tb-1ra-2F. BrentanoH. GomperzK. KromanNietzsche     
 
IMMANUEL KANT
Grundlegung zur
Metaphysik der Sitten

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"Die Herablassung zu Volksbegriffen ist sehr rühmlich, wenn die Erhebung zu den Prinzipien der freien Vernunft zuvor geschehen und zur völligen Befriedigung erreicht ist, und das würde heißen, die Lehre der Sitten zuvor auf Metaphysik  gründen,  ihr aber, wenn sie feststeht, nachher durch Popularität  Eingang  verschaffen. Es ist aber äußerst ungereimt, dieser in der ersten Untersuchung, worauf alle Richtigkeit der Grundsätze ankommt, schon willfahren zu wollen. Nicht allein, daß dieses Verfahren auf das höchst seltene Verdienst einer wahren  philosophischen Popularität  niemals Anspruch erheben kann, indem es gar keine Kunst ist, gemeinverständlich zu sein, wenn man dabei auf alle gründliche Einsicht verzichtet; so bringt es einen ekelhaften Mischmach von zusammengestoppelten Beobachtungen und halbvernünftelnden Prinzipien zum Vorschein, daran sich schale Köpfe laben, weil es doch etwas gar Brauchbares fürs alltägliche Geschwätz ist, wo Einsehende aber Verwirrung fühlen und unzufrieden, ohne sich doch helfen zu können, ihre Augen wegwenden, obwohl sie Philosophien sind, die das Blendwerk ganz wohl durchschauen, wenig Gehör finden, wenn sie auf einige Zeit von der vorgeblichen Popularität abrufen, um nur allererst nach erworbener bestimmter Einsicht mit Recht populär sein zu dürfen."

Zweiter Abschnitt
Übergang von der populären sittlichen
Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten

Wenn wir unseren bisherigen Begriff der Pflicht aus dem gemeinen Gebrauch unserer praktischen Vernunft gezogen haben, so ist daraus keineswegs zu schließen, als hätten wir ihn als einen Erfahrungsbegriff behandelt. Vielmehr, wenn wir auf die Erfahrung vom Tun und Lassen der Menschen Acht haben, treffen wir häufige und, wie wir selbst einräumen, gerechte Klagen an, daß man von der Gesinnung, aus reiner Pflicht zu handeln, so gar keine sicheren Beispiele anführen könne, daß, wenngleich manches dem, was  Pflicht  gebietet,  gemäß  geschehen mag, dennoch es immer noch zweifelhaft sei, ob es eigentlich  aus Pflicht  geschehe und also einen moralischen Wert habe. Daher es zu aller Zeit Philosophen gegeben hat, welche die Wirklichkeit dieser Gesinnung in den menschlichen Handlungen schlechterdings abgeleugnet und alles der mehr oder weniger verfeinerten Selbstliebe zugeschrieben haben, ohne doch deswegen die Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit in Zweifel zu ziehen, vielmehr mit inniglichem Bedauern der Gebrechlichkeit und Unlauterkeit der menschlichen Natur Erwähnung taten, die zwar edel genug ist, sich eine so achtungswürdige Idee zu ihrer Vorschrift zu machen, aber zugleich zu schwach, um sie zu befolgen, und die Vernunft, die ihr zur Gesetzgebung dienen sollte, nur dazu braucht, um das Interesse der Neigungen, sei es einzeln oder, wenn es hochkommt, in ihrer größten Verträglichkeit untereinander zu besorgen.

In der Tat ist es schlechterdings unmöglich, durch Erfahrung einen einzigen Fall mit völliger Gewißheit auszumachen, da die Maxime einer sonst pflichtmäßigen Handlung lediglich auf moralischen Gründen und auf der Vorstellung seiner Pflicht beruth habe. Denn es ist zwar bisweilen der Fall, daß wir bei der schärfsten Selbstprüfung gar nichts antreffen, was außer dem moralischen Grund der Pflicht mächtig genug hätte sein können, uns zu dieser oder jener guten Handlung und so großer Aufopferung zu bewegen; es kann aber daraus gar nicht mit Sicherheit geschlossen werden, daß wirklich gar kein geheimer Antrieb der Selbstliebe, unter der bloßen Vorspiegelung jener Idee, die eigentliche bestimmende Ursache des Willens gewesen sei, dafür wir uns dann gern mit einem uns fälschlich angemaßten edleren Bewegungsgrund schmeicheln, in der Tat aber selbst durch die angestrengteste Prüfung hinter die geheimen Triebfedern niemals völlig kommen können, weil, wenn vom moralischen Wert die Rede ist, es nicht auf die Handlungen ankommt, die man sieht, sondern auf jene inneren Prinzipien derselben, die man nicht sieht.

Man kann auch denen, die alle Sittlichkeit als bloßes Hirngespinst einer durch Eigendünkel sich selbst übersteigenden menschlichen Einbildung verlachen, keinen gewünschteren Dienst tun, als ihnen einzuräumen, daß die Begriffe der Pflicht (so wie man sich auch aus Gemächlichkeit gerne überredet, daß es auch mit allen übrigen Begriffen bewandt sei) lediglich aus der Erfahrung gezogen werden mußten; denn da bereitet man jenen einen sicheren Triumpf. Ich will aus Menschenliebe einräumen, daß noch die meisten unserer Handlungen pflichtmäßig seien; sieht man aber ihr Dichten und Trachten näher an, so stößt man allenthalben auf das liebe Selbst, was immer hervorstiht, worauf, und nicht auf das strenge Gebot der Pflicht, welches mehrmalige Selbstverleugnung erfordern würde, sich ihre Absicht stützt. Man braucht auch eben kein Feind der Tugend, sondern nur ein kaltblütiger Beobachter zu sein, der den lebhaftesten Wunsch für das Gute nicht sofort für dessen Wirklichkeit hält, um (vornehmlich mit zunehmenden Jahren und eine durch Erfahrung teils gewitzten, teils zum Beobachten geschäfrten Urteilskraft) in gewissen Augenblicken zweifelhaft zu werden, ob auch wirklich in der Welt irgeneine wahre Tugend angetroffen werde. Und hier kann uns nichts vor dem gänzlichen Abfall von unseren Idee der Pflicht bewahren und eine gegründete Achtung gegen ihr Gesetz in der Seele erhalten, als die klare Überzeugung, daß, wenn es auch niemals Handlungen gegeben habe, die aus solchen reinen Quellen entsprungen wären, dennoch hier auch davon gar nicht die Rede ist, ob dieses oder jenes geschehe, sondern die Vernunft für sich selbst und unabhängig von allen Erscheinungen gebietet, was geschehen soll, mithin Handlungen, von denen die Welt vielleicht bisher noch gar kein Beispiel gegeben hat, an deren Tunlichkeit sogar der, der alles auf Erfahrung gründet, sehr zweifeln möchte, dennoch durch Vernunft unnachläßlich geboten seien, und daß z. B. die reine Redlichkeit in der Freundschaft um nichts weniger von jedem Menschen gefordert werden kann, wenngleich es bis jetzt gar keinen redlichen Freund gegeben haben möchte, weil diese Pflicht als Pflicht überhaupt, vor aller Erfahrung, in der Idee einer den Willen durch Gründe  a priori  bestimmenden Vernunft liegt.

Setzt man hinzu, daß, wenn man dem Begriff von Sittlichkeit nicht gar alle Wahrheit und Beziehung auf irgendein mögliches Objekt bestreiten will, man nicht in Abrede stellen kann, daß sein Gesetz von so ausgebreiteter Bedeutung ist, daß es nicht bloß für Menschen, sondern alle  vernünftigen Wesen überhaupt nicht bloß unter zufälligen Bedingungen und mit Ausnahmen, sondern  schlechterdings notwendig  gelten muß; so ist klar, daß keine Erfahrung, auch nur auf die Möglichkeit solcher apodiktischer [logisch zwingender, demonstrierbarer - wp] Gesetze zu schließen, Anlaß geben kann. Denn mit welchem Recht können wir das, was vielleicht nur unter den zufälligen Bedingungen der Menschheit gültig ist, als allgemeine Vorschrift für jede vernünftige Natur, in eine unbeschränkte Achtung bringen, und wie sollen Gesetze der Bestimmung  unseres  Willens für Gesetze der Bestimmung des Willens eines vernünftigen Wesens überhaupt und, nur als solche, auch für den unsrigen gehalten werden, wenn sie bloß empirisch wären und nicht völlig  a priori  aus reiner, aber praktischer Vernunft ihren Ursprung nähmen?

Man könnte auch der Sittlichkeit nicht übler raten, als wenn man sie von Beispielen entlehnen wollte. Denn jedes Beispiel, was mir davon vorgestellt wird, muß selbst zuvor nach Prinzipien der Moralität beurteilt werden, ob es auch würdig sei, zum ursprünglichen Beispiel, d. h. zum Muster zu dienen, keineswegs aber kann es den Begriff derselben zuoberste an die Hand geben. Selbst der Heilige des Evangeliums muß zuvor mit unserem Ideal der sittlichen Vollkommenheit verglichen werden, ehe man ihn als solchen erkennt; auch sagt er von sich selbst: was nennt ihr mich (den ihr seht) gut; Niemand ist gut (das Urbild des Guten), als der einige Gott (den ihr nicht seht). Woher haben wir aber den Begriff von Gott, als dem höchsten Gut? Lediglich aus der  Idee die die Vernunft  a priori  von sittlicher Vollkommenheit entwirft und mit dem Begriff eines freien Willens unzertrennlich verknüpft. Nachahmung findet im Sittlichen gar nicht statt, und Beispiele dienen nur zur Aufmunterung, d. h. sie setzen die Tunlichkeit dessen, was das Gesetz gebietet, außer Zweifel, sie machen das, was die praktische Regel allgemeiner ausdrückt, anschaulich, können aber niemals berechtigen, ihr wahres Original, das in der Vernunft liegt, beiseite zu setzen und sich nach Beispielen zu richten.

Wenn es also keinen echten obersten Grundsatz der Sittlichkeit gibt, der nicht unabhängig von aller Erfahrung bloß auf reiner Vernunft beruhen müßte, so glaube ich, es sei nicht nötig, auch nur zu fragen, ob es gut sei, diese Begriffe, so wie sie, samt den ihnen zugehörigen Prinzipien,  a priori  feststehen, im Allgemeinen (in abstracto) vorzutragen, sofern die Erkenntnis sich vom gemeinen unterscheiden und philosophisch heißen soll. Aber in unseren Zeiten möchte dies wohl nötig sein. Denn wenn man Stimmen sammelte, ob rein von allem Empirischen abgesonderte Vernunfterkenntnis, mithin Metaphysik der Sitten, oder populäre praktische Philosophie vorzuziehen sei, so errät man bald, auf welche Seite das Übergewicht fallen wird.

Diese Herablassung zu Volksbegriffen ist allerdings sehr rühmlich, wenn die Erhebung zu den Prinzipien der freien Vernunft zuvor geschehen und zur völligen Befriedigung erreicht ist, und das würde heißen, die Lehre der Sitten zuvor auf Metaphysik  gründen,  ihr aber, wenn sie feststeht, nachher durch Popularität  Eingang  verschaffen. Es ist aber äußerst ungereimt, dieser in der ersten Untersuchung, worauf alle Richtigkeit der Grundsätze ankommt, schon willfahren zu wollen. Nicht allein, daß dieses Verfahren auf das höchst seltene Verdienst einer wahren  philosophischen Popularität  niemals Anspruch erheben kann, indem es gar keine Kunst ist, gemeinverständlich zu sein, wenn man dabei auf alle gründliche Einsicht verzichtet; so bringt es einen ekelhaften Mischmach von zusammengestoppelten Beobachtungen und halbvernünftelnden Prinzipien zum Vorschein, daran sich schale Köpfe laben, weil es doch etwas gar Brauchbares fürs alltägliche Geschwätz ist, wo Einsehende aber Verwirrung fühlen und unzufrieden, ohne sich doch helfen zu können, ihre Augen wegwenden, obwohl sie Philosophien sind, die das Blendwerk ganz wohl durchschauen, wenig Gehör finden, wenn sie auf einige Zeit von der vorgeblichen Popularität abrufen, um nur allererst nach erworbener bestimmter Einsicht mit Recht populär sein zu dürfen.

Man braucht nur die Versuche über die Sittlichkeit in jenem beliebten Geschmack ansehen, so wird man bald die besondere Bestimmung der menschlichen Natur (mitunter aber auch die Idee von einer vernünftigen Natur überhaupt), bald Vollkommenheit, bald Glückseligkeit, hier moralisches Gefühl, dort Gottesfurcht, von diesem etwas, von jenem auch etwas, in einem wunderbaren Gemisch antreffen, ohne daß man sich einfallen läßt zu fragen, ob auch überall in der Kenntnis der menschlichen Natur (die wir doch nur von der Erfahrung herhaben können) die Prinzipien der Sittlichkeit zu suchen seien, un, wenn dieses nicht ist, wenn die letzteren völlig  a priori,  frei von allem Empirischen, schlechterdings in reinen Vernunftbegriffen und nirgendwo anders, auch nicht dem mindesten Teil nach, anzutreffen sind, den Anschlag zu fassen, diese Untersuchung als reine praktische Weltweisheit oder (wenn man einen so verschrieenen Namen nennen darf), als Metaphysik (1 der Sitten, lieber ganz abzusondern, sie für sich allein zu ihrer ganzen Vollständigkeit zu bringen, und das Publikum, das Popularität verlangt, bis zum Ausgang dieses Unternehmens zu vertrösten. Es ist aber eine solche völlig isolierte Metaphysik der Sitten, die mit keiner Anthropologie, mit keiner Theologie, mit keiner Physik oder Hyperphysik, noch weniger mit verborgenen Qualitäten (die man hypophysisch nennen könnte) vermischt ist, nicht allein ein unentbehrliches Substrat aller theoretischen sicher bestimmten Erkenntnis der Pflichten, sondern zugleich ein Desiderat von höchster Wichtigkeit zur wirklichen Vollziehung ihrer Vorschriften. Denn die reine und mit keinem fremden Zusatz von empirischen Anreizen vermischte Vorstellung der Pflicht, und überhaupt des sittlichen Gesetzes, hat auf das menschliche Herz durch den Weg der Vernunft allein (die hierbei zuerst inne wird, daß sie für sich selbst auch praktisch sein kann) einen so viel mächtigeren Einfluß, als alle anderen Triebfedern (2, die man aus dem empirischen Feld aufbieten mag, daß sie im Bewußtsein ihrer Würde die letzteren verachtet und nach und nach ihr Meister werden kann; an dessen Statt eine vermischte Sittenlehre, die aus Triebfedern von Gefühlen und Neigungen und zugleich aus Vernunftbegriffen zusammengesetzt ist, das Gemüt zwischen Bewegursachen, die sich unter kein Prinzip bringen lassen, die nur sehr zufällig zum Guten, öfters aber auch zum Bösen leiten können, schwankend machen muß.

