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Naturgesetz und Zweckbegriff [ 4 / 4 ]
II. Der objektive Zweck Zuerst müssen wir uns zur Betrachtung dieses Stoffes einen kurzen historischen Überblick über die Art und Weise verschaffen, wie in den verschiedenen Epochen der Geschichte der Wissenschaften der Zweck zur Erklärung der gesamten objektiven Welt eingeführt worden ist. Es kann hier nicht die Absicht sein, wie es bei einer rein historischen Behandlung des Gegenstandes der Fall sein müßte, alle einzelnen von den Hauptrichtungen abweichenden Ansichten und Meinungen einzelner Philosophen, Theologen, Naturforscher anzuführen, wobei diese Zusammenstellung teils mit großen Schwierigkeiten verbunden, teils die klare Übersicht erschweren und daher hier ganz am unrechten Ort sein würde; wir beschränken uns daher auf die kurze Andeutung folgender drei Grundansichten über das Auftreten des Zweckbegriffs in der objektiven Welt. Die erste argumentiert so: Im Bereich der ganzen Schöpfung (wozu wir also nicht allein das Reich der Natur, sondern auch das innig mit jenem zusammenhängende Gebiet des Geistes rechnen müssen) sehen wir zwar die Hauptvorgänge und Erscheinungen, wodurch die Gestalten der Individuen der objektiven Welt stets entstehen und sich fortdauernd erhalten, aus unabänderlichen Ursachen und Gesetzen hervorgehen oder glauben zumindest der Analogie nach alle dergleichen Erscheinungen als solche betrachten zu müssen, die durch den Kausalnexus verknüpft sind; aber dennoch sehen wir uns genötigt, gerade diese Verknüpfung der Naturgesetze mit den daraus hervorgehenden Erscheinungen, wodurch, wie uns scheint, einzig und allein die höchst mögliche Vollkommenheit in der Übereinstimmung der verschiedenen Gestaltungen der Schöpfung und in der Sicherung ihrer ewigen Fortdauer bewirkt wird, nicht dem Zufall, der ebensogut unendlich viele andere Kombinationen hätte hervorbringen können, zuzuschreiben, sondern vielmehr einer weisen Vorsehung, verbunden mit allmächtiger Schöpferkraft. Diese können wir uns nicht besser vorstellen, als wenn wir sie einer Vernunft vergleichen, welche, gleichwie die unsrige, jedoch in weit ausgedehnterem und unbeschränkterem Maß, sich Zwecke oder einen Endzweck vorsetzt und ihn in der Weltschöpfung realisiert, indem sie der Materie Kräfte und Gesetze einpflanzt, die ihrer Absicht gemäß wirken. Nur unter Voraussetzung eines solchen Weltplanes, nach welchem alle Erscheinungen zwar bis zu einer gewissen Ausdehnung durch Kausalität miteinander verknüpft, im großen Ganzen aber eine ununterbrochene Reihe von Zwecken und Mitteln bilden, können wir eine große Anzahl überraschender Phänomene namentlich der organischen Welt, wo nicht begreifen, doch deren Möglichkeit uns versinnlichen und anschaulich machen. Auf dieser Argumentation beruth zum Teil die aristotelische Zweckvorstellung. Sie ist zugleich, wie man es ausdrücken kann, die Basis der populären Weltanschauung, aus welchem Grund, wird später erklärt werden; deshalb ist diese Ansicht zu fast allen Zeiten wieder aufgelebt und durch Tradition fortgepflanzt worden, ohne daß man je daran dachte, sie wissenschaftlich zu bearbeiten und systematisch durchzuführen, wie es doch die Aufgabe der Philosophen gewesen wäre, im Falle sie diese Ansicht nicht widerlegen konnten. Erst in neuerer Zeit hat man diese aristotelische Richtung wieder aufgenommen und sie als philosophische Kategorie in die Wissenschaft eingereiht, wie es hauptsächlich TRENDELENBURG versucht, an dessen Darstellung ich mich bei der Beurteilung der obigen Ansicht besonders halten werde. Sollte sie wirklich einen wissenschaftlichen Wert zur Erklärung der Tatsachen haben, so kommt es darauf an, streng nachzuweisen, daß die objektive Welt eine Kette von -Mitteln und Zwecken bildet, welche in einen einzigen, unveränderlich durch die Naturgesetze bestimmten großen Endzweck auslaufen; es kommt ferner darauf an, die Widersprüche zu beseitigen, welche sich in der Verbindung der einzelnen Zwecke unter sich und mit dem Hauptzweck herausstellen. Inwieweit diese Aufgabe gelöst ist, wird sich weiterhin zeigen. An die eben angeführte Argumentation schließen sich noch viele einzelne Lehren an, die sich im Laufe der Geschichte gebildet haben, wie die von unabänderlicher Vorausbestimmung, von einer besten Weltordnung, von prästabilierter [vorgefertigter - wp] Harmonie und dergleichen, die alle auf das obige Thema hinauslaufen und im Grunde nur wenig davon abweichen. Eine zweite Ansicht über den objektiven Zweck läßt ihn dort gelten, wo die Erklärung durch Kausalität nicht ausreicht, wie es mit der organischen Natur der Fall zu sein scheint. Diesen Teil der Schöpfung sucht sie daher ganz abgesondert vom Unorganischen zu betrachten, indem sie der Entwicklung jenes die Kategorie des Zwecks zugrunde legt, während sie diesen vom Kausalitätsgesetz beherrschen läßt. Jedoch muß diese gewaltsame Trennung beider Naturreiche, wenn sie von wissenschaftlicher Bedeutung sein soll, auch systematisch auf metaphysische Prinzipien zurückgeführt werden, welches durchzuführen in der Absicht HEGELs gelegen zu haben scheint, obgleich man mit der Stellung, die er dem Zweckbegriff in seinem System gegeben hat, nicht recht ins Reine kommen kann. Die Meisten, welche eine solche Trennung der organischen und unorganischen Natur hinsichtlich der ihnen innewohnenden Kategorien, respektive des Zwecks und der Kausalität beantragen, halten diese Entzweiung durchaus nicht streng fest, sondern stehen nicht an, in solchen Fällen, wo früher nur durch eine zweckmäßige Einrichtung erklärbare Erscheinungen nun, nach neueren Gesichtspunkten, als durch einen Kausalnexus verknüpft erkannt werden, letzterer Kategorie ihr Recht widerfahren zu lassen und halten diese Umwandlung unserer Betrachtungsweise der Naturphänomene, sofern sie nur sicher begründet, sogar für einen großen wissenschaftlichen Fortschritt. Die Anhänger dieser Richtung neigen sich schon mehr zur Dritten Ansicht hin, daß nämlich die Anwendung des Zweckbegriffs zur Erklärung der Erscheinungen nur ein subjektives Mittel ist, welches wir gebrauchen können, "um Einheit in die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen zu bringen", ein Prinzip von nur "regulativer, nicht konstitutiver" Bedeutung - bekanntlich die Ansicht KANTs; mit der Kausalität hält er es fast ebenso, indem er ihr ebenfalls nur subjektive Geltung zutraut, ihre Objektivität aber unentschieden sein läßt, wie er allerdings zu tun genötigt ist, wenn er sein System konsequent durchführen will. Dies sind die hauptsächlichsten der von den Philosophen über den objektiven Zweck vorgebrachten Ansichten; wir müssen jedoch noch kurz die Meinungen der Naturforscher über denselben Gegenstand vernehmen, welche hierin besonders ein Wort mitzusprechen haben. Die an einen strengeren