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Wert und Geld [ 1 / 2 ]
Vorwort Die Feststellung ist neu, der Ausgangspunk selbst ist derjenige, den das wirkliche Wirtschaften und die Wirtschaftslehre tatsächlich immer verwenden und verwenden müssen. Aus ihm folgt eine sehr einfache Wertlehre und diese klärt die Begriffe des Tauschens und des Preises, des Wirtschaftens und seiner Organisation, des Unternehmergewinns, der Gesetze des Wirtschaftens, des Geldes und seiner Arten, besonders des Papiergeldes, der Arten des Kredits, des Kapitals, sowie den Unterschied zwischen Wirtschaftseinheit und Gesellschaft, Geld- und Kapitalmarkt, Genossenschaft und Unternehmergesellschaft, Wirtschaft und Recht. Nur allgemeine Grundzüge will die Arbeit geben, doch folgt aus den Überlegungen unmittelbar ein Vorschlag in Bezug auf die deutsche Valuta. Endlich fördert die Anwendung des Ausgangspunktes auch die Antwort auf die Frage nach der Möglichkeit wirtschaftlicher Werturtele, den Schluß bilden Grundzüge einer Wirtschaftsphilosophie. Die Grundgedanken dieser Arbeit stehen dem Verfasser seit ungefähr sieben Jahren fest. Die Veröffentlichung wurde bisher durch andere Arbeit, durch zwei jahre Heeresdienst und Krankheit verhindert. A. Grundgedanke und Ausgangspunkt Die vorliegende Arbeit ist entstanden aus dem Streben nach einer wirtschaftlichen Theorie des Geldes. Die staatliche Theorie des Geldes hat eine Fülle von Klärungen und neuen Fragestellungen gebracht; gerade dadurch aber auch gezeigt, daß eine eigentlich wirtschaftliche Betrachtung des Geldes neben dieser staatlichen nicht entbehrlich ist. Ja die staatliche Theorie selbst kommt erst zu ihrer vollen Geltung und Wirkung, wenn sie eine wirtschaftliche Grundlage erhält. Durch eine rein metallische Theorie wird aber die wirtschaftliche Erklärung des Geldes vielleicht noch viel weniger erreicht; und Metallismus und Chartalismus stehen sich so gegenüber, daß eine Vermittlung zwischen den beiden nicht denkbar ist. Es ist daher eine Grundlage nötig, auf der die den Metallismus und Chartalismus trennenden Schwierigkeiten eine Lösung finden, zugleich aber die durch die beiden Gedankenrichtungen gebrachten Erkenntnisse voll zur Geltung kommen. Diese Grundlage kann nur die Wertlehre ergeben. In dieser Lehre ist aber der Stand genau ebenso, wie in der Geldlehre. In der Wertlehre sind Subjektivismus und Objektivismus in ihrer jetzigen Fassung ebenso unversöhnliche Gegensätze, wie Chartalismus und Metallismus in der Theorie des Geldes. So muß dann noch weiter zurückgegangen und auch für die Hauptrichtungen der Wertlehre, die Werttheorien, eine gemeinsame Grundlage geschaffen werden. Eine solche ist in dieser Arbeit aufgestellt durch den Ausgang von Wirklichkeit und Stoff. Dieser Ausgangspunkt ist viel zweckmäßiger als die eben genannten. Vor allem kann die Wirtschaftslehre bei ihm Halt machen, weil hier der Bereich einer anderen Überlegung, nämlich der der Philosophie beginnt. Durch den genannten Ausgangspunkt ist aber nicht nur für Wert und Geld eine zweckmäßigere Behandlungsweise gefunden, sondern es folgen daraus noch andere allgemeine Erkenntnisse für die ganze Wirtschaftslehre. Durch den Ausgang von der stofflichen Wirklichkeit zeigt sich vor allem ganz klar, daß jede wirtschaftliche Erscheinung in ihrer theoretischen Erklärung auf die Lehre von Wert und Preis zurückzuführen ist. In der stofflichen Wirklichkeit ist also ein brauchbarer Ausgangspunkt gefunden und die folgenden Ausführungen werden zeigen, daß der Grundgedanke der ganzen Wirtschaftslehre die Lehre vom wirtschaftlichen Wert ist. Um vorläufig nur einige Beispiele zu nennen, sei hingewiesen auf die Lehre von der Grundrente im Sinne RICARDOs. Sie geht zurück auf die ganz allgemeine Erfahrung, daß bei Objekten, welche gleichen Preis haben, geringere Aufwendungen einen größeren Überschuß ermöglichen; daher hat jeder einen Vorteil, dessen Produktionsmittel besser sind, solange dieser Vorteil nicht durch Kapitalisierung weggenommen ist. Denn die Preise aller Produkte, nicht nur der der Bodenprodukte, decken noch die Herstellungskosten des unter den ungünstigsten Bedingungen hergestellten Erzeugnisses, wenn dies noch Abnehmer findet. Die marxistische Lehre vom Mehrwert entspricht der allgemeinen Überlegung,, daß jede Wertmöglichkeit so ausgebeutet werden kann, daß sie mit der Zeit erschöpft wird. Dies ist nicht nur bei der menschlichen Arbeitskraft möglich; sondern tritt als Raubbau besonders in der Landwirtschaft in Erscheinung, gelegentlich aber bei allen anderen Produktionsmitteln. Der aus dem Zusammenwirken rein gesellschaftlicher Faktoren erwachsende Wertzuwachs ist beim städtischen Grundbesitz nur besonders in die Augen springend, kann sich aber bei allen anderen Gütern in ähnlicher Weise ergeben. Die Lehre vom abnehmenden Bodenertrag ist ebenso wie die der zunehmenden Rentabilität des industriellen oder Handelsgroßbetriebes nur eine Frage der Wert- und Preisbildung. Auch die Standortfrage ist nur eine Frage der Wert- und Preisbildung. Denn vom Produktpreis hängt der Standort der Industrie ab, und bei der Landwirtschaft, wo der Standort festliegt, ist die vom Standort abhängende Preisbildung maßgebend dafür, welche Produktionsart rentabel ist. Die Zurechnungslehre und die Frage nach der Verteilung sind nur Fragen der wirtschaftlichen Macht und der Einsicht in die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit bei der Zuteilung des erzielten Preises auf diejeingen Kräfte, welche für weitere Verwendungen notwendig sind. Alle Geldfragen, der Geldwert, die Quantitätstheorie, das GRESHAM'sche Gesetz usw. sind nur Markterscheinungen. In ähnlicher Weise kann und muß jeder wirtschaftliche