P. RéeG. HeymansH. DietzelG. StörringF. NietzscheF. Brentano | |||
Der Ursprung der moralischen Empfindungen [2/3]
§ 2. Der Ursprung des Gewissens Nachdem die Unterscheidung zwischen dem Egoistischen als dem Schlechten und dem Unegoistischen als dem Guten einmal gemacht worden war, bemühte man sich besonders, sie schon den Kindern einzuprägen. Auch jetzt noch dringt diese Unterscheidung von Jugend an auf uns ein. Stets hören wir den Selbstlosen gelobt, den Egoisten getadelt. Die Bücher, welche wir lesen, die Schauspiele, welche wir sehen, stellen denselben Gegensatz dar, und schließlich lehrt man uns auch direkt, daß Uneigennützigkeit, Mitleid, Wohlwollen, Aufopferung gut, Hartherzigkeit, Neid, Schadenfreude schlecht sind. Wüchse jemand unter den genau entgegengesetzten Verhältnissen auf; hörte er von Jugend an Hartherzigkeit, Neid, Schadenfreude als gut genannt und gelobt, die Selbstlosigkeit hingegen schlecht genannt und getadelt; würde ihm auch direkt eingeprägt, daß es löblich ist, möglichs viele seiner Mitmenschen (aus demselben Staat) umzubringen oder sonst zu schädigen, zu ärgern, zu quälen, während es schlecht und verwerflich ist, den Regungen des unegoistischen Triebes nachzugeben und für andere zu sorgen; dränge diese Unterscheidung auch durch Bücher und Schauspiele immer wieder auf ihn ein, so würde es ihm natürlich werden, die Jagos, Richards, Gonerils lobenswert und gut, die Posas schlecht zu nennen. Die Verschiedenheit der bei verschiedenen Nationen herrschenden Gebräuche bestätigt dies: Die Verschiedenheit der bei verschiedenen Nationen herrschenden Gebräuche bestätigt dies: Wer z. B. bei einem Volk aufwächst, bei welchem der Kindermord Sitte ist, wird denselben für ebenso tadellos halten, wie wir ihn für tadelnswert halten. Oder: wem, wie den Indianern die Ermordung der Fremden gepredigt worden ist, der wird jede solche Mordtat als ebenso lobenswert empfinden, wie wir, denen das Gegenteil gepredigt worden ist, dieselbe als tadelnswert empfinden. Jeder rechnet eben die Handlungen zu den guten (schlechten), welche er von Jugend auf als gute (schlechte) hat bezeichnen sehen; ja, er nimmt diese von seiner Umgebung gemachte Unterscheidung ebenso unmerklich und unvermeidlich an, wie den Dialekt seiner Umgebung. Wenn aber diese Unterscheidung erst gemacht worden ist; wenn jemand sich erst daran gewöhnt hat, mit einer bestimmten Handlungsweise die Vorstellung des Lobenswerten und mit ihrem Gegenteil die Vorstellung des Tadelnswerten zu verbinden, so wird es ihm leicht so erscheinen, als ob er sich an diese Verbindungen nicht gewöhnt, sondern dieselben schon von seiner Geburt an gemacht hat. So scheint es uns, als ob wir mit dem Unegoistischen schon seit unserer Geburt die Vorstellung des Lobenswerten, mit dem Egoistischen die Vorstellung des Tadelnswerten verbunden hätten. Wir vermögen eben das Unegoistische von der Vorstellung des Lobenswerten, da wir beide stets verbunden gesehen und gedacht haben, nicht mehr zu trennen; und ebensowenig das Egoistische von der Vorstellung des Tadelnswerten. Vortrefflich sagt JOHN STUART MILL:
Allerdings pflegt uns der egoistische Mensch, z. B. der Grausame, von Natur aus unsympathisch, der Selbstlose von Natur sympathisch zu sein. Nämlich: Wenn jemand eine Person, gegen die wir nicht feindlich gesonnen sind, mißhandelt, so wird unser Mitleid rege; wir fühlen Schmerz darüber, daß jener leidet, und dementsprechend ist uns sein Peiniger unangenehm, nicht zusagend, unsympathisch. Von diesem Gefühl der Antipathie unterscheidet man aber dasjenige Gefühl, vermöge dessen man den Grausamen schlecht, tadelnswert, verwerflich nennt: die letztere Empfindung ist angewöhnt und würde einem Naturmenschen nicht kommen; die erstere beruth auf dem angeborenen Gefühl des Mitleidens, und kauu auch einem Naturmenschen kommen. Übrigens, wenn der Mißhandelte uns verhaßt ist oder wenn wir selbst ein ungewöhnlich hartes, grausames Gemüt haben, so ist der Peiniger uns angenehm, sympathisch. Trotzdem aber nennen wir ihn keineswegs einen guten Menschen, woraus sich ergibt, daß es einen Unterschied macht, ob ich von Jemandem sage: er ist mir sympathisch, er ist mir unsympathisch, oder: er ist