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Das Eine, die Einheit und die Eins [ 2 / 2 ]
IV. Der rationalistische Psychologismus Bevor wir nun von diesem negativen Resultat, auf das es hier hauptsächlich ankommt, dazu übergehen, wenigstens anzudeuten, in welcher Richtung die für die Zahl unentbehrlichen alogischen Faktoren zu suchen sind, fassen wir noch eine andere angeblich rein logische Ableitung der Zahl ins Auge. Die Verwechslungen, die ihr zugrunde liegen, sind freilich noch gröber als die bisher betrachteten, aber trotzdem erscheint dieser Gedankenganz offenbar vielen plausibel, und der Grund, daß man nicht sogleich sieht, wie sehr hier die logische Sphäre überschritten wird, liegt daran, daß das unmerklich mit herangezogene alogische Moment nichts anderes als das Denken selbst ist. Das führt auf eine neue Seite des Begriffs vom rein Logischen, und deshalb müssen wir den hier gemachten Fehler ebenfalls ausdrücklich aufdecken. Unserem Gedankengang würde sonst für viele wahrscheinlich die Überzeugungskraft fehlen. Der Irrtum, um den es sich handelt, kann nur entstehen, wenn man vom Gegenstand als dem Produkt einer "Setzung" des Denkens ausgeht, also das subjektive, thetische und synthetische Prinzip voranstellt. Von einer so groben Erschleichung wie dem Versuch, die Zahl aus dem wirklichen Zählen logisch abzuleiten, sehen wir ganz ab. Hat man einmal Gegenstände, die man zählen kann, so ist mit ihnen selbstverständlich alles gegeben, was zur Zahl gehört. Auch auf den Unterschied, ob man nur die Form oder den ganzen, aus Form und Inhalt bestehenden Gegenstand vom Denken "gesetzt" sein läßt, achten wir hier nicht. Allein auf die Setzung überhaupt kommt es an. Wenn man einmal einen Gegenstand oder seine Form gesetzt hat und außerdem die Möglichkeit einer anderen Thesis annimmt, so kann man es für selbstverständlich halten, daß nicht nur die Setzung sich beliebig oft wiederholen, sondern dadurch auf rein logischem Weg zugleich eine beliebige Menge von Gegenständen sich hervorbringen läßt. Sie alle sieht man dann einerseits insofern als einander gleich an, als sie nur Produkte einer Setzung überhaupt sind, und andererseits scheinen sie doch, als Produkte mehrerer Setzungen, voneinander verschieden zu sein. So glaubt man, durch das "reine Denken" zu einer Mehrheit verschiedener und einander gleicher Gegenstände zu kommen, und hat darin in der Tat alles, was zur Bildung von Zahlen notwendig ist. Denn das Denken kann die beliebig oft gesetzten Gegenstände dann durch Synthesis auch zu den Einheiten mehrerer Gegenstände zusammensetzen. Wir setzen mit anderen Worten ein Etwas als Eins und noch ein Etwas als Eins und erhalten durch Synthesis die Zahl Zwei. Fügen wir zu dieser synthetischen Einheit durch neue Setzung noch ein Etwas hinzu, so haben wir Drei usw. Es ist danach auch klar, was das Zeichen plus rein logisch bedeutet, und wie man mit den Zahlen als rein logischen Gebilden rechnen kann. Addieren ist einfach Hinzusetzen der einen Setzung zur anderen Setzung. So ist das ganze Problem der Zahl und der elementaren arithmetischen Sätze geradezu überraschend schnell gelöst. Das reine Denken erweist hier seine unvergleichliche Souveränität, indem es thetisch und synthetisch ohne irgendeine Hilfe von Außen die großartigsten wissenschaftlichen System mit apriorisher Notwendigkeit aufbaut. Das scheint so einleuchtend, daß es, besonders wenn die Setzung sich auf die Produktion der Form beschränkt und den Inhalt als "gegeben" hinnimmt, auch dort Eingang gefunden hat, wo man sonst dem Rationalismus skeptisch gegenübersteht. Tatsächlich zeigt dieser Versuch nur, wie vorsichtig man sein muß, wenn man bei der Bestimmung des Logischen vom Denken des Subjekts nicht nur ausgeht, sondern auch dabei stehen bleibt, also die Gegenstände nicht für sich gesondert ins Auge faßt. Die Sprache der Logik, die mit Thesis und Synthesis arbeitet, ist sehr vieldeutig. Daher müssen wir fragen: was ist denn jenes Denken, das, sei es nur die Form, sei es den ganzen Gegenstand, setzt, ihn beliebig oft von neuem setzen und mit den vorher gesetzten Gegenständen zu einer Einheit zusammenzusetzen vermag? Oder, um das Problem noch mehr zu vereinfachen: was ist überhaupt ein Denken, das man beliebig oft wiederholen kann? Ist das etwa rein logisch? Das sollte man doch im Ernst nicht behaupten. Das Denken, das wiederholt wird, kann nur ein psychischer Akt sein. Die angeblich rein logische Setzung ist also eine empirische Wirklichkeit, und eine Mehrheit solcher Setzungen darf daher ebenfalls nur als Mehrheit von Wirklichkeiten angesehen werden. Ja, wenn ich von einem Denken rede, das erst einen und dann noch einen, ihm gleichen Gegenstand hervorbringt usw., so muß es sich dabei um zeitlich aufeinander folgende psychische Akte handeln. Wenn ich dann einmal eine solche Mehrheit von Wirklichkeiten habe und jeder von ihnen einen Gegenstand zuordne, dann ist es allerdings nicht mehr schwer, daraus den Begriff der Zahl zu gewinnen. Aber darin besteht doch gerade das Verfahren der "empiristischen" Theorie, die durch diese angeblich rein logische Ableitung bekämpft werden soll. Doch man wird vielleicht sagen, so sei es natürlich nicht gemeint. Auf die Mehrheit psychischer Akte komme es beim logischen Denken nicht an, sondern ganz allein auf das dadurch Gesetzte oder auf die gedachten Zahlen. Diese dürfe man doch nicht mit den wirklichen Akten der Setzung identifizieren, noch sie überhaupt mit Realitäten in Verbindung bringen. Von empirischen Wirklichkeiten sehe man ganz ab. Trotzdem lasse sich, wenn man die Eins einmal und noch einmal und noch einmal durch das Denken gesetzt und dann zu Einheiten zusammengesetzt habe, jede ganze Zahl auf rein logischem Weg bilden. Gewiß ist die subjektiv rationalistische Setzungstheorie nicht so gemeint, daß sie die Zahlen auf eine Mehrheit psychischer Akte gründen will, indem sie sie ihnen zuordnet. Aber wenn man Ernst mach mit der Trennung der wirklichen Setzung von dem durch sie gesetzten Gegenstand und sie in die verschiedenen Sphären des Realen und Idealen verlegt, so sollte man sich auch davon überzeugen, daß zwar die psychischen AKte wiederholt werden, daß aber, solange man nur ein identisches Etwas oder gar nur die Form der Identität setzt, von einer Wiederholung dieses so gesetzten Gegenstandes keine Rede sein kann. Die Wiederholung bezieht sich ausschließlich auf die Setzungen, die zeitlich aufeinander folgen. Der wiederholt gesetzte Gegenstand ist noch kein wiederholter Gegenstand, sondern es immer derselbe Gegenstand, der gesetzt wir, und eine Mehrheit von rein logischen Gegenständen kann daher durch Wiederholung der Setzung nie entstehen. Als empirisches wirkliches Subjekt kann ich gewiß denselben Gegenstand wiederholt denken, aber was ich dabei wiederhole, ist gerade nicht der Gegenstand, sondern der Akt des Denkens, und dieser Akt ist nicht rein logisch, sondern eine empirische Wirklichkeit. Ich kann also die Identität oder den identischen Gegenstand einmal, zweimal, dreimal setzen, aber ich habe dabei nicht die Identität oder den Gegenstand zweimal, d. h. ich habe nicht zwei Identitäten oder zwei Gegenstände gesetzt, sondern ich habe nicht zwei Identitäten oder zwei Gegenstände gesetzt, sondern ich habe dieselbe Form oder denselben Gegenstand zweimal gesetzt, und auch das kann ich nur, wenn ich unter Setzen eine psychische, in der Zeit ablaufende Wirklichkeit verstehe. Die Identität oder das rein logische Etwas gibt es nicht zweimal, ja, es gibt es auch nicht einmal, wenn dieses Wort die Bedeutung der Zahl Eins haben soll. Denn es gibt zwar gewiß eine logische Form der Vielheit, aber es gibt keine Vielheit einer logischen Form, also auch keine Vielheit des im angegebenen Sinne formalen, d. h. aus Form überhaupt und Inhalt überhaupt bestehenden Gegenstandes. Wer das nicht einsieht, hat noch nicht gelernt, das Logische von der psychischen