Erfahrungs- und Lehrsatz als Anwendung der allgemein zugrunde liegenden Wert- und Preislehre aufgefaßt und behandelt werden. Daraus folgt ein wichtiger theoretischer Grundsatz für die Wirtschaftslehre: Jeder allgemeine Satz, der von irgendeiner bestimmten wirtschaftlichen Erscheinung gewonnen wurde, muß eine entsprechende Bedeutung haben für alle anderen. Ferner ergibt sich aus dieser Überlegung, daß von all den Einteilungs gründen, welche für die Geschichte der Wirtschaftslehre bisher Verwendung gefunden haben, keiner so durchgreifend wirkt, als die Beurteilung der Autoren nach ihrer Stellung zur Wert- und Preislehre. Jeder der hier in Betracht kommenden Schriftsteller hat sich gelegentlich über diese beiden Hauptfragen ausgesprochen; hat er das nicht ausdrücklich getan, so ist doch unschwer zu erkennen, welche Stellung er in diesen Fragen einnimmt. Danach aber, ganz gleichgültig, ob diese Stellungnahme bewußt oder unbewußt gewesen ist, kann ein wirtschaftliches System seine Einordnung erfahren, wenn nur der Standpunkt einigermaßen konsequent durchgeführt ist. Nun zeigt die Geschichte der Wirtschaftslehre in Bezug auf die Arten der Behandlung des Wertgedankens, daß immer eine praktische Wertung bei der Bestimmung des "eigentlichen" Wertfaktors ausschlaggebend ist. Diese praktische Wertung ist politisch oder wissenschaftlich, sie ist entweder bewußt oder unbewußt. Den Scholastikern ist der ethische Wert so wichtig, daß er ihnen immer wieder zum Ausgangspunkt wird; dieser Ausgangspunkt läßt sie nach einem gerechten statt nach einem zweckmäßigen Preis suchen. Die Kameralisten gehen vom Staat aus, das Staatsnützliche ist ihnen daher der Wert. Die Merkantilisten leben in der beginnenden Tauschwirtschaft und halten daher Geld und Geldeswert für das einzige, was den Fortschritt über die Gleichgewichtswirtschaft des Mittelalters hinausbringt. Daher ist ihnen das Wertvollste der Handel, weil er diesen Überschuß zu einem weiteren Fortschritt ergibt. Sie sind in diesem Sinne die ersten "Mehrwert"-Theoretiker. Die Physiokraten suchen nach einem festen Standpunkt befreiender Kritik von jeder Art des Merkantilismus; sie glauben ihn gefunden zu haben im Naturrecht. Sie gehen daher von der Natur aus und deshalb liegt für sie der Wert und die Wertentwicklung im Schaffen der Natur, unterstützt vom Menschen. ADAM SMITH sieht in der Entwicklung der englischen Volkswirtschaft seiner Zeit die Wichtigkeit der menschlichen Arbeit ganz besonders vor Augen. Das synthetische Verfahren befreit von der Notwendigkeit des natürlichen Wertwachstums, darum schafft nach seiner Meinung nur die Arbeit den Wert. KARL MARX empfängt den tiefsten Eindruck vom Anwachsen des Kapitals und der Ausbeutung des Arbeiters; die Tauschwirtschaft, die er allein sieht, läßt ihm keinen anderen Mehrwert als möglich erscheinen, als den durch Ausbeutung. Das wichtigste ist ihm die Arbeit, also ist sie der Wert; seine nur tauschwirtschaftliche Betrachtung der Wirtschaft ergibt als wichtigste Mehrwertquelle die Ausbeutung, also ist ihm jeder Mehrwert Ausbeutung. Eine Verfeinerung erhält der Ausgangspunkt von der Arbeit durch List in seiner Theorie der produktiven Kräfte, indem er die geistigen Werte der Kultur als wertschaffend anerkennt. Viele Schriftsteller halten die menschliche Tätigkeit des Wertens für das Wertbildende. Vom Menschen ausgehend, gelangen sie zu subjektivistischen Theorien des Wertes. Die Richtung, die man die "historische Volkswirtschaftslehre" zu nennen pflegt, nimmt das historische Subjekt als Ausgangspunkt; weil eine Theorie daraus nicht zu gewinnen ist, behilft sie sich mit anderen Ausgangspunkten. Sie geht nach Art der Grenznutzentheoretiker vom Menschen und seiner Psyche aus oder nimmt das Recht, den Staat, die Gesellschaft oder den Verkehr als Ausgangspunkt. Damit wird bewußt oder unbewußt der in diesen Faktoren wirkende Mensch das Wertschaffende. Die Betrachtung, die vollkommen in der Tauschwirtschaft aufgeht, hält die Kosten für den Wert; und so kann man zusammenfassend sagen, allen Theoretikern wird das zum Wert oder zum eigentlichen Wertfaktor, was ihnen aus irgendeinem wissenschaftlichen oder praktischen Grund als das Wichtigste erscheint. Aus dieser kurzen Überlegung der Ausgangspunkte in der Wertlehre, diesem Überblick über die Geschichte des Wertgedankens, folgt nun zunächst, was oben behauptet wurde: die Entwicklung des Wertgedankens ist grundlegend für die Entwicklung der Wirtschaftslehre. Die Entwicklungsstufen der Wertlehre sind die der ganzen Wirtschaftslehre. Die bisherigen Theorien des Wertes stehen meisten mit politischen Parteiprogrammen oder ganz bestmmten Denkrichtungen in engster Verwandtschaft. Sie sind also nur Theorien des Wertes, von denen immer die spätere das zu verbessern strebt, was ihr an der vorausgehenden ganz besonders mangelhaft erscheint, aber keine von ihnen ist eine umfassende Wertlehre. Es ist selbstverständlich, daß durch einen solchen Ausgangspunkt auch die Wirtschaftslehre, die sich darauf aufbaut, eine besondere Färbung erhalten muß, wie sie eben dem Standpunkt in der Wertlehre entspricht. Es entsteht immer ein "Ismus" durch Übertreibung eines Gesichtspunktes, der aber niemals die ganze Wertlehre erschöpft. Alle diese Ismen können eingeteilt werden in Objektivismus und Subjektivismus. Nun wirkt sich aber das Staatsgeschehen und die Wirtschaft als ein Resultat aller politischen und wirtschaftlichen Kräfte und Strömungen aus. Und so kann auch die Wirtschafts lehre nicht auf eine einzelne solche Werttheorie aufgebaut werden; nur eine allgemeine Wertlehre bringt die sämtlichen Theorien in rechter Weise zur Geltung und gibt damit eine ausreichende Grundlage für das ganze