ein guter, er ist ein schlechter Mensch, und daß aus dem Umstand, daß uns der Schlechte häufig von Natur aus unsympathisch ist, gefolgert werden darf, das moralische Tadeln sei angeboren (HUME in seiner "Enquiry concerning the principles of moral" verwechselt diese Dinge miteinander.) Wer sich nun daran gewöhnt hat, mit dem unegoistischen Handeln die Vorstellung des Lobenswerten, mit dem egoistischen die Vorstellung des Tadelnswerten zu verbinden, der wird auch mit seinen eigenen unegoistischen Handlungen unwillkürlich das befriedigende Gefühl getan zu haben, was gut und löblich ist, und mit seinen eigenen egoistischen Handlungen das schmerzliche Gefühl, getan zu haben, was schlecht und verwerflich ist, zu assoziieren. Ein Unterschied findet allerdings insofern statt, als das befriedigende Gefühl, das Gute und Löbliche getan zu haben, mit den guten Handlungen gleichzeitig ist, während das schmerzliche Gefühl, das Schlechte und Tadelnswerte getan zu haben, auf die schlechten Handlungen folgt. Denn in dem Augenblick, da wir schlecht handeln, sind wir von unserem egoistischen Trieb - unserer Habsucht, unserer Rachsucht, unserem Ehrgeiz - so ganz erfüllt, daß das Gefühl der Verwerflichkeit einer solchen Handlungsweise keinen Platz mehr findet, sondern ganz oder fast ganz latent bleibt. Nachdem aber unser Trieb - sei es völlig, wie nach einer Befriedigung der Rachsucht, sie es momentan, wie nach einer Befriedigung der Habsucht oder des Ehrgeizes - gesättigt worden ist, tritt, gleichzeitig mit der Erinnerung an das Anderen zugefügte Leid, jenes schmerzliche Gefühl, getan zu haben, was schlecht und verwerflich ist, hervor. Je lebhafter ein Mensch fühlt, daß egoistische Handlungen schlecht sind, desto schlechter und verwerflicher muß er sich selbst erscheinen, wenn er durch seinen Egoismus veranlaßt worden ist, doch solche Handlungen zu vollbringen. Ein Mensch aber, der, weil er Anderen Leid zugefügt hat, sich selbst schlecht und verwerflich erscheint, empfindet sogenannte Gewissensbisse. DARWIN erklärt die Gewissensbisse anders. Er sagt: Wir haben den Trieb, für andere zu sorgen. Wenn wir gelegentlich nun, durch den Egoismus veranlaßt, diesen Trieb nicht befriedigen, sondern stattdessen andern Leid zufügen, z. B. aus Habsucht jemanden umbringen, oder ihr Leid ungelindert lassen, so kann später, wenn wir uns ihr Leid wieder vergegenwärtigen (und überdies die von der Befriedigung des Egoismus erhofften Freuden sich vielleicht gar als illusorisch erwiesen haben), der Trieb für sie zu sorgen sich in seiner Unbefriedigtheit geltend machen, und als unbefriedigtes, schmerzliches Gefühl, als Gewissensbisse auftreten. Ein solches unbefriedigtes Gefühl mußten die Menschen, als sie durch die Entwicklung ihres Intellekts befähigt wurden, sich Geschehenes wieder zu vergegenwärtigen, allerdings empfinden, falls sie ihren unegoistischen Trieb nicht berücksichtigt hatten. Aber das unbefriedigte Gefühl, welches wir wegen der Nichtbefriedigung eines Triebes, in diesem Fall des unegoistischen, haben, ist kein Gewissensbiß, - so wenig wie das unbefriedigte Gefühl, welches wir wegen der Nichtbefriedigung eines egoistischen Triebes, z. B. deswegen haben, weil wir eine Gelegenheit zur Befriedigung unserer Rachsucht haben vorübergehen lassen, ein Gewissensbiß ist. Vielmehr charakterisiert unsere Gewissensbisse das Gefühl des Tadels und der Verwerflichkeit des eigenen Selbst, - Empfindungen, die, wenn wir uns daran gewöhnt haben, mit egoistischen Handlungen, z. B. dem Mord aus Habsucht, die Vorstellung des Tadels und der Verwerflichkeit zu assoziieren, verständlich sind, während sie bei der DARWINschen Auffassung (die nur das Gefühl der Unbefriedigtheit erklärt) unverständlich bleiben. Nach dem folgenden Beispiel freilich, durch welches DARWIN seine Theorie erläutert, scheint er Recht zu haben: Könnte ein Zugvogel, der, getrieben vom Wanderinstinkt, seine Jungen im Stich gelassen hat, zurückschauen und jene durch den Hunger umkommen sehen, so würde er über sein Fortgehen Schmerz, Gewissensbisse empfinden. In diesem Beispiel supponieren [unterstellen - wp] wir unwillkürlich, daß die Gewissensbisse des Vogels aus den Empfindungen des Tadels und