Wirklichkeit zu trennen, durch die es erfaßt oder gedacht oder "gesetzt" wird, und wer daher den Versuch einer rein logischen Ableitung der Zahl auf die Möglichkeit einer wiederholten Setzung des identischen Etwas gründet, ist noch gar nicht bis zur Sphäre des rein Logischen vorgedrungen. Er bleibt vielmehr, ohne es zu wissen, und so sehr er sich dagegen sträuben mag, in jener "empiristischen" Theorie stecken, die er zu bekämpfen glaubt. Wie der Akt des Denkens bestimmt werden muß, wenn er nicht eine psychische Wirklichkeit, sondern in Wahrheit etwas Logisches sein soll, ist in diesem Zusammenhang von sekundärer Bedeutung. Es galt nur, den rationalistischen Psychologismus zurückzuweisen, der noch schlimmer, weil noch inkonsequenter, als der empiristische Psychologismus ist. Im übrigen steht fest: wenn es überhaupt eine rein logische Setzung gibt, so kann sie nur in dem bestehen, was sich in den verschiedenen psychischen Denkakten als identisches Moment vorfindet und sich aus ihnen im Gegensatz zu ihrem psychischen Sein, also auch zu ihrer Vielheit, als der ihnen innewohnende oder "immanente" logische "Sinn" herauslösen läßt. Dieser Sinn aber führt uns bei der Ableitung der Zahl gewiß nicht weiter, als wir schon sind. Zunächst ist er als logisch nur zu verstehen mit Rücksicht auf den logischen Gegenstand. Vom Gedanken einer grundlosen "Schöpfung" des Logischen durch das Subjekt, sei es auch nur der Form, müssen wir uns losmachen. Das denkende Subjekt kann immer nur anerkennen, was unabhängig von ihm gilt. Auch der überindividuelle immanente Sinn wird logischer Sinn nur dadurch, daß wir ihn verstehen als Erfassen eines von ihm unabhängigen, logischen Gegenstandes oder als Anerkennung eines in sich ruhenden, jedem Subjekt gegenüber transzendenten, theoretischen Wertes, der, wenn zugleich seine Beziehung zum Subjekt hervorgehoben werden soll, auch als formales "transzendentes Sollen" zu bezeichnen ist. Wegen dieser Abhängigkeit oder Gebundenheit jedes denkenden Subjektes darf man nicht hoffen, aus seinem immanenten Sinn irgendetwas für die Zahl zu gewinnen, was sich nicht auch aus dem rein logischen Gegenstand ableiten läßt. Nur das Subjekt-Objekt-Verhältnis tritt hier als etwas Neues zu den bisher betrachteten rein logischen Elementen hinzu, und daß wir damit für die Zahl nichts gewinnen, liegt auf der Hand. Auch hier handelt es sich wiederum nur um die Alternative und nicht um die Zweiheit von Subjekt und Objekt. Bleiben wir beim identischen Sinn der Setzung überhaupt und irren in keiner Weise zu den psychischen Akten ab, so ist dieser Sinn ebenso wenig zu wiederholen oder zu vervielfältigen wie der rein logische Gegenstand selbst. Aus ihm also läßt sich eine Mehrheit voneinander gleichen Gegenständen, eine mehr als logische Mannigfaltigkeit, ebenfalls nicht ableiten. Zahlen erhält man auf dem "subjektiven" Weg nur, wenn man die wirklichen Vorgänge des Denkens mit heranzieht, die von jeder Bestimmung des rein Logischen doch ferngehalten werden sollten. Da Zahlbegriffe aber in der Tat nicht Begriffe von wirklichen Gegenständen sind, muß der hier gemachte Fehler für noch schwerer gelten als der früher aufgezeigte. Es sind dabei nicht nur zwei Arten des "Idealen" vermischt, sondern es ist nicht einmal das Reale vom Idealen konsequent getrennt worden. Jetzt suchen wir endlich das Wesen der für die Zahl unentbehrlichen alogischen Faktoren wenigstens soweit zu bestimmen, wie es sich im Anschluß an die vorangegangenen Ausführungen erkennen läßt. Doch soll es sich dabei, wie gesagt, nur um eine flüchtige Andeutung handeln, und auch diese kann sich in der Hauptsache nur auf die Gleichheit und Ungleichheit der Zahlen beziehen. Einen Hinweis auf den entscheidenden Punkt liefert uns die Kritik des rationalistischen Psychologismus mit seiner Berufung auf wiederholte Setzungen. Aber sofort ist zu betonen, daß Gegenstände wie wirkliche Denkakte schon viel mehr alogische Faktoren enthalten, als in den Zahlen stecken. Nur auf ein Element in ihnen brauchen wir zu achten, auf ihr Sein in der Zeit. In dieser gibt es verschiedene und doch einander gleiche Gegenstände, die in der rein logischen Sphäre nicht zu finden sind, und der Grund dafür ist der, daß "derselbe" Gegenstand an verschiedenen Stellen sein kann. Dadurch entsteht jenes Zusammen von Identität und Verschiedenheit, ohne das einander absolut gleiche Gegenstände, wie die eine 1 und die andere 1, nicht möglich sind. In der Zeit wird das Eine zum einen Gegenstand, das Andere zum andern Gegenstand. Trotzdem sind solche Gegenstände nur durch ihre Stelle verschieden, mit Rücksicht auf Form und Inhalt dagegen oder auf das, was sie zu Gegenständen macht, nicht, und weil wir nun Gegenstand und Stelle voneinander trennen können, läßt sich in Wahrheit der eine Gegenstand mit dem andern vertauschen, was in der rein logischen Sphäre, wo es nur das Eine und das Andere als Momente am Gegenstand gibt, nicht anging. Diese Vertauschbarkeit bedeutet absolute Gleichheit. Nennen wir dann das eine, identische Etwas "Eins" und das andere, nur durch die Stelle von ihm verschiedene, ebenso, dann ist der Satz 1 = 1 wahr. Die Eins ist danach der an verschiedenen Stellen der Zeit befindliche, sonst aber identische Gegenstand überhaupt, und sie hebt sich nun auch positiv gegen das Eine, Identische und die logische Einheit des Mannigfaltigen ab. Folgt jedoch daraus etwa, daß einander gleiche Gegenstände nur in der Zeit möglich sind? Keineswegs. Noch etwas Anderes, nämlich der Raum, leistet genau dasselbe, ja, es sind sogar wegen der Darstellung auf dem Papier meist räumliche Elemente, die sich unmerklich in den Zahlbegriff einschleichen, wo seine rein logische Ableitung gelungen scheint. Wir haben das schon angedeutet. Schreiben wir Worte oder irgendwelche Zeichen für das Eine und das Andere nieder, so stehen sie an räumlich verschiedenen Stellen, ohne sonst verschieden zu sein, und erwecken den Anschein, als seien auch die von ihnen bezeichneten Gegenstände so wie im Raum voneinander getrennt. Jedenfalls hat der Raum ebenso wie die Zeit verschiedene Stellen, an denen sonst nicht verschiedene Gegenstände sein können, und das genügt, um die absolute Gleichsetzung des Einen mit dem Andern zu gestatten. Daraus aber folgt dann weiter, daß, so gewiß Raum und Zeit auch untereinander noch verschieden sind, jedes von ihnen schon mehr enthält, als zur Bildung voneinander gleichen Gegenständen unumgänglich notwendig ist. Wir müssen also, um nicht zuviel alogische Faktoren in die Zahl aufzunehmen, von Raum und Zeit in ihren Besonderheiten absehen und den alogischen Faktor, der aus dem Einen und dem Andern die einander gleichen Gegenstände macht, für sich zu betrachten suchen. Wir greifen zu diesem Zweck auf einen schon früher eingeführten Begriff zurück. Raum und Zeit sind, insofern sie den Unterschied von Gegenständen ermöglichen, Medien, in denen die verschiedenen Gegenstände sind, und nun fragen wir: in welchem Medium sind verschiedene und einander gleiche Gegenstände überhaupt möglich? Die Antwort ist einfach. Das rein logische Medium gab nur die Unterscheidung des Einen vom Andern. Es muß deshalb ein rein heterogenes Medium heißen. Die Medien dagegen, in denen es, wie in Raum und Zeit, einander gleiche Gegenstände gibt, kennen zwar auch das Eine und das Andere, nämlich die eine und die andere Stelle, und sind insofern ebenfalls heterogen. Aber auf das Eine und das Andere sind ihre Stellen nicht beschränkt, und daher darf man bei ihnen erst im eigentlichen Sinn von Stellen reden, an denen sich Gegenstände befinden. Daß hier derselbe Gegenstand an verschiedenen Stellen sein kann, oder daß es verschiedene Stellen von der Art gibt, daß der Gegenstand an jeder von ihnen seinem Gehalt nach nicht verschieden ist, läßt sich dann auch so ausdrücken, daß man Raum und Zeit homogene Medien nennt, und die nicht weiter zu definierende, sondern nur durch