Wissensgebiet. Es würde aber unrichtig sein, diese Theorien durch die Aufstellung einer Lehre vom Wert beseitigen zu wollen; denn sie sind nur nicht erschöpfend, sie sind Teilwahrheiten, von größerer oder kleinerer, aber immerhin von nicht zu leugnender Berechtigung. Ihre unvergängliche Bedeutung geht schon daraus hervor, daß alle diese Theorien gelegentlich wieder auferstehen, sowie eben der Gesichtspunkt, aus dem sie entstanden sind, wieder besonders in den Vordergrund tritt. Vor dem Krieg sprach man mit Recht von einem Neomerkantilismus, und es gab agrarische Schrifsteller, die den Physiokratismus wieder zu Ehren zu bringen strebten. Ist so die Frage beantwortet, was Wert theorien im Gegensatz zu einer vollständigen Wert lehre sind, so folgt hier zugleich eine Beantwortung der Frage, was der Reichtum der Völker ist. Für die Wirtschaftslehre und deren Geschichte könnte geantwortet werden: all das zusammen genommen, was die einzelnen Werttheorien jeweils in den Vordergrund gerückt haben, macht den Reichtum der Völker aus. Das ist nun allerdings nicht der wirtschaftliche Wert, wenn auch der Reichtum als die Summe der wirtschaftlichen Werte aufgefaßt werden kann. Eine Erklärung dieser Behauptung wird die nachfolgende Wertlehre ergeben. I. Vorbemerkungen Es ist für die Zwecke dieser Arbeit nicht nötig, die Ausdrücke subjektiv und objektiv begrifflich besonders zu bestimmen. Es kann dafür auf das "Wörterbuch der Philosophischen Begriffe" von RUDOLF EISLER verwiesen werden. Aber es ist nicht zu umgehen, einige Unzweckmäßigkeiten in der Verwendung dieser Worte zu besprechen, die ab und zu in der Literatur vorkommen. Vor allem können die Bezeichnungen objektiv und gesellschaftlich nicht gleichgesetzt werden. Auch das allgemein gesellschaftlich Gewertete ist kein objektiver Wert. Die Gesellschaft ist nur eine Summe von Subjekten. Eine Verwechslung liegt vor, wenn subjektiv und individuell nicht auseinandergehalten werden. Oft ist auch trotz der Verwendung des Wortes subjektiv gar nicht das Subjektive, sondern das individuell Eigenartige gemeint. Wenn gesagt wird: nach meiner subjektiven individuellen Wertung. Es darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß die Bezeichnung des Wertes als subjektiv eine Tautologie ist. Es ist selbstverständlich, daß ein Wert subjektiv verstanden werden muß, auch wenn er objektive Gültigkeit hat. Denn ohne die subjektive Beziehung ist ein Wert nicht denkbar. Schließlich und endlich deckt sich die Einteilung subjektiv und objektiv weder mit dem Unterschied von Gebrauchswert und Tauschwert, noch mit der Unterscheidung von Qualität und Quantität. Denn auch die subjektive Seite des Wertes ist als Quantität und die objektive auch als Qualität aufzufassen; und Gebrauchs- und Tauschwert müssen beide sowohl subjektiv als auch objektiv verstanden werden. A. Vorteile dieses Ausgangspunktes Die objektivistischen Werttheorien haben sich für die theoretische Betrachtung viel fruchtbarer erwiesen als die subjektivistischen. Auch hat die letztere Theorie eine Menge von Schwierigkeiten und Unrichtigkeiten mit sich gebracht, die der Ausgang vom Objekt vermeiden läßt. Schon der Ausgang vom Subjekt führt mit den ersten Schritten aus der Wirtschaftslehre hinaus in die Psychologie und andere Überlegungen, die für die Wirtschaftslehre zwar nicht unfruchtbar sind, ihr aber keine selbständige Theorie liefern können. Wenn die Subjektivisten den Menschen, den Staat, das Recht oder die Gesellschaft zum Ausgangspunkt nehmen, so ist dies ein rein willkürliches Halt machen. Wer bei diesen Gedanken stehen bleibt, setzt sich willkürlich Voraussetzungen, die indessen selbst kritisiert und nachgeprüft werden müssen. Wollte man aber doch wirklich damit Ernst machen, beim Menschen oder irgendeiner menschlichen Einrichtung die Erklärung zu schließen und hier die eigentliche, für die Wirtschaftslehre letzte Ursächlichkeit annehmen, so würde man doch bald einsehen, daß auch dem überzeugtesten Subjektivisten kein Kornfeld in der flachen Hand wächst und daß weder Staat noch Gesellschaft einen wirtschaftlichen Wert aus sich selbst zu schaffen vermögen. Der einzelne Mensch, der Staat, die Gesellschaft können die natürlichen Vorbedingungen benützen und verbessern, aber sie nicht schaffen. Natura sanat - medicus curat [Die Natur heilt, der Mediziner behandelt. - wp], dieser Wahrspruch gilt mutatis mutandis [nach der Anpassung an die Umstände - wp] auch für die Wirtschaftspolitik. Derjenige, der die menschlichen Wertungen als eigentlich letzte Ursache der wirtschaftlichen Erscheinungen einführt, hat kein Mittel, Scheinwerte abzulehnen. Ein wertloses Haarerzeugungsmittel ist für den Subjektivisten, wenn es nur wirklich gewertet, gekauft wird, eine wirtschaftliches Gut. Und doch muß es hier eine Kritik geben, die solche "Werte" abzulehnen vermag. Die Folge eiens solchen Standpunktes wäre kritikloser Historismus, für den eine Theorie des wirtschaftlichen Handelns unerfindlich bleibt. Diese und andere Einwände gegen die subjektivistische Lehre sind der vom Objekt ausgehenden Überlegung zu verdanken; sie läßt diese Mängel besonders deutlich erkennen. Die meisten Subjektivisten haben dann auch die objektive Betrachtungsweise in irgendeiner Form doch wieder verwendet. Dies geschieht z. B. oft durch die Hereinnahme der sogenannten Kostentheorie, trotz aller Versuche, auch diese wieder subjektivistisch zu erklären; oder durch die Erklärung, daß wirtschaftliche Tätigkeit immer nur eine "entgeltliche" sein kann. Darin liegt natürlich eine völlig objektive Erklärung der Werterscheinung mit enthalten. Vor diesen und ähnlichen Schwierigkeiten bewahrt der Ausgang vom Objekt. Freilich dürfte es dabei nicht