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G. W. F. HEGEL
Verhältnis des Skeptizismus
zur Philosophie

[Darstellung seiner verschiedenen Modifikationen
und Vergleichung des neuesten mit dem alten]

[1/2]

"Nun ist aber der Begriff des Wesens oder der Natur nur setzbar, indem von der Existenz abstrahiert wird; eins schließt das andere aus; eins ist nur als Entgegensetzung des anderen bestimmbar; werden beide verbunden als Eins gesetzt, so enthält ihre Verbindung einen Widerspruch, und beide sind zugleich negiert."

Acht Jahre, nachdem Herr SCHULZE gegen die kantische Philosophie, vorzüglich in der Form, welche sie in der Theorie des Vorstellungsvermögens gewonnen hatte, mit Aufsehen aufgetreten war, umfaßt er nunmehr die theoretische Philosophie überhaupt, um sie durch seinen Skeptizismus in Flammen zu stecken, und bis aufs Fundament auszubrennen. Der ganze helle Haufen der neuen Skeptiker verehrt billig Herrn SCHULZE als Vormann, und dieser Sandsack von - vorderhand vier Alphabeten, den Herr SCHULZE gegen die Festung der Philosophie herbeigeschleppt hat, sicher ihm billig diesen ersten Platz.

Die Darstellung und Schätzung dieses neuesten Skeptizismus macht es notwendig, uns über das Verhältnis dieses so wie des Skeptizismus überhaupt zur Philosophie einzulassen; nach diesem Verhältnis werden sich die verschiedenen Modifikationen des Skeptizismus von selbst bestimmen, und zugleich das Verhältnis dieses neuesten Skeptizismus selbst, der sich auf die Schultern des alten gestellt zu haben, und sowohl weiter zu sehen, als vernünftiger zu zweifeln vermeint, zu dem alten sich ergeben; eine Erörterung des Verhältnisses des Skeptizismus zur Philosophie, und eine daraus entspringende Erkenntnis des Skeptizismus selbst, scheint auch darum nicht unverdienstlich, da die Begriffe, die sich gewöhnlich über ihn vorfinden, höchst formell sind, und sein, wenn er wahrhaft ist, edles Wesen in einem allgemeinen Schlupfwinkel und Ausrede von der Unphilosophie in den neuesten Zeiten verkehrt zu werden pflegt.

Von der subjektiven Quelle des SCHULZEischen Skeptizismus gibt uns die Einleitung ("Kritik der theoretischen Philosophie", Hamburg 1802) eine Geschichte; sie enthält die Ausführung des Gedankens: wenn eine Erkenntnis, die aus der Vernunft geschöpft werden soll, sich keinen allgemeinen und dauerhaften Beifall verschaffen kann, die Bearbeiter derselben in einem beständigen Widerspruch miteinander stehen, und jeder neue Versuch, dieser Erkenntnis die Festigkeit einer Wissenschaft zu erteilen, mißlingt: so läßt sich hieraus mit ziemlicher Sicherheit abnehmen, daß der Aufsuchung einer solchen Erkenntnis ein unerreichbarer Zweck und eine allen Bearbeitern derselben gemeinschaftliche Täuschung zugrunde liegen muß; auch auf die Denkart des Verfassers über die Philosophie - wie ein allgemeines Mißtrauen gegen die Hochpreisungen der Einsicht und Weisheit der Vernunft niemand zu verdenken sei, habe die Beobachtung des Erfolgs, den das Streben so vieler durch ihre Talente und durch den bei der Aufsuchung verborgener Wahrheiten bewiesener Eifer ehrwürdiger Männer nach einer wissenschaftlichen Philosophie von jeher hatte, einen starken Einfluß gehabt, und ihr diejenige Richtung gegeben, aus welcher diese Kritik der theoretischen Philosophie entstanden ist; jede Neigung, seine Kräfte auf die Bearbeitung eines dieser Systeme, welches ihm eben der sicherste Hinweis auf Wahrheit und Gewißheit zu enthalten schien, zu verwenden, wurde immer wieder, sobald er zur Befriedigung derselben Anstalten machte, ganz vorzüglich durch die Erwägung des Schicksals unterdrückt, welches alle spekulative Beschäftigung mit den letzten Gründen unserer Erkenntnis des Daseins der Dinge betroffen hat; denn das Zutrauen zu seinen Fähigkeiten ist nicht so weit gegangen, daß er Hoffnung fassen konnte, dasjenige wirklich zu erreichen, wonach so viele mit den größten Talenten und mannigfaltigsten Einsichten versehene Männer vergeblich gestrebt hatten.

Das heißt recht dem Volk zum Mund und aus dem Mund des Volkes gesprochen. - Auf die politische Apragmosyne [Geschäftigkeit - wp] zur Zeit, wenn Unruhen im Staat ausbrechen, hatte der athenische Gesetzgeber den Tod festgesetzt; die philosophische Apragmosyne, für sich nicht Partei zu ergreifen, sondern im Voraus entschlossen zu sein, sich dem, was vom Schicksal mit dem Sieg und der Allgemeinheit gekrönt würde, zu unterwerfen, ist für sich selbst mit dem Tod spekulativer Vernunft behaftet. Wenn ja die Erwägung des Schicksals ein Moment in der Achtung und Ergreifung einer Philosophie werden könnte, so müßte nicht die Allgemeinheit, sondern im Gegenteil die Nicht-Allgemeinheit ein Moment der Empfehlung sein, da es begreiflich ist, daß die echtesten Philosophien nicht die sind, welche allgemein werden, und daß, wenn außerdem, daß schlechte Philosophien eine Allgemeinheit erhalten, auch echtere dazu gelangen, die allgemein gewordene Seite derselben gerade dasjenige ist, was nicht philosophisch ist; so daß auch an diesen Philosophien, die eines sogenannten glücklicheren Schicksals genießen, welches aber in Wahrheit, wenn von einem glücklichen oder unglücklichen Schicksal überhaupt hier die Rede sein kann, für ein Unglück zu erachten ist, das Nicht-Allgemeine aufgesucht werden müßte, um die Philosophie zu finden. - Wenn aber Herr SCHULZE gesehen hat, daß der Erfolg des Strebens so vieler durch Talente und Eifer ehrwürdiger Männer in der Beschäftigung mit der Erforschung der letzten Gründe unserer Erkenntnis gleich unglücklich gewesen ist, so kann dies nur für eine höchst subjektive Art zu sehen gelten; LEIBNIZ z. B. drückt eine ganz andere Art zu sehen in der Stelle aus, die JACOBI zu einem seiner Mottos machte: "j'ai trouvé quel al plûpart des sectes ont raison dans une bonne partie de ce qu'elles avancent, mais non pas tant en ce qu'elles nient." [Ich habe festgestellt, daß die meisten Sekten mit vielem Recht haben, was sie sagen, aber nicht so sehr mit dem, was sie leugnen. - wp]. Die oberflächliche Ansicht der philosophischen Streitigkeiten läßt nur die Differenzen der Systeme erblicken, aber schon die alte Regel: contra negantes principia non est disputandum [Gegen den, der die Prinzipien leugnet, läßt sich nicht streiten. - wp] gibt zu erkennen, daß wenn philosophische System miteinander streiten - ein anderes ist es freilich, wenn Philosophie mit Unphilosophie streitet - Einigkeit in den Prinzipien vorhanden ist, welche über allen Erfolg und Schicksal erhaben, sich nicht aus dem, worüber gestritten wird, erkennen lassen, und dem Gaffen entgehen, welches immer das Gegenteil von dem erblickt, was vor seinen Augen vorgeht. Mit den Prinzipien oder der Vernunft ist es wohl all jenen durch Talente und Eifer ehrwürdigen Männern gelungen, und der Unterschied ist allein in die höhere oder niedrigere Abstraktion zu setzen, durch welche sich die Vernunft in Prinzipien und Systemen dargestellt hat. Das Mißlingen der spekulativen Wahrheit nicht vorausgesetzt, so fällt die Bescheidenheit und die Hoffnungslosigkeit weg, das zu erreichen, was nur die oberflächliche Ansicht den ehrwürdigen Männern mißlungen zu sein sich beredet; oder aber jenes Mißlingen vorausgesetzt, so ist keine Frage, wenn Bescheidenheit und Mißtrauen in die Fähigkeiten das andere Moment zu dem der Erwägung des Erfolges abgeben könnte, welche Bescheidenheit die größere ist, - sich nicht die Hoffnung zu machen, dasjenige zu erreichen, wonach die talent- und einsichtsvollen Männer vergeblich gestrebt hatten, - oder aber, wie Herr SCHULZE sagt, daß ihm geschehen ist, auf die Vermutung zu geraten, daß irgendein Erbfehler an der Philosophie haften und sich von einer dogmatischen Beschäftigung mit derselben (wir werden nachher sehen, daß Herr SCHULZE nur skeptisches und dogmatisches Philosophieren kennt) auf die andere fortgepflanzt haben müßte; daß Herr SCHULZE diesen Erbfehler entdeckt zu haben sich zutraut, und was er davon entdeckt hat, im vorliegenden Werk darlegt, beweist, daß er von einem Moment der Bescheidenheit in der Philosophie, ob er schon davon spricht, ebensowenig hält, wie davon, so wie von dem Moment des Erfolgs, zu halten ist.