Aus dem Angeführten erhellt sich: daß alle sittlichen Begriffe völlig  a priori  in der Vernunft ihren Sitz und Ursprung haben, und dieses zwar in der gemeinsten Menschenvernunft ebensowohl, wie der im höchsten Maß spekulativen; daß sie von keiner empirischen und darum blooß zufälligen Erkenntnis abstrahiert werden können; daß in dieser Reinheit ihres Ursprungs eben ihre Würde liegt, um uns zu obersten praktischen Prinzipien zu dienen; daß man jedesmal so viel, als man Empirisches hinzutut, so viel auch ihrem echten Einfluß und dem uneingeschränkten Wert der Handlungenn entziehe; daß es nicht allein die größte Notwendigkeit in theoretischer Absicht, wenn es bloß auf Spekulation ankommt, erfordere, sondern auch von der größten praktischen Wichtigkeit sei, ihre Begriffe und Gesetze aus reiner Vernunft zu schöpfen, rein und unvermengt vorzutragen, ja den Umfang dieser ganzen praktischen oder reinen Vernunfterkentnis, d. h. das ganze Vermögen der reinen praktischen Vernunft zu bestimmen, hierin aber nicht, wie es wohl die spekulative Philosophie erlaubt, ja gar bisweilen notwendig findet, die Prinzipien von der besonderen Natur der menschlichen Vernunft abhängig zu machen, sondern darum, weil moralische Gesetze für jedes vernünftige Wesen überhaupt gelten sollen, sie schon aus dem allgemeinen Begriff eines vernünftigen Wesens überhaupt abzuleiten, und auf eine solche Weise alle Moral, die zu ihrer  Anwendung  auf Menschen der Anthropologie bedarf, zuerst unabhängig von dieser als reine Philosophie, d. h. als Metaphysik, vollständig (welches sich in dieser Art ganz abgesonderter Erkenntnisse wohl tun läßt) vorzutragen, wohl bewußt, daß es, ohne im Besitz derselben zu sein, vergeblich sei, ich will nicht sagen, das Moralische der Pflicht in allem, was pflichtmäßig ist, genau für die spekulative Beurteilung zu bestimmen, sondern sogar im bloß gemeinen und praktischen Gebrauch, vornehmlich der moralischen Unterweisung, unmöglich sei, die Sitten auf ihre echten Prinzipien zu gründen und dadurch reine moralische Gesinnungenn zu bewirken und zum höchsten Weltbesten den Gemütern einzupfropfen.

Um aber in dieser Bearbeitung nicht bloß von der gemeinen sittlichen Beurteilung (die hier sehr achtenswert ist) zur philosophischen, wie sonst geschehen ist, sondern von einer populären Philosophie, die nicht weiter geht, als sie durch Tappen mittels der Beispiele kommen kann, bis zur Metaphysik (die sich durch nichts Empirisches weiter zurückhalten läßt und, indem sie den Inbegriff der Vernunfterkenntnis dieser Art ausmessen muß, allenfalls bis zu Ideen geht, wo selbst die Beispiele uns verlassen, durch die natürlichen Stufen fortzuschreiten, müssen wir das praktische Vernunftvermögen, von seinen allgemeinen Bestimmungsregeln an bis dahin, wo aus ihm der Begriff der Pflicht entspringt, verfolgen und deutlich darstellen.

Ein jedes Ding der Natur wirkt nach Gesetzen. Nur ein vernünftiges Wesen hat das Vermögen,  nach der Vorstellung  der Gesetze d. h. nach Prinzipien zu handeln, oder einen  Willen.  Da zur Ableitung der Handlungen von Gesetzen  Vernunft  erfordert wird, so ist der Wille nichts anderes, als praktische Vernunft. Wenn die Vernunft den Willen unausbleiblich bestimmt, so sind die Handlungen eines solchen Wesens, die als objektiv notwendig erkannt werden, auch subjektiv notwendig, d. h. der Wille ist ein Vermögen,  nur dasjenige  zu wählen, was die Vernunft, unabhängig von der Neigung als praktisch notwendig d. h. als gut erkennt. Bestimmt aber die Vernunft für sich allein den Willen nicht hinlänglich, ist dieser noch subjektiven Bedingungen (gewissen Triebfedern) unterworfen, die nicht immer mit den objektiven übereinstimmen, mit einem Wort, ist der Wille nicht  ansich  völlig der Vernunft gemäß (wie es bei Menschen wirklich ist), so sind die Handlungen, die objektiv als notwendig erkannt werden, subjektiv zufällig, und die Bestimmung eines solchen Willens, objektiven Gesetzen gemäß, ist  Nötigung;  d. h. das Verhältnis der objektiven Gesetze zu einem nicht durchaus guten Willen wird vorgestellt als die Bestimmung des Willens eines vernünftigen Wesens zwar durch Gründe der Vernunft, denen aber dieser Wille seiner Natur nach nicht notwendig folgsam ist.

Die Vorstellung eines objektiven Prinzips, sofern es für einen Willen nötigend ist, heißt ein Gebot (der Vernunft) und die Formel des Gebots heißt  Imperativ. 

Alle Imperative werden durch ein  Sollen  ausgedrückt, und zeigen dadurch das Verhältnis eines objektiven Gesetzes der Vernunft zu einem Willen an, der seiner subjektiven Beschaffenheit nach dadurch nicht notwendig bestimmt wird (eine Nötigung). Sie sagen, daß etwas zu tun oder zu unterlassen gut sein würde, allein sie sagen es eine Willen, der nicht immer darum etwas tut, weil ihm vorgestellt wird, daß es zu tun gut sei. Praktisch  gut  ist aber, was mittels der Vorstellungen der Vernunft, mithin nicht aus subjektiven Ursachen, sondern objektiv d. h. aus Gründen, die für jedes vernünftige Wesen als ein solches gültig sind, den Willen bestimmt. Es wird vom  Angenehmen  unterschieden, als demjenigen, was nur mittels der Empfindung aus bloß subjektiven Ursachen, die nur für dieses oder jenes seinen Sinn gelten, und nicht als Prinzip der Vernunft, das für jedermann gilt, auf den Willen Einfluß hat. (3

Ein vollkommen guter Wille würde also ebensowohl unter objektiven Gesetzen (des Guten) stehen, aber nicht dadurch als zu gesetzmäßigen Handlungen  genötigt  vorgestellt werden können, weil er von selbst, nach seiner subjektiven Beschaffenheit, nur durch die Vorstellung des Guten bestimmt werden kann. Daher gelten für den  göttlichen  und überhaupt für einen  heiligen  Willen keine Imperative; das  Sollen  ist hier am unrechten Ort, weil das  Wollen  schon von selbst mit dem Gesetz notwendig einstimmig ist. Daher sind Imperative nur Formeln, das Verhältnis objektiver Gesetze des Wollens überhaupt zur subjektiven Unvollkommenheit des Willens dieses oder jenes vernünftigen Wesens, z. B. des menschlichen Willens, auszudrücken.

Alle  Imperative  nun gebieten entweder hypothetisch, oder  kategorisch.  Jene stellen die praktische Notwendigkeit einer möglichen Handlung als Mittel zu etwas anderem, was man will (oder doch möglich ist, daß man es wolle) zu gelangen vor. Der kategorische Imperativ würde der sein, welcher eine Handlung als für sich selbst, ohne Beziehung auf einen anderen Zweck, als objektiv-notwendig vorstellt.

Weil jedes praktische Gesetz eine mögliche Handlung als gut und darum, für ein durch Vernunft praktisch bestimmbares Subjekt, als notwendig vorstellt, so sind alle Imperative Formeln der Bestimmung der Handlung, die nach dem Prinzip eines in irgendeiner Art guten Willens notwendig ist. Wenn nun die Handlung bloß  wozu anders,  als Mittel, gut sein würde, so ist der Imperativ  hypothetisch;  wird sie als  ansich  gut vorgestellt, mithin als notwendig in einem ansich der Vernunft gemäßen Willen, als Prinzip desselben, so ist er kategorisch.

Der Imperativ sagt also, welche durch mich mögliche Handlung gut wäre, und stellt die praktische Regel im Verhältnis auf einen Willen vor, der darum nicht sofort eine Handlung tut, weil sie gut ist, teils weil das Subjekt nicht immer weiß, daß sie gut sei, teils weil, wenn es dieses auch wüßte, die Maximen desselben doch den objektiven Prinzipien einer praktischen Vernunft zuwider sein könnten.

Der hypothetische Imperativ sagt also nur, daß die Handlung zu irgendeiner  möglichen  oder  wirklichen  Absicht gut ist. Im ersteren Fall ist er ein  problematisch,  im zweiten  assertorisch[als gültig behauptet - wp]-praktisches Prinzip. Der kategorische Imperativ, der die Handlung ohne Beziehung auf irgendeiner Absicht, d. h. auch ohne irgendeinen anderen Zweck für sich als objektiv notwendig erklärt, gilt als ein  apodiktisch[unwiderlegbar - wp]-(praktisches) Prinzip.

Man kann sich das, was nur durch Kräfte irgendeines vernünftigen Wesens möglich ist, auch für irgendeinen Willen als mögliche Absicht denken, und daher sind der Prinzipien der Handlung, sofern diese als notwendig vorgestellt wird, um irgendeine dadurch zu bewirkende mögliche Absicht zu erreichen, in der Tat unendlich viele. Alle Wissenschaften haben irgendeinen praktischen Teil, der aus Aufgaben besteht, daß irgendein Zweck für uns möglich sei, und aus Imperativen, wie er erreicht werden kann. Diese können daher überhaupt Imperative der  Geschicklichkeit  heißen. Ob der Zweck vernünftig und gut sei, davon ist hier gar nicht die Frage, sondern nur was man tun muß, um ihn zu erreichen. Die Vorschriften für den Arzt, um seinen Mann auf gründliche Art gesund zu machen, und für einen Giftmischer, um ihn sicher zu töten, sind insofern von gleichem Wert, als eine jede dazu dient, ihre Absicht vollkommen zu bewirken. Weil man in der frühen Jugend nicht weiß, welche Zwecke uns im Leben aufstoßen dürften, so suchen Eltern vornehmlich ihre Kinder recht  vielerlei  lernen zu lassen und sorgen für die  Geschicklichkeit  im Gebrauch der Mittel zu allerlei  beliebigen  Zwecken, von deren keinem sie bestimmen können, ob er nicht etwa wirklich künftig eine Absicht ihres Zöglings werde könne, wovon es indessen doch  möglich  ist, daß er sie einmal haben möchte, und diese Sorgfalt ist so groß, daß sie darüber gemeinhin versäumen, ihnen das Urteil über den Wert der Dinge, die sie sich etwa zu Zwecken machen möchten, zu bilden und zu berichtigen.

Es ist gleichwohl ein Zweck, den man bei allen vernünftigen Wesen (sofern Imperative auf sie, nämlich als abhängige Wesen, passen) als wirklich voraussetzen kann, und also eine Absicht, die sie nicht etwa bloß haben  können,  sondern von der man sicher voraussetzen kann, daß sie solche insgesamt nach einer Naturnotwendigkeit  haben,  und das ist die Absicht auf  Glückseligkeit Der hypothetische Imperativ, der die praktische Notwendigkeit der Handlung, als Mittel zur Beförderung der Glückseligkeit vorstellt, ist  assertorisch  [für mich geltend - wp]. Man darf ihn nicht bloß als notwendig zu einer ungewissen, bloß möglichen Absicht vortragen, sondern zu einer Absicht, die man sicher und  a priori  bei jedem Menschen voraussetzen kann, weil sie zu seinem Wesen gehört. Nun kann man die Geschicklichkeit in der Wahl der Mittel zu seinem eigenen größten Wohlsein  Klugheit  (4 im engsten Verstand nennen. Also ist der Imperativ, der sich auf die Wahl der Mittel zur eigenen Glückseligkeit bezieht, d. h. die Vorschrift der Klugheit, noch immer hypothetisch; die Handlung wird nicht schlechthin, sondern nur als Mittel zu einer anderen Absicht geboten.

Schließlich gibt es einen Imperativ, der, ohne irgendeine andere durch ein gewisses Verhalten zu erreichende Absicht als Bedingung zugrunde zu legen, dieses Verhalten unmittelbar gebietet. Dieser Imperativ ist  kategorisch.  Er betrifft nicht die Materie der Handlung und das, was aus ihr erfolgen soll, sondern die Form und das Prinzip, woraus sie selbst folgt, und das Wesentlich-Gute derselben besteht in der Gesinnung, der Erfolg mag sein, welcher er will. Dieser Imperativ mag der der  Sittlichkeit  heißen.

