![]() |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
|||
Die transzendentale Deduktion der Kategorien in der 1. Auflage der Kr. d. r. V. [2/3]
II. Chronologische Rekonstruktion Aufgrund dieser vergleichenden Analyse darf ich wohl behaupten, daß die transzendentale Deduktion A absolut keine einheitliche Darstellung ist, sondern ein sehr lose komponiertes Neben- und Durcheinander verschiedener, widersprechender Darstellungen auf verschiedenen Zeiten. Die chronologische Reihenfolge der einzelnen Darstellungen festzustellen, ist natürlich nicht mit Sicherheit möglich, doch darf man wagen, darüber folgende Vermutungen zu äußern, deren hypothetischer Charakter von vornherein ausdrücklich zugestanden werden soll. Sie sind aber doch vielleicht imstande, die vielen Rätsel der Deduktion A bis zu einem gewissen Grad zu lösen. - noch ohne Kategorien - Die älteste Darstellung dürfte II, 3 β sein. Für das Alter derselben spricht zunächst der auffallende Umstand, daß in ihr von der (produktiven) Einbildungskraft absolut geschwiegen wird, obwohl der Sache nach dieselbe notwendig hätte erwähnt werden müssen, wenn dieselbe eben überhaupt schon in den kantischen Gesichtskreis damals getreten wäre. Dieser Punkt konnte seiner Wichtigkeit halber nicht mit Stillschweigen übergangen werden - also hatte KANT damals die Rolle, welche nachher die (produktive) Einbildungskraft in der Deduktion spielen sollte, selbst noch nicht erfaßt (1). Aber dieses Fehlen der (produktiven) Einbildungskraft teilt die Darstellung II, 3 β mit II, 4 sowie mit II, Einleitung α und mit I, § 14, wie wir sehen werden: was spricht nun dafür, daß unter diesen Darstellungen geradeII, 3 β die älteste Darstellung ist? Das Thema: der "Gegenstand einer Vorstellung". In keiner der übrigen Darstellungen wird dieser Begriff erörtert, vielmehr wird er überall als bekannt vorausgesetzt. Dieser Begriff aber ist nun gerade das Thema des vielerörterten Briefes an Herz vom 21. Februar 1772. Daselbst wird die Frage der Beziehung der Vorstellung auf den Gegenstand in einer doppelten Richtung aufgeworfen. Für mich kommt hier zunächst nur die erste in Betracht:
Im Brief vom 21. Februar 1772 findet KANT diese Frage noch "leicht einzusehen". Aber bald danach muß er zur Einsicht gekommen sein, daß diese Frage ernster zu nehmen ist, und das Resultat dieser erneuten Inangriffnahme haben wir hier in II, 3 β vor uns: die Einsicht, daß der einheitliche "Gegenstand" einer sinnlichen, empirischen Vorstellung nichts ist, als das Gegenbild der Subjektseinheit, der transzendentalen Apperzeption, derart, daß wir unsere "formale Einheit des Bewußtseins" geltend machen, "in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen, bzw. der Anschauungen". In den sinnlichen Vorstellungen dieses Baumes, jenes Hauses steckt eben außer dem "passiven" Element ein aktiv-synthetischer Faktor, ein Strahl der Einheitssonne unseres Ich, ein Strahl dieser Sonne fällt auf das zerstreute Mannigfaltige der Erscheinung und es konkretisiert sich zum einheitlichen Erfahrungsgegenstand. Diese Objektivierung der subjektiven Erscheinung zum Erfahrungsgegenstand durch die reine Apperzeption ist nun aber, wie es weiterhin heißt, vermittelt durch "Begriffe": man wird natürlich versucht sein, hier zunächst an die Begriffe a priori, an die Kategorien zu denken; aber gerade diese Erwartung wird getäuscht. Am deutlichsten sind folgende, übrigens vielzitierte Worte:
Man beachte also wohl die ganz eigentümliche Darstellung: die gewöhnlichen Allgemeinbegriffe sind es hier, welche mit der transzendentalen Apperzeption zusammen es verursachen, daß aus bloßen Wahrnehmungen "Gegenstände" für uns werden; diese Allgemeinbegriffe sind "Regeln", welche die Erscheinungen
Einige Wendungen könnten uns allerdings dazu führen, doch wenigstens indirekt die Kategorien in ihnen zu finden; ausdrücklich ist von ihnen ja nicht die Rede. So wenn es heißt:
So sprechen gerade jene Wendungen in ihrer Unbestimmtheit dafür, daß wir es hier mit einem früheren Stadium der Lehre zu tun haben. Ein entscheidender Beweis für die verhältnismäßig frühe Abfassung der ganzen Stelle liegt ferner in folgendem Passus (im drittletzten Absatz):
So haben wir also folgendes Resultat: in dem Abschnitt II, 3 β ist von Kategorien noch nicht die Rede (5); es bedarf noch gar nicht ihrer Mitwirkung, um das Mannigfaltige zur Einheit zu zwingen. Die gewöhnlichen Allgemeinbegriffe tun jetzt diesen Dienst: sie spielen die Vermittlerrolle, sie sind die Organe, durch welche die transzendentale Apperzeption jene Einheit des Mannigfaltigen hineinbringt. Die Objektseinheit ist das Gegenbild, der Widerschein, die Wirkung der Subjektseinheit. Daß aber diese Subjektseinheit sich in kategorialen Einheitsfunktionen manifestiert, davon ist absolut noch nicht die Rede. Somit löst Kant das Gegenstandsproblem in Bezug auf die sinnlichen Vorstellungen hier noch ohne Bezugnahme auf die Kategorien. Wie kam nun KANT dazu, diese Gegenstandstheorie aus der Frühzeit seines Kritizismus mit demjenigen später zusammenzubringen, was er die "Synthesis der Rekognition im Begriff" nennt? Die Beantwortung dieser nächstliegenden Frage ist eine Aufgabe, die ich weiter unten zu lösen versuchen werde. - noch ohne die produktive Einbildungskraft - Eine Bezugnahme auf die Kategorien treffen wir - im Gegensatz zu II, 3 β in II, 4; hier ist die Einsicht klar vorhanden, daß nur die kategorialen Einheitsfunktionen jene einheitliche Verknüpfung des sinnlichen Mannigfaltigen zu "Gegenständen" hervorbringen können, die wir "Erfahrung" nennen, und dieser letztere Begriff tritt nun viel stärker hervor, als in II, 3 β. Schwerlich ist nun diese Einsicht sofort nach der Niederschrift von II, 3 β gekommen. Ich habe umso weniger Grund, das anzunehmen, als unter den übrigen Abschnitten noch einer vorhanden ist, dem wir ein sehr hohes Alter zuschreiben müssen - I § 13. Aus welchen Anzeichen müssen wir auf die frühe Abfassung dieses Abschnittes schließen? Hauptsächlich aus zwei: erstens aus dem Umstand, daß die reinen Begriffe daselbst noch auf das transzendente Gebiet anwendbar erscheinen, zweitens aus dem Umstand, daß