einen Hinweis auf Raum und Zeit verständlich zu machende "Homogenität" des Mediums ist es, worauf es uns allein ankommt. In ihr haben wir einen allgemeinen, von den Besonderheiten des Raumes und der Zeit unabhängigen Ausdruck wenigstens für eines der alogischen Momente in der Zahl gewonnen. Die Eins ist, wie sie auch sonst noch sein mag, nicht der an einer Stelle von Raum oder Zeit, sondern nur der an einer Stelle des homogenen Mediums befindliche eine, d. h. identische Gegenstand überhaupt, und sie kann deshalb dem an einer anderen Stelle dieses Mediums befindlichen anderen, sonst aber nicht verschiedenen Gegenstand gleichgesetzt werden. Daß es einander gleiche Gegenstände nur in einem homogenen Medium gibt, ist nun freilich eine sehr einfache und vielleicht allzu selbstverständlich erscheinende Einsicht, die, wie wir sogleich sehen werden, überdies für sich allein zum Verständnis der Zahlen noch nicht ausreicht. Aber ganz wertlos ist sie darum doch nicht. Der prinzipielle Unterschied zwischen der logischen und der nicht mehr rein logischen Sphäre muß auch in positiver Hinsicht durch sie klar werden, und deswegen haben wir den Ausdruck Medium schon in der rein logischen Sphäre gebraucht, wo er nur das Andere des Gegenstandes überhaupt bezeichnet. Vor allem ist dabei dies wichtig. Sind wir vom rein logischen, nur heterogenen zum mehr als logischen, homogenen Medium gekommen, so können wir nicht nur vom einen und dem andern, ihm gleichen Gegenstand, sondern auch von noch einem Gegenstand sprechen, der, wie sich das bei Raum und Zeit von selbst versteht, an noch einer Stelle des homogenen Mediums ist. Ja, wir können immer von Neuem Gegenstände an immer neuen Stellen des homogenen Mediums gewinnen. Damit überschreiten wir endlich den engen Bezirk der Alternative, in den wir gebannt waren, solange wir uns im rein Logischen bewegten. Wir drehen uns nicht mehr im Kreis. Ein weites Feld hat sich mit dem homogenen Medium und seinen Stellen vor uns aufgetan, und wenn es auch gewiß noch nicht schöne grüne Weide ist, ja die Weide der Realität oder auch nur des Raumes und der Zeit nicht sein darf, so sehen wir auf dieser dürren Heide doch wenigstens die Möglicheit des Vorwärtsschreitens. Wir nähern uns damit - das ist der für die Zahl entscheidende Schritt - der Reihe. Freilih eine "Reihe" im eigentlichen Sinne und einen wahrhaften Fortschritt haben wir noch immer nicht, ja gerade das ist jetzt mit allem Nachdruck hervorzuheben, damit der Begriff des homogenen Mediums ganz unzweideutig wird. Solange wir allein bei ihm bleiben, sind nämlich die an seinen Stellen befindlichen identischen Gegenstände überhaupt noch ohne "Ordnung". Jeder Gegenstand kann seine Stelle mit jedem andern vertauschen, da ja das Medium, von der Verschiedenheit der Stellen abgesehen, absolut homogen und an jeder Stelle derselbe Gegenstand ist. Darauf beruth gerade die Bedeutung dieses Mediums und zugleich sein Unterschied von Raum und Zeit, die schon mehr als das geben. Es fehlt hier noch der Wegweiser, der eine bestimmte Richtung und damit einen Fortschritt bezeichnet. Es gibt nur: einen Gegenstand und noch einen Gegenstand und noch einen Gegenstand usw. Sonst läßt sich nichts sagen. Die Gegenstände bilden ein regelloses, verwirrendes "Gewühl" gerade wegen ihrer absoluten Gleichheit. Besonders dürfen wir noch nichts von dem in sie hineinlegen, was wir denken, wenn wir die Bezeichnungen für sie nacheinander aussprechen oder nebeneinander gedruckt sehen, oder sie etwa durch eine Vielheit von Punkten auf einer Fläche symbolisieren. Solche zeitlichen und räumlichen Bestandteile enthalten schon viel zu spezielle Voraussetzungen für dieses erste alogische Element. Nur eine "Fülle" oder "Menge" voneinander gleichen Gegenständen überhaupt haben wir. Von dem, was zu einer Reihe wie 1 + 1 + 1 oder gar Eins, Zwei, Drei usw. gehört, sind wir noch weit entfernt. Ja, es fehlt noch mehr als das. Die gewonnene Menge von Gegenständen im homogenen Medium enthält überhaupt noch keine Zahl, denn sie ist noch keine Mehrzahl, und deshalb dürfen wir auch noch nicht von Einzahl reden, da ja Einzahl und Mehrzahl sich gegenseitig fordern, wie das Eine und das Andere. Entscheidend dafür ist, daß man diese Gegenstände noch immer nur rein logisch durch "und" in eine Beziehung zueinander bringen kann, d. h. so, daß sie dabei ebenso getrennt wie verbunden bleiben. Es läßt sich kein + zwischen sie setzen, so daß mehrere von ihnen zusammen einer Mehrzahl gleich sind. Ein Satz wie 1 + 1 = 2 ist nachwievor unverständlich. Er stellt uns immer noch vor eine Frage. Der Gegenstand 1 + 1 zeigt Einzahlen zwar durch plus verbunden, aber auch getrennt. Das plus ist also die Relation zwischen mehreren Gegenständen. In der 2 dagegen ist die Trennung aufgehoben, die Relation und die Verschiedenheit sind verschwunden, und wir haben nur noch einen einheitlichen Gegenstand. Dennoch soll der Gegenstand 1 + 1 dem Gegenstand 2 gleich sein. Wie ist das möglich? Wo ist das Identische in diesem Verschiedenen, das wir zur Gleichung brauchen? Zur Lösung dieses Problems haben wir außer dem homogenen Medium noch einen neuen alogischen Faktor heranzuziehen, der zunächst die Verbindung durch +, ferner die Verschmelzung mehrerer, durch + noch getrennter Gegenstände zu einem Gegenstand und damit endlich die Gleichung dieses einen neuen Gegenstandes mit der Mehrheit getrennter Gegenstände verständlich macht. Ist dieser neue alogische Faktor gefunden, so werden wir sehen, daß er außerdem auch den Begriff der Ungleichheit von Zahlen bestimmt und endlich eine geordnete Reihe entstehen läßt. Um weiter zu kommen, besinnen wir uns darauf, daß jede Mehrzahl nicht nur auf ein "Was" überhaupt, sondern auch auf ein "Wieviel" antwortet, und daß dasselbe von der Eins gilt. Mit Zahlen, die kein Wieviel bestimmen, läßt sich nicht rechnen. Jede ganze Zahl ist also mit einem Soviel notwendig verknüpft, und zwar so, daß sie es immer als eine Einheit angibt, sowohl wenn sie Einzahl als wenn sie Mehrzahl ist. Bleiben wir zunächst bei der Eins, so ist ihr Soviel offenbar etwas anderes als das eine, d. h. nur identische Etwas, oder: es steckt darin mehr als die auf einen Inhalt überhaupt angewendete Form des Einen oder der Identität. Das Soviel bezeichnet schon einen Inhalt des Inhalts. Ist das klar, so verstehen wir, was 1 + 1 = 2 heißt. Die eine Eins ist ein Soviel, und die andere Eins ist ebenfalls ein Soviel an anderer Stelle. Verknüpft man beide durch plus, so heißt das: sie sollen zu einer neuen Einheit verschmelzen, die ebenfalls ein Soviel bestimmt. Das wäre, solange wir nur ein Etwas und noch ein Etwas an einer anderen Stelle haben, ganz unmöglich. Faßt man dagegen jede Zahl als ein Soviel, so wird nicht nur verständlich, daß aus einer Zahl und einer anderen Zahl eine neue Zahl entsteht, also was Addition ist, sondern es ist auch klar, warum man diese Mehrzahl dem Gegenstand 1 + 1 gleichsetzen kann. Es braucht nämlich die Mehrzahl nur ebenso auf ein Wieviel zu antworten wie die beiden durch plus noch getrennten Gegenstände, oder: 1 + 1 und 2 müssen das Wieviel auf beiden Seiten als dasselbe Soviel bestimmen. Dann ist die Gleichung mit Rücksicht auf das Wieviel möglich. Aber zugleich auch nur dann, denn eine Gleichung kommt ja allein durch das Zusammen von Identität und Verschiedenheit zustande. Die eine Eins ist somit ein Soviel, die andere ist dasselbe Soviel an anderer Stelle, und beide zusammen addiert bestimmen dasselbe Soviel, wie die Zwei als Einheit der Mehrzahl. Nur so ist es möglich, daß Gegenstände, die nicht nur an verschiedenen Stellen des homogenen Mediums sind, sondern außerdem nicht einmal unter denselben Begriff fallen, wie 1 + 1 und 2, dennoch einander gleichen. Schon früher sahen wir, um es noch anders zu sagen, daß eine jede solche Gleichung in doppelter Weise "synthetisch" ist. Jetzt verstehen wir, welche alogischen Faktoren dieser doppelten