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Von den skeptischen und anderen Systemen der Philosophie [ 3 / 6 ]
Zweiter Abschnitt Vom Skeptizismus in Bezug auf die Sinne [Fortsetzung] Ich gehe nun dazu über, den zweiten Punkt meiner Theorie zu erörtern und zu zeigen, weshalb die Beständigkeit in unseren Wahrnehmungen uns veranlaßt, ihnen eine vollkommene numerische Identität zuzuschreiben, selbst wenn lange Zwischenräume zwischen den Momenten ihres jedesmaligen Auftretens liegen und sie nur eine der wesentlichen Merkmale der Identität, nämlich die Unveränderlichkeit besitzen. Um in diesem Punkt alle Zweideutigkeit und Verirrung zu vermeiden, bemerke ich (ausdrücklich), daß ich hier die Anschauung und den Glauben der Menge bezüglich der Existenz der Körper verständlich machen will und mich deshalb ganz un gar der gewöhnlichen Weise zu denken und sich auszudrücken anpassen muß. Wir haben bereits bemerkt, daß die Philosophen freilich zwischen den Gegenständen und den Sinneswahrnehmungen unterscheiden, (so zwar, daß sie beide als koexistenz und einander ähnliche betrachten), daß aber diese Unterscheidung von den Menschen im allgemeinen gar nicht verstanden wird. Weil sie nur ein Ding sehen, können sie dem Gedanken einer zweifachen Existenz, einer Abbildung (der Objekte in unserem Geist) nicht zustimmen. In den Empfindungen selbst, wie sie uns durch das Auge oder das Ohr zufließen, erblicken sie die wahren "Gegenstände" und sind wenig geneigt, einzusehen, daß etwa diese Feder oder dieses Papier, die unmittelbar von uns wahrgenommen werden, etwas anderes nachbilden, das von ihnen verschieden, aber ihnen (doch wiederum) ähnlich ist. Um mich also ihren Begriffen anzubequemen, werde ich zunächst annehmen, daß es nur eine einzige Art des Existierenden gibt, die ich, ohne einen Unterschied zu machen, bald Gegenstand, bald Wahrnehmung nennen werden, je nachdem es meinen Zweck am Besten zu entsprechen scheint. Ich verstehe unter beiden (einfach) das, was der gemeine Mann meint, wenner von einem Hut, einem Schuh, einem Stein oder einem beliebigem sonstigen Eindruck redet, der ihm durch seine Sinne zugeführt wird. Ich werde nicht verfehlen, es zur Kenntnis (des Lesers) zu bringen, wenn ich zu einer mehr philosophischen Art zu sprechen und zu denken zurückkehre. Indem ich nun auf die Frage nach dem Quell des Irrtums oder der Täuschung, der wir uns hingeben, wenn wir ähnlichen Wahrnehmungen trotz ihrer Unterbrechung Identität zu schreiben, näher eingehe, muß ich an eine Bemerkung erinnern, die ich bereits (an früherer Stelle) näher ausgeführt und begründet hat. Nichts, so sahen wir (3), befördert die Verwechslung von Vorstellungen mit anderen als eine Beziehung zwischen ihnen, die sie für die Einbildungskraft miteinander assoziiert und bewirkt, daß diese mit Leichtigkeit von der einen zur anderen übergeht. Von allen (solchen) Beziehungen über aber die Ähnlichkeit diese Wirkung im höchsten Maß, und zwar darum, weil sie nicht nur zwischen den Vorstellungen, sondern zugleich auch zwischen entsprechenden psychischen) Dispositionen Assoziationeon herstellt, d. h. weil die Ähnlichkeit der Vorstellungen zugleich eine Übereinstimmung zwischen dem Akt oder der Tätigkeitsweise des Geistes, vermöge welcher die eine Vorstellung vollzogen wird, und dem Akt oder der Tätigkeitsweise des Geistes, die sich im Vollzug der anderen Vorstellung verwirklicht, in sich schließt. Ich habe bereits auf die Wichtigkeit dieses Umstandes aufmerksam gemacht; wir können die allgemeine Regel aufstellen, daß Vorstellungen, die dieselbe oder eine ähnliche Richtung der geistigen Tätigkeit in sich schließen, sehr leicht verwechselt werden. Der Geist geht von der einen zur anderen über und bemerkt den Wechsel nicht, weil er der Aufmerksamkeit, die dazu erforderlich wäre, unter gewöhnlichen Umständen unfähig ist. Um nun zu zeigen, wie dieser allgemeine Grundstz hier zur Anwendung kommt, müssen wir zunächst untersuchen, welcher Art die Disposition oder Verfassung des Geistes ist, wenn er einen Gegenstand betrachtet, der mit sich vollkommen identisch bleibt. Wir müssen sodann einen Gegenstand ins Auge fassen, der mit einem solchen identischen Gegenstand verwechselt wird, weil er eine ähnliche Disposition in sich schließt. Wenn wir annehmen, ein Gegenstand, auf den wir unsere Gedanken richten, bleibe eine Zeitlang derselbe, so heißt dies offenbar, wir nehmen an, es finde ein Wechsel nur in der Zeit statt. Wir brauchen uns dann nicht zu bemühen, ein neues Bild oder eine neue Vorstellung des Gegenstandes in uns hervorzurufen. Die geistigen Vermögen ruhen gewissermaßen und leisten nur soviel Arbeit, wie erforderlich ist zur Festhaltung der Vorstellung, die wir bereits besitzen und die, ohne Veränderung und Unterbrechung, bleibt, was sie ist. Der Übergang vom einen Zeitmoment zu anderen wird von uns kaum verspürt, weil er keinen Unterschied von Wahrnehmungen oder Vorstellungen, deren Auffassung eine verschiedene geistige Tätigkeitsrichtung erfordern würde, in sich schließt. Was für Gegenstände nun außer identischen sind noch imstande, den Geist, der sie betrachtet, in dieser Weise in die gleiche Disposition zu versetzen, also denselben ununterbrochen Übergang der Einbildungskraft von einer Vorstellung zur anderen zu veranlassen? Diese Frage ist von der größten Wichtigkeit. Falls wir irgendwelche derartige Gegenstände entdecken, so können wir nach der oben aufgestellten Regel sicher sein, daß wir sie sehr leicht mit identischen Gegenständen verwechseln und in unseren Urteilen als solche gelten lassen werden. So