cr-4ra-2D. HumeJ.-J. Rousseau    
 
JOHANN GOTTLIEB FICHTE
(1762 - 1814)
Der geschlossene Handelsstaat

"Es sollen erst alle satt werden und fest wohnen, ehe einer seine Wohnung verziert, erst alle bequem und warm gekleidet sein, ehe sich einer prächtig kleidet. Ein Staat, in welchem der Ackerbau noch zurück ist, und mehrerer Hände zu seine Vervollkommnung bedürfte, in welchem es noch an gewöhnlichen mechanischen Handwerkern fehlt, kann keinen Luxus haben. Es geht nicht, daß einer sagt: ich aber kann es bezahlen. Es ist eben unrecht, daß einer das entbehrlichste bezahlen kann, jedoch einer seiner Mitbürger das Notdürftige nicht vorhanden findet, oder nicht bezahlen kann; und das, womit der erstere bezalt, ist gar nicht von Rechtsegen und im Vernunftstaat das Seinige."


Einleitung
Vom Verhältnis des Vernunftstaates zum wirklichen
und des reinen Staatsrechts zur Politik

Das reine Staatsrecht läßt unter seinen Augen den Vernunftstaat nach *Rechtsbegriffen entstehen; indem es die Menschen ohne alle vorherige den rechtlichen ähnliche Verhältnisse voraussetzt.

Aber in diesem Zustand findet man die Menschen nirgends. Allenthalben sind sie unter einer, großenteils nicht nach Begriffen und durch Kunst, sondern durch das Ungefähr oder die Vorsehung entstandenen Verfassung schon beisammen. Im letzteren Zustand findet sie der wirkliche Staat; und er kann diese Verfassung nicht plötzlich zerstören, ohne die Menschen zu zerstreuen, zu verwildern, und so seinen wahren Zweck, einen Vernunftstaat aus ihnen aufzubauen, aufzuheben. Er kann nicht mehr tun, als sich dem Vernunftstaat allmählich annähern. Der wirkliche Staat läßt sich sonach vorstellen, als begriffen in der allmählichen Stiftung des Vernunftstaates.

Es ist bei ihm nicht bloß, wie beim Vernunftstaat die Frage, was  Rechtens  ist, sondern: wieviel von dem, was Rechtens ist, unter den gegebenen Bedingungen  ausführbar  ist? Nennt man die Regierungswissenschaft des wirklichen Staates nach der eben angegebenen Maxime  Politik so läge diese Politik in der Mitte zwischen dem gegebenen Staat und dem Vernunftstaat: sie beschriebe die stete Linie, durch welche der erstere sich in den letzteren verwandelt, und endete im reinen Staatsrecht. Wer es unternimmt zu zeigen, unter welche Gesetze insbesondere der öffentliche Handelsverkehr im Staat zu bringen ist, hat daher zuerst einmal zu untersuchen, was im Vernunftstaat über den Verkehr Rechtens ist; dann anzugeben, was in den bestehenden wirklichen Staaten hierüber Sitte ist; und schließlich den Weg zu zeigen, wie ein Staat aus dem letzteren Zustand in den ersteren übergehen kann.

Ich verteidige mich nicht darüber, daß ich von einer Wissenschaft und einer Kunst, den Vernunftstaat allmählich herbeizuführen, rede. Alles Gute, dessen der Mensch teilhaftig werden soll, muß durch seine eigene Kunst, zufolge der Wissenschaft, hervorgebracht werden: dies ist seine Bestimmung. Die Natur gibt ihm nichts voraus, als die Möglichkeit, Kunst anzuwenden. In der Regierung ebensowohl wie anderswo muß man alles unter Begriffe bringen, was sich darunter bringen läßt, und aufhören, irgendetwas zu Berechnendes dem blinden Zufall zu überlassen, in der Hoffnung, daß er es wohl machen wird.


Erstes Buch: Philosophie
Was in Anbetracht des Handelsverkehrs im
Vernunftstaat Rechtens ist.


Erstes Kapitel
Grundsätze zur Beantwortung
dieser Frage

Ein falscher Satz wird gewöhnlich durch einen ebenso falschen Satz verdrängt; erst spät findet man die in der Mitte liegende Wahrheit. Dies ist das Schicksal der Wissenschaft.

Man hat in unseren Tagen die Meinung, daß der Staat ein unumschränkter Vormünder der Menschheit für alle ihre Angelegenheiten ist, daß er sie glücklich, reich, gesund, rechtgläubig, tugendhaft, und so Gott will, auch ewig selig machen soll, zur Genüge widerlegt; aber man hat, wie mir scheint, von der anderen Seite die Pflichten und Rechte des Staates wiederum zu eng beschränkt. Es ist zwar nicht geradezu unrichtig, und läßt einen guten Sinn zu, wenn man sagt: der Staat habe nichts mehr zu tun, als nur jeden bei seinen persönlichen Rechten und seinem Eigentum zu erhalten und zu schützen: wenn man nur nicht oft in der Stille vorauszusetzen schiene, daß unabhängig vom Staat ein Eigentum stattfindet, daß dieser nur auf den Zustand des Besitzes, in welchem er seine Bürger antrifft, zu sehen, nach dem Rechtsgrund der Erwerbung aber nicht zu fragen habe. Im Gegensatz gegen diese Meinung würde ich sagen: Es ist die Bestimmung des Staates, jedem erst das Seinige zu  geben,  ihn in sein Eigentum erst  einzusetzen,  und sodann erst, ihn dabei zu  schützen. 

Ich mache mich deutlicher, indem ich auf die ersten Grundsätze zurückgehe.

I. Es lebt beisammen ein Haufen von Menschen in demselben Wirkungskreis. Jeder regt und bewegt sich in demselben und geht frei seiner Nahrung und seinem Vergnügen nach. Einer kommt dem andern in den Weg, reißt ein, was dieser baute, verdirbt oder braucht für sich selbst, worauf er rechnete; der andere macht es ihm von seiner Seite ebenso; und so jeder gegen jeden. Von Sittlichkeit, Billigkeit und dgl. soll hier nicht geredet werden, denn wir stehen auf dem Gebiet der Rechtslehre. Der Begriff des Rechts aber läßt sich im beschriebenen Verhältnis nicht anwenden. Ohne Zweifel wird der Boden, der da getreten, der Baum, der seiner Früchte beraubt wird, sich in keinen Rechtsstreit einlassen mit dem Menschen, der es tat. Täte es aber ein anderer Mensch, welchen Grund könnte dieser dafür anführen, daß nicht jeder andere denselben Boden ebensowohl betreten, oder desselben Baumes Früchte nicht ebensowohl nehmen dürfte, wie er selbst?

In diesem Zustand ist keiner frei, weil alle es unbeschränkt sind, keiner kann zweckmäßig irgendetwas ausführen, und einen Augenblick auf die Fortdauer desselben rechnen. Diesem Widerstreit der freien Kräfte ist nur dadurch abzuhelfen, daß die Einzelnen sich untereinander  vertragen;  daß einer dem anderen sagt: mir schadets, wenn du dies tust, und wenn der andere ihm antwortet, mir dagegen schadets, wenn du dies tust, der erst sich erkläre: nun so wille ich das  dir  Schädliche unterlassen, auf die Bedingung, daß du das  mir  Schädliche unterläßt; daß der zweite dieselbe Erklärung von seiner Seite tut; und von nun an beide ihr Wort halten. Nun erst hat jeder etwas  Eigenes,  ihm allein und dem anderen keineswegs Zukommendes; ein Recht, und ein ausschließendes Recht.

Lediglich aus dem beschriebenen Vertrag entsteht das Eigentum, entstehen Rechte auf etwas Bestimmtes, Vorrechte, ausschließende Rechte. Ursprünglich haben alle auf alles dasselbe Recht, das heißt, kein einziger hat gegen den anderen das mindeste Recht voraus. Erst durch die Verzichtleistung aller übrigen auf etwas, zufolge meines Begehrens es für mich zu behalten, wird es mein Eigentum. Jene Verzichtleistung aller, und sie allein, ist mein Rechtsgrund.

Der Staat allein ist es, der eine unbestimmte Menge Menschen zu einem  geschlossenen Ganzen,  zu einer  Allheit  vereinigt; er allein ist es, der bei allen, die er in seinen Bund aufnimmt, herumfragen kann; durch ihn allein sonach wird erst ein rechtsbeständiges Eigentum begründet. Mit den übrigen Menschen auf der Oberfläche des Erdbodens, wenn sie ihm bekannt werden, verträgt er sich im Namen all seiner Bürger als Staat. Außer dem Staat erhalte ich allerdings durch meinen Vertrag mit meinem nächsten Nachbarn ein Eigentumsrecht  gegen ihn,  sowie er  gegen mich.  Aber einen dritten, der hinzukommt, verbinden unsere Verabredungen nicht; er behält auf alles, was wir  zwischen uns beiden  das Unsere nennen, ebensoviel Recht, wie zuvor, d. h. ebensoviel Recht wie wir.

Ich habe das Eigentumsrecht beschrieben, als das ausschließende Recht auf  Handlungen keineswegs auf  Sachen.  So ist es. Solange alle ruhig nebeneinander sind, geraten sie nicht in Streit; erst wie sie sich regen und bewegen und schaffen, stoßen sie aneindner. Die freie Tätigkeit ist der Sitz des Streits der Kräfte; sie ist also der wahre Gegenstand, über welchen die Streiter sich zu vertragen haben, keineswegs aber sind die Sachen dieser Gegenstand des Vertrags. Ein Eigentum auf den Gegenstand der freien Handlung fließt erst, und ist abgeleitet aus dem ausschließenden Recht auf die freie Handlung. Ich werde mich nicht ermüden, nachzusinnen, wie ich einen  idealen Besitz  dieses Baumes haben kann, wenn nur keiner, der in dessen Nähe kommt, ihn antastet, und wenn nur mir allein es zusteht, zu der mir gefälligen Zeit, seine Früchte abzunehmen. Ich werde dann ohne Zweifel, und kein anderer, diese Früchte abnehmen und genießen; und dies ist doch das einzige, worum es mir zu tun ist.

Durch diese Behandlung der Aufgabe erspart man sich eine Menge unnützer Spitzfindigkeiten, und ist sicher, alle Arten des Eigentums in einem durchaus umfassenden Begriff erschöpft zu haben.

II. Die Sphäre der freien Handlungen wird also durch einen Vertrag aller mit allen unter die einzelnen verteilt, und durch diese Teilung entsteht ein Eigentum.

Aber wie muß die Einteilung gemacht werden, wenn sie dem Rechtsgesetz gemäß sein soll; oder ist es überhaupt nur genug, daß da geteilt wird, wie diese Teilung auch immer ausfällt? Wir werden sehen.

Der Zweck aller menschlichen Tätigkeit ist der, leben zu können; und auf diese Möglichkeit zu leben haben alle, die von der Natur ins Leben gestellt wurden, den gleichen Rechtsanspruch. Die Teilung muß daher zuerst einmal so gemacht werden, daß alle dabei bestehen können. Leben und leben lassen!

Jeder will so angenehm leben wie möglich: und da jeder dies als Mensch fordert, und keiner mehr oder weniger Mensch ist als der andere, so haben in dieser Forderung alle gleich Recht. Nach dieser Gleichheit ihres Rechts muß die Teilung gemacht werden, so, daß alle und jeder so angenehm leben können, wie es möglich ist, wenn so viele Menschen, wie ihrer vorhanden sind, in der vorhandenen Wirkungssphäre nebeneinander bestehen können. Können, sage ich, keineswegs müssen. Es muß nur an ihm selbst liegen, wenn einer unangenehmer lebt, keineswegs an irgendeinem anderen.

Setze man eine bestimmte Summe möglicher Tätigkeit in einer gewissen Wirkungssphäre, als die  eine  Größe. Die aus dieser Tätigkeit erfolgende Annehmlichkeit des Lebens ist der Wert dieser Gröe. Setze man eine bestimmte Anzahl Individuen, als die zweite Größe. Teilt den Wert der ersteren Größe zu gleichen Teilen unter die Individuen; und ihr findet, was  unter den gegebenen Umständen  jeder bekommen soll. Wäre die erste Summe größer, oder die zweite kleiner, so bekäme freilich jeder einen größeren Teil: aber hierin könnt ihr nichts ändern; eure Sache ist lediglich, daß das  Vorhandene  unter alle gleich verteilt wird.

Der Teil, der auf jeden kommt, ist das  Seinige  von Rechtswegen; er soll es erhalten, wenn es ihm auch etwa noch nicht zugesprochen ist. Im Vernunftstaat erhält er es; in der Teilung, welche vor dem Erwachen und der Herrschaft der Vernunft durch Zufall und Gewalt gemacht ist, hat es wohl nicht jeder erhalten, indem andere mehr an sich zogen, als auf ihren Teil kam. Es muß die Absicht des durch die Kunst der Vernunft sich annähernden wirklichen Staates sein, jedem allmählich zum  Seinigen,  in dem soeben angezeigten Sinn des Wortes, zu verhelfen. Dies hieß es, wenn ich oben sagte: es sei die Bestimmung des Staates, jedem das Seinige zu geben.


Zweites Kapitel
Allgemeine Anwednung der aufgestellten
Grundsätze auf den öffentlichen Verkehr

I. Die beiden Hauptzweige der Tätigkeit, durch welche der Mensch sein Leben erhält und angenehm macht, sind: die Gewinnung der Naturprodukte, und die weitere Bearbeitung derselben für den letzten Zweck, den man sich mit ihnen setzt. Eine Hauptverteilung der freien Tätigkeit wäre demnach die Verteilung dieser beiden Geschäfte. Eine Anzahl Menschen, die nunmehr durch diese Absonderung zu einem  Stand  würden, erhielte das ausschließliche Recht, Produkte zu gewinnen; ein anderer Stand das ausschließliche Recht, diese Produkte für bekannte menschliche Zwecke weiter zu bearbeiten.

Der Vertrag dieser beiden Hauptstände wäre der folgende. Der zuletzt genannte Stand verspricht, keine Handlung, die auf die Gewinnung des rohen Produkts ausgeht, und, was daraus folgt, keine Handlung an irgendeinem Gegenstand, der ausschließlich der Gewinnung von Produkten gewidmet ist, vorzunehmen. Dagegen verspricht der erstere, sich aller weiteren Bearbeitung der Produkte, von da an, wo die Natur ihre Arbeit geschlossen hat, gänzlich zu erhalten.