der Verwerflichkeit des eigenen Selbst bestehen würden (weil nämlich unsere Gewissensbisse in einem analogen Fall solche Empfindungen einschließen). In Wahrheit aber würde der Vogel infolge der Nichtbefriedigung seines unegoistischen Instinktes nur ein unbefriedigtes Gefühl haben. Denn von wo sollte ihm die Vorstellung kommen, daß eine solche Handlungsweise tadelnswert und verwerflich ist? Ebenso wird ein Mensch, der seine Kinder hat verhungern lassen, nach einer solchen Handlung, vorausgesetzt, daß deren Verwerflichkeit ihm niemals beigebracht worden ist, nur ein unbefriedigtes Gefühl, ein zu spät kommendes Mitleid, nicht aber die, die Gewissensbisse charakterisierenden Empfindungen des Tadels und der Verwerflichkeit haben. Diese Tatsache erscheint bloß deshalb immer wieder paradox, weil uns, wie gesagt, die Verwerflichkeit egoistischer Handlungen durch Alles, was wir von Jugend an gesehen, gehört und gelesen haben, so beigebracht worden ist, daß wir jetzt, fast unfähig geworden die Vorstellungen Egoismus und Verwerflichkeit voneinander zu trennen, meinen, daß beide durchaus zusammengehören, und daß demnach ein Mensch, der egoistisch gehandelt hat, auch unabhängig von jeder Gewohnheit das Gefühl der Verwerflichkeit, d. h. Gewissensbisse haben muß, - eine irrtümliche Meinung, da, wie gezeigt, die Gewissensbisse bei verschiedenen Völkern verschieden sind, und jeder über die Handlungen Gewissensbisse fühlt, die er von Jugend auf als verwerfliche anzusehen sich gewöhnt hat. Die Gewissensbisse sind verschieden, je nachdem der Gebissene sich an die Notwendigkeit der menschlichen Handlungen erinnert oder nicht. Zunächst: Einige (HOBBES, SPINOZA, besonders LEIBNIZ, Théodicée I meint, daß der Wille des Menschen frei ist, und daß "Motive beugen aber nicht nötigen", was aber vielfach mißverstanden worden ist. LEIBNIZ meint: wie stark auch ein Motiv, z. B. eine Leidenschaft auf uns zu wirken vermag: wir haben die Kraft, ihr zu widerstehen. Aber ein solches Widerstehen hat bestimmte Ursachen und geschieht insofern mit Notwendigkeit); WOLFF, HUME, PRIESTLEY, MONTAIGNE, BAYLE, COLLINS, HOLBACH, LAMARCK, VOLTAIRE, KANT, SCHOPENHAUER, MILL, TYLOR, BAIN und ähnliche sind der Meinung, daß der Wille des Menschen nicht frei ist. Wenn solche Denker dasselbe über einen Gegenstand sagen, für welchen nicht, wie für einen Gegenstand der Naturwissenschaften, neues Beobachtungsmaterial noch entdeckt werden kann, der vielmehr durch scharfe Beobachtung des vorhandenen Materials entschieden wird, so ist dieser Gegenstand als erledigt anzunehmen. Es erscheint also überflüssig, ja auch unmöglich, irgendetwas über die Willensunfreiheit zu sagen, was nicht schon gesagt worden wäre, und wenn ich trotzdem kurz auf dieselbe eingehe, so geschieht es mehr der Vollständigkeit wegen, als weil dieser Gegenstand selbst noch der Erörterung bedürftig wäre. Die, welche die Freiheit des Willens behaupten, schreiben dieselbe ausschließlich den Menschen, nicht auch den Tieren zu. Abgesehen davon, daß dies vom Standpunkt der Entwicklungstheorie aus ganz unzulässig ist - denn zu welchem Zeitpunkt sollte die Willensfreiheit in die Abkömmlinge der Tiere hineingefahren sein? - sind dieselben Umstände, aus denen man bei den Menschen die Freiheit des Willens erschließen zu können glaubt, auch bei den Tieren vorhanden. Ein Hund z. B. schwankt, ob er die verbotene Speise fressen soll oder nicht. Schließlich wird er sich für das Fressen entscheiden, falls seine Freßlust größer ist, als seine Furcht vor Strafe; sonst wird er sich für Enthaltsamkeit entscheiden. Im ersteren Fall ist seine Handlung die notwendige Folge des Überwiegens der Freßlust. Daß seine Freßlust überwiegt ist die notwendige Folge des körperlichen und geistigen Zustandes, in dem er sich befindet; dieser Zustand ist aber durch einen vorhergehenden Zustand bewirkt worden, und so geht es rückwärts bis zu den ererbten Eigenschaften, mit welchen er geboren ist, und auf die gewisse Eindrücke bis zum Augenblick des Handelns gewirkt haben. Im letzteren Fall ist seine Handhabung die notwendige Folge des Überwiegens der Furcht. Daß diese Furcht überwiegt, ist aber die notwendige Folge der Schläge, die er