Synthese entsprechen. Zur Gleich überhaupt gehört das homogene Medium. Zur Gleichung, die auf der einen Seite mehrere durch plus verbundene Einzahlen, auf er andern Seite eine Mehrzahl enthält, gehört das auf beiden Seiten vorhandene Soviel, das das Wieviel als dasselbe bestimmt. Damit ist die absolute Gleichheit des Verschiedenen gegeben, ohne die man nicht rechnen kann. Was ein "Soviel" im Unterschied vom "Etwas überhaupt" bedeutet, ist nicht weiter zu definieren. Wir können nur noch durch andere Worte das, was wir meinen, deutlicher zu machen versuchen. Zu diesem Zweck läßt sich von diesem neuen alogischen Faktor auch sagen, daß er das ist, wodurch ein Quantum sich vom rein logischen Gegenstand überhaupt unterscheidet. Die Zahl ist danach ein Gegenstand überhaupt unterscheidet. Die Zahl ist danach ein Gegenstand oder ein Etwas, das quantitativen Charakter tragen muß, oder ein quantitativer Inhalt überhaupt in der Form der Identität. Dadurch ist zunächst die Einzahl nicht nur durch ihre Stelle im homogenen Medium, sondern auch ihrem Gehalt nach vom identischen Etwas überhaupt unterschieden, das nur einen "Inhalt überhaupt", keinen "Inhalt des Inhalts" hat, und ebenso ist jetzt die Mehrzahl als quantitative Einheit oder Verschmelzung von mehreren Einzahlen, denen sie gleichgesetzt werden kann, bestimmt. Was "Quantum" bedeutet, ist wohl jedem sofort klar, wenn er an zeitliche und räumliche Gebilde denkt. Jede Zeitstrecke und jede Linie ist quantitativ. Eine Sekunde und eine andere Sekunde, ein Meter und noch ein Meter können daher miteinander zu einem Gegenstand verschmelzen, zu einer neuen Zeitstrecke oder einer neuen Linie, und dieser neue einheitliche Gegenstand enthält dann trotzdem dasselbe Quantum wie die beiden getrennten Gegenstände zusammen. Aber schon deshalb, weil räumliche und zeitliche Gebilde untereinander noch verschieden sind, müssen wir hier wieder von ihren Besonderheiten und vollends von Sekunde und Meter absehen, um nicht zuviel alogisch Faktoren in die Zahl aufzunehmen. Zahlen sind von räumlichen und zeitlichen Bestimmungen frei. Wie früher nur das homogene Medium überhaupt notwendig war, so handelt es sich auch hier nicht um eine räumliche oder um eine zeitliche Quantität, sondern nur um die "reine" Quantität überhaupt, die im Gegenstand, den wir Zahl nennen, den logischen Ort des Inhalts "erfüllt" und ihn dadurch zu einem besonderen, addierbaren Gegenstand macht. Freilich, man kann die Quantität ebenso wie die Gleichheit auch eine logische Form nennen. Aber das ist wieder kein Einwand gegen den alogischen Charakter der quantitativen Bestimmung in jeder Zahl. Denn auch hier gilt es, daß, selbst wenn Quantität Form ist, es trotzdem keine quantitativ bestimmten Gegenstände, oder, wie wir kurz sagen, keine Quanten gibt, die rein logisch wären. Die Form der Quantität ist ebensowenig ein quantitativ bestimmter Gegenstand, wie die Form Sein ein seiender, die Form Realität ein realer oder die Form Kausalität schon ein kausal bestimmter Gegenstand ist. Daß Zahlen Quanten sein müssen, will also sagen, daß sie nicht nur aus Form überhaupt und Inhalt überhaupt bestehende Gegenstände überhaupt an verschiedenen Stellen des homogenen Mediums, sondern solche Gegenstände sind, deren Inhalt die Besonderheit hat, quantitativ, und das heißt notwendig mehr als Inhalt überhaupt zu sein. Deshalb ist die Zahl, auch abgesehen von der Stelle im mehr als logischen Medium, kein rein logischer Gegenstand. Mit der üblichen Gegenüberstellung von Quantität und Qualität hat das alles selbstverständlich nichts zu tun. Auch das Quantum hat Qualität, Beschaffenheit und antwortet auf ein "Was". Aber die Qualität überhaupt, das "Was" des rein logischen Gegenstandes genügt nicht zur inhaltlichen Bestimmung der Gegenstände, die wir Zahlen nennen. Sie müssen schon eine besondere Qualität haben, die es gestattet, sie zu addieren und zur Einheit zu verschmelnzen, und trotzdem diese Einheit den getrennten Zahlen gleichzusetzen. Die Qualität, die das möglich macht, nennen wir, ohne sie, wie alles Besondere, definieren zu können, Quantität. Wer nicht "erlebt" hat, was ein Quantum ist, wird daher die Verschmelzung des einen und des andern Quantums zu einem neuen, einheitlichen Quantum nie verstehen, so wenig wie jemand mit dem Wort Farbe eine Bedeutung verbindet, der Farbe nicht aus der "Erfahrung" kennt. Insofern trägt die Zahl einen "empiristischen" Faktor in sich, wenn man dieses vieldeutige Wort überhaupt gebrauchen will. Hier soll es nur den Rationalismus abwehren. Um einen Gegner zu bekämpfen, muß man sich mit ihm auf denselben Boden stellen. Man könnte auch von einem "irrationalistischen" Element sprechen, wäre die Zahl nicht in anderer Hinsicht eminent "rational", wie alle "idealen" Gegenstände der Mathematik, die "irrationalen" Zahlen nicht ausgenommen. Trotz des "empiristischen" oder "irrationalistischen" Faktors ist die zahl also gar nicht der Begriff einer empirischen Wirklichkeit. Nur auf das Quantum überhaupt, die quantitative Inhaltlichkeit als ein alogisches Element kommt es an, und sie soll lediglich den Sinn des Satzes 1 + 1 = 2 verständlich machen. Er ist in dem Sinn wahr, daß wir sagen: die eine Eins ist nicht nur der eine Gegenstand überhaupt, sondern das eine Quantum, die andere Eins ist nicht nur der andere Gegenstand, sondern das an einer andern Stelle des homogenen Mediums befindliche, ihm gleiche andere Quantum, und deshalb ist die Einheit dieser beiden Gegenstände das neue Quantum, das wir Zwei nennen. Ganz allgemein ist demnach die Mehrzahl der quantitativ bestimmte eine, identische Gegenstand zu nennen, der mehreren quantitativ bestimmten Identischen Gegenständen gleicht, und der jedesmal durch Addition entsteht, wenn mehrere Gegenstände wegen ihres quantitativen Inhalts zur Einheit eines neuen Quantums miteinander verschmelzen. Ist so der Begriff der Gleichheit von Zahlen durch die Quantität charakterisiert, so läßt sich weiter damit auch ihr Korrelatbegriff, die mathematische Ungleichheit, klarstellen. Das ist wichtig, denn damit wird dieser Begriff ebenso von dem der rein logischen Verschiedenheit getrennt, wie die Gleichheit von der Identität. Ganze Zahlen sind ungleich heißt: die eine ist größer oder kleiner als die andere. Das aber kann, solange jede räumliche oder zeitliche "Anschauung" fehlt, nur bedeuten: die eine ist mehr oder weniger quantitativen Einheiten oder Einzahlen gleich als die andere. Ein anderes Verhältnis zwischen ungleichen Zahlen gibt es nicht. Schon daraus ersieht man, daß Ungleichheit von Zahlen niemals bloß logische Verschiedenheit ist. Wären 2 und 3 voneinander nur verschieden, ohne nähere Bestimmung ihrer Verschiedenheit, so könnte man sie als Zahlen überhaupt nicht miteinander vergleichen und daher auch nicht im mathematischen Sinn ungleich nennen, d. h. wüßten wir nicht, daß jedes der Quanten, aus denen der der 3 gleiche Gegenstand 1 + 1+ 1 besteht, jedem der Quanten gleich ist, aus denen der der 2 gleiche Gegenstand 1 + 1 besteht, so wüßten wir auch nicht, ob die 3 größer ist als die 2 oder umgekehrt. Ja "größer" oder "kleiner" wären solange die unmittelbare "Anschauung" fehlt, nichtssagende Worte geworden. Dadurch wird von neuem der mehr als rein logische Charakter der ganzen Zahlen beleuchtet. Ihre Ungleichheit hat ebenso wie ihre Gleichheit eine besondere, d. h. nicht auf Gegenstände überhaupt, sondern nur auf schon quantitativ bestimmte Gegenstände anwendbare Bedeutung, oder sie muß quantitative Ungleichheit sein. Schließlich eröffnet sich von hier aus auch der Blick auf eine Ordnung der Zahlen, die besteht, ohne daß das zeitliche Nacheinander oder das räumliche Nebeneinander ordnend hinzuzutreten braucht, und damit kommen wir zur Reihe, die wir nicht nur in der rein logischen Sphäre des Einen und des Andern, sondern auch in der Menge von Stellen im homogenen Medium vergeblich suchten. Die Zahlenreihe