Die Entdeckung des Erbfehlers aller bisherigen spekulativen Philosophie ist also in diesem Werk verheißen; und durch diese Entdeckung, welche die bisherige Philosophie angeht, ist, sagt SCHULZE (Seite 610) auch alle Hoffnung eines Gelingens der Spekulation abgeschnitten auf die Zukunft, weil es töricht wäre (jawohl!) eine Veränderung der menschlichen Erkenntniskräfte zu hoffen. Welche glücklichere Entdeckung aber als diese eines Erbfehlers aller Spekulation kann dem philosophielustigen Volk dargebracht werden, welches entweder seine Entfernung vom Spekulieren, die ja keiner Rechtfertigung bedarf, doch immer mit dem Streit der Philosophie rechtfertigt, und sich für geneigt ausgibt, sich einem System zu ergeben, wenn nur einmal ein philosophisches Konzilium oder Kolloquium über eine allgemeingültige Philosophie übereinkäme, - oder welches selbst allen philosophischen Systemen (und darunter rechnet es jeden Gedankenpilz) nachläuft, aber dessen intellektuelle Chemie so unglücklich organisiert ist, nur zu dem Zusatz, der dem edleren Metall einer Münze beigemischt ist, eine Verwandtschaft zu haben, und mit diesem allein sich niederzuschlagen, das immer wieder inne wird, so daß es nur geäfft worden ist, und sich endlich in der Verzweiflung in das moralische wirft, doch noch mit Besorgnissen von der spekulativen Seite her - welche glücklichere Entdeckung kann für diese beiden Teile gemacht werden, als daß es der spekulativen Philosophie in ihrem innersten Wesen selbst fehlt; dem ersten wird der Beweis gegeben, der klügste gewesen zu sein, da er auf spekulative Philosophie nichts hielt; der letztere wird dafür, daß er immer geäfft worden ist, dadurch getröstet, daß die Schuld von ihm ab und auf die Philosophie gewälzt wird, und seine Besorgnisse von der spekulativen Philosophie ihm genommen. Es ist daher kein Wunder, wenn dieser Skeptizismus, wo nicht allgemeinen, doch ausgebreiteten Beifall sich verschafft, und wenn besonders über die vorliegende ponderose [gewichtige - wp] Bearbeitung desselben eine solche Freude entsteht, von der unser Notizenblatt ein Beispiel enthält.

Herr SCHULZE schließt aus seiner skeptischen Bearbeitung der Philosophie den praktischen und ästhetischen Teil aus, und beschränkt sie auf die theoretische Philosophie. - Nach allem zu urteilen scheint es, daß Herr SCHULZE die theoretische Philosophie allein für spekulative Philosophie, die übrigen Teile derselben aber man weiß nicht für was hält; oder vielmehr man erblickt nirgends eine Spur von der Idee einer spekulativen Philosophie, welche weder besonders theoretische noch praktische noch ästhetische ist. Zu jener Einteilung der Philosophie gelangt übrigens Herr SCHULZE durch die empirische Psychologie, ungeachtet er dieselbe selbst aus der Philosophie ausschließt, aber sie sonderbar genug doch als Quelle einer Einteilung der Philosophie gebraucht; an den Tatsachen des Bewußtseins nämlich sollen wichtige Unterschiede vorkommen, sie seien entweder Erkenntnisse von Objekten, oder Äußerungen eines Willens, oder Gefühle der Lust und Unlust, zu welchen auch die Gefühle des Schönen und Erhabenen gehören; sie können, soweit unsere Einsicht derselben reicht, nicht auf eine einzige Klasse zurückgeführt oder aus einer einzigen Quelle abgeleitet werde (Worte, die wir wörtlich bei KANT, Kritik der Urteilskraft, Einleitung, Seite XXII lesen), sondern sind durch bleibende Merkmale wesentlich voneinander verschieden, und geben die oben genannten drei Teile der Philosophie. - Schon hierin weicht Herr SCHULZE wesentlich von SEXTUS EMPIRICUS ab, der in seiner Kritik der einzelnen Teile der Philosophie und der Wissenschaften nicht selbst die Einteilung macht, sondern sie nimmt, wie er sie findet und sie skeptisch angreift.