bekommen hat. Ebenso: Ein Mensch, welcher schwankt, ob er seiner Leidenschaft oder der Vorstellung seiner Vernunft folgen soll, wird schließlich seiner Leidenschaft folgen, falls diese stärker auf ihn wirkt, als die vernünftige Vorstellung; sonst wird er der Vernunft folgen. Im ersteren Fall ist seine Handlung die notwendige Folge davon, daß auf die geistigen und körperlichen Eigenschaften, mit welchen er geboren worden ist, bestimmte Eindrücke in der Weise gewirkt haben, daß im Augenblick seines Handelns die Leidenschaft stärker war als die vernünftige Vorstellung. Im letzteren Fall folgt seine Handlung mit Notwendigkeit daraus, daß durch jene beiden Faktoren -
2) die Eindrücke, welche von der Geburt bis zum Augenblick des Handelns auf dieselbe gewirkt haben - Nachdem der Mensch aber gehandelt hat, etwa seiner Leidenschaft unterlegen ist, denkt er, ich hätte anders handeln können, und so entsteht der täuschende Schein, der die Menschen zu äffen pflegt. Zuförderst: Könnte der Hund, der die verbotene Speise gefressen hat, zurückschauen, so würde er gleichfalls denken, ich hätte anders handeln können. Denn im Augenblick der Reue fühlt er in sich die Fähigkeit, seinem Trieb zum Fressen zu widerstehen, und meint, diese Fähigkeit sei auch in dem Augenblick, da er gefressen hat, in ihm vorhanden gewesen, und habe demnach auch in diesem Augenblick zur Wirksamkeit kommen können. Er hat nun insofern Recht, als die von ihm gefühlte Fähigkeit, seinem Trieb zum Fressen zu widerstehen, wirklich in seiner Natur liegt, - im Gegensatz z. B. zu der Fähigkeit des Fliegens, die überhaupt nicht in seiner Natur liegt. Diese Fähigkeit war auch in ihm vorhanden, während er fraß, gleichwie in einem Körper, während er sich ausdehnt, die Fähigkeit vorhanden ist, sich zusammenzuziehen. Aber er hat insofern Unrecht, als er meint, diese Fähigkeit, seinem Trieb zum Fressen zu widerstehen, habe in demselben Augenblick zur Wirksamkeit kommen können, in dem bestimmte Ursachen, nämlich die verhältnismäßig geringere Stärke der Furcht, das Fressen bewirkten, - gleichwie ein Körper in demselben Augenblick, in dem eine bestimmte Ursache ihn zum Ausdehnen bringt, sich nicht dieser Ursache zum Trotz zusammenzuziehen. Er sieht nicht ein, daß seine Widerstandsfähigkeit in jenem Augenblick nur dann hätte zur Wirksamkeit kommen können, wenn die Lage der Ursachen (die Größe, welche sein Trieb oder seine Furcht in jenem Augenblick hatten) eine andere gewesen wäre. Er sieht überhaupt nicht ein, daß seine Widerstandsfähigkeit nur vermöge von Ursachen (Gedanken, Empfindunge, die selbst auch Ursachen haben) zur Wirksamkeit kommen kann, während in Wahrheit doch jede Wirkung ihre Ursache haben muß. Das "ich hätte anders handeln können" ist also richtig, wenn darunter verstanden wird: die Fähigkeit hierzu lag auch damals in meiner Natur, meine Natur hätte unter anderen Umständen (d. h. wenn ein Gedanke oder eine Empfindung anders gewesen wäre) dahin gebracht werden können; es ist falsch, wenn darunter verstanden wird: diese Fähigkeit hätte auch damals, als die Lage der Ursachen (die gerade in jenem Augenblick vorhanden und auch durch Ursachen herbeigeführten Gedanken, Empfindungen und Umstände) ihre Wirksamkeit verhinderte, doch, trotz dieser selben Lage der Ursachen, zur Wirksamkeit kommen können. Diese letztere, irrtümliche Auffassung des "ich hätte anders handeln können" ist, wie sie die Auffassung des zum Zurückblicken befähigten Hundes sein würde, so auch die Auffassung der Menschen. Wer von zwei ihm möglichen Tätigkeiten, z. B. dem Gehen und dem Laufen, die eine, z. B. das Gehen, gewählt hat, sagt "ich hätte auch anders handeln können", ohne zu überlegen, daß Ursachen ihm zum Erwählen des Gehens veranlaßt haben, und daß, weil gerade diese Ursachen da waren, auch diese Tätigkeit folgen mußte. - Die Fähigkeit des Menschen zuwischen mehreren Vorstellungen oder Dingen zu wählen wird auch "Freiheit des Geistes", seine Fähigkeit den Leidenschaften zu widerstehen "sittliche Freiheit" genannt. Gegen solche Ausdrücke würde nichts einzuwenden sein, wenn man darunter nur das Angegebene verstände, und dabei nicht vergäße, daß, wenn Jemand von mehreren Dingen eines