wieder durch die bereits erwähnte Gleichsetzung von objektiv und gesellschaftlich zu einem Hinübergleiten in die Sphäre der subjektivistischen Betrachtungsweise kommen. Weil ein Aggregat von noch so viel Subjekten und Wertmeinungen immer nur eine Allgemeinheit von Subjekten in der Gesellschaft, niemals aber eine Objektivität ergibt, so ist z. B. die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit auch nur bis zu einem gewissen Grad eine objektive Tatsache; eigentlich ist das ein Begriff, der durch die jeweils darunter zu verstehende Summe von Subjekten seine Bestimmtheit erhält. Allerdings sind diese Subjekte wieder als tatsächliche Objekte zu denken. Aber durch diesen ganzen Gedankengang wird nichts weiter erreicht als der Beweis, daß der subjektivistische und der objektivistische Standpunkt nicht getrennt werden kann. Auch darf nicht angenommen werden, daß die objektive Betrachtung die Wertidee nun völlig quantifiziert hat. Die Qualität des Wertes bleibt für das Verständnis der Volkswirtschaft unentbehrlich. Es tauscht doch niemand artgleiche Werte, also ist die reine Mengenbetrachtung des Wertes unfähig, den Tauschakt zu erklären. Selbst wenn der Ausgang vom Objekt ganz richtig verwendet wird, bleibt er aber doch ebenso ungenügend, wie der Ausgang vom Subjekt. Zunächst ist auch dieser Denkrichtung der gleiche Vorwurf zu machen, daß auch sie nicht ohne die andere auskommt. Die subjektive Überlegung versteckt sich hier gewöhnlich in irgendeinem Wort, in einer Voraussetzung, wie z. B. darin, daß die Arbeit "nützliche" oder "zweckmäßig", oder daß der Gebrauchswert natürlich die Voraussetzung des Tauschwerts sein muß. Weil aber diese Überlegungen dann recht kurz abgemacht werden, so kommen die außerordentlichen Verschiedenheiten, die im wirtschaftlichen Streben und Geschehen durch die Eigenart des Menschen und seiner Tätigkeit, Fähigkeit und Arbeitswilligkeit entstehen, nicht genügend zur Würdigung. Die objektivistische Betrachtung pflegt aber noch von einer ganzen Reihe anderer Schwierigkeiten gefolgt zu sein. Die ganz allgemeinen Aufstellungen der meisten Objektivisten werden gerade wegen ihrer Allgemeinheit der Vielgestaltigkeit der Wirklichkeit, den unendlichen Konstellations- und Kombinationsmöglichkeiten nicht gerecht. So hält sich bei ihnen gewöhnlich die Erklärung nur an die am häufigsten vorkommenden Fälle des Wertes und Preises. Fälle werden unerklärt gelassen, die auszuschließen kein Recht besteht. Bekannt ist,, wie schon die älteren Objektivisten Schwierigkeiten hatten in der Erklärung der Produktivität des Handels. RICARDO nimmt die Transporttätigkeit zu Hilfe und erklärt den Mehrwert der Ware aus der Arbeit der Ortsveränderung. Aber auch der Liebhaberwert, die oft genannten edlen Weine und alten Gemälde, müssen ausgeschlossen werden. Von größerer Tragweite ist es, wenn der Objektivist nach kurzer Behandlung des Gebrauchswertes sich nur mehr mit dem Tauschwert befaßt. Unerklärt bleibt dann der Wert marktloser Güter, der Arbeit der Hausfrau, der Wert eines öffentlichen Platzes, eines Misthaufens auf einem vom Verkehr abliegenden Bauernhof usw. Das Verhältnis von Gebrauchs- und Tauschwert wird bei Objektivisten sehr häufig als ganz auffallendes Mißverhältnis festgestellt, ohne daß man sich aber weiter darum kümmert. Oft gerügt ist das dabei angewendete Verfahren, daß dann immerfort ein Tauschwert aus dem anderen erklärt wird. Und doch muß die Theorie allseitig sein und sollte sich mit dem Verhältnis der Wertarten zueinander ebenso beschäftigen, wie mit den selten vorkommenden Fällen. Die letzteren sind der Theorie viel förderlicher als die sogenannten "normalen". Für die Theorie ist es ansich ganz gleichgültig, wie oft sich ein Fall ereignet. Die Häufigkeit der Fälle ist eine Tatsache für sich, der wieder ein anderes besonderes Interesse zukommt, wie später zu erwähnen sein wird. Aber die Fälle ansich werden in ihrer theoretischen Bedeutung durch ihre Häufigkeit nur mittelbar berührt. Was indessen ganz außerhalb aller objektivistischen Untersuchung zu liegen pflegt, das ist der zufällig entstandene Wert. Den Wert, dessen Erkenntnis oder Verwirklichung auf einem zufälligen Erkennen, einem zufällig günstigen Zusammenwirken von Umständen beruth, kann man aber doch theoretisch nicht außer Acht lassen. Wie sollte man sonst Spekulation und Versicherung und die ganze Bedeutung des Zufalls für die Preisbildung zur Geltung bringen? Wir für den Zufall, so hat der objektivistische Ausgangspunkt überhaupt keine rechte Würdigung für die Bedeutung der empirischen Konstellation; sie ist die Bestimmtheit des wirtschaftlichen Geschehens, die aus dem Zusammenwirken örtlich und zeitlich bestimmter Vorbedingungen erwächst. Die wertbildende und wertverändernde Eigenschaft dieser empirischen Konstellation ist aber bei jeder wirtschaftlichen Überlegung ausschlaggebend. Durch die ungenügende Berücksichtigung dieser Veränderlichkeit der Vorbedingungen des wirtschaftlichen Geschehens entstehen für die objektivistische Betrachtung zwei Schwierigkeiten. Einerseits erhält durch die empirische Konstellation manches Ereignis tatsächlich eine Wichtigkeit, die aus den allgemeinen Aufstellungen des Objektivisten gar nicht verstanden werden kann. Andererseits zeigt sich, daß die allgemeine Wichtigkeit, welche die Objektivisten den als "normal" erkannten Ursachen zuzuschreiben pflegen, nicht beweisbar ist und auch durch die empirische Konstellation gelegentlich vollkommen aufgehoben wird. Es ist oft viel wichtiger zu wissen, wie die Umstände tatsächlich liegen, als, welche allgemeine Bedeutung ihnen zukommt; daher kann z. B. die Aufklärung durch einen Flieger mehr wert sein, als die Tapferkeit von