wissenschaftlichen Fortgang gewöhnten Mathematiker und Astronomen, in deren Fach nur das unabänderlich Notwendige anerkannt wird, leugnen die Objektivität des Zweckes durchaus und suchen wie z. B. LAPLACE, selbst die bisher im Weltbau als zweckgemäß angesehenen Einrichtungen als Vorurteile darzustellen, was ihnen dann freilich nicht sehr schwer fallen kann. Jedoch ist auf das Urteil der Mathematiker in metaphysicis meist nicht viel zu geben, da sie gewohnt sind, sich in einem Kreis abstrakter Vorstellungen zu bewegen, aus welchem sie auf andere Gebiete eine Menge höchst sonderbarer Theorien übertragen, wie ihre gangbaren Definitionen von Materie, Kraft, Bewegung usf. zur Genüge beweisen, daher pflegen sie auch gerne in philosophischen Dingen KANT vorzuschieben. An sie schließen sich unter den Physikern und Chemikern diejenigen an, welche ihre Wissenschaft dem Einfluß der höheren Mathematik und der dadurch möglich werdenden systematischen Ausbildung derselben zugänglich zu machen suchen. Von dem Punkt aber an, wo die Bearbeitung der Naturwissenschaften mehr historisch als empirisch, als systematisch betrieben wird, wo man unter Wissenschaft nur eine größtmöglichste Sammlung von Tatsachen, die nach einem willkürlichen Prinzip geordnet sind, versteht, wie dies größtenteils noch in der Chemie, hauptsächlich aber in den sogenannten beschreibenden Naturwissenschaften der Fall ist, - von da an vermehrt sich die Zahl der Anhänger der teleologischen Theorie aus dem Grund, weil dieses Prinzip ein höchst bequemes Mittel zur sogenannten Erklärung der Tatsachen und zur Anordnung des in diesen Fächern allerdings ins Unglaubliche angewachsenen Stoffes ist. Hauptsächlich aber ist in der Physiologie das Jagen nach höheren Zwecken, die im Organismus ausgebildet sein sollen, so gebräuchlich geworden, daß man zumindest in diesem Feld manche wichtige Aufklärung vermöge des Gebrauches jener Kategorie erwarten sollte; allein da man sich auch hier vom Kausalnexus der Erscheinungen nicht loszusagen vermochte, so ist durch die Verwirrung der beiden Begriffe trotz der großen neueren empirischen Entdeckungen die Physiologie zu einer beschreibenden Wissenschaft geworden, deren theoretischer Apparat größtenteils aus einer Menge von Worten besteht, bei denen sich sehr wenig denken läßt. Vielleicht werden die Physiologen durch eine schon begonnene systematische Einführung der Physik und Chemie in ihre Wissenschaft, dieser einen höheren Standpunt zu geben vermögen. Dies sind die gangbarsten Meinungen über die Herrschaft des Zwecks in der objektiven Welt; allein außer der materiellen organischen und unorganischen Natur gibt es noch ein geistiges Reich, welches sich in Staat und Geschichte objektiviert und in welches man von jeher die Kategorie des Zwecks einzuführen versucht hat. Folgendes sind die hier zu unterscheidenden Hauptpunkte: Man war von jeher sehr geneigt im Staats- und geschichtlichen Leben eine unmittelbare und gleichsam momentane göttliche Leitung und Einwirkung anzuerkennen, weil man teils eine Erklärung nach Kausalität, wie in der unorganischen Natur, für unmöglich hielt, teils weil man die in der organischen Natur im Großen ausgearbeiteten Zwecke wegen der in der Geschichte plötzlich auftretenden Wendungen, Fügungen und dergleichn nicht ausreichend glaubte. Bei einer solchen Betrachtungsweise konnte man durchaus nicht an eine wissenschaftliche Bearbeitung denken und war daher genötigt der ganzen Geschichte der Menschheit einen großen Plan und Endzweck unterzulegen, wie etwa einen ewigen Fortschritt der Menschen zum besseren, eine Verwirklichung des Reiches Gottes auf Erden und dergleichen, wodurch die Geschichte in ihren einzelnen Epochen das Ansehen einer Rechtfertigung Gottes, einer Theodizee bekam, während man die Erklärung der zwischen den größeren Epochen liegenden kleineren historischen Begebenheiten doch wohl dem Kausalnexus überlassen mußte. Diese Betrachtungsweise, die noch zur von LEIBNIZ, KANT und HERDER in großem Ansehen stand, bekam einen starken Stoß durch die französische Revolution, deren Wesen mit den obigen Ideen von göttlicher Weltregierung den Leuten doch nicht ganz vereinbar schien; da man jedoch diese Tatsache, so sehr es auch gewünscht wurde, nicht wieder aus der Geschichte tilgen konnte, andererseits auch die teleologischen Ansichten nicht aufgeben mochte, so fand man den allerdings bequemen, aber doch sehr trivialen Ausweg, zu behaupten, daß die eben erwähnte Begebenheit wohl auch ihren Nutzen und Zweck haben wird, wenn wir auch jetzt denselben nicht zu beurteilen vermögen, was sich dann freilich auch bewährt hat, wie es sich bei jeder historischen Begebenheit bewähren muß, daß sie, wie man zu sagen pflegt, zu etwas nützen wird; allein durch jene Behauptung wurden die der teleologischen Ansicht huldigenden Historiker über ihr Prinzip hinausgetrieben, die höhere Geschichtsforschung verlor den Faden, der sie bisher durch die Masse der Begebenheiten hindurgeleitet hatte; erst durch HEGELs großen Gedanken von der Vernünftigkeit des Wirklichen und der Wirklichkeit des Vernünftigen, welcher gewiß viel zur Beseitigung der Zwecktheorien in diesen Wissenschaften beigetragen, gewann die Behandlung der Geschichte insbesondere, wie die Philosophie überhaupt, einen neuen Halt, dessesn Folgen die kommenden Zeiten erst ausführlich zu entwickeln imstande sein werden. Das so eben Angegebene enthält die Hauptmomente, in denen bisher der Zweck in den verschiedenen Wissenschaften aufgetreten ist. Alle diese Ansichten erkennen mehr oder weniger die Herrschaft jener Kategorie in der objektiven Welt, oder zumindest die subjektive Notwendigkeit sich ihrer zur Erklärung der Erscheinungen zu bedienen, an. Ihnen gegenüber steht der Satz des SPINOZA, daß Nichts durch den Zweck und vermöge des Zweckes geschieht. Es wird sich im Folgenden zeigen, daß wir, nach Beurteilung der früheren Ansichten, dem letzteren Satz beizutreten genötigt sein werden, freilich in anderer Weise und aus anderen Beweggründen, als jener Philosoph. Was dieser nur dunkel vermutete und dogmatisch aussprach, weil es aus der Konsequenz seines Systems hervorging, werden wir durch die Unzulänglichkeit und Unwissenschaftlichkeit der früheren Ansichten, wie durch eine Hinwegräumung der bisher der Annahme des letzteren Satzes entgegenstehenden Schwierigkeiten, zu erweisen suchen. Wir werden hierdurch zu dem, wenn auch zuerst nur negativem, Resultat kommen, daß die teleologischen Theorien zwar wissenschaftlich unbrauchbar und falsch, doch einen notwendigen Durchgangspunkt der menschlichen Erkenntnis bilden und, vermöge der Natur unserer Anschauung, unvermeidliche Abwege der Vernunft sind. Die erste, hauptsächlich von ARISTOTELES begründete, Ansicht von der Natur als der Objektivität eines Systems von Zwecken, ist, wie schon angedeutet, zugleich die