nämlich ist quantitativ geordnet durch die quantitative Ungleichheit ihrer Glieder. Sie beginnt mit der Eins als dem kleinsten Quantum, das es bei ganzen Zahlen gibt. Die Einheit dieses einen und eines andern, ihm gleichen Quantum, d. h. die mehr als rein logische, dem Gegenstand 1 + 1 gleiche Einheit der quantitativen Verschmelzung, ist dann die kleinste Mehrzahl oder die Zwei, und diese folgt in der Reihe notwendig unmittelbar auf die Eins als das ihr am nächsten stehende, d. h. nächstkleinste Glied. Die unvermeidlichen Ausdrücke "folgen" und "nächste" haben in diesem Zusammenhang selbstverständlich nicht die eigentliche Bedeutung des zeitlichen Nacheinander oder des räumlichen Benachbartseins, aber auch nicht nur den logischen Sinn, sondern es muß hier noch eine dritte Art des "Folgens" konstatiert werden. Nur daran dürfen wir denken, daß in der Reihe der ganzen Zahlen keine von der Eins verschiedene Zahl kleiner als die Zwei sein kann, oder daß die Zwei von allen ganzen Zahlen, die größer als die Eins sind, die kleinste sein muß. Dieses quantitative Verhältnis, in dem 1 und 2 zueinander stehen, genügt zu ihrer Ordnung, ja, wir haben darin bereits das allgemeine Prinzipg, das alle ganzen Zahlen zu einer Reihe ordnet. Machen wir von der Zwei denselben Schritt noch einmal, den wir von der Eins zur Zwei getan haben, so ist damit die Drei erreicht als die nächstkleinste Zahl. Sie muße daher auf die Zwei in demselben Sinne unmittelbar "folgen", wie diese auf die Eins folgt, oder sie muß das "nächste" Glied der Reihe sein. Dieser Schritt läßt sich im homogenen Medium beliebig oft wiederholen, so daß immer eine neue, von allen vorangehenden Zahlen quantitativ verschiedene und auf die bis dahin letzte unmittelbar folgende Zahl erreicht wird, und damit kommen wir zu einer genau geordneten und trotzdem unzeitlichen und unräumlichen Reihenfolge, wie sie für wirkliche Gegenstände nur im Raum oder in der Zeit besteht. Daß jede der neu hinzutretenden Mehrzahlen von der vorangehenden andern durch dasselbe Quantum, als absolut eindeutig verschieden ist, und daß somit keine dieser Zahlen der anderen gleicht, läßt sich dann auch so ausdrücken: die Zwei ist um Eins größer als die Eins, die Drei um Eins größer als die Zwei usw. Die quantitative Ungleichheit kann ebenso durch größer wie durch kleiner bezeichnet werden. Jedenfalls bedarf es jetzt keines Beweises mehr, daß keine dieser beliebig vielen Zahlen sich mit der andern verwechseln oder vertauschen läßt, und darauf kommt es bei einer wohl geordneten Reihe vor allem an. Es ist also durch die quantitative Ungleichheit nicht nur die Alternative, sondern auch das "Gewühl" der Menge überwunden, bei dem wir stehen bleiben mußten, solange wir nur Gegenstände überhaupt im homogenen Medium hatten. Ohne Raum oder Zeit heranzuziehen, besitzen wir nun den Wegweiser und die Richtung für den Fortschritt. Die Zahlenreihe Eins, Zwei, Drei usw. ist aufgrund des homogenen Mediums und der quantitativen Ungleichheit aber zugleich auch nur aufgrund dieser beiden alogischen Elemente vorhanden. Von Wichtigkeit ist sodann noch besonder folgendes. Die so gewonnene Ordnung und Unvertauschbarkeit überträgt sich auch auf die Stellen, an denen sich die ungleichen Zahlen im homogenen Medium befinden, jene Stellen, die wegen der absoluten Homogenität vorher noch keine Ordnung zeigen konnten. Jetzt endlich darf, was früher keinen Sinn gab, die Stelle, an der die Eins steht, nach ihr die "erste" Stelle genannt und dadurch von allen anderen Stellen, an denen andere Zahlen sind, unterschieden werden, falls man es nicht vorzieht, schon die Stelle als die erste zu bezeichnen, an der noch kein Quantum ist, d. h. an der die Zahl sein würde, die um ebenso viel kleiner als die Eins ist, wie diese kleiner ist als die Zwei, und die daher der Eins vorangehen müßte, wie diese vor der Zwei steht. Auch diese Ordnung hat aber natürlich nur Sinn, nachdem die Zahlenreihe bereits da ist. Doch gehen wir auf das Problem der Null, auf das wir damit stoßen, und auf die Frage, ob die Null eine Zahl, wie die Eins, oder nur eine Zahlstelle ist, nicht ein. Bleiben wir dabei, daß die Stelle der Eins die erste ist, so ist die Stelle, an der die Zwei steht, die zweite usw. Wir wollen nur zeigen, wie auch Stellen im homogenen Medium ohne Raum oder Zeit eine Reihe bilden können, sobald die Ordnung der Zahlen feststeht und besonders ist darauf zu achten, daß es die Zahlen sind, von denen die Ordnung dieser Stellen abhängt, nicht etwa umkehrt die Stellen erst die Zahlen ordnen. Die Stellen für sich allein sind eine ungeordnete Menge. Nur wenn die Zahlen schon da sind, gibt es daher auch jene Reihen von Stellen, die man durch Striche oder Punkte auf dem Papier oder durch aufeinander folgende Töne symbolisiert, und von der man bei einer angeblich rein logischen Bestimmung der Zahl ausgehen zu dürfen meint, um aus ihr die Zahlenreihe abzuleiten. Ja, sogar jetzt noch muß man sich hüten, in die Reihe von Stellen, an denen die verschiedenen Zahlen sind, zu viel hineinzudeuten. Symbole wie Striche, die nebeneinander stehen, oder Töne, die aufeinander folgen, enthalten wegen ihres räumlichen und zeitlichen Charakters erstens alles, was die Zahlenreihe enthält, besonders wenn sie durch quantitativ gleiche Raum- oder Zeitstrecken voneinander getrennt sind, außerdem aber immer schon mehr als die nur durch die Zahlen geordnete Reihe der Stellen im homogenen Medium, und darauf ist umso sorgfältiger zu achten, als das Nebeneinander im Raum und das Nacheinander in der Zeit schon für sich eine Ordnung darstellt, die logisch genau zu analysieren, hier zu weit führen würde. Um den Unterschied zwischen einer zeitlichen Reihe von Stellen und unserer allein durch die quantitativ verschiedenen Gegenstände geordneten Reihe wenigstens anzudeuten, mag ein Hinweis auf die "Einsinnigkeit" der Zeit genügen. Diese ist deshalb von Wichtigkeit, weil eine Reihe wie erstens, zweitens, drittens sehr wohl auch mit Rücksicht auf die Zeit gebildet sein kann, also ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Reihe der quantitativ ungleichen Zahlen. Sie enthält dann aber nicht etwa weniger, sonder mehr an alogischen Elementen als die erörterte Reihe von Stellen, und sie kann insofern nicht als Einwand gegen unsere Auffassung der Zahlenreihe gelten. Wir wollten ja nur das Minimum an Alogischem in den Zahlen zu Bewußtsein bringen. Hauptsächlich kommt es jedoch in diesem Zusammenhang auf die Auseinanderhaltung von Zahl und Stelle überhaupt an. Die Verwechslung der beiden ist ebenso bedenklich wie die Verwechslung der Zahl mit ihrem Begriff. Für diesen trifft manches zu, was von der Zahl selbst nicht gilt. So hat man gesagt, jede Zahl sei nur einmal da, es gebe nur eine Eins, nur eine Zwei usw., und daraus würde dann folgen, daß die Reihe der Zahlen ebenfalls einzig sein muß. Das darf man jedoch nicht behaupten. Es gibt beliebig viele Eins, beliebig viele Zwei usw., die alle als Exemplare unter die Begriffe der Eins, der Zwei usw. fallen, wenn es auch selbstverständlich nur je einen Begriff der Eins, der Zwei usw. geben kann, und ferner die Exemplare keine Wirklichkeiten sind. Genauer: auf den Begriff der Eins läßt sich weder die Einzahl noch die Mehrzahl anwenden. Er ist nur mit sich selbst identisch. Gäbe es dagegen nur "eine" Eins, oder noch besser ausgedrückt, nur die mit sich selbst identische Eins, so hätte der Satz 1 = 1 keinen Sinn, und ebenso wäre es unmöglich, die eine Eins zur andern zu addieren und noch eine Eins und noch eine Eins hinzuzufügen, denn eine andere Eins wäre dann ja gar nicht vorhanden. Also kann der Begriff der Zahl nicht mit der Zahl selbst zusammenfallen. Und ebenso notwendig ist es, die Zahlstelle sowohl vom Begriff der Zahl als auch von der Zahl selbst zu unterscheiden. Es sind hier somit drei Gebilde, die man trennen muß. Nur mit den Zahlen selbst kann man rechnen. Mit