Tausenden, und in der Wirtschaft kann die Gunst des Augenblicks oder des örtlichen Zusammentreffens von Möglichkeiten und Zwecken von größter Bedeutung werden. Ein Beispiel für das Wirken rein tatsächlich zu verstehender Ursächlichkeiten ergeben die Wirkungen der Kontinentalsperre. Eine Menge genereller Sätze zeigt schon klar ihre Unrichtigkeit, wie: Arbeit schafft wert und dgl. Daß positive generelle Sätze für die Wirklichkeit niemals strikt gelten können, kann man schon an den Sprichwörtern erkennen, die zwar allgemein gelten sollten, aber doch nur in der richtigen Einschränkung verstanden werden müssen. Hier pflegen die Naturwissenschaften viel folgerichtiger zu verfahren; sie bleiben sich der hypothetischen Geltung ihrer allgemeinen Aufstellungen wohl bewußt. In der Wirtschaftslehre aber werden oft positive Behauptungen generell der ganzen Fülle der Wirklichkeit gegenüber aufgestellt. Sehr oft geht auch die objektivistische Betrachtung aus von der Annahme eines Gleichgewichtszustandes oder von einem Streben nach einem Ausgleichen des wirtschaftlichen Geschehens. Diese Idee wird so sehr als selbstverständlicher Grundsatz behandelt, daß dann allerdings der Mehrwert als eine krankhafte Erscheinung, als etwas Zweckwidriges in der Wirtschaft, als ein "Rechenfehler" aufgefaßt werden muß. Und doch besteht die Wirtschaft durchaus nicht aus einem bewußten oder unbewußten, beabsichtigten oder selbst sich auswirkenden Streben nach Gleichgewicht! Die wirtschaftlichen Tatsachen sind ein unausgesetztes Stören und Wiederherstellen und Wiederstören des Gleichgewichts. Wenn der Wettbewerb Preise ausgeglichen hat, erhebt sich sofort ein Unternehmer, eine Konjunktur, ein Zufall, eine Mode und ermöglicht eine neue Konstellation von Zwecken und Möglichkeiten; sofort setzt der Wettbewerb ein und gleicht ab, bis wieder eine neue Störung eintritt. Die objektivistschen Überlegungen werden ganz besonders gestört durch sogenannte geschichtliche Faktoren, wie Recht, Monopole und dgl. Diese Erscheinungen sind nichts als Vorrat und Bedarf verändernde Ursachen und müssen als solche, sowie nach ihrer wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit kritisch beurteilt und verstanden werden. Auf keinen Fall darf sich die Theorie einfach mit der Feststellung dieser Dinge begnügen. Auch können sie nicht ohne weiteres aus der einseitigen Überlegung ihrer wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit schon allgemein abgelehnt werden. Denn das Recht hat auch noch andere Rücksichten als nur die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit. In der objektivistischen Wertlehre sind aber besonders vier Aufstellungen fast regelmäßig wiederkehrend, die wegen ihrer großen Bedeutung hier besonders zu besprechen sind. Es ist einmal die Gleichsetzung von Sein und Sollen, von Wert und Wirklichkeit; dann die Aufstellung "normaler" wirtschaftlicher Erscheinungen, ferner die Überschätzung des Faktors Arbeit und schließlich die sogenannte Kostentheorie des Werts, die allerdings gelegentlich auch subjektivistisch aufgefaßt wird. Die wirtschaftliche Begriffsbildung geht von Wertbeziehungen aus und diese stützen sich auf konkrete Tatsachen. Sie betrachtet z. B. die tatsächliche Geeignetheit des Stoffes Gold für seine Zwecke und den daraus folgenden wirtschaftlichen Wert in der menschlichen Zwecksetzung. Bei der menschlichen Wertbeziehung handelt es sich nicht um Dinge allein, sondern um das Verhältni s von Dingen zu Zwecken. Bei dieser Art von Begriffen, der eigentlichen wirtschaftlichen Wertung, muß folgendes bedacht werden. Das Sein enthält nicht jeden Sinn und jede Bedeutung, nach deren Erfassung der Mensch strebt; der Sinn des Wirtschaftlichen ist allerdings vollständig im Sein enthalten, wie dies später noch gezeigt werden wird. Aber wenn dieser wirtschaftliche Sinn, diese wirtschaftliche Bedeutung, auch im Sein enthalten ist, so wird dies doch nicht ohne weiteres auch zur Tat. Vielmehr muß der Mensch zunächst das nicht Übereinstimmen von Möglichkeiten und Zwecken, das Auseinanderfallen des Rhythmus des Weltgeschehens und des Rhythmus des Menschenlebens erkennen und anerkennen. Die Überwindung dieser Inkongruenz und die Überführung des Seins in die unseren Zwecken entsprechende Übereinstimmung ist gerade das Wirtschaften. Dies geht soweit, daß selbst das beste Wirtschaften immer noch einen Rest von Schwierigkeiten vorfindet, der sich nicht anders überwinden läßt als durch die Versicherung; diese ist der Versuch, durch Zufall, nicht durch Wirtschaften verursachte Unsicherheit aus Produktion und Wirtschaft zu beseitigen; sie verteilt zu diesem Zweck jeden unsicher und ungewollt aber wahrscheinlich eintretenden Schaden oder Gewinnentgang auf die Wirtschaftsrechnungen der Bedrohten. Weil aber die Objektivisten Sein und gewertet werden oft ganz gleichsetzen, so lassen sie vielfach die Gegenstände selbst handeln und sprechen von "Funktionen" dieser Gegenstände, so wie der Metallist oft von Funktionen des Edelmetalls spricht, wie wenn sie aus diesem Stoff selbst hervorgingen. Es kann sich aber in Wirklichkeit natürlich nicht um Funktionen des Seins, sondern nur um Zwecke handeln, die der Mensch mit diesen Gegenständen verfolgt und für welche diese Gegenstände geeignet sind. Daraus folgt auch, daß der Versuch, die Wirtschaftslehre in mathematischen Formeln darzustellen, nicht ohne weiteres jede Verwendungsmöglichkeit haben kann. Man darf diese Versuche, ie bei MARSHALL u. a. nur vergleichen mit dem durchaus berechtigten und notwendigen Verwenden der Mathematik in der politischen Arithmetik. Hier handelt es sich bei den Geburten, Sterbefällen, der Lebensdauer usw., um Tatsachen, deren Begriffe nicht aus einer Wertbeziehung