Aber in diesem Vertrag hat der Stand der  Produzenten  offenbar den Vorteil über den der  Künstler:  (so nämlich werde ich um der Kürze willen in dieser Abhandlung beide Hauptbestände im allgemeinen benennen). Wer im ausschließlichen Besitz der Naturprodukte ist, kann auf das Mindeste leidlich ohne fremde Hilfe leben; die geringen Bearbeitungen, welcher diese Produkte noch bedürfen, um zur Nahrung und zur notdürftigen Decke zu dienen, lassen sich ihm nicht wohl untersagen, weil es nicht wohl möglich ist, ihn darüber zu bewachen. Dagegen bedarf der Künstler unentbehrlich der Produkte, teils zu seiner Ernährung, teils für die ihm ausschließlich zugestandene weitere Bearbeitung. Überdies ist der letzte Zweck des Künstlers gar nicht der, nur bloß zu arbeiten, sondern von seiner Arbeit zu  leben;  und wenn ihm das letztere nicht mittels des ersteren zugesichert ist, so ist ihm in der Tat nichts zugesichert. Es ist sonach klar, daß, wenn die vorgenommene Verteilung rechtsgemäß sein soll, jenem lediglich negativen, und bloß die Vermeidung jeder Störung versprechenden Vertrag, noch ein positiver, eine gegenseitige Leistung verheißender, Vertrag hinzugefügt werden muß, folgenden Inhalts:

Die Produzenten verbinden sich, so viele Produkte zu gewinnen, daß nicht nur sie selbst, sondern auch die in ihrem Staatsbund vorhandenen und ihnen bekannten Künstler sich davon ernähren können, ferner, daß die letzteren Stoff zur Verarbeitung haben; sie verbinden sich ferner, den Künstlern diese Produkte gegen die von ihnen verfertigten Fabrikate abzulassen, nach dem Maßstab, daß die Künstler während der Verfertigung derselben ebenso angenehm leben können, als sie selbst während der Gewinnung der Produkte leben.

Dagegen machen die Künstler sich verbindlich, den Produzenten so viele Fabrikate, als sie deren zu haben gewohnt sind, nach dem angegebenen Maßstab des Preises, und in derjenigen Güte, die in der gegebenen Wirkungssphäre dieses Staates möglich ist, zu liefern.

Es ist sonach ein Tausch, zuvörderst der Produkte und Fabrikate gegeneinander verabredet; und zwar ein verbindender; nicht daß man tauschen und abliefern nur  dürfe,  sondern daß man es  müsse. 

Damit nicht Produzent sowie Künstler durch das Herumsuchen und Herumreisen nach der Ware, deren er jetzt eben bedarf, durch die Verabredung der Bedingungen, und dgl. gestört werde, und ein Zeit- und Kraftverlust entstehe, ist es zweckmäßig, daß zwischen beide ein dritter Stand in die Mitte tritt, der statt ihrer den Tauschhandel zwischen beiden besorgt; der Stand der  Kaufleute.  Mit diesem schließen beide Stände folgende Verträge: Zuvörderst einen negativen: sie tun Verzicht auf jeden unmittelbaren Handel untereinander selbst, wogegen der Kaufmann Verzicht leistet auf unmittelbare Gewinnung der Produkte, sowie oben der Künstler, und auf unmittelbare weitere Bearbeitung dieser Produkte, sowie oben der Produzent.

Dann einen positiven: beide Stände versprechen, die für ihr eigenes Bedürfnis überflüssigen Produkte und Fabrikate an den Kaufmann zu bringen und dagegen dasjenige, dessen sie bedürfen, von ihm anzunehmen, nach dem Maßstab, daß außer dem oben bestimmten Grundpreis dem Kaufmann selbst soviele Produkte und Fabrikate übrigbleiben, daß er während der Besorgung des Handels ebenso angenehm leben kann, wie der Produzent und Künstler. Dagegen verspricht der Kaufmann, daß sie zu jeder Stunde jedes unter diesem Volk gewöhnliche Bedürfnis, nach dem erwähnten Maßstab, bei ihm sollen haben können: und macht sich verbindlich, ebenso zu jeder Stunde jeden gewöhnlichen Artikel des Tausches um den oben bestimmten Grundpreis anzunehmen.

Die drei aufgeführten Stände sind die Grundbestandteile der Nation. Ich habe es hier nur mit dem gegenseitigen Verhältnis dieser Grundbestandteile zu tun. Die Mitglieder der Regierung, sowie die des Lehr- und Wehrstandes sind bloß um der ersten willen da, und gehen in der Berechnung darein. Was etwa über ihr Verhältnis zum Verkehr gesagt werden muß, wird an seinem Ort beigebracht werden.

II. Ich habe genug gesagt, um die Lösung meiner Aufgabe zu folgern, wie denn diese Lösung allerdings bloß aus dem soeben Gesagten gefolgert werden wird. Lediglich um nicht das Ansehen zu haben, als ob ich zur Sache gehörige Dinge übergehe, und um den Leser nicht in dem geheimen Verdacht zu lassen, daß in dem Übergangenen Gründe gegen meine aufzustellenden Behauptungen liegen, führe ich das angefangene Räsonnement [Argument - wp] noch um einige Schritte weiter; jedoch mit der ausdrücklichen Erinnerung, daß diese Fortsetzung der Strenge nach nicht zum meinem Zweck gehört. Die Produzenten, die ich hier als einen einigen Grundstand betrachtet habe, teilen sich wieder in mehrere Unterstände: der Ackerbauer im eigentlichen Sinne, der Gemüse-, Obst-, Kunstgärtner, der Vieherzieher, der Fischer, usw. Ihre auschließlichen Recht gründen sich auf eben solche Verträge, wie die der Grundstände.
    "Enthalte die dieses Zweiges der Produktengewinnung, dagegen will ich mich dieses anderen enthalten. Versprich mir zukommenzulassen von dem, was du erbaust, und laß mich fest darauf rechnen; dagegen will ich von dem meinigen dir zukommenlassen, und du sollst auf mich rechnen können."
Es ist nun, da nicht jeder alle Arten der Produkte gewinnen soll, auch ein verbindender Tausch von Produkten gegen Produkte verabredet. Was von hieraus auf den Kaufmannsstand folgt, ergibt sich von selbst. Jeder Unterstand besteht wiederum aus Individuen: und das Rechtsverhältnis dieser Individuen gründet sich abermals auf Verträge.
    "Es ist dir allerdings von den übrigen Bürgern das Recht zugestanden worden, den Acker zu bauen, wo du hinkommst, so gut als mir, sagt ein Ackerbauer dem anderen. Aber wenn wir auf demselben Boden zusammenträfen, so wirst du wieder säen, wo ich schon gesät habe; ein andermal wird es mir gegen dich ebenso ergehen, und wir werden beide nichts erbauen. Laß mir daher lieber dieses Stück da zu meiner Bearbeitung, und komme mir darauf nie; dagegen will ich dir jenes dort für die deinige lassen, und es nie betreten. Gehe mir von deiner Seite nicht über diesen gemeinschaftlichen Rain, und ich will dir auch von meiner Seite nicht darübergehen."
Sie werden unter sich und mit allen übrigen, die das Recht Ackerbau zu treiben gleichfalls haben, einig; und dieses ihr allgemeines Vertragen ist der Rechtsgrund ihres Eigentums: das lediglich im Recht und der Gerechtigkeit besteht, ungestört von irgendeinem anderen nach eigener Einsicht und Ermessen auf diesem Stück Boden Früchte zu gewinnen.

Der Grundstand der Künstler teilt sich in mehrere Unterstände, und das ausschließliche Recht eines solchen Gewerks, einen besonderen Zweig der Kunst zu treiben, gründet sich auf Verträge mit den übrigen.
    "Leistet Verzicht auf die Ausübung dieses Zweiges der Kunst, wir leisten dagegen Verzicht auf die Ausübung eines anderen. Gebt uns, was wir von euren Fabrikaten bedürfen werden, und ihr könnt rechnen, das, was ihr von den unsrigen bedürfen werdet, von uns zu erhalten."
Es ist nun auch ein verbindender Tausch der Fabrikate gegen Fabrikate verabredet, und die Bestimmung des Kaufmannsstandes hat eine neue Modifikation erhalten.

Nicht anders verhält es sich mit den Gilden, unter die der Kaufmannsstand die Befugnis, mit bestimmten Artikeln Handel zu treiben, verteilt hat; und es würde ermüden, zum drittenmal zu sagen, was ich schon zweimal gesagt habe.

Ich gehe zurück zu meinem Vorhaben. - Allen diesen Verträgen, unter welchen nur auf die oben angeführten zwischen den drei Grundständen zu sehen für mein Vorhaben hinlänglich ist- diesen Verträgen, sage ich, gibt das ausgesprochene Gesetz des Staates eine äußere Rechtsbeständigkeit, und die Regierung hat auf die Beobachtung derselben zu halten.

Sie muß sich in die Lage setzen, es zu  können.  Die Frage:  was hat die Regierung in Absicht des öffentlichen Verkehrs zu tun,  ist gleichbedeutend mit der folgenden:  was hat sie zu tun, um die Beobachtung der oben aufgestellten Verträge halten zu können? 

Zuvörderst: der Stand der Produzenten soll sich verbinden, die zur Ernährung der übrigen Bürger, und zur gewöhnlichen Verarbeitung nötigen Produkte noch über sein eigenes Bedürfnis zu gewinnen. Er muß dies vermögen; es müssen also nicht mehr Nicht-Produzenten in einem Staat angestellt werden, als durch die Produkte derselben ernährt werden können. Die Anzahl der Bürger, die sich des Ackerbaus überheben, muß durch den Staat berechnet werden nach der Anzahl der Produzenten, der Fruchtbarkeit des Bodens, dem Zustand des Ackerbaus. Wenn z. B. in einem Staat ein Produzent durch die ihm anzumutende Arbeit, Nahrung für zwei Personen, und Stoff zur Verarbeitung beinahe für Einen gewinnen könnte, so dürfte in diesem Staat auf jeden Produzenten ein Nichtproduzent, d. h. hier vorläufig ein Künstler, Kaufmann, Mitglied der Regierung, des Lehr- oder Wehrstandes, gerechnet werden; und nach diesem Maßstab wenigere oder mehrere. - Die Produktgewinnung ist die Grundlage des Staates; der höchste Maßstab, wonach sich alles übrige richtet. Steht diese unter günstigen Natureinflüssen, oder ist die Kunst derselben noch in der Kindheit, so darf der Staat nur wenige Künstler haben. Erst wie die Natur milder wird, und die erste der Künste, die des Ackerbaus, Fortgang gewinnt, darf auch die übrige Kunst steigen, und befördert werden.

Die erste klare Folge für den Staat ist, daß er nach dem eben angegebenen Maßstab die Zahl derer, die sich überhaupt den Künsten widmen dürfen, auf eine bestimmte einschränkt und nie zugibt, daß diese Zahl,  solange die Umstände dieselben bleiben,  überstiegen wird.

Das entbehrliche ist überall dem unentbehrlichen oder schwer zu entbehrenden nachzusetzen; ebenso in der großen Wirtschaft des Staates. Die Hände, welche dem Ackerbau entzogen und den Künsten gewidmet werden können, müssen zunächst auf unentbehrliche Bearbeitungen, und nur so viele, als von diesen übrigbleiben, auf entbehrliche, auf Bedürfnisse des Luxus, gerichtet werden. Dies wäre die zweite klare Folge für den Staat. Er hat nicht nur die Zahl des Künstlerstandes überhaupt, sondern auch die Zahl derer, die sich einem besonderen Zweig der Kunst widmen, zu bestimmen, und überall für die Notdurft zuerst zu sorgen. Es sollen erst alle satt werden und fest wohnen, ehe einer seine Wohnung verziert, erst alle bequem und warm gekleidet sein, ehe sich einer prächtig kleidet. Ein Staat, in welchem der Ackerbau noch zurück ist, und mehrerer Hände zu seine Vervollkommnung bedürfte, in welchem es noch an gewöhnlichen mechanischen Handwerkern fehlt, kann keinen Luxus haben. Es geht nicht, daß einer sagt: ich aber kann es bezahlen. Es ist eben unrecht, daß einer das entbehrlichste bezahlen kann, jedoch einer seiner Mitbürger das Notdürftige nicht vorhanden findet, oder nicht bezahlen kann; und das, womit der erstere bezalt, ist gar nicht von Rechtsegen und im Vernunftstaat das Seinige.

Wie die Regierung sich versichern, und darüber halten kann, daß die bestimmte Anzahl der Künstler nicht überschritten wird, ist leicht einzusehen. Jeder, der in einem schon bestehenden Staat irgendeiner Beschäftigung ausschließlich sich zu widmen gedenkt, muß ohnehin von Rechtswegen sich bei der Regierung melden, welche ihm, als Stellvertreterin aller im Namen derselben die ausschließliche Berechtigung erteilt, und statt aller den nötigen Verzicht leisten. Meldet sich nun Einer zu einem Kunstzweig, nachdem die höchste durch das Gesetz verstattete Zahl der Bearbeiter schon voll ist, so wird ihm die Berechtigung nicht erteilt, sondern ihm vielmehr andere Zweige angegeben, wo man seiner Kraft bedarf.

III. Ich übergehen hier den Punkt des Vertrages, welche die Preise des Fabrikats betriff, um tiefer unten im allgemeinen über den Wert der Dinge zu sprechen.

Der Stand der Künstler macht, laut obigem, sich verbindlich, die unter den gegebenen Umständen der Nation zu verstattenden Fabrikate, in der erforderlichen Menge, und in der in diesem Land möglichen Güte zu liefern. Der Staat hat auch für diesen Punkt der Verträge dem Produzenten, und allen übrigen Bürgern die Gewähr zu leisten. Was muß er tun, damit ihm dies möglich ist?

Zuvörderst, damit die Fabrikate immer in der erforderlichen Menge vorhanden sind, hat er zu sorgen, daß die bestimmte Anzahl der Bearbeiter jedes eingeführten Kunstzweiges, und die daraus hervorgehende Anzahl der Künstler überhaupt, ebensowenig vermindert wird und abnimmt, wie sie, nach obigem, nicht vermehrt werden sollte. Sollte einmal ein Mangel an Arbeitern in einem gewissen Fach zu befürchten sein, so dürften freilich die Bürger nicht dadurch aufgemuntert werden, sich demselben zu widmen, daß man ihnen erlaubte, ihr Fabrikat zu verteuern, und so die übrigen Volksklassen zu bevorteilen. Es würde kaum ein anderes Aufmunterungsmittel übrigbleiben, als Prämien aus der Staatskasse, so lange, bis die erforderliche Anzahl von Bürgern - allenfalls einige darüber, denen der Staat vorläufig ihr Fabrikat auf den Fall eines künftig zu befürchtenden Mangels, abkaufen könnte - sich wiederum auf diesen Arbeitszweig gelegt hätten. Nachdem diese nun einmal dies und nichts anderes gelernt haben, sind sie von nun an wohl genötigt, es zu treiben, und der Staat ist zumindest auf ein Menschenalter gedeckt.