des gesunden Menschenverstandes, aus welchem Grund sie auch schon so früh wissenschaftlich ausgebildet erscheint; denn wie sich im Individuum die Weisen der Weltanschauung gestalten und verändern, in derselben Ordnung muß dies auch im Bewußtsein eines Volkes oder mehrerer geistig miteinander in Verbindung stehender Völker geschehen; daher es uns nicht wundern darf, in der Geschichte die einfachsten und am unmittelbarsten sich darbietenden Vorstellungen auch am meisten im Bewußtsein der Menschheit verarbeitet zu sehen. Der gesunde Menschenverstand, der sein praktisches Wirken als ein fortwährendes Ersinnen und Vollführen neuer Zweckvorstellungen anschaut, wird durch Analogie genötigt, die ohne sein Mitwirken rings um ihn her ununterbrochen in der Natur vor sich gehenden Verwandlungen einer gleich ihm intelligenten Persönlichkeit zuzuschreiben, welche, da ihr Einwirken auf die Naturerscheinungen, wie sie selbst, nicht unmittelbar beachtet werden kann, als unsichtbare Macht und Herrn über die, räumlich und zeitlich außer ihr stehende, Natur vorgestellt wird. Als Prinzip der Tätigkeit jener höheren Persönlichkeit kann der Mensch nur den Zweck angeben, da er sie, seiner eigenen Natur entsprechend mit einem Begehrungsvermögen und einer Willenskraft ausgestattet annehmen muß, in der Art jedoch, daß der Ausführung ihres Willens in der objektiven Welt nichts entgegensteht und sie in der Vollbringung ihrer Zwecke unbeschränkte Macht besitzt. Indem wir das Wesen dieser fingierten Persönlichkeit erst in einem späteren Abschnitt näher betrachten werden, kommt es hier allein darauf an, uns seine Wirkungsweise in der Natur uns mehr zu vergegenwärtigen. Es läuft diese ganze Betrachtungsweise darauf hinaus, die Entstehung der Naturerscheinungen von einer Willkür abhängig zu machen, deren Absichten, da sie zugleich außerhalb der Natur stehen und dennoch unmittelbar in diese eingreifen soll, unserem Verstand unzugänglich sind; würden wir versuchen, ihre Beschlüsse zu ergründen und einen stetigen Zusammenhang unter denselben aufzuweisen, so sähen wir uns genötigt, über jener ein Gesetz oder eine noch höhere Persönlichkeit zu statuieren, was uns auf diese Art ins Unendliche fortführen würde, ohne ein Resultat zu gewähren. Es bleibt also nur der Ausweg übrig, sich blind an die unbeschränkte Autorität jener Persönlichkeit zu halten, vermöge deren Alles in der Natur Geschehende ein unmittelbarer Ausfluß ihres Willens und als solcher eine Vollführung ihrer Zwecke ist, wozu sie weiter keine Mittel nötig hat. Mit dieser Ansicht ist dann freilich jede wissenschaftliche Erkenntnis der Natur abgeschnitten und der Wissenstrieb des Menschen zur Ruhe gewiesen. Aber die unserer Vernunft innewohnenden Kräfte erlauben es nich uns bei einer solchen oberflächlichen Betrachtung der Natur vorgefaßten Meinung zu beruhigen; es ist die nie zu hindernde Beobachtung der Erscheinungen, welche uns aus jenem bequemen Autoritätsglauben drängen muß, wenn es nicht der Alles erschütternde Zweifel schon zuvor getan hat. Da wir nämlich unter entsprechenden Bedingungen auch ähnliche wiederkehrende Erscheinungen bemerken, und zwar ohne einen einzigen Ausnahmefall, der nicht durch andere weitere Bedingungen begründet wäre, welchen Zusammenhang wir als Gesetz bezeichnen, so erscheint es uns unbegreiflich, weshalb jene höhere Persönlichkeit, wenn sie die eine Erscheinung als ihre unmittelbare Willensäußerung ins Werk gesetzt hat, zugleich unwiderruflich die Andere Bestimmte darauf folgen läßt, oder wenn die Ausführung dieser letzteren Tatsache ihr Zweck war, weshalb ihr immer jene erstere vorangehen mußte. Durch diese Erfahrung gelangen wir zu dem Bewußtsein, daß es mit jener Allmacht doch wohl nicht so ganz richtig ist und vielmehr die Objekte in ihrer ursprünglichen Natur jener Autorität eine unüberwindliche Schranke setzten; durch welche Erfahrung die Objekte der Sinne für uns eine Realität enthalten, welche ihnen vorher nur als ein Reflex der Realität eines übernatürlichen Wesens innewohnte. Diese Wahrnehmungen von der unveränderlichen Verbindung gewisser Erscheinungen miteinander in der Zeit sprechen wir als Gesetze aus, in denen und durch welche die Tatsachen durch Kausalität miteinander verknüpft sind. Wir hätten hierzu durchaus kein Recht, wenn diese Verknüpfung der Tatsachen durch nichts weiter als deren regelmäßig wiederkehrende Aufeinanderfolge in der Zeit begründet wäre - in diesem Fall wären wir höchstens berechtigt, mit KANT und HUME die Kausalität als ein subjektives, bloß regulatives Prinzip zur Ordnung des Mannigfaltigen in der Natur anzuwenden - allein in unserer Vernunft findet sich ein Analogon in der Aufeinanderfolge und unveränderlichem Zusammenhang gewisser Gedanken und Begriffe, deren Objekte in der Natur dieselbe Verknüpfung darbieten; in diesem Fall sind wir daher berechtigt, jenen geistig statuierten Kausalnexus auf die Objekte zu übertragen und selbst bei einer solchen Reihe von Phänomenen, deren geistiges Gegenbild uns noch mangelt, falls sie häufig wiederkehren, einen solchen Zusammenhang zumindest vorauszusetzen und ihn als Gesetz auszusprechen, solange bis wir den Zusammenhang der Gedanken und Begriffe jener Objekt im Geist gefunden, d. h. dieselben theoretisch erkannt haben. Die Berechtigung, den geistigen Kausalzusammenhang auf die objektive Welt zu übertragen, ist allerdings eine Voraussetzung, deren Richtigkeit nur annähernd durch Beobachtung bestimmt werden kann, aber durch metaphysische Betrachtungen über das Wesen der objektiven Welt in einem philosophischen System theoretisch erwiesen werden muß, falls man nicht, wie KANT es getan hat, das Ansich der Dinge gewaltsam der sie betrachtenden Vernunft gegenüberstellt. Dies gehört jedoch nicht weiter hierher. Wir sahen also, wie durch das unvermeidliche Hineintragen von Gesetzen in die Objekte, diese zuerst eine von einer höheren Persönlichkeit abgetrennte Realität erhalten, sodaß, wenn auch diese nach ihrer Willkür die Objekte zu bearbeiten vermag, diese letzteren gleichsam nun auch ihren Willen haben, dem sich jene Verarbeitung unwiderruflich fügen muß. Bei der Vollführung ihrer Zwecke in der objektiven Wet kann jene Intelligenz also nicht mehr als willkürliche Macht verfahren, sie ist durch nicht zu umgehende Naturgesetze gebunden, deren sie sich daher zur Erreichung ihrer Absichten als Mittel bedienen muß, wodurch sie selbst erst aus ihrer früheren Gestalt als Herrn über die Natur zur eigentlichen Intelligenz und zweckmäßigen Tätigkeit emporgehoben wird, indem sie nun genötigt ist (durch die Umwandlung ihrer Willensäußerungen in Zwecke), sich der List zu bedienen, wobei sie die Objekte der Natur vermöge der eigenen Gesetze sich zu ihrem Zweck gestalten läßt, selbst aber mehr ein Zuschauer, über die Erscheinungen erhaben, bleibt, obwohl sie allein imstande