wichtig nun aber jene Frage ist, so wenig schwierig oder unsicher ist ihre Beantwortung. Es leuchtet sofort ein, daß eine Aufeinanderfolge von Gegenständen, die zueinander in einer assoziativen Beziehung stehen, den Geist in jene Dispositioni versetzt, d. h. daß bei der Betrachtung einer solchen Aufeinanderfolge die Einbildungskraft in derselben ungehemmten und ununterbrochenen Weise fortgleitet, wie dies bei der Betrachtung ein und desselben unveränderlichen Gegenstandes der Fall ist. Es besteht ja eben die Natur und das Wesen der assoziativen Beziehung darin, unsere Vorstellungen miteinander zu verknüpfen und wenn die eine auftritt, dem Geist den Übergang zu der dazu gehörigen anderen zu erleichtern. Der Übergang zwischen Vorstellungen, die durch eine solche Beziehung verknüpft sind, ist ein so ungehemmter und leichter, daß er wenig Veränderung im Geist hervorruft und wie die Fortsetzung derselben Tätigkeit erscheint. Da nun eine wirkliche Fortsetzung derselben Tätigkeit dann stattfindet, wenn wir ein und denselben Gegenstand fortgesetzt betrachten, so kann es geschehen, daß wir, vermöge dieser Übereinstimmung, der Aufeinanderfolge von Gegenständen, die miteinander in einer assoziativen Beziehung stehen, gleichfalls Identität zuschreiben. Unser Vorstellen gleitet an dieser Aufeinanderfolge mit der gleichen Leichtigkeit entlang, als wenn es nur auf einen einzigen Gegenstand gerichtet wäre; darum verwechselt es die Aufeinanderfolge mit der Identität. Wir werden später verschiedene Beispiel dieser Tatsache, daß nämlich assoziative Beziehungen uns geneigt machen, von einander verschiedenen Gegenständen eine Identität zuzuschreiben, kennenlernen; hier beschränken wir uns auf unseren Fall. Die Erfahrung lehrt uns, daß sich in fast allen Sinneseindrücken jene "Konstanz" findet, daß eine Unterbrechung keine Veränderung an ihnen hervorruft und sie nicht hindert, nachher sowohl qualitativ wie auch hinsichtlich ihres Ortes sich als dieselben darzustellen, die sie bei ihrem ersten Auftreten waren. Ich betrachte die Möbel in meinem Zimmer, schließe meine Augen und öffne sie wieder; ich finde dann, daß die neuen Wahrnehmungen denen vollkommen gleichen, die sich meinen Sinnen vorher aufdrängten. Eine solche Ähnlichkeit wird (nun) von uns in tausend Fällen beobachtet; und sie knüpft naturgemäß (überall) zwischen den Vorstellungen, die den unterbrochenen Wahrnehmungen entsprechen, die engste Beziehung, läßt also den Geist in einem leichten Übergang von der einen zur anderen fortschreiten. Wenn (aber) die Einbildungskraft leicht an den Vorstellungen der verschiedenen und unterbrochenen Wahrnehmungen hingleitet oder leicht von der einen zur anderen fortschreitet, so schließt dies fast dieselbe Tätigkeitsweise des Geistes in sich, wie sie stattfindet, wenn wir einer gleichmäßigen und ununterbrochenen Wahrnehmung folgen. Es ist uns deshalb die Verwechslung des einen und des anderen Tatbestandes eine sehr natürliche Sache (4). Zu denjenigen, welche dem Glauben an die Identität der einander ähnlichen Wahrnehmung huldigen, zählen im allgemeinen alle nicht denkende oder unphilosophischen Menschen (d. h. wir alle zu der einen oder anderen Zeit); alle also, die keine Objekte kennen, außer ihren Wahrnehmungen, die mithin von einem zweifachen Dasein, einem inneren und einem äußeren, abbildenden und abgebildeten, nichts wissen. Eben das Bild, das den Sinnen gegenwärtig ist, ist für uns der wirkliche Körper, und unterbrochenen Bildern dieser Art schreiben wir die vollkommene Identität zu. Da doch zugleich diese Unterbrechung der Identität zu widersprechen scheint und uns naturgemäß nötigt, die einander ähnlichen Wahrnehmungen als voneinander verschieden zu betrachten, so entsteht die Frage, wie solche einander entgegengesetzten Anschauungen miteinander in Einklang gebracht werden können. Daß die Einbildungskraft an den Vorstellungen ähnlicher Wahrnehmungen ungehemmt hingleitet, dies macht, (wie wir sahen) daß wir diesen eine vollkommene Identität zuschreiben. Die unterbrochene Art ihres Auftretens andererseits läßt sie uns als ebensoviele einander ähnliche, aber voneinander unterschiedene Dinge betrachten, di in gewissen Intervallen auftreten. Die Verlegenheit nun, die aus diesem Widerspruch erwächst, ruft den Drang hervor, die auseinander gebrochenen Erscheinungen durch die Fiktion einer dauernden Existenz zu vereinigen. Damit kommen wir zum dritten Punkt der Hypothese, die ich hier erörtere. Die Erfahrung läßt keinen Zweifel, daß alles, was unserem Gefühl oder unseren Affekten widerstreitet, mag es nun von außen oder von innen stammen, aus dem Gegensatz, in den äußere Gegenstände zu uns treten, oder aus dem Widerstreit irgendwelcher Faktoren in uns selbst, uns eine fühlbare innere Behaglichkeit verursacht. Umgekehrt bereitet uns das, was mit natürlichen Tendenzen oder Neigungen des Geistes übereinstimmt, sei es ein Äußeres, das auf ihre Befriedigung hinzielt, sei es ein inneres Erlebnis, das ihren Bewegungen konform ist, unfehlbar ein merkliches Vergnügen. Nun besteht in unserem Fall ein Widerstreit zwischen dem Gedanken der Identität ähnlicher Wahrnehmungen und der tatsächlichen Unterbrechung in ihrem Auftreten. Auch hierbei muß sich der Geist unbehaglich fühlen. Zugleich wird er naturgemäß aus der Unbehaglichkeit herauszukommen suchen. Da der unbehagliche Zustand aus dem Widerstreit zweier miteinander unverträglicher Vorstellungsweisen entsteht, so muß der Geist sich zu retten suchen, indem der die eine der anderen opfert. Nun sind wir aber durch den Umstand, daß unsere Gedanken