Ferner, damit das Fabrikat in der möglichen Vollkommenheit geliefert wird, hat der Staat jeden, der sich ankündigt, einen Arbeitszweig treiben zu wollen, durch Kunstverständige zu prüfen. Wessen Arbeit nicht wenigstens ebenso gut ist, wie die seiner übrigen Kunstgenossen im Land, dem wird die öffentliche Ausübung seiner Kunst solange versagt, bis er sie besser gelernt hat, und in einer zweiten Prüfung besteht. Ich habe die Forderung der Einwohner auf die  in ihrem Land mögliche  Vollkommenheit des Fabrikats eingeschränkt, und diese Möglichkeit nach dem besten, was von dieser Arbeit bisher wirklich geliefert wurde, beurteilt. Ich hoffe, daß jedem die Billigkeit dieser Einschränkung und dieser Beurteilung von selbst einleuchtet. Fragen: warum soll ich die Ware nicht in derjenigen Vollkommenheit haben, in welcher sie etwa in einem anderen Land verfertigt wird? heißt fragen: warum bin ich nicht ein Einwohner dieses Landes? und ist gerade so viel, als ob die Eiche fragen wollte, warum bin ich keine Palme und umgekehrt. Mit der Sphäre, in welche ihn die Natur setzte, und mit allem, was aus dieser Sphäre folgt, muß jeder zufrieden sein.

IV. Wir gehen zum dritten Hauptstand der Nation aüber, zum Handelsstand. So wie die im Staat zu berechtigende Anzahl der Künstler abhängig ist von der Zahl der Produzenten und vom Zustand der Produktgewinnung, so hängt die Anzahl der Kaufleute ab von den Anzahlen beider Stände, und vom Verhältnis derselben zueinander. Sie ist zu bestimmen nach der Menge der unter der Nation im Umlauf befindlichen Waren, zuvörderst also, nach dem Zustand der Kunst überhaupt; dann nach der Verteilung derselben in mehrere Zweige, sowie nach der Verteilung der Produktgewinnung in mehrere Gewerbe. Was das erstere anlangt, je höher die Kunst gestiegen ist, desto mehrere Zweige derselben, sonach, desto mehr Fabrikate, und desto mehr Produkte zur Ernährung und Verarbeitung des Künstlers,  als Ware;  was das zweite betrifft, nur dasjenige, was einer nicht selbst produziert oder fabriziert, tauscht er ein; je mehr sonach die allgemeine Produktion, oder fabriziert, tauscht er ein; je mehr sonach die allgemeine Produktion und Fabrikation  verteilt  ist, desto mehr  Tausch - bei derselben Menge von Waren. Die Regierung hat diesen in der Nation stattfindenden Tausch zu berechnen, sowie die Menge von Händen, die er sowohl überhaupt, als auch in den verschiedenen Zweigen desselben, falls eine solche Teilung für nötig befunden wird, beschäftigen wird. sonach den  Handelsstand  auf eine gewisse Anzahl von Personen einzuschränken, die dieser Stand nicht übersteigt, unter welche er aber auch nicht herabsinken soll. Welche Mittel sie in den Händen hat, um auf diese geschlossen Anzahl bei jedem Stand zu halten, ist bei den Künstlern angegeben, und gilt ebensowohl von den Kaufleuten, wie von selbst einleuchtet.

Wichtiger ist der zwischen dem Handelsstand und den übrigen Ständen geschlossene positive Vertrag. Die letzteren tun Verzicht auf jeden unmittelbaren Handel untereinander, versprechen ihre für den öffentlichen Tausch bestimmte Waren nur an ihn zu verkaufen, und ihre Bedürfnisse nur ihm abzukaufen; dagegen verspricht er, die ersteren ihnen zu jeder Stunde abzunehmen, und die letzteren verabfolgen zu lassen. - Daß der Vertrag auf diese Bedingungen geschlossen werden muß, so daß die übrigen Stände auf allen unmittelbaren Tausch untereinander Verzicht tun, ist daraus klar, weil außerdem der Handelsstand kein sicheres zu berechnendes Eigentumsrecht hätte, sondern von einem Ungefähr und guten Willen der übrigen Stände abhinge. Sie würden durch ihn handeln, nur da wo es ihnen vorteilhafter wäre; und jedesmal unmittelbar tauschen, wo sie hierbei mehr zu gewinnen hoffen. Auch läßt sich beim Zurückhalten der für den öffentlichen Handel bestimmten Waren kaum ein anderer Zweck denken, als der, durch die verursachte Seltenheit derselben eine künstliche Teuerung zu veranstalten, und so von der Not des Mitbürgers einen ungerechten Gewinn zu ziehen, welches in einem rechtmäßigen Staat schlechthin nicht stattfinden soll, sich aber nur dadurch verhindern läßt, daß aller Handel in die Hände eines Standes gegeben wird, den man hierüber bewachen kann, wobei letztere bei den ersteren Produzenten oder Fabrikanten, aus tiefer unten anzuführenden Gründen, nicht der Fall ist. Daß der Handelsstand sich verbinden muß, zu jeder Stunde zu kaufen oder zu verkaufen, ist daraus klar, weil jeder Bürger von seiner Arbeit so angenehm leben soll, als er es vermag, und durch die Verzichtleistung auf das Geschäft anderer nicht gefährdet werden soll. Dies aber würde er, wenn er nicht, sobald er es begehrt, für seine Ware das Produkt des abgetretenen Geschäftes anderer bekommen könnte.

Wie die Regierung über die Erfüllung der zuletzt erwähnten Verbindlichkeit halten kann, ist leicht zu finden. Es ist ein positives, durch angedrohte Strafe eingeschärftes Gesetz, daß der für bestimmte Artikel eingesetzte Kaufmann jedem, der sie ihm anträgt, abkaufen; jedem, der sie von ihm fordert, verkaufen soll. Der Bürger, dem eins von beiden verweigert wurde, klagt, und der Kaufmann wird gestraft. - Aber, wenn er nun die geforderte Ware gar nicht hätte, wie kann er gestraft werden, daß er sie nicht verkauft? sagt man; und ich finde dadurch Gelegenheit zu zeigen, wie die Regierung über die Erfüllung der positiven Verbindlichkeit der übrigen Stände gegen den Kaufmann wachen kann. Kein Kaufmann wird angestellt, der nicht Rechenschaft ablegt, woher er seine Ware zu ziehen gedenkt. Welcher Vorrat in dieser ersten hand seines Produzenten oder Fabrikanten befindlich ist, kann  er,  der die Ausdehnung des Geschäftes dieses Produzenten oder Fabrikanten, und den Warenertrag desselben in gewissen Zeitpunkten kennt, und es weiß, wieviel davon an ihn abgeliefert worden ist, so ziemlich berechnen. Er hat das Recht diesen Vorrat, sogar mit obrigkeitlicher Hilfe, in Anspruch zu nehmen; denn diese Stände sind von Rechtswegen verbunden, zu verkaufen. Die Regierung kann, wie oben gesagt, den ersten Erbauer oder Verteidiger nicht unmittelbar beobachten; aber der auf ihn zu rechnen berechtigte Kaufmann kann es, und mittels dessen die Regierung. Wiederum den Kaufmann unmittelbar zu beobachten bedarf die Regierung nicht, auch wenn sie es könnte. Sobald eine Stockung im Handel entsteht, wird der dadurch gefährdete Bürger ohne Zweifel die Regierung benachrichtigen. Solange keiner klagt, ist anzunehmen, daß alles seinen gehörigen Gang geht.

Wiederum könnte man sagen: wie kann der Kaufmann gestraft werden, daß er nicht eintauscht, wenn es ihm etwa am Äquivalent der Ware fehlt? Ich antworte: in einem nach den aufgestellten Grundsätzen organisierten Staat kann keine Handelshaus Ware zum Verkauf gebracht werden, auf deren baldigen Absatz es nicht sicher rechnen könnte, in dem ja die verstattete Produktion und Fabrikation nach dem möglichen Bedürfnis schon in der Grundlage des Staates berechnet ist. Das Handelshaus kann diesen Absatz sogar erzwingen. Wie man ihm bestimmte Käufer zugesichert hat, ebenso hat man ihm bestimmte Abkäufer zugesichert. Es kennt die Bedürfnisse derselben; kaufen sie nicht bei ihm, so ist vorauszusetzen, daß sie woanders, etwa aus der ersten Hand, kaufen. Dies läuft sowohl gegen die Verbindlichkeit des Käufers, als auch des Verkäufers; sie sind darüber anzuklagen, und strafbar. Der Kaufmann in diesem Staat ist sonach - vorausgesetzt, daß er seinen Handel mit dem nötigen Vorschuß angefangen hat, um die Zwischenzeit zwischen dem Einkauf und dem Absatz zu decken, welchen Vorschuß er gleichfalls der Regierung vorher nachzuweisen hat, ehe er seine Berechtigung erhält - er ist, sage ich, immer im Besitz des notwendigen Äquivalents. In diesem Staat geht durch die Hände des Kaufmanns ein durchaus zu berechnender Ab- und Zufluß.

Ich möchte den Leser nicht durch die Auflösung kleiner Schwierigkeiten zerstreuen. Hier nur eine einzige, um an ihrem Beispiel zu zeigen, wie ähnliche sich lösen lassen. - Man erschrecke nicht über die ungeheuren Warenlager, deren es bei diesem Zustand des Handels bedürfen würde; denn es ist gar nicht nötig, daß alle Ware des Kaufmanns unter seinen Augen aufgeschichtet ist, wenn er nur weiß, wo sie ist, und jeden Augenblick auf ihre Ablieferung rechnen kann. Bleibe z. B. der Kornvorrat, den ein Kornhändler einem großen Gutsbesitzer abkaufte, immer in den Speichern, wo er vorher lag, ruhig liegen. Der Kornhändler hat nichts zu tun, als dem nahe gelegenen Bäcker, der bei ihm Korn sucht, die begehrte Quantität in jenen Speichern anzuweisen, und die Fracht ihm von der Bezahlung abzurechnen. Nur soll der Bäcker nicht genötigt sein, erst bei den großen Gutsbesitzern in der Reihe herumzufragen, und vielleicht ungeachtet dessen, ob sie einen hinlängliche Vorrat haben, sich von ihnen abweisen zu lassen, weil sie höhere Preise erzwingen wollen; sondern er soll sicher sein, durch einen einzigen Gang zum Kornhändler um den bestimmten Preis die Ware, oder eine sichere Anweisung auf die Ware zu finden.

V. Noch habe ich über die festen Preise der Dinge in einem rechtsgemäßen Staat, deren im Obigen öfter erwähnt wurde, meine Gedanken deutlicher auseinanderzusetzen.

Der auf dem Gebiet der Rechtslehre anzunehmende Zweck aller freien Tätigkeit ist die Möglichkeit und Annehmlichkeit des Lebens. Da die letztere sich auf persönlichen Geschmack und Neigung gründet, demnach an und für sich nicht zu einem gemeingeltenden Maßstab taugt: da ferner die Gegenstände ihres Genusses nur solche sind, die über die bloße Möglichkeit des Lebens hinausliegen, und an ihr erspart worden sind, nachdem sie selbst am Maßstab der ersten gemessen werden müssen, so lassen wir sie vorderhand gänzlich aus der Rechnung, bis sie von selbst darein fallen werden. Nach diesem wäre der wahre innere Wert jeder freien Tätigkeit, oder - um in die Welt der Objekte zu kommen, in der unser Räsonnement sich leichter bewegen kann, - des Resultates jeder freien Tätigkeit, die Möglichkeit davon zu leben, und das Resultat dieser Tätigkeit, oder Ding, wäre um  soviel mehr wert,  als das andere, as man  länger  davon leben kann. Der Maßstab des relativen Wertes der Dinge gegeneinander, wäre die Zeit, binnen welcher man von ihnen leben kann.

Aber man wird durch eine bestimmte Menge von Austern nicht mehr gesättigt, noch länger ernährt, als durch ein Stück Brot von bestimmter Größe. Beide sollten also, dem angegebenen Maßstab nach, denselben Wert haben; da doch die ersteren, zumindest bei uns, weit höher im Preis stehen, als das letztere. Diesen Unterschied verursacht die angenommene größere Annehmlichkeit des ersten Nahrungsmittels. Um diese Annehmlichkeit vorläufig ganz aus der Rechnung zu bringen, sich aber doch einen Maßstab zuzubereiten, nach welchem man hinterher sie selbst schätzen könnte, müßte man etwas finden, in welchem man auf die bloße Möglichkeit des Lebens, die bloße Ernährung, rechnet, und von der Annehmlichkeit ganz absieht; etwas, das  nach der allgemeinen Annahme der Nation,  jeder zum Leben haben soll und muß. Dies ist nun unter Völkern, die sich seit Jahrhunderten an den Genuß des Brotes gewöhnt haben, ohne Zweifel das Brot. Dieses, oder, da mit demselben schon eine Fabrikation vorgegangen ist, das Produkt, woraus es verfertigt wird, Roggen, Weizen und dgl. hätte nun Wert schlechthin, und nach ihm würde aller andere Wert geschätzt.