gewählt hat, diese Wahl durch Ursachen, die selbst auch bestimmte Ursachen haben, bewirkt worden und insofern mit Notwendigkeit geschehen ist; daß ebenso, wenn Jemand seinen Leidenschaften widerstanden hat auch dieser Widerstand aus Ursachen und insofern notwendig erfolgt ist. Allein, mit diesen Ausdrücken wird Mißbrauch getrieben. Auch diejenigen nämlich, welche die Gebundenheit des Willens eingesehen haben, wagen es gewöhnlich doch nicht, den Satz "alle Willensakte sind notwendig" offen auszusprechen. Denn sie fürchten, daß die von ihnen Bestraften sonst sagen möchten: warum strafst du mich? ich habe so handeln müssen (worauf die logische Antwort wäre: ich strafe dich, damit du in Zukunft nicht wieder so handelst, sondern aus Furcht vor Strafe Ursache hast, ähnliche Handlungen zu unterlassen). Auch fürchtet man die Schlußfolgerungen des Pöbels: wenn doch Alles notwendig ist, dann werden wir, unseren Trieben nachgebend, stehlen, plündern und morden (worauf die logische Antwort wäre: wenn ihr euren Trieben nachgebt, so geschieht das allerdings in jedem einzelnen Fall aus Bestimmungsgründen und insofern mit Notwendigkeit - und zwar kann die Vorstellung von der Notwendigkeit der menschlichen Handlungen der Bestimmungsgrund werden, aus dem jemand seinen Trieben nachgibt -; daß ihr aber bestraft werdet, damit euch die Furcht vor dieser Strafe zum Motiv werde, eure Triebe in Zukunft zu beherrschen, geschieht ebenfalls aus Bestimmungsgründen und insofern mit Notwendigkeit, und zwar wird euer Verbrechen der Bestimmungsgrund sein, weshalb ihr bestraft werdet). Wegen einer solchen, manchmal vielleicht begründeten Angst vor den Schlimmen Folgen des Wahren (eine Angst, die das Verständnis der moralischen Phänomene mehr erschwert hat, als alle übrigen Hindernisse, weil nämlich der, welcher bei der Darstellung einer Sache wegen ihrer Folgen besorgt ist, dieselbe nicht in ihrer eigentlichen Gestalt zeigt) verstecken unsere rücksichtsvollen Philosophen die Wahrheit hinter die zweitdeutigen Ausdrück "Freiheit des Geistes, sittliche Freiheit". Man will, da man die Sache nicht mehr retten kann, zumindest den Schein retten. Um diesen Spiegelfechtereien ein Ende zu machen, ist es zweckmäßig, Wendungen (eigentlich Wind ungen) wie sittliche Freiheit und ähnliche als verdächtig aus dem Gebiet der philosophischen Terminologie zu verbannen, und statt ihrer sich lieber etwas weitläufig, aber unzweideutig auszudrücken. Wenngleich nun jeder Willensakt notwendig ist, so findet sich doch die Erkenntnis hiervon nur bei äußerst wenigen Menschen, nämlich bloß bei denjenigen, welche zu denken verstehen. Alle übrigen halten ihren Willen für frei, und demgemäß pflegen ihre Gewissensbisse sich so zu gestalten: Jemand blickt auf eine Handlung, die er getan hat, zurück, z. B. Macbeth auf die Ermordung des Königs, und assoziiert mit ihr die Vorstellung des Tadels und der Verwerflichkeit. Sodann rechnet er diese Handlung sich selbst zu, indem er, ohne zu überlegen, daß dieselbe aus den im Augenblick des Handelns gegenwärtigen Gedanken, Empfindungen und Umständen mit Notwendigkeit gefolgt ist, unter Schmerzen denkt, ich hätte in jenem Augenblick anders handeln können. Gewöhnlich heften sich die Gewissensbisse also an die einzelne Handlung und erhalten ihren Stachel durch die unüberlegte Voraussetzung der Freiheit des Willens. Somit beruhen sie in den meisten Fällen auf einem Irrtum. Bei demjenigen hingegen, welcher einsieht, daß alle menschlichen Handlungen aus Ursachen und insofern notwendig erfolgen, nehmen die Gewissensbisse eine andere Form an. Zunächst blickt er gleichfalls auf eine Handlung, die er getan hat, zurück und assoziiert mit ihr die Vorstellung des Tadels und der Verwerflichkeit. Sodann aber rechnet er sich dieselbe nicht in der Weise zu, daß er denkt, ich hätte anders handeln können. Vielmehr sieht er, wie gesagt, ein, daß seine Handlung aus bestimmten Ursachen notwendig gefolgt ist. Aber unter diesen Ursachen bemerkt er als die wesentlichste seine Charakterbeschaffenheit; und nun fühlt er Entsetzen darüber, daß er einen solchen Charakter hat, aus dem Handlungen, die er unwillkürlich als tadelnswert und verwerflich empfindet, hervorgehen