an den einander ähnlichen Wahrnehmungen ungehemmt dahingleiten, genötigt, ihnen eine Identität zuzuschreiben; so daß wir diesen letzteren Gedanken unmöglich ohne inneres Widerstreben aufgeben können. Wir wählen aber notgedrungen die andere Möglichkeit, d. h. nehmen an, unsere Wahrnehmungen seien in der Tat nicht unterbrochen, sondern besäßen sowohl dauernde wie unvergängliche Existenz, seien also vollkommen identisch. Zugleich sind aber wiederum die Unterbrechungen im Auftreten der Wahrnehmungen so lange und so häufige, daß sie unmöglich übersehen werden können. Andererseits erscheint das Auftreten der Wahrnehmungen im Geist und die Existenz dieser Wahrnehmungen zunächst als ganz und gar dasselbe; und man könnte Zweifel hegen, ob es denkbar ist, daß wir den handgreiflichen Widerspruch begehen, der demnach in der Annahme liegt, eine Wahrnehmung existiert, ohne dem Geist gegenwärtig zu sein. - Um in diese Sache Klarheit zu bringen und zu verstehen, wiefern die Unterbrechung im Auftreten einer Wahrnehmung doch nicht notwendigerweise eine Unterbrechung ihrer Existenz einschließt, wird es angebracht sein, hier einige Punkte zu berühren, die genauer zu erörtern wir später Gelegenheit haben werden. (5) Wir beginnen mit der Bemerkung, daß das Bedenken, das hier obwaltet, nicht die Tatsache als solche betrifft, daß also die Frage nicht lautet, ob der Geist jenen Schluß auf die dauernde Existenz seiner Wahrnehmungen wirklich zieht, sondern vielmehr hier nur von der Weise die Rede ist, wie der Schluß gezogen wird, und den Faktoren, auf denen er beruth. Es unterliegt keinem Zweifel, daß fast alle Menschen, auch die Philosophen während des größten Teils ihres Lebens, ihre Wahrnehmungen für die einzig existierenden Gegenstände halten, also annehmen, eben das Ding, das dem Geist so unmittelbar gegenwärtig ist, sei der wirkliche Körper oder das materielle Dasein. Es ist nicht weniger zweifellos, daß eben dieser Wahrnehmung oder eben diesem Gegenstand von uns eine dauernde und ununterbrochene Existenz zugeschrieben wird, eine Existenz, die weder durch unsere Abwesenheit vernichtet, noch durch unsere Gegenwart hervorgerufen wird. Der Gegenstand, dem wir fern sind, sagen wir, existiert noch, aber wir empfinden oder wir sehen ihn nicht; haben wir ihn vor uns, so sagen wir, wir empfinden oder sehen ihn. Hier nun können zwei Fragen aufgeworfen werden: erstens, wie können wir uns in den Gedanken einfinden, daß eine Wahrnehmung im Geist ist und nicht vernichtet? Zweitens, wie können wir uns vorstellen, daß ein Gegenstand in den Geist gelangt, ohne die Neuschöpfung einer Wahrnehmung oder eines Bildes? Was meinen wir mit jenem Sehen, Empfinden, Wahrnehmen? Was die erste Frage betrifft, so ist zu bemerken, daß das, was wir Geist nennen, nichts ist, als ein Haufen oder ein Zusammen von verschiedenen Perzeptionen, das durch gewisse Beziehungen zur Einheit verbunden ist und von dem man, wenn auch fälschlicherweise, annimmt, daß es sich einer vollkommenen Einfachheit und Identität erfreut. Da nun jede Perzeption von jeder anderen unterscheidbar ist und als für sich existierend betrachtet werden kann, so kann nichts Ungereimtes darin liegen, wenn wir eine bestimmte Perzeption vom Geist losgetrennt, d. h. alle ihre Beziehungen zu jener zusammenhängenden Masse von Perzeptionen, die ein denkendes Wesen ausmachen, gelöst denken. Dieselbe Überlegung verschafft uns eine Antwort auf die zweite Frage. Wenn der Name "Perzeption" diese Absonderung vom Geist nicht ungereimt und widerspruchsvoll erscheinen läßt, so kann umgekehrt der Name "Gegenstand", der dieselbe Sache bezeichnet, nicht die Vereinigung (im Geiste) unmöglich machen. Äußere Gegenstände werden gesehen, empfunden, stellen sich dem Geist dar, d. h. sie treten zu einem zusammenhängenden Haufen von Perzeptionen in eine solche Beziehung, daß sie dieselben in einer wesentlichen Art beeinflussen, durch die Hervorrufung von Überlegungen und Affekten die Zahl derselben vermehren und zugleich dem Gedächtnis einen Vorrat neuer Vorstellungen zuführen. Ist es nun so, dann kann dasselbe dauernde und ununterbrochene Ding, ohne eine reale oder wesentliche Veränderung an ihm selbst, dem Geist bald gegenwärtig sein, bald nicht. Die Unterbrechung des Daseins für die Sinne schließt nicht mit Notwendigkeit eine Unterbrechung der Existenz in sich. Die Annahme einer dauernden Existenz sinnenfälliger Gegenstände oder Wahrnehmungen enthält also keinen Widerspruch: wir dürfen getrost unserer Neigung zu dieser Annahme nachgeben. Wenn die Übereinstimmung zwischen unseren Wahrnehmungen uns veranlaßt, ihnen Identität zuzuschreiben, so können wir die anscheinende Unterbrechung dadurch beseitigen, daß wir ein dauerndes Ding erdichten, das jene Zwischenräume ausfüllt, und so unseren Wahrnehmungen eine vollkommene und vollständige Identität sichert. Da wir aber diese dauernde Existenz nicht nur erdichten, sondern an sie glauben, so entsteht die Frage: woher kommt ein solcher Glaube? Diese Frage führt uns zum vierten Punkt meiner Lehre. Es ist bereits gezeigt worden, daß der Glaube allgemein in nichts anderem besteht, als der Lebhaftigkeit einer Vorstellung, und daß eine Vorstellung diese Lebhaftigkeit durch ihre assoziative Beziehung zu einem gegenwärtigen Eindruck erlangen kann. Eindrücke sind naturgemäß die lebhaftesten Perzeptionen des Geistes; und diese Lebhaftigkeit wird den mit ihnen verknüpften Vorstellungen durch eine Beziehung zu diesen teilweise mitgeteilt. Die Beziehung veranlaßt einen ungehemmten Übergang vom Eindruck zur Vorstellung, mehr noch: sie erweckt