Vor allen Dingen haben wir zu sehen, wie der Herr SCHULZE diese theoretische Philosophie begreift, und wie eigentlich der Feind beschaffen ist, den er zu Boden schlägt. Im ersten Abschnitt werden auf eine höchst methodische, mehrere Seiten durchgehende Weise die wesentlichen Merkmale der theoretischen Philosophie aufgesucht, und folgende Definition herausgebracht: die theoretische Philosophie ist die Wissenschaft der obersten und unbedingtesten Ursachen alles Bedingten, von dessen Wirklichkeit wir sonst Gewißheit haben. - Diese sonstige Gewißheit vom Bedingten ohne Philosophie werden wir nachher kennen lernen. Die obersten und unbedingten Ursachen selbst aber, oder besser das Vernünftige begreift Herr SCHULZE auch wieder als Dinge, die über unser Bewußtsein hinausliegen, etwas existierendes, dem Bewußtsein schlechthin entgegengesetztes; von der vernünftigen Erkenntnis kommt nie eine andere als die zum Ekel wiederholte Vorstellung vor, daß durch dieselbe eine Erkenntnis von Sachen erworben werden soll, welche hinter den Schattenrissen von Dingen, die uns die natürliche Erkenntnisart der Menschen vorhält, verborgen liegen sollen; durch die Hilfe abstrakter Grundsätze und Begriffe soll das Dasein ausfindig gemacht; es soll ausgekundschaftet werden, was die Dinge, in ihrer wahren und verborgenen Wirklichkeit genommen, sein sollen; das Werkzeug, dessen sich die Philosophie zur ihrer Auskundschaftung der Dinge bedient, sind Begriffe, abstrakte Grundsätze, Folgerungen aus Begriffen und die Brücke zu jenen verborgenen Dingen wieder aus nichts als aus Begriffen erbaut. - Es ist nicht möglich, das Vernünftige und die Spekulation auf eine rohere Weise aufzufassen; die spekulative Philosophie wird beständig so vorgestellt, als ob vor ihr unüberwindlich die gemeine Erfahrung in der unverrückbaren Form ihrer gemeinen Wirklichkeit ausgebreitet als ihr eiserner Horizont vorliegt, und sie hinter diesem die Dinge-ansich ihres Horizonts, als Gebirge von einer ebenso gemeinen Wirklichkeit, die jene andere Wirklichkeit auf ihren Schultern trägt, vermutet und aufsuchen will; das Vernünftige, das Ansich kann sich Herr SCHULZE gar nicht anders vorstellen, als wie einen Felsen unter Schnee; dem Katholiken wandelt sich die Hostie in ein göttlich-lebendiges; hier geschieht nicht, was der Teufel von Christus begehrte, Stein in Brot zu verwandeln, sondern das lebendige Brot der Vernunft verwandelt sich für immer in Stein.

Dieser spekulativen Philosophie, die eine Erkenntnis von Dingen versucht, welche außerhalb unseres Bewußtseins existieren sollen, steht die positive Seite dieses Skeptizismus entgegen; denn er hat nicht bloß die negative Seite, die sich damit beschäftigt, die Hirngespinste der Dogmatiker, und ihre Versuche, von der Existenz hyperphysischer [übernatürlicher - wp] Dinge Erkenntnis zu erlangen, zu zerstören.

Die positive Seite dieses Skeptizismus besteht nämlich darin, daß er im allgemeinen als eine Philosophie beschrieben wird, die nicht über das Bewußtsein geht; und zwar hat (Seite 51) die Existenz desjenigen, was im Umfang unseres Bewußtseins gegeben ist, unleugbare Gewißheit; denn da es im Bewußtsein gegenwärtig ist, so können wir die Gewißheit desselben ebensowenig bezweifeln, als das Bewußtsein selbst; das Bewußtsein aber bezweifeln zu wollen, ist absolut unmöglich, weil ein solcher Zweifel, da er ohne Bewußtsein nicht stattfinden kann, sich selbst vernichten, folglich Nichts sein würde; was in und mit dem Bewußtsein gegeben ist, nennt man eine Tatsache des Bewußtseins; und folglich sind die Tatsachen des Bewußtseins das unleugbare Wirkliche, worauf sich alle philosophischen Spekulationen beziehen müssen, und was durch diese Spekulationen zu erklären und begreiflich zu machen ist.

An diese Philosophie, welche die unleugbare Gewißheit in die Tatsachen des Bewußtseins setzt, und genau wie der allergemeinste Kantianismus alle Vernunfterkenntnis (Seite 21) auf die formale Einheit, welche in jene Tatsachen zu bringen ist, einschränkt, kann die Frage nicht gemacht werden, wie sie es denn begreift, daß der Mensch mit dieser unleugbaren Gewißheit, die er in einem ewigen stieren Wahrnehmen der Objekte findet, sich nicht befriedigt, wie sie dann auch jenes Ordnen der Wahrnehmungen aus diesem Wahrnehmen begreifen will? Wie der Mensch über die Bestialität einer solchen Existenz, welche, um mit Herrn SCHULZE zu reden, im Wahrnehmen des realen Seins der Dinge besteht, hinausgeht, und zu einem Gedanken von dem kommt, was Herr SCHULZE Metaphysik nennt, von einer Ergründung jenes realen Seins, oder einer Ableitung dieses realen Seins und allem was dazu gehört aus einem Urgrund, um es begreiflich zu machen? - Diese Tatsachen-Philosophie hat keine andere, als die stumpfe Antwort: daß jenes Streben nach einer Erkenntnis, die über das reale, ganz gewisse Sein der Dinge hinausliegt, also sie für ungewiß erkennt, - auch eine Tatsache des Bewußtseins ist; Herr SCHULZE sagt dies (erster Teil, Seite 21) so: vermöge einer ursprünglichen Einrichtung unseres Gemüts haben wir nämlich ein Verlangen, zu allem, ws nach unserer Einsicht nur bedingterweise existiert, den letzten und unbedingten Grund aufzusuchen. Wenn aber jede Tatsache des Bewußtseins eine unmittelbare Gewißheit hat, so ist eine Einsicht, daß etwas nur bedingterweise existiert, unmöglich; denn bedingterweise existieren, und für sich nichts Gewisses sein, ist gleichbedeutend. - Eben so drückt sich der Verfasser Seite 72 aus, wenn er von jenem bestialischen Anstieren der Welt und seiner unleugbaren Gewißheit den Übergang zum Problem der theoretischen Philosophie macht: obgleich das Sein von Dingen nach den Aussprüchen des Bewußtseins ganz gewiß ist, so befriedigt dies doch keineswegs die Vernunft (hier werden wir lernen, worin sie besteht), weil es sich bei existierenden Dingen, die wir kennen, nicht von selbst versteht, daß sie sind, und daß sie das sind, was sie sind. - Was hat es dann aber nun für eine Bewandtnis mit jener unleugbaren Gewißheit der Tatsache in der unmittelbaren Erkenntnis des Seins der Dinge; bei der Wirklichkeit (Seite 57), die wir den angeschauten Sachen beilegen, finden schlechterdings keine Grade statt, so daß eine Sache mehr von der Wirklichkeit besäße, als die andere (Seite 62). Das anschauende Subjekt erkennt die Gegenstände und deren Existenz unmittelbar schlechthin und als etwas, das auf eine ebenso vollkommene Art unabhängig von den Wirkungen der Vorstellungskraft für sich besteht und ist, als wie das erkennende Subjekt für sich besteht und ist. - Wie soll es bei dieser absoluten Gewißheit, daß und wie die Dinge existieren, zugleich sich nicht von selbst verstehen, daß sie sind, und daß sie sind, was sie sind; es wird zugleich eine Erkenntnis, nach welcher die Existenz und Beschaffenheit der Dinge sich von selbst versteht und eine andere behauptet, nach welcher sich diese Existenz und Beschaffenheit gar nicht von selbst versteht. Es läßt sich kein vollständigerer Widerspruch zwischen dem Vorhergehenden und zwischen dieser Art das Suchen einer vernünftigen Erkenntnis begreiflich zu machen, und kein schieferer und verzwickterer Übergang zur Metaphysik ersinnen.