Nach diesem Maßstab wären nun zuvörderst andere Nahrungsmittel in Absicht ihres inneren Wertes zu schätzen. Fleisch z. B. hat als Nahrungsmittel einen höheren inneren Wert als Brot, weil eine geringere Quantität desselben ebensolange nährt, als eine größere Quantität Brotes. Eine Quantität Fleisch, womit nach dem Durchschnitt sich einer einen Tag ernährt, ist soviel Korn wert, als derselbe denselben Tag zu seiner Ernährung gebraucht haben würde, und er hat, so weit wir bis jetzt sehen, diese Quantität Korn dafür zu entrichten. Nach Hinzufügung eines neuen Grundsatzes läßt an demselben Maßstab sich der Wert der Fabrikate und aller Arbeit, die nicht unmittelbar auf die Gewinnung der Nahrungsmittel geht und ebenso der Produkte, die nicht zur Nahrung, sondern zur Verarbeitung erbaut werden, berechnen. Der Arbeiter muß während der Arbeit leben können; wozu, falls es einer  Lehrzeit  bedurfte, noch diese zu rechnen und auf sein Arbeitsleben zu verteilen ist. Er muß daher für seine Arbeit soviel Korn erhalten, als er brauchen würde, wenn er während der Zeit nur von Brot lebt. Da er neben demselben noch anderer Nahrungsmittel bedarf, so mag er diese gegen das ihm nun übrige Korn, nach dem oben angegebenen Maßstab, austauschen. Das Produkt zur Verarbeitung ist soviel Korn wert, als mit der auf die Erbauung desselben verwendeten Mühe, und auf dem Acker, wo es gewachsen ist, Korn hätte erzeugt werden können. Diesen Wert, für den es der Fabrikant erlangte, läßt er sich wieder ersetzen; ihn sonach, und der Arbeitslohn ist das Fabrikat wert, wenn es aus seinen Händen in die Hände des Kaufmanns übergeht.

Noch müssen wir, um unsere Schätzung des Wertes der Dinge zu vollenden, einen Maßstab für die Annehmlichkeit des Lebens suchen. Auf ein, vom persönlichen Geschmack eines jeden unabhängiges gemeingeltendes Schätzungsmittel derselben führt uns folgende Betrachtung.

Das Nahrungsmittel, welchem ein absoluter Wert beigelegt und das zum Maßstab aller anderen Dinge bestimmt worden ist, kann diesen Rang nur dadurch erhalten haben, daß es am leichtesten, d. h. mit dem wenigsten Aufwand an Zeit, Kraft, Kunstfertigkeit und Boden gewonnen wird. Eine Quantität von jedem anderen Nahrungsmittel,  die den gleichen innneren Wert zur Ernährung hat,  wird mehr Aufwand eines oder mehrerer von den genannten Stücken kosten. Dennoch mach die Nation diesen größeren Aufwand, das Produkt muß ihr sonach denselben belohnen, und da dies nicht durch den inneren Wert zur Ernährung überhaupt geschieht, kann es nur durch den äußeren zur  angenehmen  Ernährung geschehen. Dieser größere Aufwand ist es, den nach allgemein geltender Schätzung die Annehmlichkeit dieses Nahrungsmittels unter dieser Nation wert ist. - Sonach ist das Nahrungsmittel  über  seinen inneren Wert durch seine Annehmlichkeit  noch diejenige Quantität des ersten Nahrungsmittels wert, welche, wenn die Gewinnung des ersteren unterblieben wäre, durch Anwendung derselben Kraft und Zeit, und desselben Bodens, vom letzteren erbaut worden wäre. 

Aus dem Anbau des Angenehmen folgt notwendig, daß weniger Nahrung überhaupt erbaut wird, als im Staat erbaut werden könnte. Es ist sonach klar, daß diese Abbau nicht weiter gehen darf, als die Notdurft aller es erlaubt, und sich nie soweit ausdehnen muß, daß irgendeiner darüber der notwendigen Nahrung entbehrt. Die rechtliche Grenze dieses Anbaues ist gefunden.

Dieser Anbau ist in der Tat die Ersparung der Kräfte der Nation vom Unentbehrlichen. Es gebührt sich, daß diese Ersparung verhältnismäßig unter alle gleich verteilt wird; daß, wie wir oben sagten, alle gleich angenehm leben. Verhältnismäßig habe ich gesagt, d. h. damit diejenige Art von Kraft und Wohlsein erhalten wird, deren ein jeder für sein bestimmtes Geschäft bedarf. So würde z. B. der Mann, der sich mit tiefem Nachdenken beschäftigt, und dessen Einbildungskraft den Schwung zur Erfindung nehmen soll, nicht einmal seine Notdurft haben, wenn er sich ernähren sollte, wie der Ackerbauer, der Tat für Tag ene mechanische, nur die körperlichen Kräfte anstrengende Arbeit treibt. Für den letzteren ist es kein Übel, daß er an seinen Arbeitstagen seinen Hunger mit einer Menge vegetabilischer Nahrungsmittel stillt, die er in der freien Luft ohne Zweifel ausarbeiten wird; eine feine und reinliche Kleidung würde bei seinem Geschäft ohnedies gar bald verdorben sein. Dagegen bedarf der, der seine Handarbeit sitzend ist der Stube treibt, einer Nahrung, die in kleinerer Quantität genommen sättigt; und derjenige, der, sei es in der höheren Kunst oder in der Wissenschaft, erfinden soll, mannigfaltigerer und erquickenderer Nahrung und einer Umgebung, welche ihm die Reinlichkeit und das Edle, das in seinem Innern herrschen soll, immerfort auch äußerlich vor die Augen stellt. Aber auch dem ersteren gebührt es, daß er an seinem Ruhetag, an welchem er in eine durchaus menschliche Existenz eintritt, das Bessere, welches der Boden seines Lebens gewährt, mitgenießt, und eine des freien Menschen würdige Kleidung trägt.

Nach diesen Grundsätzen läßt sich der Wert, den jede in den öffentlichen Handel gebrachte Ware von Rechtswegen haben muß, ermessen. Der Kaufmann hat an den Produzenten und Fabrikanten, aus dessen Händen er sie erhält, soviel zu entrichten, daß beide während der Erbauung oder Verfertigung mit der ihrem Geschäft angemessenen Annehmlichkeit leben können: der Nichthandelnde, der sie nur aus den Händen des Kaufmanns erhalten kann, hat über diesen Ankaufspreis noch soviel zu entrichten, daß auch der Kaufmann während seines Handels nach demselben Maßstab leben kann; es ist, falls Korn als das gemeinschaftliche Maß des Wertes gedacht wird, soviel Korn dafür zu entrichten, daß alle die genannten sich davon ernähren und für das übrige die anderen ihrer Lebensart zukommenden Bedürfnisse eintauschen können. Diese doppelten Preise jeder in den öffentlichen Handel zu bringenden Ware hat die Regierung, nach vorhergegangener, den aufgestellten Grundsätzen gemäßen Berechnung, durch das Gesetz zu bestimmen, und über dieselben durch Strafe zu halten; und nun erst ist jedem das Seinige, - nicht, dessen er sich durch blindes Glück, Bevorteilung Anderer und Gewalttätigkeit bemächtigt hat, sondern das ihm von Rechtswegen zukommt, - gesichert. - In diesem Staat sind  alle  Diener des Ganzen, und erhalten dafür ihren gerechten Anteil an den Gütern des Ganzen. Keiner kann sich sonderlich bereichern, aber es kann auch keiner verarmen. Allen einzelnen ist die Fortdauer ihres Zustandes, und dadurch dem Ganzen seine ruhige und gleichmäßige Fortdauer garantiert.

Auf das Geld, als künstliches Grundmaß allen Wertes, habe ich hier nicht Rücksicht genommen, indem aus der Theorie des Geldes nichts auf die vorgetragenen Sätze, aus den letzteren aber gar viel auf die Theorie des Geldes folgt. Ebensowenig habe ich auf die Abgaben an den Staat, und auf die Besoldungen der nicht produzierenden, fabrizierenden oder handelnden Stände gerechnet, indem eine Untersuchung über diese Materie die vorgetragene Theorie vielmehr aufklärt und bestätigt, als daß sie derselben widersprechen sollte. Von diesem allen zu seiner Zeit.

VI. Der Staat ist verbunden, den aus diesem Gleichgewicht des Verkehrs erfolgenden Zustand allen seinen Bürgern durch Gesetz und Zwang zuzusichern. Aber er kann es nicht, wenn irgendeine Person auf dieses Gleichgewicht Einfluß hat, die nicht unter seinem Gesetz und seiner Botmäßigkeit steht. Er muß daher die Möglichkeit eines solchen Einflusses durchaus abschneiden. - Aller Verkehr mit dem Ausländer muß den Untertanen verboten sein und unmöglich gemacht werden.

Es bedarf keines Beweises, daß in das aufgestellte Handelssystem der Verkehr der Untertanen mit Ausländern schlechthin nicht paßt. Die Regierung soll darauf rechnen können, daß eine gewisse Menge von Waren in den Handel kommt, um dem Untertanen den fortdauernden Genuß der gewohnten Bedürfnisse immerfort zuzusichern. Wie kann sie auf den Beitrag des Ausländers zu dieser Menge sicher rechnen, da derselbe nicht unter ihrer Botmäßigkeit steht? Sie soll den Preis der Ware festsetzen, und garantieren. Wie kann sie das gegen den Ausländer, da sie ja diejenigen Preise nicht bestimmen kann, um die er in seinem Land lebt, und die ersten Materien einkauft? Setzt sie ihm einen Preis, den er nicht halten kann, so vermeidet er hinfort ihren Markt, und es entsteht ein Mangel der gewohnten Bedürfnisse. Sie soll ihrem Untertanen den Absatz seiner Produkte und Fabrikate und den gebührenden Preis derselben garantieren. Wie kann sie das, wenn er in das Ausland verkauft, dessen Verhältnis zur Ware ihres Untertanen sie nicht zu übersehen, noch zu ordnen vermag?

Was aus einem richtigen Satz folgt, ist richtig. Ist es nur dem Staat nicht ganz gleichgültig, auf welche Weise der Bürger zu dem gekommen ist, was der Staat für das Eigentum desselben anerkennen und ihm schützen soll; ist der Bürger nur nicht in Absicht des Erwerbs bis auf einen gewissen Grad, etwa daß er nicht mit gewaffneter Hand einbricht, vogelfrei, und unabhängig vom Ungefähr, so daß Einer alles an sich rafft, und der andere nichts bekommt; besteht nur nicht die ganze Pflicht der Regierung darin, daß sie jedem den auf irgendeine Weise zusammengebrachten Haufen bewacht, und jeden, der nichts hat, verhindert etwas zu bekommen; ist es vielmehr der wahre Zweck des Staates, allen zu demjenigen, was ihnen als Teilhabern der Menschheit gehört, zu verhelfen, und nun erst sie dabei zu erhalten: so muß aller Verkehr im Staat auf die oben angegebene Weise geordnet werden; so muß, damit dies möglich ist, der nicht zu ordnende Einfluß des Ausländers davon abgehalten werden; so ist der Vernunftstaat ein ebenso durchaus  geschlossener Handelsstaat,  als er ein geschlossenes Reich der Gesetze und der Individuen ist. Jeder lebendige Mensch ist ein Bürger desselben, oder er ist es nicht. Ebenso, jedes Produkt einer menschlichen Tätigkeit gehört in den Umfang seines Verkehrs, oder es gehört nicht in denselben, und es gibt da kein drittes.

Bedarf ja der Staat eines Tauschhandels mit dem Ausland, so hat lediglich die Regierung ihn zu führen, ebenso wie diese allein Krieg und Frieden und Bündnisse zu schließen hat. Die näheren Gründe dieser Behauptung werden sich tiefer unten aus den Gesichtspunkten ergeben, welche die Regierung bei einem solchen Tauschhandel ins Auge fassen müßte, und können hier noch nicht einleuchtend vorgetragen werden. Hier ist genug, aus allgemeinen Grundsätzen erwiesen zu haben, daß im Vernunftstaat dem einzelnen Bürger ein unmittelbarer Handel mit einem Bürger des Auslands schlechthin nicht verstattet werden kann.


Drittes Kapitel
Über die vorausgesetzte Verteilung der
Arbeitszweige im Verunftstaat

Ein und der andere Leser dürften glauben, daß unsere Theorie durch ihre Vordersätze erschlichen ist, indem das Eigentum nicht, wie gewöhnlich, in den ausschließlichen Besitz eines Objektes, sondern in das ausschließliche Recht zu einer freien Handlung gesetzt, und die für das menschliche Leben nötigen freien Handlungen ganz willkürlich unter mehrere Stände verteilt würden. Das letztere, diese Verteilung, sei etwas Zufälliges, einem Staat als solchem durchaus Unwesentliches. Es könne Staaten geben, in denen jeder Einwohner sein Stück Acker hat und seine Nahrung darauf selbst erbaut, einige Stück Zuchtvieh hält, sich seine Holzschuhe selbst schnitzt, die Leinwand zu seinem Rock aus selbst erbautem Hanf in den Wintertagen selbst webt, usw. Ein solcher Staat habe keinen besonderen Stand der Künstler, kein Gleichgewicht zwischen diesen und den Produzenten, keinen Handel, noch Kaufleute; es passe auf denselben kein einziger Zug meiner Theorie; und doch werde ich demselben aus dieser Ursache den Namen eines rechtlichen Staates niemals absprechen wollen. Die Verordnungen über Handel und Gewerbe seien sonach lediglich Sache des Vorteils, der Klugheit, und insofern ganz willkürlich, keineswegs ein Gegenstand des strengen Rechts.

Ich bemerke darauf zuvörderst, daß selbst in einem solchen Staat das Eigentumsrecht nicht unmittelbar auf den Acker, sondern auf das ausschließliche Recht geht den Acker nach Willkür zu brauchen, daß ich tiefer unten über diesen Punkt noch weitere Erörterungen hinzufügen werde, daß aber derselbe unserer gegenwärtigen Untersuchung nichts verschlägt. Ich bemerke ferner, daß eine Nation im beschriebenen Zustand eine armselige, noch zur Hälfte in der Barbarei zurückgebliebene Nation ist; daß, wenn dieselbe aus ihrer eigenen Mitte regiert wird, und ihre Regenten keine andere Bildung haben, als die unter ihr zu erlangende, an eine weise Gesetzgebung und Staatseinrichtung bei derselben kaum zu gedenken ist; und nur in dieser Rücksicht, daß keiner über die Grenze seines  Wissens  ebensowenig wie über die seines  Könnens  hinaus, verbunden werden kann, würde ich eine Staatsverwaltung, die unter diesen Umständen in ihrer Gesetzgebung auf einen solchen Zustand der Dinge, und auf das Beharren in einem solchen Zustand der Dinge rechnete, mit der Benennung einer rechtswidrigen verschonen. Aber daß eine Regierung, die das Bessere kennt, oder zu kennen vermöchte, sich denselben Zweck setzt,, und dieselbe Rechnung macht; daß diese nichts täte, um aus diesem Zustand herauszugehen, und die Nation aus demselben herauszureißen, könnte ich nicht anders als rechtswidrig nennen.