Das Wollen nach diesen dreierlei Prinzipien wird auch durch die  Ungleichheit  der Nötigung des Willens deutlich unterschieden. Um diese nun auch merklich zu machen, glaube ich, daß man sie in ihrer Ordnung am angemessensten so benennen würde, wenn man sagte: sie wären entweder  Regeln  der Geschicklichkeit, oder  Ratschläge  der Klugheit, oder  Gebote (Gesetze)  der Sittlichkeit. Denn nur das  Gesetz  führt den Begriff einer  unbedingten  und zwar objektiven und mithin allgemein gültigen  Notwendigkeit  bei sicht, und Gebote sind Gesetze, denen gehorcht, d. h. auch wider Neigung Folge geleistet werden muß. Die  Ratgebung  enthält zwar Notwendigkeit, die aber bloß unter subjektiver zufälliger Bedingung, ob dieser oder jener Mensch dieses oder jenes zu seiner Glückseligkeit zähle, gelten kann: dagegen der kategorische Imperativ durch keine Bedingung eingeschränkt wird, und als absolut-, obgleich praktisch-notwendig ganz eigentlich ein Gebot heißen kann. Man könnte die ersteren Imperative auch  technisch  (zur Kunst gehörig), die zweiten  pragmatisch  (5 (zur Wohlfahrt), die dritten  moralisch  (zum freien Verhalten überhaupt, d. h. zu den Sitten gehörig) nennen.

Nun entsteht die Frage: wie sind alle diese Imperative möglich? Diese Frage verlangt nicht zu wissen, wie die Vollziehung der Handlung, welche der Imperativ gebietet, sondern wie bloß die Nötigung des Willens, die der Imperativ in der Aufgabe ausdrückt, gedacht werden kann. Wie ein Imperativ der Geschicklichkeit möglich ist, bedarf wohl keiner besonderen Erörterung. Wer den Zweck will, will (sofern die Vernunft auf seine Handlungen einen entscheidenden Einfluß hat) auch das dazu unentbehrlich notwendige Mittel, das in seiner Gewalt ist. Dieser Satz ist, was das Wollen betrifft, analytisch; denn im Wollen eines Objekts, als meiner Wirkung, wird schon meine Kausalität, als handelnder Ursache, d. h. der Gebrauch der Mittel gedacht, und der Imperativ zieht den Begriff notwendiger Handlungen zu diesem Zweck schon aus dem Begriff eines Wollens dieses Zwecks heraus; (die Mittel selbst zu einer vorgesetzten Absicht zu bestimmen, dazu gehören allerdings synthetische Sätze, die aber nicht den Grund betreffen, den Aktus des Willens, sondern das Objekt wirklich zu machen.) Daß, um eine Linie nach einem sicheren Prinzip in zwei gleiche Teile zu teilen, ich aus den Enden derselben zwei Kreuzbogen machen muß, das lehrt die Mathematik freilich nur durch synthetische Sätze; aber daß, wenn ich weiß, durch eine solche Handlung allein kann die gedachte Wirkung geschehen, ich, wenn ich die Wirkung vollständig will, auch die Handlung will, die dazu erforderlich ist, ist ein analytischer Satz; denn etwas als eine auf gewisse Art durch mich mögliche Wirkung, und mich, in Anbetracht ihrer, auf dieselbe Art handelnd vorstellen, ist ganz einerlei.

Die Imperativen der Klugheit würden, wenn es nur so leicht wäre, einen bestimmten Begriff von Glückseligkeit zu geben, mit denen der Geschicklichkeit ganz und gar übereinkommen und ebensowohl analytisch sein. Denn es würde ebensowohl hier, wie dort, heißen: wer den Zweck will, will auch (der Vernunft gemäß notwendig) die einzigen Mittel, die dazu in seiner Gewalt sind. Allein es ist ein Unglück, daß der Begriff der Glückseligkeit ein so unbestimmter Begriff ist, daß, obgleich jeder Mensch zu dieser zu gelangen wünscht, er doch niemals bestimmt und mit sich selbst einstimmig sagen kann, was er eigentlich wünscht und will. Die Ursache davon ist: daß alle Elemente, die zum Begriff der Glückseligkeit gehören, insgesamt empirisch sind, d. h. aus der Erfahrung müssen entlehnt werden, daß gleichwohl zur Idee der Glückseligkeit ein absolutes Ganzes, ein Maximum des Wohlbefindens in meinem gegenwärtigen und jedem zukünftigen Zustand erforderlich ist. Nun ist es unmöglich, daß das einsehendste und zugleich allervermögendste, aber doch endliche Wesen sich einen bestimmten Begriff von dem macht, was er hier eigentlich will. Will er Reichtum, wieviel Sorge, Neid und Nachstellung könnte er sich dadurch nicht auf den Hals ziehen. Will er viel Erkenntnis und Einsicht, vielleicht könnte das ein nur umso schärferes Auge werden, um die die Übel, die sich für ihn jetzt noch verbergen und doch nicht vermieden werden können, ihm nur umso schrecklicher zu zeigen oder seinen Begierden, die ihm schon genug zu schaffen machen, noch mehr Bedürfnisse aufzubürden. Will er ein langes Leben, wer steht ihm dafür, daß es nicht ein langes Elend sein würde? Will er wenigstens Gesundheit, wie oft hat noch die Ungemächlichkeit des Körpers von Ausschweifung abgehalten, darin unbeschränkte Gesundheit würde haben fallen lassen usw. Kurz, er ist nicht vermögend, nach irgendeinem Grundsatz, mit völliger Gewißheit zu bestimmen, was ihn wahrhaftig glücklich machen wird, darum, weil hierzu Allwissenheit erforderlich sein würde. Man kann also nicht nach bestimmten Prinzipien handeln, um glücklich zu sein, sondern nur nach empirischen Ratschlägen, z. B. der Diät, der Sparsamkeit, der Höflichkeit, der Zurückhaltung usw., von welchen die Erfahrung lehrt, daß sie das Wohlbefinden im Durchschnitt am meisten befördern. Hieraus folgt, daß die Imperativen der Klugheit, genau zu reden, gar nicht gebieten, d. h. Handlungen objektiv als praktisch- notwendig  darstellen können, daß sie eher für Anratungen (consilia), als Gebote (praecepta) der Vernunft zu halten sind, daß die Aufgabe, sicher und allgemein zu bestimmen, welche Handlung die Glückseligkeit eines vernünftigen Wesens befördern wird, völlig unauflöslich, mithin kein Imperativ in Anbetracht derselben möglich ist, der im strengen Verstand gebietet, das zu tun, was glücklich macht, weil Glückseligkeit nicht ein Ideal der Vernunft, sondern der Einbildungskraft ist, was bloß auf empirischen Gründen beruth, von denen man vergeblich erwartet, daß sie eine Handlung bestimmen sollten, dadurch die Totalität einer in der Tat unendlichen Reihe von Folgen erreicht würde. Dieser Imperativ der Klugheit würde indessen, wenn man annimmt, die Mittel zur Glückseligkeit ließen sich sicher angeben, ein analytisch-praktischer Satz zu sein. Denn er ist vom Imperativ der Geschicklichkeit nur darin unterschieden, daß bei diesem der Zweck bloß möglich, bei jenem aber gegeben ist; da beide aber bloß die Mittel zu demjenigen gebieten, von dem man voraussetzt, daß man es als Zweck wollte, so ist der Imperativ, der das Wollen der Mittel für den, der den Zweck will, gebietet, in beiden Fällen analytisch. Es ist also in Anbetracht der Möglichkeit eines solchen Imperativs auch keine Schwierigkeit.

Dagegen wie der Imperativ der  Sittlichkeit  möglich sei, ist ohne Zweifel die einzige einer Auflösung bedürftige Frage, da er gar nicht hypothetisch ist und also die objektiv-vorgestellte Notwendigkeit sich auf keine Voraussetzung stützen kann, wie bei den hypothetischen Imperativen. Nur ist hierbei immer nicht außer Acht zu lassen, daß es  durch kein Beispiel,  mithin empirisch auszumachen ist, ob es überall irgendeinen solchen Imperativ gibt, sondern zu besorgen, daß alle, die kategorisch scheinen, doch versteckterweise hypothetisch sein mögen. Zum Beispiel wenn es heißt: du sollst nichts betrüglich versprechen, und man nimmt an, daß die Notwendigkeit dieser Unterlassung nicht etwa eine bloße Ratgebung zur Vermeidung irgendeines anderen Übels ist, so daß es etwa heißt: du sollst nicht lügenhaft versprechen, damit du nicht, wenn es offenbar wird, dich um den Kredit bringst, sondern eine Handlung dieser Art muß für sich selbst als böse betrachtet werden, der Imperativ des Verbots ist also kategorisch; so kann man doch in keinem Beispiel mit Gewißheit dartun, daß der Wille hier ohne eine andere Triebfeder bloß durch das Gesetz bestimmt wird, obgleich es so scheint; denn es ist immer möglich, daß insgeheim Furcht vor Beschämung, vielleicht auch eine dunkle Besorgnis anderer Gefahren, Einfluß auf den Willen haben mag. Wer kann das Nichtsein einer Ursache durch Erfahrung beweisen, da diese nichts weiter lehrt, als daß wir jene nicht wahrnehmen? Auf einen solchen Fall aber würde der sogenannte moralische Imperativ, der als ein solcher kategorisch und unbedingt erscheint, in der Tat nur eine pragmatische Vorschrift sein, die uns auf unseren Vorteil aufmerksam macht, und uns bloß lehrt, diesen in Acht zu nehmen.

Wir werden also die Möglichkeit eines  kategorischen  Imperativs gänzlich  a priori  zu untersuchen haben, da uns hier der Vorteil nicht zustatten kommt, daß die Wirklichkeit desselben in der Erfahrung gegeben, und also die Möglichkeit nicht zur Festsetzung, sondern bloß zur Erklärung nötig wäre. Soviel ist indessen vorläufig einzusehen: daß der kategorische Imperativ allein als ein praktisches  Gesetz  lautet, die übrigen insgesamt zwar  Prinzipien  des Willens, aber nicht Gesetze heißen können; weil, was bloß zur Erreichung einer beliebigen Absicht zu tun notwendig ist, ansich als zufällig betrachtet werden kann, und wir von der Vorschrift jederzeit los sein können, wenn wir die Absicht aufgeben, hingegen das unbedingte Gebot dem Willen kein Belieben in Anbetracht des Gegenteils frei läßt, mithin allein diejenige Notwendigkeit bei sich führt, welche wir zum Gesetz verlangen.

Zweitens ist bei diesem kategorischen Imperativ oder Gesetz der Sittlichkeit der Grund der Schwierigkeit (die Möglichkeit desselben einzusehen) auch sehr groß. Er ist ein synthetisch-praktischer Satz (6  a priori,  und da die Möglichkeit der Sätze dieser Art einzusehen so viel Schwierigkeit in der theoretischen Erkenntnis hat, so läßt sich leicht abnehmen, daß sie im praktischen nicht weniger haben wird.

Wenn ich mir einen  hypothetischen  Imperativ überhaupt denke, so weiß ich nicht im Voraus, was er enthalten wird: bis mir die Bedingung gegeben ist. Denke ih mir aber einen  kategorischen  Imperativ, so weiß ich sofort, was er enthält. Denn da der Imperativ außer dem Gesetz nur die Notwendigkeit der Maxime (7 enthält, diesem Gesetz gemäß zu sein, das Gesetz aber keine Bedingung enthält, auf die es eingeschränkt war, so bleibt nichts, als die Allgemeinheit eines Gesetzes überhaupt übrig, welchem die Maxime der Handlung gemäß sein soll, und welche Gemäßheit allein den Imperativ eigentlich als notwendig vorstellt.

Der kategorische Imperativ ist also ein einziger, und zwar dieser:  handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde. 

Wenn du nun aus diesem einigen Imperativ alle Imperative der Pflicht, als aus ihrem Prinzip, abgeleitet werden können, so werden wir, obgleich wir es unausgemacht lassen, ob nicht überhaupt das, was man Pflicht nennt, ein leerer Begriff sei, doch wenigstens anzeigen können, was wir dadurch denken und was dieser Begriff sagen will.

Weil die Allgemeinheit des Gesetzes, wonach Wirkungen geschehen, dasjenige ausmacht, was eigentlich  Natur  im allgemeinsten Verstand (der Form nach), d. h. das Dasein der Dinge heißt, sofern es nach allgemeinen Gesetzen bestimmt ist, so könnte der allgemeine Imperativ der Pflicht auch so lauten:  handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte. 

Nun wollten wir einige Pflichten herzählen, nach der gewöhnlichen Einteilung derselben, in Pflichten gegen uns selbst und gegen andere Menschen, in vollkommene und unvollkommene Pflichten (8.
    1) Einer, der durch eine Reihe von Übeln, die bis zur Hoffnungslosigkeit angewachsen ist, einen Überdruß am Leben empfindet, ist noch so weit im Besitz seiner Vernunft, daß er sich selbst fragen kann, ob es auch nicht etwa der Pflicht gegen sich selbst zuwider ist, sich das Leben zu nehmen. Nun versucht er: ob die Maxime seiner Handlung wohl ein allgemeines Naturgesetz werden könnte. Seine Maxime aber ist: ich mache es mir aus Selbstliebe zum Prinzip, wenn das Leben bei seiner längeren Frist mehr Übel droht, als es Annehmlichkeit verspricht, es mir abzukürzen. Es fragt sich nur noch, ob dieses Prinzip der Selbstliebe ein allgemeines Naturgesetz werden kann. Da sieht man aber bald, daß eine Natur, deren Gesetz es wäre, durch dieselbe Empfindung, deren Bestimmung es ist, zur Beförderung des Lebens anzutreiben, das Leben selbst zu zerstören, ihr selbst widersprchen und also nicht als Natur bestehen würde, mithin jene Maxime unmöglich als allgemeines Naturgesetz stattfinden kann, und folglich dem obersten Prinzip gänzlich widerstreitet.