konnten. Zum Beispiel angenommen Macbeth sieht ein, daß der Grad egoistischen Empfindens, welcher im Augenblick des Handelns in ihm vorhanden war, der zureichende Grund war, aus dem der Mord geschah -: dann wird er sich nicht deshalb als verwerflich erscheinen, weil er die Tat getan hat, obgleich er sie doch hätte unterlassen können, sondern weil er mit einem Charakter behaftet ist, aus dem eine solche Handlung hervorgehen konnte. Nicht auf die einzelne Tat, sondern auf ihre Geburtsstätte, den Charakter, nicht auf das operari [Tun - wp], sondern auf das esse [Sein - wp], - darauf, daß er ein solcher Mensch ist, richtet sich dann der Gewissensbiß, das ist die Vorstellung seiner Verwerflichkeit. Der Ursprung dieses Entsetzens über die Verwerflichkeit des eigenen Charakters ist nicht die geheimnisvolle ingelligible Freiheit; wir haben uns unseren angeborenen Charakter nicht durch unsere Schuld zugezogen; unsere Gewissensbisse sind nicht ein Gefühl der Reue darüber, daß wir, vermöge jener intelligiblen Freiheit, gerade diesen und nicht einen besseren Charakter gewählt haben. Vielmehr ist der Ursprung dieses Entsetzens der bereits angegebene. Zunächst haben wir uns daran gewöhnt, mit egoistischen Handlungen, z. B. dem Mord, die Vorstellung des Tadels und der Verwerflichkeit zu assoziieren. Wenn wir dann eine solche Handlung getan haben, und hierbei einsehen, daß dieselbe ihren zureichenden Grund im Grad des egoistischen Empfindens hat, welcher im Augenblick des Handelns in uns vorhanden war, so entsetzen wir uns darüber, daß wir einen Charakter haben, der bis zu einem solchen Grad des verwerflichen Egoismus fähig ist. Falls wir der Überzeugung sind, unser Charakter sei uns schon angeboren, so fühlen wir eben Entsetzen darüber, daß wir einen verwerflichen angeborenen Charakter haben (d. h. einen Charakter, aus dem verwerfliche Handlungen hervorgegangen sind und möglicherweise wieder hervorgehen können). Ein solcher nun, der das Gefühl der Verwerflichkeit seines Charakters, seines esse hat, merkt natürlich nicht, daß diesem Gefühl eine Gewohnheit zugrunde liegt, daß er somit das Gefühl der Verwerflichkeit nicht haben würde, wenn er sich nicht von Jugend an daran gewöhnt hätte, egoistische (das Wohl anderer schädigende) Handlungen, wie z. B. den Mord, als verwerfliche anzusehen. Er empfindet jetzt nur das Resultat der Gewohnheit, das heißt eben, er empfindet solche Handlungen unwillkürlich als verwerfliche. Wer hingegen erkannt hat, nicht nur, daß alle Handlungen aus Ursachen und insofern notwendig erfolgen, sondern auch, daß das Prädikat verwerflich oder tadelnswert, welches wir jetzt mit egoistischen Handlungen, wie dem Mord, verbinden, ihnen nicht von jeher noch an und für sich zukommen, daß vielmehr (wie wir gegen Ende des folgenden Paragraphen ausführlich erwägen werden) an und für sich betrachtet solche Handlungen weder tadelnswert noch lobenswert, sondern nur Handlungen von einer bestimmten Beschaffenheit sind, mit welchen die Menschen das Prädikat verwerflich oder tadelnswert ursprünglich bloß darum verbunden haben, weil solche Handlungen der Gemeinschaft schaden, - der dies Erkennende wird die Gewissensbisse, d. h. das Gefühl seiner Verwerflichkeit, nur schwach empfinden, aber freilich dasselbe nicht ganz von sich entfernen können. Denn die Gewohnheit, mit egoistischen Handlungen die Vorstellung der Verwerflichkeit zu assoziieren, kann so stark werden, daß die Reflexion (jene Handlungen seien an und für sich nicht verwerflich, sondern seien bloß, weil Anderen schädlich, verwerfliche genannt worden) ihr nur wenig anzuhaben, die Assoziation zwischen der Vorstellung einer egoistischen Handlung und der Vorstellung der Verwerflichkeit nicht zu sprengen vermag. Auf anderen Gebieten ist es ähnlich. Derjenige der z. B. von Jugend an mit Energie an den Gedanken gewöhnt worden ist, daß es einen Gott gibt, und daß es sündhaft ist zu sagen "die Annahme eines Gottes ist absurd", wird diesen Satz im späteren Leben, auch wenn sein Glauben sich in einen Unglauben verwandelt hat, selten ohne Unbehaglichkeit zu empfinden aussprechen. Die Gewohnheit, die Vorstellungen Gotteslästerung und verwerflich als zusammengehörige