entstanden sind. Wenn aber z. B. THÜNEN den Arbeitslohn gleich √ a p setzt, so ist das ein Wunsch, aber keine mathematisch zwingende Formel. Nirgends hält sich das eigentlich wirtschaftliche Geschehen an die rechnerische Funktion. das Produzieren bringt weder das Aggregat noch das Produkt der aufgewendeten Faktoren auf dem Markt ein, eine doppelt aufgelegte Steuer bringt nicht das Doppelte, sondern vielleicht nichts ein, ein Operieren mit einer Verkehrsgleichung rechnet nicht genügend mit der Veränderlichkeit des wirtschaftlichen Verfahrens und der menschlichen Zwecksetzung, ebenso wie die Lohnfondtheorie unveränderliche Verfahren als Voraussetzung haben müßte. Alles sogenannten Quantitätstheorien, wozu wohl alle allgemeinen Sätze der englischen Wirtschaftslehre gehören, könnten erst eine formelle Berechtigung erlangen unter der Voraussetzung, daß das wirtschaftliche Verfahren gleich bleibt; dann erst könnten sie Geltung erlangen, sofern dabei auch berücksichtigt wird, daß nur Konkretheit ein Größenverhältnis ergibt. Alle Vergegenständlichung und Metaphysik, die ab und zu mit den Begriffen "Hauswirtschaft" oder "Stadtwirtschaft" und dgl. getrieben wird, verstößt gegen die Wirklichkeit. Denn es sind das nur typische Eigentümlichkeiten wirtschaftlichen Geschehens, aber keine geschichtlich abgegrenzten festen Größen. Diese Überlegungen zeigen, wie der Objektivist durch seinen Standpunkt versucht ist, am falschen Ort zu rationalisieren. Die menschliche Tätigkeit des Wirtschaftens muß selbstredend immer vernunftgemäßer gestaltet werden. Aber das Sein selbst rationalistisch auffassen zu wollen, verschleiert nur die eigentliche Aufgabe, die gerade in der Tatsache liegt, daß das Weltgeschehen sich nicht nach den menschlichen Zwecken richtet. Es bedarf wohl keines besonderen Beweises, daß diese Diskrepanz zwischen Möglichkeiten und Zwecken nur der stofflichen Wirklichkeit selbst wesentlich anhaftet, nicht aber in den allgemeinen Begriffen zum Ausdruck kommt. Würde daher auch die Abschaffung aller hemmenden Rechte und der Ausgleich aller noch denkbaren anderen Hemmungen, die aus Unkenntnis oder Mangel an gutem Willen von seiten des Menschen herrühren, zu erreichen sein, so würde die Welt doch noch kein Schlaraffenland sein, in dem nicht mehr gewirtschaftet werden müßte. Denn die Wirklichkeit ansich ist es, die die Wirtschaft nötig macht. Die utopistischen Idealbilder sind nicht unfruchtbar zum Zweck der Kritik, aber das Wirtschaften wird wohl immer nötig sein, so lange die Menschen leben wollen, selbst wenn man ganz davon absieht, daß der Strebende immer irrt. Hieraus folgt, daß Wert und Preis, Haushalt und Volkswirtschaft, Arbeit und Lohn usw. nicht wie Dinge einander gegenüber und gleichzusetzen sind. Sie sind verbunden durch ein Sollen, durch Akte der Bewertung und Verwertung. Diese Bewertung hat sich aber vom bewußt einseitigen Standpunkt der Wirtschaftslehre aus gesprochen, zunächst mit der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit, von einem allgemeineren Standpunkt aus aber mit allen anderen Rücksichten abzufinden. Es ist also nicht ein Sein, sondern ein Sollen, nicht ein Müssen, sondern eine Aufgabe, was die wirtschaftlichen Erscheinungen verbindet, sowie die Gegenüberstellung von Möglichkeiten und Zwecken nötig wird. Werte und Preise Eine Art der Rationalisierung des Seins muß hier noch besonders besprochen werden, weil sie sich bei den Objektivisten häufig findet; es ist dies die Aufstellung "normaler" Erscheinungen. Von ihnen wird behauptet, daß sie der wirtschaftlichen Wirklichkeit als ihr natürlicher Sinn zugrunde liegen. Besonders die Preise geben Anlaß zu solchen Aufstellungen; sie erinnern in der Art ihres Verfahrens oft an das Suchen der Scholastiker nach dem justum pretium [gerechten Lohn - wp]. Das Gemeinsame für beide, für den Scholastiker wie für solche Objektivisten, ist eine der naturrechtlichen ähnliche Betrachtungsweise, die den Sinn der Wirtschaft aus einer möglichst umfassenden Erkenntnis der Wirklichkeit zu gewinnen hofft. Unter "normal" kann ein Doppeltes verstanden werden, entweder das Durchschnittliche oder das Zweckmäßige der tatsächliche Preisfestsetzung. Ein drittes ist in der Wirtschaftslehre nicht zu finden. Wird der normale Preis als ein durchschnittlicher aufgefaßt, so ist zunächst zu bedenken, daß Theoretiker und Statistiker niemals für tatsächliche Vorkommnisse angeben können, was Ursache und was Wirkung ist. Der Wert wird zum Preis, der Preis zum Wert. Die Kenntnis des Angebots macht die Nachfrage und umgekehrt. Es handelt sich bei der statistischen Betrachtung zunächst nur um eine zeitliche Folge, nicht um die Erkenntnis der Ursache. Für den ursächlichen Zusammenhang bringt die statistische Aufstellung nur eine geringere oder größere Wahrscheinlichkeit. Erst die geschichtlich tatsächliche Kenntnis der Erscheinung ergäbe die Einsicht in den ursächlichen Zusammenhang, eine Antwort auf die Frage, was Ursache und was Wirkung war. Wollte man nun aber auf dem Weg der Statistik größte Durchschnitte finden, so würde man wohl bald erkennen, daß das Tatsachenmaterial selten an Umfang ausreicht. Denn es müßten ja alle möglichen Veränderungen in diesem Material genügend enthalten sein. Aber angenommen, es wäre einmal möglich, genügend große Durchschnitte einer Preisbildung zu finden. Dann würde aus den tatsächlichen Preisen entweder für eine Ware oder aus umfassend errechneten Indexziffern für die allgemeine Höhe der Preise eines Wirtschaftskörpers irgendein statistischer Mittelwert errechnet werden können, das einfache oder gewogene arithmetisch oder das geometrische Mittel, der Zentral-, der dichteste Wert und dgl. Die Entwicklung der irgendwie