    2) Ein Anderer sieht sich durch Not gedrungen, Geld zu borgen. Er weiß wohl, daß er nicht wird bezahlen können, sieht aber auch, daß ihm nichts geliehen werden wird, wenn er nicht fest verspricht, es zu einer bestimmten Zeit zu bezahlen. Er hat Lust, ein solches Versprechen zu tun; aber noch hat er soviel gewalt, sich zu fragen: ist es nicht unerlaubt und pflichtwidrig, sich auf eine solche Art aus der Not zu helfen? Gesetzt, er beschlösse doch, so würde seine Maxime der Handlung so lauten: wenn ich mich in Geldnot zu sein glaube, so will ich Geld borgen und versprechen, es zu bezahlen, obgleich ich weiß, daß es niemals geschehen wird. Nun ist dieses Prinzip der Selbstliebe oder der eigenen Zuträglichkeit mit meinem ganzen künftigen Wohlbefinden vielleicht wohl zu vereinigen, allein jetzt ist die Frage: ob es recht sei? Ich verwandle also die Zumutung der Selbstliebe in ein allgemeines Gesetz und richte die Frage so ein: wie es dann stehen würde, wenn meine Maxime ein allgemeines Gesetz würde? Da sehe ich nun sogleich, daß sie niemals als allgemeines Naturgesetz gelten und mit sich selbst zusammenstimmen kann, sondern sich notwendig widersprechen muß. Denn die Allgemeinheit eines Gesetzes, daß jeder, nachdem er in Not zu sein glaubt, versprechen kann, was ihm einfällt, mit dem Vorsatz, es nicht zu halten, würde das Versprechen und den Zweck, den man damit haben mag, selbst unmöglich machen, indem niemand glauben würde, daß ihm was versprochen ist, sondern über alle solche Äußerung, als eitles Vorgeben, lachen würde.

    3) Ein Dritter findet in sich ein Talent, welches mittels einiger Kultur ihn zu einem in allerlei Absicht brauchbaren Menschen machen könnte. Er sieht sich aber in bequemen Umständen, und zieht vor, lieber dem Vergnügen nachzuhängen, als sich mit einer Erweiterung und Verbesserung seiner glücklichen Naturanlagen zu bemühen. Noch fragt er aber: ob, außer der Übereinstimmung, die seine Maxime der Verwahrlosung seiner Naturgaben mit seinem Hang zur Ergötzlichkeit an sich hat, sie auch mit dem, was man Pflicht nennt, übereinstimmt? Da sieht er nun, daß zwar eine Natur nach einem solchen allgemeinen Gesetz immer noch bestehen kann, obgleich der Mensch (sowie der Südsee-Einwohner) sein Talent rosten ließ und sein Leben bloß auf Müßiggang, Ergötzlichkeit, Fortpflanzung, mit einem Wort, auf Genuß zu verwenden bedacht wäre; allein er kann unmöglich  wollen , daß dies ein allgemeines Naturgesetz werden oder als ein solches in uns durch Naturinstinkt gelegt ist. Denn als ein vernünftiges Wesen will er notwendig, daß alle Vermögen in ihm entwickelt werden, weil sie ihm doch zu allerlei möglichen Absichten dienlich und gegeben sind.

    4) Noch denkt ein  Vierter,  dem es wohl geht, indessen er sieht, daß andere mit großen Mühseligkeiten zu kämpfen haben (denen er wohl auch helfen könnte): was gehts mich an? mag doch ein jeer so glücklich sein, als es der Himmel will oder er sich selbst machen kann, ich werde ihm nichts entziehen, ja nicht einmal beneiden; nur zu seinem Wohlbefinden oder seinem Beistand in der Not habe ich nicht Lust etwas beizutragen! Nun könnte allerdings, wenn eine solche Denkungsart ein allgemeines Naturgesetz würde, das menschliche Geschlecht gar wohl bestehen, und ohne Zweifel noch besser, als wenn jedermann von Teilnahme und Wohlwollen schwatzt, auch sich beeifert, gelegentlich dergleichen auszuüben, dagegen aber auch, wo er nur kann, betrügt, das Recht der Menschen verkauft, oder ihm sonst Abbruch tut. Aber obgleich es möglich ist, daß nach jener Maxime ein allgemeines Naturgesetz wohl bestehen könnte, so ist es doch unmöglich zu  wollen,  daß ein solches Prinzip allenthalben als Naturgesetz gilt. Denn ein Wille, der dieses beschlösse, würde sich selbst widerstreiten, indem der Fälle sich doch manche ereignen können, wo er anderer Liebe und Teilnahme bedarf, und wo er durch ein solches aus seinem eigenen Willen entsprungenes Naturgesetzt sich selbst alle Hoffnung des Beistandes, den er sich wünscht, rauben würde.
Dies sind nun einige von den vielen wirklichen oder wenigstens von uns dafür gehaltenen Pflichten; deren Ableitung aus dem einigen angeführten Prinzip klar in die Augen fällt. Man muß  wollen können,  daß eine Maxime unserer Handlung ein allgemeines Gesetz wird: dies ist der Kanon der moralischen Beurteilung derselben überhaupt. Einige Handlungen sind so beschaffen, daß ihre Maxime ohne Widerspruch nicht einmal als allgemeines Naturgesetz  gedacht  werden kann; weit gefehlt, daß man noch  wollen  könnte, es  sollte  ein solches werden. Bei anderen ist zwar jene innere Unmöglichkeit nicht anzutreffen, aber es ist doch unmöglich, zu  wollen,  daß ihre Maxime zur Allgemeinheit eines Naturgesetzes erhoben wird, weil ein solcher Wille sich selbst widersprechen würde. Man sieht leicht, daß die erstere der strengen oder engeren (unnachlässlichen) Pflicht, die zweite nur der weiteren (verdienstlichen) Pflicht widerstreitet, und so alle Pflichten, was die Art der Verbindlichkeit (nicht das Objekt ihrer Handlung) betrifft, durch diese Beispiele in ihrer Abhängigkeit von einem einigen Prinzip vollständig aufgestellt werden.

Wenn wir nun auf uns selbst bei jeder Übertretung einer Pflicht Acht haben, so finden wir, daß wir wirklich nicht wollen, es solle unsere Maxime ein allgemeines Gesetz werden, denn das ist uns unmöglich, sondern das Gegenteil derselben soll vielmehr allgemein ein Gesetz bleiben; nur nehmen wir uns die Freiheit, für uns (oder auch nur für diesesmal) zum Vorteil unserer Neigung davon eine  Ausnahme  zu machen. Folglich, wenn wir alles aus ein und demselben Gesichtspunkt, nämlich der Vernunft erwögen, so würden wir einen Widerspruch in unserem eigenen Willen antreffen, nämlich daß ein gewisses Prinzip objektiv als allgemeines Gesetz notwendig sei und doch subjektiv nicht allgemein gelten, sondern Ausnahmen gestatten sollte. Da wir aber einmal unsere Handlung aus dem Gesichtspunkt eines ganz der Vernunft gemäßen, dann aber auch ebendieselbe Handlung aus dem Gesichtspunkte eines durch Neigung affizierten Willens betrachten, so ist wirklich hier kein Widerspruch, wohl aber ein Widerstand der Neigung gegen die Vorschrift der Vernunft (antagonismus), wodurch die Allgemeinheit des Prinzips (universalitas) in eine bloße Gemeingültigkeit (generalitas) verwandelt wird, dadurch das praktische Vernunftprinzip mit der Maxime auf dem halben Weg zusammenkommen soll. Ob nun dieses gleich in unserem eigenen unparteiisch angestellten Aurteil nicht gerechtfertigt werden kann, so beweist es doch, daß wir die Gültigkeit des kategorischen Imperativs wirklich anerkennen und uns (mit aller Achtung für denselben) nur einige, wie es uns scheint, unerhebliche und uns abgedrungene Ausnahmen erlauben.

Wir haben soviel also wenigstens dargetan, daß, wenn Pflicht ein Begriff ist, der Bedeutung und wirkliche Gesetzgebung für unsere Handlungen enthalten soll, diese nur in kategorischen Imperativen, keineswegs aber in hypothetischen ausdrückt werden kann; desgleichen haben wir, was schon viel ist, den Inhalt des kategorischen Imperativs, der das Prinzip aller Pflicht (wenn es überhaupt dergleichen gibt) enthalten müßte, deutlich und zu jedem Gebrauch bestimmt dargestellt. Noch sind wir aber nicht so weit,  a priori  zu beweisen, daß dergleichen Imperativ wirklich stattfindet, daß es ein praktisches Gesetz gibt, welches schlechterdings und ohne alle Triebfedern für sich gebietet, und daß die Befolgung dieses Gesetzes Pflicht ist.

Bei der Absicht, dazu zu gelangen, ist es von der äußersten Wichtigkeit, sich dies zur Warnung dienen zu lassen, daß man es sich ja nicht in den Sinn kommen lasse, die Realität dieses Prinzips aus der  besonderen Eigenschaft der menschlichen Natur  ableiten zu wollen. Denn Pflicht soll praktisch-unbedingte Notwendigkeit der Handlung sein; sie muß also für alle vernünftigen Wesen (auf die nur überall ein Imperativ treffen kann) gelten und  allein darum  auch für allen menschlichen Willen ein Gesetz sein. Was dagegen aus der besonderen Naturanlage der Menschheit, was aus gewissen Gefühlen und Hang, ja sogar, wo möglich, aus einer besonderen Richtung, die der menschlichen Vernunft eigen wäre und nicht notwendig für den Willen eines jeden vernünftigen Wesen gelten müßte, abgeleitet wird, das kann zwar eine Maxime für uns, aber kein Gesetz abgeben, ein subjektives Prinzip, nach welchem wir handeln zu dürfen Hang und Neigung haben, aber nicht ein objektives, nach weclhem wir  angewiesen  wären zu handeln, wenngleich aller unser Hang, Neigung und Natureinrichtung dagegen wäre, sogar, daß es umso mehr die Erhabenheit und innere Würde des Gebotes in einer Pflicht beweist, je weniger die subjektiven Ursachen dafür, je mehr sie dagegen sind, ohne doch deswegen die Nötigung durch das Gesetz nur im mindesten zu schwächen und seiner Gültigkeit etwas zu nehmen.

Hier sehen wir nun die Philosophie in der Tat auf einen mißlichen Standpunkt gestellt, der fest sein soll, ungeachtet dessen daß er weder im Himmel, noch auf der Erde an etwas gehängt oder gestützt wird. Hier soll sie ihre Lauterkeit beweisen, als Selbsterhalterin ihrer Gesetze, nicht als Herold derjenigen, welche ihr ein eingepflanzter Sinn, oder wer weiß welche vormundschaftliche Natur einflüster, die insgesamt, sie mögen immer besser sein, als gar nichts, doch niemals Grundsätze abgeben können, die die Vernunft diktiert, und die durchaus völlig  a priori  ihren Quell und hiermit zugleich ihr gebietendes Ansehen haben müssen: nicht von der Neigung des Menschen, sondern alles von der Obergewalt des Gesetzes und der schuldigen Achtung für dasselbe zu erwarten, oder den Menschen widrigenfalls zur Selbstverachtung und inneren Abscheu zu verurteilen.

Alles also, was empirisch ist, ist, als Zutat zum Prinzip der Sittlichkeit, nicht allein dazu ganz untauglich, sondern der Lauterkeit der Sitten selbst höchst nachteilig, an welchen der eigentliche und über allen Preis erhabene Wert eines schlechterdings guten Willens eben darin besteht, daß das Prinzip der Handlung von allen Einflüssen zufälliger Gründe, die nur Erfahrung an die Hand geben kann, frei ist. Gegen diese Nachlässigkeit oder gar niedrige Denkungsart, in Aufsuchung des Prinzips unter empirischen Bewegursachen und Gesetzen, kann man auch nicht zuviel und zuoft Warnungen ergehen lassen, indem die menschliche Vernunft in ihrer Ermüdung gern auf diesem Polster ausruht, und im Traum süßer Vorspiegelungen (die sie doch statt der JUNO eine Wolke umarmen lassen) der Sittlichkeit einen aus Gliedern ganz verschiedener Abstammung zusammengeflickten Bastard unterschiebt, der allem ähnlich sieht, was man daran sehen will, nur die Tugend nicht, für den, der sie einmal in ihrer wahren Gestalt erblickt hat. (9

Die Frage ist also diese: ist es ein notwendiges Gesetz  für alle vernünftigen Wesen,  ihre Handlungen jederzeit nach solchen Maximen zu beurteilen, von denen sie selbst wollen können, daß sie zu allgemeinen Gesetzen dienen sollen? Wenn es ein solches ist, so muß es (völlig  a priori)  schon mit dem Begriff des Willens eines vernünftigen Wesens überhaupt verbunden sein. Um aber diese Verknüpfung zu entdecken, muß man, so sehr man sich auch sträubt, einen Schritt hinaus tun, nämlich zur Metaphysik, obgleich in ein Gebiet derselben, welches von dem der spekulativen Philosophie unterschieden ist, nämlich in die Metaphysik der Sitten. In einer praktischen Philosophie, wo es uns nicht darum zu tun ist, Gründe anzunehmen von dem, was  geschieht,  sondern Gesetze von dem, was  geschehen soll,  obgleich es niemals geschieht, d. h. objektiv-praktische Gesetze: da haben wir nicht nötig, über die Gründe eine Untersuchung anzustellen, warum etwas gefällt oder mißfällt, wie das Vergnügen der bloßen Empfindung vom Geschmack, und ob dieser von einem allgemeinen Wohlgefallen der Vernunft unterschieden ist; worauf das Gefühl von Lust und Unlust beruth, und wie hieraus Begierden und Neigungen, aus diesen aber, durch die Mitwirkung der Vernunft, Maximen entspringen: denn das gehört alles zu einer empirischen Seelenlehre, welche den zweiten Teil der Naturlehre ausmachen würde, wenn man sie als  Philosophie der Natur  betrachtet, sofern sie auf  empirischen Gesetzen  gegründet ist. Hier aber ist vom objektiv-praktischen Gesetz die Rede, mithin vom Verhältnis eines Willens zu sic selbst, sofern er sich bloß durch Vernunft bestimmt, da dann alles, was auf das Empirische Beziehung hat, von selbst wegfällt; weil, wenn die  Vernunft für sich allein  das Verhalten bestimmt (wovon wir die Möglichkeit jetzt eben untersuchen wollen), sie dieses notwendig  a priori  tun muß.