ist durch ihre erste Anregung das objektive Leben zu erwecken. Sie bleibt also immer der primus motor. Unter ihr liegt die Natur, deren Tätigkeit sie zwar beliebig zu erregen, aber nicht zu verhindern vermag, daß diese ihren eigenen Weg geht. Wir finden hier fast dasselbe Verhältnis wieder wie beim subjektiven Zweck, nur daß in diesem Fall die zweckgemäß handelnde Intelligenz auf einer weit höheren Stufe steht als dort, daher die oben angeführten Hindernisse, welche der Ausführung menschlicher Zwecke entgegenstehen, wie die Unkenntnis der Naturgesetze, hier nicht anwendbar sind. Wir haben von nun an auf zwei Punkte unser Augenmerk zu richten, einerseits auf die ruhenden Gesetze der Materie, andererseits auf die sie von außen her belebende Tätigkeit. Die Anzahl jener wird durch die fortschreitende Beobachtung unaufhörlich vermehrt und es hat den Anschein, als ob sich in der Tat kein Phänomen der Natur wie des Geistes ihrem Einfluß entziehen könnte. Je mehr dies der Fall ist, desto mehr verliert auch jene höhere über der Natur stehende Macht in den Augen der Menschheit an Autorität, da es uns alsdann scheinen muß, als ob sie nur zusähe, wie die von ihr geschaffene Materie sich eigenmächtig entwickelt. Ein unmittelbares Eingreifen in diesen Entwicklungsgang der objektiven Welt ist unmöglich, denn geschähe dieser Eingriff dem Gesetz gemäß, so würden wir eben nichts Anderes darin finden als das Gesetz, geschähe er aber in einem Widerstreit mit diesem, so wäre das Gesetz kein Gesetz und wir ständen wieder, wo wir am Anfang standen. Die vermeintlichen Wunder sind solche willkürliche Eingriffe in den Gang der Naturgesetze: entweder müssen diese als im klaren Widerstreit mit den Gesetzen gefaßt werden, und wenn dies zugegeben wird, so hört alle Wissenschaft auf - oder man muß sie eben dem Gesetz gemäß oder als darunter subsumierte seltene Fälle darzustellen, d. h. sie zu erklären suchen; daher haben sich auch die Theologen, Physiker, Metaphysiker und dergleichen zu allen Zeiten an den Wundern die Köpfe zerbrochen und werden sich diese auch bis ans Ende der Welt zerbrechen, wenn sie ihrer bisherigen Manier getreu bleiben. Wir werden im folgenden Abschnitt noch einmal auf diesen Punkt zurückkommen. Wo die Natur an Realität gewinnt, da tritt die Macht der über ihr stehenden Persönlichkeit, wenn diese zugleich außer ihr etwas gelten soll, weit zurück. Schon bei den Alten hatte sich die Natur durch eine Zunahme der Beobachtungen und durch die Entdeckung von Gesetzen allmählich dem Gängelband der bunten Götterwelt entwunden, und diese selbst war daher überflüssig geworden: die neuere Naturwissenschaft hat das Ihrige geleistet, uns den Weg zur Hinwegräumung der noch übrigen Schranken zu bahnen. Durch diese Schlußfolgerung wird der menschliche Geist vom krassesten Theokratismus, dem gegenüber die Natur in das Nichts zurücksinkt, zum entgegengesetzten Extrem, einem Naturfatalismus, geleitet. Die höhere Bildung des Geistes jedoch zeigt ihm selbst einen Ausweg an. Es zeigt sich nämlich bald, daß durch das bloße Dasein von Gesetzen der Geist nicht befriedigt wird, vielmehr ihm diese nur wieder zu allgemeinen Tatsachen herabsinken, deren Grund und Zusammenhang er wie vorher zu erforschen hat. Hier aber, wo die Gesetze wiederum zu allgemeinen Tatsachen geworden sind, kann der Verstand nicht umhin, auf diese Gesetze dieselbe Argumentation wie oben auf die Tatsachen anzuwenden, daß nämlich durch jene Willkür eines höheren Wesens eingesetzt wurde, wie dies vorhin von der Naturerscheinung in ihrer Einzelheit und Unmittelbarkeit behauptet wurde. Allein der Begriff des Gesetzes setzt mehr als eine bloß momentane Willkür voraus. Das Naturgesetz ist für die Ewigkeit geschaffen, während die Willkür immer nur eine vereinzelte Wirksamkeit auf die objektive Welt auszuüben vermöchte. Der Verstand sieht daher bald ein, daß jenes höchste Wesen zur Konstituierung der Gesetze keinen anderen Beweggrund haben konnte, als die Erfüllung eines großen, alle Wesen umfassenden Weltzwecks; denn von dem Augenblick an, in welchem sie der Natur die Gesetze eingepflanzt hatte, hatte sie keine Macht mehr über sie, sondern diese gingen ihren eigenen Weg fort; wollte sie daher ihren Zweck erreichen, so mußte jene Macht am Anfang, da es noch in ihrer Gewalt stand, die Naturgesetze so einrichten, daß sämtliche Wesen in ihrer unvermeidlichen und unendlichen Wechselwirkung auf dieses Ziel hinzuarbeiten genötigt sind. Diese Betrachtung wird noch verwickelter durch einen neuen hinzukommenden Umstand. Der menschliche Verstand nämlich sieht sich bei aufmerksamer Naturbetrachtung genötigt, in jener höheren Macht eine doppelte Tätigkeit in Bezug auf die Natur anzunehmen, eine Erschaffende und eine Erhaltende, was ziemlich mit dem veralteten Gegensatz von natura naturans [naturende Natur - wp] und naturata [genaturte Natur - wp] übereinkommt. Solange wir nämlich die Natur beobachtet haben, haben wir in der ursprünglichen Form, zumindest der organischen Wesen, keine wesentliche Veränderung vorgehen sehen; unter unseren Augen hat sich nur das Alte unaufhörlich erneuert, um auf die frühere Weise fortzuleben; was wir beobachtet haben, war nur die Wirkung der erhaltenden Kraft. Als die erschaffende Kraft aber bestimmen wir dann diejenige, welche den Gestalten am Anfang ihren ursprünglichen Typus gegeben hat, den sie, vermöge ihrer Erhaltung, noch jetzt inne haben. Daß eine solche Trennung zwischen Schöpfung und Erhaltun, wie sie der gemeine Menschenverstand aus rein subjektiven Gründen gewaltsam hervorruft, durch eine tiefere Betrachtung niccht gerechtfertigt werden kann und eine große Verwirrung veranlaßt, ist schon neuerdings vielfältig eingesehen worden. Es ist namentlich eine sehr oberflächliche Vorstellung vom Wesen der Zeit, welche dem Verstand einen bestimmten Anfang derselben, mithin auch eine ursprünglich plötzlich entstandene Weltschöpfung aufdrängt, wobei diese Idee dann noch unglücklicherweise durch mehrere, höchstwahrscheinlich auf denselben Fundamenten des gemeinen Volksglaubens beruhende Traditionen vermehrt wird. Schon durch die Resultate der geologischen Wissenschaften sollte man doch von einer so einseitigen Vorstellung abzugehen sich genötigt sehen und eine fortdauernde Schöpfung anerkennen. Bleiben wir jedoch bei der eben erwähnten, selbst von den meisten Philosophen noch anerkannten, Trennung der Weltschöpfung von der Welterhaltung stehen, wie wir es zur Beurteilung der teleologischen Ansichten, die diesen Standpunkt sehr festhalten, allerdings tun müssen, so ergibt sich Folgendes: Erstens wirkt die erhaltende Macht nicht mehr fort, sondern wie wir gesehen haben, ist sie von Anfang an mit den in die Natur eingepflanzten Gesetzen dieser gänzlich übergeben worden. Diese Tätigkeit der über der Natur stehenden Macht fällt zwar der