anzusehen, kann stärker sein, als die Reflexion, daß sie von Natur nicht zusammengehören, sondern zwei Stücke sind, die die Menschen, und zwar ihrer Glückseligkeit wegen, miteinander verbunden haben. Derjenige endlich, der gar nicht daran gewöhnt worden ist, Handlungen, die das Wohl Anderer schädigen, wie Grausamkeit, Mord, als verwerfliche anzusehen, wird, wie schon oft hervorgehoben wurde, nach der Ausführung solcher Handlungen auch gar keine Gewissensbisse haben, sondern höchstens ein Gefühl der Unbefriedigtheit. Ein Wilder z. B., der einen seiner Stammesgenossen grausam mißhandelt hat, wird, falls nachher sein sozialer Instinkt, sein Trieb für andere derselben Gemeinschaft zu sorgen, erwacht, ein Gefühl der Unbefriedigtheit haben, weil er jenen Trieb unbefriedigt gelassen, ja sogar mißhandelt hat. Da dieses Gefühl aber, entblößt von den Empfindungen der Verantwortlichkeit, der Verwerflichkeit, des Selbsttadels, eben nur ein solches unbefriedigendes Gefühl ist, wie es aus der Nichtbefriedigung eines Triebes entspringt, so kann es nicht als Gewissensbiß bezeichnet werden. Wer aber gar daran gewöhnt wäre, egoistische Handlungen als lobenswert, unegoistische als tadelnswert anzusehen -: ein solcher würde, wie oben schon gesagt wurde, nach der Ausführung unegoistischer Handlungen Gewissensbisse haben. Wäre z. B. dem barmherzigen Samariter diese Unterscheidung beigebracht worden, so würde derselbe, falls sein unegoistischer Trieb ihn verleitet hätte, trotzdem barmherzig zu sein, hierüber Gewissensbisse empfunden haben. Freilich hätte er daneben, infolge der Befriedigung seines unegoistischen Triebes, ein Gefühl der Befriedigung gehabt; dasselbe wäre jedoch von einem Gefühl der Verwerflichkeit in eben der Weise verdrängt worden, wie in uns das Gefühl der Befriedigung, welches aus der Befriedigung eines egoistischen Triebes (z. B. der Grausamkeit) entsteht, durch das Gefühl der Verwerflichkeit verdrängt zu werden pflegt. Also: Am verbreitetsten sind die Gewissensbisse, in denen der Gebissene sich verwerflich erscheint, weil er eine verwerfliche Handlung gehabt hat, obgleich er dieselbe, wie er meint, hätte unterlassen können. In diesen Gewissenbissen hält man den Willen für frei, und merkt außerdem nicht, daß man egoistische Handlungen nur aus Gewohnheit verwerflich findet. Seltener sind die Gewissensbisse, in denen der Gebissene sich verwerflich erscheint, nicht, weil er eine verwerfliche Handlung begangen hat, obgleich der dieselbe doch hätte unterlassen können, sondern weil eine so verwerfliche Handlung aus seiner Charakter hervorgehen konnte, - weil er einen verwerflichen Charakter hat. In diesen Gewissensbissen hat man sich von der Notwendigkeit der menschlichen Handlungen überzeugt. Im Übrigen aber meint man auch hier, die egoistischen Handlungen würden von Natur aus und nicht aus Gewohnheit als verwerflich empfunden. Man fragt sich nicht, wie man denn eigentlich dazu gekommen ist, Handlungen, die das Wohl anderer schädigen, als verwerfliche anzusehen. Noch seltener sind Gewissensbisse, in denen der Gebissene das Gefühl der Verwerflichkeit bloß insofern hat, als die Reflexion (daß egoistische Handlungen, in sich betrachtet, von Natur aus verwerflich sind, sondern bloß von den Menschen ihrer Schädlichkeit wegen als verwerfliche bezeichnet, und daß der so entstandene Begriff der moralischen Verwerflichkeit dann ihm selbst durch Gewohnheit beigebracht worden ist) schwächer wirkt, wie die nun einmal vorhandene Gewohnheit (egoistische Handlungen als verwerfliche zu betrachten). Wären wir gar nicht daran gewöhnt worden, den Egoismus verwerflich zu finden, so würden wir nach der Ausführung egoistischer Handlungen gar keine Gewissensbisse haben. Wären wir schließlich daran gewöhnt worden, das Unegoistische verwerflich zu finden, so würden wir nach der Ausführung unegoistischer Handlungen Gewissensbisse haben. Ähnlich wie mit dem Verantwortlichmachen unserer selbst, steht es mit dem Verantwortlichmachen anderer. Natürlich schreiben wir Anderen erst recht eine Freiheit des Willens zu: Denn, wenn jemand von zwei ihm an und für sich möglichen Tätigkeiten, z. B. einer lobenswerten und einer tadelnswerten, die eine, etwa die