Der Wille wird als ein Vermögen gedacht,  der Vorstellung gewisser Gesetze gemäß  sich selbst zum Handeln zu bestimmen. Und ein solches Vermögen kann nur in vernünftigen Wesen anzutreffen sein. Nun ist das, was dem Willen zum objektiven Grund seiner Selbstbestimmung dient, der  Zweck,  und dieser, wenn er durch bloße Vernunft gegeben wird, muß für alle vernünftigen Wesen gleich gelten. Was dagegen bloß den Grund der Möglichkeit der Handlung enthält, deren Wirkung Zweck ist, heißt das  Mittel Der subjektive Grund des Begehrens ist die Triebfeder, der objektive des Wollens der  Beweggrund;  daher der Unterschied zwischen subjektiven Zwecken, die auf Triebfedern beruhen, und objektiven, die auf Beweggründe ankommen, welche für jedes vernünftige Wesen gelten. Praktische Prinzipien sind  formal,  wenn sie von allen subjektiven Zwecken abstrahieren; sie sind aber  material,  wenn sie diese, mithin gewisse Triebfedern zugrunde legen. Die Zwecke, die sich ein vernünftiges Wesen als  Wirkungen  seiner Handlung nach Belieben vorsetzt (materiale Zwecke), sind insgesamt nur relativ; denn nur bloß ihr Verhältnis auf ein besonders geartetes Begehrungsvermögenn des Subjekts gibt ihnen den Wert, der daher keine allgemeinen, für alle vernünftigen Wesen, und auch nicht für jedes Wollen gültige und notwendige Prinzipien, d. h. praktische Gesetze, an die Hand geben kann. Daher sind alle diese relativen Zwecke nur der Grund von hypothetischen Imperativen.

Gesetz aber, es gäbt etwas,  dessen Dasein ansich  einen absoluten Wert hat, was, als  Zweck ansich  ein Grund bestimmter Gesetze sein könnte, so würde in ihm, und nur in ihm allein der Grund eines möglichen kategorischen Imperativs, d. h. praktischen Gesetzes liegen.

Nun sage ich: der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen,  existiert  als Zweck ansich,  nicht bloß als Mittel  zum beliebigen Gebrauch für diesen oder jenen Willen, sondern muß in allen seinen, sowohl auf sich selbst, als auch auf andere vernünftige Wesen gerichteten Handlungen jederzeit  zugleich als Zweck  betrachtet werden. Alle Gegenstände der Neigungen haben nur einen bedingten ert; denn wenn die Neigungen und darauf gegründete Bedürfnisse nicht wären, so würde ihr Gegenstand ohne Wert sein. Die Neigungen selber aber, als Quellen der Bedürfnisse, haben so wenig einen absoluten Wert, um sie selbst zu wünschen, daß vielmehr, gänzlich davon frei zu sein, der allgemeine Wunsch eines jeden vernünftigen Wesens sein muß. Also ist der Wert aller durch unsere Handlung zu  erwerbenden  Gegenstände jederzeit bedingt. Die Wesen, deren Dasein zwar nicht auf unserem Willen, sondern der Natur beruth, haben dennoch, wenn sie vernunftlose Wesen sind, nur einen relativen Wert, als Mittel, und heißen daher  Sachen,  dagegen vernünftige Wesen  Personen  genannt werden, weil ihre Natur sie schon als Zwecke ansich, d. h. als etwas, das nicht bloß als Mittel gebraucht werden darf, auszeichnet, mithin sofern alle Willkür einschränkt (und ein Gegenstand der Achtung ist). Dies sind also nicht bloß subjektive Zwecke, deren Existenz, als Wirkung unserer Handlung,  für uns  einen Wert hat, sondern  objektive Zwecke,  d. h. Dinge, deren Dasein ansich selbst Zweck ist, und zwar einen solchen, an dessen Staat kein anderer Zweck gesetzt werden kann, dem sie  bloß  als Mittel zu Diensten stehen sollten, weil ohne dieses überall gar nichts von  absolutem Wert  würde angetroffen werden; wernn aber aller Wert bedingt, mithin zufällig wäre, so könnte für die Vernunft überall kein oberstes praktische Prinzip angetroffen werden.

Wenn es dann also ein oberstes Prinzip und, in Anbetracht des menschlichen Willens, einen kategorischen Imperative geben soll, so muß es ein solches sein, das aus der Vorstellung dessen, was notwendig für jedermann Zweck ist, weil es  Zweck ansich  ist, ein  objektives  Prinzip des Willens ausmacht, mithin zum allgemeinen praktischen Gesetz dienen kann. Der Grund dieses Prinzips ist:  die vernünftige Natur existiert als Zweck ansich.  So stellt sich notwendig der Mensch sein eigenes Dasein vor; insofern ist es also ein  subjektives  Prinzip menschlicher Handlungen. So stellt sich aber auch jedes andere verünftige Wesen sein Dasein, zufolge ebendesselben Vernunftgrundes, der auch für mich gilt, vor (10; also ist es zugleich ein  objektives  Prinzip, woraus, als einem obersten praktischen Grund, alle Gesetze des Willens müssen abgeleitet werden können. Der praktische Imperativ wird also folgender sein:  handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.  Wir wollen sehen, ob sich dies bewerkstelligen läßt.

Um bei den vorigen Beispielen zu bleiben so wird
     Erstens,  nach dem Begrif der notwendigen Pflichten gegen sich selbst, derjenige, der mit Selbstmord umgeht, sich fragen, ob seine Handlung mit der Idee der Menschheit,  als eines Zwecks ansich  zusammen bestehen kann. Wenn er, um einem beschwerlichen Zustand zu entfliehen, sich selbst zerstört, so bedient er sich einer Person, bloß als  eines mittels  zur Erhaltung eines erträglichen Zustandes bis zum Ende seines Lebens. Der Mensch aber ist keine Sache, mithin nicht etwas, das  bloß  als Mittel gebraucht werden kann, sondern muß bei allen seinen Handlungen jederzeit als Zweck ansich betrachtet werden. Also kann ich über den Menschen in meiner Person nichts disponieren, ihn zu verstümmeln, zu verderben, oder zu töten. (Die nähere Bestimmung dieses Grundsatzes zur Vermeidung eines Mißverstandes, z. B. der Amputation der Glieder, um mich zu erhalten, der Gefahr, der ich mein Leben aussetze, um mein Leben zu erhalten etc., muß ich hier vorbeigehen; sie gehört zur eigentlichen Moral.)

     Zweitens,  was die notwendig oder schuldige Pflicht gegen andere betrifft, so wird der, der ein lügenhaftes Versprechen gegen andere zu tun im Sinn hat, sofort einsehen, daß er sich eines anderen Menschen  bloß als Mittel  bedienen will, ohne daß dieser zugleich den Zweck in sich enthalte. Denn der, den ich durch ein solches Versprechen zu meinen Absichten brauchen will, kann unmöglich in meine Art, gegen ihn zu verfahren, einstimmen und also selbst den Zweck dieser Handlung enthalten. Deutlicher fällt dieser Widerstreit gegen das Prinzip anderer Menschen in die Augen, wenn man Beispiele von Angriffen auf Freiheit und Eigentum anderer herbeizieht. Denn da leuchte klar ein, daß der Übertreter der Rechte der Menschen sich der Person anderer bloß als Mittel zu bedienen gesonnen sei, ohne in Betracht zu ziehen, daß sie, als vernünftige Wesen, jederzeit zugleich als Zwecke, d. h. nur als solche, die von ebenderselben Handlung auch in sich den Zweck müssen enthalten können, geschätzt werden sollen. (11

     Drittens,  in Anbetracht der zufälligen (verdienstlichen) Pflicht gegen sich selbst ist es nicht genug, daß die Handlung nicht der Menschheit in unserer Person, als Zweck ansich, widerstreitet, sie muß auch  dazu zusammenstimmen.  Nun sind in der Menschheit Anlagen zu größerer Vollkommenheit, die zum Zwecke der Natur in Anbetracht der Menschheit in unserem Subjekt gehören; diese zu vernachlässigen, würde allenfalls wohl mit der  Erhaltung  der Menschheit, als Zwecks ansich, aber nicht der  Beförderung  dieses Zwecks bestehen können.

     Viertens,  in Bezug auf die verdienstliche Pflicht gegen andere, ist der Naturzweck, den alle Menschen haben, ihre eigene Glückseligkeit. Nun würde zwar die Menschheit bestehen können, wenn niemand zu des andern Glückseligkeit etwas beitrüge, dabei aber ihr nichts vorsätzlich entzöge; allein es ist dies doch nur eine negative und nicht positive Übereinstimmung zur  Menschheit, als Zweck ansich  wenn jedermann auch nicht die Zwecke anderer, so viel an ihm ist, zu befördern trachtete. Denn das Subjekt, welches Zweck ansich ist, dessen Zwecke müssen, wenn jene Vorstellung bei mir  alle  Wirkung tun soll, auch, so viel wie möglich,  meine  Zwecke sein.
Dieses Prinzip der Menschheit und jeder vernünftigen Natur überhaupt,  als Zweck ansich  (was die oberste einschränkende Bedingung der Freiheit der Handlungen eines jeden Menschen ist), ist nicht aus der Erfahrung entlehnt, erstens, wegen seiner Allgemeinheit, da es auf alle vernünftigen Wesen überhaupt geht worüber etwas zu bestimmen keine Erfahrung ausreicht; zweitens, weil darin die Menschheit nicht als Zweck des Menschen (subjektiv), d. h. als Gegenstand, den man sich von selbst wirklich zum Zweck macht, sondern als objektiver Zweck, der, wir mögen Zwecke haben, welche wir wollen, als Gesetz die oberste einschränkende Bedingung aller subjektiven Zwecke ausmachen soll, vorgestellt wird, mithin aus reiner Vernunft entspringen muß. Es liegt nämlich der Grund aller praktischen Gesetzgebung  objektiv in der Regel  und der Form der Allgemeinheit, die sie ein Gesetz (allenfalls Naturgesetz) zu sein fähig macht (nach dem ersten Prinzip),  subjektiv  aber im  Zweck;  das Subjekt aller Zwecke aber ist jedes vernünftige Wesen, als Zweck ansich (nach dem zweiten Prinzip); hieraus folgt nun das dritte praktische Prinzip des Willens, als oberste Bedingung der Zusammenstimmung desselben mit der allgemeinen praktischen Vernunft, die Idee  des Willens jedes vernünftigen Wesens als eines allgemein gesetzgebenden Willens. 

Alle Maximen werden nach diesem Prinzip verworfen, die mit der eigenen allgemeinen Gesetzgebung des Willens nicht zusammen bestehen können. Der Wille wird also nicht lediglich dem Gesetz unterworfen, sondern so unterworfen, daß er auch  als  selbstgesetzgebend, und eben deswegen allererst dem Gesetz (davon er selbst sich als Urheber betrachten kann) unterworfen angesehen werden muß.

Die Imperative nach der vorigen Vorstellungsart, nämlich der allgemein einer  Naturordnung  ähnlichen Gesetzmäßigkeit der Handlungen, oder des allgemeinen  Zweckvorzugs  vernünftiger Wesen ansich, schlossen zwar von ihrem gebietenden Ansehen alle Beimischung irgendeines Interesses, als Triebfeder, aus, eben dadurch, daß sie als kategorisch vorgestellt wurden; sie wurden aber nur kategorisch  angenommen,  weil man dergleichen annehmen mußte, wenn man den Begriff von Pflicht erklären wollte. Daß es aber praktische Sätze gibt, die kategorisch gebieten, kann für sich nicht bewiesen werden, so wenig, wie es überhaupt in diesem Abschnitt auch hier noch nicht geschehen kann; allein  eines  hätte doch geschehen können, nämlich: daß die Lossagung von allem Interesse beim Wollen aus Pflicht, als das spezifische Unterscheidungszeichen des kategorischen vom hypothetischen Imperativ, im Imperativ selbst, durch irgendeine Bestimmung, die er enthält, mit angedeutet würde, und dies geschieht in der gegenwärtig dritten Formel des Prinzips, nämlich der Idee des Willens eines jeden vernünftigen Wesens, als  allgemeingesetzgebenden Willens. 

Denn wenn wir einen solchen denken, so kann, obgleich ein Wille,  der unter Gesetzen steht,  noch mittels eines Interesses an dieses Gesetz gebunden sein mag, dennoch ein Wille, der selbst zuoberst gesetzgebend ist, unmöglich sofern von irgendeinem Interesse abhängen; denn ein solcher abhängender Wille würde selbst noch eines anderen Gesetzes bedürfen, welches das Interesse seiner Selbstliebe auf die Bedingung einer Gültigkeit zum allgemeinen Gesetz einschränkte.

Als würde das  Prinzip  eines jeden menschlichen Willens, als  eines  durch alle seine Maximen allgemein gesetzgebenden Willens (12, wenn es sonst mit ihm nur seine Richtigkeit hätte, sich zum kategorischen Imperativ darin gar  wohl schicken,  daß es, eben um der Idee der allgemeinen Gesetzgebung willen, sich  auf kein Interesse gründet  und also unter allen möglichen Imperativen allein  unbedingt  sein kann; oder noch besser, indem wir den Satz umkehren, wenn es einen kategorischen Imperativ gibt (d. h. ein Gesetz für jeden Willen eines vernünftigen Wesens), so kann er nur gebieten, alles aus der Maxime seines Willens, als eines solchen zu tun, der zugleich sich selbst als allgemein gesetzgebend zum Gegenstand haben könnte; denn alsdann ist nur das praktische Prinzip und der Imperativ, dem er gehorcht, unbedingt, weil er gar kein Interesse zum Grund haben kann.

Es ist nun kein Wunder, wenn wir auf alle bisherigen Bemühungen, die jemals unternommen wurden, um das Prinzip der Sittlichkeit ausfindig zu machen, zurücksehen, warum sie ingesamt haben fehlschlagen müssen. Man sah den Menschen durch seine Pflicht am Gesetz gebunden, man ließ es sich aber nicht einfallen, daß  er nur seiner eigenen  und dennoch  allgemeinen Gesetzgebung  unterworfen sei, und daß er nur verbunden sei, seinem eigenen, dem Naturzweck nach aber allgemein gesetzgebenden Willen gemäß zu handeln. Denn wenn man sich ihn nur als einem Gesetz (welches es auch sei) unterworfen dachte, so mußte dies irgendein Interesse als Reiz oder Zwang bei sich führen, weil es nicht als Gesetz aus  seinem  Willen entsprang, sondern dieser gesetzmäßig von  etwas anderem  genötigt wurde, auf gewisse Weise zu handeln. Durch diese ganz notwendige Folgerung aber war alle Arbit, einen obersten Grund der Pflicht zu finden, unwiederbringlich verloren. Denn man bekam niemals Pflicht, sondern Notwendigkeit der Handlung aus einem gewissen Interesse heraus. Dieses mochte nun ein eigenes oder fremdes Interesse sein. Aber alsdann mußte der Imperativ jederzeit bedingt ausfallen, und konnte zum moralischen Gebot nicht taugen. Ich will also diesen Grundsatz das Prinzip der  Autonomie  des Willens, im Gegensatz mit jedem andern, das ich deshalb zur  Heteronomie  zähle, nennen.