Nachdem wir die positive Seite dieses Skeptizismus beleuchtet haben, gehen wir zu seiner negativen Seite über, welcher der ganze dritte Teil des ersten Bandes gewidmet ist. Herr SCHULZE fühlt es selbst, daß ein Skeptizismus, der den Tatsachen des Bewußtseins eine unleugbare Gewißheit zuschreibt, wenig mit dem Begriff von Skeptizismus, den uns die alten Skeptiker geben, übereinstimmt; wir haben zuerst des Herrn SCHULZE eigene Meinung über diese Differenz zu vernehmen. Er erklärt sich darüber in der Einleitung und dem ersten Abschnitt des dritten Teils. Fürs Erste erinnert er, daß es ja oftmals der Fall gewesen ist, daß derjenige, der zuerst einen Gedanken auf dem Weg der Wahrheit gefunden hat, vom Inhalt, den Gründen und den Folgen desselben weit weniger verstand, als andere, die nach ihm dem Ursprung und der Bedeutung desselben mit Sorgfalt nachforschten; bisher ist die wahre Absicht des Skeptizismus meistenteils verkannt worden usw. Der Skeptizismus, den Herr SCHULZE für den wahren und einen vollendeteren ansieht, als den der Alten, bezieht sich nämlich auf die der Philosophie eigentümlichen Urteile, d. h. welche, wie Herr SCHULZE die Endabsicht dieser Wissenschaft ausdrückt, die absoluten oder doch übersinnlichen, d. h. außer der Sphäre des Bewußtseins vorhandenen Gründe des nach den Zeugnissen unseres Bewußtseins bedingterweise vorhandenen Etwas bestimmen. Die nur zur Philosophie aber gehörigen Urteile sollen kein Objekt dieses Skeptizismus sein; sie drücken nämlich entweder sogenannte Tatsachen des Bewußtseins aus oder gründen sich auf das analytische Denken; ihre Wahrheit könnte daher auch dem Skeptizismus nach ergründet und eingesehen werden; hingegen behauptet er gegen die theoretische Philosophie, daß von den außerhalb des Umfangs unseres Bewußtseins vorhandenen oder wie der Verfasser auch sagt, in ihm ihrer Existenz nach nicht gegebenen Gründen des Seins der Dinge oder von den Dingen, die außer den existierenden Dingen existieren, gar nichts wissen läßt. Herr SCHULZE läßt selbst die Einwendung gegen diesen Begriff des Skeptizismus machen, daß nach demselben nichts von dem, was die Erfahrung lehrt, und insbesondere nicht der Inbegriff der äußeren Empfindungen, auch von allen Wissenschaften nur die Philosophie (weil es sonst keine mit der Erkenntnis von Dingen außerhalb des Umfangs des Bewußtseins zu tun hat) ein Objekt der skeptischen Zweifel sein könnte; die alte Skepsis hingegen auf beides, und die älteste zumindest auf jenes sich ausgedehnt hat. Herr SCHULZE führt hierüber vorzüglich an, daß sich der Anfang und Fortgang des Skeptizismus immer nach den Anmaßungen der Dogmatiker bestimmt hat; die alten Skeptiker gestehen, daß es eine Erkenntnis durch die Sinne, und eine Überzeugung durch dieselbe vom Dasein und gewissen Eigenschaften für sich bestehender Dinge gibt, nach welcher sich jeder vernünftige Mensch im tätigen Leben zu richten hat. - Hir sich bestehender Dinge gibt, nach welcher sich jeder vernünftige Mensch im tätigen Leben zu richten hat. - Hierin, daß eine solche Überzeugung bloß auf das tätige Leben gerichtet war, liegt unmittelbar, daß sie mit der Philosophie nichts zu tun hatte, daß sie und das beschränkte mit Tatsachen angefüllte Bewußtsein, als Prinzip einer unleugbaren Gewißheit, überhaupt der Vernunft und der Philosophie nicht gegenüber, am wenigsten gegen sie pochend, gestellt, sondern nur der so schmal als wie möglich eingerichtete Tribut war, welcher der Notwendigkeit eines objektiven Bestimmens gezollt wurde; wir würden, sagen die Skeptiker, nicht dieses wählen oder jenes vermeiden, wenn es Dinge betrifft, die in unserer Macht stehen, aber diejenigen, welche nicht in unserer Macht, sondern nach der Notwendigkeit sind, können wir nicht vermeiden, wie hungern, dursten, frieren; denn diese lassen sich nicht durch Vernunft aus dem Weg räumen. Das Bewußtsein aber, das mit diesen notwendigen Bedürfnissen zusammenhängt, war der alte Skeptiker weit entfernt, zum Rang eines Wissens, das eine objektive Behauptung ist, zu erheben; auf das Erscheinende achtend, leben wir, sagt SEXTUS, weil wir nicht gänzlich untätig sein können, nach dem gemeinen Lebensverstand, ohne damit irgendeine Meinung oder Behauptung zu machen. Von einer Überzeugung von Dingen aber, und deren Eigenschaften ist in diesem Skeptizismus nicht die Rede; das Kriterium des Skeptizismus, drückt sich SEXTUS aus, ist das erscheinenden (phainomenon), worunter wir in der Tat seine Erscheinung (phantasian auton), also das subjektive, verstehen; denn da sie in der Überzeugung (= peisei aber nicht von einem Ding) und einem unwillkürlichen Affiziertsein liegt, so findet keine Untersuchung statt; sie ist azititos [nicht gefragt - wp] (der deutsche Ausdruck: Zweifel, vom Skeptizismus gebraucht, ist immer schief und unpassend.) Daß aber die Skeptiker alle Wahrnehmung, statt ihr unleugbare Gewißheit zuzuschreiben, für bloßen Schein erklärten, und behaupteten, man müsse eben so gut das Gegenteil von dem aussagen, was man vom Objekt seinem Schein ausgesprochen hat, ebenso gut sagen, der Honig sei bitter, als süß - daß, wie Herr SCHULZE selbst anführt, die zehn ersten, und eigentlichen Wendungen der Skeptiker allein diese Unsicherheit der sinnlichen Wahrnehmung betrafen, davon gibt Herr SCHULZE den Grund, daß die Empfindungen schon in den frühesten Zeiten der spekulativen Philosophie für eine Erscheinung, der aber etwas ganz Verschiedenes zugrunde liegt, von den Dogmatikern ausgegeben, und der Erscheinung selbst eine Übereinstimmung mit dem, was hinter ihr als eigentliche Sache befindlich sein soll, beigelegt, ja die Erkenntnis durch Empfindungen sogar vielmals als eine Wissenschaft des hinter der Empfindung verborgen liegenden Objekts von ihnen behauptet worden ist. Aus diesem Grund haben die Skeptiker diese Lehren der Dogmatiker von der Gewißheit der sinnlichen Erkenntnis angegriffen und geleugnet, daß mittels des Objekts in der Empfindung sich von dem mit Zuverlässigkeit etwas erkennen läßt, was hinter diesem Objekt als wahre und eigentlich für sich bestehende Sache befindlich sein soll. - Es drückt sich hier im Hinblick auf die alten Philosophen ganz dieselbe krasseste Vorstellung ab, die Herr SCHULZE von der Vernunfterkenntnis hat; die Auslegung aber, als wenn der Skeptizismus nicht die sinnlichen Wahrnehmungen selbst, sondern nur die hinter und unter dieselben von den Dogmatikern gelegten Sachen angegriffen hat, ist durchaus unbegründet; wenn der Skeptiker sagte: der Honig sei ebenso bitter wie süß und so wenig bitter wie süß, so war da kein hinter den Honig gelegtes Ding gemeint. - Daß für die Skeptiker Griechenlands auch die Lehrsätze aller Doktrinen, die auf Gültigkeit für jeden menschlichen Verstand Ansprüche erheben, ein Gegenstand des Zweifels waren, zeuge von einer Unbekanntschaft derselben mit den wahren Gründen ihrer Zweifel; und übrigens waren damals noch nicht wie heutzutage die besonderen Quellen der Erkenntnise jeder Wissenschaft und die Grade der in ihr möglichen Überzeugung untersucht gewesen; viele Doktrinen, die jetzt aller vernünftigen Zweifelsucht Trotz bieten, wie z. B. Physik und Astronomie, waren damals nur noch ein Inbegriff unerweislicher Meinungen und grundloser Hypothesen gewesen. - Dieser Zug vollendet den Charakter dieses neuen Skeptizismus und seinen Unterschied vom alten; außer den Tatsachen des Bewußtseins wären also auch noch die Physik und die Astronomie neuerer Zeit die Wissenschaften, die allem vernünftigen Skeptizismus Trotz bieten; Doktrinen, welche das rein mathematische derselben, was nicht zu ihrer Eigentümlichkeit gehört, weggenommen, aus einer Erzählung von sinnlichen Wahrnehmungen und eine Amalgamierung [Verschmelzung - wp] derselben mit den Verstandesbegriffen, von Kräften, Materien usw. in einem durchaus eine Objektivität behauptenden und doch rein formalen Wissen bestehen, dessen einer Teil, die Erzählung von Wahrnehmungen, mit einem wissenschaftlichen Wissen gar nichts zu tun hat, und darum allerdings auch außerhalb des Skeptizismus fällt, insofern im Aussprechen der Wahrnehmung nichts als ihre Subjektivität ausgedrückt sein soll; - dessen anderer Teil aber der höchste Gipfel eines dogmatisierenden Verstandes ist. Was hätten die alten Skeptiker zu einem solchen Bastard von Skeptizismus gesagt, der sich auch noch mit dem grellen Dogmatismus dieser Wissenschaft vertragen kann?