den Zahlstellen geht das ebensowenig wie mit den Zahlbegriffen. Die erste und die zweite Stelle kann man nicht so addieren, daß sie zusammen irgendeiner Stelle gleichen, sondern man kann nur sagen, daß eine Stelle und noch eine Stelle größer als die erste, die dritte größer als die zweite ist, gibt keinen Sinn. Die Zahl darf daher niemals als bloßes Stellenzeichen definiert werden, jedenfalls die Zahl nicht, mit der man rechnen kann. Eine ausgeführte Theorie der Zahl würde diese Unterschiede sorgfältig zu berücksichtigen haben. Hier ist nur zu zeigen, daß die Zahl etwas anderes ist, als ihr Begriff und als die Stelle des homogenen Mediums, an der sie sich befindet, und die durch sie geordnet wird. Das muß jetzt ebenso klar sein, wie daß es ohne quantitativ voneinander verschiedene Zahlen im rein homogenen, d. h. nicht zeitlichen und nicht räumlichen Medium überhaupt keine Ordnung gibt. Ob man auch Stellen, an denen Zahlen sind, selbst Zahlen nennen kann, fragen wir nicht, denn nur von Zahlen mit denen man rechnen kann, wollten wir hier handeln. Dies ist noch einmal mit Nachdruck hervorzuheben, damit man nicht etwa aus solchen "Zahlen", die nur durch Zahlen oder eventuell auch durch Raum und Zeit geordnete Stellen sind, Einwände gegen die hier entwickelten Gedanken herleitet. Allein die Gleichung und die Addition galt es zu verstehen, und zwar so, daß Raum oder Zeit hierfür noch nicht in Betracht kamen. Über die beiden alogischen Elemente der Stelle in einem homogenen Medium und der quantitativen Bestimmtheit der Zahlen, die dazu unentbehrlich waren, gehen wir im Übrigen nicht hinaus. Wie Arithmetik von ganzen Zahlen möglich ist, muß im Prinzip wenigstens klar sein. Nur einem Einwand ist noch zu begegnen, damit der Begriff des Quantums ganz unzweideutig wird. Man kann meinen, daß wenn wir allein das Quantum hätten, damit auch schon die Mannigfaltigkeit der Stellen in einem homogenen Medium gegeben sei. Das ist jedoch nur dann richtig, wenn das Wort Quantum in einer zu engen, besonders für die Zahl Eins nicht mehr zutreffenden Bedeutung gebraucht wird. Wir verstehen unter Quantum, wenn wir von dem Soviel sprechen, das die Eins bestimmt, etwas, das auch einfach sein kann, wobei "einfach" natürlich noch nicht die Bedeutung der Einzahl hat, sondern nur den Unterschied von mannigfach meint. Daß wir mit dem einfachen Quantum zu einem problematischen Begriff kommen, liegt auf der Hand. Aber wir können dieses Problem nicht in Angriff nehmen, wenn wir bei den ganzen Zahlen bleiben wollen. Die Eins ist als die kleinste ganze Zahl das kleinste Quantum, das es in der Reihe der ganzen Zahlen gibt. So ist der Begriff des kleinsten Quantums mit der Reihe der ganzen Zahlen notwendig verknüpft, und darin haben wir wieder das einfache Quantum. Sollte man sich weigern, unter Quantum etwas Einfaches zu verstehen, so kommt doch jedenfalls bei der Eins die Mannigfaltigkeit des Quantums nicht in Betracht. Man kann freilich sagen, die Eins lasse sich "brechen" und erweise schon damit ihre quantitative Mannigfaltigkeit. Sie könne ½ + ½ oder ⅓ + ⅓ + ⅓ gleichgesetzt werden. Doch abgesehen davon, daß wir damit das Gebiet der ganzen Zahlen überschreiten und vielleicht nicht mehr von demselben Gegenstand reden, den wir bisher als Eins behandelt haben, schiebt diese Überlegung das Problem des einfachen Quantums nur zurück. Auch in den Brüchen kommt die Einzahl wieder vor und wird als etwas quantitativ Einfaches behandelt. Denkt man sich, um dem zu entgehen, die Zerlegung beliebig weit oder gar "bis ans Ende" fortgesetzt, so stößt man vollends auf mathematische Gegenstände, die außerhalb unseres Themas liegen. Der Begriff des quantitativen Kontinuums käme in Betracht. Wir bleiben daher - man kann sagen willkürlich - bei den diskreten ganzen Zahlen stehen und müssen dann die Einzahl oder die kleinste ganze Zahl als das identische und einfache Quantum überhaupt im Unterschied von der Mehrzahl als dem mannigfachen Quantum bestimmen. Für die Eins in dem Satz 1 + 1 = 2 trifft das jedenfalls zu. Halten wir aber an diesem Begriff der Eins fest, dann reicht das Quantum allein als alogischer Faktor für die Zahl nicht aus. Die Eins wäre dann lediglich das mit sich selbst identische einfache Quantum überhaupt, und ohne eine andere Stelle im homogenen Medium gäbe es kein anderes ihm gleiches Quantum, also auch keine andere Eins und vollends keine Zewi oder irgendeine Mehrzahl. Deshalb brauchen wir, wenn Quantum nicht schon soviel wie quantitative Mannigfaltigkeit heißen soll, für jede ganze Zahl außer dem Quantum als alogischen Faktor noch die Stelle im homogenen Medium. Das mag hier genügen, wo nur die Richtung zu zeigen war, in der die alogischen Faktoren zu suchen sind, welche Einzahl und Mehrzahl positiv vom Einen und Andern und der rein logischen Einheit des Mannigfaltigen unterscheiden. Bedenken kann freilich die Voraussetzung erregen, daß die Einzahl von der Mehrzahl ebenso abhängig sei, wie das Eine vom Andern. Wir sprechen doch auch von einem "Einzigen" als von einem Gegenstand, zu dessen Wesen es gehört, nur einmal zu sein, und dabei meinen wir nicht nur rein logische Gegenstände, die weder einmal noch zweimal vorhanden sind, sondern wir sagen, z. B. vom Ganzen der Realität, daß es notwendig einzig sei. Auch an "das Eine" PLOTINs kann man denken oder an jeden "Monismus", der, wie es scheint, die Einzahl in der Weise, daß sie die Mehrzahl ausschließt, zum Weltprinzip erheben will. Wie ist diese Einheit der Einzigkeit mit der Zusammengehörigekeit von Einzahl und Mehrzahl zu vereinigen? Darf es seine numerische Einheit geben, die jede andere numerische Einheit ausschließt, wie das All-Eine? Zur Beseitigung dieser Schwierigkeit gibt es, um auch dies wenigstens anzudeuten, verschiedene Wege. Vielleicht läßt sich zeigen, daß jeder Monismus, der die Eins zum Weltprinzip macht, eine unhaltbare, ja ganz unausgedachte Metaphysik ist und daß es deshalb eine absolute Eins nicht geben kann. So wie wir schon mit dem Einen und dem Andern die Logik anfangen, so würde das letzte Wort der Philosophie sich mindestens auf eine Zweiheit beziehen müssen. Der Dualismus oder der Pluralismus enthielte dann die Wahrheit. Das Ganze wäre nicht das absolut Eine, sondern hätte nur relative Bedeutung, d. h. es wäre immer wieder ein Teil eines Ganzen und wir kämen niemals zu einer ihrem Wesen nach einzigen Realität oder zu dem nur einmal Vorhandenen Gegenstand. Damit würde der Begriff des Einzigen als des nur einmal Vorhandenen überhaupt relativ und böte keine weiteren Schwierigkeiten für den Gedanken der notwendigen Zusammengehörigkeit von Einzahl und Mehrzahl. Doch es ist noch eine andere Überlegung möglich, die den Begriff des absolut Einzigen, trotz der notwendigen Zusammengehörigkeit von Einzahl und Mehrzahl, zu retten sucht. Man kann fragen: bedeutet wirklich das Wort einzig dasselbe wie nur einmal vorhanden, also eine Zahl? Oder haben wir hier nicht vielmehr noch einen Einheitsbegriff, der von dem der Eins ebenso unterschieden werden muß, wie diese vom Einen, Identischen und der logischen Einheit des Mannigfaltigen? Dann könnte man sagen, das All-Eine gäbe es wohl, aber der Versuch, die Zahl Eins darauf anzuwenden, habe wie bei den logischen Formen nur insofern einen Sinn, als er die Abwehr der Mehrzahl meint, müsse im übrigen jedoch scheitern, denn mit der Mehrzahl sei zugleich auch die Einzahl des "Einen" zu negieren. Dann würde die Monas des Monismus nur die Sphäre des Absoluten im Sinne der Gegensatzlosigkeit bezeichnen, die sich von der Welt der Gegensätze unterscheidet, in der wir uns bewegen, sobald wir nicht nur tautologisch, sondern auch heterologisch denken. All jene durch "und" verbundenen und getrennten Paare, wie Form und Inhalt, Subjekt und Objekt, Wahrheit und Falschheit, Position und Negation, Ursache und Effekt, Geist und Natur, Gott und die Welt fänden in dieser neuen Einheit ihre