklichen Entwicklung des Bewußtseins besteht, der Unterschied zwischen dem Erscheinen der neuen Gestalt des Bewußtseins und dem Begreifen ihrer Notwendigkeit.
    8) d. h. zur Wahrnehmung zu bringen, was als Prinzip von der Wahrnehmung nicht begriffen wird.
    9) d. h. sein Verhalten ist dieses, alles, was ihm Gegenstand wird, als sich selbst gleiches aufzufassen.
    10) der Gegenstand
    11) Vorstellungen der damaligen Physik. Vgl. Enzyklopädie §§ 276, 286 (Philosophische Bibliothek, Bd. 33, Seite 245, 253).