Es ist kein bloßer frommer Wunsch für die Menschheit, sondern es ist die unerläßliche Forderung ihres Rechts, und ihrer Bestimmung, daß sie so leicht, so frei, so gebietend über die Natur, so echt  menschlich  auf der Erde lebt, als es die Natur nur irgend verstattet. Der Mensch soll arbeiten; aber nicht wie ein Lasttier, das unter seiner Bürde in den Schlaf sinkt, und nach der notdürftigen Erholung der erschöpften Kraft zum Tragen derselben Bürde wieder aufgestört wird. Er soll angstlos, mit Lust und mit Freudigkeit arbeiten, und Zeit übrig behalten, seinen Geist und sein Auge zum Himmel zu erheben, zu dessen Anblick er gebildet ist. Er soll nicht gerade mit seinem Lasttier essen; sondern seine Speise soll von desselben Futter, seine Wohnung von desselben Stall sich ebenso unterscheiden, wie sein Körperbau von jenes Körperbau unterschieden ist. Dies ist sein Recht, darum weil er nun einmal ein Mensch ist.

Man hat viel zu häufig von Nationalreichtum, Nationalwohlstand, und dgl. geredet. Ich werde nötig haben, die mehrsten Bedeutungen, die dieses Wort haben kann, in dieser Schrift anzugeben. Die, auf welche wir hier stoßen, ist folgende: der innere wesentliche Wohlstand besteht darin, daß man mit mindest schwerer und anhaltender Arbeit sich die menschlichsten Genüsse verschaffen kann. Dies soll nun ein Wohlstand der  Nation  sein; nicht einiger Individuen, deren höchster Wohlstand oft das auffallendste Zeichen und der wahre Grund ist vom höchsten Übelbefinden der Nation; er soll sich so ziemlich über alle in demselben Grad verbreiten.

Wenn nicht entweder die Kräfte unserer eigenen Natur sich ins Ungeheure vermehren, oder wenn nicht die Natur außerhalb von uns sich ohne unser Zutun durch ein plötzliches Wunder umwandelt, und ihre eigenen bisherbekannten Gesetze vernichtet, so haben wir jenen Wohlstand nicht von ihr, wir haben ihn lediglich von uns selbst zu erwarten; wir müssen ihn uns durch Arbeit erwerben. Dazu gibt es nun kein anderes Mittel, als Kunst und Kunstfertigkeit, mittels welcher die kleinste Kraft, durch zweckmäßige Anwendung, einer tausendfachen Kraft gleich wird. Kunst aber und Kunstfertigkeit ensteht durch fortgesetzte Übung; entsteht dadurch, daß jeder sein ganzes Leben einem einzigen Geschäft widmet, und alle seine Kraft und sein Nachdenken auf dieses  eine  Geschäft richtet. Die zum menschlichen Leben nötigen Arbeitszweige müssen sonach verteilt werden. Nur unter dieser Bedingung wirkt die Kraft mit dem höchsten Vorteil. - In irgendeinem Dorf des armseligen Staates, der oben beschrieben wurde, sitzt jeder vor seinem Herd allein, und schnitzt sich in langer Zeit, mit schwerer Mühe, mit unpassenden Werkzeugen ein paar elende Holzschuhe. Wendeten doch alle dieselbe Zeit und Mühe auf ein Geschäft ihres Feldbaues und trügen Einem unter ihnen, dem Geschicktesten dazu, auf, für sie alle Schuhe zu machen, und nichts zu tun, denn daß Sie würden bessere Schuhe bekommen, und mit dem, was sie während der Zeit bei ihrem Ackerbau gewonnen haben, ihren Schumacher, und einen Schneider dazu sehr gut ernähren können.

Kurz: wer das Recht zum Zweck hat, der hat es zu dem einzigen Mittel, welches zum Zweck führt. Jedes Volk hat das Recht zu wollen, daß sich sein Wohlstand erhöht. Dies ist nur dadurch möglich, daß die Arbeitszweige verteilt werden. Das Volk hat sonach ein Recht dies zu wollen; und diejenige Anstalt, welche zur Erlangung und Erhaltung all seiner Rechte eingesetzt ist, die Regierung, hat die Pflicht auf sich, zu veranstalten, daß es geschieht.


Viertes Kapitel
Ob die Angaben an den Staat etwas im
Gleichgewicht des Gewerbes ändern.

Es müssen Personen angestellt werden, die sich ausschließlich mit der Handhabung der Gesetze und der Erhaltung der öffentlichen Ordnung, andere, die sich mit dem öffentlichen Unterricht beschäftigen; schließlich solche, die sich in den Waffen üben, und immer fertig stehen, die Nation gegen die Gewalttätigkeit innerer und äußerer Feinde zu verteidigen. Diese können weder das Land bauen, noch fabrizieren, noch Handlung treiben; dennoch sollen sie, jeder nach der Natur seines Geschäftes, ebenso gut leben, wie die übrigen Bürger. Es bleibt nichts übrig, als daß die übrigen Stände für sie mitarbeiten, und ihnen die nötigen Produkte und Fabrikate liefern, ebenso wie es ohnedies jeder arbeitende Stand für den anderen tut; nur mit dem Unterschied, daß der letztere etwas dagegen gibt, diese aber nichts dagegen zu geben haben. Ihre Bedürfnisse müssen ihnen ohne alles sichtbare und fühlbare Äquivalent abgeliefert werden. Ihre Sorge für die Regierung, Erziehung und Belehrung, Verteidigung der Nation ist das Äquivalent, das sie derselben entrichten. - Dies ist der Grundbegriff von Abgabe, welcher sowohl hier, als allenthalben ausreicht.

Die Regierung, welche zu berechnen hat, wieviel solcher Personen, die ich im allgemeinen  öffentliche Beamte  nennen will, sowohl überhaupt, als für jeden Haupt- oder untergeordneten Zweig anzustellen sind, hat zugleich zu berechnen, auf welche Weise jeder seinem Geschäft nach, bei diesem bestimmten Grad des Wohlstandes in der Nation, von Rechtswegen leben soll und darf. Aus dieser Berechnung geht die Größe der Abgabe überhaupt hervor, die die Nation zu entrichten hat. Es läßt sich nicht denken, zu welchem Zweck in einem vernünftigen und wohlgeordneten Staat die Regierung mehr fordern sollte, als sie bedarf. Was aber gebraucht wird, entrichtet die Nation von Rechtswegen; denn sie kann nicht verlangen, daß diejenigen, welche alle anderen bei ihren Rechten schützen, die einzigen sind, die daran gekränkt werden.

Die Folge dieser Einführung der Abgaben ist keineswegs eine Störung des aufgestellten Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Ständen und Individuen, sondern lediglich ein, jedoch unvermeidlicher, Abbruch am Wohlstand aller, den der öffentliche Beamte selbst ebensowohl mit tragen muß, wie alle übrigen Bürger. Es lassen sich, wenn nicht einige Bürger ausschließlich öffentlichen Ämtern und Geschäften gewidmet werden müßten, folgende zwei entgegengesetzte Fälle denken. Entweder, es sollen nach wie vor nur diejenige Menge und diejenigen Arten von Waren geliefert werden, die bisher geliefert worden sind und bei welchen bisher die ganze Nation auf ihre Weise gelebt hat; es soll demnach auf der ganzen Oberfläche des Staates ebensoviel und nicht mehr gearbeitet werden, als bisher: so werden die bisherigen Beamten zur gemeinsamen Arbeit gezogen werden, und das, was durch ihren Zutritt an der Arbeit anderer erspart wird, wird unter alle gleich verteilt werden müssen: alle werden also an Ruhe und Muße gewinnen. Oder diejenigen, welche bisher arbeiteten, und durch ihre Arbeit die ganze Nation, die bisherigen öffentlichen Beamten mit eingeschlossen, auf die gewohnte Weise erhielten, sollen ebensoviel arbeiten wie bisher; so wird eine der Zahl der bisherigen Beamten gleiche Zahl Bürger ihre Arbeit auf feinere Nahrungsmittel und Fabrikate wenden können; es wird, da auch durch diese immer etwas an den notdürftigen erspart wird, selbst ein Teil der Arbeit, die bisher nur auf diese Notdurft ging, auf das feinere gewendet werden können, und die Nation wird zwar nicht an Ruhe, aber an Wohlleben gewonnen haben. Nehme man den aus beiden Fällen zusammengesetzten Fall an, der ohne Zweifel auch wirklich eintreten würde, so wird für alle mehr Genuß aus weniger Arbeit hervorgehen; ihr Wohlstand wird sonach vermehrt sein. Daß dieser unter den gegebenen Naturbedingungen allerdings mögliche Wohlstand nicht eintritt, liegt daran, daß öffentliche Beamte da sind, welche leben müssen, ohne daß sie ihren Beitrag zur Arbeit für dieses bloß sinnliche Leben leisten können. Sie selbst tragen diese Verminderung des öffentlichen Wohlstandes mit; denn sie werden in einem wohleingerichteten Staat nicht nach dem möglichen, sondern nach dem wirklichen Wohlstand der Nation besoldet.

Dieser Abbruch am öffentlichen Wohlstand trifft alle arbeitenden Stände, und jedes Individuum derselben, bei der beschriebenen Organisation des Verkehrs, in gleichem Maß, sowie allen die Vorteile der Regierung, des Unterrichts und der Verteidigung in gleichem Maß zustatten kommen. Jeder bezahlt seinen Anteil, wie er soll. Man kann sagen: der Wert jedes in den öffentlichen Verkehr kommenden Dings sei von nun an nicht mehr bloß nach dem oben angegebenen Maßstab, daß der Produzent, der Fabrikant und der Kaufmann, jeder nach seiner Art gleich angenehm dabei bestehen kann, sondern nach dem, daß noch überdies der öffentliche Beamte ebenso dabei bestehen kann, zu bestimmen; man kann annehmen, das für die Abgabe nötige und dem Beamten rein verbleibende sei aus dem öffentlichen Handel verschwunden, und für das verkehrende Publikum verloren; man kann endlich annehmen, der Produzent und der Fabrikant müsse von seiner Ware, der Kaufmann von seiner Handelsbesoldung, sich als für eine Schuld etwas im Voraus wegnehmen lassen: es ist alles gleich, und das Resultat bleibt immer dasselbe. Nur der Abbruch am öffentlichen Wohlstand ist die wahre Last, welche von allen gemeinschaftlich getragen wird.

Welchen Weg man ergreifen mag, um diese Abgaben zu erheben, das Resultat bleibt immer dasselbe. Ob man beiden, dem Produzenten und dem Fabrikanten, ihren Beitrag unmittelbar abnimmt, und gleichfalls vom Einkauf des Handelsmannes sich etwas abliefern läßt; ob man den ersteren den Beitrag des letztenre zugleich mit abnimmt, und den Kaufmann durch eine Erhöhung des Einkaufspreises an sie zurückzahlen läßt; ob man den einfachsten und am leichtesten zu übersehenden Weg ergreift, und vom Ackerbauer die ganze Abgabe erhebt, diesem aber den Beitrag des Fabrikanten und des Kaufmanns durch eine Erhöhung seines Produkts zurückzahlen läßt: wenn nur die Warenpreise erst nach der Abrechnung des an den Staat abgegebenen von der Summe der im öffentlichen Verkehr befindlichen Ware, und nach der Bestimmung, aus wessen Händen der Staat sie ziehe, festgesetzt und nach den oben aufgestellten Grundsätzen festgesetzt werden: so bleibt das Gleichgewicht gehalten, und die öffentliche Gerechtigkeit behauptet.


Fünftes Kapitel
Wie dieses Gleichgewicht gegen die
Unsicherheit des Feldbaues zu decken ist.

Das aufgestellte System ist, wie wir gesehen haben, darauf berechnet, daß das Quantum der in den öffentlichen Verkehr kommenden Konsumtions- und Fabrik-Artikel, sowie ihr Verhältnis zueinander, immer dasselbe ist, und von Zeit zu Zeit durcheinander aufgeht.

In Absicht der Fabrikartikel, inwiefern die Menge derselben von den angestellten Arbeitern abhängt, läßt sich dies sehr wohl berechnen. Nicht so in Absicht der Konsumtionsartikel, indem der Ertrag des Feldbaues sich gar nicht von Jahr zu Jahr gleichbleibt. Durch diese Unregelmäßigkeit in der Produktengewinneung wird zugleich die Fabrikation gestört, indem sie ja den Stoff der Verarbeitung von jener erhält.

Eine die Berechnung übersteigende Fruchtbarkeit eines Jahres ist für dieses Gleichgewich ebenso störend, als Mißwuchs. Wir richten unseren Blick lediglich auf die erstere, indem wir von ihr auf ein Mittel, gegen den letzteren sich zu verwahren, von selbst geführt werden.

Der Produzent soll so viele Produkte gewinnen, wie die Nichtproduzenten zu ihrer Nahrung, und überdies der Fabrikant zur Verarbeitung bedarf. Dieses Quantum setzt er auch ganz sicher ab: für ein höheres Quantum aber findet er keinen Absatz. Der Kaufmann kann es ihm nicht abnehmen, denn er findet dafür keine Käufer; der Fabrikant kann es nicht an sich bringen, denn er hat dafür kein Äquivalent, indem seine Arbeit nur auf seine gewöhnlichen Bedürfnisse berechnet ist. Der Überschuß der gewonnenen Produkte kann auf keine Weise in den öffentlichen Verkehr gebracht werden. Nun sind zwar auch die Bedürfnisse des Produzenten nur auf den gewöhnlichen Absatz berechnet; er hat die ihm gebührende Subsistenz, wenn er nur diesen hat, und bedarf nicht des ihm durch eine unberechnete Fruchtbarkeit zuteil gewordenen Überschusses. Dieser Überschuß kann angesehen werden, als gar nicht vorhanden, er könnte nicht bloß in der Rechnung, sondern wirklich in der Natur vernichtet werden, und es entstände daraus an keinem Ende irgendein Schaden.

Aber teils scheint es unbillig, dem Produzenten einen Gewinn zu entziehen, der ihm nicht durch die Bevorteilung seiner Mitbürger, sondern durch die Begünstigung der Natur zuteil wurde: teils aber, und vorzüglich, wodurch soll doch ein Mißwuchs, wo der Ertrag des Jahres unter der Berechnung stehen bleibt, gedeckt und übertragen werden, außer durch die Fruchtbarkeit eines anderen Jahres, die über die Berechnung hinausgeht?