ein Streben, diesen Übergang zu vollziehen. Der Geist gleitet so leicht von der einen Perzeption zur anderen und wird sich dieses Wechsels kaum inne und erfaßt darum die zweite annähernd mit derselben Lebhaftigkeit, mit der er die erste erfaßte. Er ist von einem lebhaften Eindruck erregt und diese lebhafte Erregung wird auf die mit dem Eindruck in Beziehung stehende Vorstellung übertragen, ohne daß sie sich bei der Übertragung wesentlich vermindert; dies hat in einem ungehemmten Übergang und dem Streben der Einbildungskraft, ihn zu vollziehen, seinen Grund. Nun aber angenommen, daß sich dieses Streben statt aus einer Vorstellungsbeziehung aus einem anderen psychischen Faktor ergibt, so muß es offenbar nichtsdestoweniger die gleiche Wirkung haben, also gleichfalls die Lebhaftigkeit von Eindrücken auf Vorstellungen übertragen. Dies ist nun eben hier der Fall. Unsere Erinnerung vergegenwärtigt uns in großer Anzahl Beispiele solcher Wahrnehmungen, die in verschiedenen Zeitabständen und auch nach bedeutenden Unterbrechungen wiederkehren und einanander vollkommen ähnlich sind. Diese Ähnlichkeit erweckt in uns die Tendenz, die unterbrochenen Wahrnehmungen als dieselbe Sache zu betrachten; sie erweckt zu zugleich die Tendenz, sie durch eine dauernde Existenz zu verknüpfen, und so den Gedanken der Identität zu rechtfertigen und die Widersprüche zu beseitigen, in die uns das unterbrochene Auftreten der Wahrnehmungen notwendig zu verwickeln scheint. Diese Tendenz läßt uns zunächst eine dauernde Existenz aller sinnenfälligen Gegenstände fingieren. Da aber die fragliche Tendenz aus lebhaften Eindrücken der Erinnerung stammt, so verleiht sie jener Fiktion Lebhaftigkeit; oder mit anderen Worten: sie veranlaßt uns, an die dauernde Existenz der Körper zu glauben. Schreiben wir dann gelegentlich auch Gegenständen, die uns vollkommen neu sind und über deren Konstanz und Kohärenz uns noch keine Erfahrung belehrt hat, dauernde Existenz zu, so geschieht dies, weil die Weise, in welcher sie sich unseren Sinnen darstellen, der Art des Auftretens konstanter und kohärenter Gegenstände ähnlich ist. Diese Ähnlichkeit veranlaßt uns zu einem Analogieschluß; und ein solcher führt uns (ja jederzeit) dazu, ähnlichen Gegenständen gleiche Bestimmungen zuzuerkennen. Ich vermute, der einsichte Leser wird es weniger schwierig finden, dieser Lehre beizustimmen, da sie vollkommen und genau zu verstehen ist; er wird nach einigem Nachdenken zugeben, daß jeder Satz derselben seinen Beweis mit sich führt. In der Tat müssen wir zweifellos, da die Menschen im allgemeinen keine anderen "Gegenstände" kennen als ihre Wahrnehmungen, da sie zu gleicher Zeit an die dauernde Existenz der Materie glauben, den Ursprung dieses Glaubens aus jener Auffassung erklären. Nun ist es unter der Voraussetzung jener Auffassung ein Irrtum, wenn man irgendwelche unserer Objekte oder Wahrnehmungen nach einer Unterbrechung als eben dieselben Objekte oder Wahrnehmungen erfaßt; folglich kann der Glaube an ihre Identität niemals in der Vernunft seinen Ursprung haben, sonder muß aus der Einbildungskraft stammen. Die Einbildungskraft kann aber zu einem solchen Glauben lediglich durch die Ähnlichkeit gewisser Wahrnehmungen verleitet werden. Wir finden ja eben, daß nur ähnlichen Wahrnehmungen gegenüber die Tendenz besteht, sie für dieselbe Sache zu halten. Die Tendenz ähnlichen Wahrnehmungen Identität zuzuschreiben, veranlaßt [weiterhin] die Fiktion ihrer dauernden Existenz; auch dieser Gedanke ist ja, ebensogut wie jener Gedanke der Identität, ein irrtümlicher, wie von allen Philosophen zugegeben wird; er verdankt sein Dasein nur dem Streben, der Unterbrechung unserer Wahrnehmungen, als dem Moment, das allein ihrer Identität entgegensteht, zu entgehen. Schließlich erweckt jene Tendenz den Glauben nur durch die Vermittlung der in uns lebendigen Eindrücke der Erinnerung. Offenbar würden wir ohne die Erinnerung an frühere Sinneswahrnehmungen überhaupt an keine dauernde Existenz der Körper glauben. - So finden wir, wenn wir alle Punkte unserer Theorie prüfen, daß jeder sich auf die sichersten Argumente stützt, und daß sie alle zusammen ein folgerechtes und vollkommen überzeugendes System bilden. Eine starke Tendenz oder Neigung kann bisweilen für sich allein, ohne irgendeinen gegenwärtigen Eindruck, Glauben erwecken oder eine Meinung erzeugen; wie viel mehr, wenn dieses Moment unterstützend hinzutritt. Wenn wir nun aber auch in der angegebenen Weise durch die natürliche Tendenz der Einbildungskraft dazu gebracht werden, den sinnenfälligen Gegenständen oder Wahrnehmungen, die sich in ihrem unterrbrochenen Auftreten als einander ähnlich darstellen, eine dauernde Existenz zuzuschreiben, so ist doch wiederum wenig Nachdenken und Philosophie erforderlich, um uns das Trügerische dieser Anschauung erkennen zu lassen. Ich habe bereits bemerkt, daß zwischen dem Gedanken einer dauernden und dem einer gesonderten und unabhängigen Existenz ein enger Zusammenhang besteht, daß aus der Anerkennung der einen die Anerkennung der anderen mit Notwendigkeit folgt. (Genauer gesagt) ist es der Glaube an die dauernde Existenz, der sich zuerst einstellt, und wenn der Geist seiner ursprünglichsten und natürlichsten Tendenz folgt, ohne viel geistige Anstrengung oder Nachdenken den anderen nach sich zieht. Wenn wir nun aber die Erfahrungstatsachen vergleichen und ein wenig über sie nachdenken, so nehmen wir bald wahr, daß die Lehre von der unabhängigen Existenz unserer sinnlichen Wahrnehmungen der einfachsten Erfahrung widerspricht. Diese Einsicht nötigt uns, auf