Zeit nach mit dem Schöpfungsakt zusammen, aber daß dies auch dem inneren Wesen nach geschehen, daß beide Tätigkeiten identisch sind, dies will die teleologische Ansicht nicht zugeben, weil sie ursprünglich von der Getrenntheit beider Tätigkeiten, wie sie sie in der Beobachtung zu finden meint, ausgegangen ist, und weil sie sich ferner nicht zu der Einsicht erheben kann, daß die Gesetze, vermöge deren sich ein jedes Ding erhält und mit anderen seiner Art in einer Wechselwirkung tritt, eben weiter nichts sind als das erscheinende Wesen des Dinges selbst, als die Kraft, vermöge deren es geworden ist. Ferner: diesen zwei getrennten Wirkungsweisen einer übernatürlichen Macht müssen auch zwei verschiedene Zwecke entsprechen, deren einer die ursprüngliche Organisation aller Wesen betrifft, der andere sich auf die in der Zeit vor sich gehende Wechselwirkung derselben bezieht. Welches sind aber diese Zwecke? Hier hört alle nähere Bestimmung, wenn sie nur einen Schein von logischer Form haben soll, auf. Wir wissen durchaus nicht, welche Zwecke und Absichten wir einer höheren Macht unterlegen können, die sie zur Erschaffung einer Welt bewogen haben sollen; vielmehr werden wir bald inne, daß diese Vorstellung von Zwecken und Bedürfnissen, die jene Macht vor der Erschaffung der Welt gehabt haben soll, gar zu absurd ist. Selbst SCHELLING macht in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Offenbarung die Äußerung:
Tatsachen bilden von jeher für den gewöhnlichen Menschenverstand wie für den Philosophen die kräftigsten Argumente; die Aufzeigung derselben oder an ihre Widerlegung durch andere Tatsachen muß sich daher selbst in philosophischen Untersuchungen derjenige halten, der eine theoretische Ansicht behaupten oder bekämpfen will. Tatsachen ansich oder in rein objektiver Form lassen sich nicht widerlegen; in dieser Gestalt treten sie jedoch höchst selten auf, vielmehr gewöhnlich schon als Beobachtungen oder gar als ein von uns gebildeter Komplex von Beobachtungen, und diese Zutat zu den Tatsachen ist es, die der Widerlegung fähig ist. Soll diese vollführt werden, falls man Gründe hat, an der Richtigkeit der Beobachtung zu zweifeln, so ist es nötig, daß man von einem anderen Standpunkt als von dem des ersten Beobachters dasselbe Objekt betrachtet; dann wird man erfahren, ob das von ersteren erhaltene Resultat nur von seinem eigentümlichen Standpunkt abhängig ist, oder ob es für jeden derselben gilt und also rein objektiv ist. So z. B. beurteilen wir die Gestalt ein und desselben Körpers von verschiedenen Standpunkten aus verschieden, und erst durch eine Kombination einer großen Anzahl solcher Beobachtungen können wir auf seine wahre Gestalt schließen. Ebenso ist es in der ethischen Welt: die Sitten der Völker des Altertums sind wir gewohnt nach unserem Ideenkreis und nach unseren Sitten zu beurteilen, andere Völker wieder nach ihren Sitten; denken aber selten daran, daß der zu diesem Zweck einzig richtige Standpunkt der Geist des Altertums selbst ist. Nach solchen Grundsätzen, durch welche wir nämlich das Subjektive vom Objektiven absonder, muß auch die Prüfung der teleologischen Beobachtungen vorgenommen werden. Sobald im Menschen nur das Bestreben erwacht, die Dinge, deren Eindrücke er von Kindheit an empfangen hat, noch unter einem von dem bisher gebrauchten rein sinnlichen Standpunkt verschiedenem, intellektuellen zu betrachten; sobald der sogenannte gesunde Menschenverstand erwacht, fühlt der Geist das Bestreben, die Erscheinungen unter sich zu verbinden oder zumindest sie anzuordnen im Hinblick auf einen festen Punkt, von dem sie ausgehen oder zu welchem sie hinstreben. Ein solcher erster Anknüpfungspunkt aller seiner Gedanken ist er selbst, und Nichts kann ihn nötigen, ein höheres als sein eigenes Ich über ihm anzuerkennen, weil alles, was er mit seinen Sinnen wahrnehmen kann, nur für ihn Existenz hat und außerhalb des Bereichs seiner Sinne für ihn gar nicht da ist. Der Grundgedanke des Idealismus liegt dem aus der Unmittelbarkeit erwachten Geist durchaus nicht fern, er ist nicht etwa eine der höchsten Höhen der Spekulation von verzweifelten Atheisten ausgeklaubte Theorie, sondern die einfachste Grundlage all unserer Anschauung, aber eben darum ist der Geist auch genötigt, über ihn zuerst hinauszuschreiten und den Gegenständen außerhalb von ihm wohl eine Beschränkung seiner selbst, selten aber eine vollkommene Beherrschung seines Ichs zuzutrauen. Diesen Zwiespalt, in welchem der Verstand sehr bald durch die heftige Einwirkung der äußeren Eindrücke versetzt wird, sucht er dadurch zu vertilgen, daß er die vorherrschende Realität seiner Selbst mit der auf die äußeren Dinge übertragenen zu vereinigen strebt, indem er sagt, die Außenwelt sei nur für ihn, sie sie zu seinem Nutzen da. Hierbei bekümmert er sich gar nicht weiter um die Natur und den Ursprung der Dinge; er genießt sorglos alles was da ist, in der festen Überzeugung, es sei alles für ihn geworden und gewachsen. Im Verlauf dieser Ansicht wird er jedoch gewahr, daß er von vielen Dingen durchaus keinen Nutzen ziehen kann und er daher genötigt ist, seine bisherige Meinung umzuändern, allen Dingen, die vorher nur ein Sein für ihn hatten, jetzt ein Ansichsein zuzuschreiben, und zwar ein solches, wie es zu seiner Fortdauer der meisten anderen Dinge bedarf. So erzeugt sich ihm ein Reich des abstrakten Nutzens, eine Welt von sich gegenseitig aneinander abnutzenden Wesen, von welchen jedes seine Existenz durch die der anderen gesichert sieht, aber doch nur durch den Untergang der letzteren zum Genuß seines Daseins kommen kann. - Nimmt der Verstand zu dieser Anschauung noch die ihm, wie früher angegeben, auf anderem Weg gewordene Vorstellung einer über der Natur stehenden Macht hinzu, so spricht er die Weltordnung als den von jener Macht durch die Konstituierung der Naturgesetze erfüllten Zweck der größtmöglichen Erhaltung aller Einzelwesen durch gegenseitigen Nutzen aus; vergißt aber hierbei ganz, daß jedes Wesen sich nur auf Kosten aller übrigen erhalten kann und daß auf diese Weise bald von der Welt nichts mehr übrig bleiben würde, so daß man mit demselben Recht als den Zweck der Schöpfung die größtmögliche gegenseitige Zerstörung der Individuen durch einander angeben könnte, wenn man die Sache allein vom Standpunt der Erfahrung ansieht. So gestaltet sich ihm der eine Zweck, den die Vorsehung bei der Einpflanzung allgemeiner Gesetze in ihre Geschöpfe hatte, ihrer größtmöglichen gegenseitigen Erhaltung. Den Zweck jener Schöpfung selbst kann der Verstand nicht besser ersinnen, wei er im Schöpfer selbst keinen Grund davon wahrnimmt, außer wenn er die Welt als ihrem Schöpfer im höchsten Grad entsprechend ansieht, was er dadurch ausdrückt, daß der ursprüngliche Typus aller geschaffenen Wesen höchst möglich vollkommen ist, eine Bezeichnung, die