Versöhnung und Vereinigung. Mit der Einheit des Monismus auch nicht das Geringste zu tun. Sie wäre die Identität der Unterschiede, die coincidentia oppositorum [Zusammenfall der Gegensätze - wp]. Die Aufstellung eines solchen vierten Einheitsbegriffs und seine Abgrenzung gegen die Einzahl scheint in der Tat angenommen werden zu müssen, besonders wenn Zahlen stets ein Wieviel bestimmen, also Quanten sind. Das absolute Ganze läßt sich niemals als Quantum, also auch nicht als Einzahl verstehen. Das Einzige oder All-Eine hat ferner keine Stelle, an der es sich befindet, und es gibt ebensowenig etwas, dem es gleichgesetzt werden könnte. Es fehlen ihm also gerade die Elemente, die wir als unentbehrlich für den Begriff der Einzahl erkannt haben. Dem Monismus dürfte man danach auch nicht mehr den Dualismus gegenüberstellen, denn nicht die Zweiheit, sondern der Gegensatz des Einen und des Andern oder der Heteronismus allein wäre es, den der Monismus überwinden will. Unter dieser Voraussetzung würde erst das Problem des Monismus klar, von dem die meisten "Monisten" unserer Tage sich nichts träumen lassen. Als reine Identitätsphilosophie hätte der Monismus die Aufgabe, in einem philosophischen System das ewig Andere aus der Welt zu schaffen, jenes Andere, auf dem, wie wir gesehen haben, alles gegenständlich Denken überhaupt, also auch alle Wissenschaft beruth. Ob diese Aufgabe einer monistischen Philosophie mit Hilfe des heterologischen Denkens lösbar ist, ob die Gegensatzlosigkeit jemals Gegenstand unseres Denkens werden kann oder für uns nicht ewig Aufgabe bleiben muß, und so als Sollen stets zum Erreichten wiederum in Gegensatz tritt, sodaß der Gegensatz dann doch für uns zum "Letzten" würde, über das wir nur hinausstreben, aber nie hinauskommen können, danach fragen wir hier nicht. Wir wollten nur auf noch eine Bedeutung der Silbe "ein" hinweisen, die ebenfalls keine Zahl enthält. Die wichtigsten Einheitsbegriffe, die es im Interesse einer Theorie der Zahl auseinander zu halten gilt, sind damit erschöpft, und wir kehren nun noch einmal zum Anfang zurück, um zu sehen, welche Konsequenzen sich aus unseren Betrachtungen für das Verhältnis von Logik und Mathematik ergeben. Von vornherein sollte man daran festhalten, daß, falls die Mathematik ein Problem der Logik ist, eine Wissenschaft, die von einer anderen Wissenschaft handelt, scharf gegen diese Wissenschaft abgegrenzt werden muß. Gibt es also - und das wird man nicht bestreiten - Logik der Mathematik, dann daraf die Logik nicht Mathematik und die Mathematik nicht Logik genannt werden. Das kommt freilich eventuell auf eine Angelegenheit der Terminologie hinaus. Aber auch diese Frage ist im Interesse einer unzweideutigen Problemstellung nicht unwichtig. Selbst wenn die Logik mathematische wie die Mathematik logische Bestandteile in sich trägt, und es eine mathematische Logik, sollte man den Namen Logik nur für logische und nicht für mathematische Untersuchungen verwenden. Selbstverständlich riechen nun die vorangegangenen Überlegungen nicht aus, die beiden Wissenschaften so gegeneinander abzugrenzen, daß ein umfassender Begriff der Logik einem umfassenden Begriff der Mathematik gegenüber gestellt wird. Nur mit einem Teil der beiden Disziplinen haben wir es ja zu tun gehabt. Wer beim Wort Logik zuerst an die Syllogistik des ARISTOTELES oder gar an ihre byzantinischen Verschnörkelungen denkt, wie das leider noch vorkommt, wird in diesen Blättern überhaupt nicht viel "Logik" gefunden haben. Vom Beweis, ja von jeder Überlegung darüber, wie aus dem Sinn eines oder mehrerer Sätze der Sinn neuer Sätze zu gewinnen ist, und wie weit dabei Logik und Mathematik vielleicht zusammengehen, sehen wir hier völlig ab. Wir beschränken uns auf die Logik der Gegenstände oder auf das, was Worte bedeuten müssen, wenn sie Glieder eines sinnvollen, wahren Satzes sind. Auch danach, wie diese Lehre sich zur gesamten Logik verhält, fragen wir nicht. Nur das interessiert uns also, wie die Logik und wie die Arithmetik der ganzen Zahlen ihre Gegenstände erforschen und darüber können wir aufgrund der vorangegangenen Ausführungen Folgendes sagen. Die Logik der Gegenstände hat es mit der Gegenständlichkeit oder der Form der Gegenstände zu tun. Selbstverständlich bedeutet das nicht, daß sie nur nach dem "rein" logischen Gegenstand oder der Einheit von Form und Inhalt überhaupt fragt, denn dann wäre ihr Gebiet nicht groß. Es gibt außerdem eine Fülle verschiedener Formen, und zwar sind das Gebilde in denen, wie bei der Quantität, jedesmal das rein Logische bereits einen alogischen Einschlag hat, oder die Form mit einem inhaltlichen Faktor, der in ihr steht, in eigenartiger Weise verschmolzen ist. Worauf das beruth, und was überhaupt die Anwendung besonderer Formen auf besondere Inhalte bedeutet, kann hier nicht erörtert werden. Jedenfalls gehören auch die nicht mehr "rein" logischen Formen in das Gebiet der logischen Untersuchung. Ja, es werden für die Logik sogar die Gegenstände aller verschiedenen Wissenschaften zum Problem, soweit sie formale Unterschiede zeigen. Trotzdem muß man sagen, daß die einzelnen wissenschaftlichen Gegenstände selbst niemals von der Logik zu erforschen sind. Sie sucht ja nicht die verschiedenen wissenschaftlichen Wahrheiten über sie auf, in denen das Interesse der Spezialforschung ruht und sich erschöpft, sondern sie fragt, auch wenn sie es mit den besonderen Gegenständen zu tun hat, immer nur, durch welche Form und durch welchen Inhalt sie zu Gegenständen werden, und worauf daher die Gegenständlichkeit der betreffenden Einzeldisziplin gegründet ist. So hat es z. B. die Physik mit den physischen, die Psychologie mit den psychischen Gegenständen in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit zu tun. Die Logik untersucht weder die physischen noch die psychischen Gegenstände selbst, sondern nur, was das Physische und das Psychische überhaupt als Gegenstand bedeutet, welche formalen und welche inhaltlichen Faktoren also darin stecken, und wie sich beide zueinander verhalten. Unter diesem Gesichtspunkt steht die Logik zur Mathematik nicht anders als zu den anderen Spezialwissenschaften. Die Arithmetik stellt über die ganzen Zahlen selbst Wahrheiten fest, die inhaltlich bestimmt sind. Die Logik tut das nie, sondern untersucht den Begriff der Zahl überhaupt auf seine logischen und alogischen Bestandteile hin. Auch wenn man die Zahlen selbst nur Begriffe nennen will, bleibt dieser Unterschied doch bestehen, denn dann hat es die Logik mit dem Begriff dieser "Begriffe" zu tun. Sie lehrt, um wieder auf unsere Resultate zurückzukommen, daß Zahlen, mit denen man rechnen kann, quantitativ bestimmte Gegenstände im homogenen Medium sind und sich dadurch sowohl vom rein logischen Gegenstand als auch von den Gegenständen anderer Wissenschaften unterscheiden. Das ist gewiß keine arithmetische Einsicht. Wohl aber gehört der Satz, daß 1 + 1 = 2 ist, nicht der Logik, sondern der Mathematik an. Die Logik setzt ihn als wahr voraus und betrachtet ihn, wie wir das getan haben, mit Rücksicht darauf, welche Form die Gegenstände besitzen, von denen er etwas aussagt, und wie in diesen Gegenständen die logische Form zum alogischen Inhalt steht. Das sind Probleme, die Mathematik als solcher ganz fern liegen, auch wenn Mathematiker sich mit ihnen beschäftigen sollten. Nicht der Begriff der Zahl überhaupt, sondern die Zahlen selbst sind das Objekt der mathematischen Forschung. So wird der Unterschied zwischen Einzelwissenschaft und Logik auch hier klar. Gehört demnach die Mathematik zu den Spezialdisziplinen, so berührt das andererseits die Idealität ihrer Gegenstände nicht. Insofern haben die recht, die sagen, daß Zahlen bloße "Begriffe" sind. Man braucht wieder nur eine Gleichung ins Auge zu fassen, um sich von der Unwirklichkeit der darin vorkommenden Gegenstände zu überzeugen. Wären Zahlbegriffe Begriffe von Realitäten, so fehlte