Herr SCHULZE kommt schließlich mit der Unsicherheit und Unvollständigkeit der Nachrichten vom alten Skeptizismus. - Allerdings fehlen uns bestimmtere Nachrichten von PYRRHO, AENESIDEMUS und anderen berühmten älteren Skeptikern; allein teils aus dem ganzen Wesen dieses Skeptizismus geht hervor, daß die polemische Seite gegen philosophische Systeme, die der Skeptizismus des AENESIDEMUS, METRODORUS und späterer hatte, dem Skeptizismus des PYRRHO fehlte, dem die zehn ersten Tropen angehören; teils daß in den Tropen des SEXTUS EMPIRICUS uns das allgemeine Wesen dieses Skeptizismus sehr treu aufbewahrt ist, so daß jede sonstige Ausführung des Skeptizismus nichts sein könnte, als die in der Anwendung vorkommende Wiederholung ein und eben derselben allgemeinen Weisen.

Überhaupt aber verschwinden die Begriffe von Skeptizismus, die ihn nur in dieser besonderen Form, in der er als reiner bloßer Skeptizismus auftritt, erblicken lassen, vor dem Standpunkt einer Philosophie, von welchem aus ihm als echtem Skeptizismus er sich auch in denjenigen philosophischen Systemen selbst, welche Herr SCHULZE und andere mit ihm nur für dogmatische ansehen können, finden läßt. Ohne die Bestimmung des wahren Verhältnisses des Skeptizismus zur Philosophie, und ohne die Einsicht, daß mit jeder wahren Philosophie der Skeptizismus selbst auf das innigste Eins ist, und daß es also eine Philosophie gibt, die weder Skeptizismus noch Dogmatismus, und also beides zugleich ist, können alle die Geschichten und Erzählungen und neue Auflagen des Skeptizismus zu nichts führen. Das Wesentliche zur Erkenntnis des Skeptizismus, dieses Verhältnis desselben zur Philosophie, nicht zu einem Dogmatismus, die Anerkennung einer Philosophie, die kein Dogmatismus ist, überhaupt also der Begriff einer Philosophie selbst, ist es, was Herrn SCHULZE entgangen ist; und wenn Herr SCHULZE aus den Philosophien, die er skeptisch vornimmt, die Idee der Philosophie nicht herauskriegen konnte, so mußte ihn schon das Geschichtliche des alten Skeptizismus zumindest auf den Gedanken von der Möglichkeit führen, daß Philosophie etwas anderes ist, als Dogmatismus, den er allein kennt. Führt doch selbst DIOGENES LAERTIUS auf seine Weise an, daß einige als Urheber des Skeptizismus den HOMER nennen, weil er von denselben Dingen in anderen Verhältnissen anders spricht; so seien auch viele Sprüche der sieben Weisen skeptisch, wie: Nichts zu viel, und: Verpflichtung, zur Seite das Verderben, (d. h. jede Verbindung mit einem Beschränkten hat ihren Untergang in sich); aber noch mehr führt DIOGENES den ARCHILOCHUS, EURIPIDES, ZENO, XENOPHANES, DEMOKRIT, PLATO usw. als Skeptiker an; kurz diejenigen, denen DIOGENES nachspricht, hatten die Einsicht, daß eine wahre Philosophie notwendig selbst zugleich eine negative Seite hat, welche gegen alles Beschränkte, und damit gegen den Haufen der Tatsachen des Bewußtseins, und deren unleugbare Gewißheit, so wie gegen die bornierten Begriffe, welche in jenen herrlichen Doktrinen, die Herr SCHULZE dem vernünftigen Skeptizismus für unzugänglich hält, gegen diesen ganzen Boden der Endlichkeit, auf dem dieser neuere Skeptizismus sein Wesen und seine Wahrheit hat, gekehrt und unendlich skeptischer ist, als dieser Skeptizismus. Welches vollendetere und für sich stehende Dokument und System des echten Skeptizismus könnten wir finden, als in der platonischen Philosophie den PARMENIDES? welcher das ganze Gebiet jenes Wissens durch Verstandesbegriffe umfaßt und zerstört. Dieser platonische Skeptizismus geht nicht auf ein Zweifeln an diesen Wahrheiten des Verstandes, der die Dinge als mannigfaltig, als Ganze, die aus Teilen bestehen, ein Entstehen und Vergehen, eine Vielheit, Ähnlichkeit usw. erkennt, und dergleichen objektive Behauptungen macht, sondern auf ein gänzliches Negieren aller Wahrheit eines solchen Erkennens. Dieser Skeptizismus macht nicht ein besonderes Ding von einem System aus, sondern er ist selbst die negative Seite der Erkenntnis des Absoluten und setzt unmittelbar die Vernunft als die positive Seite voraus. Ungeachtet daher der platonische PARMENIDES nur auf der negativen Seite erscheint, erkennt z. B. FICINUS deswegen sehr wohl, daß, wer an das heilige Studium desselben geht, durch die Reinheit des Gemüts und Freiheit des Geistes sich vorher vorbereiten muß, ehe er es wagt, die Geheimnisse des heiligen Werks zu berühren. TIDEMANN aber sieht wegen dieser Äußerung des FICINUS an ihm nichts als einen Mann, der im Kot der Neuplatoniker klebt und am platonischen Werk nichts als einen Haufen und eine Wolke ziemlich dunkler und für die Zeiten eines PARMENIDES und PLATO ziemlich scharfsinniger, einen neuen Metaphysiker aber anekelnder Sophismen - ein Fehler, der daher rührt, daß von genauen Philosophen die metaphysischen Ausdrücke noch nicht recht bestimmt gewesen sind; wer in metaphysischen Dingen etwas geübter ist, findet, daß Begriffe, die um den ganzen Himmel voneinander verschieden sind, verwechselt werden; - nämlich jenes sonst scharfsinnigen Leute, PLATO und PARMENIDES, waren noch nicht bis zu der Philosophie gedrungen, welche die Wahrheit in den Tatsachen des Bewußtseins, und überall, nur in der Vernunft nicht findet, noch zu einer Klarheit der Begriffe, wie sie der Verstand und ein bloß endliches Denken in den neueren Wissenschaften der Physik usw. festsetzt, und aus der Erfahrung zu hohlen meint.