durchaus keine objektive Deutung zuläßt, und wenn nach einer näheren Definition dieses Attributs gefragt wird, so pflegt man gewöhnlich wieder im Zirkel auf die Natur als den Ausdruck und Fundort der Vollkommenheit zu weisen. Der höchst allgemeine Begriff der Vollkommenheit bezieht sich jedoch offenbar nur auf die Erschaffung der einzelnen Wesen; es bleibt dem Verstand noch übrig, auch für das Gesamtinteresse der Schöpfung einen Plan zu ersinne, der ihr zugrunde gelegen hat und hierzu nimmt er den Ausdruck der höchstmöglichen Mannigfaltigkeit der erschaffenen Formen. Dies sind alles Bezeichnungen, die auf den ersten Blick wohl in der Natur objektiv stattfinden mögen, aber sie erklären nicht den Zweck der Schöpfung, sondern setzen alle voraus, daß der Schöpfer die Materie als formloses Objekt vorgefunden und nun aus ebenso unerklärbaren Absichten nach den allerdings großartigen, aber für ihn durchaus nicht notwendigen Prinzipien der Mannigfaltigkeit und Vollkommenheit, die Naturwesen gebildet. Mit solchen allgemeinen nichtssagenden Kategorien, wie "Vollkommenheit" und "Mannigfaltigkeit", kann sich auch die Naturwissenschaft und Philosophie gar nicht befassen, deshalb sind auch die meisten Philosophen um die ganze Zwecktheorie sehr behutsam herumgegangen und haben getan, als ob dieser sehr delikate Gegenstand gleich anderen ihm ähnlichen Streitpunkten mehr in das Gebiet des Glaubens zu rechnen ist, von dem sich die Philosophen fern zu halten haben. Es wäre nichts leichter, als zu zeigen, daß in der Schöpfung eine noch bei weitem größere Mannigfaltigkeit, als wie sie jetzt finden, denkbar ist, ja daß die jetzt lebenden Formen, deren Mannigfaltigkeit so bewundert wird, vielleicht nur Trümmer und Überreste eines größeren Naturreichs sind (man braucht sich nur in die Anschauung der ungeheuren Anzahl früher unbekannter vorweltlicher und mikroskopischer Tier- und Pflanzenformen zu versetzen, vor deren Auffindung schon dieselbe Mannigfaltigkeitstheorie im Gange war). Ebenso könnte man auf das Vorzeigen der Vollkommenheit, wenn sich hiermit nur ein einigermaßen bestimmter Gedanken verknüpfen ließe, erwidern, daß nach Manches durchaus nicht vollkommen genug ist; allein eine solche Erwiderung würde ebenso lächerlich sein, wie die Gegenbehauptung, und wir brauchen uns bei diesen gedankenlosen Kategorien nicht weiter aufzuhalten. Was eigentlich der Verstand mit der Vollkommenheit der Schöpfung meint, ist dies, daß jedes Wesen so geschaffen ist, daß es aus der übrigen Natur hinreichende Mittel zu seiner Fortdauer nehmen kann, was also eigentlich auf den nun zu betrachtenden zweiten Punkt von der gegenseitigen Erhaltung hinausläuft (1). Für den Menschen, solange er den gesunden Verstand zur Triebfeder seiner Handlungen nimmt, bleibt die Erhaltung seiner selbst, nicht nur gleichsam quantitativ in der Zeit, sondern auch qualitativ im Wohlbefinden, sein höchster Zweck und zwar mit vollem Recht; ohne das Bewußtsein seiner selbst hat die Außenwelt für ihn keinen Wert; sie kann auch untergehen, sobald er durch ihren Eindruck nicht mehr berührt wird. Alles, was ihm in der Außenwelt zur Erhaltung seiner Fortdauer in Bezug auf beide Seiten derselben behilflich ist, muß daher seine Aufmerksamkeit zu allererst in Anspruch nehmen und eine gewisse Verachtung aller übrigen Naturerscheinungen, die ihm nicht unmittelbar nützen, hervorrufen, welche er dadurch ausspricht, daß alles Übrige nur zur Hervorbringung jener besonders zu seiner Erhaltung dienenden Naturerzeugnisse berechnet ist. Er kann nicht leugnen, daß er objektiv zuerst nichts als eine durch Kausalität verknüpfte Reihe von Erscheinungen erblickt; aus dieser Kette nimmt er ein einzelnes Glied, welches gerade zu seinem Wesen in einem eigentümlichen Verhältnis steht, welches aus diesem Grund zu allererst von ihm seiner Beachtung gewürdigt wird, heraus und macht es zu Zweck des ganzen Kausalnexus, indem er ein rein subjektives, nur für ihn gültiges Verhalten des Objekts, diesem an und für sich zuschreibt. Die einfachste Art, den Menschen aus dieser Täuschung zu reißen, ist unstreitig die, ihm eine Veränderung seiner Subjektivität vorzuhalten, während das Objekt seiner Zweckvorstellung unverändert bleibt und ihn dann zu fragen, ob er noch dasselbe Verhalten jenes Objekts zu seiner neuen Individualität behaupten mag, wodurch ihm klar werden muß, daß allein jene seine frühere rein subjektive Natur die Ursache war, weshalb er in das Objekt ein zweckmäßig auserwähltes Verhalten zu ihm selbst hineinlegte. Dies wird vielleicht so deutlich werden: Gewisse Naturverhältnisse und Erzeugnisse sind jetzt zu unserer Fortdauer unbedingt notwendig, zumindest zwingt uns die Gewohnheit, wie auch die Beobachtung ihrer merkwürdigen Übereinstimmung mit unserer Organisation, dies so anzunehmen, daß sie unsere Existenz bedingen und daher nur für diesen Zweck da sind; würde sich nun mit der Zeit unsere Organisation ändern, so würden jene Objekte, die vorher zu unserer Existenz so äußerst förderich waren, daß wir sie nur unseretwegen erschaffen glaubten, und jetzt gleichgültig werden, und wir uns genötigt sehen, ihrem Dasein andere unbekannte Zwecke unterzulegen; hingegen in unserem neuen Zustand andere bisher unbeachtete Erscheinungen ein solches Verhältnis zu unserer Organisation annehmen, daß wir nun ihnen eine in Bezug auf uns zweckmäßige Existenz beizulegen getrieben werden, so daß diese nun an die Stelle jener ersten treten; eine wie eben erwähnte Veränderung unserer Organisation und Disposition ist nichts von der Natur a priori unmöglich gemachtes; sie geht im Gegenteil, freilich nur in geringem Maße in den verschiedenen Lebensaltern und unter verschiedenen klimatischen Einflüssen vor sich. Durch diese Betrachtung läßt sich bei jeder einzelnen teleologischen Tatsache nachweisen, wie mit der Veränderung des Zwecksubjekts auch das ganze darauf beruhende objektive System nutzlos wird und dennoch nach wie vor seinen Kausalzusammenhang ungestört beibehält. Ganz dieselben Schlüsse gelten für alle Wesen, bei denen wir eine zweckmäßig eingerichtete Abhängigkeit von der übrigen Natur vorauszusetzen glauben. Nicht damit dieser ihr jeweiliger Zustand Realität erhält und fortdauert, sind die Gesetze der übrigen Naturwesen demgemäß eingerichtet, sondern umgekehrt, - weil dies gerade die unveränderlichen Naturgesetze sind, muß jedes Wesen, so oft es der Außenwelt bedarf, sich ihnen anzubequemen suchen, und deshalb wird auch seine jedesmalige Konstitution mit den übrigen Wesen so zusammengewachsen erscheinen, daß wir bei der ersten oberflächlichen Betrachtung nicht imstande sind zu entscheiden, ob die Natur dieses einzelnen Wesens den übrigen Verhältnissen durch Kausalität angepaßt ist, oder ob etwa all jene Gesetze nur deshalb so konstituiert wurden, damit die ursprüngliche Form dieses