diesen Gegenständen notwendig das von der Mathematik gemeinte Gleichsein. Wirkliche Gegenstände kann man zwar auch miteinander vergleichen und dann in dieser oder jener Hinsicht gleich nennen. Ihre Gleichheit ist aber nur immer relativ. Empirische Wirklichkeiten, die einander absolut gleich wären, wie die Zahlen 1 und 1 oder die Gegenstände 7 + 5 und 12, gibt es nicht. Sie sind stets noch in anderer Weise als durch die Stelle, an der sie sich befinden, verschieden, und insofern hat in der Mathematik der Unterschied von Gleichheit und Identität in der Tat eine andere Bedeutung als in den empirischen Wissenschaften. Ebensowenig lassen sich wirkliche Gegenstände, wie wir schon sahen, als Wirklichkeiten zueinander addieren. Es gibt schließlich auch keine Realitäten, die wie die Zahlen nur Quanten im homogenen Medium sind. Alles Wirkliche ist stets zugleich im engeren Sinn "qualitativ", d. h. als qualitative oder "sekundäre" Qualität im Gegensatz zur bloß quantitativen "primären" Qualität bestimmt, und es ist deshalb auch in einer ganz anderen Weise heterogen, als die rein logische Mannigfaltigkeit des Einen und des Andern. Es stellt sich, was mathematische Gebilde nie tun, als ein heterogenes Kontinuum dar, das sich mit wissenschaftlichen Begriffen nicht restlos beherrschen läßt, und damit ist auch die "Apriorität" der Erkenntnis ausgeschlossen, welche die Mathematik besitzt. Kurz, es fehlen den Wirklichkeiten gerade die Charakteristik, die Zahlen haben, und auf denen die Wahrheiten über Zahlen beruhen. Dadurch allein schon muß der prinzipielle Unterschied dieser mathematischen Gegenstände von allen realen deutlich werden. Und doch ist die Unwirklichkeit solcher Gebilde, wie ebenfalls immer wieder gesagt werden muß, nicht die des rein logischen, formalen Gegenstandes. Ja, die Formen sind, vom besonderen Inhalt losgelöst, überhaupt nicht in demselben Sinne "Gegenstände" wie die Zahlen. Diese werden es ja erst durch ihren quantitativ bestmmten Inhalt, der in der Form der Identität besteht. Der rein logische Gegenstand, der außer der Form nur "Inhalt überhaupt" hat, ist im Vergleich zu allen Gegenständen der Einzelwissenschaften "leer". Deswegen ist es auch falsch, die Zahlen in dem Sinne "Begriffe" zu nennen, in dem die logischen Formen es sind. Man muß im "Idealen" durchaus Unterschiede zu machen lernen, d. h. das Logische und das Mathematische als zwei verschiedene Arten des Unwirklichen dem Realen gegenüberstellen. So haben wir z. B. oben logisches, mathematisches und zeitliches "Folgen" auseinander gehalten. Beachtet man diese Unterschiede nicht, dann kann man weder über das Wesen des Logischen noch über das des Mathematischen zur Klarheit kommen. Will man die drei Gebiete, die demnach voneinander zu trennen sind, mit Rücksicht darauf, daß die Mathematik zu den Spezialwissenschaften gehört, so gruppieren, daß das Mathematische zusammen mit dem Wirklichen dem Logischen gegenübertritt, dann kann das, freilich ohne nähere Begründung des Begriffs vom Logischen, die in Kürze unmöglich ist, auch folgendermaßen geschehen. Vom rein Logischen als dem im angegebenen Sinn nur Formalen läßt sich in keiner Weise sagen, daß es ist. Auch aus diesem Grund mußt es jeder quantitativen Bestimmung entzogen werden. Das Wesen der Form geht vielmehr vollständig im Gelten auf, oder sie ist ein theoretischer "Wert", der absolut gilt, wie die Wahrheit selbst, und liegt für das Subjekt daher im Reich des von jedem Subjekt unabhängigen oder transzendenten "Sollens". Auch der "Inhalt überhaupt" gehört nicht zum Seienden, sondern zu den logischen, d. h. gültigen Voraussetzungen des Gegenstandes überhaupt, zu den formalen Bedingungen des nicht seienden, sondern nur geltenden theoretischen Wertes der Gegenständlichkeit, ohne die es kein "logisches" oder wahres Denken geben kann. Was "ist", muß immer schon einen besonderen Inhalt oder einen Inhalt des Inhalts haben, und dieses Seiende ist dann entweder, wie die Zahl, ein ideal, oder wie das Physische und das Psychische, ein real Seiendes, ein wirklicher oder ein unwirklicher, aber in jedem Fall ein aus geltender Form und besonderem Inhalt bestehender seiender Gegenstand. Erst dieser Gegenstand kann einmal oder vielmal sein. Erst in der Sphäre des Seienden gibt es einander gleiche Gegenstände im Plural, während es unsinnig ist, zu sagen, daß etwas einmal oder zweimal gelte. Nur insofern voneinander verschiedene Formen gelten, kann man von mehreren Formen reden. So tritt das Logische als das Geltende in Gegensatz zu allem Seienden, das stets mehr als rein logisch ist, da es einen besonderen Inhalt in der Form "Sein" bedeutet, oder in der üblichen Ausdrucksweise ein Subjekt, das das Prädikat seiend hat. Selbstverständlich kann auch die Form "Sein" selbst nicht sein oder seiend genannt werden, sondern sie gehört, wie jede Form, nur zum Geltenden. Das ist in keiner Weise paradox. Man muß nur zwischen dem "Sein" als Form und dem "Seienden" als dem Inhalt in dieser Form oder dem seienden Gegenstand unterscheiden, der nur insofern "ist", als er die Form Sein als gültig voraussetzt. Dann gerade wird man am besten die ganz einzigartige Stellung des geltenden Logischen "über" oder "vor" allem Seienden, dem idealen so gut wie dem realen, und damit die Notwendigkeit einer Trennung des Logischen auch vom Mathematischen verstehen. Kurz, das Logische ist das, was wegen seines formalen Charakters nur gilt und nicht ist, dessen Geltung vielmehr allem Seienden logisch vorangeht, da wir nichts als seiend prädizieren könnten, wenn die Form Sein nicht gültig wäre. Das Mathematische, besonders die zahl, und vielleicht noch einiges Andere, ist das, was ist, aber nicht in dem Sinn wirklich genannt werden kann, wie ein physischer oder ein psychischer Gegenstand. Nur die empirischen Spezialwissenschaften, die Naturwissenschaften, die Psychologie, die Geschichte und die anderen Kulturwissenschaften haben es endlich mit dem wirklich Seienden zu tun. Damit ist die Mathematik von Neuem nicht nur gegen die anderen Einzeldisziplinen, sondern auch gegen die Logik abgegrenzt. Ob hiermit das Gebiet dessen, was das theoretische Kulturgut Wissenschaft zu erforschen hat, erschöpfend oder auch nur zum Teil in endgültiger Weise bestimmt ist, bleibe dahingestellt. Vielleicht liegen Gegenstände wie das All-Eine in noch einer neuen Sphäre, die man zum Unterschied sowohl vom Wirklichen als auch vom Unwirklichen die des Überwirklichen nennen kann. Vielleicht erweist sich andererseits das ideale Sein der mathematischen Gegenstände nicht von derselben Ursprünglichkeit wie das Reich des Geltens und das der Realität, sondern ist nur als abgeleitet, als konstruiert aus Elementen zu verstehen, die teils dem Reich der logischen Formen, teils dem Reich der wirklichen Gegenstände durch begriffliche Abstraktion entnommen sind. Man könnte eventuell zeigen, daß Formen, die gegenüber realen Gegenständen nur "reflexiven" Charakter haben, wie die Gleichheit, das Reich des idealen Seins erst "konstituieren", denn Zahlen sind einander gleich, während Wirklichkeiten nur als einander gleich betrachtet werden. Dann würde folgen, daß das Mathematische im Vergleich zum Realen einen ebenso "reflexiven" wie "idealen" Charakter trägt, und damit käme es vielleicht von Neuem in eine Verwandtschaft mit dem "rein" Logischen, das ebenfalls nur aus den in allen Gegenständen überhaupt zu findenden, ihnen gemeinsamen Elementen besteht. Doch das Alles vermag am prinzipiellen Unterschied von Logik und Mathematik, Geltendem und ideal Seiendem nichts zu ändern, sondern kann ihn höchstens noch schärfer fassen lehren. Die Mathematik - dabei bleibt es - handelt nicht vom rein logischen Gegenstand überhaupt oder den Elementen der Gegenständlichkeit, sondern von inhaltlich bereits in besonderer Weise bestimmten Gegenständen, und sie kommt daher ohne Elemente, die jenseits der rein logischen Sphäre liegen, nicht aus. |