Dieser Skeptizismus, der in seiner reinen expliziten Gestalt im PARMENIDES auftritt, ist aber in jedem echten philosophischen System implizit zu finden; denn er ist die freie Seite einer jeden Philosophie; wenn in irgendeinem Satz, der eine Vernunfterkenntnis ausdrückt, das Reflektierte desselben, die Begriffe, die in ihm enthalten sind, isoliert, und die Art, wie sie verbunden sind, betrachtet wird, so muß es sich zeigen, daß diese Begriffe zugleich aufgehoben, oder auf eine solche Art vereinigt sind, daß sie sich widersprechen, sonst wäre es kein vernünftiger, sondern ein verständiger Satz. SPINOZA beginnt seine Ethik mit der Erklärung: unter Ursache seiner selbst verstehe ich, dessen Wesen Dasein in sich schließ; oder dasjenige, dessen Natur nur als existierend begriffen werden kann. - Nun ist aber der Begriff des Wesens oder der Natur nur setzbar, indem von der Existenz abstrahiert wird; eins schließt das andere aus; eins ist nur als Entgegensetzung des anderen bestimmbar; werden beide verbunden als Eins gesetzt, so enthält ihre Verbindung einen Widerspruch, und beide sind zugleich negiert. Oder wenn ein anderer Satz des SPINOZA so lautet: Gott ist die immanente, nicht die vorübergehende Ursache der Welt, so hat er, indem er die Ursache immanent, also die Ursache Eins mit der Wirkung setzt, - weil die Ursache nur Ursache ist, insofern sie der Wirklung entgegengesetzt wird, den Begriff von Ursache und Wirkung negiert; ebenso herrschend ist die Antinomie des Eins und Vielen; die Einheit wird mit dem Vielen, die Substanz mit ihren Attributen identisch gesetzt. Indem jeder solcher Vernunftsatz sich in zwei sich schlechthin widerstreitende auflösen läßt, z. B. Gott ist Ursache und Gott ist nicht Ursache; er ist Eins und nicht Eins, Vieles und nicht Vieles; er hat ein Wesen, das, weil Wesen nur in Gegensatz der Form begreifbar ist, und die Form identisch gesetzt werden muß mit dem Wesen, selbst wieder wegfällt usw.: so tritt das Prinzip des Skeptizismus: panti logo logos isos antikeitai [Jedem Satz steht ein ebenso geltender Gegen-Satz gegenüber. - wp] in seiner ganzen Stärke auf. Der sogenannte Satz des Widerspruchs ist daher so wenig auch nur von formeller Wahrheit für die Vernunft, daß im Gegenteil jeder Vernunftsatz im Hinblick auf die Begriffe einen Verstoß gegen denselben enthalten muß; ein Satz ist bloß formell, heißt für die Vernunft, er für sich allein gesetzt, ohne den ihm kontradiktorisch entgegengesetzten ebenso zu behaupten, ist eben darum falsch. Den Satz des Widerspruchs für formell anzuerkennen, heißt also ihn zugleich für falsch erkennen. - Da jede echte Philosophie diese negative Seite hat, oder den Satz des Widerspruchs ewig aufhebt, so kann, wer Lust hat, unmittelbar diese negative Seite herausheben und sich aus jeder einen Skeptizismus darstellen.

Ganz unbegreiflich ist es, wie dem Herrn SCHULZE vollends durch den SEXTUS nicht auch nur im allgemeinen der Begriff gekommen ist, daß es außer dem Skeptizismus und Dogmatismus noch ein drittes, nämlich eine Philosophie gibt; gleich in den ersten Zeilen teilt SEXTUS die Philosophen ein in Dogmatiker, Akademiker und Skeptiker; und wo er durch sein ganzes Werk mit den Dogmatikern zu tun hat, meint er gar nicht auch die Akademie mit widerlegt zu haben. Dieses Verhältnis des Skeptizismus zur Akademie ist selbst genug zur Sprache gekommen; es hat einen in der Geschichte des Skeptizismus berühmten Streit veranlaßt; und dieses Verhältnis des reinen Skeptizismus und seine Verlegenheit ist eine interessante Seite. Doch um Herrn SCHULZE nicht Unrecht zu tun, ist anzuführen, daß er allerdings durch den SEXTUS auf ein Verhältnis der Akademie zum Skeptizismus aufmerksam gemacht wurde. Aber wie faßt Herr SCHULZE dieses Verhältnis, und das, was SEXTUS darüber sagt, auf? In der Anmerkung (erstere Teil, Seite 608), worin Herr SCHULZE die Sache abfertigt, sagt er, daß durch die Lehre des ARKESILAUS (des Stifters der mittleren Akademie) nun freilich das Zweifeln an der Wahrheit der Lehren des Dogmatismus zu einem von aller Anwendung der Vernunft entblößten Geschäfte gemacht worden, weil es sich selbst wieder aufhebt, und die Vernunft hierbei gar nichts mehr vernimmt. Alsdann erzählt Herr SCHULZE, daß SEXTUS (Lib. I. Pyrrh. Hypot. c. 33) die Lehre des ARKESILAUS vom Skeptizismus aus dem Grund unterschieden wissen will, weil nach des ARKESILAUS und des KARNEADES Lehre auch selbst dies, daß alles ungewiß ist, wieder für ungewiß erklärt werden muß; ein solches Geschäft des Zweifelns, setzt Herr SCHULZE aus seinem eigenen hinzu, sei von aller Vernunft entblößt.