Der Abschnitt I § 13 zeugt also dafür, daß KANT das Problem des Gegenstandes der sinnlichen Vorstellungen und das Problem der Gültigkeit der intellektuellen Kategorien ursprünglich gar nicht in Zusammenhang brachte, daß er beide Probleme ursprünglich ganz unabhängig von einander behandelt hat. Hier in I § 13 wird das Problem der Kategorien ganz für sich aufgeworfen: worin liegt das Recht ihrer Anwendung? und zwar, wie gesagt, ihrer unbeschränkten Anwendung. Ganz so leitet auch der Brief an Herz vom 21. Februar 1772 das Problem der Kategorien ein; auch da ist von einer beschränkten Anwendung der Kategorien noch gar nicht die Rede. Aber die Frage betreffs dieser "intellektuellen Vorstellungen" ist nun ganz allgemein: "woher kommt die Überstimmung, die sie mit Gegenständen haben sollen?" da doch diese Begriffe ebenso unabhängig von den Gegenständen sind, wie diese von jenen? Dies ist eben die zweite Richtung, in welcher das Problem der Beziehung der Vorstellungen auf den Gegenstand in jenem Brief aufgeworfen wird. Das erste Problem, das KANT damals noch leicht genommen hat, betraf die "sinnlichen Vorstellungen"; das zweite betrifft die "intellektualen Vorstellungen". Dieses letztere Problem treffen wir nun auch in I, § 13. Dieser Abschnitt wird so ziemlich aus derselben Zeit stammen, wie II, 3 β; doch wird man annehmen dürfen, daß II, 3 β; das frühere Stück ist: KANT entdeckt zuerst, daß jenes erstere Problem - des "Gegenstandes" der sinnlichen Vorstellungen - nicht ganz so einfach ist, als er zuerst gemeint hatte, und er macht die fundamental wichtige Entdeckung, daß der "Gegenstand" der sinnlichen Vorstellungen nichts ist als ein Gegenbild der Subjektseinheit, der Apperzeption. Nun erst ist er auch imstande gewesen, das zweite Problem fruchtbar in Angriff zu nehmen, und den Übergang zur Beantwortung des zweiten Problems - des "Gegenstandes" der intellektualen Vorstellungen, haben wir in § 13 vor uns. Dieser Passus gibt erst eine Exposition des Problems, wie es Kant damals aufgefaßt hat - noch vor der Lösung: denn nach der Lösung hätte er die Exposition anders gemacht. Erst allmählich wird KANT zu jener großen neuen entscheidenden Einsicht gelangt sein: dasselbe Prinzip, das die tatsächliche Beziehung der sinnlichen Vorstellungen auf ihren Gegenstand erklärt, - die Synthesis des Mannigfaltigen durch das Ich - ist ja auch imstande, die rechtmäßige Beziehung der intellektualen Vorstellungen auf Gegenstände zu erklären; die intellektuellen Vorstellungen wirken eben als notwendige Mittel mit bei der Synthesis des Mannigfaltigen durch das Ich zu "Gegenständen", und diese "Gegenstände", bei deren Entstehung sie mitgewirkt haben, sind eben darum auch rechtmäßige und zwar die allein rechtmäßigen "Gegenstände", auf welche sich die Kategorien notwendig beziehen. Jetzt muß dann auch die Einsicht gekommen sein, daß die Apperzeption, deren Wirkung die Vorstellung des "Gegenstandes" ist, identisch ist mit dem reinen Verstand, dessen Begriffe die Kategorien sind. In dem Augenblick, in welchem diese beide Ströme zusammenflossen, war der Grundgedanke der transzendentalen Deduktion geboren, nicht früher und nicht später. Den Niederschlag dieser Entdeckung haben wir nun in I § 14 (ohne den Schluß, der aus späterer Zeit stammt), sowie in dem mit ihm wesentlich zusammengehörigen II Einleitung & alpha;. Besonders im Ersteren ist das klar und deutlich; die Begriffe a priori sind die "Bedingungen, unter denen allein etwas ... als Gegenstand überhaupt gedacht wird"; sie sind "Bedingungen der Möglichkeit a priori der Erfahrung". Deshalb geht auch I § 14 weit hinaus über den Brief an Herz von 1772, mit dem I § 14 sonst äußerlich große Ähnlichkeit hat, aber eben auch nur äußerlich: wohl ist beiden gemeinsam die Aufstellung zweier Fälle, aber die Ausführung ist ganz verschieden. 1) Empirische Vorstellung: sie entsteht durch Affektion des Subjekts vom Gegenstand (Brief) = der Gegenstand macht die Vorstellung möglich (Kritik). Aber während im Brief keine Schwierigkeit gefunden wird, daß eine derartige Vorstellung "auf einen Gegenstand sich beziehe", heißt es hier in der Kritik nur vorsichtig: diese Beziehung der Vorstellung auf den Gegenstand gilt bei den empirischen Vorstellungen nur "in Anbetracht dessen, was in ihnen zur Empfindung gehört" - dies ist aber die natürliche kausale Beziehung auf den affizierenden Gegenstand. Aber die andere Beziehung - die Beziehung auf den transzendentalen Gegenstand, wird dadurch nicht erklärt (6): dieser entsteht ja erst durch die kategorialen Einheitsfunktionen und deren kunstvolle synthetische Tätigkeit. Und dies koinzidiert [zusammentreffen - wp] nun eben mit den zweiten Fall, dem Problem der Begriffe a priori. 2) Begriffe a priori sind eben möglich und haben objektive Gültigkeit, wenn und insofern sie die Bedingungen sind, "etwas als einen Gegenstand zu erkennen". Und damit ist eben das Problem gelöst, das im Brief von 1772 erst aufgeworfen war. Die Darstellung I § 14 muß also ziemlich später sein, als dieser Brief. Nun erst wird die Darstellung II, 4 gefolgt sein (7). Der Abschnitt setzt selbständig und neu ein und macht den Eindruck einer von der unmittelbar vorhergehenden Auslassung ganz unabhängigen Erörterung. Nun erst wird hier der Gedanke durchgeführt, daß eben die Kategorien die Einheit der Erfahrung und damit Gegenständlichkeit der Anschauungen bewirken. Man beachte besonders den Satz:
- noch ohne die dreifache Synthesis - Nun erst wird zeitlich die Darstellung III β anzusetzen sein: denn erst in ihr wird die produktive Einbildungskraft eingeführt und zwar in einer Form, welche bezeugt, daß es sich um eine eben gemachte neue Entdeckung handelt, die noch den Eindruck des "Befremdlichen" macht. Auch diese Darstellung setzt ganz neu ein, als ob nichts vorhergegangen wäre. Nunmehr werden aber die schon in II, 3 β erwähnten empirischen Funktionen der Apprehension und der Reproduktion der empirischen Einbildungskraft zugeschrieben und dieser die produktive Einbildungskraft - eben das neuentdeckte Mittelglied - gegenübergestellt, auf welche dann auch die schon in II, 4 erwähnte "Affinität" zurückgeführt wird, die aber hier auch wieder ganz neu eingeführt wird, als ob sie nie bisher erwähnt worden wäre - Beweis dafür, daß die einzelnen Darstellungen voneinander unabhängig entstanden sind und erst nachher lose zusammengefügt wurden. So ziemlich aus derselben Zeit mit III β stammt nun auch offenbar III α, worin die Darstellung, welche III β von unten gegeben hatte, "von oben" wiederholt wird: darin wird eben auch der Hauptton auf die Kategorien, die Errungenschaft von II, 4, und auf die produktive Einbildungskraft, die Errungenschaft von III β, gelegt und der Zusammenhang beider hervorgehoben. An die Darstellung III α dürfte sich III δ angeschlossen haben (8); III β liegt, wie wir gesehen haben, wohl früher, und III γ liegt, wie wir noch sehen werden, wohl später. In III δ schließt der erste kleine Absatz ("Die Ordnung und Regelmäßigkeit" etc.) insofern an III α an, als in demselben ganz in denselben Sinn wie daselbst und schon in III β von den ursprünglichen, subjektiven Erkenntnisquellen unseres Gemüts die Rede ist, worunter daselbst die reine Einbildungskraft ausdrücklich mitbefaßt war. Von dieser ist nun allerdings in dem ganzen Passus III δ nicht mehr ausdrücklich die Rede. Man könnte aus diesem Kriterium allein versucht sein, den zweiten Teil des Passus aus dieser III. "Schicht der transzendentalen Einbildungskraft" überhaupt hinaus- und in die II. "Schicht der Kategorien" zurückzuversetzen. Und es ist auch nicht unmöglich, daß dem Passus ein Entwurf aus der II. Schicht zugrunde liegt. Gleichwohl ist jenes Kriterium in diesem Fall nicht allein entscheidend, weil der ganze Passus, um den es sich hier handelt, ein Schlußpassus ist, in welchem nur das Hauptresultat gezogen werden mußte, unter Weglassung des Mittelgliedes. Das Hauptresultat ist aber, daß die Gesetzmäßigkeit der Natur vom Verstand selbst in dieselbe auf ursprüngliche Weise hineingebracht worden ist, und daß eben darum die Kategorien, die Verstandesbegriffe, eine rechtmäßige Anwendung auf eben diese der Sinnlichkeit gegebene Natur beanspruchen und finden. Nur auf dieses Hauptresultat kommt es an und in diesem Sinne heißt es daher auch im letzten Absatz mit Recht:
Etwas anders lag es nun mit der "Summarischen Darstellung" (= S). Diese betont nicht nur das Hauptresultat - die Gültigkeit der Kategorien für die Erfahrungsgegenstände -, sondern sie will ein Resümé der ganzen bisherigen Entwicklung und ihres Hauptgrundes geben, und in diesem Sinne und aus diesem Grund spricht auch diese wieder von der "Synthesis der reinen Einbildungskraft", durch welche eben "die Einheit aller Vorstellungen" - qua Erscheinungen - in "Beziehung auf die ursprüngliche Apperzeption" hergestellt wird. Mit Dingen-ansich könnte die "reine Einbildungskraft" nicht so herrisch verfahren, wohl aber kann sie es mit bloßen Erscheinungen. Darauf erst werden die drei Absätze gefolgt sein, welche ich als III γ bezeichnet habe; wohl unterscheiden auch sie Sinnlichkeit, Einbildungskraft und Apperzeption, aber die Einbildungskraft erhält eine etwas andere Stellung: sie war vorher (in III β, III α, S) eine Hilfsfunktion des reinen Verstandes; jetzt aber ist sie ein selbständiges Mittelglied, das sogar der Sinnlichkeit näher steht. Neu ist aber in diesen Blättern auch die Einführung einer "Rekognition" als einer eigenen neuen Stufe in der Folge von Apprehension, Assoziation und Reproduktion; und diese neue Stufe, welche auf diese drei aufgetürmt wird, hat eine recht unklare Stellung: sie wird einerseits zu den "empirischen Elementen" gerechnet, andererseits soll sie doch die apriorischen Begriffe "enthalten". Diese "Rekognition" ist daher ein sehr zweifelhafte Errungenschaft: ihre unklare Stellung charakterisiert sie schon als ein Übergangssymptom zur folgenden vierten Schicht. In einer ebenso befriedigenden Weise tritt dieselbe "Rekognition" sodann in III Einleitung auf, in einer zusammenfassenden Darstellung, welche zeitlich nun wohl erst gefolgt ist. Aber abgesehen von dieser "Rekognition" gehören die Darstellungen III γ und III Einleitung doch zu der Gruppe: III β, III α, S, I (Schluß), mit der sie die Hauptsache gemein haben: die Dreiteilung: Sinnlichkeit, Einbildungskraft und Apperzeption. Diese klare Dreiteilung unterscheidet diese dritte Schicht ganz scharf von der zweiten, in der die reine Einbildungskraft noch fehlt, wie von der vierten, in der sich dieselbe in die unklare dreifache Synthesis a priori auflöst. Jene Dreiteilung ist ja am besten und übersichtlichsten dargestellt in den beiden kleinen Abschnitten I Schluß, sowie III Einleitung, welchen ich schon oben den Namen gegeben habe: Erste und dritte Tafel der subjektiven Erkenntnisquellen (9). Beide Tafeln koinzidieren in den wesentlichen Hauptpunkten. Die folgende Tabelle ist daher aus beiden Darstellungen kombiniert.