Der Begrif eines jeden vernünftigen Wesens, das sich durch alle Maximen seines Willens als allgemein gesetzgebend betrachten muß, um aus diesem Gesichtspunkt sich selbst und seine Handlungen zu beurteilen, führt auf einen ihm anhängenden sehr fruchtbaren Begriff, nämlich den  eines Reichs der Zwecke. 

Ich verstehe aber unter einem  Reich  die systematische Verbindung verschiedener vernünftiger Wesen durch gemeinschaftliche Gesetze. Weil nun Gesetze die Zwecke ihrer allgemeinen Gültigkeit nach bestimmen, so wird, wenn man vom persönlichen Unterschied vernünftiger Wesen, desgleichen allem Inhalt ihrer Privatzwecke abstrahiert, ein Ganzes aller Zwecke (sowohl der vernünftigen Wesen als Zwecke ansich, als auch der eigenen Zwecke, die ein jedes sich selbst setzen mag) in systematischer Verknüpfung, d. h. ein Reich der Zwecke gedacht werden können, welches nach obigen Prinzipien möglich ist.

Denn vernünftige Wesen stehen alle unter dem Gesetz, daß jedes derselben sich selbst und alle anderen  niemals bloß als Mittel,  sondern jederzeit  zugleich als Zweck ansich  behandeln soll. Hierdurch aber entspringt eine systematische Verbindung vernünftiger Wesen durch gemeinschaftliche objektive Gesetze, d. h. ein Reich, welches, weil diese Gesetze eben die Beziehung dieser Wesen aufeinander, als Zwecke und Mittel, zur Absicht haben, ein Reich der Zwecke (freilich nur ein Ideal) heißen kann.

Es gehört aber ein vernünftiges Wesen als  Glied  zum Reich der Zwecke, wenn es darin zwar allgemein gesetzgebend, aber auch diesen Gesetzen selbst unterworfen ist. Es gehört dazu als  Oberhaupt,  wenn es als gesetzgebend keinem Willen eines anderen unterworfen ist.

Das vernünftige Wesen muß sich jederzeit als gesetzgebend in einem durch Freiheit des Willens möglichen Reich der Zwecke betrachten, es mag nun sein als Glied oder als Oberhaupt. Den Platz des letztern kann es aber nicht bloß durch die Maxime seines Willens, sondern nur alsdann, wenn es ein völlig unabhängiges Wesen, ohne Bedürfnis und Einschränkung seines dem Willen adäquaten Vermögens ist, behaupten.

Moralität besteht also in der Beziehung aller Handlung auf die Gesetzgebung, dadurch allein ein Reich der Zwecke möglich ist. Die Gesetzgebung muß aber in jedem vernünftigen Wesen selbst angetroffen werden, und aus seinem Willen entspringen können, dessen Prinzip also ist: keine Handlung nach einer anderen Maxime zu tun, als so, daß es auch mit ihr bestehen kann, daß sie ein allgemeines Gesetz sei, und also nur so,  daß der Wille durch seine Maxime sich selbst zugleich als allgemein gesetzgebend betrachten kann.  Sind nun die Maximen mit diesem objektiven Prinzip der vernünftigen Wesen, als allgemein gesetzgebend, nicht durch ihre Natur schon notwendig einstimmig, so heißt die Notwendigkeit der Handlung nach jenem Prinzip praktische Nötigung d. h.  Pflicht.  Pflicht kommt nicht dem Oberhaupt im Reich der Zwecke, wohl aber jedem Glied und zwar allen in gleichem Maße zu.

Die praktische Notwendigkeit nach diesem Prinzip zu handeln, d. h. die Pflicht, beruth garnicht auf Gefühlen, Antrieben und Neigungen, sondern bloß auf dem Verhältnis vernünftiger Wesen zueinander, in welchem der Wille eines vernünftigen Wesens jederzeit zugleich als  gesetzgebend  betrachtet werden muß, weil es sie sonst nicht als  Zweck ansich  denken könnte. Die Vernunft bezieht also jede Maxime des Willens als allgemein gesetzgebend auf jeden anderen Willen, und auch auf jede Handlung gegen sich selbst, und dies zwar nicht um irgendeines anderen praktischen Beweggrundes oder künftigen Vorteils willen, sondern aus der Idee der  Würde  eines vernünftigen Wesens, das keinem Gesetz gehorcht, als dem, das es sich zugleich selbst gibt.

Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen  Preis oder eine  Würde Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als  Äquivalent,  gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent gestattet, das hat eine Würde.

Was sich auf die allgemeinen menschlichen Neigungen und Bedürfnisse bezieht, hat einen  Marktpreis;  das, was, auch ohne ein Bedürfnis vorauszusetzen, einem gewissen Geschmack, d. h. einem Wohlgefallen am bloßen zwecklosen Spiel unserer Gemütskräfte gemäßt ist, einen  Affektionspreis;  das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck ansich sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. h. einen Preis, sondern einen inneren Wert, d. h.  Würde. 

Nun ist Moralität die Bedingung, unter der allein ein vernünftiges Wesen Zweck ansich sein kann; weil es nur durch sie möglich ist, ein gesetzgebendes Glied im Reich der Zwecke zu sein. Also ist die Sittlichkeit und die Menschheit, sofern sie derselben fähig ist, dasjenige, was allein Würde hat. Geschicklichkeit und Fleiß im Arbeiten haben einen Marktpreis; Witz, lebhafte Einbildungskraft und Launen einen Affektionspreis; dagegen Treue im Versprechen, Wohlwollen aus Grundsätzen (nicht aus Instinkt) haben einen inneren Wert. Die Natur sowohl, wie auch Kunst enthalten nichts, was sie, in Ermangelung derselben, an ihre Stelle setzen könnten; denn ihr Wert besteht nicht in Wirkungen, die daraus entspringen, im Vorteil und Nutzen, den sie schaffen, sondern in den Gesinnungen, d. h. den Maximen des Willens, die sich auf diese Art in Handlungen zu offenbaren bereit sind, obgleich auch der Erfolg sie nicht begünstigt. Diese Handlungen bedürfen auch keiner Empfehlung von irgendeiner subjektiven Disposition oder Geschmack, sie mit unmittelbarer Gunst und Wohlgefallen anzusehen, keines unmittelbaren Hangs oder Gefühls für dieselbe; sie stellen den Willen, der sie ausübt, als Gegenstand einer unmittelbaren Achtung dar, dazu nichts, als Vernunft gefordert wird, um sie dem Willen  aufzuerlegen,  nicht von ihm zu  erschmeicheln,  wobei Letztere bei Pflichten ohnein ein Widerspruch wäre. Diese Schätzung gibt also den Wert einer solchen Denkungsart als Würde zu erkennen, und setzt sie über allen Preis unendlich hinweg, mit dem sie gar nicht in Anschlag und Vergleichung gebracht werden kann, ohne sich gleichsam an der Heiligkeit derselben zu vergreifen.

Und was ist es denn nun, was die sittlich gute Gesinnung oder die Tugend berechtigt, so hohe Ansprüche zu machen? Es ist nichts Geringeres, als der Anteil, den sie dem vernünftigen Wesen  an der allgemeinen Gesetzgebung  verschafft, und es hierdurch zum Glied in einem möglichen Reich der Zwecke tauglich macht, wozu es durch seine eigene Natur schon bestimmt war, als Zweck ansich und eben darum als gesetzgebend im Reich der Zwecke, in Anbetracht aller Naturgesetze als frei, nur denjenigen allein gehorchend, die es sich selbst gibt und nach welchen seine Maximen zu einer allgemeinen Gesetzgebung (der es sich zugleich selbst unterwirft) gehören können. Denn es hat nichts einen Wert, als den, welchen ihm das Gesetz bestimmt. Die Gesetzgebung selbst aber, die allen Wert bestimmt, muß eben darum eine Würde, d. h. einen unbedingten, unvergleichbaren Wert haben, für welchen das Wort  Achtung  allein den geziemenden Ausdruck der Schätzung abgibt, die ein vernünftiges Wesen über sie anzustellen hat.  Autonomie  ist also der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur.

Die angeführten drei Arten, das Prinzip der Sittlichkeit vorzustellen, sind aber im Grunde nur so viele Formeln ebendesselben Gesetzes, deren die eine die anderen zwei von selbst in sich vereinigt. Indessen ist doch eine Verschiedenheit in ihnen, die zwar eher subjektiv, als objektiv-praktisch ist, nämlich um eine Idee der Vernunft der Anschauung (nach einer gewissen Analogie) und dadurch dem Gefühl näher zu bringen. Alle Maximen haben nämlich
    1) eine  Form,  welche in der Allgemeinheit besteht, und da ist die Formel des sittlichen Imperativs so ausgedrückt: daß die Maximen so müssen ausgewählt werden, als ob sie wie allgemeine Naturgesetze gelten sollten;

    2) eine  Maxime,  nämlich einen Zweck, und da sagt die Formel: daß das vernünftige Wesen, als Zweck seiner Natur nach, mithin als Zweck ansich, jeder Maxime zur einschränkenden Bedingung aller bloß relativen und willkürlichen Zwecke dienen muß;

    3) eine  vollständige Bestimmung  aller Maximen durch jene Formel, nämlich: daß alle Maximen aus eigener Gesetzgebung zu einem möglichen Reich der Zwecke, als einem Reich der Natur (13, zusammenstimmen sollen. Der Fortgang geschieht hier, wie durch die Kategorien der  Einheit  der Form des Willens (der Allgemeinheit desselben), der  Vielheit  der Materie (der Objekte, d. h. der Zwecke) und der  Allheit  oder Totalität des Systems derselben. Man tut aber besser, wenn man in der sittlichen  Beurteilung  immer nach der strengen Methode verfährt und die allgemeine Formel des kategorischen Imperatives zugrunde legt:  handle nach der Maxime, die sich selbst zugleich zum allgemeinen Gesetz machen kann.  Will man aber dem sittlichen Gesetz zugleich  Eingang  verschaffen, so ist sehr nützlich, ein und ebendieselbe Handlung durch benannte drei Begriffe zu führen und sie dadurch, soviel sich tun läßt, der Anschauung zu nähern.
Wir können nunmehr da endigen, von wo wir im Anfang ausgingen, nämlich dem Begriff eines unbedingt guten Willens. Der  Wille  ist  schlechterdings gut,  der nicht böse sein, mithin dessen Maxime, wenn sie zu einem allgemeinen Gesetz gemacht wird, sich selbst niemals widerstreiten kann. Dieses Prinzip ist also auch sein oberstes Gesetz: handle jederzeit nach derjenigen Maxime, deren Allgemeinheit als Gesetz du zugleich wollen kannst; dies ist die einzige Bedingung, unter der ein Wille niemals mit sich selbst im Widerstreit sein kann, und ein solcher Imperativ ist kategorisch. Weil die Gültigkeit des Willens, als eines allgemeinen Gesetzes für mögliche Handlungen, mit der allgemeinen Verknüpfung des Daseins der Dinge nach allgemeinen Gesetzen, die das Formale der Natur überhaupt ist, Analogie hat, so kann der kategorische Imperativ auch so ausgedrückt werden:  handle nach Maximen, die sich selbst zugleich als allgemeine Naturgesetze zum Gegenstand haben können.  So ist also die Formel eines schlechterdings guten Willens beschaffen.

Die vernünftige Natur nimmt sich dadurch vor den übrigen aus, daß sie ihr selbst einen Zweck setzt. Dieser würde die Materie eines jeden guten Willens sein. Da aber in der Idee eines ohne einschränkende Bedingung (der Erreichung dieses oder jenes Zwecks) schlechterdings guten Willen durchaus von allem zu  bewirkenden  Zweck abstrahiert werden muß (als der jeden Willen nur relativ gut machen würde), so wird der Zweck hier nicht als ein zu bewirkender,  sondern selbständiger  Zweck, mithin nur negativ, gedacht werden müssen, d. h. dem niemals zuwider gehandelt wird, der also niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck in jedem Wollen geschätzt werden muß. Dieser kann nun nichts anderes, als das Subjekt aller möglichen Zwecke selbst sein, weil dieses zugleich das Subjekt eine möglichen schlechterdings guten Willens ist; denn dieser kann, ohne Widerspruch, keinem anderen Gegenstand nachgesetzt werden. Das Prinzip: handle in Beziehung auf ein jedes vernünftiges Wesen (auf dich selbst und andere) so, daß es in deiner Maxime zugleich als Zweck ansich gilt, ist demnach mit dem Grundsatz: handle nach einer Maxime, die ihre eigene allgemeine Gültigkeit für jedes vernünftige Wesen zugleich in sich enthält, im Grunde einerlei. Denn daß ich meine Maxime im Gebrauch der Mittel zu jedem Zweck auf die Bedingung ihrer Allgemeingültigkeit, als eines Gesetzes für jedes Subjekt einschränken soll, sagt ebensoviel, als: das Subjekt der Zwecke, d. h. das vernünftige Wesen selbst muß niemals bloß als Mittel, sondern als oberste einschränkende Bedingung im Gebrauch aller Mittel, d. h. jederzeit zugleich als Zweck, allen Maximen der Handlungen zugrunde gelegt werden.