Was fürs Erste die historische Seite betrifft, so traut man seinen Augen nicht, wenn man einen solchen Grund der Ausschließung der Lehre des ARKESILAUS vom Skeptizismus dem SEXTUS zugeschrieben liest. Es sind ja die Skeptiker selbst, die sich auf das Bestimmteste, wie Herr SCHULZE im Anfang der Anmerkung selbst anführt, darüber ausdrücken, daß ihre gewöhnlichen phonai: alles ist falsch, nichts ist wahr; eins ebensowenig wie das andere usw. auch sich selbst wieder einschließen und sich selbst wieder aufheben, eine Lehre, die, außerdem, daß sie im Skeptizismus selbst liegt, auch äußerlich gegen die Dogmatiker, die den Skeptikern vorwarfen, daß sie doch ein Dogma: nichts zu bestimmen, oder: keins ist wahrer, haben, schlechterdings notwendig war; so wie auch zur Unterscheidung von anderen Philosophen, z. B. (a. a. O. c. 30) den demokritischen, denen der skeptische Ausdruck: eins ebensowenig wie das andere; z. B. der Honig ist ebensowenig süß wie bitter, angehörte; die Skeptiker unterschieden sich damit, daß sie sagten, es liege hierin ein Dogma: er sei keins von beiden; sie hingegen zeigen durch jenen Ausdruck: eins so wenig wie das andere, daß sie nicht wissen, ob die Erscheinung, beides, oder keins von beiden ist. So unterscheidet SEXTUS (a. a. O. c. 333) auch die Skeptiker von der neuen Akademie des KARNEADES, deren Grundsatz darin besteht, daß alles unbegreiflich ist; vielleicht sagt er, sei sie wohl nur darin verschieden, daß sie eben jene Unbegreiflichkeit behauptend ausspricht. Was Herr SCHULZE zur Einschränkung jener skeptischen Ausdrücke sagt: daß SEXTUS wohl nur habe lehren wollen, daß der Skeptiker über die transzendentale Beschaffenheit der Dinge weder auf eine positive noch auf eine negative Art etwas bestimmt: so ist darin gar kein Gegensatz gegen jene Behauptung der Skeptiker und des ARKESILAUS, daß ein skeptischer Ausdruck sich selbst in sich schließt, und aufhebt, zu sehen; und was soll den die transzendentale Beschaffenheit der Dinge heißen? liegt denn das Transzendentale nicht gerade darin, daß es weder Dinge noch eine Beschaffenheit der Dinge gibt? SEXTUS war daher schon an und für sich durchaus entfernt, aus dem Grund, den Herr SCHULZE angibt, die Lehre des ARKESILAUS vom Skeptizismus zu unterscheiden; denn sie war wörtlich die des Skeptizismus; SEXTUS sagt selbst, daß sie ihm so sehr mit den pyrrhonischen logois übereinzustimmen scheint, daß sie fast ein und dieselbe agoge [Leitung, Führung - wp] (1) mit der skeptischen ist; wenn man nicht sagen will, daß ARKESILAUS die epoche [Zurückhaltung des Urteils - wp] für gut und der Natur gemäß; die Zustimmung aber für übel erklärt, was eine Behauptung ist, da die Skeptiker hingegen auch hierüber nichts behauptend aussagen. Die Unterscheidung, von welcher SEXTUS meint, daß sie noch gemacht werden kann, hat also gerade den entgegengesetzten Grund; nach Herrn SCHULZE wäre diese Akademie von SEXTUS für zu skeptisch erklärt worden; SEXTUS aber findet sie, wie wir gesehen haben, zu wenig skeptisch. Außer der angeführten Unterscheidung bringt SEXTUS noch einen schlechteren Grund bei, der auf ein Klatschen hinausgeht, daß nämlich ARKESILAUS, wenn man dem, was man von ihm sagt, Glauben beimessen darf, nur so für den Anlauf ein Pyrrhonier, in Wahrheit aber ein Dogmatiker gewesen ist; er hat nämlich das Aporematische [schwer zu Entscheidende - wp] nur gebraucht, um seine Schüler zu prüfen, ob sie die Fähigkeit für die platonischen Lehren haben, und deswegen ist er für einen Aporetiker gehalten worden; den fähig Befundenen aber hat er das Platonische gelehrt. - Wegen der schwierigen Seite des Skeptizismus, die für ihn in seinem Verhältnis zur Akademie lag, handelt SEXTUS sehr ausführlich von PLATO und den Akademien. Es liegt nur in einem gänzlichen Mangel des Begriffs vom wahren Grund dieser Schwierigkeit, und von Philosophie, wenn Herr SCHULZE von der Rücksicht auf die Akademie durch das Geschwätz sich befreit glauben kann, das er hierauf in eben dieser Anmerkung aus STÄUDLINs "Geschichte des Skeptizismus" anführt, es ist aber, sagt Herr SCHULZE, neuerlich schon von mehreren, besonders von STÄUDLIN bemerkt worden, daß der Geist, der die mittlere und neuere Akademit belebte, vom Geist, der die Skeptiker in ihren Untersuchungen leitete, gänzlich verschieden ist; die Anhänger jener waren wirklich nichts weiter, als sophistische Schwätzer, die lediglich auf Trugschlüsse und Blendwerke ausgingen, und die Philosophie, so wie den ganzen Streit der Skeptiker mit den Dogmatikern, wie er damals geführt wurde, nur als Mittel ihres Hauptzwecks, nämlich die Kunst, andere zu bereden, zu glänzen und Aufsehen zu erregen, benutzten, und für die Erforschung der Wahrheit um ihrer selbst willen gar keinen Sinn hatten. - Wenn auch eine solche Beschuldigung überhaupt nicht schon an und für sich so hohl und ekelhaft wäre, als sie es ist, so bliebe ja noch die ältere Akademie und PLATO selbst übrig, es bleibt die Philosophie überhaupt übrig, welche kein Dogmatismus ist, auf welche Rücksicht zu nehmen gewesen wäre; aber mehr Rücksicht auf die Philosophie, als ich aus dieser Anmerkung anführte, habe ich nicht finden können.

Im Altertum hingegen war über dieses Verhältnis des Skeptizismus zum Platonismus das Bewußtsein sehr entwickelt; es hatte ein großer Streit darüber stattgefunden, indem ein Teil den PLATO für einen Dogmatiker, ein anderer Teil ihn für einen Skeptiker ausgab; (DIOGENES LAERTIUS, Plato 51). Da die Akten des Streits für uns verloren sind, so können wir nicht beurteilen, wie weit das innere wahre Verhältnis des Skeptizismus zur Philosophie dabei zur Sprache kam, und wie weit die Dogmatiker, welche den PLATO3 dem Dogmatismus vindizierten [zurechneten - wp], wie die Skeptiker gleichfalls taten, dies in dem Sinne verstanden, daß der Skeptizismus selbst zur Philosophie gehört, oder nicht. SEXTUS beruft sich auf eine weitere Ausführung der Sache in seinen skeptischen Kommentaren, die nicht auf uns gekommen sind; in den Hypothyp I. 222 sagt er, wolle er die Hauptsache nach AENESIDEMUS und MENODOKUS, die in diesem Streit die Chefs von Seiten der Skeptiker waren, anführen; PLATO sei ein Dogmatiker, weil, wenn er, daß Ideen, eine Vorsehung, ein Vorzug eines tugendhaften Lebens vor einem lasterhaften sei entweder dogmatisiert, wenn er sie als seienden anerkennt; oder wenn er dem überzeugenderen (pithanoterois) beistimmt, so falle er dadurch, daß er für die Überzeugung oder Nichtüberzeugung irgendetwas dem anderen vorzieht, aus dem skeptischen Charakter.