2. Die Synthesis dieses Mannigfaltigen - durch die reine transzendentale Einbildungskraft. 3. Die Einheit dieser Synthesis - durch die reine transzendentale Apperzeption.
2) Synthesis des Mannigfaltigen durch die Einbildungskraft, 3) Einheit dieser Synthesis durch die Begriffe des Verstandes; Eben dieser neue Gedankengang verknüpft nun aber die Darstellung L (§ 10) mit der Darstellung II, 1-3 α, der letzten und spätesten Phase. In dieser tritt eben derselbe Gedanke in sehr auffallender Weise auf, speziell in den Nummern 1 und 2; die daselbst geschilderten transzendentalen Handlungen der Synthesis beziehen sich nicht nur auf das empirisch gegebene, sondern auch auf das a priori gegebene Mannigfaltige und durch die Synthesis des letzteren kommen dann erst die apriorischen Vorstellungen von Raum und Zeit zustande. Dieser Gedanke also ist der Darstellung L (§ 10) gemeinsam mit der Darstellung II, 1-3 α. Aber im Übrigen unterscheidet sich die Darstellung L (§ 10) sehr wesentlich von der letzteren, denn sie steht noch ganz auf dem Boden der Dreiteilung: Sinnlichkeit, Einbildungskraft, Verstand. Eine total andere Einteilung der "subjektiven Erkenntnisquellen" gibt aber nun die Darstellung II, 1-3 α nebst II Einleitung β, eine neue Einteilung, welche keine organische Weiterbildung der bisherigen ist, sondern einen völligen Bruch mit derselben involviert, und daher auch zeitlich derselben fernstehen muß. Wir brauchen zum Erweis des Gesagten bloß die neue Gliederung (11) tabellarisch darzustellen:
B) Synthesis
2) Synthesis der Reproduktion der Vorstellungen in der Einbildung. 3) Synthesis der Rekognition der Vorstellungen im Begriff. "Diese [drei letzteren!] geben nun eine Leitung auf drei subjektive Erkenntnisquellen, welche selbst den Verstand ... möglich machen." Aber auch B, 2 "die Synthesis der Reproduktion in der Einbildung" deckt sich nicht mit dem zweiten Glied der ersten Tafel, der Einbildungskraft; war doch diese daselbst nur als produktive gemeint, während hier die reproduktive aufgezählt ist, und nun wird diese selbst als transzendentale Handlung eingeführt (14). Auch die "Rekognition im Begriff" deckt sich nicht mit dem dritten Glied der ersten Tafel, d. h. mit der reinen Apperzeption selbst, wenn sie auch immerhin auf dieselbe in letzter Linie führen mag, was aber nirgends deutlich gesagt ist (vgl. III Einleitung, wo der empirischen Rekognition die reine Apperzeption parallel geht). So stehen wir hier vor einer ganz neuen Tafel und damit vor einem großen Rätsel. Wie konnte KANT die zwei ganz verschiedenen Tafeln nebeneinander bestehen lassen? Und für uns, die wir die bisherigen Schwierigkeiten durch die chronologisch-genetische Methode gelöst haben, erhebt sich nun das schwierige Problem, auch für diese neue größte Schwierigkeit durch dieselbe Methode eine plausible Erklärung zu finden (15). Die Erklärung wird uns vielleicht gelingen, wenn wir die größte und auffallendste Abweichung der beiden Tafeln ins Auge fassen: die zweite Tafel stellt Apprehension, Reproduktion [und Rekognition?] als transzendentale Handlungen auf; aber in der Darstellung, aus der die erste Tafel herausgewachsen ist, wurden sie schlechterdings nur als empirische betrachtet, so die Apprehension und Reproduktion schon in II, 3 β, so die Apprehension und Assoziation = Reproduktion in II, 4, so dieselben in III β; dazu tritt dann die Rekognition in III γ, womit dann III Einleitung übereinstimmt. Diese Differenz ist nun aber außerordentlich auffallend. Damals galten Apprehension, Reproduktion und auch Rekognition als empirische Vorgänge (16), jetzt auf einmal stellen sich uns eben dieselben als transzendentale dar: das ist unzweifelhaft in II, 1-3 α gesagt, wo speziell die "reproduktive Synthesis" als eine transzendentale Handlung" aufgeführt wird, der parallel auch die beiden anderen so gefaßt werden müssen. Wie kam KANT nun hier zu dieser klaffenden Abweichung von seinen eigenen früheren Ausführungen? Zur Erklärung muß man sich Folgendes gegenwärtig halten. KANT hatte - und das war der Kern der transzendentalen Deduktion - unterschieden zwischen der Entstehung der Erfahrungswelt (W) durch die a priori vorhergehende vorbewußte Funktionierung der transzendentalen Einbildungskraft und Appzerzeption einerseits (transzendental-unbewußt) - und zwischen der nachher erfolgenden bewußten Erfassung der Erscheinungen (W) durch empirisch-psychologischen Funktionen der Apprehension und Reproduktion (Assoziation) und auf Rekognition andererseits (empirisch-bewußt). Die empirische-bewußte (analytische) Auffassung der uns empirisch gegenüberstehenden Außenwelt als räumliche und regelmäßige Erscheinungen ist erst etwas Späteres, dem schon eine ursprüngliche synthetische Gestaltung und Formung der rohen Empfindungen gerade zu jenen räumlich und gesetzlich geordneten Erscheinungen vorangegangen ist: eben die transzendental-vorbewußte Synthese, um deren Nachweis es sich in der subjektiven Deduktion handelt (17). Das eben ist ja das große Heureka [Entdeckungsfreude - wp] der transzendentalen Deduktion, daß die Verstandeshandlungen - natürlich in vorbewußter Tätigkeit - die Substruktion [Unterbau - wp] aller empirisch bewußten Anschauung bilden müssen, daß der Verstand nicht erst die Krönung der Anschauung bildet, wie man bis dahin angenommen hatte. Darin besteht ja eben die eigenartige Umdrehung, man möchte sagen, die Umwertung aller bis dahin gültigen Erkenntniswerte durch KANT. Jene Schilderung der transzendental-vorbewußten Schaffung der Erfahrungswelt aus dem Mannigfaltigen war aber doch nur sehr im Allgemeinen stecken geblieben; beim Versuch, dieselbe nun noch mehr ins Einzelne auszumalen, mußte nun KANT naturgemäß sich an das Muster der bewußten empirischen Erfassung der Erscheinungen halten, bei welcher Apprehension und Reproduktion (aufgrund der Assoziation) eine Hauptrolle spielen. Was Wunder, daß er nun auf den Gedanken kommen mußte, der empirischen Apprehension und empirischen Reproduktion gehen nun auch eine transzendentale Apprehension (18) und Reproduktion - gewissermaßen eine Oktave tiefer - voraus? Und so kam er doch mit einer gewissen Konsequenz zu der neuen Darstellung. So mußte er dann annehmen, daß es eine reine, d. h. transzendentale Synthesis der Apprehension gibt, welche sich natürlich nur in der inneren Anschauung vollziehen kann, sowie eine reine, d. h. transzendentale Synthesis der Reproduktion, da auch für die unbewußte Schaffung der Erfahrungswelt die Reproduktion des apprehendierten Mannigfaltigen notwendig erscheint. Diesen beiden transzendentalen Handlungen wollte er dann noch als dritte eine der empirischen Rekognition entsprechende transzendentale Rekognition (19) hinzufügen - allein hier ging ihm selbst, wie wir weiter oben gesehen haben, die Geduld aus, und er brach rasch ab. (20) Diese Darstellung der Erkenntnisquellen in II, 1-3 α läßt sich nun mit der früheren ganz und gar nicht vereinigen: vor allem frägt sich, welche Stellung denn nun eigentlich die früher so hochgehaltene produktive Einbildungskraft in dieser zweiten Tafel noch haben kann? Gar keine mehr! Sie ist ganz eliminiert, und damit ist der ganze frühere Gedankengang aufgegeben. Welch schwere Verwirrung dadurch beim Leser entstehen muß, liegt auf der Hand. Aber damit ist der Verwirrung noch nicht genug. Es kommt noch stärker. Echt kantisch ist nämlich nun, daß diese ganz neue Darstellung nicht rein durchgeführt ist, sondern durch einen weiteren sich hereinschiebenden Gedankengang bis zum Verzweifeln kompliziert gewordenist. In II, 1-3 α schiebt sich nämlich nun eben jener Gedanke herein, daß alle die transzendentalen Handlungen, welche die Entstehung der Erfahrung, d. h. der empirischen Erscheinungen bedingen, auch die Entstehung der reinen Vorstellungen, d. h. der Anschauungsvorstellungen von Raum und Zeit selbst mitbedingen. Dieser Gedanke war schon gelegentlich gestreift worden: schon in II, 3 β war gesagt worden,
Am klarsten ist der kleine Absatz zum Schluß von II, 2, wo ausgeführt wird, daß die reproduktive Einbildungskraft auch zu den transzendentalen Handlungen gehört, aber in doppelter Weise ausgeübt wird:
b) in Bezug auf das a priori gegebene Mannigfaltige. Viel unklarer ist die Darstellung in II, 1. Es wird im letzten Absätzchen die Tätigkeit der Apprehension in Bezug auf die nicht-empirischen Vorstellungen von Raum und Zeit abgehandelt. Diese letztere wird nun "reine Synthesis" genannt, was den Eindruck erwecken muß, als ob die Apprehension, in Bezug auf empirische Vorstellungen, d. h. das empirisch gegebene Mannigfaltige ausgeübt, selbst auch empirisch ist, und doch folgt nicht nur aus der Analogie mit der transzendentalen Reproduktion, sondern auch aus dem ganzen Zusammenhang, wie auch aus dem in II Einleitung β aufgestellten Programm, daß auch die an empirischem Material ausgeübte Apprehension hier ebenfalls schon eine transzendentale Handlung sein soll. Im 2. Abschnitt soll wohl diese Seite der transzendentalen Apprehension geschildert werden: aber dem Wortlaut nach muß man meinen, daß die empirische Apprehension in ihr behandelt wird (21). Bei der Rekognition scheint KANT selbst die Geduld verloren zu haben. Er macht keine Anwendung auf Raum und Zeit selbst, sondern nur auf das Zählen und gibt überhaupt von der ganzen Sache nur eine sehr knappe und vage Darstellung. Wie schon oben bemerkt wurde, sollte nun vor allem, nach Analogie der Scheidung der Apprehension und der Reproduktion in je eine empirische und eine transzendentale Handlung, auch die Scheidung einer empirischen und transzendentalen Rekognition erfolgen. Dies ist aber unterblieben und dadurch ist der ganze parallelismus membrorum [Prinzip der Wiederholung von bestimmten Satzgliedern - wp] zerstört. Nach den Bemerkungen der dritten Tafel über "Rekognition" muß man annehmen, daß KANT letzteren Namen - wenigstens damals - nur geben wollte "dem empirischen Bewußtsein der Identität der reproduktiven Vorstellungen mit den Erscheinungen ..." und daß er als das transzendentale Korrelat jener empirischen Rekognition eben die "reine Apperzeption" betrachtet hat, "d. h.: die durchgängige Identität seiner selbst ..." Es hätte anscheinend nichts im Weg gestanden, diese letztere hier nun als "transzendentale Rekognition" zu bezeichnen; dann wäre ja der eben vermißte