Nun folgt hieraus unstreitig, daß jedes vernünftige Wesen, als Zweck ansich, sich in Anbetracht aller Gesetze, denen es nur immer unterworfen sein mag, zugleich als allgemein gesetzgebend müsse ansehen können, weil eben diese Schicklichkeit seiner Maxiemen zur allgemeinen Gesetzgebung es als Zweck ansich auszeichnet, desgleichen, daß dieses seine Würde (Prärogativ) vor allen bloßen Naturwesen es mit sich bringt, seine Maximen jederzeit aus dem Gesichtspunkt seiner selbst, zugleich aber auch jedes andern vernünftigen, als gesetzgebenden, Wesens, (die darum auch Personen heißen) nehmen zu müssen. Nun ist auf eine solche Weise eine Welt vernünftiger Wesen (mundus intelligibilis) als ein Reich der Zwecke möglich, und zwar durch die eigene Gesetzgebung aller Personen als Glieder. Demnach muß ein jedes vernünftiges Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reich der Zwecke wäre. Das formale Prinzip dieser Maximen ist: handle so, als ob deine Maxime zugleich zum allgemeinen Gesetz (aller vernünftigen Wesen) dienen sollte. Ein Reich der Zwecke ist also nur möglich nach der Analogie mit einem Reich der Natur, jenes aber nur nach Maximen d. h. sich selbst auferlegten Regeln, diese nur nach Gesetzen äußerlich genötigter wirkender Ursachen. Dessen ungeachtet gibt man doh auch dem Naturganzen, obgleich es als Maxime angesehen wird, dennoch, sofern es auf vernünftige Wesen, als seine Zwecke, Beziehung hat, aus diesem Grund den Namen eines Reichs der Natur. Ein solches Reich der Zwecke würde nur durch Maximen, deren Regel der kategorische Imperativ allen vernünftigen Wesen vorschreibt, wirklich zustande kommen,  wenn sie allgemein befolgt  würden. Allein obgleich das vernünftige Wesen darauf nicht rechnen kann, daß, wenngleich es auch diese Maxime selbst pünktlich befolgte, darum jedes andere ebenderselben treu sein würde, desgleichen, daß das Reich der Natur und die zweckmäßige Anordnung desselben, mit ihm, als einem schicklichen Glied, zu einem durch ihn selbst möglichen Reich der Zwecke zusammenstimmen d. h. seine Erwartung der Glückseligkeit begünstigen werde; so bleibt doch jenes Gesetz: handle nach Maximen eines allgemein gesetzgebenden Gliedes zu einem bloß möglichen Reich der Zwecke, in seiner vollen Kraft, weil es kategorisch gebietend ist. Und hierin liegt eben das Paradoxon, daß bloß die Würde der Menschheit, als vernünftiger Natur, ohne irgendeinen anderen dadurch zu erreichenden Zweck oder Vorteil, mithin die Achtung für eine bloße Idee dennoch zur unnachlässlichen Vorschrift des Willens dienen sollte, und daß gerade in dieser Unabhängigkeit der Maxime von allen solchen Triebfedern die Erhabenheit derselben besteht, und die Würdigkeit eines jeden vernünftigen Subjekts, ein gesetzgebendes Glied im Reich der Zwecke zu sein; denn sonst würde es nur als dem Naturgesetz seiner Bedürfnis unterworfen vorgestellt werden müssen. Obgleich auch das Naturreich sowohl, als das Reich der Zwecke, als unter einem Oberhaupt vereinigt gedacht würde, und dadurch das letztere nicht mehr eine bloße Idee bliebe, sondern wahre Realität erhielte, so würde hierdurch zwar jener der Zuwachs einer starken Triebfeder, niemals aber eine Vermehrung ihres inneren Wertes zustande kommen; denn diesem ungeachtet müßte doch selbst dieser alleinige unumschränkte Gesetzgeber immer so vorgestellt werden, wie er den Wert der vernünftigen Wesen nur nach ihrem uneigennützigen, bloß aus jener Idee ihne selbst vorgeschriebenen Verhalten beurteilte. Das Wesen der Dinge ändert sich durch ihre äußeren Verhältnisse nicht, und was, ohne an das letztere zu denken, den absoluten Wert des Menschen allein ausmacht, danach muß er auch, von wem es auch sei, selbst vom höchsten Wesen beurteilt werden.  Moralität  ist also das Verhältnis der Handlungen zur Autonomie des Willens, das ist, zur möglichenn allgemeinen Gesetzgebung durch die Maximen desselben. Die Handlung, die mit der Autonomie des Willens zusammen bestehen kann, ist  erlaubt;  die nicht damit stimmt, ist  unerlaubt.  Der Wille, dessen Maximen notwendig mit den Gesetzen der Autonomie zusammenstimmen, ist ein  heiliger,  schlechterdings guter Wille. Die Abhängigkeit eines nicht schlechterdings guten Willens vom Prinzip der Autonomie (die moralische Nötigung) ist  Verbindlichkeit.  Diese kann also auf ein heiliges Wesen nicht gezogen werden. Die objektive Notwendigkeit einer Handlung aus Verbindlichkeit heißt  Pflicht. 

Man kann aus dem kurz Vorhergehenden es sich leicht erklären, wie es zugeht: daß, obgleich wir unter dem Begriff von Pflicht uns eine Unterwürfigkeit unter das Gesetz denken, wir uns dadurch doch zugleich eine gewisse Erhabenheit und  Würde  an derjenigen Person vorstellen, die alle ihre Pflichten erfüllt. Denn sofern ist zwar keine Erhabenheit an ihr, als sie dem moralischen Gesetz  unterworfen  ist, wohl aber, sofern sie in Anbetracht ebendesselben zugleich  gesetzgebend  und nur darum ihm untergeordnet ist. Auch haben wir oben gezeigt, wie weder Furcht noch Neigung, sondern lediglich Achtung für das Gesetz diejenige Triebfeder sei, die der Handlung einen moralischen Wert geben kann. Unser eigener Wille, sofern er nur unter der Bedingung einer durch seine Maximen möglichenn allgemeinen Gesetzgebung handeln würde, dieser uns mögliche Wille, in der Idee, ist der eigentliche Gegenstand der Achtung, und die Würde der Menschheit besteht eben in dieser Fähigkeit, allgemein gesetzgebend, obgleich mit der Bedingung, eben dieser Gesetzgebung zugleich selbst unterworfen zu sein.


Die Autonomie des Willens
[als oberstes Prinzip der Sittlichkeit]

Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist. Das Prinzip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen, als so, daß die Maximen seiner  Wahl  in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien. Daß diese praktische Regel ein Imperativ sei, d. h. der Wille jedes vernünftigen Wesens an sie als Bedingung notwendig gebunden sei, kann durch eine bloße Zergliederung der in ihm vorkommenden Begriffe nicht bewiesen werden, weil es ein synthetischer Satz ist; man müßte über die Erkenntnis der Objekte und zu einer Kritik des Subjekts, d. h. der reinen praktischen Vernunft hinausgehen; denn völlig  a priori  muß dieser synthetische Satz, der apodiktisch gebietet, erkannt werden können; dieses Geschäft aber gehört nicht in den gegenwärtigen Abschnitt. Allein, daß ein gedachtes Prinzip der Autonoie das alleinige Prinzip der Moral sei, läßt sich durch eine bloße Zergliederung der Begriffe der Sittlichkeit gar wohl dartun. Denn dadurch findet sich, daß ihr Prinzip ein kategorischer Imperativ sein müsse, dieser aber nichts mehr oder weniger, als gerade diese Autonomie gebietet.


Die Heteronomie des Willens
[als der Quell aller unechten
Prinzipien der Sittlichkeit]

Wenn der Wille  irgendwo anders,  als in der Tauglichkeit seiner Maximen zu seiner eigenen allgemeinen Gesetzgebung, mithin, wenn er, indem er über sich selbst hinausgeht, in der Beschaffenheit irgendeines seiner Objekte das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll, so kommt jederzeit  Heteronomie  heraus. Der Wille gibt sodann sich nicht selbst, sondern das Objekt gibt durch sein Verhältnis zum Willen diesem das Gesetz. Dieses Verhältnis, es beruhe nun auf der Neigung, oder auf Vorstellungen der Vernunft, läßt nur hypothetische Imperative möglich werden: ich soll etwas tun darum,  weil ich etwas anderes will.  Dagegen sagt der moralische, mithin kategorische Imperativ: ich soll so soder so handeln, obgleich ich nichts anderes wollte. Zum Beispiel sagt jener: ich soll nicht lügen, wenn ich bei Ehren bleiben will; dieser aber: ich soll nicht lügen, ogleich es mir nicht die mindeste Schande zuzöge. Der letztere muß also von allem Gegenstand insofern abstrahieren, daß dieser gar keinen  Einfluß  auf den habe, damit praktische Vernunft (Wille) nicht bloß fremdes Interesse administriere, sondern bloß ihr eigenes gebietendes Ansehen, als oberste Gesetzgebung, beweise. So soll ich z. B. eine fremde Glückseligkeit zu befördern suchen, nicht als wenn mir an deren Existenz was gelegen wäre (es sei denn durch die unmittelbare Neiung, oder irgendein Wohlgefallen indirekt durch Vernunft), sondern bloß deswegen, weil die Maxime, die sie ausschließt, nicht in ein und demselben Wollen, als allgemeines Gesetz, begriffen werden kann.


Einteilung
[aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus
dem angenommenen Grundbegriff der Heteronomie]

Die menschliche Vernunft hat hier, wie allerwärts in ihrem reinen Gebrauch, solange es ihr an Kritik fehlt, vorher alle möglichen unrechten Wege versucht, ehe es ihr gelingt, den einzigen wahren zu treffen.

Alle Prinzipien, die man aus diesem Gesichtspunkt nehmen mag, sind entweder  empirisch  oder  rational.  Die  ersteren,  aus dem Prinzip der  Glückseligkeit,  sind auf das physische oder moralische Gefühl, die  zweiten,  aus dem Prinzip der Vollkommenheit, entweder auf den Vernunftbegriff derselben, als möglicher Wirkung, oder auf den Begriff einer selbständigen Vollkommenheit (den Willen Gottes), als bestimmende Ursache unseres Willens, gebaut.

 Empirische Prinzipien  taugen überall nicht dazu, um moralische Gesetze darauf zu gründen. Denn die Allgemeinheit, mit der sie für alle vernünftigen Wesen ohne Unterschied gelten sollen, die unbedingte praktische Notwendigkeit, die ihnen dadurch auferlegt wird, fällt weg, wenn der Grund derselben von der  besonderen Einrichtung der menschlichen Natur,  oder den zufälligen Umständen hergenommen wir, darin sie gesetzt ist. Doch ist das Prinzip der  eigenen  Glückseligkeit am meisten verwerflich, nicht bloß deswegen, weil es falsch ist und die Erfahrung dem Vorgeben, als ob das Wohlbefinden sich jederzeit nach dem Wohlverhalten richtet, widerspricht, auch nicht bloß, weil es gar nichts zur Gründung der Sittlichkeit beiträgt, indem es ganz was anderes ist, einen glücklichen, als einen guten Menschen, und diesen klug und auf seinen Vorteil abgewitzt, als ihn tugendhaft zu machen; sondern weil es der Sittlichkeit Triebfedern unterlegt, die sie eher untergraben und ihre Erhabenheit vernichten, indem sie die Bewegursachen zur Tugend mit denen zum Laster in eine Klasse stellen und nur das Kalkül besser ziehen lernen, den spezifischen Unterschied beider aber ganz und gar auslöschen; dagegen das moralische Gefühl, dieser vermeintliche besondere Sinn (14, (so seicht auch die Berufung auf selbigen ist, indem diejenigen, die nicht  denken  können, selbst in dem, was bloß auf allgemeine Gesetze ankommt, sich durch das  Fühlen  auszuhelfen glauben, so wenig auch Gefühle, die dem Grad nach von Natur aus unendlich voneinander unterschieden sind, einen gleichen Maßstab des Guten und Bösen abgeben, auch einer durch sein Gefühl für andere gar nicht gültig urteilen kann) dennoch bleibt, daß er der Tugend die Ehre erweist, das Wohlgefallen und die Hochschätzung für sie ihr  unmittelbar  zuzuschreiben, und ihr nicht gleichsam ins Gesicht sagt, daß es nicht ihre Schönheit, sondern nur der Vorteil ist, der uns an sie knüpft.

Unter den  rationalen  oder Vernunftgründen der Sittlichkeit ist doch der ontologische Begriff der  Vollkommenheit  (so leer, so unbestimmt, mithin unbrauchbar er auch ist, um in dem unermeßlichen Feld möglicher Realität die für uns schickliche größte Summe auszufinden, so sehr er auch, um die Realität, von der hier die Rede ist, spezifisch von jeder anderen zu unterscheiden, einen unvermeidlichen Hang hat, sich im Zirkel zu drehen, und die Sittlichkeit, diei er erklären soll, insgeheim vorauszusetzen nicht vermeiden kann) dennoch besser, als der theologische Begriff, sie von einem göttlichen allervollkommensten Willen abzuleiten, nicht bloß deswegen, weil wir seine Vollkommenheit doch nicht anschauen, sondern sie von unseren Begriffen, unter denen der der Sittlichkeit der vornehmste ist, allein ableiten zu können, sondern weil, wenn wir dies nicht tun (wie es denn, wenn es geschähe, ein grober Zirkel im Erklären sein würde), der uns noch übrige Begriff seines Willens aus den Eigenschaften der Ehr- und Herrschbegierde, mit den furchtbarsten Vorstellungen der Macht und des Nacheifers verbunden, zu einem System der Sitten, welches der Moralität gerade entgegengesetz wäre, die Grundlagen machen müßte.

Wenn ich aber zwischen dem Begriff des moralischen Sinnes und dem der Vollkommenheit überhaupt (die beide der Sittlichkeit wenigstens nicht Abbruch tun, obgleich sie dazu gar nichts taugen, sie als Grundlagen zu unterstützen) wählen müßte; so würde ich mich für den letzteren bestimmen, weil, da er wenigstens die Entscheidung der Frage von der Sinnlichkeit ab und an den Gerichtshof der reinen Vernunft zieht, obgleich er auch hier nichts entscheidet, dennoch die unbestimmte Idee (eines ansich guten Willens) zur näheren Bestimmung unverfälscht beibehält.