Sonach müßte der notwendige Ertrag der Produzentengewinnung, und das Verhältnis desselben zu den übrigen Waren, nicht nach  einem  Jahr, sondern nach einer Reihe von Jahren, in welcher die Fruchtbarkeit des Mißwuchs decken könnte, angesetzt werden. Nicht - ein  Jahr gibt so viel Produkte, sondern - etwa fünf Jahre geben so viel, davon kommt auf  ein  Jahr so viel, und dieses letztere Quantum soll in den Verkehr kommen, und nach ihm die übrigen Stände berechnet werden,, was auch immer der wirkliche Ertrag des laufenden Jahres sein mag.

Bloß der Staat hat das Vermögen, auf diese Weise den Ertrag eines Jahres gegen den anderer Jahre ins Gleichgewicht zu setzen. Das natürlichste Verfahren dabei ist folgendes. Wer über das ihm angesetzte Quantum erbaut hat, meldet es beim Staat, der ihm den Überschuß nicht etwa auf der Stelle, durch ein Äquivalent vergütet, woraus eine vermehrte Zirkulation und alle die Nachteile derselben erfolgen würden, sondern ihm diesen Überschuß nur  gut schreibt;  allensfalls zu seiner Sicherheit ihm einen Schein darüber ausstellt.

Entweder nun, es in in demselben Jahr in anderen Gegenden des Landes Mangel, so wird das für die Konsumtion des Jahres angesetzte an die Kaufleute in diesen Gegenden abgeliefert, welche es  an die Produzenten,  die es der Berechnung zufolge hätten erbauen und abliefern sollen, bezahlen; wobei es sich der Staat bei letzteren  gut schreibt.  Sollten sie sogar ihre eigene Nahrung nicht erbaut haben, so wird sie ihnen gleichfalls vom Staat, auf dieselbe Rechnung, geliefert. Oder, als der zweite mögliche Fall, es ist überall in diesem Jahr auf der Oberfläche des Staates kein Mißwuchs, oder kein so großer, daß der in anderen Gegenden erbaute Überschuß aufginge, so wird derselbe, für einen möglichen Mangel künftiger Jahre, bei den Kaufleuten niedergelegt, die nicht eher, als bei einem wirklich erfolgten Mangel, und der Notwendigkeit des Absatzes dieses Überschusses ihn an den Staat bezahlen. Damit das Korn nicht durch Alter verdirbt, kann die Einrichtung gemacht werden, daß der Kaufmann von den Früchten der künftigen Ernte nicht eher etwas ausgibt, bis der alter Vorrat untergebracht ist. Er behält nun wiederum einen Überschuß von dieser neuen Ernte für das folgende Jahr, und so fort, bis nach eingetretenem Mißwuchs dieser Überschuß einmal aufgeht. Wer beim Staat gut hat, dem wird es beim ersten Mißwuchs, den er erleidet, oder falls er in einer bestimmten Zeit von Jahren keinen, oder keinen so großen haben sollte, daß die Schuld des Staates an ihn aufginge, durch Erlassung an den Abgaben vergütet. Ebenso, bei wem der Staat gut hat, bezahlt im ersten fruchtbaren jahr mit seinem erbauten Überschuß. - Für einigen Überschuß muß der Staat immer und gleich von fern her sorgen; und dies müßte, wenn man einen neu entstehenden, oder einen erst jetzt unter die wahren Rechtsgesetze des Verkehrs sich fügenden Staat denkt, dadurch geschehen, daß in den ersten Jahren noch nicht ganz so viel Fabrikanten angesetzt würden, als der Staat, ohne Rechnung auf möglichen Mißwuchs, wohl ertragen könnte, und mehrere Hände dem Ackerbau gewidmet würden, als es ihrer, ohne diese nötige Vorsicht, bedürfte.

Zu einem wirklichen Mangel kann es bei diesen Maßregeln nicht kommen. Fände es sich aber, daß der Überschu8ß von Jahr zu Jahr geringer würde und beim ersten eintretenden Mißjahr sogar ein Mangel zu befürchten wäre, so wäre dies ein Beweis, daß das Verhältnis der Fabrikation und des Handels zur Produktgewinnung nicht richtig bestimmt wäre. Der Staat müßte eilends einige Hände den letzteren Zweigen entziehen, und sie dem Ackerbau zurückgeben. Fände es sich im Gegenteil, daß der Überschuß von Jahr zu Jahr steigt, so bewiese dies, daß der Staat die Vermehrung der Fabriken und des Anbaus feinerer Produkte tragen könnte, und es müßten Anstalten zu dieser Vermehrung gemacht werden, um das Gleichgewicht zu erhalten und der Nation zu einem höheren Wohlstand, auf welchen sie unter diesen Umständen Anspruch hat, zu verhelfen.


Sechstes Kapitel
Ob dieses Gleichgewicht durch die Einführung des Geldes
gefährdet, und durch den steten Forschritt der
Nation zu höherem Wohlstand verändert wird.

Leser, denen es schwer wird, ihre Gedanken in einer nur auf Begriffe gegründeten Verbindung der Dinge festzuhalten, welche immer wieder zu der zufälligen Wirklichkeit, die sie kennen, zurückkehren, und dieselbe in eine solche Verbindung einmischen, ohne zu bedenken, daß diese gegebene Wirklichkeit durch eine solche Verbindung eben aufgehoben werden würde: Leser von dieser Art mögen mir schon längst in der Still folgenden Einwurf gemacht haben.

Ohne Zweifel wird doch das angenommene Grundmaß allen Wertes, die Brotfrucht, nicht auch das wirkliche Tauschmittel werden sollen; es wird doch ohne Zweifel nicht für jede Ware wirklich und in der Tat eine Quantität des Korns zugemessen werden sollen. Denn, alle übrigen Unbequemlichkeiten abgerechnet, müßte dann stets eine doppelte Quantität Korn im Umlauf sein und von Hand zu Hand gehen; die eine zur Konsumtion des Jahres, die zweite ungleich beträchtlichere zum Handel, indem eine weit höhere Summe des Wertes sich im öffentlichen Handel befindet, als alles Korn ausmacht, das in einem Jahr verzehrt wird. Es wird sonach im Vernunftstaat ebenso gehalten werden müssen, wie es in allen kultivierten Staaten gehalten wird; es wird ein besonderes Tauschmittel und Zeichen allen Wertes, kurz, es wird  Geld  eingeführt werden müssen. Aber der Wert des Geldes gegen Ware ist wandelbar und höchst veränderlich; Gesetze und Gewalt können ihn nicht festsetzen und erhalten. Macht der Staat erzwungene Preise, mit denen Käufer oder Verkäufer nicht einverstanden sind, so verbirgt der Geldbesitzer sein Geld, oder der Warenbesitzer seine Ware und der Handel ist vernichtet. Dem Geldbesitzer ist mit Gewalt gar nicht beizukommen; dem Warenbesitzer nur durch verhaßte und für den Staat höchst kostspielige Mittel. Also, wenn nur der Gebrauch des Geldes vorausgesetzt wird, so läßt der Handel sich nicht berechnen oder unter Gesetze bringen. Er macht sich selbst Preis und Gesetz. So war es immer, und so wird es auch bleiben müssen.

Ich antworte, daß allerdings Geld eingeführt werden wird im Vernunftstaat, daß aber der Wert desselben unwandelbar sein wird, zumindest sich nicht verwandeln kann ohne die Veranstaltung des Staates selbst, der auch hierüber festen Grundsätzen zu folgen hat. Ich kann dies nicht dartun, ohne ein wenig tieferin die Prinzipien einzugehen, von denen die Theorie des Geldes abhängt.

Alles auf der Oberfläche des Staates befindliche Brauchbare wird immerfort für den Gebrauch des Volkes in Anspruch genommen; es vermindert sich von der Zeit der letzten Einsammlung bis zu einer neuen, und wird durch diese wiederum vermehrt. Es ist sonach nötig, daß immer eine dauernde, nicht zu vermindernde oder zu vermehrende Repräsentation seines ganzen Wertes, ein Zeichen desselben vorhanden ist. Je unbrauchbarer diesess Zeichen an und für sich ist, je weniger inneren Wert es hat, desto schicklicher ist es zum bloßen Zeichen; denn alles Brauchbare gehört zum inneren Reichtum der Nation, und soll von ihr genossen, keineswegs aber für andere Zwecke verwendet werden. Das Geld wird aus dem am wenigsten brauchbaren Material verfertigt.

So wie oben gesagt wurde: jeder, der Ware hat, soll zu jeder Stunde jede andere beliebige Ware dafür eintauschen können; so heißt es nunmehr nach Einführung des Geldes: er soll zu jeder Stunde für seine Ware Geld, und für dieses Geld jede beliebige Ware haben können. Es ist jetzt zwischen Ware und Ware ein neues Medium des Tausches eingetreten. Jedoch diese Folgerung ergibt sich von selbst; und die geforderte Leichtigkeit, die Ware in Geld, und das Geld in Ware umzusetzen, geht nach Einführung des Geldes aus den oben aufgestellten Handelsgesetzen von selbst hervor.

Ein geschlossener Handelsstaat, dessen Bürger mit dem Ausländer keinen unmittelbaren Verkehr treibt,  kann zu Geld machen, schlechthin was er will,  wenn er nur deklariert, daß er selbst nur in diesem Geld, und schlechthin mit keinem anderen sich werde bezahlen lassen. Denn es kommt beim Besitz des Geldes jedem nur darauf an, daß jeder andere, mit welchem er in Verkehr kommen könnte, es von ihm um denselben Wert wieder annimmt, um welchen er es erhalten hat. Der Bürger eines geschlossenen Handelsstaates kann nur mit einem Bürger desselben Staates in Verkehr kommen, und schlechthin mit keinem anderen Menschen. Aber alle Bürger des Staates sind genötigt, sich dasjenige Geld anzuschaffen, womit derjenige, an den sie alle am meisten zu zahlen haben, bezahlt werden kann. Dies ist nun der Staat, an welchen alle, sei es mittelbar oder unmittelbar, Abgaben zu entrichten haben, und der über alles Verhältnis mehr einnimmt, als irgendein Einzelner oder irgendein Handelshaus im ganzen Land. - Hierdurch entstände ein  Landesgeld:  bei welchem es auch nicht einmal in Frage kommt, ob dasselbe im Ausland angenommen wird oder nicht; indem für einen geschlossenen Handelsstaat das Ausland so gut wie gar nicht vorhanden ist.

Nur muß ein solcher Staat sicher sein können, daß sein Landesgeld ihm nicht nachgemacht werden kann, daß schlechterdings kein anderer Mensch, und keine andere Macht es zu verfertigen vermag, als er selbst. Dies ist die einzige einschränkende Bedingung, deren Grund wir tiefer unten sehen werden.

Es ist für einen geschlossenen Handelsstaat ganz gleichgültig, ob in ihm, nach der gewöhnlichen Weise zu reden, viel, oder wenig Geld im Umlauf ist. Der Strenge nach findet hier ein Viel, oder ein Wenig gar nicht statt; denn das Geld ist an und für sich gar nichts; nur durch den Willen des Staates  repräsentiert  es etwas. Die ganze Summe des zirkulierenden Geldes repräsentiert die ganze im öffentlichn Verkehr befindliche Summe der Ware; der zehnte Teil des ersteren den zehnten Teil des Wertes von der zweiten, der hundertste Teil des ersteren den hundertsten Teil des letzteren, usw. Ob nun dieser hundertste Teil ein Taler genannt wird, oder zehn oder hundert Taler, ist ganz einerlei; in jedem Fall kann ich den hundertsten Teil der im öffentlichen Verkehr befindlichen Ware dafür kaufen. - Wie reich einer ist, hängt gar nicht davon ab, wie viele Stücke Geldes, sondern davon,  den wievielsten Teil alles zirkulierenden Geldes  er besitzt.

Oben wurde die Schätzung des Wertes der Dinge gegeneinander durch den Staat gefordert und beschrieben; der Dinge gegeneinander, sage ich: und wieviel dieses feinere, d. h. mehreren Zeit- und Kraftaufwand kostende, Nahrungsmittel, dieses Produkt für die Verarbeitung, dieses Fabrikat mehr wert sein soll, als ein anderes, und welches das Verhältnis aller zum ersten Nahrungsmittel ist, in welches ein absoluter Wert gesetzt wurde. Hier ist die Rede von einer ganz anderen Schätzung,  durch welchen Teil der im Umlauf befindlichen Repräsentation allen Wertes  ein jedes bezahl werden soll. Auch diese Schätzung ist, einen einzigen Punkt, der von der Willkür abhängt, ausgenommen, an strenge Gesetze gebunden.

Nämlich, die Masse der Zeichen, welche der Staat in Umlauf setzt, ist laut obigem, durchaus willkürlich. Sie kann so groß oder klein sein wie sie will, sie hat immer denselben Wert. Man nehme an, es beliebe ihm, sie auf eine Million Taler zu setzen: (sie in eine Million Teile zu teilen, die er Taler nennt). Was Fleisch, Obst und dgl., was Flachs, Hanf, was Leinwand, oder wollenes Tuch gegen Korn wert ist, ist durch die oben beschriebene Schätzung schon bestimmt. Führe man den Wert aller im öffentlichen Verkehr befindlichen Ware, die nicht Korn ist, auf Korn zurück, tue hinzu die wirklich von einer Ernte zur anderen in den Handel zu bringende Menge Korn, und sage nun: der Wert von soviel Maß Korn ist im Umlauf. Verteile man diese Maß auf das im Umlauf befindliche Geld. Es seien z. B. eine Million Maß; so gilt, unter unserer obigen Voraussetzung, das Maß Korn in Geld notwendig einen Taler; eine in der früheren Berechnung dem Maß Korn gleich gefundene Quantität Fleisch, Obst, Flachs, Leinwand, wollenes Tuch, gleichfalls einen Taler, usw. Diese so gefundenen Preise wären durch das Gesetz festzusetzen.

Solange das Verhältnis des im Umlauf befindlichen Warenwertes zu dem im Umlauf befindlichen Geld dasselbe bleibt, können diese Preise sich nicht ändern; die Natur der Sache, der notwendige Wille aller, und das Gesetz sind in Übereinstimmung. Sie gründen sich auf jenes Verhältnis, und bleiben notwendig dieselben, solange dieses Verhältnis dasselbe bleibt. Nur wenn dieses verändert würde, wenn bei derselben Menge Geldes die umlaufende Ware sich durch Menge oder inneren Wert vermehren würde, oder bei demselben Warenwert die Menge des Geldes sich vergrößerte, würden sie sich der Natur der Sache nach ändern, und zufolge derselben auch durch das Gesetz geändert werden müssen. Im zuerst gesetzten Fall erhielte jeder Teil des umlaufenden Geldes einen höheren Wert, weil das Ganze, dessen Teil er ist, einen höheren Wert repräsentiert. Im zweiten Fall erhielte jedes Stück Geld einen niedrigeren Wert,, weil es nicht mehr der sovielste Teil des Ganzen ist, das nach wie vor denselben Warenwert repräsentiert. Es würde, nach der gewöhnlichen nicht eben gründlichen Weise zu reden, im ersten Fall wohlfeilere, im zweiten teurere Zeit.