Diese Unterscheidung des Platonismus vom Skeptizismus ist entweder eine bloß formale Mäkelei, die am behaupteten Vorziehen nichts als die Form des Bewußtseins tadelt, denn der Gehorsam des Skeptikers gegen die Notwendigkeit und die vaterländischen Gesetze war ein eben solches, nur bewußtloses Vorziehen; - oder wenn sie gegen die Realität der Idee selbst gerichtet ist, so betrifft sie die Erkenntnis der Vernunft durch sich selbst; und hieran muß sich die Eigentümlichkeit des reinen von der Philosophie sich trennenden Skeptizismus darstellen. Auf diese Erkenntnis der Vernunft kommt SEXTUS im ersten Buch gegen die Logik (a. a. O., Seite 310) nachdem er vorher das Kriterium der Wahrheit überhaupt aus dem Zwist der Philosphen über dasselbe und dann insbesondere die Wahrheit der sinnlichen Erkenntnis bestritten hatte. Was er nun dagegen sagt, daß sich die Vernunft durch sich selbst erkennt, ist kahl genug, daß wenn die neueren Skeptiker die Selbsterkenntnis der Vernunft bekämpfen wollen, sie wohl etwas Besseres vorbringen müssen, wenn sie es sich nicht bequemer machten, diese Mühe dadurch ganz zu ersparen, daß sie die Vernunft und ihr Selbsterkennen ganz und gar ignorieren und hinter dem Gorgonenschild steckend, unmittelbar, nicht etwa durch eine boshafte Verdrehung und Kunst, nicht als ob sie es vorher anders sehen, sondern im Blick selbst, das Vernünftige, subjektiv ausgedrückt in Verstand, objektiv in Steine verwandeln, und das, von dem sie ahnen, daß es über Verstand und Stein hinausgeht, Schwärmerei und Einbildungskraft nennen. - SEXTUS weiß doch noch von der Vernunft und ihrer Selbsterkenntnis. Was er über die Möglichkeit derselben vorbringt, ist folgendes flaches Räsonnement [Argument - wp], zu welchem er gerade die Reflexionsbegriff von Ganzem und Teilen, die, wie PLATO im Parmenides, er in seinen Büchern gegen die Physiker vernichtet, nun selbst mitbringt. Wenn die Vernunft sich begreift, so muß sie entweder, insofern sie sich begreift, das Ganze sein, das sich begreift, oder nicht das Ganze, nur einen Teil dazu gebrauchen. Wenn es nun das Ganze ist, das sich begreift, so ist das Begreifen und das Begreifende, das Ganze; wenn aber das Ganze das Begreifende ist, so bleibt für das Begriffene nichts mehr übrig; es ist aber ganz unvernünftigf, daß das Begreifende ist, aber dasjenige nicht, was begriffen wird. Aber die Vernunft kann auch nicht einen Teil von sich dazu gebrauchen; denn wie soll der Teil sich begreifen? Ist er ein Ganzes, so bleibt für das zu Begreifende nichts übrig; wenn wieder mit einem Teil, wie soll dieses sich wieder begreifen; und so ins Unendliche; so daß das Begreifen ohne Prinzip ist, indem entweder kein Erstes gefunden wird, welches das Begreifen vornehmen, oder nichts ist, was begriffen werden soll. - Man sieht, daß die Vernunft in ein absolut Subjektives verkehrt wird, welches, wenn es als Ganzes gesetzt ist, dem zu Begreifenden nichts mehr übrig läßt. Alsdann (und nun kommen noch bessere Gründe, die die Vernunft wie vorhin im Begriff vom Ganzen und den Teilen und einer entweder absoluten Subjektivität oder absoluten Objektivität, nunmehr in die Erscheinung eines bestimmten Platzes herabziehen) wenn die Vernunft sich selbst begreift, so wird sie damit auch den Ort, in welchem sie ist, mit begreifen; denn jedes Begreifende begreift mit einem bestimmten Ort; wenn aber die Vernunft den Ort, worin sie ist, mit sich begreift, so mußten die Philosophen nicht wegen desselben uneins sein, indem einige sagen, jener Art sei der Kopf, andere die Brust; und im Einzelnen, einige das Gehirn, andere die Gehirnhaut, andere das Herz, andere die Zugänge der Leber, oder sonst irgendein Teil des Körpers; hierüber sind die dogmatischen Philosophen uneins. Die Vernunft begreift also nicht sich selbst.

Dies ist es, was SEXTUS gegen das Selbsterkennen der Vernunft vorbringt; es ist ein Beispiel aller Waffen des Skeptizismus gegen die Vernunft; sie bestehen in einer Anwendung von Begriffen auf dieselbe; worauf es leicht wird, die in die Endlichkeit versetzte und, wie Herr SCHULZE tut, zu Dingen gemachte Vernunft als ein einem anderen Entgegengesetztes, das gleichfalls gesetzt werden muß, aber durch jene Einzelheit nicht gesetzt wird, aufzuzeigen. Das Gewöhnlichste von allen, nämlich die Berufung auf die Uneinigkeit der Philosophen untereinander, führt SEXTUS ebenfalls gleich nach der angeführten Stelle weit aus, ein Geschwätz, das die moralischen Dogmatisten gegen die Spekulation mit dem Skeptizismus teilen, wie es auch schon XENOPHON dem SOKRATES in den Mund legt, und der oberflächlichen Ansicht, die an den Worten kleben bleibt, am Nächsten sich darbietet. Ob also schon dieser Skeptizismus sich von der Philosophie, nämlich derjenigen, welche zugleich den Skeptizismus in sich schließt, losgerissen und isoliert hat, so hat er doch diesen Unterschied von Dogmatismus und der Philosophie, die letztere unter dem Namen von Akademischer, so wie die große Übereinstimmung derselben mit ihm erkannt, wovon der neuere hingegen nichts weiß.

Außer dem Skeptizismus aber, der Eins ist mit der Philosophie, kann der von ihr losgetrennte Skeptizismus ein gedoppelter sein, entweder daß er nicht gegen die Vernunft, oder daß er gegen sie gerichtet ist. Aus der Gestalt, in welcher uns SEXTUS den von der Philosophie abgetrennten und gegen sie gekehrten Skeptizisms gibt, läßt sich auffallend der alte echte Skeptizismus aussondern, der zwar nicht wie die Philosophie eine positive Seite hatte, sondern in Beziehung auf das Wissen eine reine Negativität behauptete, aber ebensowenig gegen die Philosophie gerichtet war; ebenso abgetrennt steht seine später hinzugekommene feindselige Richtung zum Teil gegen die Philosophie, zum Teil gegen den Dogmatismus. Seine Wendung gegen dieselbe, so wie auch diese Dogmatismus wurde, zeigt, wie er mit der gemeinschaftlichen Ausartung der Philosophie, und der Welt überhaupt gleichen Schritt gehalten hat, bis er endlich in den neuesten Zeiten so weit mit dem Dogmatismus heruntersinkt, daß nunmehr für beide die Tatsachen des Bewußtsein eine unleugbare Gewißheit haben, und ihnen beiden in der Zeitlichkeit die Wahrheit liegt; so daß, weil die Extreme sich berühren, in diesen glücklichen Zeiten von ihrer Seite wieder das große Ziel erreicht ist, daß nach unten Dogmatismus und Skeptizismus zusammenfallen, und beide sich die freundbrüderliche Hand reichen. Der SCHULZEische Skeptizismus vereinigt mit sich den rohesten Dogmatismus und der KRUGische Dogmatismus trägt zugleich jenen Skeptizismus in sich.
LITERATUR - G. W. F. Hegel, Verhältnis des Skeptizismus zur Philosophie, Kritisches Journal der Philosophie, Bd. 1, zweites Stück, Jena 1802
    Anmerkungen
    1) So nannte sich nämlich der Skeptizismus lieber als hairesis [Wahl, Auswahl - wp], Sextus erklärt, daß der Skeptizismus nur im Sinne einer logon tini kata to phainomenon, akolouthesis agoges [aufgrund einer scheinbaren Regelmäßigkeit im Verhalten - wp] eine Schule, Sekte genannt werden kann.