Übrigens glaube ich einer weitläufigen Widerlegung all dieser Lehrbegriffe enthoben sein zu können. Sie ist so leicht, sie ist von denen selbst, deren Amt es erfordert, sich doch für eine dieser Theorien zu erklären (weil Zuhörer den Aufschub des Urteils nicht wohl leiden mögen), selbst vermutlich so wohl eingesehen haben, daß dadurch nur überflüssige Arbeit geschehen würde. Was uns aber hier mehr interessiert, ist, zu wissen, daß diese Prinzipien überall nichts, als Heteronomie des Willens zum ersten Grund der Sittlichkeit aufstellen, und eben darum notwendig ihren Zweck verfehlen müssen.

Allenthalben, wo ein Objekt des Willens zugrunde gelegt werden muß, um diesem die Regel vorzuschreiben, die ihn bestimmt, da ist die Regel nichts als Heteronomie; der Imperativ ist bedingt, nämlich:  Wenn  oder  weil  man dieses Objekt will, somm man so oder so handeln; mithin kann er niemals moralisch, d. h. kategorisch gebieten. Er mag nun das Objekt mittels der Neigung, wie beim Prinzip der eigenen Glückseligkeit oder mittels der auf Gegenstände unseres möglichen Willens überhaupt gerichteten Vernunft, im Prinzip der Vollkommenheit, den Willen bestimmen, so bestimmt sich der Wille niemals  unmittelbar  selbst durch die Vorstellung der Handlung, sondern nur durch die Triebfeder, welche die vorausgesehene Wirkung der Handlung auf den Willen hat:  ich soll etwas tun, darum, weil ich etwas anderes will,  und hier muß noch ein anderes Gesetz in meinem Subjekt zugrunde gelegt werden, nach welchem ich dieses andere notwendig will, welches Gesetz wiederum eines Imperativs bedarf, der diese Maxime einschränkt. Denn weil der Antrieb, den die Vorstellung eines durch unsere Kräfte möglichen Objekts nach der Naturbeschaffenheit des Subjekts auf seinen Willen ausüben soll, zur Natur des Subjekts gehört, es sei der Sinnlichkeit (der Neigung und des Geschmacks) oder des Verstandes und der Vernunft, die nach der besonderen Einrichtung ihrer Natur an einem Objekt sich mit Wohlgefallen üben, so gäbe eigentlich die Natur das Gesetz, welches, als ein solches, nicht allein durch Erfahrung erkannt und bewiesen werden muß, mithin ansich zufällig ist und zur apodiktischen praktischen Regel, dergleichen die moralische sein muß, dadurch untauglich wird, sondern es ist  immer nur Heteronomie  des Willens; der Wille gibt sich nicht selbst, sondern ein fremder Antrieb gibt ihm, mittels einer auf die Empfänglichkeit desselben gestimmten Natur des Subjekts, das Gesetz.

Der schlechterdings gute Wille, dessen Prinzip ein kategorischer Imperativ sein muß, wird also, in Anbetracht aller Objekte unbestimmt, bloß die  Form des Wollens  überhaupt enthalten, und zwar als Autonomie; d. h. die Tauglichkeit der Maxime eines jeden guten Willens, sich selbst zum allgemeinen Gesetz zu machen, ist selbst das alleinige Gesetz, das sich der Wille eines jeden vernünftigen Wesens selbst auferlegt, ohne irgendeine Triebfeder und Interesse derselben als Grund unterzulegen.

Wie ein solcher synthetischer praktischer Satz a priori möglich  und warum er notwendig sei, ist eine Aufgabe, deren Auflösung nicht mehr in den Grenzen der Metaphysik der Sitten liegt, auch haben wir seine Wahrheit hier nicht behauptet, vielweniger vorgegeben, einen Beweis derselben in unserer Gewalt zu haben. Wir zeigten nur durch die Entwicklung des einmal allgemein im Schwange gehenden Begriffs der Sittlichkeit, daß eine Autonomie des Willens demselben unvermeidlicherweise anhängt, oder vielmehr zugrunde liegt. Wer also Sittlichkeit für Etwas, und nicht für eine chimärische Idee ohne Wahrheit hält, muß das angeführte Prinzip derselben zugleich einräumen. Dieser Abschnitt war also, ebenso, wie der erste, bloß analytisch. Daß nun Sittlichkeit kein Hirngespinst sei, welches sodann folgt, wenn der kategorische Imperativ und mit ihm die Autonomie des Willens wahr und als ein Prinzip  a priori  schlechterdings notwendig ist, erfordert einen  möglichen synthetischen Gebrauch der reinen praktischen Vernunft,  den wir aber nicht wagen dürfen, ohne eine  Kritik  dieses Vernunftvermögens selbst voranzuschicken, von welcher wir im letzten Abschnitt die zu unserer Absicht hinlänglichen Hauptzüge darzustellen haben.

LITERATUR: Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Berlin 1870 [Kirchmann-Ausgabe]
    Anmerkungen
    1) Man kann, wenn man will, so wie die reine Mathematik von der angewandten, die reine Logik von der angewandtenn unterschieden wird, also die reine Philosophie der Sitten (Metaphysik) von der angewandten (nämlich auf die menschliche Natur) unterscheiden. Durch diese Benennung wird man auch sofort erinnert, daß die sittlichen Prinzipien nicht auf die Eigenheiten der menschlichen Natur gegründet, sondern für sich  a priori  bestehend sein müssen, aus solchen aber, wie für jede vernünftige Natur, also auch für die menschliche, praktische Regeln müssen abgeleitet werden können.
    2) Ich habe einen Brief vom vortrefflichen SULZER, worin er mich fragt: was doch die Ursache sein möge, warum die Lehren der Tugend, so viel Überzeugendes sie auch für die Vernunft haben, doch so wenig ausrichten. Meine Antwort wurde durch die Zurüstung dazu, um sie vollständig zu geben, verspätet. Allein es ist keine andere, als daß die Lehrer selbst ihre Begriffe nichts ins Reine gebracht haben und indem sie es zu gut machen wollen, dadurch, daß sie allerwärts Bewegursachen zum Sittlichguten auftreiben, um die Arznei recht kräftig zu machen, die sie verderben. Denn die gemeinste Beobachtung zeigt, daß, wenn man eine Handlung der Rechtschaffenheit vorstellt, wie sie von aller Absicht auf irgendeinen Vorteil, in dieser oder einer anderen Welt, abgesondert, selbst unter den größten Versuchungen der Not oder Anlockung mit standhafter Seele ausgeübt worden, sie jede ähnliche Handlung, die nur im mindesten durch eine fremde Triebfeder affiziert war, weit hinter sich lasse und verdunkle, die Seele erhebe und den Wunsch errege, auch so handeln zu können. Selbst Kinder von mittlerem Alter fühlen diesen Eindruck und ihnen sollte man Pflichten auch niemals anders vorstellen.
    3) Die Abhängigkeit des Begehrungsvermögens von Empfindungen heißt Neigung, und diese beweist also jederzeit ein  Bedürfnis Die Abhängigkeit eines zufällig bestimmbaren Willens aber von Prinzipien der Vernunft heißt ein  Interesse Dieses findet also nur bei einem abhängigen Willen statt, der nicht von selbst jederzeit der Vernunft gemäß ist; beim göttlichen Willen kann man sich kein Interesse denken. Aber auch der menschliche Wille kann woran eine  Interesse  nehmen, ohne darum  aus Interesse zu handeln.  Das erste bedeutet das  praktische  Interesse an der Handlung, das zweite das  pathologische  Interesse am Gegenstand der Handlung. Das erste zeigt nur die Abhängigkeit des Willens von Prinzipien der Vernunf ansich, das zweite von den Prinzipien derselben zum Zweck der Neigung an, da nämlich die Vernunft nur die praktische Regel angibt, wie dem Bedürfnis der Neigung abgeholfen wird. Im ersten Fall interessiert mich die Handlung, im zweiten der Gegenstand der Handlung (sofern er mir angenehm ist). Wir haben im ersten Abschnitt gesehen, daß bei einer Handlung aus Pflicht nicht auf das Interesse am Gegenstand, sondern bloß an der Handlung selbst und ihrem Prinzip in der Vernunft (dem Gesetz) gesehen werden muß.
    4) Das Wort "Klugheit" wird in einem zweifachen Sinn genommen, einmal kann es den Namen  Weltklugheit,  im zweiten den der  Privatklugheit  führen. Die erste ist die Geschicklichkeit eines Menschen, auf andere Einfluß zu haben, um sie zu seinen Absichten zu gebrauchen. Die zweite die Einsicht, alle diese Absichten zu seinem eigenen dauerndenn Vorteil zu vereinigen. Die letztere ist eigentlich diejenige, worauf selbst der Wert der ersteren zurückgeführt wird, und wer in der ersteren Art klug ist, nicht aber in der zweiten, von dem könnte man besser sagen: er ist gescheit oder verschlagen, im Ganzen aber doch unklug.
    5) Mich deucht, die eigentliche Bedeutung des Wortes  pragmatisch  kann so am genauesten bestimmt werden. Denn pragmatisch werden die  Sanktionen  genannt, welche eigentlich nicht aus dem Recht der Staaten als notwendige Gesetze, sondern aus der  Vorsorge  für die allgemeine Wohlfahrt fließen. Pragmatisch ist eine  Geschichte  abgefaßt, wenn sie  klug  macht, d. h. die Welt belehrt, wie sie ihren Vorteil besser, oder wenigstens ebenso gut, als die Vorwelt, besorgen kann.
    6) Ich verknüpfe mit dem Willen, ohne eine vorausgesetzte Bedingung aus irgendeiner Neigung, die Tat,  a priori,  mithin notwendig (obgleich nur objektiv, d. h. unter der Idee der Vernunft, die über alle subjektiven Bewegursachen völlige Gewalt hätte). Dieses ist also ein praktischer Satz, der das Wollen einer Handlung nicht aus einem anderen schon vorausgesetzten analytisch ableitet (denn wir haben keinen so vollkommenen Willen), sondern mit dem Begriff des Willens als eines vernünftigen Wesens unmittelbar, als etwas, das in ihm nicht enthalten ist, verknüpft.
    7)  Maxime  ist das subjektive Prinzip zu handeln, und muß vom  objektiven Prinzip,  nämlich dem praktischen Gesetz unterschieden werden. Jene enthält die praktische Regel, die die Vernunft den Bedingungen des Subjekts gemäß (öfters der Unwissenheit oder auch den Neigungen desselben) bestimmt, und ist also der Grundsatz, nach welchem das Subjekt  handelt;  das Gesetz aber ist das objektive Prinzip, gültig für jedes vernünftige Wesen, und der Grundsatz, nach dem es  handeln soll,  d. h. ein Imperativ.
    8) Man muß hier wohl merken, daß ich die Einteilung der Pflichten für eine künftige  Metaphysik der Sitten  mir gänzlich vorbehalte, diese hier also nur als beliebig (um meine Beispiele zu ordnen) dasteht. Übrigens verstehe ich hier unter einer vollkommenen Pflicht diejenige, die keine Ausnahme zum Vorteil der Neigung gestattet, und da habe ich nicht bloß äußere, sondern auch innere  vollkommene Pflichten,  welches dem in Schulen angenomenen Wortgebrauch zuwiderläuft, ich aber hier nicht zu verantworten gemeint bin, weil es zu meiner Absicht einerlei ist, ob man es mir einräumt oder nicht.
    9) Die Tugend in ihrer eigentlichen Gestalt erblicken, ist nichts anderes, als die Sittlichkeit, von aller Beimischung des Sinnlichen und allem unechten Schmuck des Lohns oder der Selbstliebe entkleidet, darzustellen. Wie sehr sie alsdann alles Übrige, was den Neigungen reizend erscheint, verdunkelt, kann jeder mittels des geringsten Versuchs seiner nicht ganz für alle Abstraktion verdorbenen Vernunft leicht inne werden.
    10) Diesen Satz stelle ich hier als Postulat auf. Im letzten Abschnitt wird man die Gründe dazu finden.
    11) Man denke ja nicht, daß hier das triviale  quod tibi non vis fieri etc.  (Was du nicht willst, daß dir geschehe, das etc.) zur Richtschnur oder Prinzip dienen kann. Denn es ist, obwohl mit verschiedenen Einschränkungen, nur aus jenem abgeleitet; es kann kein allgemeines Gesetz sein, denn es enthält nicht den Grund der Pflichten gegen sich selbst, nicht der Liebespflichten gegen andere (denn mancher würde es gerne eingehen, daß andere ihm nicht wohltun sollen, wenn das ihn nur davon befreit, ihnen Wohltat zu erzeigen), endlich nicht der schuldigen Pflicht gegeneinander; denn der Verbrecher würde aus diesem Grund gegen seine strafenden Richter argumentieren usw.
    12) Ich kann hier, Beispiele zur Erläuterung dieses Prinzips anzuführen, enthoben sein, denn die, welche zuerst den kategorischen Imperativ und seine Formel erläutern, können hier alle zu eben diesem Zweck dienen.
    13) Die Teleologie erwägt die Natur als ein Reich der Zwecke, die Moral ein mögliches Reich der Zwecke als ein Reich der Natur. Dort ist das Reich der Zwecke eine theoretische Idee, zur Erklärung dessen, was da ist. Hier ist eine praktische Idee, um das, was nicht da ist, aber durch unser Tun und Lassen wirklich werden kann, und zwar eben dieser Idee gemäß, zustande zu bringen.
    14) Ich rechne das Prinzip des moralischen Gefühls zu dem der Glückseligkeit, weil ein jedes empirisches Interesse durch die Annehmlichkeit, die etwas nur gewährt, es mag nun unmittelbar und ohne Absicht auf Vorteile, oder in Rücksicht auf dieselben geschehen, einen Beitrag zum Wohlbefinden verspricht. Desgleichen muß man das Prinzip der Teilnahme an einer anderen Glückseligkeit, mit HUTCHESON, zu demselben von ihm angenommenen moralischen Sinn rechnen.