einzelnen Individuums erhalten bleibt. Der Grundsatz der Einfachheit sollte uns für das erstere bestimmen, allein was für uns ein größeres Gewicht zu haben scheint, weshalb wir uns für die zweite ungleich kompliziertere Ansicht entscheiden, ist das Moment der Subjektivität, das ideale Prinzip, welches sich den Gesetzen der Außenwelt, denen es keine unbedingte Realität zugesteht, nicht unterwerfen will, welches ursprünglich nur für unsere eigene Persönlichkeit geltend, von uns allmählich auf jedes Naturwesen, in dem wir eine ähnliche Persönlichkeit vermuten, übertragen wird. Mit dieser gewaltsamen Umkehrung der Naturverhältnisse hängt noch folgendes Räsonnement [Argument - wp] der Teleologen eng zusammen: Das einzelne Wesen nämlich, für dessen Erhaltung alle anderen Naturgesetze eingerichtet wurden, tritt zwar in der Zeit erst hervor, nachdem jenes schon geschehen ist, so daß also die Wirkung objektiv eher da ist, als die Ursache (und aus diesem Grund allein wäre es notwendig, die Hypothese von den Zwecken zu beseitigen); allein diese Umkehrung der Zeitverhältnisse wird eben für das Wunderbare, Unbegreifliche und für die hohe Weisheit der Schöpfung ausgegeben, wodurch die Teleologen die Verlegenheit, in welche sie durch eine Umkehrung der Zeitfolge geraten, noch zu ihrem Vorteil zu benutzen suchen, indem sie ihre Ansicht in den Nimbus der Unbegreiflichkeit und Weisheit hüllen, der zwar für manche ihrer Absichten sehr brauchbar sein kann, aber in die Wissenschaft durchaus nicht hingehört, am allerwenigsten in die Philosophie. Die Philosophen, besonders in unseren Tagen, geben sich leider schon zuviel mit dem Fabelhaften und Wunderbaren, was weder im Himmel noch auf Erden existiert, ab, so daß sie darüber das Vernünftige ganz übersehen; sie brauchen sich daher nicht noch Neues dergleichen aufbinden zu lassen. Auch eine ähnliche Weisheit soll der Satz enthalten, daß das Ganze eher da ist als seine Teile, was freilich in gewisser Hinsicht richtig sein mag, aber nur in einer Beziehung, die mit der Zwecktheorie in gar keinem Zusammehang steht, wenn man nämlich überhaupt keine so vaen Vorstellungen, wie Ganzes und Teile in die Wissenschaft hineinbringt, woran sich wiederum nur die bei den Teleologen stattfindende Armut an Begriffen offenbart, welche die Oberflächlichkeit der gemeinen Verstandesabstraktionen, wie Ganzes und Teile mit dem Vorgeben einer unbegreiflichen Weisheit verdeckt. Wir gehen nun zur Beurteilung der einzelnen Tatsachen über, in welchen sich eine zweckmäßige Tätigkeit offenbaren soll, indem wir vermöge der oben bezeichneten Methode dieselben analysieren. Die Reihenfolge, in welcher wir sie betrachten, wir am besten diejenige der Wissenschaften sein, zu welcher sie gehören, so daß wir mit den allgemeinsten Verhältnissen der Natur beginnen und allmählich zu den konkreteren Formen des Geistes übergehen. Alle solche Tatsachen zu betrachten, wäre hier nicht möglich, da deren zu viele sind; nur die hervorragendsten unter ihnen und diejenigen, welche von jeher am meisten angestaunt worden sind, wollen wir näher ins Auge fassen, während die weitere Untersuchung der übrigen alsdann von einem jeden, der unseren Standpunkt richtig aufgefaßt hat, leicht ausgeführt werden kann. Zuerst begegnet uns das Prinzip der Erhaltung im Weltgebäude in der fast völligen Gleichförmigkeit der Bahnen der Weltkörper. Die Veränderungen, denen die Elemente der Planetenbahnen unterworfen sind, finden sich in sehr enge Grenzen eingeschlossen, so daß, wenn auch die Wirkungskraft eines Weltkörpers in die Umgebung der anderen, ihm nächst liegenden, übergreift, sich diese gegenseitigen sogenannten Störungen zugleich in der Art kompensieren, daß man die großen Achsen aller Planetenbahnen als fast unveränderlich ansehen kann. Wären diese Elemente kontinuierlich veränderlich, wie etwa, wenn die großen Achsen der Bahnen einzelner Weltkörper unaufhörlich wachsen oder abnehmen würden, so wäre es wohl möglich, daß die Planeten nicht nur großen Veränderungen in Bezug auf ihre klimatischen Verhältnisse unterworfen wären, sondern daß sie sich untereinander berühren und zusammenstellen könnten, was einer Vernichtung ihrer kosmischen Existenz gleich zu achten wäre. Daher schließen die Teleologen, ist unter den Bewegungen der Weltkörper ursprünglich ein solches gesetzmäßiges Verhältnis konstituiert worden, daß jene Elemente nahezu konstant bleiben und die Möglichkeit ihrer gegenseitigen Berührung oder nur einer überaus großen wechselseitigen Störung, mithin die Gefährdung ihrer individuellen Existenz, von vornherein ausgeschlossen ist. Die theoretische Astronomie lehrt, wie die jetzt vorhandenen Bewegungsverhältnisse der Weltkörper auf einen ursprünglichen Normalpunkt zurückgeführt werden können, in welchem den einzelnen Planeten gewisse Anfangsgeschwindigkeiten in bestimmter Richtung, in ebenso bestimmten Entfernungen von der Sonne mitgeteilt wurden, vermöge deren und der allen innewohnenden Gravitationskraft sich alle bisherigen, jetzigen und zukünftigen Bewegungserscheinungen derselben a priori und völlig mit der Erfahrung übereinstimmend ableiten lassen. Falls also eine zweckmäßige Tätigkeit das alles in Absicht gehabt hätte, so fiele ihre Wirkungsweise allein darauf zurück, einerseits das Gesetz der Gravitation den Körpern einzupflanzen, andererseits ihnen jene oben erwähnten Geschwindigkeiten mitzuteilen, wodurch ihr Zweck der Erhaltung für alle Zeiten, wie es scheint, gesichert wäre. Das Gravitationsgesetz soll also zuerst zu diesem Zweck konstituiert sein, es findet sich aber, daß es nicht allein für die allgemein kosmischen Verhältnisse, sondern auch für alle einzelnen Partikel der Materie im Ganzen gültig, daß also jene Tätigkeit, wenn sie dieses Gesetz allein für die Erhaltung der Weltkörper ersonnen hat, sich eben dadurch für die Ausführung ihrer Zwecke auf den einzelnen Welten Fesseln angelegt, denen sie sich, da jenes Gesetz unbedingt gilt, auch unbedingt unterwerfen muß, daher in der Auswahl und Vollführung ihrer Zwecke nicht mehr frei ist; andererseits sind die näheren Bestimmungen jenes Gesetzes a priori beweisbar, wenn man nur im Allgemeinen eine gegenseitige Anziehung der Materie zugibt, wodurch man ebenfalls genötigt ist, anzunehmen, daß die zweckmäßige Tätigkeit mit der Materie auch zugleich das Gravitationsgesetz vorgefunden und nun, um unter dieser nicht zu umgehenden Bedingung dennoch ihren Zweck zu erreichen, jene Normal-Bewegungen zu bestimmen genötigt war. Es ließe sich ebenfalls wohl denken, daß jene ursprünglichen Geschwindigkeiten den Weltkörpern, vermöge ihrer allmählichen oder plötzlichen Absonderung aus dem übrigen Ganzen der Materie, aus der eigenen Natur derselben mitgeteilt wurden, aber dann wäre es noch immer nicht erklärt, weshalb wir im Weltganzen ein unverkennbares Streben nach