angeordneten und berechneten Mittelwerte würde die Entwicklung des Marktes und damit der Wirtschaft angeben. Damit würde aber natürlich nichts irgendwie Normales, sondern nur eben das Tatsächliche zum Ausdruck kommen. Und dieses Tatsächliche geht natürlich einen Weg, der sich, wie die Krisen, Bankrotte oder der wirtschaftliche Untergang ganzer Nationen usw. zeigen, nicht um den menschlichen Willen kümmert. Was ökonomisch falsch ist, kann weltgeschichtlich richtig sein, ist eine Grundidee der marxistischen Lehre. Doch ist bisher kein Mittel gefunden, eine solche weltgeschichtliche Richtigkeit nachzuweisen, aus der alle möglichen wirtschaftlichen Wechselfälle ihre höhere Erklärung und Synthese erhalten könnten. Es handelt sich vielmehr darum, daß, wie bereits gesagt, der Mensch selbst eingreifen und nicht einen "normalen" Preis, sondern einen volkswirtschaftlich zweckmäßigen verlangen und bezahlen muß. Der wirtschaftliche Erfolg ist ein Wirklichkeitserfolg und läßt sich daher nicht restlos in generelle Faktoren auflösen. Selbst wenn Arbeit immer der wichtigste Wertfaktor wäre, so würde er nicht als Ausgangspunkt einer Wertlehre zu verwenden sein, weil ohne weiteres klar ist, daß er nicht der ausschließliche Wertfaktor ist. Für diese Überlegung gilt ganz besonders die Forderung: was Ausgang und Grundgedanke der Wertlehre sein soll, muß alle, auch die seltensten Fälle zu erklären vermögen. Zunächst ist aber die Arbeit überhaupt kein wirtschaftlicher Begriff. Erst dadurch, daß die Arbeit einerseits nützlich ist, andererseits Arbeitskraft, also stoffliche Wirklichkeit kostet, und infolgedessen eine gewisse Seltenheit besitzt, entsteht die wirtschaftliche Bedeutung der Arbeit. Von Kosten der Arbeit ist nur insofern zu sprechen, als die menschlichen Arbeitskräfte beschränkt vorhanden sind und eine stoffliche Wirklichkeit zum Unterhalt brauchen. Und ferner deshalb, weil von allen möglichen Betätigungen der Arbeitskraft immer nur eine verwirklicht werden kann, so daß auf die anderen verzichtet werden muß. Wenn ein Arbeiter eine Arbeit verrichtet, so kostet ihn das alle anderen Möglichkeiten, die vernunftgemäß in Frage gekommen wären. Von Lust oder Unlust der Arbeit zu reden ist aber nicht zweckmäßig. Ein gesunder arbeitswilliger Mensch mit reichlichem Auskommen wird in einer ihm passenden Arbeit keine Quelle der Unlust sondern der Befriedigung finden, trotzdem ihn diese Arbeit die Ausgabe seiner Arbeitskraft und das Aufgeben jeder anderen Beschäftigung kostet. Wirtschaftlich handelt es sich nur darum, daß der Einzelne und die Nation mit den zur Verfügung stehend Kräften haushalten, wirtschaften muß, weil sie beschränkt vorhanden sind im Vergleich zu den denkbaren Zwecken. Nur nebenbei sei bemerkt, daß bei manchem Anhänger der objektiven Werttheorie "arbeiten" mit "wirtschaften", dem Schaffen wirtschaftlicher Werte gleichgesetzt wird, was ganz unrichtig ist; besonders dann, wenn darunter nur die manuelle Arbeit gemeint ist. Gegen die Arbeit als allgemein wertschaffendes Moment ist zunächst einzuwenden, daß die Arbeit nur dann Wert schafft, wenn sie Erfolg hat. Dies ist aber durch die beste technische und wirtschaftliche Voraussetzung nicht sicherzustellen. Irgendeine Zufälligkeit kann den Erfolg vernichten. Die Arbeit erhält also umgekehrt ihren Nutzen vom glücklichen Erfolg, nicht der Erfolg von der Arbeit. Nicht deshalb, weil Arbeit verwendet wurde, hat ein Gut Wert, sondern weil es als Arbeitsprodukt von einer gewissen Seltenheit ist. Denn es ist stoffliche Wirklichkeit nötig zur Verwirklichung des Wertes im Gut, nicht nur der Rohstoff sondern auch die Person und die Lebensmittel des Arbeiters. Und die Seltenheit all dieser Notwendigkeiten überträgt sich auf das Produkt. Ja man muß noch weiter gehen. Nicht deshalb, weil das höher qualifizierte Produkt das Ergebnis höherer Arbeit ist, wird es wirtschaftlich, abgesehen von anderen Überlegungen, höher gewertet. Sondern weil die höher stehende Arbeit die seltenere ist, darum ist sie wirtschaftlich teurer. Oft wird tiefer stehende Arbeit höher bezahlt, weil ein geringerer Wettbewerb stattfindet - unter den Blinden ist der Einäugige König. Angenommen, ein Produkt höherer Arbeit erzielt auf einem gewissen Markt einen bestimmten Preis; das gleiche Gut steht aber später oder anderswo auf einem anderen Markt als Ergebnis niedrigerer Arbeit in einem geringeren Angebot einer höheren Nachfrage gegenüber als auf dem ersten Markt. In diesem Fall wird die niedrigere Arbeit in der wirtschaftlichen Wertung höher stehen. Diese Wichtigkeit der empirischen Konstellation ist der Grund des Auswanderns und der Wanderarbeit, sowie der Tatsache, daß mancher seinen Erfolg erst erreicht, wo er den entsprechenden Bedarf nach dem findet, was er zu leisten vermag. Würden die Aufwendungen für die Ausbildung mit Notwendigkeit eine hhere Arbeitsfähigkeit und dementsprechend ein höheres Produkt zur Folge haben müssen, so könnte nicht in der Wirklichkeit so oft das Gegenteil beobachtet werden. Die höhere Qualifikation der Arbeit läßt sich durchaus nicht in höheren Kosten der Vorbildung darstellen. Eine angeborene, zufällige, kurz rein tatsächlich höhere Qualifikation für die Verwirklichung irgendeines wirtschaftlichen Zwecks geht durchaus nicht immer auf Vorbildung zurück. Es ist versucht worden, die sogenannte leitende Arbeit in ihrer höheren Produktivität ebenfalls auf eine bessere Ausbildung zurückzuführen. Allein die Ausnutzung einer guten Konjunktur ist Sache einer praktischen Veranlagung. Konjunkturerkenntnis und geschickte Ausnützung der Gunst des Augenblicks lassen sich nicht lernen. Der Kaufmann, der Leiter einer Unternehmung sollen eine "glückliche Hand" haben. Dies