unserem Weg wieder umzukehren und uns des Irrtums bewußt zu werden, den wir auch schon mit dem Glauben an die dauernde Existenz unserer Wahrnehmungen begangen haben; sie bringt uns dann weiterhin zu allerlei seltsamen Anschauungen, die wir im Folgenden zu erörtern versuchen wollen. Es wird angebracht sein, zunächst einige jener Erfahrungstatsachen anzuführen, die uns überzeugen können, daß unsere Wahrnehmungen keine (von uns) unabhängige Existenz besitzen. Wenn wir mit dem Finger auf das Auge drücken, so erscheinen sofort alle Gegenstände doppelt; in dem einen der Doppelbilder erscheinen zugleich die Gegenstände aus ihrer gewöhnlichen und natürlichen Lage herausgerückt. Nun können wir unmöglich beiden Wahrnehmungen eine dauernde Existenz zuschreiben. Beide sind aber von gleicher Beschaffenheit. Dies zwingt uns (schließlich) alle unsere Wahrnehmungen als von unseren Sinneswerkzeugen und dem Zustand unserer Nerven und Lebensgeister abhängig zu betrachten. Dieser Gedanke wird bestätigt durch die scheinbare Vergrößerung und Verkleinerung von Gegenständen bei Änderung ihrer Entfernung von unserem Auge; ebenso durch die scheinbaren Veränderungen der Gestalt, durch die Veränderungen der Farbe und sonstigen Eigenschaften bei Krankheiten und körperlichen Verstimmungen; schließlich durch eine unendliche Anzahl anderer Erfahrungstatsachen von gleicher Art. All das überzeugt uns, daß unsere sinnlichen Wahrnehmungen keine gesonderte und unabhängige Existenz besitzen. Die natürliche Folergung hieraus würde nun die sein, daß unsere Wahrnehmungen ebensowenig eine dauernde Existenz besitzen können. In der Tat sind die Philosophen von dieser Überzeugung so duurchdrungen, daß sie aufgrund davon ihre ganze Anschauung ändern und, wie auch wir von jetzt an tun werden, zwischen Wahrnehmungen und Gegenständen unterscheiden, und zwar so, daß sie annehmen, die ersteren werden unterbrochen und vernichtet und sind jedesmal, wenn sie von neuem auftreten, andere, die letzteren dagegen sind ununterbrochen und besitzen dauernde Existenz und Identität. Für wie philosophisch man aber diese neue Lehre auch halten mag: ich behaupte, daß sie ein die Sache bemäntelndes Auskunftsmittel ist, das alle Schwierigkeiten der gewöhnlichen Anschauung in sich schlieeßt, nebst einigen anderen, die ihr eigentümlich sind. Weder in unserem Verstand, noch in unserer Einbildungskraft gibt es einen Faktor, der uns unmittelbar zum Glauben an eine zweifache Existenz, eine Existenz der Wahrnehmungen und eine Existenz der Gegenstände, Anlaß gäbe. Es gibt keinen Weg, zu diesem Glauben zu gelangen, außer jenem allgemein geläufigen, der durch die Annahme der Identität und Dauer unserer unterbrochenen Wahrnehmungen hindurchführt. Wären wir nicht zunächst (in Übereinstimmung mit dem naiven Bewußtsein) überzeugt, daß unsere Wahrnehmungen unsere einzigen Objekte sind und daß diese fortfahren zu bestehen, auch wenn sie sich nicht mehr den Sinnen darstellen, wir würden nie auf den Gedanken verfallen können, unsere Wahrnehmungen seien von den Gegenständen verschieden und die Gegenstände allein besäßen dauernde Existenz. Die letztere Annahme empfiehlt sich ursprünglich weder der Vernunft, noch der Einbildungskraft, sie schöpft vielmehr ihre ganze Fähigkeit auf die Einbildungskraft zu wirken, aus jener anderen Anschauung (d. h. jener Anschauung des naiven Bewußtseins). Dieser Satz enthält zwei Behauptungen, wie wir so bestimmt und klar zu beweisen suchen werden, wie derartige abstruse Dinge es eben erlauben. Die erste der beiden Behauptungen, daß sich jene philosophische Annahme ursprünglich weder der Vernunft noch der Einbildungskraft empfiehlt, können wir, was die Vernunft betrifft, leicht durch folgende Überlegungen rechtfertigen. Die einzigen Existenzen, deren wir (unbedingt) gewiß sind, sind die Perzeptionen. Weil sie uns unmittelbar durch das Bewußtsein gegenwärtig sind, fordern sie im stärksten Maß unsere Anerkennung und bilden (damit) die erste Grundlage für alle unsere Schlüsse. Die einzige Art nun, wie wir von der Existenz eines Dings auf die eines anderen schließen können, beruth auf der ursächlichen Beziehung, also auf dem Bewußtsein, daß eine (notwenige) Verknüpfung zwischen ihnen besteht, daß die Existenz des einen von der des anderen abhängig ist. Die Vorstellung dieser Beziehung aber stammt aus Erfahrungen, die wir gemacht haben und die uns lehrten, daß zwei Dinge beständig miteinander verbunden und stets zu gleicher Zeit dem Geist gegenwärtig waren. Da nun nichts dem Geist je gegenwärtig ist außer seinen Perzeptionen, so folgt, daß wir wohl eine Verknüpfung oder eine ursächliche Beziehung zwischen verschiedenen Perzeptionen entdecken können, nie aber eine solche zwischen Perzeptionen und Gegenständen. Es ist deshalb ausgeschlossen, daß wir je aus der Existenz oder irgendwelchen Eigenschaften der ersteren einen Schluß auf die Existenz der letzteren ziehen, also jemals durch die Vernunft zu dem in Rede stehenden Ergebnis gelangen. Es ist ebenso zweifellos, daß jene philosophische Anschauung ursprünglich für die Einbildungskraft nichts Empfehlendes hat, daß auch dieses Vermögen niemals aus sich selbst oder vermöge seiner ursprünglichen Tendenzen auf einen solchen Gedanken führen würde. Hierbei verkenne ich freilich nicht, daß es gewisse Schwierigkeiten hat, diese Behauptung zur vollkommenen Zufriedenheit des Lesers zu beweisen. Es liegt dies daran, daß sie eine Negation in sich schließt, und daß eine solche in vielen Fällen keinen positiven Beweis zuläßt. Gäbe sich jemand die Mühe, unsere Frage zu untersuchen, und