parallelismus membrorum wenigstens äußerlich hergestellt gewesen. Aber faktisch wäre derselbe doch in die Brüche gegangen: die Überschrift "Von der Synthesis der Rekognition im Begriff" erregt eine ganz falsche Vorstellung vom Inhalt des Folgenden; es handelt sich ja doch im Folgenden nicht um die reine empirische Synthesis der Rekognition der empirischen Vorstellungen in einem empirischen Begriff, sondern um die transzendentale Apperzeption und ihre Funktion. Freilich wird nun diese Einheit der transzendentalen Apperzeption als die Bedingung auch der Bildung der empirischen Begriffe und ihrer empirischen Einheit angesehen, aber es erfolgt, wie schon weiter oben ausgeführt wurde, gar keine nähere Aufklärung über diese mysteriöse Tätigkeit, inwiefern denn die transzendentale Apperzeption notwendig ist, um die empirischen Begriffe zu bilden. Stattdessen werden wir urplötzlich in ein ganz anderes Fahrwasser geführt, in die Lehre vom Gegenstand, und erfahren die sonderbare Mär, daß zur Erkenntnis eines "Gegenstandes" im transzendentalen Sinn ein empirischer Begriff notwendig ist; während wir doch gedacht haben, dazu seien die apriorischen Begriffe, die Kategorien, notwendig. Was aber vor allem nicht mehr pasen will, das ist der Gegensatz, der nun zwischen der transzendentalen und der empirischen Apperzeption aufgestellt wird: dann müßte die letztere ja doch mit der empirischen Rekognition zusammenfallen; aber davon ist hier nirgends die Rede. Alle diese und andere Inkonvenienzen [Unbequemlichkeiten - wp] lösen sich am besten durch die Annahme, daß KANT hier zwei Blätter zusammengestellt hat, welche ursprünglich aus verschiedenen Zeiten stammen und aus verschiedenen Gedankengängen hervorgegangen sind: er hatte hier die Idee jener dreifachen Synthesis gefaßt; er wollte eine transzendentale Apprehension durch die innere Anschauung, sowie eine transzendentale Reproduktion durch die Einbildungskraft nachweisen; er nahm aus der Psychologie herüber, daß zur empirischen Erkenntnis außer der Apprehension und Reproduktion auch noch die Rekognition gehört und wollte nun der letzteren emprischen Funktion auch eine entsprechende transzendentale Funktion an die Seite stellen: aber hier war der Parallelismus schwerer durchzuführen und da mag ihm die Erinnerung an jene Blätter gekommen sein, in denen er seinerzeit vor Jahren schon die Idee hingeworfen hatte, daß die transzendentale Apperzeption nur mittels der empirischen "Begriffe" in das Mannigfaltige "Gegenstände" hineinprojizieren kann. Der entscheidende Beweis dafür, daß es sich hier um eine, wenn auch geschickt verdeckte Zusammenstellung von Ausführungen aus verschiedenen Gedankengängen handelt, liegt eben darin, daß der Anfang der dritten Nummer angelegt ist auf den Gegensatz einer empirischen und einer transzendentalen Rekognition, während der Fortgang im Gegensatz einer empirischen und transzendentalen Apperzeption gipfelt, wobei von "Rekognition" gar nicht mehr gesprochen wird. Wollte man aber auch die transzendentale Apperzeption noch als transzendentale Rekognition fassen - wozu man aber durch KANT selbst nicht autorisiert ist -, so würde doch diese transzendentale Rekognition mit dem empirischen "Begriff" nichts mehr zu tun haben, auf den die empirische Rekognition sowie damit die Titelüberschrift hinzielt (22). So hat es also ganz den Anschein, als habe KANT hier jene alten Ausführungen über die Beziehung der Vorstellungen auf ihren "Gegenstand", welche freilich mit seiner jetzigen Lehre nicht mehr recht zusammenstimmen wollte, wohl oder übel hier eingefügt und notdürftig - vielleicht mit einigen Änderungen und Einschiebseln - eingepaßt (23): in der Eile, mit der er in dem begreiflichen Wunsch eines endlichen Abschlusses dieses schwierige Kapitel beendete, und vielleicht in der ja bei vielen Autoren vorhandenen Hoffnung, eine zweite Auflage werde ihm Gelegenheit geben zur Umarbeitung. So mag es gekommen sein, daß hier in der dritten Nummer, unter der Überschrift: "Von der Synthesis der Rekognition im Begriff" die älteste und die jüngste Schicht zusammengetroffen sind. Und mit diesem nicht unpassenden geologischen Vergleich will ich diese Besprechung der transzedentalen Deduktion in der 1. Auflage beschließen. In der Tat sind es verschiedene Schichten, die wir unterschieden haben, verschieden nach der Struktur und daher auch nach der Zeit; einige vielleicht plötzlichen Eruptionen ihr Dasein verdankend, andere jedenfalls langsame Niederschläge andauernder Gedankenarbeit. Aber die Schichten liegen nicht aufeinander entsprechend ihrer chronologischen Reihenfolge: sie sind "verworfen", durcheinandergeworfen und teilweise sich kreuzend. Aber wenn es dem Geologen gelingt, solche Schichten mit annähernder Sicherheit zu unterscheiden und deren genetische Folge zu bestimmen, warum sollte nicht auch hier ein ähnlicher Versuch - wenn auch nur als Hypothese - erlaubt sein? Ob er gelungen ist, kann vom Leser nur entschieden werden, wenn er sich dazu entschließt, die einzelnen von mir unterschiedenen Abschnitte in der von mir angenommenen chronologischen Reihenfolge auch tatsächlich einmal selbst durchzuarbeiten.