Erhaltung wahrnehmen, welches offenbar nicht dem sogenannten Zufall zugeschrieben werden darf. Allein durch eine einfache Betrachtung und Anwendung der früher erwähnten Umkehrung des teleologischen Räsonnements lassen sich alle Schwierigkeiten heben. Wir brauchen nur zu dem Zeitpunkt zurückzugehen, in welchem jene Geschwindigkeiten den einzelnen Körpern gegeben wurden, so ergibt sich, daß, wie groß auch die Anzahl dieser Körper zu Anfang gewesen ist und von welcher Art ihre damaligen Geschwindigkeiten, deren Richtungen und ihre ursprünglichen Abstände von der Sonne und von einander auch gewesen sein mögen, nur diejenigen unter allen Körpern von uns beobachtet werden können, welche sich eben bis jetzt erhalten haben; alle übrigen Weltkörper, deren Elemente der Art veränderlich waren, daß ihre Existenz durch eine zu große Annäherung an Andere Gefahr lief - alle diese mußten untergehen und sind schon untergegangen, da wir genugsam berechtigt sind den Zeitraum zwischen ihrer Erschaffung (wenn man in Bezug auf diese noch von Zeit reden kann) und dem Zeitalter ihrer Beobachtung für so groß anzunehmen, daß, wenn in ihrer ursprünglichen Bewegung die Möglichkeit einer Kollision mit anderen Weltkörpern gelegt war, diese sich in deren, während jenes überaus großen Zeitraumes, tausendfältig wiederkehrenden Umlaufperioden unstreitig realisieren mußte. Warum sind dann aber, wird man fragen, nicht alle Körper mit der Zeit zu einem Einzigen vereinigt worden, während wir doch jetzt eine bestimmte Anzahl derselben, die allerdings begrenzt zu sein scheint, überblicken? Wäre von allen Weltkörpern nur ein Einziger etwa übrig geblieben, so wäre auf diesem ebenfalls eine freilich von der unsrigen verschiedene Wet entstanden und die Teleologen würden dann ganz haarscharf beweisen, dies hätte so sein müssen, wenn der Zweck der vollkommenen Erhaltung dieser Welt erreicht werden sollte. Allein ein solches Ergebnis der Weltschöpfung, selbst nach einen noch so großem Zeitraum, wäre sehr unwahrscheinlich, denn es läßt sich wohl denken, daß unter der überaus großen Menge der am Anfang in Bewegung gesetzten Körper eine geringe Anzahl solcher gewesen ist, in deren Bewegung die Bedingungen vereint waren, vermöge deren ihre Wirkungskreise sich für alle Zeiten völlig ausschließen oder doch nur periodisch oszillierenden Störungen unterworfen waren, zumal zur Erfüllung dieser Bedingungen nur eine ursprüngliche Geschwindigkeit, deren Richtung, der Abstand des Körpers von der Sonne und unstreitig auch die Masse des Körpers selbst gehören, welche Größen jedoch gar nicht in so enge Grenzen eingeschlossen zu sein brauchen, als man wohl glauben möchte. Im Gegenteil lassen sich im heutigen Zustand unseres Planetensystems zwischen den einzelnen Körpern noch unzählige ähnliche denken, deren ewige Existenz wie die der Planeten gesichert, wenn die Exzentrizität ihrer Bahnen hinreichend klein, ihre Richtung dieselbe und ihre Massen im Verhältnis ihres gegenseitigen Abstandes gering wäre. Man wird auf diese Auseinandersetzung erwidern, daß hier ja alles voller Hypothesen steckt, während doch die Teleologen nur eine einzige solche benutzen. Allein im Obigen liegt durchaus nichts Hypothetisches; es ist nur die einfache Anwendung des unumstößlichen Satzes, daß wie auch die Anfangsbewegungen und Massen der Körper beschaffen gewesen sein mögen, von allen diesen Individuen wir nur noch diejenigen wahrnehmen, welche sich bis jetzt eine so große Zeit hindurch erhalten haben, d. h. welche allein von Anfang an jene oben erwähnten Bedingungen ihrer Erhaltung in sich trugen und sich folglich auch durch alle künftige Zeit, soweit wir abzusehen vermögen, erhalten werden; denn wäre in einem Einzigen derselben die Möglichkeit seines Unterganges vorhanden, so müßte auch dieser schon längst vor sich gegangen sein, denn es wäre sehr unwahrscheinlich, daß derselbe in den Zeitraum unserer Beobachtung fallen sollte, da ja letzterer als so gering gegen die seit Erschaffung der Körper verflossene Zeit zu betrachten ist. Damit dies noch deutlicher wird, nehmen wir ein einfaches Beispiel. Die ältesten Beobachtungen der Astronomen mit den neueren verglichen deuten an, daß der Mond in seinem mittleren Abstand sich der Erde unaufhörlich, soweit die Beobachtungen gehen, nähert, daß er daher wohl nach einer Reihe von Jahren mit der Erde zusammentreffen könnte; wir hätten hier aus dem Standpunkt der Beobachtung also wirklich einen solchen Fall, der nach unserem obigen Satz, zu den sehr unwahrscheinlichsten gehört, denn wenn auch die Zeit, nach welcher der Mond mit der Erde zusammentreffen soll, noch sehr groß ist, so ist letztere doch wiederum äußerst gering in Bezug auf diejenige, welche verflossen ist, seitdem dem Mond seine ursprüngliche Bewegung mitgeteilt wurde; und im Fall, daß diese Bewegung nicht die Bedingungen einer ewigen Erhaltung jenes Körpers in sich trug, so ließ sich erwarten, daß der Untergang dieses Körpers auch schon längst erfolgt wäre; allein die Theorie hat aus der Erkenntnis der Ursache jener beobachteten Annäherung des Mondes, nachgewiesen, daß diese keineswegs kontinuierlich fortdauert, sondern daß der mittlere Abstand des Mondes von der Erde nach einigen Millionen Jahren sein Minimum erreicht, von wo an er sich wieder von der Erde entfernt, ebenfalls nur bis zu einer bestimmten Grenze usw., wodurch also jenes merkwürdige Faktum beseitigt wäre. Die Teleologen wollen, ihrem Prinzip gemäß, von einer künftigen oder schon stattgefundenen Zerstörung einzelner Weltkörper nichts wissen und fordern daher den, der eine solche behauptet, mit Recht auf, entweder eine Beobachtung einer einzigen solchen oder doch Spuren einer früher geschehenen nachzuweisen. Eine solch noch jetzt vor sich gegehende gegenseitige Zerstörung läßt sich auch wohl an den Meteorsteinen nachweisen, die unstreitig kosmischen Ursprungs und neben anderen Körpern im Weltraum umherziehen, wegen ihrer Kleinheit jedoch selten auf große Körper treffen, und deren Anzahl sehr beträchtlich zu sein scheint. Die Teleologen behaupten ebenfals, zur Unterstützung ihrer Ansichten, die Kometen seien so organisiert, daß sie nirgends das Gleichgewicht der planetarischen Bewegungen zu stören vermöchten; allein bei der Kollision eines Kometen und Planeten würde höchst wahrscheinlich nur der erstere schlecht wegkommen, letzterer dagegen wegen seiner weit überwiegenden Masse ungestört bleiben; daß ein solches Zusammentreffen vor unseren Augen noch nie stattgefunden hat, läßt sich aus einer Menge von Ursachen erklären, deren weitere Ausführung hier nicht der Ort ist, aber in astronomischen Schriften leicht nachgesehen werden kann. ![]()
1) Bei dem Gedanken von der Vollkommenheit der Schöpfung scheint noch eine rein ästhetische Vorstellung mitzuspielen, auf die wir vielleicht später zurückkommen werden. |