eine Theorie darüber aufzustellen, wieso denn jener Glaube unmittelbar in der Einbildungskraft wurzeln soll, so könnten wir diese Theorie prüfen und so allerdings zu einem sicheren Urteil in unserer Frage gelangen. Ich nehme als zugestanden an, daß unsere Wahrnehmungen unzusammenhängend, unterbrochen und trotz aller Ähnlichkeit voneinander verschieden sind. Nun zeige jemand, wieso unter dieser Voraussetzung die Einbildungskraft direkt und unmittelbar zum Glauben an eine andere Existenz hinführen soll, die diesen Wahrnehmungen hinsichtlich ihrer Beschaffenheit gleicht, aber dabei dauernd, ununterbrochen, und in sich identisch ist. Ist dies in einer Weise, die mich befriedigen kann, geschehen, so verspreche ich, meine Anschauung aufzugeben. Einstweilen aber kann ich nicht umhin, schon aus der abstrakten Natur und der Schwierigkeit der bezeichneten Voraussetzung zu schließen, daß sie für die Tätigkeit der Einbildung ein durchaus ungeeigneter Ausgangspunkt ist. Wer den Ursprung der gewöhnlichen Anschauung, betreffend die dauernde und gesonderte Existenz der Körper, erklären will, der muß den Geist in seiner gewöhnlichen Verfassung nehmen, also von der Annahme ausgehen, daß unsere Wahrnehmungen für uns die einzigen Gegenstände sind, und daß diese Wahrnehmungen fortfahren zu existieren, auch wenn sie nicht wahrgenommen werden. Jene (gewöhnliche) Anschauung ist aber, obgleich falsch, doch die natürlichste von allen, und die einzige, die der Einbildungskraft von Haus aus zusagen kann. Was unsere zweite Behauptung betrifft, daß die philosophische Anschauung ihre ganze Fähigkeit, auf die Einbildungskraft zu wirken, aus der gewöhnlichen Anschauung (oder der Anschauung des gemeinen Bewußtseins) zieht, so ergibt sich dieselbe als natürliche und unvermeidliche Folgerung aus der soeben begründeten, also daraus, daß die fragliche Anschauung sich ursprünglich weder der Vernunft, noch der Einbildungskraft empfiehlt. Die Erfahrung lehrt, daß sich die philosophische Anschauung vieler Geister bemächtigt hat, speziell all derer, die, wenn auch noch so wenig, über die Sache nachgedacht haben. Da sie in sich selbst gar keine Überzeugungskraft besitzt, so kann sie diese ganze Überzeugungskraft nur aus der gewöhnlichen Anschauung gewinnen. Die Weise nun, in der diese beiden Anschauungen trotz ihres direkten Gegensatzes zusammenhängen, wird aus folgender Überlegung deutlich werden. Die Einbildungskraft läßt folgenden natürlichen Gedankengang in uns entstehen. Unsere Wahrnehmungen sind unsere einzigen Objekte; ähnliche Wahrnehmungen sind ein und dieselbe Sache, wie unzusammenhängend und unterbrochen sie auch in ihrem Auftreten sein mögen, diese anscheinende Unterbrechung widerstreitet aber der Identität; die Unterbrechung erstreckt sich folglich nur auf das Auftreten im Geist, die Wahrnehmung oder die Objekte selbst fahren fort zu existieren, sie existieren auch dann, wenn sie uns nicht gegenwärtig sind; unsere sinnenfälligen Wahrnehmungen haben also eine dauernde und ununterbrochene Existenz. Diesen Gedanken der dauernden Existenz unserer Wahrnehmungen macht nun aber ein wenig Nachdenken zunichte; es kommt uns zu Bewußtsein, daß ihre Existenz eine von uns abhängige ist. Jetzt müßte natürlicherweise erwartet werden, daß wir den Glauben, es gebe in der Welt der Wirklichkeit etwas wie ein dauerndes Dasein, das bestehen bleibt, auch wenn es den Sinnen nicht mehr erscheint, ganz und gar aufgäbe. In der Tat verhält es sich anders. Die Philosophen sind, wenn sie den Glauben an die Unabhängigkeit und Dauer unserer sinnlichen Wahrnehmungen abweisen, so weit davon entfernt, damit überhaupt den Glauben an eine dauernde Existenz abzuweisen, daß vielmehr, während alle Parteien im ersteren Gedanken miteinander übereinstimmen, der letztere, der doch in gewisser Weise nur seine notwendige Folge ist, das Eigentum einiger weniger überspannter Skeptiker geblieben ist, und daß auch diese ihn nur in Worten vertreten und es nie dazu bringen können, wirklich daran zu glauben. Es ist eben ein großer Unterschied zwischen solchen Anschauungen, die wir nach ruhiger und eingehender Überlegung gewinnen, und solchen, zu denen uns, weil sie dem Geist von Natur angemessen und konform sind, eine Art Instinkt oder natürlicher Impuls treibt. Treten solche Anschauungen einander gegenüber, so ist es nicht schwierig, vorherzusehen, welche von ihnen die Oberhand gewinnen wird. Solange unsere Aufmerksamkeit durch den Gegenstand gefesselt ist, herrscht vielleicht die philosophische, aso die erlernte Betrachtungsweise vor; aber im Augenblick, wo wir den Gedanken wiederum ihre freie Bewegung verstatten, fordert ihre Natur ihr Recht und bringt uns wieder zu unserer ursprünglichen Anschauung zurück. Ja, diese letztere hat bisweilen eine solche Kraft, daß sie uns mitten in unseren tiefstgehenden Überlegungen Halt gebieten und davon abhalten kann, die letzten Konsequenzen eines philosophischen Gedankens zu ziehen. So denken wir auch die Gedankenfolge, die sich an die Abhängigkeit und Unterbrechung unserer Wahrnehmungen knüpfen müßte, nicht zu Ende, obgleich wir diese Abhängigkeit und Unterbrechung wohl erkennen; wir kommen nicht dazu, aufgrund davon den Glauben an die unabhängige und dauernde Existenz zurückzuweisen. Dieser Glaube hat nun einmal in der Einbildungskraft seine Wurzeln gefaßt, so daß es unmöglich ist, ihn auszurotten, daß auch die künstlich gewonnene metaphysische Überzeugung von der Abhängigkeit der Perzeptionen nicht genügt, ihn aufzuheben. So gewiß nun aber in unserem Fall die dem Geist natürliche und