Die im Umlauf befindlichen Waren sollen mit der Fortdauer des Staates sich allerdings teils vermehren, teils veredeln; es sollen immermehr solche, die gegen das erste Nahrungsmittel von höherem Wert sind, in Umlauf kommen; denn der Wohlstand einer arbeitsamen und wohlregierten Nation wird von Jahr zu Jahr wachsen. Der Staat übersieht diese Vermehrung genau; denn sie erfolgt durch seine eigene Leistung. Er kann sonach und wird nach diesem vermehrten Warenwert das Verhältnis des Geldes bestimmen; entweder wird er, wenn die bisherigen Geldpreise der Ware bleiben sollen, um so viel mehr Geld in Umlauf bringen, als an Warenwert zum bisherigen gekommen ist; oder, wenn die Masse des zirkulierenden Geldes dieselbe bleiben soll, wird er den hinzugekommenen Warenwert unter die ganze Masse des Geldes verteilen, und die Geldpreise aller Dinge um soviel herabsetzen, als nach gemachter Berechnung auf sie kommt. Die Summe des zirkulierenden Geldes kann er, ohne anderwärts Unordnungen und Mißverhältnisse zu veranlassen, fast nur dadurch vermehren, daß er, ohne alles Äquivalent, Geld an die Familienväter, soviel wie auf jeden nach seinem Verhältnis kommt, aufteilen läßt. Er gibt ihnen dadurch nichts weiter, als ihren Rechtsanspruch auf den erhöhten Wohlstand der ganzen Nation. - Am weisesten wird es sein, wenn er sich beider Mittel zugleich bedient, der Geldverteilung und der Herabsetzung der Preise, um durch eins dem andern nachzuhelfen, und es zu ergänzen, und so das gestörte Gleichgewicht zwischen Ware und Geld herzustellen.

So ergibt sich zugleich bei dieser Gelegenheit, daß auch durch den Fortschritt der Nation zu einem höheren Wohlstand, und durch die steigende Bevölkerung, das Gleichgewicht nicht notwendig gestört wird; und welche Mittel der Staat anzuwenden hat, damit die Störung aus diesem Grund nicht erfolgt.

Verringern  kann sich in einem wohl regierten, und gleich von Anfang an nach richtiger Berechnung geordneten Staat der umlaufende Warenwert nie.

Die Summe des umlaufenden Geldes könnte ohne Wissen und Berechnung des Staates nur dadurch vvermehrt werden, wenn noch andere außer ihm das Landesgeld verfertigen könnten. Würde das Geld nicht für nachgemachtes erkannt, so entzögen sich die Verfertiger dadurch der gemeinschaftlichen Arbeit, bei welcher auf ihre Kräfte mit gerechnet wird; teils entstände durch diese Vermehrung bei bleibendem Warenwert ein Mißverhältnis, das der Staat nur durch eine Herabsetzung des Wertes am Geld, d. h. durch eine Erhöhung der Preise der Waren gegen Geld heben könnte; wodurch jeder Geldbesitzer um einen bestimmten Teil seines schon erworbenen Eigentums gebracht würde. Würde es für Nachgemachtes erkannt, und nicht von jedermann genommen, so würden zumindest diejenigen, die es genommen hätten, beraubt. Es muß sonach unmöglich sein, daß das Geld nachgemacht wird; das Geld muß von der Art und Natur sein, daß nur der Staat es verfertigen kann. Wie dies einzurichten ist, gehört nicht hierher; und selbst da, wohin es gehört, werde ich es nicht sagen, obgleich ich es wissen dürfte: denn dies ist kein Gegenstand der öffentlichen Meinung.

Die  Verminderung  der im Umlauf befindlichen Summe durch Abnutzung und Verbrauch der Geldstücke ist nicht bedeutend, und es ist nicht schwierig ihr vorzubeugen. Teils soll das Geld, um der öffentlichen Sicherheit willen, aus einer dauerhaften Materie gemacht werden, und einer beträchtlichen Abnutzung gar nicht ausgesetzt sein: teils hat der Staat die dennoch abgenutzten Münzen, wie sie in seine Kassen kommen, bei denen er sie ohne Weigern annimmt, zu vernichten, und statt ihrer neue auszugeben und in Umlauf zu bringen. - Bedeutender erscheint die Verminderung des Geldes durch das Schatzsammeln und Zurücklegen der Bürger. Ein geschickter und fleißiger Arbeiter arbeitet etwa mehr, als auf ihn gerechnet ist, und zieht daher auch mehr Geld, als auf seinen Anteil kommt. Er kauft aber nur diejenigen Bedürfnisse, mit denen er in Anschlag gebracht ist; oder vielleicht auch nicht einmal diese, sondern darbt sich auch hiervon ab; legt das Produkt seines höheren Fleißes und seiner sparsamen Lebensart zurück und bringt es dadurch außer Zirkulation. Wenn das viele tun, so wird dadurch allerdings eine beträchtliche, auf die gemachte Berechnung einen merklichen Einfluß äußernde Verminderung der zirkulierenden Summe entstehen. Dennoch lassen sich dagegen keine verhindernden Maßregeln ergreifen; auch würde es eine Einschränkung der gebührenden und rechtmäßigen Freiheit der Bürger sein, wenn man solche Maßregeln ergreifen würde. Die Absicht dieser Sparsamkeit kann vernünftigerweise keine andere sein, als die: damit man zu leben hat, wenn Alter oder Krankheit uns verhindert, soviel als auf uns gerechnet ist, oder auch wohl irgendetwas zu arbeiten, oder damit man seine Kinder erziehen, sie etwas Nützliches lernen lassen, ihnen einen guten Anfang zu einem Gewerbe hinterlassen kann. Kurz, der Zweck aller Arbeit über unser Lebensbedürfnis hinaus ist der, daß einst wir selbst oder unsere Lieben leben können, über den Ertrag unserer Arbeit hinaus. Das der Zirkulation entzogene soll, der Absicht des Sparers nach, doch irgendwann einmal wieder in dieselbe gebracht werden.

Und dies zeigt uns dann die wahre natürliche Auskunft aus der befürchteten Gefahr für das Verhältnis des Geldes und der Ware. Ist es in einem schon bestehenden Staat von jeher Sitte gewesen, zurückzulegen, damit man einst ausgeben kann, so werden wohl gegen so viele, die gegenwärtig sparen, ebensoviele sein, die gegenwärtig das ehemals durch sie oder ihre Eltern Ersparte ausgeben; und die Summen, die man aus dem gegenwärtigen Umlauf herausbringt, werden wohl durch diejenigen, die man in ihn wieder hineinbringt, sattsam gedeckt werden. Ein neu entstehender, oder erst jetzt in eine rechtliche Ordnung kommender Staat würde am besten tun, wenn er auf die Voraussetzung, daß seine Bürger fürs Erste sparen würden, auf diese jährliche Ersparung bei der Schätzung, welche Summe Geldes im wirklichen Umlauf ist, gleich rechnete, ein gewisse Quantum als zurückgelegt annähme, und dieses in einer Bestimmung der Warenpreise in Geld, als gar nicht vorhanden voraussetzt; oder wenn besonders unter der letzteren Bedingung stehender Staat den arbeitenden Ersparern das künstliche Gegengewicht nicht arbeitender Pensionierter aus dem alten Regiment, die der dann doch nicht in Mangel umkommen lassen darf, entgegensetzt. Die letzteren würden dadurch genötigt, dann doch einigen Nutzen, durch die Erhaltung des Gleichgewichts zu leisten, und so wie sie allmählich aussterben würden, fingen die Ersparnisse der Arbeiter an in Umlauf zu kommen, und es träte das soeben beschriebene natürliche Gleichgewicht der Zehrer zu den Sparern ein.

Der Staat erhebt seine Abgaben in Geld, um dem Landesgeld die allgemeine Gültigkeit zu versichern. Er besoldet daher die öffentlichen Beamten in dem, was er von den Bürgern erhält, in Geld. Nach welchem Maßstab sie leben sollen, ist oben erinnert. Da der Wert des Geldes gegen Wae durch das Gesetz bestimmt und dauerhaft ist, so kann er sehr leicht berechnen, welche Summe Geldes jeder Beamte als jährliche Besoldung bekommen muß. Nur auf den Fall, da der öffentliche Wohlstand sich merklich erhöht hat, und der Staat auf die oben beschriebene Weise das aufgehobene Gleichgewicht zwischen der gesetzlichen Bestimmung des Geldwertes und des natürlichen Wertes der umlaufenden Ware herzustellen hat, habe ich eine Bemerkung hinzuzufügen: vorzüglich, um durch eine vielseitigere Anwendung meiner Sätze einleuchtender zu machen. Läßt der Staat die bisherigen Preise, und stellt das Gleichgewicht durch eine Vermehrung der zirkulierenden Geldsumme her, so ist dem Beamten seine Besoldung nach dem Verhältnis des erhöhten Wohlstandes zu vermehren. Für die bisherige Besoldung kann er leben, wie bisher; die Zulage ist sein Anteil am erhöhten Wohlstand des Ganzen. Läßt der Staat die zirkulierende Geldsumme unverändert, und stellt das Gleichgewicht durch eine Herabsetzung der Warenpreise her, so ist dem Beamten seine Besoldung unverändert zu lassen. Er kann für dieselbe Summe Geldes ja nunmehr besser leben, als bisher: und dieses Mehr, was er dafür kaufen kann, ist sein Anteil am erhöhten Wohlstand des Ganzen. Vereinigt der Staat beide Mittel, so hat er die Besoldung des Beamten gleichfalls zu erhöhen, aber um so vieles weniger, als derselben durch die herabgesetzten Preise gewinnt. Jetzt enthalten Zulage und niedrigere Preise den Anteil des Beamten am öffentlichen Wohlstand.


Siebentes Kapitel
Weitere Erörterungen der hier aufgestellten
Grundsätze über das Eigentumsrecht.

Indem ich diesen Abschnitt zu beschließen, und die merkwürdigsten Resultate desselben in einen Punkt hineinzustellen gedenke, fühle ich, daß ich über den Hauptsatz, mit welchem diese ganze Theorie steht und fällt, noch einige Erläuterungen zu geben habe. Ich habe mir dieselben bis an das Ende vorbehalten, um den schnellen Fortgang der bisherigen Untersuchungen nicht zu unterbrechen.

Die Hauptresultate der aufgestellten Theorie sind diese: daß in einem dem Rechtsgesetz gemäßen Staat die drei Hauptstände der Nation gegeneinander berechnet, und jeder auf eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern eingeschränkt; daß jedem Bürger sein verhältnismäßiger Anteil an allen Produkten und Fabrikaten des Landes gegen seine ihm zuzumutende Arbeit, ebenso wie den öffentlichen Beamten ohne sichtbares Äquivalent, zugesichert; daß zu diesem Zweck der Wert aller Dinge gegeneinander, und ihr Preis gegen Geld festgesetzt und darüber gehalten; daß schließlich, damit dies alles möglich ist, aller unmittelbare Handel der Bürger mit dem Ausland unmöglich gemacht werden muß. Alle diese Behauptungen gründen sich auf meine Theorie des Eigentums. Ist nur die letztere richtig, so haben auch die ersteren ohne Zweifel ihren Grund. Ist jene falsch, so fällt das, was nichts weiter zu sein begehrt, als eine Folgerung daraus, ohne Zweifel zugleich mit um.

Nun aber ist es gerade die Theorie des Eigentums, über welche von den meinigen sehr abweichende Begriff im Umlauf sind. Ich habe sonach allerdings von vielen Lesern zu befürchten, daß sie mein Räsonnement nicht überzeugend finden werden, weil es viele unter ihnen geben wird, die sich zu jenen abweichenden Begriffen laut bekennen, oder die zumindest dunkel durch dieselben geleitet werden. Ich muß dieselben noch einmal zur Prüfung meiner Grundsätze und der abweichenden oder entgegengesetzten einladen.

Meines Erachtens ist der Grundirrtum der entgegengesetzten Theorie über das Eigentum die erste Quelle, woraus alle falschen Behauptungen darüber fließen, der wahre Grund der Undeutlichkeit und Spitzfindigkeit mancher Lehren, die eigentliche Ursache der Einseitigkeit und Unvollständigkeit für die Anwendung im wirklichen Leben, dieser, daß man das erste ursprüngliche Eigentum in den ausschließlichen Besitz  einer Sache  setzt. Was Wunder, daß wir bei dieser herrschenden Ansicht sogar eine Theorie erlebt haben, nach welcher der Stand der großen Güterbesitzer, oder der Adel, der einige wahre Eigentümer, der einige den Staat bildende Bürger ist, und alle übrigen nur Beisassen, die ihre Duldung um jede dem ersteren gefällige Bedingung erkaufen müssen; was Wunder, sage ich, da ja unter allen Sachen der Grund und Boden diejenige ist, die am sichtbarsten zum Eigentum wird, und alle fremde Einmischung am strengsten ausschließt.