tadelnswerte getan hat, so denken wir, er hätte auch anders handeln können. Wir haben nun hier, wie oben, insofern Recht, als das Vermögen zu der lobenswerten Handlung an und für sich in seiner Natur liegt. Da aber die tadelnswerte Handlung doch geschehen ist, so muß, in Erwägung des Satzes "jede Wirkung hat ihren zureichenden Grund", geschlossen werden, daß im Augenblick des Handelns der zureichende Grund für die tadelnswerte Handlung da war, und folglich diese geschehen mußte. Wir verwechseln also die Fähigkeit des Menschen, das Lobenswerte überhaupt zu tun, mit der Fähigkeit, das Lobenswerte auch in dem Augenblick zu tun, in dem die Lage der Ursachen (der Gedanken, Empfindungen und Umstände) das Tadelnswerte bewirkte. Demgemäß machen wir andere verantwortlich für die einzelnen verwerflichen Handlungen, die sie getan haben, obgleich sie, wie wir meinen, anders hätten handeln können. Das Verantwortlichmachen Anderer beruth also gleichfalls auf dem Irrtum, nach dem der Wille des Menschen frei ist. Wenn wir hingegen eingesehen haben, daß jeder Mensch mit bestimmten Eigenschaften geboren wird; daß auf diese Eigenschaften Umstände wirken, und daß durch die Vereinigung dieser beiden Faktoren mit Notwendigkeit bestimmte Gedanken und Empfindungen entstehen, die ihrerseits mit Notwendigkeit bestimmte Handlungen erzeugen, - wenn wir so die Notwendigkeit aller menschlichen Handlungen eingesehen haben, so machen wir Niemanden mehr verantwortlich. KANT behauptet allerdings das Gegenteil. Er sagt:
Aber das ist ein Irrtum. Zunächst: Das gewöhnliche Verantwortlichmachen hat, wie gesagt, die Form: er ist verantwortlich, weil er diese verwerfliche Handlung, z. B. einen Mord, begangen hat, da er denselben doch unterlassen konnte. Man überlegt nicht, daß jeder Mord, z. B. der, welchen RICHARD III. an König EDWARD beging, in vorhergegangenen Zuständen, die selbst auch ihre Ursachen haben, seinen zureichenden Grund hat. Wer hingegen eingesehen hat, daß RICHARD III. so viel Egoismus angeboren wurde, daß derselbe durch die tugendhaften und andern vielleicht ersprießlichen Ermahnungen seiner Erzieher nicht abgeschwächt werden konnte, sondern im Augenblick der Ermordung noch in der Stärke vorhanden war, daß er den zureichenden Grund für diese abgab, - ein solcher wird (vorausgesetzt, daß er kein Kantianer ist) nicht auf den Gedanken kommen, RICHARD III. für diesen ihm angeborenen egoistischen Charakter verantwortlich zu machen. Der Satz "Alles verstehen heißt Alles verzeihen" ist richtig, während KANT eigentlich behauptet "Alles verstehen heißt nicht Alles verzeihen", was falsch ist. In dieser Meinung, als ob die Menschen sich einander für ihren angeborenen Charakter zur Rechenschaft ziehen würden, wurde KANT durch eine falsche Auffassung desjenigen Verantwortlichmachens, welches die tägliche Erfahrung zeigt, bestärkt. Er glaubte nämlich, daß dieses Verantwortlichmachen die Erkenntnis, die Handlungen des Menschen seien notwendig, einschließt, und folgerte nun, daß dasselbe auf Handlungen, die als notwendig erkannt sind, nicht gehen kann, sondern nur auf deren Quelle, den angeborenen Charakter. So würde, wie KANT meinte, seine Lehre vom Verantwortlichmachen des angeborenen Charakters durch die tägliche Erfahrung bestätigt. Hätte er hingegen das gewöhnliche Verantwortlichmachen richtig aufgefaßt; hätte er bemerkt, daß dasselbe gerade die Willensfreiheit voraussetzt, und danach auf die einzelnen Handlungen geht, so würde er auch weiter bemerkt haben, daß dieses Verantwortlichmachen, wenn die Willensunfreiheit eingesehen worden ist, nicht noch auf den angeborenen Charakter geht, sondern aufhört, daß also die tägliche Erfahrung seine Lehre vom Verantwortlichmachen des angeborenen Charakters widerlegt; er hätte schließlich bemerkt, daß das Problem "wie kann die Erkenntnis der Willensunfreiheit zusammen mit dem Verantwortlichmachen bestehen" gar nicht existiert, indem derjenige, der die Willensunfreiheit erkannt hat, niemanden mehr verantwortlich macht. Demnach würde er zur Lösung dieses Problems auch nicht die intelligible Freiheit ersonnen, noch mit Hilfe derselben Gott und Unsterblichkeit als praktische Postulate untergebracht haben. |