unmittelbar einleuchtende Betrachtungsweise über die geflissentliche Überlegung die Oberhand gewinnt, so kann dies doch nicht geschehen ohne Kampf und Gegensatz; solange zumindest jene Überegung in uns noch irgendeine Kraft und Lebhaftigkeit besitzt. Um diesem Kampf zu entrinnen, machen wir eine neue Annahme, die den Forderungen der Vernunft wie auch der Einbildungskraft zu genügen scheint. Dies nun ist die philosphische Annahme einer zweifachen Existenz, der Existenz der Wahrnehmungen und der Existenz der Gegenstände. Diese Annahme befriedigt unsere Vernunft, sofern sie die von uns abhängigen Wahrnehmungen unterbrochen und verschieden sein läßt, und ist zu gleicher Zeit der Einbildungskraft konform, sofern sie etwas anderem, das wir nun als den "Gegenstand" bezeichnen, eine dauernde Existenz zuschreibt. Die bezeichnete philosophische Anschauung ist demnach das widernatürliche Ergebnis aus zwei Voraussetzungen, die einander entgegengesetzt sind, vom Geist zu gleicher Zeit anerkannt werden, und nicht imstande sind, sich gegenseitig zu vernichten. Die Einbildungskraft sagt uns, daß die einander ähnlichen Wahrnehmungen eine dauernde und ununterbrochene Existenz besitzen, und wenn sie entschwinden, nicht vernichtet werden. Die Überlegung sagt uns, daß auch die einander ähnlichen Wahrnehmungen in ihrer Existenz Unterbrechungen erfahren und voneinander verschieden sind. Dem Widerstreit dieser Gedanken (nun) entgehen wir durch eine Fiktion, die zugleich dem, was uns die Überlegung und dem, was uns die Einbildungskraft sagt, gerecht wird, indem sie die einander widersprechenden Merkmale verschiedenen Existenzen zuschreibt, die Unterbrechung den Wahrnehmungen, die Dauer den Gegenständen. Die Natur ist hartnäckig und will das Feld nicht räumen, wie stark auch der Angriff von Seiten der Vernunft ist; die Vernunft ihrerseits ist in diesem Punkt so klar, daß es keine Möglichkeit gibt, sich über ihre Aussage hinwegzutäuschen. Da wir nicht imstande sind, die Feinde auszusöhnen, so sind wir bestrebt, uns soviel wie möglich vor ihnen Ruhe zu verschaffen, indem wir nacheinander jedem gewähren, was er verlangt; wir erdichten eine zweifache Existenz, in der jeder von beiden finden kann, was seinen Ansprüchen genügt. Wären wir vollkommen überzeugt, daß die einander ähnlichen Wahrnehmungen dauernd, identisch und (vom Geist) unabhängig sind, so würden wir nie auf den Glauben an eine zweifache Existenz verfallen; wir würden uns einfach bei jenem Gedanken beruhigen und uns nach keinem anderen umsehen. Wären wir andererseits vollkommen überzeugt, daß unsere Wahrnehmungen (vom Geist) abhängig, unterbrochen und voneinander verschieden sind, so würden wir ebensowenig geneigt sein, uns dem Glauben an eine zweifache Existenz in die Arme zu werfen, denn in diesem Fall würden wir den Fehler in jener Annahme einer dauernden Existenz deutlich erkennen und dieselbe endgültig fallen lassen. Die fragliche Anschauung entsteht dadurch, daß der Geist zwischen beiden einander widerstreitenden Annahmen in der Mitte schwebt und an beiden in solcher Weise hängt, daß er sich genötigt sieht, eine Auskunft zu suchen, vermöge deren er beide gelten lassen kann, eine Auskunft, die er schließlich so glücklich ist, im Gedanken einer zweifachen Existenz zu finden. Ein anderer Vorzug dieser philosophischen Anschauung ist ihre Ähnlichkeit mit der des gewöhnlichen Lebens. Weil diese Ähnlichkeit besteht und so groß ist, so verschlägt es uns am Ende wenig, auch einmal für einen Augenblick unserer Vernunft nachzugeben, wenn sie uns allzusehr mahnt. Wir kehren dann, bei der geringsten Nachlässigkeit oder Unaufmerksamkeit derselben, nur umso beruhigter wiederum zu unserer gewöhnlichen und natürlichen Vorstellungsweise zurück. Wir finden dann auch, daß die Philosophen sich diesen Vorteil nicht entgehen lassen; unmittelbar nachdem sie ihr Arbeitszimmer verlassen haben, sehen wir sie wieder dem von ihnen verworfenen Glauben der übrigen Menschheit huldigen, daß unsere Wahrnehmungen unsere einzigen Objekte sind und daß eben diese Objekte, indem sie sich als unterbrochene darstellen, doch identisch und ununterbrochen dieselben bleiben. Es gibt noch andere Punkte in jener Anschauung, die uns ihre Abhängigkeit von der Einbildungskraft in sehr augenfälliger Weise erkennen lassen. Folgende zwei Punkte will ich hier noch erwähnen. Erstens: wir nehmen an, daß die äußeren Gegenstände den in uns gegenwärtigen Wahrnehmungen gleichen. Ich habe aber bereits gezeigt, daß aus dem Gedanken der Ursächlichkeit niemals ein zutreffender Schluß von der Existenz oder den Eigenschaften unserer Perzeptionen auf die Existenz äußerer dauernder Gegenstände gewonnen werden kann; ich füge hier weiter hinzu, daß selbst wenn ein solcher Schluß möglich wäre, wir doch keinen Grund hätten, zu glauben, daß die Objekte den Perziptionen gleichen. Dieser Glaube kann vielmehr nur auf der früher erörterten Notwendigkeit beruhen, daß die Einbildungskraft ihre Vorstellungen vorangehenden Wahrnehmungen entlehnt. Wir können niemals etwas anderes vorstellen als Wahrnehmungen; daher müssen wir alles ihnen ähnlich machen. Zweitens: indem wir allgemein annehmen, daß unsere Objekte unseren Wahrnehmungen gleichen, betrachten wir es zugleicht als selbstverständlich, daß jeder bestimmte Gegenstand der Wahrnehmung gleicht, welche er verursacht. Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung veranlaßt uns, die andere Beziehung, nämlich die der Ähnlichkeit, hinzuzufügen; nachdem einmal die Vorstellungen von inneren und äußeren Existenzen in der Einbildungskraft durch die erstere Beziehung verbunden sind, fügen wir ganz naturgemäß, um die Verbindung zu vervollständigen, die letztere hinzu. Wir haben eine starke Neigung, jede Verbindung von Vorstellungen dadurch zu vervollständigen, daß wir neue Beziehungen zu jenen, die wir zuvor zwischen ihnen beobachtet haben, hinzufügen; wir werden sogleich Gelegenheit haben, darauf zurückzukommen. (6) Nachdem ich so die verschiedenen Anschauungen bezüglich der äußeren Existenz, sowohl die des gewöhnlichen Lebens, als auch die philosophische, verständlich gemacht habe, kann ich nicht umhin, einem Gedanken Ausdruck zu geben, der sich mir beim Rückblick auf diese Anschauungen aufdrängt. Ich begann die Erörterung unseres Themas, indem ich vorgreifend bemerkte, daß wir gut täten, unseren Sinnen unbedenklich zu vertrauen; dies war der Schluß, der sich aus meiner ganzen Untersuchung ergeben ursprünglich ergeben sollte. Jetzt denke ich offengestanden, ganz anders; ich bin viel eher geneigt, in meine Sinne, oder besser gesagt, in meine Einbildungskraft gar kein Vertrauen zu setzen, als ihnen so unbedenklich zu vertrauen. Ich kann nicht verstehen, wie solche triviale Neigungen der Einbildungskraft, von solchen falschen Annahmen geleitet, je zu einer begründeten und vernünftigen Anschauung sollten führen können. Der Zusammenhang unserer Wahrnehmungen und die in ihnen zutage tretende Konstanz ist dasjenige, was den Glauben an ihre dauernde Existenz hervorruft, obgleich diese Eigenschaften der Wahrnehmungen in gar keinem wahrnehmbaren Zusammenhang mit einer solchen Existenz stehen. Die Konstanz unserer Wahrnehmungen übt dabei die größte Wirkung, und doch ergeben sich gerade aus ihr die größten Schwierigkeiten. Es ist eine grobe Täuschung, anzunehmen, daß die einander ähnlichen Wahrnehmungen numerisch identisch sind; und doch ist diese Täuschung, welche uns zu dem Glauben führt, die Wahrnehmungen seien ununterbrochen und existieren, auch wenn sie den Sinnen nicht gegenwärtig sind. So steht es mit der Anschauung des gewöhnlichen Lebens. Aber unsere philosophische Anschauung unterliegt schließlich denselben Schwierigkeiten; sie ist überdies mit der Ungereimtheit behaftet, daß sie die Voraussetzungen des gewöhnlichen Lebens zu gleicher Zeit leugnet und bestätigt. Die Philosophen leugnen, daß die einander ähnlichen Wahrnehmungen identisch und ununterbrochen sind, und doch sind sie so sehr geneigt, sie dafür zu halten, daß sie willkürlich eine neue Art von Perzeptionen erfinden, nur um ihnen diese Eigenschaften zuzuschreiben. Ich sage, eine neue Art von Perzeptionen; denn wir können wohl, ganz im allgemeinen, die Annahme machen, daß es Gegenstände gibt, die nicht ihrem Wesen nach mit Perzeptionen durchaus identisch sind, aber wir können uns vom Sinn einer solchen Annahme keine klare Vorstellung machen. - Was anderes können wir wohl von diesem Durcheinander grundloser und sonderbarer Gedanken erwarten als Fehler und Irrtümer? Und wie können wir uns selbst das Vertrauen rechtfertigen, das wir in sie setzen? Dieser skeptische Zweifel in Bezug auf die Vernunft wie auch auf die Sinne, ist eine Krankheit, die niemals vollkommen geheilt werden kann, sondern immer wiederkehren muß, mögen wir sie noch so oft vertreiben und bisweilen ganz von ihr befreit scheinen. Wir können die Aussagen unter keiner der erwähnten Voraussetzungen, sei es des Verstandes, sei es der Sinne, gegen Zweifel schützen; wir stellen dieselben nur immer mehr bloß, wenn wir sie aufgrund derselben zu rechtfertigen suchen. Da der skeptische Zweifel das natürliche Ergebnis jedes gründlichen und intensiven Nachdenkens über die dabei in Betracht kommenden Fragen ist, so wird er umso stärker, je weiter wir unser Nachdenken treiben, mögen wir dies tun, um den Zweifel zu bekämpfen oder um ihn zu rechtfertigen. Sorglosigkeit und Nichtachten (auf die Zweifelsgründe), das allein kann uns heilen. Auf sie baue ich dann auch hier ganz und gar; ich setze dementsprechend auf das Bestimmteste voraus, daß jeder meiner Leser, was immer seine Anschauung in diesem gegenwärtigen Augenblick sein mag, nach einer Stunde überzeugt sein wird, daß es eine äußere und innere Welt gibt. Dies ist auch die Voraussetzung, von der ich ausgehe, wenn ich im Folgenden, ehe ich mich zu einer eingehenden Untersuchung unserer Eindrücke wende, noch einige allgemeine Anschauungen prüfe, die in der alten und neuen Philosophie betreffs dieser beiden Welten aufgestellt worden sind. Vielleicht wird sich am Schluß zeigen, daß diese Betrachtung vom Zweck, den wir hier verfolgen, nicht allzu weit weg liegt. ![]()
3) Teil II, Abschnitt 5 4) Diese Erörterung ist, wir müssen es gestehen, etwas abstrus und schwer verständlich. Es ist aber bemerkenswert, daß eben diese Schwierigkeit als Argument für die gegebene Darlegung verwandt werden kann. Zwei Beziehungen, und zwar jedesmal Ähnlichkeitsbeziehungen, tragen dazu bei, uns die unterbrochene Wahrnehmungsfolge als ein identisches Objekt ansehen zu lassen: ersten die Ähnlichkeit der Wahrnehmungen, und zweitens die Ähnlichkeit zwischen dem Akt, den der Geist vollzieht, wenn er sich die Folge ähnlicher Objekt vergegenwärtigt, und dem Akt, den er vollzieht, wenn er ein identisches Objekt betrachtet. Nun, auch diese Ähnlichkeitsbeziehungen sind wir in Gefahr zu verwechseln. Und es ist eben dann, wenn unsere Darlegung im Recht ist, ganz natürlich, daß wir sie verwechseln. - Wir sollten uns aber freilich bemühen, sie auseinander zu halten. Wir werden es dann nicht schwer finden, die obige Argumentierung richtig aufzufassen. 5) Abschnitt 6 6) Abschnitt 6 |