läßt sich wohl kaum so lehren, daß hierfür ein wirtschaftlicher Ausdruck in Ausbildungskosten gefunden werden könnte. Wenn die Arbeit den Wert ausmachte, dann müßten doch gleiche Arbeitsmengen gleiche Werte entstehen lassen und gleiche Werte gleiche Arbeitsmengen zur Voraussetzung haben. Statt dessen zeigen die Jahresberichte der Aktiengesellschaften oft, daß das Fortschreiten des wirtschaftlichen Erfolges viel mehr den Ausgaben für Reklame als den Arbeitslöhnen gleichläuft. Sieht man aber vom Markt ab, indem man Angebot und Nachfrage gleichsetzt, dann müßte doch die Arbeit den Wert ergeben. Woher kommt aber dann der wirtschaftliche Wert der Güter, auf die keine Arbeit verwendet wird? Auch bei Dingen, die nicht die mindeste Arbeit voraussetzen, muß gewirtschaftet werden, wenn sie nur in einer im Verhältnis zum Bedarf beschränkten Menge vorhanden sind. Der Genuß einer schönen Landschaft wird für den, der sie erst aufsuchen muß, ein Wirtschaftsposten als Reisekosten, ohne daß irgendeine Arbeit anfällt, den den aufgesuchten Wert geschaffen hat. Der Mensch sieht oft seine Werke müßig und bewundernd untergehen, aber es kommt glücklicherweise auch vor, daß er Werte so entstehen sieht. Die Natur, die geschichtlichen Ereignisse, das Zusammenwirken der Gesellschaft, ganz unbewußt und ungewollt eintretende Ursachen, der Zufall lassen wirtschaftliche Werte entstehen, die mit Arbeit nichts zu tun haben. Als Ausgangspunkt der Wertlehre kann aber nur verwendet werden, was wirtschaftlichen Wert verleiht, ohne selbst wieder auf wertverleihende Faktoren zurückgeführt werden zu müssen. Die Arbeit selbst aber hat natürlich ihre eigene wirtschaftliche Bedeutung nur von Nützlichkeit und Seltenheit in Bezug auf einen Zweck. Es ist ein berechtigter Triumph der objektivistischen Richtung, daß die Subjektivisten doch damit, daß sie die Güterbeschaffung als eine "entgeltliche" bezeichnen müssen, bewußt oder unbewußt ein objektives Moment hereinnehmen müssen. Es ist aber schon ein Wirtschaften notwendig, auch wenn von Entgelt nicht die Rede sein kann, wenn nur ein Nichtzusammenstimmen von Möglichkeiten und Zwecken vorliegt, wenn Menge, Zeit oder Ort des Vorkommens der zu einer Zweck geeigneten stofflichen Wirklichkeit zum Wirtschaften zwingen. Die Arbeit wird von den Objektivisten oft ähnlich als Wertfaktor überschätzt, wie das Gold von den Metallisten als Geldstoff . In beiden Fällen ist das wichtigste Beispiel zur Ursache der Erscheinung gemacht. Damit wird aber auf die Einsicht in die tiefer liegende Ursache verzichtet. Schließlich ist noch anzufügen, daß aus der Überschätzung der Arbeit als Wertfaktor auch ein oft verwendete, aber nicht ganz zweckmäßige Bezeichnung folgt, wenn man von Arbeitsteilung in der Wirtschaft spricht. Was hier vorliegt, ist erst als Unterart und Folge eine Teilung der Arbeit, in erster Linie aber eine Teilung und Verteilung der Zwecke. Der Wert wird auch auf die Kosten zurückgeführt, die Kosten der Erzeugung oder der Wiedererzeugung sollen den Wert machen. Zunächst ist eine rein sprachliche Bemerkung nicht zu unterdrücken. Die Bezeichnung des Wertes als Kostenwert aus dem Grund, weil der Besitz des Bedarfsgutes einen Wert darstellt, ist eine ähnliche Wortbildung, wie wenn man jeden Nutzen einen Schadennutzen, jede Freude eine Trauerfreude nennen wollte. Der Versuch einer restlosen Erklärung des Wertes aus den Kosten ist die Folge des vollständigen Aufgehens der wirtschaftlichen Betrachtung in der Tauschwirtschaft. Wer in der Wirtschaft nur die Tauschwirtschaft sieht, dem scheint allerdings mit den Kosten auch der Wert gegeben zu sein. Und doch ist es ein Doppelsinn, wenn ich etwas teuer nenne, entweder weil es mich viel kostet oder weil es mir viel wert ist. Wenn man Kapital als Kosten verstehen will, so ist es doch ebenfalls schon ein sprachliche Schwierigkeit, daß diejenigen, die ihr Kapital vermehren wollen, doch nich ihre Kosten zu vermehren streben. Es mach keinen großen Unterschied, ob man die Kostentheorie des Wertes objektiv oder subjektiv auffaßt. Die Unzulänglichkeit ist die gleiche. Dabei steht gerade derjenige, der nur die Bedeutung eines Gutes als Kosten sieht, weil er vollständig in der Betrachtung der Tauschwirtschaft sein Genügen findet, dem Tauschakt als einer Unerklärlichkeit gegenüber. Wenn die Kosten den Wert ausmachen, beim Tauschakt aber doch gleiche Werte, also gleiche Kosten getauscht werden, woher kommt dann die Veranlassung zum Tauschen? Wird aber der Tauschakt nicht genügend erklärt, so bleibt auch der Unternehmergewinn ein Rätsel. Wer den Mechanismus der Tauschwirtschaft allein sieht, für den gibt es nur ein Streben der Wirtschaft nach Gleichgewicht. Dann ist allerdings ganz folgerichtig der Überschuß in der Wirtschaft nur mehr als Spargewinn zu erklären; ein Unternehmergewinn ist dann nur mehr als Ausbeutung möglich. Die Kostentheorie setzt aber bei ihrer Erklärung des Wertes anstelle eines unerklärten X ein ebenso unerklärtes Y. Mit den Kosten ist auch das subjektive Moment nicht ausgeschaltet; denn um welche Kosten handelt es sich, Produktion, Reproduktion, Selbstkosten oder die Kosten anderer, höchste oder niederste Kosten? Dies ist eine Frage, die nur nach der Art des wirtschaftenden Subjekts zu beantworten ist. Es ist aber auch das objektive Moment nicht beseitigt, denn die Kosten sind etwas höchst Zwingendes, was man zwar psychisch erfassen und berechnen, aber nicht psychisch aus dem Nichts beschaffen oder willkürlich beseitigen kann. Schließlich sind die Kosten ein reiner Nennwert und bekommen ihre wirtschaftliche Bedeutung erst vom Zweck, zu dem sie aufgewendet sind. Es ist also ganz unmöglich, aus ihnen den Wert zu erklären. ![]() ![]() |