II, 3 &beta. Der einheitliche "Gegenstand der sinnlichen Vorstellungen ist erst durch die Subjektseinheit hervorgebracht, deren Gegenbild er ist, aber noch ohne Mitwirkung der Kategorien. Übergang: I, § 13. Das Problem der Kategorien, d. h. der intellektuellen Vorstellungen. II. Schicht der Kategorien noch ohne die produktive Einbildungskraft -. I, § 14 (ohne den Schluß); II, Einleitung α; II, 4. Die Kategorien sind jetzt als die Bedingungen der Gegenständlichkeit und damit der Erfahrung erkannt, aber noch ohne das Eingreifen der Einbildungskraft. III. Schicht der produktiven Einbildungskraft - noch ohne die dreifache Synthesis -. III, β III, α I, Schluß; III, δ S.; III, γ III, Einleitung. Die produktive Einbildungskraft wird jetzt erkannt als notwendiges Mittelglied, um das Mannigfaltige durch die kategoriale Synthesis zu Gegenständen vorbewußt zu verknüpfen, woraufhin erst die empirische Apprehension und empirische Reproduktion (nebst Rekognition) eine bewußt-empirische Erfassung jener transzendental-vorbewußt verbundenen Erscheinungsgegenstände zustande bringen. Übergang: L § 10. IV. Schicht der dreifachen Synthesis. II, 1-3 α nebst II, Einleitung β. Der bewußt-empirischen Apprehension und Reproduktion (und Rekognition) gehen jetzt parallele vorbewußt-transzendentale Funktionen derselben Art vorher, welche sich auch schon bei der Vereinheitlichung des apriorischen Mannigfaltigen in Raum und Zeit zu den objektiven Einheit der Raum- und Zeitanschauung wirksam erweisen. ![]()
1) Die reproduktive Einbildungskraft wird insofern eingeführt, als die Reproduktion dreimal erwähnt wird, jedoch ohne ausdrückliche Nennung der "Einbildungskraft". Die Apprehension wird ausdrücklich als empirische Funktion angeführt, wird übrigens auch als "Synthesis" bezeichnet. Apprehension ist also hier die empirische Synthesis der Empfindungen. 2) Im Texte steht "er" und "seiner" (auch in der neuen Kantausgabe X, 124). Obige Änderung erscheint notwendig. Wie ich nachträglich finde, hat auch schon Arnoldt, Kritische Exkurse, Seite 116, diese Änderungen gefordert. 3) Das andere Beispiel Kants vom Triangel ist ebenfalls charakteristisch, wenn auch in anderer Art, da Kant die mathematischen Begriffe für apriorische hält. Aber es handelt sich auch hier darum, daß ein Begriff, welcher absolut nichts mit einer Kategorie zu tun hat, der Begriff des Triangels, als eine "Regel der Zusammensetzung", der transzendentalen Apperzeption dazu dient, um das Mannigfache von drei geraden Linien nach jener Regel zu einem "Gegenstand" synthetisch zu vereinen. 4) Die Bezeichnung Raum und Zeit als "Begriffen a priori" ist dagegen ganz harmlos. Vgl. meinen Kommentar zur Kr. d. r. V. II, Seite 155. - An die "intellektualen Vorstellungen" scheint hier Kant gar nicht gedacht zu haben. 5) Dies ist auch Adickes (a. a. O., Seite 667) nicht entgangen, aber er zieht daraus eine andere Konsequenz, nämlich dem Abschnitt sei sein natürlicher Schluß verloren gegangen. 6) Unter "transzendentalem Gegenstand" ist ganz im Sinne Kants hier nur der "Gegenstand" zu verstehen, welchen wir zum Mannigfaltigen von uns aus hinzudenken, bzw. in dasselbe hineindenken. Von diesem hinzugedachten (immanenten) Gegenstand ist der reale affizierende (transzendente) Gegenstand (Ding-ansich) sehr wohl zu unterscheiden. Im Brief an Herz hatte Kant beides noch nicht geschieden, und geglaubt, das Problem der Beziehung der sinnlichen Vorstellungen auf ihren Gegenstand durch den Hinweis auf die Affektion lösen zu können. Daß dies nicht angängig ist, daß also der "transzendentale Gegenstand" in dem oben festgelegten Sinn vom affizierenden Gegenstand zu unterscheiden ist, darin eben besteht der Fortschritt der I. Schicht über den Brief an Herz von 1772. 7) Auch Adickes (a. a. O., 683, 663) ist geneigt, diesen Passus (bei ihm = II. Deduktion) chronologisch hoch hinaufzurücken. In diesem Sinn gibt Kant ihm den Titel einer "Vorläufigen Erklärung usw." mit Recht. 8) In dieselbe Zeit mit III β und III α ist natürlich auch die kurze Zusammenstellung der drei subjektiven, "ursprünglichen Quellen" Sinnlichkeit, Einbildungskraft und Apperzeption zu setzen, welche in dem kurzen Passus I (Schluß) gegeben wird. Kant hat diese Tafel daselbst nachher eingeschoben, an den Schluß des I. und vor den Anfang des II. Abschnitts, an eine ganz unpassende Stelle, mitten hinein in Ausführungen, welche in die zweite Schicht gehören. 9) Die erste Tafel ist im ersten Abschnitt der transzendentalen Deduktion, die dritte in ihrem dritten Abschnitt enthalten. Es trifft sich bequem, daß sich die zweite Tafel ebenfalls gerade im zweiten Abschnitt findet. 10) Diese Wendung hat Adickes (a. a. O., Seite 119) nicht berücksichtigt und infolgedessen L (§ 10) statt mit II, 1-3 α mit III α zusammengestellt. Übrigens hat diese eigenartige Wendung schon ein Vorspiel in II, 3 β, worüber weiter unten mehr kommt. Es findet sich dies oft bei Kant, daß er Gedanken, welche er in früherer Zeit nur gelegentlich hinwirft, später wieder aufgreift und weiter ausführt. 11) Eine ganz andere Stellung hat Adickes dieser Gliederung zugewiesen (a. a. O., Seite 653f, 672). 12) In die "Synopsis" darf beidemal nicht zuviel hineingelegt werden; das syn spielt eigentlich keine Rolle hier bei Kant: denn da alle Verbindung Sache der aktiven Handlungen der Synthesis sind, so bleibt der Synopsis nur das äußerliche Nebeneinander ohne inneres Band; ja selbst einheitlich "Bilder" der Gegenstände sind erst Sache der Synthesis (vgl. III β). Man kann im Anschluß an einige Andeutungen Kants in den "Reflexionen" und "Losen Blättern" wohl sagen, daß Synopsis auch Sache der Tiere sein muß, während alle Synthesis erst spezifisch menschlich ist. Die Stellung der Tiere in der kantischen Erkenntnistheorie ist ja bekanntlich eine sehr problematische. "Das Tier bei Kant" wäre trotzdem oder vielmehr eben deshalb ein dankbares Thema. 