Im Gegensatz gegen diese Theorie setzt die unsrige das erste und ursprüngliche Eigentum, den Grund alles anderen,  in ein ausschließliches Recht auf eine bestimmte freie Tätigkeit.  Diese freie Tätigkeit nun kann bestimmbar und bestimmt (zu beschreiben, zu charakterisieren, zu benennen) sein,  entweder nur   durch das Objekt, auf welches sie geht.  Zum Beispiel das Recht,  in und mit einem gewissen Bezirk alles mögliche  vorzunehmen, was man nur irgendwie wollte, und das ganze übrige menschliche Geschlecht an jeder möglichen Modifikation dieses Bezirks zu verhindern.  Figürlich und durch Ableitung  könnte nun allerdings dieser Bezirk selbst  das Eigentum  des Berechtigten genannt werden, ungeachtet  der Strenge nach  nur  sein ausschließliches Recht auf jede mögliche Modifikation dieses Bezirks  sein Eigentum ist. Im wirklichen Leben ist mir kein Beispiel eines solchen unbeschränkten Eigentumsrechts bekannt.  Oder  diese freie Tätigkeit ist durch sich selbst, durch ihre eigene Form (ihre Art und Weise, ihren Zweck usw.) bestimmt, ohne alle Rücksicht auf das Objekt, auf welches sie geht: - das Recht, ausschließlich eine gewisse Kunst zu treiben (anderen Kleider, Schuhe und dgl. zu verfertigen), und alle anderen Menschen an der Ausübung derselben Kunst zu verhindern. Hier ist ein Eigentum, ohne den Besitzt irgendeiner  Sache.  Oder schließlich, diese freie Tätigkeit ist bestimmt durch  beides:  durch ihre eigene Form, und durch das Objekt, auf welches sie geht: - das Recht, ausschließlich an einem gewissen Objekt eine bestimmte Handlung vorzunehmen, und alle übrigen Menschen von demselben Gebrauch desselben Objekts auszuschließen. Auch in diesem Fall kann figürlich und durch Ableitung das Objekt Eigentum des Berechtigten genannt werden, ungeachtet der Strenge nach nur das ausschließliche Recht zu einer gewissen freien Handlung auf dieses Objekt sein Eigentum ist. Von dieser Art ist das ausschließliche Recht des Ackerbauers, auf diesem Stück Acker Getreide zu erbauen; welches dem Recht eines anderen, nach beendeter Ernte bis zur Saat auf demselben Acker sein Vieh zu weiden (1), oder dem Recht des Staates, unterhalb der Oberfläche Bergbau zu treiben, keineswegs Abbruch tut.

Ein Eigentum des Bodens findet nach unserer Theorie gar nicht statt: zumindest solange nicht, bis diejenigen, die ein solches annehmen - wenn sich dieselben nur recht verstehen, und wirklich, so wie die Worte lauten, ein Eigentum des  Bodens,  und nicht, wie wir es auch nehmen, das eigene und ausschließliche Recht auf einen gewissen  Gebrauch  des Bodens meinen - bis sie, sage ich, uns begreiflich machen, wie denn ein solches Eigentumsrecht im wirklichen Leben  ausgeübt  werden soll. Die Erde ist des Herrn; des Menschen ist nur das Vermögen, sie zweckmäßig anzubauen und zu benutzen.

Diese unsere Theorie wird auf folgende Weise bewiesen und die entgegengesetzte widerlegt:

Daß Einer etwas zu eigen bekommt, geschieht nur, um den Streit mehrerer über dasselbe zu vermitteln. Vom Eigentum eines auf einer unzulänglichen Insel isoliert lebenden Menschen läßt sich gar nicht reden; auf ihn ist dieser Begriff ohne alle Anwendung. Er darf an sich nehmen, so viel er will und vermag. - Wie geraten denn nun die Mehreren, zwischen welchen durch das Eigentumsrecht vermittelt werden soll, in Streit, und wo ist denn der eigentliche Sitz ihres Streites? Offenbar geraten sie nur durch eine tätige Äußerung ihrer Kraft in Streit. Nun hat doch wohl ohne Zweifel die Schlichtung ihres Streites ihren Sitz gerade da, wo der Streit ihn hatte, wenn nur der Streit wirklich geschlichtet ist. Es muß  einer  unterlassen, was den anderen beeinträchtigt, und was dieser von nun an allein tun soll: nicht den Baum abpflücken, oder den Acker ernten, den der andere abpflücken oder ernten soll. Nun erst hat jeder seinen  eigenen  Gebrauch der Freiheit.

Nichts anderes wird in den entgegengesetzten Theorien, nur stillschweigend, vorausgesetzt. Sie sind mit der unsrigen einig; und folgern, so weit sich bei dem engen Begriff, von dem sie ausgehen, das Gebiet ihrer Folgerungen erstreckt, aus  unserer  Prämisse, und keineswegs aus der ihrigen. - Das Eigentum soll ein  idealer Besitz  eines Dings sein, das ich nicht unmittelbar  realiter  besitze, in meinen Händen trage, mit meinem Körper bedecke usw. Wenn dieser Besitz nicht auch durchaus ideal bleiben, und nicht etwa in der Notwendigkeit bestehen soll, daß alle Menschen  denken,  der Gegenstand sei der meinige, und keineswegs der ihrige; wenn er irgendeine reelle Folge im wirklichen Leben haben soll; so kann dies keine andere sein, außer der, daß alle Menschen verbunden sein sollen, aller Wirksamkeit auf dieses Ding sich gänzlich zu enthalten, nichts daran zu ändern, sondern es zu lassen, wie es ist, sonach, daß alle Tätigkeit auf dasselbe ausschließlich mir überlassen ist. So werde ich es dann auch wirklich nehmen, und so werden es alle Gerichtsstühle in der Welt nehmen. Was ein idealer Besitz ist, verstehe ich nicht, aber ich glaube durch mein Eigentumsrecht das Recht erhalten zu haben, alle Menschen von einer gewissen Tätigkeit auf das Objekt meines Eigentums abzuhalten. Wenn einer darauf handelt, dann erst, und nicht eher, werde ich über eine Verletzung meines Eigentumsrechts klagen, und sie nachweisen können: dann wird jeder Gerichtsstuhl meine Klage annehmen und mir zu meinem Recht verhelfen.

Aus all dem ergibt sich, daß kein Eigentumsrecht auf Sachen stattfindet, ohne das Recht, alle Menschen von der Tätigkeit auf diese Sachen abzuhalten; erst durch die Vermeidung oder Nichtvermeidung dieser fremden Tätigkeit offenbart sich die Beobachtung oder Nichtbeobachtung meines Eigentumsrechts. Dieses Recht der Ausschließung fremder Tätigkeit ist sonach der wahre Sitz des Eigentumsrechts auf Sachen.

Umgekehrt findet ein ausschließliches Eigentumsrecht auf Tätigkeit statt, ohne ein Eigentum an irgendeiner Sache; das oben erwähnte ausschließliche Recht, eine Kunst oder Gewerbe zu treiben, wo auf das sehr zufällige Eigentum der Werkzeuge oder des Objekts dieser Kunst, die ebensowohl auch kein Eigentum des Arbeiters sein, sondern ihm geliehen oder geliefert worden sein können, gar nicht zu sehen ist.

Der Grund des Eigentumsrechts ist sonach in das Recht, andere von einer gewissen uns allein vorbehaltenen freien Tätigkeit auszuschließen, keineswegs aber in einen ausschließlichen Besitz von Objekten zu setzen.

Die Klarheit und allgemeine Verständlichkeit, welche in dieser Theorie allen Sätzen über das Eigentum gegeben werden kann, ferner die durchgängige Anwendbarkeit derselben im wirklichen Leben, sind die äußeren nicht zu übersehenden Beweise ihrer Richtigkeit.

Dieses so zu beschreibende Eigentumsrecht hat seinen  Rechtsgrund,  seine rechtlich verbindende Kraft lediglich im Vertrag aller mit allen (d. h. aller, die in einen gegenseitigen Einfluß aufeinander kommen können). Wird einer für sich betrachtet, so darf er, - von der Verantwortlichkeit vor seinem eigenen Gewissen hier abgesehen, wie auf dem Gebiet der Rechtslehre davon abgesehen werden muß, - er darf, sage ich, alles tun, was er nur will. Nur weil mehrere da sind, die auch bestehen sollen, hat er seine freie Tätigkeit so einzuschränken, daß sie bestehen können, und sie von ihrer Seite die ihrige so, daß  er  bestehen kann. Jeder schränkt, da alle gleich sind, rechtlich die Freiheit jedes anderen um so viel ein, als dieser die seinige einschränkt. Diese  Gleichheit  der Beschränkung aller durch alle, liegt im Rechtsgesetz, und hängt nicht von der Willkür ab.  Welche bestimmte Sphäre der Tätigkeit aber  jeden ausschließlich verbleiben soll, deren nunmehr die anderen um dieses Einen willen sich zu enthalten haben, müssen sie verabreden; darüber bestimmt weder die Natur noch das Rechtsgesetz irgendetwas, sondern lediglich ihre freie Willkür. Es ist also ein Vertrag zu schließen. Wenn hundert Ackerbauer beisammen sind und ein bestimmtes Stück Boden in ihrer Gewalt haben, so ist freilich aus dem Rechtsgesetz klar, daß dieses Stück in hundert gleiche Teile geteilt, und jedem Ackerbauer einer davon zu eigen gegeben werden muß. Aber warum z. B. ich, und keiner von den übrigen 99 gerade dieses erste Stück gegen Süden haben soll, und kein anderes, und mein nächster Nachbar gerade dieses Stück neben mir, darüber läßt sich kein anderer Rechtsgrund anführen, als der, daß alle uns gerade diese Stücke überlassen haben, wogegen wir ihnen diejenigen überlassen haben, die sie einnehmen.

Nur gegen die Erlangung seines Anteils, und um diesen ungestört zu erhalten, tut einer Verzicht auf den Anteil aller übrigen. Wer nichts ausschließlich zu eigen bekommen hat, hat auf nichts Verzicht getan; er ist in Absicht des Rechts isoliert, da er nicht mit gerechtet hat, und behält seinen ursprünglichen Rechtsanspruch allenthalben alles zu tun, was er nur will.  Wofür  könnte er doch vernünftigerweise Verzicht getan haben; was könnte ihn doch vermögen, zu wollen, daß jeder das Seine behält, da  er  nicht hat? Daß die verbundene Menge der Eigentümer den einzelnen schwächeren durch Gewalt abhalten könnte, seinen Rechtsanspruch laut werden zu lassen, oder geltend zu machen, sehe ich sehr wohl ein. Aber ich frage hier nicht nach der Gewalt, sondern nach dem Recht; und finde, daß jene Menge kein Recht hat, indem sie dies nur aus einem Vertrag haben könnte, den dieser Einzelne nicht mit geschlossen hat, und der ihn sonach nicht verbindet.

Es ist sonach klar, daß nicht nur der Ackerbauer, sondern jeder Einwohner im Staat ein ausschließliches Eigentum haben muß, weil man ihn außerdem nicht verbinden kann, das Eigentumsrecht des Ackerbauers anzuerkennen, ihn rechtlicherweise nicht verhindern kann, diesen von seinem Acker zu verdrängen, und ihn seiner Früchte zu berauben.

Welches wäre denn nun dieses ausschließliche Eigentum des Nicht-Ackerbauern, des Fabrikanten, des Kaufmanns, gegen welches er an den Ackerbauer das ausschließliche Eigentumsrecht auf den Boden abgetreten hätte?

Seine Kunst oder Handelskenntnis verdankt er der Natur und sich selbst, nicht dem Staat. Im Hinblick darauf ist er an den Staat nicht gebunden, sowie der Ackerbauer an sein Stück Land. Nackend an jedes Ufer geworfen, kann er sagen: ich trage all das Meinige an mir selbst. Was kann ihm nun der Staat noch geben? Offenbar nur die Gewähr, daß er stets Arbeit oder Absatz für seine Ware finden, und für dieselbe den auf ihn kommenden Anteil von den Gütern des Landes erhalten soll. Erst durch diese Versicherung bindet ihn der Staat an sich.

Aber diese Gewähr kann der Staat nicht leisten, wenn er nicht die Zahl derer, die denselben Arbeitszweig treiben, schließt, und für die Erbauung des notwendigen Unterhalts für alle sorgt. Erst durch diese  Schließung  wird der Arbeitszweig  Eigentum  der Klasse, die ihn treibt; erst durch diese  Besorgung des Unterhalts  ein Eigentum, von  welchem sie leben können;  und nur gegen dieses ihr Eigentum können sie Verzicht leisten auf das Eigentum der landbauenden Klasse. Sicherheit, sage ich, soll ihnen der Staat geben, die Gewähr soll er ihnen leisten. Zu sagen: das wird sich alles schon von selbst geben, jeder wird immer Arbeit und Brot finden, und es nun auf dieses gute Glück ankommen zu lassen, ist einer durchaus rechtlichen Verfassung nicht anständig. Redet man etwa von einem Sperling, der, solange er dem Netz entgeht, sein Körnchen freilich auch findet, auf den man aber keineswegs rechnet, und noch weit lieber sähe, er fände sein Körnchen nicht? Überläßt der Staat diese Volksklassen dem Ungefähr, so gibt er ihnen durchaus nichts. Ihr Fortkommen ist ebenso durchaus ihr eigenes Werk, wie ihre Kunst oder Kenntnis es ist. Sie haben sonach gar nicht Verzicht auf das Eigentum anderer geleistet. Der Staat kann mit keinem Recht sie in Absicht ihres Gewerbes unter Gesetze und ein bestimmtes Verhältnis gegen die übrigen Volksklassen bringen. Sie sind in jeder Hinsicht frei, sowohl vom Gesetz, wie auch dem Recht entblößt, ohne Regel, wie ohne Garantie; halbe Wilde im Schoß der Gesellschaft. Bei der völligen Unsicherheit, in welcher sie sich befinden, bevorteilen und berauben sie - zwar nennt man es nicht Raub, sondern  Gewinn - sie bevorteilen und berauben solange und sogut, wie sie es können, diejenigen, welche hinwiederum sie bevorteilen und berauben werden, sobald sie die Stärkeren sind. Sie treiben es, solange wie es geht, und bringen für den Notfall, gegen welchen ihnen nichts bürgt, in Sicherheit, soviel sie vermögen. Und an all dem tun sie nichts weiter, als wozu sie das vollkommenste Recht haben.

Aus dieser Schließung der Erwerbszweige, und dieser Gewährleistung, daß jeder die gewohnten Bedürfnisse stets zu einem billigen Preis haben soll, folgt die Schließung des Handelsstaates gegen das Ausland von selbst; und es ist nicht nötig, darüber noch ein Wort hinzuzusetzen.
LITERATUR - Johann Gottlieb Fichte, Der geschlossene Handelsstaat, Sämtliche Werke III, Berlin 1845
    Anmerkungen
    1) Die Trift-Gerechtigkeit mag sehr unwirtschaftlich sein, ich gebe es zu. Aber ein Eingriff in fremdes Eigentum ist sie nicht: denn das Eigentumsrecht hängt nur von Verträgen, und wo ausdrückliche Verträge nicht nachzuweisen sind, vom erlangten Besitz und vom Herkommen (vom  status quo) ab. Nur eine unrichtige Theorie über das Eigentum kann so etwas einen Eingriff in das Eigentum nennen.