13) Auf diesen wichtigen Umstand, welcher bis jetzt gar nicht beachtet worden ist, mache ich hier noch ausdrücklich aufmerksam, eine ausführliche Analyse werde ich anderswo geben. Es genügt hier, auf Folgendes hinzuweisen. Der Abschnitt: "Von der Synthesis der Apprehension in der Anschauung" - beginnt mit einer "allgemeinen Anmerkung", welche davon spricht, daß alle Erscheinungen "als Modifikationen des Gemüts zum inneren Sinn" gehören, und insofern sind sie "der Zeit unterworfen, als in welcher sie insgesamt geordnet, verknüpft und in Verhältnisse gebracht werden müssen". Dies eben ist die Apprehension in der Anschauung, nämlich in der inneren! Die Apprehension ist gerichtet auf "jede Anschauung" als Objekt, sie selbst erfolgt aber durch das Mittel der inneren Anschauung als das betreffende Organ des Subjekts. Dies also auch das schon weiter oben vermißte "Vermögen", auf das damals als ein scheinbares Desiderat [zu füllende Lücke - wp] hingewiesen worden ist. Die bisherigen Darstellungen der Lehre Kants haben diesen Punkt verfehlt, in besonders klassischer Weise wieder Kuno Fischer (4. Auflage, Seite 405). Noch sei bemerkt, daß schon der Abschnitt III Einleitung einen Ansatz zu diesem Lehrstück enthält in der Bemerkung, daß allen Wahrnehmungen "als Vorstellungen die Form der inneren Anschauung, die Zeit" zugrunde liegt. 14) Riehl versucht (Kant-Studien, Bd. V, Seite 268) diesen Widerspruch durch eine Textkorrektur zu heben und liest statt "reproduktive" - "produktive Einbildungskraft" an dieser Stelle. Ich glaube nicht, daß der Zusammenhang diese Änderung zuläßt. 15) Welche Verwirrung in der sekundären Literatur durch die Vermischung jener beiden Tafeln entstehen mußte, dafür ist ein typisches und tragisches Beispiel Kuno Fischer. In seiner Darstellung (4. Auflage, Seite 404-415) herrscht infolgedessen ein großes Durcheinander: zuerst (Seite 404f) gelten die drei Synthesen als transzendental, dann (Seite 410f) gelten eben dieselben als empirisch. 16) Und zwar alle drei als Funktionen der empirischen Einbildungskraft, während jetzt nur die mittlere der Einbildungskraft zugeschrieben wird. 17) Dieser Auslegung der transzendentalen Deduktion - man könnte sie die tiefere nennen - steht die gewöhnliche gegenüber - man könnte sie die oberflächliche nennen. Nach der ersteren gibt es zwei Reihen: 1) die apriorisch-synthetische Schaffung der Außenwelt aus dem Mannigfaltigen durch transzendental-vorbewußte Funktionen; 2) die empirisch-analytische Auffassung dieser so geschaffenen Außenwelt durch bewußt-psychologische Funktionen. Nach der populären Auslegung aber gibt es nur eine Reihe, die aber zusammengesetzt ist, indem die empirische Auffassung des Mannigfaltigen sofort durch apriorische Funktionen mitbestimmt ist. Nach der ersteren Auslegung dagegen kommt die empirische Auffassung erst nachträglich nach der transzendentalen Schaffung der Außenwelt, ist also durch diese vorbestimmt. Bei Kant selbst sind natürlich beide Fassungen zugleich vertreten, und dadurch werden viele Unklarheiten der Deduktion bedingt und erklärt. In diesem Zusammenhang mußte im Text aber die erstere Fassung vorangestellt werden. 18) Ein Ansatz zu derselben findet sich schon in III β 19) Einen unklaren Ansatz zu derselben enthält schon III γ, wo die Rekognition zwar zu den empirischen Elementen gestellt wird, aber doch die Kategorien einschließen soll (vgl. oben). 20) In der Analyse von Adickes a. a. O., Seite 656f, 659f, 666f treten diese Gedanken fast gar nicht hervor (a. a. O. 660). Auch die eben behandelten tiefgreifenden Differenzen in der Lehre von den subjektiven Quellen sind bei Adickes nicht genug gewürdigt (a. a. O. 661, 672, 675-676). Infolgedessen hat Adickes die Trennung von II, 1-3 α und II, 3 β nicht vorgenommen, sondern überträgt den Gedankengang von II, 3 β auf die Partien II, 1-3 α, deren Eigentümlichkeit ihm dadurch entgehen mußte. Er faßt daher II, 1-3 als Einheit und zwar als I. Deduktion, aber mit verschiedenen späteren Einschiebseln, durch welche er jene Differenzen zu erklären sucht (bes. 661). Übrigens soll dieser I. Deduktion der natürliche Abschluß (durch die Kategorienlehre) fehlen (666f). 21) Diese Unklarheit hängt mit folgendem Umstand zusammen, durch den der Parallelismus membrorum von einer anderen Seite her in die Brüche geht: bei der Reproduktion unterscheidet Kant das empirische und das "transzendentale Vermögen der Einbildungskraft". Analog hätte er bei der Apprehension das empirische und das transzendentale Vermögen der inneren Anschauung unterscheiden müssen: denn diese letztere ist ja (wie wir weiter oben gesehen haben), das hier in Betracht kommende Vermögen. Eine solche Unterscheidung kann aber Kant doch nicht machen, da die innere Anschauung in der Zeit nur transzendental ist. Die empirische Apprehension ist vielmehr wohl Sache der fünf Sinne. 22) Eine schwere Inkonvenienz ist noch Folgendes: die Synthesis der Apprehension erfolgt in der inneren Anschauung, die Synthesis der Reproduktion erfolgt in der Einbildung. Aber in welchem Vermögen erfolgt dann die Synthesis der Rekognition? "Im Begriff" stört den parallelismus membrorum, denn "Begriff" ist ja doch kein Vermögen; es müßte heißen: "im Bewußtsein", nämlich die empirische im empirischen Bewußtsein, die transzendentale im transzendentalen Bewußtsein. Aber das war wieder nicht möglich, weil die Rekognition überhaupt mit der transzendentalen Apperzeption nichts mehr zu tun hat. 23) Mit Vergnügen habe ich eine ähnliche Auffassung bei Benno Erdmann wiedergefunden; vgl. seine schon weiter oben angeführten Worte: "Die Diskussion der Beziehung der Vorstellungen auf ihren Gegenstand tritt trotz aller sachlichen Zusammengehörigkeit mit dem letzten Glied [eben mit der "Synthesis der Rekogntion"] formell ganz unmotiviert in den Gang des Beweises ein". |